LArbG München, Beschluss v. 14.09.2022 – 5 TaBV 34/21
Titel:
Eingruppierung eines Servicetechnikers in der Außenmontage nach § 3 EG 6 oder EG 7 ERA-TV
Normenketten:
TVG § 1
Entgeltrahmentarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (II) und (VI) (ERA-TV) § 2 Nr. 3
Leitsätze:
1. Zur Eingruppierung eines Servicetechnikers in der Außenmontage nach § 3 EG 6 ERA-TV. (Rn. 58 – 73) (redaktioneller Leitsatz)
2. § 2 Nr. 3 (VI) ERA-TV ist dahingehend auszulegen, dass die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der Frage zu berücksichtigen sind, in welchem Umfang fachliche Anforderungen an die Qualifikation bestehen und ob ggf. wegen dieser Anforderungen eine höhere Qualifikation oder längere Berufserfahrung erforderlich sind, als dies bei einer vergleichbaren Tätigkeit im Betrieb der Fall wäre (entgegen LAG Düsseldorf BeckRS 2012, 71534; Parallelentscheidung zu LAG München, Beschl. v. 14.9.2022 - 5 TaBV 33/21). (Rn. 74 – 82) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eingruppierung eines Servicetechnikers in der Außenmontage nach § 3 EG 6 oder EG 7 des ERA-TV, Eingruppierung, Servicetechniker in der Außenmontage, Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats, Arbeitsaufgabe
Vorinstanz:
ArbG München, Beschluss vom 11.05.2021 – 25 BV 331/20
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Beschluss vom 13.11.2023 – 4 ABR 22/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 36111
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 11.05.2021, Az.: 25 BV 331/20 abgeändert:
Die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Z in Entgeltgruppe 6 A des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie wird ersetzt.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats bezüglich zur Eingruppierung des Mitarbeiters Z.
2
Die Antragstellerin (Arbeitgeberin) vertreibt Aufzüge und Rolltreppen und erbringt sowohl für konzerneigene Anlagen als auch für Anlagen von Wettbewerbern Serviceleistungen, insbesondere Wartung und Reparatur. Der Beteiligte zu 2) ist der gemeinsam für die Standorte C-Stadt, Y, X, W, V, U, T, S und R gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist Mitglied des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und wendet in allen Standorten des Betriebs Süd die Bayerischen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie an.
3
Die Betriebsparteien haben zur betrieblichen Umsetzung der Entgeltrahmentarifverträge unter dem 28.02.2008 eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen (BI. 11 ff d.A.). Diese sieht unter 2.2.2. vor, dass für neu zu besetzende Stellen die Anforderungen, Stellenbeschreibungen und Eingruppierungen vereinbart und als Anlage 2 zu der Gesamtbetriebsvereinbarung beigefügt werden. Entsprechend dieser Gesamtbetriebsvereinbarung wird bei Servicemonteuren zwischen drei Stufen unterschieden, nämlich dem Monteur/Wartung/Kleinreparatur (Stufe 1), dem Monteur/Wartung/Kleinreparatur (Stufe 2) und dem Monteur/Wartung/Kleinreparatur (Stufe 3). Die Stufen differenzieren nach der Komplexität der Arbeitsaufgaben. Servicemonteure der Standardstufe sind zuständig für die Wartung, den Austausch, die Reparatur, die Justierung und ggf. den Test von Standardkomponenten. Servicemonteure der mittleren Stufe bearbeiten auch komplexere Komponenten; Servicemonteure der höchsten Stufe bearbeiten in erster Linie hochwertige Komponenten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellenbeschreibungen (BI. 15 - 20 d.A.) Bezug genommen. Auf dieser Basis gruppierte die Arbeitgeberin Servicemonteure der Stufe 2 regelmäßig in die Entgeltgruppe (EG) 6 des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (ERA-TV) ein.
4
Im Rahmen der Tarifverhandlungen einigten sich der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie e.V. und der Vorstand der IG-Metall am 22.12.2005 auf Folgendes (BI. 36 -37 d.A.):
"(…)
2. Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass alle regionalen ERASysteme geeignet sind, die Arbeitsaufgaben auf Montagen zu bewerten. Dies wird unter anderem dokumentiert durch die Definition der Bewertungsmerkmale, die auch die typischen Anforderungen von Montageaufgaben umfassen, bzw. durch die vereinbarten Tarifbeispiele. Auf der Grundlage der ERABestimmungen werden Gespräche über z.B. Tarifbeispiele geführt. Sehen die regionalen ERA-Bestimmungen keine Tarifbeispiele vor, gilt Folgendes: Bei Tätigkeiten auf Montagen können nach den regionalen ERA-Bestimmungen die Voraussetzungen vorliegen, die eine Eingruppierung in eine höhere Stufe oder Gruppe als bei vergleichbaren Tätigkeiten im Betrieb rechtfertigen. (…)“
5
Daraufhin verständigten sich am 16.01.2006 der Verband der Metall- und Elektronindustrie Nordrhein-Westfalen e.V. und die IG-Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen u.a. auf ein Niveaubeispiel und regelten hierzu:
... 1. Die Tarifvertragsparteien haben das beigefügte Niveaubeispiel der Außenmontage nach den Bestimmungen des ERA gemeinsam bewertet (mit Begründung) und den ERA-Niveaubeispielskatalog um dieses Niveaubeispiel 07.06.03.05 ergänzt.“
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Nach dem Niveaubeispiel 07.06.03.05 „Durchführen von Inbetriebnahme-/Servicearbeiten im In- und Ausland (Monteur/-in)“ sind Außenmonteure, deren Tätigkeiten dem Niveaubeispiel entsprechen, in die EG 10 in NRW einzugruppieren. Die EG 10 in NRW entspricht der EG 7 in Bayern (BI. 32 - 34 d.A).
7
Am 03.02.2006 stimmte der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e.V. u.a. für den Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e.V. dem Verhandlungsergebnis zur Thematik „Außenmontage und ERA vom 22.12.2005“ zu.
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Der ERA-TV enthält zur Eingruppierung u.a. folgende Regelungen:
„II. Grundentgelt
§ 2 Allgemeine Eingruppierungsbestimmungen
1. Die Arbeitnehmer werden nach den folgenden Grundsätzen in eine Entgeltgruppe eingruppiert.
2. Die Eingruppierung erfolgt aufgrund der Anforderungen der gesamten übertragenen Arbeitsaufgabe. Zur Bewertung der Arbeitsaufgabe ist eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen.
Anmerkung:
Beinhaltet die Arbeitsaufgabe unterschiedliche Anforderungen, so sind die Anforderungen ausschlaggebend, die das Niveau der gesamten Arbeitsaufgabe prägen. Diese Anforderungen werden im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ermittelt. Hierbei sind weder der zeitliche Umfang einzelner Aufgaben noch die Einzelaufgabe mit dem höchsten Niveau allein ausschlaggebend.
3. Die Eingruppierung setzt die Erfüllung der in der jeweiligen Entgeltgruppe beschriebenen Eingruppierungskriterien voraus.
(I) Eingruppierungskriterien sind fachliche Qualifikation und Handlungsspielraum.
(II) Anforderungen an Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation sind im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten.
(III) Die erforderliche fachspezifische Zusatzqualifikation kann durch fachspezifische Erfahrung und/oder Weiterbildung erworben werden. Hierbei ist nicht die Dauer der entsprechenden Tätigkeit entscheidend.
(IV) Die fachspezifische Zusatzqualifikation kann ganz oder teilweise durch das Kriterium Führung (z.B. Führungsaufgabe und fachliche Verantwortung für unterstellte Mitarbeiter) ersetzt werden. Dies gilt entsprechend unterhalt der Entgeltgruppe 5.
(V) Der Nachweis des Abschlusses der in einer Entgeltgruppe angeführten Ausbildung und/oder Weiterbildung ist nicht erforderlich, andererseits begründet der Nachweis einer bestimmten Ausbildung (z.B. Berufsausbildung, qualifizierte Weiterbildung, Studium) allein keinen Anspruch auf Eingruppierung in eine bestimmte Entgeltgruppe.
(VI) Die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage sind bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen. Dies führt zu einer höheren Entgeltgruppe, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind.
4. Tarifliche Orientierungsbeispiele (vgl. Anhang)
(I) Die tariflichen Orientierungsbeispiele bieten Anhaltspunkte für die Eingruppierung. Sie sind nur in Übereinstimmung mit den jeweiligen Eingruppierungskriterien der Entgeltgruppe anwendbar, weil Inhalt und Wertigkeit der einzelnen Arbeitsaufgaben von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein können.
(II) Die Anwendung der Orientierungsbeispiele setzt auf Wunsch des Arbeitnehmers oder des Betriebsrats bei Vorliegen einer schriftlichen Beschreibung der übertragenen Arbeitsaufgabe des Arbeitnehmers voraus.
5. Eingruppierungsverfahren (I) Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat die beabsichtigte Eingruppierung des Arbeitnehmers mit. Dabei hat er dem Betriebsrat die erforderlichen Unterlagen/Informationen zu geben (u.a. schriftliche oder mündliche Aufgabenbeschreibungen). Die Vorschriften der§§ 99 ff BetrVG sind zu beachten.
(II) (…)
(III) Die Betriebsparteien können anstelle der Regelungen in Absatz (I) zur Eingruppierung auch für die Zeit nach der betrieblichen Einführung des Entgeltrahmentarifvertrages durch freiwillige Betriebsvereinbarung die Regelungen zur Eingruppierung in § 3 Einführungstarifvertrag vereinbaren. Anstelle der in § 3 Ziffern 2 Abs. (11), 4 und 5 Einführungstarifvertrag genannten Fristen gilt jeweils eine Frist von 2 Wochen, sofern die Betriebsparteien nichts anderes vereinbaren.
