VG Würzburg, Urteil v. 22.06.2022 – W 4 K 22.1053
Titel:
Erfolglose Klage gegen eine Beseitigungsanordnung bezüglich einer Hundeschule im Außenbereich
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 Nr. 7
BayBO Art. 76 S. 1
Leitsätze:
1. Zwar ist es – einzelfallabhängig – durchaus denkbar, dass die Nutzung eines Grundstücks für eine Hundeschule nachteilige Wirkungen auf die Umgebung, insbes. in der Form von Lärmimmissionen (Gebell) hervorrufen kann. Nach der Rechtsprechung des BVerwG ist jedoch nicht jedes Vorhaben, das – wenn überhaupt – sinnvoll nur im Außenbereich errichtet werden kann, schon deshalb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich bevorzugt zuzulassen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dient das Vorhaben (hier: insbes. eine Hundeschule mit deren baulichen Anlagen) den individuellen gewerblichen Interessen der gegen die Beseitigungsanordnung klagenden Betreiberin, sowie den individuellen Erholungs- und Freizeitinteressen der Hundehalter, die mit ihren Tieren an den Schulungen teilnehmen, besteht dabei kein anzuerkennendes überwiegendes allgemeines Interesse an der Realisierung des Vorhabens im Außenbereich iSd § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der Versagung der Genehmigung nach § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 BauGB soll bereits "den Anfängen gewehrt" werden. Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass – als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens – ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung, Hundeschule im Außenbereich, Hundeschule, Außenbereich, Baurecht, Beseitigung, Splittersiedlung, Privilegierung, bevorzugte Zulassung, allgemeines Interesse
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 08.05.2024 – 9 ZB 22.2207
Fundstelle:
BeckRS 2022, 41308
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 3) und 6).
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Rechtmäßigkeit einer Beseitigungsanordnung.
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Mit Bescheid vom 18. November 2014 erteilte das Landratsamt M. der Klägerin eine Baugenehmigung für die „Einzäunung des Trainingsgeländes für Hundeschule, Hundepension und Assistenzhunde-Ausbildung“ auf dem Grundstück Fl.Nr. …7/2 der Gemarkung G. Mit weiterem Bescheid vom 25. April 2018 ergänzte das Landratsamt den ursprünglichen Baugenehmigungsbescheid vom 18. November 2014 dahingehend, dass Trainingszeiten auf Montag bis Samstag von 15:00 Uhr bis maximal 19:00 Uhr festgesetzt wurden und die Größe der Trainingsgruppe auf vier Hunde begrenzt wurde.
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Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage war erfolgreich. Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 6. November 2018 unter dem Az. W 4 K 18.705 den Bescheid des Landratsamts M. vom 25. April 2018 auf. Zur Begründung wurde insbesondere dargelegt, dass der Bescheid vom 25. April 2018 schon deshalb rechtswidrig sei, weil die zugrundeliegende Baugenehmigung vom 18. November 2014 als Hauptverwaltungsakt ihrerseits mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig sei. Der Genehmigung vom 18. November 2014 lasse sich auch i.V.m. den zugrundeliegenden Unterlagen nicht entnehmen, was überhaupt genehmigt worden sei. Es sei nicht erkennbar, ob lediglich die Einzäunung oder aber auch der Betrieb der Hundeschule genehmigt sei. Auch hinsichtlich der Hundepension und der Assistenzhunde-Ausbildung sei die Lage unklar. Damit regele die Baugenehmigung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit den Genehmigungsinhalt, womit u.a. die von der Anlage ausgehenden Umweltauswirkungen nicht ermittelbar seien, was nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Nachbarrechte problematisch erscheine.
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Bereits unter dem 18. Februar 2018 hatte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Hundetherapiezentrums auf den Grundstücken Fl.Nrn. …7/5, …7/2, …6/2 und …6/1 der Gemarkung G. beantragt. Mit Beschluss vom 13. November 2018 verweigerte der Markt G. sein gemeindliches Einvernehmen zu diesem Bauantrag.
