OLG München, Beschluss v. 15.11.2022 – 16 UF 568/22
Titel:

Ausgleich der Wertsteigerung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft

Normenketten:
VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 1, § 41 Abs. 2, § 45 Abs. 1, Abs. 2
SGB VI § 76 Abs. 4
Leitsätze:
Zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes muss auch im Fall der externen Teilung der ausgleichsberechtigte Ehegatte an der Wertentwicklung des Anrechts generell teilhaben, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt. Dies bedeutet, dass der Ausgleichswert als Kapitalbetrag nicht nur im Zeitraum zwischen Ehezeitende und Rechtskraft aufzuzinsen ist, sondern auch die Wertsteigerung des Anrechts in Höhe der biometrischen Risikogewinne sowie aufgrund sonstiger allgemeiner Berechnungsfaktoren dem Ausgleichsberechtigten zugute kommen muss, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt. (Rn. 45 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung in der Leistungsphase richtet sich die Bewertung der bereits laufenden Versorgung für den Versorgungsausgleich nach der allgemeinen Vorschrift des § 41 VersAusglG. (Rn. 32) (red. LS Axel Burghart)
3. Bei der externen Teilung ist der Ausgleichswert als Kapitalbetrag nicht nur im Zeitraum zwischen Ehezeitende und Rechtskraft aufzuzinsen, sondern auch die Wertsteigerung des Anrechts in Höhe der biometrischen Risikogewinne sowie aufgrund sonstiger allgemeiner Berechnungsfaktoren muss dem Ausgleichsberechtigten zugute kommen, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt. (Rn. 45 – 75) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, betriebliche Altersversorgung, Direktzusage, Leistungsphase, Wertverzehr, Wertentwicklung, Ehezeitende, Kapitalwert, Rechnungszins, Rententrend, biometrisches Risiko
Vorinstanz:
AG Landshut, Endbeschluss vom 12.05.2022 – 2 F 521/21
Fundstellen:
FamRZ 2023, 265
FamRZ 2023, 435
NZFam 2023, 357
LSK 2022, 33138
BeckRS 2022, 33138

Tenor

1. Auf die Beschwerde der B. AG wird der Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landshut vom 12.05.2022, Az.: 2 F 521/21, in Ziffer 2 Abs. 3 abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der B. AG (Personal-Nr.: …) aus der Gesamtbetriebsvereinbarung betreffend die Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 29.04.2021 ein Anrecht in Höhe von 47.416,73 €, bezogen auf den 31.07.2022, bei der Versorgungsausgleichskasse Pensionskasse VVaG begründet. Die B. AG wird verpflichtet, den Betrag gemäß Satz 1 bei Rechtskraft der Entscheidung an die Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Ehegatten gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.050,00 € festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Die beteiligten Ehegatten hatten am ....1989 vor dem Standesbeamten des Standesamtes L. unter der Heiratsregister-Nr. …10/1989 die Ehe geschlossen. Seit 2019 leben sie getrennt. Dem Antragsgegner wurde der Scheidungsantrag der Antragstellerin am 28.05.2021 zugestellt. Gemäß § 3 VersAusglG ist mithin von einer Ehezeit vom 01.01.1989 bis 30.04.2021 auszugehen.
2
Während der Ehezeit war der Antragsgegner bei der B. AG beschäftigt. Er ist am 24.09.1979 als Arbeitnehmer in die B. AG eingetreten und mit Wirkung zum 01.05.2022 verrentet worden. Seitdem bezieht er u.a. Versorgungsbezüge aus einer betrieblichen Altersversorgung der B. AG, die im Wege der Direktzusage aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung betriebliche Altersversorgung und Hinterbliebenenversorgung in der derzeitigen Fassung vom 29.04.2021 zugesagt worden war.
3
Die Höhe dieser betrieblichen Altersversorgung richtet sich nach einem Festbetrag, der mit der Anzahl der bis zur Verrentung bzw. Ausscheiden eines Ehegatten zurückgelegten Dienstjahre zu multiplizieren ist. Für den Festbetrag ist entscheidend, welcher Entgeltgruppe der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Verrentung bzw. des Ausscheidens aus dem Betrieb angehört. Aus der Auskunft der B. AG vom 09.07.2021 ergibt sich, dass der für den Antragsgegner maßgebliche monatliche Festbetrag 9,00 € beträgt.
4
Die BMW AG hat im Verfahren erster Instanz eine Auskunft über den Ehezeitanteil und den Ausgleichswert des Anrechts des Antragsgegners, das sich damals noch in der Anwartschaftsphase befand, erteilt. Hierbei ist die B.AG davon ausgegangen, dass der Antragsgegner mit Erreichen der Regelaltersgrenze von 66 Jahren in den Ruhestand eintreten wird. Auf dieser Grundlage hat die B. AG eine mögliche Versorgungsanwartschaft in Höhe von jährlich 4.752,00 € errechnet. Diese ergibt sich, in dem der monatliche Festbetrag von 9,00 € mit der Anzahl der bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze von 66 Jahren möglichen Anzahl der Dienstjahre von 44 multipliziert wird.
5
Auf dieser Grundlage hat die B. AG auch den Ehezeitanteil berechnet. Zu diesem Zweck hat die B. AG entsprechend § 2 BetrAVG, § 40 VersAusglG zunächst die bis zum Ehezeitende erreichte Betriebszugehörigkeit zur fiktiv gesamt möglichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis gesetzt und sodann die in der Ehezeit zurückgelegte tatsächliche Betriebszugehörigkeit zu der bis zum Ende der Ehezeit erreichten tatsächlichen Betriebszugehörigkeit ins Verhältnis gesetzt. Hieraus ergibt sich ein Ehezeitanteil von 3.448,32 €. Aus diesem Ehezeitanteil hat die B. AG den Kapitalwert und Ausgleichswert des Ehezeitanteils nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 VersAusglG, § 4 Abs. 5 BetrAVG errechnet. Die B. AG hat hierbei die modifizierten Richttafeln 2018 G nach H., einen Rechnungszins von 1,49% pro Jahr und einen Rententrend von 1,33% pro Jahr zugrunde gelegt und auf dieser Grundlage einen dem Ehezeitanteil entsprechenden Barwert der Zusage von 85.303,28 € und einen Ausgleichswert in Höhe von 42.651,64 € errechnet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Auskunft der B. AG vom 09.07.2021 verwiesen.
6
Auf dieser Grundlage hat das Amtsgericht - Familiengericht - Landshut für die Ehegatten den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Anrechts hat das Amtsgericht - Familiengericht - Landshut folgende Entscheidung getroffen:
„Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der B.AG (Versorgungs-Nr. … BV betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 42.651,64 € bei der Versorgungsausgleichskasse, bezogen auf den 30.04.2021, begründet. Die B. AG wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 1,49% Zinsen seit dem 01.05.2021 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die Versorgungsausgleichskasse zu bezahlen.“
7
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landshut vom 12.05.2022 verwiesen.
8
Der Beschluss wurde der B. AG am 17.05.2022 zugestellt.