(…)
§ 3 Entgeltgruppen (…)
Entgeltgruppe 5 Es handelt sich um eine Arbeitsaufgabe, die Entscheidungen bei der Arbeitsausführung voraussetzt.
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung erworben werden. Gleichgestellt werden Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige zweijährige abgeschlossene Berufsausbildung und längere zusätzliche fachspezifische Erfahrung erworben werden.
Die insgesamt erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.
Entgeltgruppe 6
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und eine fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden. Die erforderliche Zusatzqualifikation kann auch durch eine fachspezifische Erfahrung von etwa 15 Monaten erreicht werden. Die insgesamt erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.
Entgeltgruppe 7
Die Arbeitsaufgabe erfordert Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine einschlägige mindestens dreijährige abgeschlossene Berufsausbildung und erweiterte fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden.
Die erforderliche Zusatzqualifikation kann auch durch mehrjährige, d.h. mindestens dreijährige fachspezifische Erfahrung erreicht werden.
Gleichgestellt werden Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie in der Regel durch qualifizierte Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt erworben werden. Die insgesamt erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden.“
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Mit Schreiben vom 14.10.2020 {BI. 21 d.A.) beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung und Eingruppierung des Mitarbeiters Z als Servicetechniker mit Dienstsitz C-Stadt und Eingruppierung in die EG 6 Stufe A ERA-TV.
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Herr Z wird bei der Arbeitgeberin als Servicemonteur mit dem Schwerpunkt im Bereich der Wartung eingesetzt, der auch Reparaturen erledigt. Er verfügt über eine Ausbildung zum Elektroninstallateur und war vor seiner Einstellung bereits seit 9 Jahren im Aufzugsbau in unterschiedlichen Aufzugsfirmen tätig gewesen. Über eine Zusatzqualifikation verfügt er nicht. Er erbringt Tätigkeiten als Servicemonteur, wie z.B. Reparaturen von elektrischen, mechanischen, hydraulischen und/oder elektronischen Teilen/Komponenten auch anderer Hersteller, ggf. nach Zeichnung/Montaganweisung. Ferner nimmt er Funktionsprüfungen vor und vergleicht den festgestellten Anlagenzustand aller Bauarten mit dem Sollzustand der Anlage auch mit dem Einsatz eines Diagnosesystems und führt Wartungstätigkeiten nach einschlägigen Wartungsmethoden aus. Er ist mit der Fehlersuche, mit dem Erstellen der richtigen Diagnose, sowie mit der Wiederherstellung (Instandsetzung des Sollzustands der Anlagen) befasst und zusätzlich in der Rufbereitschaft eingesetzt. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um Tätigkeiten der Stellenbeschreibung der EG 6 des Ergebnisses mit dem Gesamtbetriebsrat.
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Der Betriebsrat stimmte am 20.10.2020 der Einstellung zu und verweigerte gleichzeitig seine Zustimmung zu der beantragten Eingruppierung (BI. 22 f d.A.) mit der Begründung, dass die Eingruppierung in die EG 6 gegen tarifliche Bestimmungen verstoße und Herr Z mindestens in die tarifliche EG 7 einzuordnen sei.
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Mit ihrem am 30.10.2020 beim Arbeitsgericht München eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung. Eine Eingruppierung in die EG 7 sei nicht gerechtfertigt. Die Tätigkeiten entsprächen denen eines Servicemonteurs und setze voraus, dass der Arbeitnehmer über eine abgeschlossene dreijährige Berufsausbildung verfüge und über eine 15monatige fachspezifische Erfahrung. Weitere Voraussetzungen seien nicht erforderlich, zumal die Monteure sich bei etwaigen technischen Problemen an deren Meister oder aber an den Technical Helpdesk wenden könnten.
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Die Arbeitgeberin hat außerdem die Ansicht vertreten, dass sich das Verhandlungsergebnis der Tarifvertragsparteien 2005/2006 auf den Montagezuschlag bezogen habe. Wie die Tätigkeit der Monteure zu bewerten sei, richte sich nach den jeweils einschlägigen regionalen Entgeltrahmenabkommen, vorliegend also nur nach dem Entgeltrahmenabkommen für den Tarifbezirk Bayern. Ein Rückgriff auf das für den Tarifbezirk Nordrhein-Westfalen getroffene Niveaubeispiel sei nicht notwendig. Dies ergebe sich auch aus § 2 Ziff. 2 Abs. 6 ERA-TV. Voraussetzung für eine entsprechende Eingruppierung in der Außenmontage sei folglich stets, dass die Eingruppierungskriterien erfüllt seien. Nur wenn hier ein Wertungsspielraum verbleibe, seien die besonderen Anforderungen der Außenmontage zu berücksichtigen. Für Herrn Z sei dies nicht relevant. Servicemonteure seien nicht in der Außenmontage tätig, sondern im Bereich der Wartung.
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Vorsorglich hat die Arbeitgeberin darauf hingewiesen, dass das tarifliche Niveaubeispiel, das der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen mit der IG-Metall Nordrhein-Westfalen ausgehandelt hat, ohnehin zu keinem anderen Ergebnis führe. Die Tätigkeit eines Servicemonteurs erfordere eine regelmäßige Kommunikation und Zusammenarbeit, aber keine Abstimmung. Die Servicemonteure hätten sich beim Kunden an- und abzumelden, aber die Gewerke nicht mit anderen Disziplinen abzustimmen.
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Es liege auch kein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG vor, da § 2 eine Öffnungsklausel für freiwillige Betriebsvereinbarung enthalte.
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Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,
Die Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Z in die Entgeltgruppe 6A des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie wird ersetzt.
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Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt
den Antrag zurückzuweisen.
18
Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass Herr Z richtigerweise in die EG 7 A des ERATV einzugruppieren sei. In II §§ 2, 3 ERA-TV sei vereinbart, dass in der Außenmontage tätige Servicemitarbeiter in eine höhere Entgeltgruppe einzugruppieren seien, wenn die Merkmale der §§ 2 und 3 erfüllt seien. In den vorgelegten Stellenbeschreibungen werde ausdrücklich auf die entgeltrelevanten Aufgaben des Außenmonteurs hingewiesen. Die Stellenbeschreibungen der Arbeitgeberin seien nie tariflich vereinbart und auch nicht tarifkonform.
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Das Arbeitsgericht München hat mit seinem Beschluss vom 11.05.2021, Az.: 25 BV 331/20, auf das hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Parteien und der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, den Antrag abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass zwischen den Beteiligten unstreitig sei, dass der Mitarbeiter die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die EG 6 erfüllt und dass auch die weiteren Voraussetzungen der EG 7 vorlägen. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob § 2 Abs. 6 ERA-TV zu einer automatischen Höhergruppierung führe. Aus § 2 Abs. 6 ERA-TV ergebe sich, dass die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen seien, was zu einer höheren Entgeltgruppe führt, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind. Die Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation seien nach dieser Vorschrift im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten. Dies beinhalte, dass auch dann, wenn die erforderlichen Qualifikationen nicht unmittelbar gegeben seien, dann, wenn die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation bestimmte - im Verhältnis zu den normalen Anforderungen dieser Entgeltgruppe gesteigerte - Anforderungen erreiche, diese gegebenenfalls qualifikationserhöhend bewertet werden können. Diese Überlegung ergebe sich auch aus dem Verhandlungsergebnis zum Thema „Außenmontage und ERA“ in dem explizit vereinbart wurde, dass besondere Arbeitsanforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen sind und dies zu einer höheren Entgeltgruppe führen könne. Die Regelung des Verhandlungsergebnisses stehe im Zusammenhang mit dem Wegfall eines Montagezuschlages nach dem BMTV für die bisherigen Montagestammarbeitnehmer. Im ERA-TV sei dieses Ergebnis in § 2 Abs. 6 umgesetzt worden.
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Soweit die Arbeitgeberin vorgetragen habe, Servicemonteure seien im Bereich der Wartung tätig und nicht im Bereich der Außenmontage, könne die Kammer dem nicht folgen. Entscheidend sei, dass Montagestammarbeiter auf außerbetrieblichen Arbeitsstellen eingesetzt werden. Dies sei dann der Fall, wenn die Stelle außerhalb des Geländes des Betriebes liege, für den der Arbeitnehmer eingestellt ist, was hier unstreitig der Fall sei und zum Wesen des Berufsbildes eines Servicemonteurs gehöre. Die Tätigkeiten eines Servicemonteurs rechtfertigten eine Höherbewertung der Qualifikation im Verhältnis zu derjenigen, die in der EG 6 erforderlich ist. Der Tätigkeit des Servicemonteurs im Außendienst sei immanent, dass er eine erhöhte Flexibilität und einen erhöhten Kommunikationsaufwand im Verhältnis zu einem Arbeitnehmer im Betrieb habe. Der Servicemonteur sei an seiner Einsatzstelle auf sich allein gestellt. Auch wenn er die Möglichkeit habe über ein Technical Helpdesk Rücksprache zu nehmen, verbleibe doch ein weiterer Entscheidungsspielraum, ob und wie eine bestimmte Aufgabe zu verrichten ist. Er habe zwangsläufig eigene Entscheidungen zu treffen im Hinblick auf die Art und Weise der Arbeitsausführung. Ein Servicemonteur müsse darüber hinaus mit dem Kunden kommunizieren. Die Arbeitgeberin beschränke dies zwar auf ein An- und Abmelden, jedoch sei selbst hier im Verhältnis zu einem Mitarbeiter im Betrieb ein deutlich höherer Kommunikationsaufwand erforderlich. Im Übrigen sei bei einer lebensnahen Betrachtungsweise davon auszugehen, dass es eine Vielzahl von Fällen gebe, in denen die Kommunikation nicht lediglich auf einen An- und Abmeldevorgang beschränkt ist. Darüber hinaus sei Herr Z im Bereitschaftsdienst eingesetzt, so dass auch dies eine erhöhte Anforderung an seine Einsatzflexibilität darstelle, welche zu berücksichtigen sei. Nach Ansicht der Kammer ergebe die Bewertung der zusätzlichen Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und die Kommunikation, dass diese ein solches Gewicht haben, dass sie über § 2 Abs. 2 ERA-TV mit dem Heraushebungsmerkmal der EG 7 gleichzustellen sind. Dabei sei sich die Kammer darüber bewusst, dass diese Anforderungen von der Ausbildung her nicht mit einem Meister oder Fachwirt vergleichbar seien. Wenn diese jedoch ganz außer Acht gelassen werden könnten, ergäbe die Regelung in § 2 Abs. 6 ERA-TV keinen Sinn. Vielmehr könne der Tarifvertrag nur dahingehend verstanden werden, dass das Qualifikationsmerkmal auch durch diese Anforderungen erfüllt werden kann.