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Unter dem 14. August 2019 lehnte das Landratsamt M. den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Hundetherapiezentrums ab (Ziffer 1). Die mit Bescheid des Landratsamts M. vom 18. November 2014 erteilte Baugenehmigung für die Einzäunung des Trainingsgeländes für Hundeschule, Hundepension und Assistenzhunde-Ausbildung auf dem Grundstück Fl.Nr. …7/2 der Gemarkung G. wurde mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen (Ziffer 2). Die Klägerin wurde verpflichtet, innerhalb von drei Monaten ab Bestandskraft der Verpflichtung aus Ziffer 2 des Bescheids die Nutzung aus der Baugenehmigung vom 18. November 2014 einzustellen und sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichteten baulichen Anlagen zu beseitigen. Dies betreffe vor allem die vorhandene Einzäunung des Trainingsgeländes sowie die errichtete Flutlichtanlage (Ziffer 3). Falls die Klägerin die Verpflichtung aus der Ziffer 3 des Bescheids nicht fristgemäß erfülle, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziffer 4).
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Hundetherapiezentrums abgelehnt werde, da sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB richte. Das Vorhaben beeinträchtige allerdings öffentliche Belange, wie die natürliche Eigenart der Landschaft. Schließlich sei die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten. Die Rücknahme der Baugenehmigung basiere auf Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG, die Nutzungsuntersagung und die Beseitigungsanordnung auf Art. 76 Sätze 1 und 2 BayBO.
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Unter dem 19. September 2019 ließ die Klägerin hiergegen Klage erheben und beantragte im vorliegenden Verfahren (sinngemäß),
die in Ziffer III. des streitgegenständlichen Bescheids vom 24. November 2020 verfügte Beseitigungsanordnung aufzuheben.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, die erteilte Baugenehmigung bestehe fort bzw. es müsse eine neue Baugenehmigung in dem beantragten Umfang seitens des Beklagten erteilt werden. Aufgrund dessen fehle ein baurechtswidriger Zustand, aufgrund dessen es rechtsfehlerhaft und ermessensfehlerhaft wäre, gegenüber der Klägerin die Beseitigung der Einrichtungen anzuordnen.
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Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2021 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung für sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichteten baulichen Anlagen lägen vor. Hiervon betroffen seien vor allem die vorhandene Einzäunung des Hundetrainingsgeländes sowie die errichtete Flutlichtanlage. Diese baulichen Anlagen stünden nach der Rücknahme der Baugenehmigung vom 18. November 2014 im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Es liege die für die Baubeseitigungsanordnung erforderliche formelle Illegalität mit fehlender Baugenehmigung vor sowie auch die materielle Illegalität, da die errichteten baulichen Anlagen nicht genehmigungsfähig seien. Das Landratsamt habe von seinem Ermessen, eine Beseitigung der baulichen Anlagen zu fordern, im vorliegenden Fall auch Gebrauch gemacht, da nur so rechtmäßige Zustände hergestellt werden könnten.
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Bereits mit Schreiben vom 9. Oktober 2020 beantragte der Beigeladenenvertreter zu 1) bis 3) und 6),
die Klage abzuweisen.
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Am 22. März 2022 hat die Kammer einen Augenschein durchgeführt. Auf das Protokoll und die in diesem Zusammenhang gefertigten Bilder wird Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die Klage, über die ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, da die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.
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2. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist, nach Abtrennung der restlichen Anordnungen, lediglich die in Ziffer 3 des Bescheids des Beklagten vom 14. August 2019 verfügte Beseitigungsanordnung. Die Klägerin wurde verpflichtet, sämtliche in Ausnutzung der Baugenehmigung vom 18. November 2014 errichtete baulichen Anlagen zu beseitigen. Das betreffe vor allem die vorhandene Einzäunung des Trainingsgeländes sowie die errichtete Flutlichtanlage. Die Klägerin begehrt die Aufhebung dieser Anordnung.
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3. Die von ihr aus diesem Grund erhobenen Anfechtungsklage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts M. vom 14. August 2019 ist, soweit er vorliegend streitgegenständlich ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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4. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist Art. 76 Satz 1 BayBO. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung von Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert wurden, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
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Keine Zweifel hat die Kammer zunächst im Hinblick auf die formelle Rechtmäßigkeit, insbesondere wurde die Klägerin vor Erlass der streitgegenständlichen Beseitigungsanordnung ordnungsgemäß gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.
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Auch im Hinblick auf die materielle Rechtmäßigkeit hat die Kammer keine Bedenken, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO liegen vor.