9
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der B. AG vom 20.05.2022, eingegangen beim Amtsgericht - Familiengericht - Landshut am 27.05.2022. Mit der Beschwerde wendet sich die B. AG dagegen, dass der Ausgleichswert aufgrund der amtsgerichtlichen Entscheidung über das Datum der - dem Amtsgericht nicht mitgeteilten - tatsächlichen Verrentung des Antragsgegners am 01.05.2022 hinaus zu verzinsen ist.
10
Die B. AG führt aus, dass der Antragsgegner - dies ist unbestritten - mit Wirkung zum 30.04.2022 nach Vollendung des 64. Lebensjahres bei der B. AG ausgeschieden ist und seitdem Versorgungsbezüge der B. AG sowie Rentenbezüge erhält. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 20.05.2022 verwiesen.
11
Der Senat hat durch Verfügung vom 20.06.2022 und durch Beschluss vom 05.08.2022 von der Beschwerdeführerin neue Auskünfte angefordert. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass nach seiner vorläufigen Auffassung für die Durchführung des Versorgungsausgleichs der Barwert der Zusage zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt maßgeblich sein dürfte. Dies gelte auch für den Fall, dass der Barwert höher sein sollte als der Barwert, der sich bezogen auf den Stichtag des Ehezeitendes errechnet.
12
Die B. AG hat daraufhin mit Schriftsatz vom 05.09.2022 zwei neue Auskünfte vorgelegt. Für beide Auskünfte hat sie den Ehezeitanteil der Versorgung abweichend von der Auskunft erster Instanz berechnet, in dem sie an Stelle der bei Erteilung der ersten Auskunft möglichen Verrentung mit Vollendung des 66. Lebensjahres die tatsächliche Verrentung mit Vollendung des 64. Lebensjahres zugrunde gelegt hat. Im Übrigen wendet sich die B. AG gegen die vorläufige Rechtsauffassung des Senats, dass der zeitnah zum Erlass der Entscheidung berechnete Barwert der Versorgungszusage auch der Entscheidung zugrundezulegen sei, wenn diese den Wert bei Ehezeitende übersteigen sollte.
13
Auf dieser Grundlage ergibt sich eine geringfügig geringere tatsächliche jährliche Rente in Höhe von 4.536,00 € (gegenüber ursprünglich angenommenen 4.752,00 €), jedoch ein etwas höherer Ehezeitanteil von 75,89% (gegenüber effektiv gerundet 72% entsprechend der im Verfahren erster Instanz erteilten Auskunft).
14
Hieraus hat die B. AG einen Ehezeitanteil der Jahresrente des Antragsgegners von 3.442,37 € errechnet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die mit Schriftsatz vom 05.09. 2022 vorgelegten Auskünfte vom 02.09.2022 verwiesen.
15
Die B. AG hat sodann alternativ zwei Berechnungen zur Berechnung des Kapitalwerts und des Ausgleichswerts gemäß § 4 Abs. 5 BetrAVG, § 45 Abs. 1 VersAusglG vorgelegt.
16
In der ersten Auskunft hat die B. AG hierzu - wie in der ersten Instanz auch - einen bei Ehezeitende erwarteten Rententrend von 1,33% zugrunde gelegt. Weiterhin hat die B. AG anstelle des ursprünglich angenommenen Rechnungszinses von 1,49% pro Jahr den Rechnungszins in Anwendung von § 6 a RückAbzinsVO bezogen auf die bei Ehezeitende geltenden Werte neu zugrunde gelegt. Hierbei ist die Beschwerdeführerin nunmehr von einer 10-jährigen Durchschnittsbildung anstelle der ursprünglich angenommenen 7-jährigen Durchschnittsbildung ausgegangen und hat auf dieser Grundlage einen etwas höheren Rechnungszins von 2,16% ermittelt.
17
Mit diesen Modifikationen errechnet sich bezogen auf das Ehezeitende am 30.04.2021 ein Kapitalwert des Ehezeitanteils in Höhe von 78.712,47 € und ein Ausgleichswert in Höhe von 39.406,24 €. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Berechnungsvorschlag vom 02.09.2022, bezogen auf das Ehezeitende am 30.04.2021, Bezug genommen.
18
In einem weiteren Berechnungsvorschlag hat die Beschwerdeführerin entsprechend den Auflagen des Senats den Kapitalwert des Ehezeitanteils und den Ausgleichswert anhand der am 31.07.2022 anzuwendenden versicherungsmathematischen Rechnungsgrundlagen ermittelt.
19
In diesem Fall ergibt sich ein Rechnungszins in Höhe von 1,78% pro Jahr, wenn dieser anhand des 10-jährigen Durchschnitts gemäß § 6 a der RückAbzinsVO berechnet wird. Weiterhin ergibt sich ein etwas höherer Rententrend von 2,10% pro Jahr.
20
Unter Berücksichtigung auch der geänderten biometrischen Rechnungsgrundlagen errechnet sich ein Kapitalwert des Ehezeitanteils in Höhe von 94.833,45 € und ein Ausgleichswert in Höhe von 47.416,73 €.
21
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den alternativen Berechnungsvorschlag der B. AG vom 02.09.2022, bezogen auf den 31.07.2022, verwiesen.
22
Der Senat hat die B. AG darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass sich bezogen auf einen entscheidungsnahen Zeitpunkt ein höherer Ausgleichswert ergeben sollte, möglich erscheint, dass die B. AG nunmehr die interne Teilung wünscht. Mit Schriftsatz vom 05.09.2022 hat diese jedoch erklärt, dass sie an der Option für die externe Teilung festhalte.
23
Die Antragstellerin hat entsprechend ihrem Schriftsatz vom 15.03.2022 keinen Zielversorgungsträger gewählt.
24
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtige im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. Dem sind die Beteiligten nicht entgegen getreten.
II.
25
1. Die Beschwerde der B. AG ist zulässig.
26
Eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist gemäß § 68 Abs. 3 FamFG zulässig.
27
Das Beschwerdeverfahren betrifft ausschließlich Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Anwendung von §§ 5, 41, 45 VersAusglG, §§ 2, 4 BetrAVG. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wären daher keine wesentlichen neuen Erkenntnisse zu erwarten. Die Beteiligten sind einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nicht entgegen getreten.
28
Auf die Beschwerde ist die Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - Landshut in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern.
29
Das Anrecht des Antragsgegners aus der Gesamtbetriebsvereinbarung über eine betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 29.04.2021 unterliegt gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG dem Versorgungsausgleich. Es handelt sich um ein Anrecht auf eine betriebliche Altersversorgung, das der Absicherung des Antragsgegners im Alter dient und durch Arbeit erworben wurde.
30
Gemäß § 3 VersAusglG ist von einer Ehezeit vom 01.01.1989 bis 30.04.2021 auszugehen. Zu Recht hat die Beschwerdeführerin den Ehezeitanteil und den Ausgleichswert gemäß §§ 5 Abs. 1, Abs. 3, 45 Abs. 1 VersAusglG, § 4 Abs. 5 BetrAVG in Form eines Kapitalwerts als zulässiger Bezugsgröße berechnet. Es handelt sich bei dem Anrecht des Antragsgegners auf eine betriebliche Altersversorgung um ein Anrecht im Sinn von § 1 Abs. 1 BetrAVG in Form einer Direktzusage. Für ein solches Anrecht kann der Versorgungsträger (Arbeitgeber) alternativ den Ehezeitanteil und den Ausgleichswert in der Bezugsgröße Rente oder Kapital ermitteln (§ 45 Abs. 1 VersAusglG).