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Gegen diesen Beschluss, der der Arbeitgeberin am 12.05.2021 zugestellt wurde, hat diese mit einem am 26.05.2021 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese am 04.08.2021 begründet.
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Die Arbeitgeberin macht weiterhin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags geltend, dass die Aufgaben, die Herr Z als Servicetechniker unstreitig durchzuführen habe, von ihrer Wertigkeit her der EG 6 entsprechen.
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Das Arbeitsgericht habe den Regelungsgehalt der Tarifvorschrift des II. § 2 Ziffer 3 (VI.) des ERA-TV verkannt und offenkundig gemeint, dass die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation für sich genommen zu einer höheren Entgeltgruppe führen könnten, sofern sie nur ein gewisses Gewicht erreichten, und in diesem Falle eine an sich erforderliche fachliche Qualifikation ersetzen und fälschlicherweise die Auffassung vertreten, dass nur dieses Verständnis zu einem sinnvollen Anwendungsbereich dieser Tarifvorschrift führe.
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Dieses Auslegungsergebnis lasse sich weder mit Wortlaut, systematischen Zusammenhang, Sinn und Zweck der tariflichen Regelung noch mit der Entstehungsgeschichte in Einklang bringen. Die streitgegenständliche Tarifvorschrift spreche davon, dass die dort genannten, typischerweise bei der Außenmontage bestehenden besonderen Anforderungen zu einer höheren Entgeltgruppe führen, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind. Der Wortlaut sei eindeutig. Auch bei Tätigkeiten in der Außenmontage sei deshalb eine Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen der entsprechenden Entgeltgruppe vorliegen. Dies ergebe sich aus dem Verweis auf die §§ 2 und 3, durch den klargestellt werde, dass die allgemeinen Eingruppierungsbestimmungen Anwendung finden. Mit dem Wortlaut sei jedoch nicht vereinbar, die in II. § 2 Ziffer 3 (VI.) genannten besonderen Anforderungen als Substitut für ein Eingruppierungsmerkmal der höheren Entgeltgruppe anzusehen. Um zu dem Ergebnis des Arbeitsgerichts zu kommen, müsste die Formulierung vorsehen, dass die besonderen Anforderungen zu einer höheren Entgeltgruppe führen können, auch wenn die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 im Einzelfall nicht erfüllt sind. Da die Formulierung der Tarifvorschrift genau umgekehrt laute und ausdrücklich betone, dass auf das Vorliegen der Eigruppierungskriterien nicht verzichtet werden kann, sei die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung mit dem Wortlaut nicht in Einklang zu bringen. Dieses Ergebnis werde durch einen Blick auf II. § 2 (IV) ERA-TV bestätigt, der vorsehe, dass eine fachspezifische Zusatzqualifikation ganz oder teilweise durch das Kriterium der Führung „ersetzt“ werden könne. Wenn nach Auffassung des Arbeitsgerichts die besonderen Anforderungen der Außenmontage eine fachliche Qualifikation ganz oder teilweise ersetzt könnten, wäre eine entsprechende Formulierung auch in II § 2 (VI) zu erwarten gewesen.
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Die Auslegung des Arbeitsgerichts sei auch mit Sinn und Zweck der Regelung in II. § 2 Ziffer 3 (VI.) nicht vereinbar. In seiner Stellungnahme vom 11.05.2021 habe der Bayerische Unternehmensverband Metall- und Elektro e.V. hierzu ausgeführt, dass nach der Vereinbarung die besondere Situation der Monteure bei der Eingruppierung berücksichtigt werden muss, da sie sich außerhalb des Betriebes befinden und aufgrund dieser Tatsache möglicherweise höhere Anforderungen zu erfüllen haben. Bei einer Außenmontage sei es beispielsweise nicht ohne weiteres möglich, Kollegen, Vorgesetzte oder Fachabteilungen zu konsultieren. Vor diesem Hintergrund könne es deshalb erforderlich sein, Fachkenntnisse auch für den Notfall vorzuhalten. Dies könne eine höhere Eingruppierung rechtfertigen, allerdings nur dann, wenn auch die Eingruppierungskriterien der höheren Entgeltgruppe erfüllt sind. Dies ergebe sich aus der Formulierung „sofern die Eingruppierungsvoraussetzungen gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind“. Eine Automatik einer höheren Eingruppierung sei hiermit nicht verbunden.“ Damit werde deutlich, dass die streitgegenständliche Tarifvorschrift letztlich nur deklaratorischen Charakter habe. Sie stelle klar, dass bei der Subsumtion unter die Eingruppierungsmerkmale einer Entgeltgruppe selbstverständlich berücksichtigt werden muss, dass bei einem Arbeitnehmer in der Außenmontage möglicherweise höhere Anforderungen bestehen im Vergleich zu einer identischen Tätigkeit innerhalb des Betriebes und solle verhindern, dass bei der Eingruppierung unterschiedslos innerbetriebliche Arbeitsplätze identisch bewertet werden wie Arbeitsplätze in der Außenmontage. Die Tarifvorschrift legitimiere damit, dass identische Tätigkeiten eine unterschiedliche Eingruppierung nach sich ziehen, je nachdem, ob sie innerhalb oder außerhalb des Betriebes erbracht werden.
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Auch mit der Entstehungsgeschichte dieser Tarifvorschrift lasse sich die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung nicht vereinbaren. Die Einführung der streitgegenständlichen Tarifvorschrift habe im Zusammenhang mit der Abschaffung des Montagezuschlages. Gestanden. Die Tarifvertragsparteien hätten seinerzeit im Verhandlungsergebnis vom 22.12.2005 festgehalten, dass alle regionalen ERA-Systeme geeignet sind, die Arbeitsaufgaben auf Montagen zu bewerten. Nach dem Verhandlungsergebnis fänden sich in den Eingruppierungskriterien der Entgeltgruppen Anknüpfungspunkte für die besonderen Anforderungen bei Außenmontage, also fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation, die Bedeutung haben können für die fachspezifische Berufserfahrung. Was Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation angehe, sei in II. § 2 Ziffer 3 (II.) vorgesehen, dass diese im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten sind. Keineswegs sei jedoch hiermit vereinbar, auf das Vorliegen eines Eingruppierungsmerkmals zu verzichten.
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Die Auslegung führe zu einer Eingruppierung des Arbeitnehmers Z in EG 6. Die Voraussetzungen der EG 7 lägen unstreitig nicht vor, da für die Tätigkeit des Herrn Z als Servicetechniker der mittleren Stufe die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht das Niveau eines Meisters oder Fachwirts oder Inhaber einer erweiterten fachspezifischen Zusatzqualifikation erreichen müssten. Auch sei unstreitig, dass für die hier in Fragen stehenden Arbeitsaufgaben keine mindestens dreijährige fachspezifische Erfahrung erforderlich ist. Tatsächlich sei für die hier in Frage stehenden Aufgaben eine fachspezifische Erfahrung von durchschnittlich 15 Monaten erforderlich, jedoch auch ausreichend. Aus langjähriger Erfahrung mit einer großen Anzahl an Servicetechnikern wisse die Arbeitgeberin, dass auch Berufsanfänger, die nach Abschluss ihrer Ausbildung als Servicetechniker im Aufzugbereich einsteigen, in der Regel nach 15 Monaten so viel Erfahrung gesammelt haben, dass ihnen Arbeitsaufgaben des Servicemonteurs der mittleren Stufe zugewiesen werden können. Besonders motivierte und talentierte Servicetechniker erreichten dieses Stadium zum Teil deutlich früher, in manchen Fällen sogar in weniger als 12 Monaten. Die Beklagte beschäftige auch zahlreiche Servicetechniker, die bereits nach 15 Monaten Berufserfahrung die Aufgaben, die Herr Z erledigt, übernehmen.
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Zudem fehle es an einer Anknüpfung an eine vergleichbare innerbetriebliche Tätigkeit. Soweit II. § 2 Ziffer 3 (VI) von einer „höheren“ Eingruppierung spreche, sei damit eine im Vergleich zur Eingruppierung einer im Übrigen gleichwertigen innerbetrieblichen Tätigkeit höhere Eingruppierung zu verstehen. Die Arbeitgeberin beschäftige Servicetechniker aber ausschließlich im Außendienst. Eine vergleichbare innerbetriebliche Tätigkeit existiere nicht.