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Die formelle Illegalität ergibt sich unabhängig von der Frage, ob die derzeitige Nutzung durch die Klägerin überhaupt von der Baugenehmigung vom 18. November 2014 erfasst wird, jedenfalls daraus, dass das Landratsamt M. mit Bescheid vom 14. August 2019 die Baugenehmigung vom 18. November 2014 für die „Einzäunung des Trainingsgeländes für Hundeschule, Hundepension und Assistenzhunde-Ausbildung“ auf dem Grundstück Fl.Nr. …7/2 der Gemarkung G. mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen hat. In seinem Urteil vom 22. Juni 2022 im Verfahren W 4 K 22.1051 hat das Verwaltungsgericht ausführlich dargelegt, dass der Rücknahmebescheid auch rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
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Die materielle Illegalität folgt aus einem Verstoß gegen Bauplanungsrecht. Das Gericht hat sowohl im Urteil im Verfahren W 4 K 21.1146 als auch im Urteil im Verfahren W 4 K 22.1051 ausführlich dargelegt, dass die schon errichteten baulichen Anlagen wie auch das geplante Vorhaben der Klägerin im Außenbereich gemäß § 35 BauGB liegen und dort planungsrechtlich unzulässig sind.
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Die Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden Privilegierungstatbestands des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB liegen nicht vor. Die Bestimmung stellt einen Auffangtatbestand für diejenigen Vorhaben dar, die auf einen Standort im Außenbereich angewiesen sind. Danach ist ein Vorhaben im Außenbereich nur privilegiert zulässig, wenn es wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkungen auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll.
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Zwar ist es - einzelfallabhängig - durchaus denkbar, dass die Nutzung eines Grundstücks für eine Hundeschule nachteilige Wirkungen auf die Umgebung, insbesondere in der Form von Lärmimmissionen (Gebell) hervorrufen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch nicht jedes Vorhaben, das - wenn überhaupt - sinnvoll nur im Außenbereich errichtet werden kann, schon deshalb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich bevorzugt zuzulassen. Erforderlich ist vielmehr eine rechtliche Wertung, ob es im Sinne dieser Vorschrift auch zugelassen werden „soll“ (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1991 - 4 B 109/91 - juris Rn 4 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 274, und vom 23. November 1995 - 4 B 209/95 - juris Rn 3 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 315).
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Das ist nicht der Fall, wenn es zur Erfüllung einer an sich außenbereichsadäquaten Funktion nicht erforderlich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 1995 - 4 B 209/95 - juris Rn 3 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 315; OVG NRW, Urteil vom 15. Februar 2013 - 10 A 237/11 - juris Rn 27 = BauR 2013, 1246).
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In Anwendung dieser Grundsätze fehlt es vorliegend an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass das Vorhaben auf Verhältnisse angewiesen ist, die typischerweise im Außenbereich anzutreffen sind.
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Unabhängig davon sind nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nur solche Vorhaben privilegiert, die über eine individuelle und die Allgemeinheit ausschließende Nutzung des Außenbereichs hinausgehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 7 B 46/08 - juris Rn 8).
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Am Merkmal des „Sollens“ im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fehlt es daher immer dann, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, dem der Außenbereich unter anderem dient, individuelle Interessen oder Freizeit- und Erholungswünsche bevorzugt werden sollen. Ob, in welchem Umfang und zu welchen Zwecken Anlagen zur Freizeitgestaltung im Außenbereich geschaffen werden sollen, ist Sache der planenden Gemeinde (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1991 - 4 B 109/91 - juris Rn 4 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 274, und vom 9. Mai 2012 - 4 B 10/12 - juris Rn 7 = BauR 2012, 1360; OVG NRW, Urteil vom 15. Februar 2013 - 10 A 237/11 - juris Rn 31 = BauR 2013, 1246).
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Dementsprechend fallen Hundesportplätze, die der Erholung und Freizeitgestaltung eines bestimmten Personenkreises dienen, grundsätzlich nicht unter den Privilegierungstatbestand (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1991 - 4 B 109/91 -, juris Rn 4 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 274; OVG NRW, Urteil vom 15. Februar 2013 - 10 A 237/11 - juris Rn 33 = BauR 2013, 1246).
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Auch die von der Klägerin errichteten baulichen Anlagen sind danach nicht privilegiert. Ein anzuerkennendes überwiegendes allgemeines Interesse an der Realisierung des Vorhabens im Außenbereich besteht nicht. Vielmehr dient das Vorhaben den individuellen gewerblichen Interessen der Klägerin, sowie den individuellen Erholungs- und Freizeitinteressen der Hundehalter, die mit ihren Tieren an den Schulungen teilnehmen.
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Als sonstige Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigen die baulichen Anlagen öffentliche Belange und sind daher gemäß § 35 Abs. 2 und 3 BauGB planungsrechtlich unzulässig.