31
2. Der Ausgleichswert beträgt 47.416,73 €.
32
Für die Berechnung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts sind die §§ 45 Abs. 1, 2, 41 Abs. 2 VersAusglG maßgeblich. Es handelt sich um ein Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung in der Leistungsphase. Maßgeblicher Stichtag ist insoweit nicht das Ehezeitende, sondern der Erlass der Entscheidung (§ 37 FamFG). In einem solchen Fall richtet sich die Bewertung der bereits laufenden Versorgung für den Versorgungsausgleich auch für betriebliche Versorgungsanrechte nach der allgemeinen Vorschrift des § 41 VersAusglG (BGH FamRZ 2018, 894; Erman/Norpoth/Sasse, BGB, 16. Auflage 2020, § 45 VersAusglG Rn. 1).
33
Das bei der BMW AG bestehende Anrecht des Antragsgegners ist gemäß §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 2 VersAusglG, Ziffer II. 4. Abs. 2 der Teilungsordnung der B. AG zeitratierlich zu bewerten. Die Höhe der Versorgung richtet sich nach einem Entgeltfaktor und der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
34
Für den Entgeltfaktor ist maßgeblich, welcher Entgeltgruppe der Arbeitnehmer bei Ausscheiden aus dem Betrieb bzw. zum Zeitpunkt der Verrentung angehört. Dieser Faktor kann nicht unmittelbar einem bestimmten Zeitabschnitt zugeordnet werden. Zu Recht hat die B. AG daher in der Auskunft vom 02.09.2022 den Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts des Antragsgegners durch zeitratierliche Bewertung gem. § 40 Abs. 1 VersAusglG ermittelt.
35
Bei der Berechnung des Ehezeitanteils hat die B. AG in den Auskünften vom 02.09.2022 die Vorgaben von § 41 Abs. 2 VersAusglG beachtet. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG sind die Annahmen für die höchstens erreichbare Zeitdauer und für die zu erwartende Versorgung durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen. Diesen Anforderungen genügt die Auskunft vom 02.09.2022. Anstelle des ursprünglich möglichen Rentenalters von 66 Jahren wurde der Berechnung des Ehezeitanteils in beiden Auskünften vom 02.09.2022 das tatsächliche Ausscheiden des Antragsgegners zum 30.04.2022 zugrunde gelegt.
36
Die Beschwerdeführerin hat im Unterschied zur ersten Instanz auch die tatsächlich gezahlte jährliche Rente von 4.536,00 € zugrunde gelegt, die aufgrund der gegenüber den Annahmen erster Instanz etwas kürzeren Betriebszugehörigkeit etwas geringer angesetzt wurde.
37
3. Der Ausgleichswert beträgt 47.416,73 € bezogen auf den 31.07.2022.
38
Dieser Wert übersteigt den durch die Beschwerdeführerin alternativ errechneten Ausgleichswert bezogen auf das Ehezeitende am 30.04.2021 von 39.406,24 € um 8.010,49 €. Die Wertdifferenz beruht darauf, dass die beiden Auskünfte auf der Grundlage unterschiedlicher Berechnungsfaktoren erstellt wurden. Die Auskunft, die mit einem Ausgleichswert in Höhe von 47.416,73 € endet, wurde bezogen auf den 31.07.2022 als maßgeblichen Bewertungsstichtag erstellt. Sie beinhaltet eine (geringfügige) Änderung des biometrischen Risikos nach den (modifizierten) Richttafeln von K. H. 2018 G, die sich aus der Bezugnahme auf den geänderten Stichtag ergibt, und beruht auf einem bezogen auf diesen Stichtag geringeren Rechnungszins von 1,78% und einem höheren Rententrend von 2,10%. Dies sind die aktuellen Berechnungsgrundlagen, die für die Bildung einer Rückstellung des Anrechts zum Stichtag 31.07.2022 heranzuziehen wären.
39
Demgegenüber ist die Auskunft, die einen Ausgleichswert von 39.406,24 € errechnet bezogen auf den 30.04.2021 als Bewertungsstichtag (Ende der Ehezeit). Dieser Wert ist abgeleitet aus dem biometrischen Risiko, ermittelt ebenfalls nach den modifizierten Richttafeln 2018 G von K.. H., aber bezogen auf den 30.04.2021, und berechnet unter Zugrundelegung eines etwas höheren Rechnungszinses von 2,16% pro Jahr und eines Rententrendes von nur 1,33%, die zum Stichtag Ehezeitende maßgeblich waren.
40
Bei einer rückstellungsfinanzierten Deckungszusage hat der BGH bereits entschieden, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte an der nachehezeitlichen Wertentwicklung des Anrechts, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt, auch im Fall der externen Teilung teilhaben muss, mit diesem Argument aber nur die Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung begründet (BGH FamRZ 2011, 1785). Der BGH hat für den Fall der internen Teilung weiter entschieden, dass dies auch hinsichtlich der übrigen Berechnungsfaktoren gilt, die der Berechnung des Barwerts für den hälftigen Ehezeitanteil der Versorgung aus einer Direktzusage zugrunde zu legen sind (BGH FamRZ 2015, 1869). Der BGH hat sich dafür ausgesprochen, dass im Fall der internen Teilung der Ausgleichsberechtigte an der Wertentwicklung des Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft auch insoweit zu beteiligen ist, als diese nicht nur auf der Verzinsung, sondern auch auf der Entwicklung des biometrischen Risikos sowie sonstigen allgemeinen Wertänderungen in dieser Zeit beruht (BGH FamRZ 2015, 1869). Diese Auffassung wird durch die instanzgerichtliche Rechtsprechung, soweit ersichtlich einhellig, geteilt (vgl. zuletzt OLG Frankfurt a.M. NZFam 2022, 700). Demgegenüber ist nach der Rechtsprechung des BGH offen, ob auch im Fall der externen Teilung der ausgleichsberechtigte Ehegatte über die Verzinsung hinaus an der Wertentwicklung des Kapitalwerts des hälftigen Ehezeitanteils aus einer deckungsrückstellungsfinanzierten Versorgungszusage zu beteiligen ist, soweit sie auf andere Faktoren zurückzuführen ist. Allerdings hat er ein Verfahren trotz des Einwandes, der Barwert habe sich nach Ehezeitende trotz zwischenzeitlichen Leistungsbezugs erhöht, nur zur Klärung der Frage, ob nicht gleichwohl inzwischen gegenüber dem Ehezeitende eine Barwertminderung eingetreten ist, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen (BGH FamRZ 2019, 1314 (Rn. 30)).