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Auch unter Berücksichtigung der hier konkret bestehenden, besonderen Anforderungen der Außenmontage an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation sei keine höhere Eingruppierung zu rechtfertigen. Der vom Arbeitsgericht für zwangsläufig erachtete weite Entscheidungsspielraum hinsichtlich Art und Weise der Arbeitsausführung bestehe so nicht, sondern die Tätigkeit des Servicetechnikers sei im höchsten Maße standardisiert, die Wartungs- und Reparaturroutinen genauestens vorgegeben und ein Entscheidungsspielraum demnach nur im geringfügigen Umfang gegeben. Eine Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern bzw. mit Fremdfirmen sei - anders als in anderen typischen Fällen der Außenmontage - nicht gegeben. Auch erhöhte Anforderungen an die Kommunikation bestünden nicht. Der Servicetechniker, der eine Anlage wartet, melde sich beim Kunden an und nachher ab. Weitere Kommunikation erfolge nicht über den Servicetechniker, sondern über den Vertrieb oder den Meister. Insbesondere erfolge durch den Servicetechniker keine Beratung des Kunden über etwaige weitere erforderliche oder empfehlenswerte Maßnahmen.
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Die Arbeitgeberin differenziere bei den Servicetechnikern zwischen Servicetechnikern der Eingangsstufe, Servicetechnikern der Mittelstufe und Servicetechnikern der höchsten Stufe. Servicetechniker der Eingangsstufe müssten lediglich über eine dreijährige einschlägige Berufsausbildung (in der Regel als Mechatroniker oder Elektroniker) verfügen. Sie absolvierten zu Beginn ihrer Tätigkeit einen achtwöchigen Einführungskurs, in dem ihnen die notwendigen Wartungs- und Reparaturroutinen erläutert werden. Diese Arbeitnehmer würden in EG 5 eingruppiert. Im Regelfall würden den Servicetechnikern der Eingangsstufe nach Ablauf von ca. 15 Monaten weitere Tätigkeiten übertragen, die höhere Anforderungen stellten. Insbesondere handele es sich um die Beteiligung an ZÜS-Prüfungen (d. h. den wiederkehrenden Prüfungen durch eine Zugelassene Überwachungsstelle, z. B. den TÜV), die Übernahme von Rufbereitschaften und Notdiensten sowie die Durchführung von „First Visits“ oder die Begleitung der Übergabe von neu gebauten Anlagen. Schließlich beschäftige sie in geringer Zahl auch Servicetechniker der höchsten Stufe, die intern „Kompetenzträger“ genannt würden. Kompetenzträger könnten auch selten auftretende, hoch komplexe Probleme an Anlagen lösen. Sie betreuten im Vergleich zu „Standard“-Servicetechnikern der Eingangsstufe oder mittleren Stufe nur kleine Wartungsrouten und würden als Unterstützung an Anlagen eingesetzt, in Fällen, die von den eigentlich für die betreffende Anlage zuständigen Servicetechnikern nicht gelöst werden können.
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Für Servicetechniker der mittleren Stufe, wie Herrn Z, seien derartige herausgehobene Kompetenzen jedoch unstreitig nicht erforderlich. Nahezu sämtliche Probleme, die bei der täglichen Arbeit eines Servicetechnikers auftauchen, könnten jedoch mit der vorhandenen Qualifikation - einschlägige Berufsausbildung, achtwöchiger Einführungskurs und bis zu 15-monatige Berufserfahrung - gelöst werden.
32
Die Aufgaben des hier in Frage stehenden Servicemonteurs der mittleren Stufe gliederten sich zum einen in Wartung von Aufzugsanlagen und damit zusammenhängende Tätigkeiten, sowie zum anderen in die Störungsbeseitigung und Reparatur von Aufzugsanlagen (außerhalb von Notdiensten und Rufbereitschaftsdiensten) und damit zusammenhängende Tätigkeiten. Die Arbeitgeberin setze die Servicemonteure mit unterschiedlichen Schwerpunkten Wartung oder Reparatur ein, wobei Herr Z mit dem Schwerpunkt im Bereich der Wartung eingesetzt werde, aber auch Reparaturen erledige.
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Die für die Tätigkeit als Servicemonteur notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse würden in einer dreijährigen einschlägigen Ausbildung (Mechatroniker, Elektriker usw.) und einer ca. 8-wöchigen Einarbeitungsphase zu Beginn der Tätigkeit vermittelt. Für letztere existiere ein Einarbeitungsplan, nach dem in sechs Modulen theoretisches Wissen bzw. Basiswissen vermittelt werde bezüglich der Arbeitssicherheit, der Anwendung der einschlägigen Normen und Gesetze, der Wartungsmethode, der Systematik der Störungssuche und Personenbefreiung, der allgemeinen Fördertechnik und des Ablaufs einer wiederkehrenden Prüfung. Des weiteren finde eine Praxisphase statt, in der eine praktische Einführung in die Wartung verschiedener Aufzugtypen sowie der Ablauf einer Personenbefreiung vermittelt wird. Die einzuarbeitenden Arbeitnehmer nähmen in dieser Praxisphase, die ca. 8 Wochen dauere, die Termine im Regelfall zu zweit wahr.
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Das Ziel der Einarbeitung sei es, aufbauend auf die in der Berufsausbildung vermittelten Fähigkeiten und Kenntnisse die bei der Arbeitgeberin verwandte Methodik bei der Wartung, Störungsbeseitigung und der Durchführung von Reparaturen kennenzulernen. Die Störungsbeseitigung beginne systematisch mit der Störungssuche. Es sei demnach Aufgabe des Servicetechnikers festzustellen, inwieweit der Ist-Zustand der Anlage vom Soll-Zustand abweiche. Sei die Störungsursache ermittelt worden, sei im nächsten Schritt zu prüfen, ob eine Störungsbeseitigung - gegebenenfalls durch einen Austausch bzw. eine Reparatur von Komponenten - vorgenommen werden kann. Soweit die zu ersetzenden Komponenten vor Ort nicht verfügbar sind, leite der Servicemonteur einen Bestellprozess ein. Darüber hinaus erwerbe der Servicetechniker im Rahmen seiner achtwöchigen Einarbeitung spezifisch auf die Störungsbeseitigung und Reparatur von Aufzugsanlagen bezogene Kenntnisse und Fähigkeiten.
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Soweit ein Servicetechniker nach Abschluss der Ausbildung mit dem Schwerpunkt Wartung eingearbeitet wird, würden ihm gleichwohl Reparaturarbeiten im Regelfall erst nach ca. 15 Monaten übertragen, um sicherzustellen, dass er über die erforderliche Routine verfüge, auch wenn die durchzuführenden Störungsbeseitigungen und Reparaturen letztlich bereits Gegenstand des Ausbildungsplans zum Mechatroniker sind. Jedenfalls nach Absolvierung des Einarbeitungsplans sei ein ausgebildeter Elektriker oder Mechatroniker in der Lage, die entsprechenden standardmäßigen Reparaturen bezogen auf die Aufzüge sämtlicher Hersteller durchzuführen.
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Schließlich sei es Aufgabe des Servicemonteurs der mittleren Stufe, Notrufanlagen an Aufzugsanlagen nachzurüsten, zu reparieren und zu warten. Auch diesbezüglich würden Fähigkeiten und Kenntnisse verlangt, die z.B. ein Mechatroniker im Rahmen seiner Ausbildung erwerbe. Da auch diese Tätigkeiten einer gewissen Routine bedürften und mit besonderer Sorgfalt verbunden seien, würden diese Tätigkeiten Servicetechnikern, die im Schwerpunkt in der Wartung arbeiten, erst nach ca. 15 Monaten übertragen. Stelle man nur auf die Fähigkeiten des Arbeitnehmers ab, wäre dies auch früher möglich.
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Für einige zusätzliche Aufgaben (Übernahme von Not- und Rufbereitschaftsdiensten, „First Visits“ / NEB/SEB-Übernahmen und Begleitung von ZÜS-Prüfungen) sei eine Berufserfahrung von durchschnittlich 15 Monaten erforderlich. Bei Notdiensten und Rufbereitschaftsdiensten liege der Grund hierfür darin, dass die notwendigen Arbeitseinsätze nicht im gleichen Maße standardisiert seien, wie die routinemäßige Wartung bzw. Reparatur von Aufzugsanlagen. Insbesondere könne ein Servicemonteur in diesem Rahmen mit Aufzugsanlagen konfrontiert werden, die er nicht aus seiner üblichen Wartungsroute kennt. Die Berufserfahrung von durchschnittlich 15 Monaten vermittele einen gewissen Routinevorsprung. Insbesondere Servicemonteure, die ihre Ausbildung bei der Arbeitgeberin absolviert haben, seien aber auch schon nach kürzerer Zeit in der Lage, die im Rahmen eines Notdienstes oder einer Rufbereitschaft anfallenden Tätigkeiten auszuüben.
38
Auch die Begleitung von wiederkehrenden Zulassungsprüfungen (ZÜS) werde nicht von Berufsanfängern, sondern nur von Servicemonteuren mit einer gewissen Berufserfahrung, die ebenfalls 15 Monate beträgt, vorgenommen, um eine zügige und reibungslose Durchführung der ZÜS-Prüfung zu gewährleisten. Zusätzlich sei es Aufgabe des Servicetechnikers der mittleren Stufe, NEB/SEB-Übergaben sowie First Visits vorzunehmen. Hierbei handele es sich um die erstmalige Übernahme einer Aufzugsanlage in den Service bei neugebauten oder modernisierten Anlagen (NEB/SEB-Übergaben) oder Anlagen, die zuvor von einem Wettbewerber betreut wurden. In allen Fällen sei eine ausführliche Bestandsaufnahme der Anlage vorzunehmen, die im Wesentlichen durch die Abarbeitung von Checklisten erfolge. Aufgrund erhöhter Sorgfaltsanforderungen werde diese Aufgabe nicht an Berufsanfänger übertragen, obwohl diese an sich hierzu in der Lage seien, sondern an Servicetechniker mit einer Berufserfahrung von zumindest 12 bis 15 Monaten.