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Die Nutzungen der baulichen Anlagen auf den besagten Flächen widersprechen den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), der das Grundstück als „Fläche für die Landwirtschaft“ darstellt.
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Der Flächennutzungsplan ist so lange als öffentlicher Belang beachtlich, wie seine Darstellungen durch die gegebene Situation bestätigt und erhärtet werden. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans sind immer nur als Unterstützung und einleuchtende Fortschreibung bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten geeignet, zum Vorliegen eines beeinträchtigenden Belangs beizutragen. Auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen bedeutet aber nicht, dass der Flächennutzungsplan nur dann ein beachtlicher öffentlicher Belang ist, wenn seine Darstellungen mit der tatsächlichen Situation übereinstimmen, denn dann liefe seine Erwähnung als öffentlicher Belang weitgehend leer. Vielmehr gilt, dass der Flächennutzungsplan nur dort nicht mehr maßgeblich sein kann, wo seine Darstellungen den besonderen örtlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht werden können, weil sie etwa durch die zwischenzeitliche Entwicklung überholt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 1997 - 4 B 11.97 -, juris Rn 18 = BauR 1997, 616; OVG NRW, Urteile vom 13. November 2009 - 7 A 1236/08 - und vom 15. Februar 2013 - 10 A 237/11 - juris Rn 42 = BauR 2013, 1246).
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Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke nicht (mehr) in Betracht kommt, gibt es nicht. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Grundstücke zuletzt tatsächlich landwirtschaftlich genutzt worden sind und ob die Klägerin selbst sie für einen landwirtschaftlichen Betrieb sinnvoll nutzen könnte.
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Die von der Klägerin errichteten baulichen Anlagen sind auch nicht begünstigt nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift kann bestimmten Vorhaben ein Widerspruch zum Flächennutzungsplan nicht entgegengehalten werden. Die baulichen Anlagen der Klägerin erfüllen die Voraussetzungen einer solchen Teilprivilegierung nicht. Auf die Ausführungen des Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid wird Bezug genommen.
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Einzäunung und Flutlichtanlage beeinträchtigen auch, wie insbesondere der Augenscheinstermin offenbar gemacht hat, öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB. Nach dieser Vorschrift liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vor, wenn Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet wird.
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Wie der Beklagte vorliegend zu Recht dargelegt hat, beeinträchtigt die Einzäunung eines Hundeübungsplatzes ebenso wie eine Flutlichtanlage die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert. Die natürliche Eigenart der Landschaft im Außenbereich wird geprägt durch die naturgemäße, der Landschaft entsprechende Bodennutzung und durch ihre Funktion als Erholungslandschaft für die Allgemeinheit (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1967 - 4 C 33/65 - juris Rn 32 = BVerwGE 26, 111; Urteil vom 25. Januar 1985 - 4 C 28/81 - juris Rn 8 f = BauR 1985, 427, NVwZ 1985, 747).
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Die Einzäunung des Trainingsgeländes sowie die errichtete Flutlichtanlage entsprechen dieser Nutzung und Funktion des Außenbereichs offensichtlich nicht. Als wesensfremde Nutzungen bilden sie in der Landschaft einen Fremdkörper. Ausweislich des Augenscheintermins und des von der Kammer herangezogenen und insoweit eindeutigen Kartenmaterials stellt sich die Umgebung des Vorhabengrundstücks ausschließlich als freie Fläche oder Fläche für die Landwirtschaft dar.
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Diese natürliche Eigenart der Landschaft weist in der Umgebung auch keine Einbrüche auf, die eine beeinträchtigende Wirkung des Vorhabens in Frage stellen könnten (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 24. August 1979 - 4 C 8/78 - juris Rn 16 = BauR 1980, 49).
39
Die in der Umgebung vorhandenen Gebäude sind mit der natürlichen Eigenart der Landschaft vereinbar. Sie sind jeweils privilegierten Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB zuzuordnen bzw. fügen sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein.
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Schließlich ist die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten und damit der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtigt. Als bauliche Anlagen, die eine Splittersiedlung im Außenbereich begründen oder erweitern können, kommen nicht nur Wohngebäude, sondern auch andere bauliche Anlagen in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1998 - 4 C 10/97 - juris Rn 17 = BVerwGE 106, 228; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 29. Januar 2013 - 6 K 2898/11 - juris Rn 27).
41
Mit der Versagung der Genehmigung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB soll bereits „den Anfängen gewehrt“ werden. Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass - als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens - ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. September 1999 - 4 B 27/99 - juris Rn 6 = BauR 2000, 1173-1174).