41
Die Instanzgerichte haben, soweit ersichtlich, in Fällen, in denen der Leistungsbezug nicht dazu geführt hat, dass der Ausgleichswert als Kapitalwert hinter den auf das Ehezeitende bezogenen Ausgleichswert zurückgefallen ist, sich damit begnügt, den so ermittelten Ausgleichswert bis zum Zeitpunkt der Verrentung zu verzinsen (vgl. allgemein hierzu OLG Nürnberg FamRZ 2017, 873, ohne dass tatsächlich ein Fall des Leistungsbezugs vorlag; aA, allerdings auf der Grundlage, dass der nach Ehezeitende eintretende Wertverlust aufgrund Verrentung unbeachtlich sei, OLG Celle FamRZ 2015, 2057). Entscheidungen explizit zu der Frage, ob gegebenenfalls auch ein gegenüber dem zum Stichtag des Ehezeitendes erreichten höherer Ausgleichswert nach Rentenbezug zu verzinsen ist, liegen soweit ersichtlich nicht vor.
42
In der Literatur wird die Frage uneinheitlich beantwortet.
43
Zum Teil findet sich Kritik an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Wertverlust (“Werteverzehr“) von den Ehegatten hälftig zu tragen sei (vgl. z.B. BeckOGK/BGBMüller-Tegethoff 01.02.2022, § 5 VersAusglG Rn. 69.1). Demgegenüber wird kein Korrekturbedarf gesehen, um die nachehezeitliche Wertentwicklung, soweit sie über die Verzinsung hinausgeht, aufzufangen und hälftig zwischen den Ehegatten aufzuteilen (vgl. Müller-Tegethoff a.a.O., Rn. 87, 89.1; MüKoBGB/Maaß, 9. Auflage 2022, § 5 Rn. 29).
44
Zur Begründung wird ausgeführt, dass grundsätzlich auch im Fall des Leistungsbezugs die Bewertungsfaktoren bei Ehezeitende maßgeblich bleiben und lediglich die Annahmen über das Ausscheiden aus dem Betrieb und die Höhe des zu diesem Zeitpunkt erzielten Einkommens durch die tatsächlich zutreffenden Werte zu ersetzen sind (MüKoBGB/Scholer, 9. Auflage 2022, § 41 VersAusglG Rn. 6).
45
Nach anderer Auffassung sollte zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes dagegen auch im Fall der externen Teilung der ausgleichsberechtigte Ehegatte an der Wertentwicklung des Anrechts generell teilhaben, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt. Dies bedeutet, dass der Ausgleichswert als Kapitalbetrag nicht nur im Zeitraum zwischen Ehezeitende und Rechtskraft aufzuzinsen ist, sondern auch die Wertsteigerung des Anrechts in Höhe der biometrischen Risikogewinne sowie aufgrund sonstiger allgemeiner Berechnungsfaktoren dem Ausgleichsberechtigten zu Gute kommen muss, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt (MüKo-BGB/Recknagel, 9. Auflage 2022, § 14 VersAusglG Rn. 44).
46
4. Die zuletzt genannte Auffassung erweist sich als zutreffend.
47
Zwar ist insbesondere der Auffassung von S. zuzugeben, dass gemäß §§ 5 Abs. 1, 45 Abs. 1 VersAusglG der Versorgungsträger ein Wahlrecht hat, ob er den Ausgleich durch Teilung einer Rente oder eines Kapitals als Bezugsgröße durchführen möchte.
48
Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 und 3 VersAusglG gilt unabhängig hiervon das Ende der Ehezeit als maßgeblicher Stichtag. Auf diese Regelung verweisen auch §§ 41 Abs. 2, 40 Abs. 3 VersAusglG. Im Fall des Leistungsbezugs werden demnach lediglich die prospektiven Annahmen über das Ende der Betriebszugehörigkeit und die Höhe der dann erzielten Versorgung durch die tatsächlichen Werte ersetzt, im Übrigen sind aber nach diesen Vorschriften die bei Ehezeitende geltenden Berechnungsgrundlagen heranzuziehen.
49
Weder die Änderung des Rechnungszinses noch die Entwicklung des biometrischen Risikos wirken auf das Ehezeitende zurück. Vielmehr entspricht es einer versicherungsmathematischen Bewertung, dass für eine stichtagsbezogen ermittelte Versorgung anhand der zu dem Stichtag geltenden Berechnungsfaktoren der Kapitalwert zu berechnen ist. Eine Änderung des Rechnungszinses oder der biometrischen Faktoren wirkt daher auf die Bewertung zum Bewertungsstichtag nicht zurück. Vielmehr wirken Änderungen sich lediglich so aus, dass zu einem anderen Stichtag anhand der dann geltenden Berechnungsfaktoren der Kapitalwert neu zu berechnen ist. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG ist als maßgeblicher Bewertungsstichtag das Ende der Ehezeit vorgesehen (so auch BGH FamRZ 2021, 1103 (Rn. 16); BGH FamRZ 2016, 775; OLG Nürnberg FamRZ 2017, 873).
50
Schließlich spricht hierfür auch die Regelung des § 76 Abs. 4 SGB VI. Nach dieser Vorschrift ist der im Wege der externen Teilung zu zahlende Kapitalbetrag anhand der bei Ehezeitende geltenden Vorschriften in Entgeltpunkte umzurechnen. Eine Beteiligung des Ausgleichsberechtigten an der nachehezeitlichen Entwicklung wird nach dieser Vorschrift dem Zielversorgungsträger und nicht dem Quellversorgungsträger zugewiesen. Für andere Zielversorgungsträger, insbesondere die Versorgungsausgleichskasse existieren allerdings keine vergleichbaren Vorschriften. Für versicherungsförmig organisierte Zielversorgungsträger kann auch rückwirkend kein Anrecht begründet werden, da dies elementaren Grundsätzen des Privatversicherungsrechts widersprechen würde.
51
Eine enge am Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG orientierte Auslegung würde jedoch dazu führen, dass im Fall der externen Teilung weder der ausgleichsberechtigte noch der ausgleichspflichtige Ehegatte an der auf den Ausgleichswert als Kapitalwert entfallenden Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung partizipieren. Diese würde vielmehr einseitig und allein dem Versorgungsträger zufallen. Dieser Effekt würde auch im vorliegenden Fall eintreten. Nach Ziffer V 15 Abs. 1 und 2 der Teilungsordnung der B. AG wäre das Anrecht des Antragsgegners in Höhe des (geringeren) Ausgleichswerts von lediglich 39.406,24 € bezogen auf das Ehezeitende (30.04.2021) zu kürzen. Gemäß Ziffer V 15 Abs. 2 dieser Teilungsordnung führt dies für den ausgleichspflichtigen Ehegatten (Antragsgegner) dazu, dass dieser von der auf die Ehezeit entfallenden Versorgung genau die Hälfte bezieht. Gemäß Ziffer V 15 Abs. 2 der Teilungsordnung ist zur Anrechtskürzung der Ausgleichswert gemäß Ziffer 5 Abs. 1 heranzuziehen und nach versicherungsmathematischen Grundsätzen in Kürzungsbeträge umzurechnen. Der Ausgleichswert gemäß Ziffer 5 Abs. 1 der Teilungsordnung entspricht dem auf das Ehezeitende berechneten Kapitalwert.