39
Keinesfalls sei für die genannten zusätzlichen Aufgaben jedoch ein Zeitraum von mehr als zwei oder drei Jahren Berufserfahrung erforderlich Die Tätigkeiten, die der Betriebsrat in der Anlage AGG5 darstelle, seien so nicht zutreffend und rechtfertigten die Eingruppierung in die EG 7 nicht. Auch die hier konkret bestehenden Anforderungen an Flexibilität, Kommunikation und zusätzlichem Wissen rechtfertigten keine entsprechende Eingruppierung. Der hier in Frage stehende Monteur Z übernehme durchschnittlich 7 Wochen Rufbereitschaft pro Jahr. Für die Teilnahme am Rufbereitschaftsdienst bzw. die Übernahme von Notdiensten erhalte der Servicemonteur zusätzlich zur Vergütung für etwaige tatsächliche Arbeitszeiten eine Pauschale von 430,00 € brutto pro Woche. Es sei einer Rufbereitschaft immanent, dass es zu im Vorfeld nicht absehbaren Arbeitseinsätzen komme, was mit der Rufbereitschaftspauschale abgegolten werde. Es sei jedoch nicht zu rechtfertigen, wegen der Anforderungen an die Flexibilität im Rahmen der Übernahme von Rufbereitschaften bzw. Notdiensten eine höhere Eingruppierung vorzunehmen.
40
Eine weitergehende Kommunikation mit dem Kunden, die über die Terminabsprache und das An- und Abmelden hinausgehe, sei nicht erforderlich. Es sei nicht Aufgabe des Servicetechnikers, etwa eine Beratung des Kunden vorzunehmen oder Reparaturaufträge entgegenzunehmen. Der Servicemonteur sei lediglich berechtigt, Kleinreparaturen bis zu einem Wert von 500,00 € mit dem Kunden abzustimmen und vorzunehmen. Das für die Aufgabe erforderliche zusätzliche Wissen werde durch die innerbetriebliche Einarbeitung und die Berufserfahrung von maximal 15 Monaten erworben. Es werde immer der Fall eintreten können, dass ein Servicetechniker vor Ort ein bestimmtes Problem an einer Anlage nicht lösen könne. Für die „schweren Fälle“ hält die Arbeitgeberin Experten daher vor, nämlich Servicetechniker der höchsten Stufe (Kompetenzträger) und Technische Spezialisten. Es bestehe nicht der Anspruch, dass die Servicetechniker der mittleren Stufe wie Herr Z in der Lage sind, Störungen zu beseitigen oder Reparaturen vorzunehmen auf einem Niveau, wie dies die Kompetenzträger oder Technischen Spezialisten können. Sie nehme daher hin, dass die Servicetechniker der mittleren Stufe zwar einen Großteil der vor Ort auftretenden Probleme lösen können, nicht jedoch alle Probleme. Für diesen Fall stünden ihm die Optionen zur Verfügung sich an das Technische Helpdesk zu wenden, seinen Vorgesetzten (Servicemeister) oder einen besonders qualifizierten Kollegen (Kompetenzträger oder Technischen Spezialisten) über Mobilfunk zu erreichen. Sei hierdurch eine Lösung des Problems nicht möglich, sei der Servicetechniker angewiesen, seine Arbeit vor Ort zu beenden und die Anlage gegebenenfalls außer Betrieb zu nehmen.
41
Die Arbeitgeberin beantragt,
Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 11.05.2021 - 25 BV 331/20 - wird aufgehoben. Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Z in Entgeltgruppe 6A des Entgeltrahmentarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie wird ersetzt.
42
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
43
Der Betriebsrat verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend. Er habe seine Zustimmung zur Eingruppierung des Servicemonteurs Z in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verweigert und sich dabei richtigerweise auf den Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG berufen, weil der Servicemonteur Z nicht in die EG 6 A ERA-TV einzugruppieren sei, sondern in die EG 7 A.
44
Nach der unstreitig anzuwendenden Gesamtbetriebsvereinbarung werde bei Servicemonteuren zwischen 3 unterschiedlichen Stufen unterschieden, je nach Komplexität der zu erledigenden Arbeitsaufgaben. Auf dieser Basis habe die Antragstellerin Servicemonteure der Stufe 2 regelmäßig in die EG 6 A ERA eingruppiert. Nach der Einigung der Tarifvertragsparteien am 22.12.2005/ 03.02.2006, dass bei Tätigkeiten auf Montagen die Voraussetzungen vorliegen können, die eine Eingruppierung in eine höhere Stufe als bei vergleichbaren Tätigkeiten im Betrieb rechtfertigen sei das Niveaubeispiel der Außenmontage anschließend unter den Niveaubeispielkatalog zusätzlich in Form einer Ergänzung unter der 07.06.03.05 aufgenommen worden. Nach diesem Niveaubeispiel seien Außenmonteure in die EG 10 in NRW einzugruppieren, was in Bayern der EG 7 entspreche.
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Der ausgebildete Elektrotechniker Z sei vor seiner Tätigkeit bei der Antragstellerin bereits über 9 Jahre als erfahrener Monteur im Bereich der Aufzugstechnik bei externen Unternehmern tätig gewesen, unterstütze im Tagesgeschäft seine Monteurkollegen und sei nach wie vor zusätzlich in Rufbereitschaft eingesetzt, wo er regelmäßig seine Entscheidungen eigenverantwortlich alleine vor Ort im Außendienst zu treffen habe. Er nehme Bezug auf die Stellenbeschreibung Servicemonteur höhere Stufe (AGG5, Bl. 165 f d.A.). Diese Tätigkeiten erledige Herr Z allesamt und bringe seine höherwertigen Tätigkeiten im Servicebereich insbesondere im Bereich der Störungssuche und in Bereitschaftseinsätzen ein.
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In zutreffender Weise habe das Arbeitsgericht München die Vorschrift des § 2 Abs. 6 ERA - TV nach dessen Sinn und Zweck ausgelegt und dabei festgestellt, dass das Qualifikationsmerkmal auch durch die von Herrn Z zu erbringenden Anforderungen als Servicemonteur wegen der erforderlichen erhöhten Flexibilität und des im Verhältnis zu einem Arbeitnehmer im Betrieb erhöhten Kommunikationsaufwands erfüllt werden könne, weil die Vorschrift des § 2 Abs. 6 ERA - TV ansonsten keinen Sinn ergebe. Seine häufigen eigenverantwortlichen Alleinentscheidungen außerhalb des Betriebes, gerade in der von ihm langjährig ausgeübten Bereitschaft und damit seine gezeigte hohe Einsatzflexibilität seien dabei von so hohem Gewicht, dass sie über § 2 Abs. 2 ERA-TV mit dem Heraushebungsmerkmal der EG 7 gleichzustellen sind.
47
Der Servicemonteur sei im Gegensatz zur unrichtigen Auffassung der Antragstellerin eben nicht nur im Bereich der Wartung tätig. Bei einem Servicemonteur im Außendienst seien die zusätzlichen Anforderungen an Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und die Kommunikation von einem der EG 07 gleichzustellenden Gewicht.
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Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Vortrag des Betriebsrats begründe eine Eingruppierung in die EG 7 nicht. Dieser beschränke sich darauf, in Spiegelstrichen Aufgaben zu benennen und alsdann - ohne jeden Bezug zu jeder einzelnen Aufgabe und inhaltliche Konkretisierung - darauf zu verweisen, dass die vorgenannten Aufgaben eine besonders hohe Einsatzflexibilität, eine intensive Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Kunden vor Ort und den Fachbereichen verlange und hierdurch die Voraussetzungen der Ziffer II, § 2 Ziffer 3. Abs. VI ERA erfüllt seien, was allerdings tatsächlich nicht der Fall sei, weil keine hohen Anforderungen an Kommunikation und Flexibilität bestünden. Eine Subsumtion, dass auch die Voraussetzungen der EG 7 erfüllt sind, finde nicht statt. Zwar sei für die Rufbereitschaft eine gewisse Flexibilität angezeigt. Diese rechtfertige aber keine Eingruppierung in die EG 7 vorzunehmen, weil hier ein gewisses Maß an Berufserfahrung, nämlich im Durchschnitt 15 Monate, ausreichten. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der Servicemonteur mittlere Stufe, insbesondere auch Herr Z, keine pneumatischen Einstellarbeiten vornimmt. Soweit es um die Einstellarbeiten an informationstechnischen Systemen und Komponenten gehe, seien allenfalls Einstellungen aus Nutzersicht vorzunehmen.
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Die Arbeitgeberin hat außerdem die Richtigkeit des Vortrags des Betriebsrats bestritten. Bislang sei zwischen den Betriebsparteien unstreitig gewesen, dass Herr Z als Servicetechniker der Stufe 2 (Mittelstufe) tätig werden soll und tätig wird. Hierauf habe die Arbeitgeberin bereits in ihrer Antragsschrift hingewiesen und der Betriebsrat habe in seiner Erwiderung auf diese Stellenbeschreibung selbst Bezug genommen. Der Antragsgegner habe nunmehr erstmalig in der Berufungserwiderung eine von ihm selbst verfasste Stellenbeschreibung vorgelegt. Dass Herr Z als Servicemonteur der höheren Stufe tätig sein solle, sei neu und zudem auch unzutreffend. Die nun als Anlage AGG5 vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung gebe in Teilen zutreffend die Tätigkeit eines Servicemonteurs der mittleren Stufe wieder, enthalte jedoch auch Aufgaben, die der Servicemonteur mittlerer Stufe und damit auch Herrn Z nicht auszuüben haben. So gehöre es nicht zu den Aufgaben des Servicemonteurs mittlerer Stufe, komplexere sowie hochwertigere Komponenten zu testen. Dies sei dem Kompetenzträger (Servicemonteur der höheren Stufe) vorbehalten. Auch pneumatische Einstellarbeiten übernehme der Servicemonteur mittlerer Stufe genauso wenig, wie Einstellarbeiten an informationstechnischen Systemen und Komponenten. Es würden allenfalls Einstellungen aus Nutzersicht vorgenommen, jedoch keine Programmierarbeiten oder dergleichen. Auch das Anlernen neuer Mitarbeiter und Azubis obliege nicht dem Servicemonteur mittlerer Stufe. Richtig sei lediglich, dass ein Servicemonteur auf seinen Routen auch schon einmal einen neuen Mitarbeiter oder einen Azubi mitnehme. Die Information und Beratung des Kunden sowie die Unterbreitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Nutzung bzw. über Alternativen zur Anlagenerhaltung, Teilmodernisierung oder Generalüberholung oder Anlagenneubau übernehme nicht der Servicemonteur, sondern der Vertrieb. Einweisungen zur Aufzugwärtertätigkeit erfolgen ebenfalls nicht durch den Servicemonteur mittlerer Stufe und damit auch nicht durch Herrn G.. Es handele sich hierbei um eine Zusatzaufgabe, die nur von wenigen Personen im Unternehmen der Antragstellerin vollzogen werde, da sie sehr haftungsträchtig ist. Auch die vertriebsunterstützenden Tätigkeiten würden nicht zutreffend wiedergegeben.