42
Die von der Klägerin errichteten baulichen Anlagen erfüllen diese Voraussetzungen. In der Umgebung des Vorhabengrundstücks befand sich, wie der Augenscheinstermin eindeutig ergeben hat, bisher lediglich im Norden Bebauung. Die in Rede stehenden baulichen Anlagen würden die Bebauung weiter nach Süden bzw. Südosten verschieben und sind daher geeignet, eine Vorbildfunktion für weitere Gebäude mit gewerblicher oder reiner Wohnnutzung im bisher nicht bebauten Außenbereich zu entfalten.
43
Nach Art. 76 Abs. 1 BayBO hat die Beklagte über die Beseitigung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung weißt nach Überzeugung des Gerichts keinen Ermessensfehler auf, der nach § 114 VwGO zu ihrer Aufhebung führen müsste. Wenn ein Bauwerk im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden ist und auf andere Weise als durch die Beseitigung keine rechtmäßigen Zustände hergestellt werden können, entspricht es in der Regel dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Ermächtigung, die Beseitigung der Anlage anzuordnen. Besondere Gründe, die hier dem Erlass der Beseitigungsanordnung entgegenstünden oder sie als unvertretbar erscheinen ließen, sind nicht vorhanden. Dem Vorhaben der Klägerin stehen öffentliche Belange diametral entgegen, wie gezeigt. Der Außenbereich ist grundsätzlich von Bebauung freizuhalten. Eine gleichwie geartete Schutzwürdigkeit der Klägerin ist nicht zu erkennen. Dass der Beklagte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt hätte, ist ebenso nicht erkennbar. Von einem Verstoß gegen das Übermaßverbot kann keine Rede sein.
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Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, wie der Klägervertreter meint, dass die Beseitigungsanordnung mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei. Denn aus dieser Vorschrift und dem dort verankerten Recht auf Berufsausübung kann schon vom Grundsatz her kein Recht auf die Ausübung oder Aufrechterhaltung einer baurechtlich illegalen Nutzung hergeleitet werden. Dies folgt schon aus der schlichten Überlegung, dass ansonsten eine Beseitigungsanordnung in den meisten Fällen unzulässig und ein effizienter Vollzug des Baurechts in einem wesentlichen Bereich kaum noch möglich wäre. Es darf nicht aus den Augen verloren werden, dass gerade bei baurechtlichen Nutzungen das Zeitelement eine wesentliche Rolle spielt. Mit der über einen längeren Zeitraum aufrechterhaltenen illegalen Nutzung erreicht der Nutzer ungeachtet entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften unter Umständen sein wirtschaftliches Ziel. Die präventive Kontrolle in einem Genehmigungsverfahren soll demgegenüber ein Unterlaufen der Vorschriften gerade verhindern (zum Ganzen: vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2013 - 9 CS 12.551 - juris Rn. 15). Jedenfalls wäre mangels objektiver und subjektiver Berufszugangsregelungen hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG allenfalls die Stufe der Berufsausübung betroffen. Diesbezügliche Regelungen sind jedoch ohne weiteres zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfG, U.v. 13.12.2000 - 1 BvR - 335/97 - juris Rn. 26; BVerfG, U.v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Hiervon ist aufgrund der vorstehenden Überlegungen auszugehen. Die wirtschaftlichen Belange der Klägerin sind im Übrigen im Rahmen des vom Landratsamt ausgeübten Ermessens berücksichtigt worden. Das Landratsamt weist zutreffend darauf hin, dass durch eine finanzielle Entschädigung dem Vertrauen der Klägerin Rechnung getragen werde. Das Kursprogramm lasse sich ohne Weiteres im Quartalsrhythmus anpassen. Hierauf könnten sich auch die Kunden der Klägerin einstellen. Der Zeitraum, drei Monate ab Bestandskraft der Verpflichtung, reiche auch aus, um vorübergehende Ausweichmöglichkeiten für Kurse, wie auch bereits in der Vergangenheit geschehen, zu finden. Diese Erwägungen sind zweifellos nicht sachwidrig.
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5. Die in Ziffer III. des Bescheids vom 14. August 2019 verfügte Beseitigungsanordnung ist nach alldem rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
46
Dementsprechend war die Klage mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 3) und 6) aufzuerlegen, da diese sich durch Antragstellung an dem sich aus der Durchführung des Verfahrens ergebenden Kostenrisiko beteiligt haben.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.