52
Auch wenn dieser geringer ist als der anhand der bei Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung (Rechtskraft, § 224 Abs. 1 FamFG) aktuellen Rechnungsgrundlagen zu berechnende Kapitalwert, führt dies gleichwohl dazu, dass die Versorgung in Höhe des hälftigen Ehezeitanteils gekürzt wird. Dies ergibt sich aus Ziffer V 15 Abs. 2 Satz 2 der Teilungsordnung. Danach ist für die Berechnung des Kürzungsbetrages auf die Rechnungsgrundlagen abzustellen, die gemäß Ziffer 4 der Wertermittlung für den Ehezeitanteil zugrunde gelegt wurden. Der Kürzungsbetrag ist mithin nicht anhand der bei Berechnung der Versorgung aktuellen Rechnungsgrundlagen zu berechnen, sondern rückwirkend fiktiv anhand der bei Ehezeitende geltenden Rechnungsgrundlagen bezogen auf das Ehezeitende.
53
Die auf den Ausgleichswert entfallende Wertentwicklung kommt nach der Teilungsordnung der Beschwerdeführerin aber auch der Antragstellerin nicht zu Gute. Gemäß Ziffer IV 13 der Teilungsordnung wird auf diese nämlich bei Rechtskraft lediglich der dem gemäß Ziffer 5 Abs. 1 ermittelten Ausgleichswert entsprechende Kapitalbetrag übertragen. Nach der Konzeption der Teilungsordnung erhält also auch die Ausgleichsberechtigte lediglich den anhand der allgemeinen Berechnungsgrundlagen bei Ehezeitende ermittelten hälftigen Kapitalwert des Ehezeitanteils.
54
Die auf den Kapitalwert des Ausgleichswerts entfallende Erhöhung der Rückstellung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung fällt damit ersatzlos weg. Sie stellt für die Beschwerdeführerin einen außerordentlichen Ertrag dar.
55
Dieses Ergebnis verstößt gegen den Halbteilungsgrundsatz. Der BGH hat deswegen in mehreren Entscheidungen gefordert, dass der Ausgleichsberechtigte an der nachehezeitlichen Wertentwicklung des Ausgleichswerts als Kapitalwert teilhaben muss.
56
Auf dieser Überlegung beruht die Rechtsprechung, dass der Ausgleichswert eines rückstellungsfinanzierten festverzinslichen Anrechts auf eine betriebliche Altersversorgung anhand des bei Ehezeitende geltenden Rechnungszinses bis zur Rechtskraft der Entscheidung zu verzinsen ist.
57
Der BGH führt hierzu aus: „Demgegenüber steht dem ausgleichspflichtigen Ehegatten ein vorhandenes Deckungskapital oder ein korrespondierender Kapitalwert nach § 47 VersAusglG nach Ende der Ehezeit zwar nur noch in Höhe der ihm nach § 1 Abs. 1 VersAusglG verbleibenden Hälfte zu. Das schließt die Wertentwicklung der ihm verbleibenden Hälfte aber ein. Die Wertentwicklung der auf den Ausgleichsberechtigten zu übertragenden Hälfte nach Ende der Ehezeit kann aus Gründen der Halbteilung nicht dem ausgleichspflichtigen Ehegatten aber auch nicht bei seinem Versorgungsträger verbleiben. Es liegt folglich auf der Hand, diesen Betrag in Form der Verzinsung des Ausgleichswerts auf den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu übertragen, um ihm zu ermöglichen, ein der Halbteilung nahekommendes Anrecht für die ausgleichsberechtigte Person zu begründen (BGH FamRZ 2011, 1785 (Rn. 24))“. Dieser Ansatz würde es bereits für sich gesehen rechtfertigen, nicht nur den Zinsgewinn, sondern auch andere versicherungsmathematische, auf den Ausgleichswert entfallende Bewertungsfaktoren wie einen zusätzlichen Zinsgewinn aufgrund Erhöhung des Zinssatzes, aber auch die nachehezeitliche Entwicklung des Rententrends und Gewinne aufgrund einer Änderung des biometrischen Risikos zu berücksichtigen. Hierzu enthält die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aber keine Ausführungen. Sie schließt die Berücksichtigung dieser Umstände aber auch nicht aus.
58
Aus Gründen der Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes hat der BGH aber auch gefordert, dass der Ausgleichsberechtigte an den nach Ehezeitende eintretenden Wertsteigerungen zu beteiligen ist, die auf der Wertentwicklung von zu teilenden Finanzmarktprodukten (im konkreten Fall: Fondszertifikate) beruhen.
59
Auch wenn für den Ausgleich dieser Rechte ein Kapitalwert als Bezugsgröße gewählt wird, ist nach der Rechtsprechung des BGH sicherzustellen, dass der Ausgleichsberechtigte an der Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft teilhat, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt.
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In dem Beschluss BGH FamRZ 2018, 1745 führt der BGH insoweit aus: „Der Senat hat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung des Beschwerdegerichts - seine frühere Rechtsprechung … aufgegeben, wonach ehezeitliche Wertveränderungen eines fondsgebundenen Anrechts nicht auf den Ehezeitanteil zurückwirkten und es auch der Halbteilungsgrundsatz nicht gebiete, den nachehezeitlichen Zuwachs im Wert eines fondsgebundenen Anrechts bei der externen Teilung zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung beruhte auf der Überlegung, dass mit der Begründung eines Anrechts für den Ausgleichsberechtigten bezogen auf das Ehezeitende für diesen ein Anrecht geschaffen werde, welches rückwirkend an der Dynamik der Zielversorgung teilhaben könne. Diese Annahme entsprach zwar der Gesetzeslage bei der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 76 Abs. 4 SGB Vl); sie stimmte aber nicht mit der Rechtspraxis der sonstigen Zielversorgungsträger überein, die das neue Versorgungsverhältnis für den Ausgleichsberechtigten - teils schon aus versicherungsrechtlichen Notwendigkeiten - nicht mit Wirkung vor Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich begründen und dem Ausgleichsberechtigten folglich auch keine rückwirkende Teilhabe an der Dynamik der Zielversorgung bieten konnten. Entsprechend hat der Senat zum Zahlungsanspruch zwischen dem Versorgungsträger nach § 14 Abs. 4 VersAusglG beim Ausgleich kapitalgedeckter bzw. rückstellungsfinanzierter Anrechte ausgesprochen, dass der vom abgebenden Versorgungsträger an den aufnehmenden Versorgungsträger zu zahlende Ausgleichswert grundsätzlich ab dem Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des Rechnungszinses der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen ist, um damit eine Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an der Anrechtsentwicklung in der Zeit zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich sicherzustellen. Die Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an der zwischenzeitlich realisierten Dynamik kann allerdings - wie der Senat nunmehr entschieden hat - nicht davon abhängen, dass sich diese im Berechnungswege einer Barwertaufzinsung vollzieht. Folgerichtig ist es vielmehr, wenn der Ausgleichsberechtigte generell und unabhängig von der Art der Dynamik des auszugleichenden Anrechts an der allgemeinen zwischenzeitlichen Wertsteigerung teilhat; …“. Allgemeine Wertsteigerungen treten aber auch ein, wenn die Dynamik eines Anrechts auf die stichtagsbezogene Änderung des Rechnungszinses oder Änderungen des Rententrends zurückzuführen sind. Darüberhinaus gehört es auch zu der einem rückstellungsfinanzierten Anrecht innewohnenden Dynammik, dass sich der dem Ehezeitanteil des Anrechts entsprechende Kapitalwert erhöht, wenn die versicherungsmathematische Wahrscheinlichkeit, die zugesagte Versorgung erbringen zu müssen, steigt. Ein sachlicher Grund, bei einem rückstellungsfinanzierten Anrecht abweichend von der internen Teilung die Teilhabe des Ausgleichsberechtigten gleichwohl auf den anhand des Rechnungszinses bei Ehezeitende berechneten Zinsgewinn zu beschränken, ist nicht ersichtlich. Vielmehr entspricht es dem Halbteilungsgrundsatz, den ausgleichsberechtigten Ehegatten an diesen Wertänderungen des durch den Einsatz von Arbeit oder Kapital während der Ehezeit erworbenen Anrechts zu beteiligen.