50
Auf die individuelle Qualifikation des Herrn Z komme es für die Eingruppierung nicht an. Nach Ziffer II. § 2 Ziffer 2 ERA-TV erfolge die Eingruppierung aufgrund der Anforderungen der gesamten übertragenen Arbeitsaufgabe. Zur Bewertung der Arbeitsaufgabe ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Anforderungen vorzunehmen. Entscheidend sei folglich die übertragene Arbeitsaufgabe, nicht aber die individuelle Qualifikation des Arbeitnehmers.
51
Der Betriebsrat macht geltend, dass zwar nunmehr durchgängig von Seiten der Arbeitgeberin eine Eingruppierung von Wartungsmonteuren in die EG 6 erfolge. Dies sei aber nicht zwingend, wie sich aus frühere Eingruppierungsentscheidungen der Arbeitgeberin ergebe, in denen bei Wartungsmonteuren auch bei Neueinstellungen eine Eingruppierung in die EG 7 erfolgt ist oder eine Umgruppierung. Auch Herr Z erfülle die Kriterien gem. II, § 2 Ziff. 3 Abs. VI ERA. Insbesondere sei Herr Z häufig an Fremdanlagen anderer Hersteller eingesetzt, wo er seine hohe Flexibilität, seine Einsatzbereitschaft beweise und auch eng mit seinen Monteurkollegen kommuniziere und zusammenarbeite. Der Servicemonteur habe auch vor Ort eine fachgerechte, spezifisch auf die Anlage des einzelnen Kunden gerichtete Beratung und eine Angeboteerstellung über eine verschlissene Anlage vorzubereiten, welche dann nach diesen Angaben von den Adminkräften fertiggestellt werde. Auch komme nun hinzu, dass der Monteur künftig seine Reparaturen, Servicearbeiten und Störungsbeseitigungen auch in für ihn völlig neuen, betriebsübergreifenden Gebieten durchführen müsse, welche durchaus auch 200 km entfernt von seinem Wohnsitz liegen könnten. Unrichtig sei auch, dass der Monteur die Aufträge fernmündlich oder per Mail von seinem Vorgesetzten erhält. Die sei nach der bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarung zu „KFM“ nicht erlaubt. Vielmehr plane der Monteur eigenständig und eigenverantwortlich die zu erledigenden Arbeiten und Aufträge über sein mobiles Endgerät nach eigener Einschätzung der Priorität.
52
Für den weiteren Sach- und Rechtsvortrag der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 04.08.2021, 19.10.2021, 26.10.2021, 25.05.2022, 21.07.2022, 23.08.2022, 07.09.2022 und 12.09.2022 mitsamt der Anlagen Bezug genommen.
II.
53
Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die Eingruppierung des als Servicemonteur im Außendienst tätigen Mitarbeitern Herrn Z in die EG 6 ERA-TV zutreffend. Der Beschluss des Arbeitsgerichts war daher abzuändern und die Zustimmung des Betriebsrats zu der beantragten Eingruppierung zu ersetzen.
54
1. Die Eingruppierung von Herrn Z richtet sich nach den II. §§ 2 und 3 ERA-TV. Die allgemeinen Eingruppierungsgrundsätze ergeben sich aus § 2 des ERA-TV. Nach § 2 Ziff. 2 ERA-TV und erfolgt die Eingruppierung aufgrund der Anforderung der gesamten übertragenen Arbeitsaufgabe. Zur Bewertung der Arbeitsaufgabe ist eine ganzheitliche Betrachtung der Anforderungen vorzunehmen. Soweit die Arbeitsaufgabe unterschiedliche Anforderungen beinhaltet, sind gem. der Anmerkung zu § 2 Ziff. 2 ERA-TV bei den Anforderungen diejenigen ausschlaggebend, die das Niveau der gesamten Arbeitsaufgabe prägen. Diese sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln, wobei weder der zeitliche Umfang einzelner Aufgaben noch die Einzelaufgabe mit dem höchsten Niveau allein ausschlaggebend ist.
55
Die Eingruppierungskriterien sind nach § 2 Ziff. 3 (I) 1 ERA-TV die fachliche Qualifikation und der Handlungsspielraum. Nach § 2 Ziff. 3 (II) 1 ERA-TV sind Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten. Für die Außenmontage gilt gem. § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV, dass die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen sind und dies zu einer höheren Entgeltgruppe führt, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind.
56
Nach § 3 bauen die Fallgruppen der EG 6 und EG 7 auf der EG 5 auf. Soweit es sich um aufeinander aufbauende Fallgruppen handelt, ist zunächst zu prüfen, ob die Anforderungen der Ausgangsfallgruppe erfüllt werden und anschließend, ob die qualifizierenden Merkmale der höheren Vergütungsgruppe vorliegen (BAG 19.05.2010, 4 AZR 912/08; BAG 19.12.2000, 10 AZR 687/99, jeweils zitiert nach juris). Daher erfordert die Eingruppierung in die EG 6, dass zunächst die Voraussetzungen der EG 5 vorliegen, also die Arbeitsaufgabe Kenntnisse und Fertigkeiten erfordert, wie sie in der Regel durch eine einschlägige, mindestens 3-jährige abgeschlossenen Berufsausbildung. Außerdem muss es sich um eine Arbeitsaufgabe handeln, die Entscheidungen bei der Arbeitsausführung voraussetzt.
57
Für die EG 6 muss außerdem eine fachspezifische Zusatzqualifikation erworben werden, die auch durch eine fachspezifische Erfahrung von etwa 15 Monaten erreicht werden kann oder die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden. Darüberhinausgehend erfordert die Eingruppierung in die EG 7 die Erforderlichkeit einer erweiterten fachspezifischen Zusatzqualifikation, die auch durch eine mehrjährige, d. h. mindestens 3-jährige fachspezifische Erfahrung erreicht werden kann. Dieser Qualifikation gleichgestellt werden Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie in der Regel durch eine qualifizierte Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt erworben werden. Die Kenntnisse und Fertigkeiten können auch auf andere Weise erworben werden. Höhere Anforderungen an den Handlungsspielraum sind in den EG 6 und 7 im Verhältnis zu EG 5 nicht vorgegeben.
58
2. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Aufgaben des Mitarbeiters Z als Servicetechniker jedenfalls die Anforderungen der Fallgruppen EG 5 als Basisfallgruppe und der darauf aufbauenden Fallgruppe EG 6 erfüllen. Zwischen den Beteiligten ist lediglich streitig, ob die Arbeitsaufgabe von ihrer Wertigkeit her der EG 7 entspricht.
59
Dies ist nach den vorgetragenen Tatsachen nicht der Fall.
60
2.1 Herr Z wird bei der Arbeitgeberin als Servicemonteur mit dem Schwerpunkt im Bereich der Wartung eingesetzt, der auch Reparaturen erledigt. Nach dem unstreitigen Sachvortrag verfügt Herr Z über eine Ausbildung zum Elektroninstallateur und war vor seiner Einstellung bereits seit 9 Jahren im Aufzugsbau in unterschiedlichen Aufzugsfirmen tätig. Über eine Zusatzqualifikation verfügt er nicht. Herr Z erbringt Tätigkeiten als Servicemonteur, wie z.B. Reparaturen von elektrischen, mechanischen, hydraulischen und/oder elektronischen Teilen/Komponenten auch anderer Hersteller, ggf. nach Zeichnung/Montaganweisung. Ferner nimmt er Funktionsprüfungen vor und vergleicht den festgestellten Anlagenzustand aller Bauarten mit dem Sollzustand der Anlage auch mit dem Einsatz eines Diagnosesystems und führt Wartungstätigkeiten nach einschlägigen Wartungsmethoden aus. Er ist mit der Fehlersuche, mit dem Erstellen der richtigen Diagnose, sowie mit der Wiederherstellung (Instandsetzung des Sollzustands der Anlagen) befasst und zusätzlich in der Rufbereitschaft eingesetzt.
61
Nach dem ausführlichen Sachvortrag der Arbeitgeberin erfordert die im Einzelnen beschriebene Arbeitsaufgabe nach einer 3-jährigen abgeschlossenen Berufsausbildung eine fachspezifische Erfahrung von maximal 15 Monaten einschließlich der betrieblichen Einarbeitung von acht Wochen und keine mindestens 3-jährige fachspezifische Erfahrung oder Kenntnisse und Fertigkeiten, die dieser Qualifikation gleichgestellt sind. Dies entspricht der EG 6.