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Indem generell der Kapitalwert des Ehezeitanteils eines sich im Leistungsbezug befindlichen Anrechts der betrieblichen Altersversorgung, das durch eine Rückstellung finanziert ist, anhand der bei Rechtskraft der Entscheidung bzw. zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt geltenden Berechnungsfaktoren ermittelt wird, wird ein Ergebnis erzielt, das sich nahtlos in die Rechtsprechung des BGH zum Ausgleich kapitalgedeckter Anrechte im Leistungsbezug einfügt. Für diese Anrechte hat der BGH gefordert, dass das Familiengericht den Ausgleichswert alternativ anhand der bei Ehezeitende geltenden Rechenfaktoren und anhand der bei Rechtskraft bzw. zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt geltenden Berechnungsfaktoren ermittelt (BGH FamRZ 2016, 2000). Während der auf das Ehezeitende bezogene Wert immer Bedeutung hat für die Frage, ob der Grenzwert gem. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 18 Abs. 3 VersAusglG überschritten ist, ist der geringere der beiden Werte maßgeblich für die Frage, welcher Wert im Wege der internen oder der externen Teilung auszugleichen ist. Hierbei ist der zum Ehezeitende alternative Kapitalwert anhand aller bei Erlass bzw. Rechtskraft der Entscheidung maßgeblichen Rechenfaktoren zu bestimmen. Dies kann dazu führen, dass sich der Kapitalwert insgesamt verringert, beispielsweise, weil die Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Dauer die zugesagten Leistungen erbringen zu müssen, aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Ausgleichspflichtigen abgenommen hat, der Rechnungszins sich erhöht und der Rententrend verringert hat. Denkbar ist aber auch, dass sich der Ausgleichswert aufgrund einer Veränderung des biometrischen Risikos zugunsten des Versorgungsträgers per Saldo verringert, obwohl sich der Rechnungszins verringert und der Rententrend erhöht hat, was sich gegenläufig auswirken würde. In diesem Fall hat der Ausgleichsberechtigte an der (tendenziellen) Erhöhung des Ausgleichswerts aufgrund dieser Entwicklungen teil; denn würden insoweit die bei Ehezeitende geltenden Rechenfaktoren zugrundegelegt, würde die Verringerung des Kapitalwerts deutlich stärker ausfallen. Diese Teilhabe an der Erhöhung des Ausgleichswerts durch eine Verringerung des Rechnungszinses und bzw. oder Erhöhung des Rententrends wird dem Ausgleichsberechtigten aber vorenthalten, wenn stattdessen auf den anhand der bei Ehezeitende geltenden Rechenfaktoren ermittelten Kapitalwert abgestellt wird, wenn dieser den Kapitalwert übersteigt, der sich anhand der bei Erlass der Entscheidung geltenden Rechenfaktoren ergibt. Der BGH begründet dieses Ergebnis damit, dass ein Anrecht nur insoweit ausgeglichen werden könne, als es bei Rechtskraft der Entscheidung noch vorhanden sei. Nur so lasse sich für den Versorgungsträger ein aufwandsneutrales Ergebnis erzielen. Daher sei uU eine Korrektur des auf das Ehezeitende bezogenen Kapitalwerts des Ehezeitanteils der Versorgung geboten. Der Gesichtspunkt der Aufwandsneutralität spricht aber auch dafür, eine nachehezeitlich eintretende Werterhöhung zu berücksichtigen. Diese kann insbesondere dann eintreten, wenn sich das Anrecht erst seit kurzer Zeit im Leistungsbezug befindet; denn dann kann - wie auch im vorliegenden Fall - der Wertverlust aufgrund der Verringerung des biometrischen Risikos des Versicherten für den Versorgungsträger durch gegenläufige Entwicklungen aufgrund einer Verringerung des Rechnungszinses oder einer Erhöhung des Rententrends überkompensiert werden. Werden dem Versorgungsträger diese Effekte belassen, indem auf den anhand der Rechenfaktoren bei Ehezeitende berechneten Kapitalwert des Ehezeitanteils abgestellt wird, ist das Ergebnis für diesen nicht aufwandsneutral, sondern vielmehr erfolgswirksam. Der Ansatz der Rechtsprechung, den Ausgleich auf den bei Erlass der Entscheidung noch vorhandenen Kapitalwert zu begrenzen, zeigt aber, dass weder aus Sicht des Versorgungsträgers noch der beteiligten Ehegatten ein dem Halbteilungsgrundsatz entsprechendes Ergebnis erzielt werden kann, wenn der Ausgleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung bzw. einem entscheidungsnahen Zeitpunkt auf der Grundlage einer auf einen uU lange zurückliegenden Stichtag bezogenen Berechnung durchgeführt wird. Ein für den Versorgungsträger erfolgsneutrales Ergebnis, das außerdem dem Halbteilungsgrundsatz entspricht, tritt nur ein, wenn der Kapitalwert des Ehezeitanteils des auszugleichenden Anrechts anhand der zum Zeitpunkt der Umsetzung der Entscheidung geltenden Rechenfaktoren ermittelt und hälftig geteilt wird bzw. durch Wahl eines entscheidungsnahen Zeitpunkts dem nahekommt.