62
Die Arbeitgeberin hat im Einzelnen dargelegt, dass sie zwischen Servicetechnikern der Eingangsstufe, Servicetechnikern der Mittelstufe und Servicetechnikern der höchsten Stufe entsprechend der bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarung unterscheide. Die drei Stufen differenzieren nach der Komplexität der Arbeitsaufgaben. Servicemonteure der Standardstufe sind zuständig für die Wartung, den Austausch, die Reparatur, die Justierung und ggf. den Test von Standardkomponenten. Servicemonteure der mittleren Stufe bearbeiten auch komplexere Komponenten; Servicemonteure der höchsten Stufe bearbeiten in erster Linie hochwertige Komponenten.
63
Die Arbeitgeberin stellt an Servicetechniker der Eingangsstufe, die sie in EG 5 eingruppiert, lediglich die Anforderung einer dreijährigen einschlägigen Berufsausbildung (in der Regel als Mechatroniker oder Elektroniker) und die Teilnahme an einem achtwöchigen Einführungskurs im Betrieb, in dem ihnen die notwendigen Wartungs- und Reparaturroutinen erläutert werden. Die Arbeitgeberin geht davon aus, dass nach Absolvierung des Einarbeitungsplans ein ausgebildeter Elektriker oder Mechatroniker in der Lage ist, die entsprechenden standardmäßigen Reparaturen bezogen auf die Aufzüge sämtlicher Hersteller durchzuführen.
64
Die Arbeitgeberin überträgt den Servicetechnikern nach Ablauf von ca. 15 Monaten dann weitere Tätigkeiten, die höhere Anforderungen stellen. Hierbei handelt es sich um die Beteiligung an ZÜS-Prüfungen (d. h. den wiederkehrenden Prüfungen durch eine Zugelassene Überwachungsstelle, z. B. den TÜV), die Übernahme von Rufbereitschaften und Notdiensten sowie die Durchführung von „First Visits“ oder die Begleitung der Übergabe von neu gebauten Anlagen. Außerdem überträgt die Arbeitgeberin einem Servicetechniker, der nach Abschluss der Ausbildung mit dem Schwerpunkt Wartung eingearbeitet wird, Reparaturarbeiten, sowie die Nachrüstung, Reparatur und Wartung von Notrufanlagen an Aufzugsanlagen im Regelfall erst nach ca. 15 Monaten, um sicherzustellen, dass er über die erforderliche Routine verfügt, auch wenn die durchzuführenden Störungsbeseitigungen und Reparaturen bereits Gegenstand des Ausbildungsplans zum Mechatroniker sind. Die Arbeitgeberin hat unwidersprochen ausgeführt, dass nahezu sämtliche Probleme, die bei der täglichen Arbeit eines Servicetechnikers auftauchen, mit der vorhandenen Qualifikation - einschlägige Berufsausbildung, achtwöchiger Einführungskurs und bis zu 15-monatige Berufserfahrung - gelöst werden können.
65
Die Arbeitgeberin beschäftigt zudem in geringer Zahl Servicetechniker der höchsten Stufe, die auch selten auftretende, hoch komplexe Probleme an Anlagen lösen können und als Unterstützung an Anlagen eingesetzt werden, in Fällen, die von den eigentlich für die betreffende Anlage zuständigen Servicetechnikern nicht gelöst werden können.
66
2.2 Der Betriebsrat hat keine Tatsachen vorgetragen, die eine Eingruppierung von Herrn Z in die EG 7 rechtfertigen. Er hat nicht bestritten, dass Servicemonteure mit dem Schwerpunkt Wartung die ihnen übertragenen Aufgaben nach einer Berufserfahrung von maximal 15 Monaten ausüben können und die Tätigkeit einem Monteur/Wartung/Kleinreparatur der Stufe 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung entspricht. Die vom Betriebsrat erstellte eigene Aufgabenbeschreibung, die von der der Arbeitgeberin in einigen Punkten abweicht und von dieser konkret und mit ausführlichem Sachvortrag bestritten worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Eine Subsumtion unter die Eingruppierungskriterien gem. § 3 EG 7 ist nicht erkennbar und auch nicht, welche dort genannten Tätigkeiten mit höheren fachlichen Anforderungen der Tätigkeit des Herr Z ihr Gepräge geben und eine über die EG 6 hinausgehende, erheblich erweiterte Qualifikation erfordern sollen. Der behauptete erweiterte Handlungsspielraum spielt bei EG 6 und EG 7 nach dem eindeutigen Wortlaut keine Rolle, da in beiden Vergütungsgruppen aufbauend auf der EG 5 es beim dem Erfordernis einer Arbeitsaufgabe bleibt, die Entscheidungen bei der Arbeitsausführung voraussetzt. Es sind daher keine Tätigkeiten feststellbar, für die nach einer 3-jährigen abgeschlossenen Berufsausbildung eine fachspezifische Erfahrung von maximal 15 Monaten einschließlich der betrieblichen Einarbeitung von acht Wochen nicht ausreichen.
67
In diesem Zusammenhang ist die Vorlage der vom Betriebsrat gefertigten Stellenbeschreibung Servicemonteur höhere Stufe (AGG5, Bl. 165 f d.A.) und die pauschale Behauptung, Herr Z erledige diese Tätigkeiten allesamt und bringe seine höherwertigen Tätigkeiten im Servicebereich insbesondere im Bereich der Störungssuche und in Bereitschaftseinsätzen ein, nicht weiterführend. Eine Stellenbeschreibung ist für die Eingruppierung ohne Belang, da sie nur der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers dient und keine konkrete Tätigkeitsbeschreibung enthält (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, § 99 BetrVG, Rn 80i, m.w.N.). Eine Subsumtion unter die tariflichen Eingruppierungsmerkmale kann sie nicht ersetzen.
68
2.3 Das vom Betriebsrat vorgelegte Niveaubeispiel der Außenmontage nach den Bestimmungen des ERA-TV Nordrhein-Westfalen ist ebenfalls nicht geeignet, eine Eingruppierung in die EG 7 zu rechtfertigen. Der Betriebsrat hat hierauf Bezug genommen ohne zu erläutern, weshalb dieses Niveaubeispiel bei einer Eingruppierung in den ERA-TV Bayern relevant sein sollte. Auch hat der Betriebsrat sich nicht die Mühe gemacht, die in dem Niveaubeispiel genannten Tätigkeiten mit denen von Herrn Z abzugleichen. Die Übertragung der dort genannten höherwertigen Tätigkeiten hat der Betriebsrat für Herrn Z auch gar nicht behauptet. Im Übrigen sind gem. § 2 Ziff. 4 (I) ERA-TV die tariflichen Orientierungsbeispiele nur Anhaltspunkte für die Eingruppierung und nur in Übereinstimmung mit den jeweiligen Eingruppierungsmerkmalen der Entgeltgruppe anwendbar, weil Inhalt und Wertigkeit der einzelnen Arbeitsaufgaben von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sein können. Eine Eingruppierung in die EG 7 kann also auf der Grundlage des Niveaubeispiels unter keinem Gesichtspunkt begründet werden.
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2.4 Auch der Hinweis des Betriebsrats, dass die für die EG 7 erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auch auf andere Weise erworben werden können und dass dies bei Herrn Z durch seine lange Berufserfahrung und die hohen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Flexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage, insbesondere auch in der Rufbereitschaft der Fall ist, trägt nicht. Für die EG 7 muss eine Arbeitsaufgabe vorliegen, die der Tätigkeit das Gepräge gibt und für deren Erledigung es erweiterter Kenntnisse und Fähigkeiten bedarf, die neben einer mindestens dreijährigen abgeschlossenen Berufsausbildung eine im Vergleich zur EG 6 erweiterte, fachspezifischen Zusatzqualifikation erfordern, wobei diese auch durch eine mehrjährige, d. h. mindestens 3-jährige fachspezifische Erfahrung erreicht werden kann. Bei aufeinander aufbauenden Fallgruppen, wie dies hier der Fall ist, muss sich aus dem Tatsachenvortrag erkennen lassen, warum sich eine bestimmte Tätigkeit aus der Grundtätigkeit heraushebt und ein wertender Vergleich mit diesen Tätigkeiten muss möglich sein (BAG 19.05.2010, 4 AZR 912/08, zitiert nach juris; LAG Düsseldorf 18.06.2012, 14 Sa 337/12). Daher muss es sich bei den erweiterten fachspezifischen Zusatzqualifikationen um solche handeln, die über die Qualifikationen hinausgehen, die in einer einschlägigen mindestens dreijährig abgeschlossenen Berufsausbildung einschließlich einer Erfahrungszeit von bis zu 15 Monaten ohnehin erworben werden (LAG Düsseldorf 18.06.2012, 14 Sa 337/12).
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Es geht damit bei den beschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten um das Erfordernis einer im Vergleich zur EG 6 erheblich erweiterten Qualifikation, die vergleichbar ist mit einer qualifizierten Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt. Wenn es in der Tarifvorschrift heißt, dass „die insgesamt erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auch „auf andere Weise erworben werden“ können, muss es sich dennoch um solche handeln, die zu einer vergleichbaren erheblich erweiterten Qualifikation führen, die für die Arbeitsaufgabe zudem erforderlich ist.
71
Die Anforderungen an fachliche Verantwortung, Flexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation für einen Servicemonteur mit dem Schwerpunkt Wartung erfüllen dieses Kriterium schon deshalb nicht, weil der Arbeitgeberin in ständiger Praxis für die auszuführenden Tätigkeiten - einschließlich einer Teilnahme an der Rufbereitschaft - eine fachspezifische Berufserfahrung von maximal 15 Monaten ausreicht.
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In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, über welche Berufserfahrung, Kenntnisse und Fähigkeiten ein Mitarbeiter verfügt, sondern nur darauf, welche Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, um die vom Arbeitgeber übertragene Tätigkeit durchzuführen (BAG 15.03.2006 - 4 AZR 157/05). Ein erweitertes Erfahrungswissen, das die Erfüllung der Aufgabe erleichtert und gegebenenfalls zu besseren Arbeitsergebnissen oder einer schnelleren Abwicklung der Arbeit führt, ist insoweit nicht entscheidend (LAG Düsseldorf 18.06.2012, 14 Sa 337/12). Da unstreitig regelmäßig Mitarbeiter diese Tätigkeiten nach 15 Monaten Berufserfahrung bei der Arbeitgeberin übernehmen, ist eben eine darüber hinausgehende Qualifikation sicher nützlich, aber nicht erforderlich. Die Arbeitgeberin hat explizit ausgeführt, dass sie von den Servicetechnikern, die in der Wartung und mit Reparaturen beim Kunden eingesetzt sind, nicht erwartet, dass diese alle Probleme beheben können und dass es hier Möglichkeiten gibt, den Helpdesk, Vorgesetzte oder Spezialisten beizuziehen.
73
2.5 Soweit der Betriebsrat Einzelfälle angeführt hat, in denen in der Vergangenheit Servicetechniker mit vergleichbaren Aufgaben, wie Herr Z in die EG 7 eingruppiert worden sind, kann daraus kein Rechtsanspruch auf eine in die Zukunft gerichtete Eingruppierung entgegen den tariflichen Voraussetzungen abgeleitet werden. Es ist zwar verständlich, dass der Betriebsrat für alle von ihm vertretenen Arbeitnehmer möglichst gute Konditionen erzielen möchte. Für eine Eingruppierung sind jedoch allein die tariflichen Vorschriften maßgeblich. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im „Unrecht“ gibt es nicht.
74
3. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ergibt sich der Anspruch auf eine Höhergruppierung in EG 7 auch nicht daraus, dass allein wegen einer Tätigkeit in der Außenmontage besondere Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation gelten und diese gem. § 2 Ziff. 3 (II) und (VI) ERA-TV die ansonsten erforderliche besondere fachliche Qualifikation ersetzen oder automatisch erfüllen. Vielmehr ist § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV dahingehend auszulegen, dass die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der Frage zu berücksichtigen sind, in welchem Umfang fachliche Anforderungen an die Qualifikation bestehen und ob gegebenenfalls wegen dieser Anforderungen eine höhere Qualifikation oder längere Berufserfahrung erforderlich sind, als dies bei einer vergleichbaren Tätigkeit im Betrieb der Fall wäre. Die Eingruppierung erfolgt entsprechend den an die konkrete Tätigkeit in der Außenmontage gestellten Anforderungen an die Gesamtqualifikation in die gem. §§ 2 und 3 ERA-TV zutreffende Fallgruppe.
75
3.1 Für die Auslegung von Tarifnormen ist genauso, wie für die Auslegung von Gesetzesnormen zunächst vom Wortlaut auszugehen. Außerdem ist über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Für die bei Zweifeln darüber hinaus mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien (Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages) gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge (BAG 14.08.1991, 4 AZR 649/90 und BAG 12.09.1984, 4 AZR 336/82, NZA 1985, 160).
76
Gem. § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV sind die besonderen Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen. Dies führt zu einer höheren Entgeltgruppe, sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind.
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Auszugehen ist für die Auslegung zunächst vom Wortlaut. Hier geht aus dem Wortlaut zunächst hervor, dass die zu erfüllenden fachlichen Anforderungen bei der konkreten Eingruppierung zu berücksichtigen sind, also die Kriterien maßgebend sind, wie sie in den Fallgruppen nach § 3 ERA-TV geregelt sind. Nach dem Wortlaut führt die Berücksichtigung der Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation in der Außenmontage dann zu einer höheren Entgeltgruppe, „sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind“. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig und besagt, dass auch bei der Außenmontage eine Subsumtion unter die konkreten Eingruppierungskriterien erforderlich ist.
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Entgegen der Ansicht des Betriebsrats können die besonderen Anforderungen bei der Außenmontage also nicht die ansonsten erforderliche besondere fachliche Qualifikation der EG 7 ersetzen, sondern sind lediglich bei der Subsumtion unter die konkreten Anforderungen an die fachliche Qualifikation zu berücksichtigen. Anders ausgedrückt können die besonderen Anforderungen der Außenmontage lediglich dazu beitragen, dass eine Arbeitsaufgabe vorliegt, die der Tätigkeit das Gepräge gibt und für deren Erledigung es erweiterter Kenntnisse und Fähigkeiten bedarf, die neben einer mindestens dreijährigen abgeschlossenen Berufsausbildung eine im Vergleich zur EG 6 erweiterte, fachspezifischen Zusatzqualifikation (wie Meister oder Fachwirt) oder mindestens 3-jährige fachspezifische Erfahrung, oder eine erheblich erweiterten Qualifikation, die vergleichbar ist mit einer qualifizierten Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt erfordert. Diese Anforderungen bestehen für die von Herrn Z ausgeübten Tätigkeiten nicht (s.o. die Ausführungen unter 2.4), auch wenn sicher die Anforderungen bei der Außenmontage an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation höher sind, als dies bei einem - hier theoretischen - Einsatz mit den gleichen Tätigkeiten innerhalb des Betriebs der Fall wäre und für die Arbeitgeberin zusammen mit anderen Faktoren einen Grund dafür darstellen, dass trotz der nach Ausbildung und betrieblicher Einarbeitung vorhandenen ausreichenden Fachkenntnisse ein Einsatz beim Kunden i.d.R. erst nach 15 Monaten Berufserfahrung erfolgt. Bei der Beklagten werden Servicetechniker ausschließlich beim Kunden, also außerhalb des Betriebes eingesetzt, so dass hier eine vergleichsweise höhere Anforderung mit einer im Vergleich möglicherweise höheren Eingruppierung im Vergleich zu einer entsprechenden innerbetrieblichen Tätigkeit keine Rolle spielt. Die Anforderungen bei der Außenmontage sind aber durchaus relevant für die Frage, über welche Berufserfahrung ein Servicetechniker verfügen muss, um beim Kunden mit den entsprechenden Aufgaben eingesetzt zu werden.
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Die hier gestellten Anforderungen an die Außenmontage führen dennoch aus den bereits genannten Gründen nicht dazu, dass die erforderlichen erweiterten fachspezifischen Zusatzqualifikationen über die Qualifikationen hinausgehen, die in einer einschlägigen mindestens dreijährig abgeschlossenen Berufsausbildung einschließlich einer Erfahrungszeit von bis zu 15 Monaten ohnehin erworben werden.
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3.2 Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch den systematischen Zusammenhang der Regelungen gestützt. So ist anders, als bei § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV in § 2 Ziff. 3 (IV) ERA-TV geregelt, dass durch das Kriterium Führung (z.B. Führungsaufgabe und fachliche Verantwortung für unterstellte Mitarbeiter) die fachspezifische Zusatzqualifikation kann ganz oder teilweise ersetzt werden. Eine solche Regelung enthält § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV nicht. Im Gegenteil dazu sollen die besonderen Anforderungen der Außenmontage eine Höhergruppe nur begründen, „sofern die Eingruppierungskriterien gemäß §§ 2 und 3 erfüllt sind“, also auch die Erforderlichkeit einer vergleichbar höheren Qualifikation vorliegen.
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3.3 Dem LAG Düsseldorf kann nicht darin gefolgt werden, dass die Tatsache, dass die Anforderungen an die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation nach dieser Vorschrift im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten sind, gleichzeitig beinhaltet, dass auch dann, wenn die erforderlichen Qualifikationen nicht unmittelbar gegeben sind, aber die Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation bestimmte - im Verhältnis zu den normalen Anforderungen dieser Entgeltgruppe gesteigerte - Anforderungen erreichen, diese gegebenenfalls qualifikationserhöhend bewertet werden können, also die nach der EG 7 eigentlich erforderliche Qualifikation ersetzen (so LAG Düsseldorf 18.06.2012, 14 Sa 337/12). Die Tatsache, dass der Kläger ständig auf Einsatzstellen außerhalb des Betriebes eingesetzt ist und dies zum Wesen des Berufsbildes eines Servicetechnikers gehört führt weder zu einer automatischen Höhergruppierung, noch dazu, dass die für die EG 7 erforderliche höhere Qualifikation ersetzt wird. Auch wenn die zusätzlichen Anforderungen an die Einsatzflexibilität und die Kommunikation ein solches Gewicht haben, wie dies bei dem vom LAG Düsseldorf in der zitierten Entscheidung der Fall war, sind diese nicht über § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV mit dem Heraushebungsmerkmal der EG 7 gleichzustellen, wenn die für Erforderlichkeit der in der EG 7 genannten Qualifikation nicht vorliegt.
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Auch dem Argument, dass andernfalls die Vorschrift des § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV keinen Sinn ergibt, und deshalb zwingend im o.g. Sinne auszulegen ist, kann nicht gefolgt werden. Die Vorschrift stellt vielmehr in Ergänzung zu § 2 Ziff. 3 (IV) ERA-TV klar, dass bei der Außenmontage regelmäßig besondere Anforderungen an fachliche Verantwortung, Einsatzflexibilität, Zusammenarbeit und Kommunikation bestehen, die im Rahmen des Kriteriums der fachlichen Qualifikation zu bewerten sind und dass diese - insbesondere auch im Vergleich zu entsprechenden Tätigkeiten im Betrieb - dazu führen können, dass die Voraussetzungen einer höheren Vergütungsgruppe vorliegen. Hierauf hat auch der zuständige Arbeitgeberverband in seiner Stellungnahme zum Verständnis der Vorschrift des § 2 Ziff. 3 (VI) ERA-TV hingewiesen.
III.
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Im Hinblick darauf, dass diese Entscheidung eine Tarifvorschrift anders auslegt, als das LAG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 18.06.2012, Az.: 14 Sa 337/12 wird gemäß §§ 92, 72 Abs. 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde zugelassen.