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Für eine Berechnung des hälftigen der auf die Ehezeit entfallenden Versorgung entsprechenden Kapitalwerts anhand der bei Übertragung des Kapitalwerts maßgeblichen Berechnungsfaktoren spricht aber auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
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Das Bundesverfassungsgericht führt im Urteil vom 26.05.2020 - 1 BvL 5/18 -, BVerfGE 153358 = FamRZ 2020, 1078 aus: „Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs kann allerdings entfallen, soweit bei der verpflichteten Person eine Kürzung des Anrechts erfolgt, ohne dass sich dies entsprechend im Erwerb eines selbständigen Anrechts für die berechtigte Person auswirkt. Die verpflichtete Person erbringt dann insoweit ein Opfer, dass seinen Zweck verfehlt… Dass der entzogene Anteil grundsätzlich nicht ohne besonderen Grund verlorengehen oder in seinem Ertrag reduziert werden darf, ergibt sich bei verfassungsrechtlicher Betrachtung schon daraus, dass das von der ausgleichspflichtigen Person erworbene Anrecht auf eigener Leistung beruht, weil es Ertrag ihrer Erwerbsarbeit ist… Grundsätzlich reicht es dann auch für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Beschränkung des Grundrechts der ausgleichspflichtigen Person weder aus, noch kommt es für die Rechtfertigung darauf an, dass ihr Anrecht exakt hälftig geteilt ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die ausgleichsberechtigte Person aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht im Einzelfall Versorgungsleistungen erwarten kann, die der Kürzung auf Seiten der ausgleichspflichtigen Person entsprechen. Demgegenüber bedarf es besonderer Rechtfertigung, wenn die ausgleichsberechtigte Person aufgrund der externen Teilung - bei Unterstellung identischer biometrischer Faktoren - mit einer niedrigeren Rente rechnen muss, als sich die Rente der ausgleichspflichtigen Person durch den Versorgungsausgleich verringert.“
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Dieser Fall tritt zwingend ein, wenn für die Berechnung des Ausgleichswerts auf die allgemeinen Berechnungsgrundlagen bei Ehezeitende und nicht bei Erlass der Entscheidung abgestellt wird, wenn sich die Rechenfaktoren nachträglich für den ausgleichspflichtigen Ehegatten verbessern; denn in diesem Fall würde für den Ausgleichspflichtigen bei identischen biometrischen Rechnungsfaktoren eine Versorgung anhand der diesem günstigeren allgemeinen Rechenfaktoren bei Erlass der Entscheidung kalkuliert. Dementsprechend kann sich der Ausgleichsberechtigte nur auf den geringeren, anhand der ungünstigeren Berechnungsfaktoren bei Ehezeitende kalkulierten Ausgleichswert stützen, um bei einem ihm zur Verfügung stehenden Zielversorgungsträger ein Anrecht zu begründen. Mit anderen Worten: für den Ausgleichspflichtigen geht der auf den Ausgleichswert entfallende Ertrag des Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung verloren, ohne dass der Ausgleichsberechtigte hiervon profitiert.
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Indem der Ausgleichswert anhand der bei Erlass der Entscheidung geltenden allgemeinen Berechnungsfaktoren ermittelt wird, wird ein Gleichlauf zwischen interner und externer Teilung erreicht.
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Für die interne Teilung hat der BGH entschieden, dass der Ausgleichsberechtigte an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts zu beteiligen ist, soweit sie auf den Ausgleichswert entfällt und auf die Entwicklung der biometrischen Risikofaktoren sowie die Verzinsung des Anrechts zurückzuführen ist (BGH FamRZ 2015, 1869). In der Sache betrifft diese Rechtsprechung die Wertermittlung und nicht den Vollzug der internen Teilung. § 11 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG fordert, dass für den Ausgleichsberechtigten ein Anrecht mit vergleichbarer Wertentwicklung übertragen wird. Dies bedeutet, dass bei versicherungsförmiger Versorgung insbesondere ein vergleichbarer Tarif, gleiche Sterbetafeln und ein gleicher Rechnungszins für das geteilte und das übertragene Anrecht gelten müssen. Diesem Problem vorgelagert ist die Frage, wie der bei Rechtskraft der Entscheidung bestehende Ausgleichswert für ein solches Anrecht zu ermitteln ist. Diese Frage hat der BGH für Fälle der internen Teilung dahingehend konkretisiert, dass bei der Berechnung des Ausgleichswerts auch die zwischen Ehezeitende und Rechtskraft erzielten biometrischen Risikogewinne sowie der auf diese Zeit entfallende Zins zu berücksichtigen sind, mag dies aufgrund der zitierten Rechtsprechung auch durch inhaltliche Anforderungen an die Teilungsordnung und nicht durch eine nominale Korrektur des Ausgleichswerts sichergestellt werden.
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Die Frage der Wertermittlung ist der Frage des Vollzugs der Teilung vorgeordnet. Die Form der Teilung darf keine Auswirkungen darauf haben, wie der Wert eines Anrechts zu ermitteln ist. Dementsprechend ist es konsequent, auch im Fall der externen Teilung diese Wertentwicklung zu berücksichtigen, indem auf die allgemeinen Berechnungsfaktoren bei Erlass der Entscheidung abgestellt wird. Unabhängig von der Frage, ob ein Anrecht intern oder extern geteilt wird, ist bei Rechtskraft der identische Ausgleichswert (wenn auch uU in einer unterschiedlichen, nicht notwendig auf Kapital gerichteten Bezugsgröße) auf den Ausgleichsberechtigten zu übertragen.
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Es wird also dem Halbteilungsgrundsatz am besten gerecht, den Ausgleichswert eines kapitalgedeckten Anrechts zu berechnen, indem der Kapitalwert der hälftigen, auf die Ehezeit entfallenden Versorgung anhand der bei Erlass bzw. Rechtskraft der Entscheidung geltenden allgemeinen Berechnungsfaktoren ermittelt wird.
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Es gibt keine zwingenden Gründe, die dieser Form der Wertermittlungen entgegenstehen.
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Wird der Ausgleich in dieser Form durchgeführt, wird das Gebot der Aufwandsneutralität für den Versorgungsträger nicht verletzt. Vielmehr kann der Versorgungsträger diese Form der Teilung aufwandsneutral durchführen.
71
Bei Erlass der Entscheidung besteht das Anrecht des Ausgleichspflichtigen noch als ungeteiltes Anrecht, für das der Versorgungsträger ein entsprechendes Deckungskapital bzw. eine entsprechende Rückstellung vorzuhalten hat. Die aktuelle Pensionsrückstellung ist anhand der bei Rechtskraft der Entscheidung aktuellen Annahmen über den Rententrend, den Rechnungszins und die biometrischen Risikofaktoren zu ermitteln. Wird dieser Betrag hälftig geteilt und auf den Ausgleichsberechtigten ein Kapital in Höhe der hälftigen Rückstellung übertragen, erfolgt die Teilung für den Versorgungsträger aufwandsneutral; denn der dem Versorgungsträger verbleibende Teil der Rückstellung reicht aus, um die Hälfte des Ehezeitanteils der Versorgungszusage auszufinanzieren. Der stehen gebliebene Teil der Rückstellung sowie das im Wege der externen Teilung abfließende Kapital entsprechen in der Summe dem Kapital, das der Versorgungsträger bei Rechtskraft der Entscheidung vorhalten muss, um den Ehezeitanteil der von ihm erteilten Versorgungszusage auszufinanzieren. Demgegenüber erwirbt der Versorgungsträger keine rechtlich geschützte Position, das Anrecht des Ausgleichsberechtigten nur in Höhe des bei Ehezeitende bestehenden Ausgleichswerts als Kapitalwert ausfinanzieren zu müssen. Dies zeigt sich bereits daran, dass es der Versorgungsträger nicht verhindern könnte, die Versorungszusage in Höhe der bei Rechtskraft der Entscheidung aktuell gebildeten Rückstellung auszufinanzieren, wenn der Scheidungsantrag zurückgenommen wird. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Ehegatten vereinbaren sollten, dass das Anrecht anstelle durch externe Teilung im Wege schuldrechtlicher Ausgleichszahlungen ausgeglichen wird oder dass gänzlich hinsichtlich dieses Anrechts auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet wird.
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Die Regelungen der §§ 5 Abs. 1, 45 Abs. 1, 41 VersAusglG sind einer Auslegung zugänglich, nach der für die Ermittlung des Kapitalwerts des auszugleichenden Anrechts auf die allgemeinen Berechnungsgrundlagen bei Erlass der Entscheidung abgestellt wird.
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§ 45 Abs. 1 VersAusglG enthält für den Versorgungsträger das Wahlrecht, den Ausgleichswert entweder anhand des Rentenbetrages nach § 2 BetrAVG oder des Kapitalwerts nach § 4 Abs. 5 BetrAVG zu ermitteln. § 4 Abs. 5 BetrAVG sieht jedoch ausdrücklich vor, dass für die Ermittlung des Kapitalwerts einer unverfallbaren Anwartschaft nicht der Stichtag des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Betrieb, sondern der Zeitpunkt der Übertragung des Anrechts maßgeblich ist. Aus Sicht des Versorgungsausgleichs ist dem Ausscheiden des Arbeitnehmers die Übertragung des Anrechts im Wege der externen Teilung gleichgestellt. Zeitpunkt für die Übertragung des Anrechts ist gemäß § 224 Abs. 1 FamFG aber nicht das Ende der Ehezeit, sondern das Datum der Rechtskraft der Entscheidung. Insbesondere in Abänderungsverfahren, aber auch in lang dauernden Scheidungsverfahren kann ein erheblicher Zeitraum zwischen der Zustellung des Scheidungsantrags und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, durch die das Anrecht letztlich geteilt und übertragen wird, liegen. Eine rückwirkende Übertragung von Anrechten sieht § 224 Abs. 1 FamFG nicht vor und wäre versicherungsförmig kalkulierten Anrechten auch wesensfremd. Die Regelung des § 4 Abs. 5 BetrAVG soll gerade dazu dienen, eine Benachteiligung des Arbeitnehmers auszuschließen, die eintreten kann, wenn zwischen dem Datum des Ausscheidens aus dem Betrieb und der Übertragung des Anrechts ein erheblicher Zeitraum liegt. Daher geht § 4 Abs. 5 BetrAVG insoweit § 5 Abs. 2 VersAusglG vor (aA ohne Begründung lediglich Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz 8. Aufl. 2022 § 4 Rn. 152). Diese systematische Auslegung ist mit § 5 Abs. 1 VersAusglG vereinbar. Der Ehezeitbezug soll insbesondere sicherzustellen, dass Wertänderungen nach dem Ehezeitende, die auf Kapitalzahlung des Ausgleichspflichtigen oder dessen Arbeitsleistung beruhen, auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs keinen Einfluss haben. Hierdurch wird insbesondere vermieden, dass der eine oder andere Ehegatte aus verfahrensfremden Zwecken das Scheidungsverfahren in die Länge zieht, um den Ausgleichswert zu erhöhen. Mit der ersten Zustellung des Scheidungsantrags, auf den hin die Ehe geschieden werden kann, besteht keine Rechtfertigung mehr, den anderen Ehegatten gleichwohl an dem Erwerb von Anrechten auf eine Versorgung durch eigene Arbeit oder Kapitaleinsatz des Ausgleichspflichtigen teilhaben zu lassen. Die Frage, wie die Rückstellung für den so berechneten Ehezeitanteil der Versorgungszusage zu bilden ist, betrifft aber in erster Linie die Finanzierung der Zusage durch den Versorgungsträger und ist dem Einfluss durch die Ehegatten entzogen.
74
Auch aus § 76 Abs. 4 SGB VI lässt sich keine abweichende Wertung entnehmen. Diese Vorschrift enthält selbst eine Regelung, der zu entnehmen ist, dass der Ausgleichsberechtigte an der Dynamik der Zielversorgung nur dann teilhaben soll, wenn er nicht über den Versorgungsausgleich an der Dynamik der Quellversorgung teilhat. Daher ist gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 SGB VI in dem Fall, dass das Familiengericht eine Verzinsung des Anrechts angeordnet hat, für die Umrechnung des Kapitalbetrages in Entgeltpunkte nicht auf das Ehezeitende, sondern die Rechtskraft der Entscheidung abzustellen.
75
Der Senat verkennt nicht, dass durch die Modifikation des Stichtags für die Berechnung des dem Ehezeitanteil der zugesagten Versorgung entsprechenden Kapitalwerts unter Umständen mehrfach Auskünfte zur Höhe des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts einzuholen sein werden. Dieser Mehraufwand erscheint aber zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes gerechtfertigt. Die hiermit verbundenen Aufgaben sind dem Familiengericht nicht fremd, da auch im Fall längeren Rentenbezuges sowie im Fall der externen Teilung für fondsgebundene und vergleichbare Anrechte, die nicht in der Bezugsgröße Fondsanteile erfolgen kann, zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt Auskünfte zu erholen sind.
76
5. Die Voraussetzungen für die Durchführung der externen Teilung liegen vor. Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung der externen Teilung beantragt. Der Grenzwert gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, 17 VersAusglG bei Ehezeitende (85.200,- €) ist nicht überschritten. Die Beschwerdeführerin hat auch nach Hinweis des Senats, dass ein gegenüber dem Ehezeitende höherer Ausgleichswert zugrunde zu legen sein könnte, an der externen Teilung festgehalten.
77
Durch die Durchführung der externen Teilung sind keine verfassungswidrigen Transferverluste zu erwarten.
78
Für das Anrecht ist ein Rechnungszins von 1,78% maßgeblich. Der Antragstellerin wurde noch keine Vollrente wegen Alters bewilligt. Für sie bestand mithin auch die Möglichkeit, gem. § 15 VersAusglG die gesetzliche Rentenversicherung als Zielversorgungsträger zu wählen.
79
Überschlägige Berechnungen zu den Auswirkungen der externen Teilung, wenn die Antragstellerin die gesetzliche Rentenversicherung als Zielversorgung gewählt hätte, zeigen, dass der korrespondierende Kapitalwert der dort zu erzielenden Ausgleichsrente mindestens 134% des Ausgleichswerts betragen hätte (vgl. hierzu die Tabellen der Deutschen Aktuarvereinigung im Anhang zu den Handlungsempfehlungen der Versorgungsausgleichskommission des Deutschen Familiengerichts zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.05.2020, FamRB 2022, 116 sowie die vergleichbaren Tabellen bei Braun/Siede, FamRB 2021, 160, 216).
III.
80
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 150 FamFG. Da es in dem Verfahren im Kern um eine ungeklärte Rechtsfrage geht, erscheint es angemessen, die Kosten des Beschwerdeverfahrens zwischen den Ehegatten gegeneinander aufzuheben.
81
Die Entscheidung über die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf § 40, 50 Abs. 1 FamGKG.
82
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 70 FamFG. Die Frage, wie der Ausgleichswert eines rückstellungsfinanzierten Anrechts in der Leistungsphase zu berechnen ist, wenn der Barwert zu einem entscheidungsnahen Zeitpunkt den anhand der Berechnungsfaktoren bei Ehezeitende errechneten Barwert übersteigt, ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärt und von grundlegender Bedeutung.