VG Ansbach, Beschluss v. 15.11.2022 – AN 17 S 21.50042
Titel:

Dublin-Verfahren: Keine systemischen Mängel bei in Rumänien Untergetauchtem

Normenketten:
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 lit. c, Art. 19 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 34a Abs. 1
Leitsätze:
1. Das rumänische Asylgesetz sieht Rechte und Pflichten von Asylbewerbern vor, die den europäischen Vorgaben und auch dem deutschen Standard entsprechen. Für vulnerable Asylantragsteller und unbegleitete Minderjährige sind zahlreiche Sonder- und Schutzvorschriften vorgesehen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Finden einer Arbeitsstelle für Geringqualifizierte in Rumänien ist für nicht vulnerable, gesunde Antragsteller realistisch und für sich nur selbst versorgende Alleinreisende, die niemandem sonst zum Unterhalt verpflichtetet sind, auch zumutbar und den Lebensunterhalt sichernd. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wiederaufnahmeverfahren mit Rumänien, keine systemischen Mängel im rumänischen Asylsystem, auch nicht für Rückkehrer nach langer Abwesenheit (über neun Monate nach Einstellung des Asylverfahrens wegen Untertauchens), zum Verhältnis, Aufnahmeverfahren zu Wiederaufnahmeverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2022, 32740

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine asylrechtliche Abschiebungsanordnung nach Rumänien.
2
Der 1999 geborene Antragsteller ist palästinensischer Volkszugehöriger ungeklärter Staatsangehörigkeit und lebte bis zu seiner Ausreise als vom UNRWA registrierter Flüchtling in einem Camp in Syrien. Er reiste nach seinen Angaben am 21. November 2020 in die Bundesrepublik Deutschland ein, stellte am 21. Dezember 2021 ein Asylgesuch und am 28. Dezember 2020 einen förmlichen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).
3
Eine Eurodac-Abfrage vom 21. Dezember 2020 ergab für den Antragsteller einen Treffer der Kategorie 2 in Griechenland am 1. November 2019 und Treffer der Kategorie 1 und 2 für Rumänien für den 21. Oktober 2020.
4
Über einen schriftlichen Fragebogen gab der Antragsteller an, in Deutschland einen Onkel und drei Tanten zu haben. Sein Heimatland habe er am 9. September 2019 verlassen und sei über die Türkei, Griechenland, Albanien, Kosovo, Serbien, Ungarn, Rumänien, die Slowakei und Tschechien nach Deutschland gereist. Fingerabdrücke habe er in Griechenland und Rumänien abgegeben, Anträge auf internationalen Schutz habe er in keinem Land gestellt. Er leide an starken Schmerzen im rechten Fuß. Bei Befragungen vor dem Bundesamt gab der Antragsteller am 7. Januar 2021 und 14. Januar 2021 an, in Griechenland auf zwei Inseln gewesen und dort in einem Hostel auf eigene Kosten gelebt zu haben. In Rumänien sei er mit anderen von der Polizei aufgegriffen, geschlagen und mit Füßen getreten worden, Gegenstände seien ihm abgenommen worden. Die Polizei habe ihn zu Boden geworfen und einen Fuß auf seinen Hals und sein Gesicht gedrückt. In einem Lager hätten sie am nächsten Tag Fingerabdrücke abgeben sollen. Wer sich geweigert habe, sei geschlagen worden. Es habe kein Essen dort gegeben. Er habe von anderen Campbewohnern, die dieses haben verlassen dürfen, Essen kaufen können. Er sei nach fünf Tagen weitergereist und habe noch 20 Tage in … verbracht. Auch dort habe er auf eigene Kosten Nahrungsmittel gekauft. Sein Ziel sei von Anfang Deutschland gewesen. Er könne nicht in einem Land leben, wo er Angst vor der Polizei und den Behörden habe. In seinem Heimatland habe er freiberuflich als Fliesenleger gearbeitet.
5
Auf das Übernahmegesuch des Bundesamtes vom 15. Januar 2021 erklärte die rumänische Asylbehörde mit Schreiben vom 28. Januar 2021, dass der Antragsteller am 21. Oktober 2020 einen Asylantrag in Rumänien gestellt habe. Das Verfahren sei am 8. Dezember 2020 geschlossen worden, nachdem dem Antragsteller abgängig gewesen sei. Die Übernahme des Antragstellers wurde gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO akzeptiert.
6
Mit Bescheid vom 29. Januar 2021, dem Antragsteller zugestellt am 5. Februar 2021, lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Rumänien (Ziffer 3) und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf neun Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).
7
Vor der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgericht Ansbach erhob der Antragsteller der Antragsteller am 10. Februar 2021 Klage und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
8
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 11. Februar 2021, den Antrag abzulehnen.
9
Mit Schriftsatz seines nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 5. März 2021 beantragte der Antragsteller außerdem Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der bevollmächtigten Kanzlei.
10
Zur Begründung berief sich die Antragstellerseite auf Schwachstellen im rumänischen Asylsystem, insbesondere weil dem Antragsteller durch die Wertung seines Asylantrags als zurückgenommen in Rumänien Nachteile entstünden. Die Fortsetzung seines Asylverfahren sei nur als Folgeantrag möglich und als Folgeantragsteller habe er in Rumänien keinen Anspruch mehr auf die materiellen Aufnahmebedingungen. Ihm drohe in Rumänien deshalb Obdachlosigkeit und existentielle Not. Aufgrund der Corona-Pandemie sei die rumänische Wirtschaft eingebrochen und mit einer Arbeitsaufnahme des Antragstellers nicht zu rechnen.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
12
Der als solcher auszulegende Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamtes vom 29. Januar 2021 ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.
13
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig, insbesondere statthaft, weil die gleichzeitig erhobene Klage keine aufschiebende Wirkung hat, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG. Die Klage und der Eilantrag sind auch fristgerecht innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG erhoben worden.
14
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Interessensabwägung des Gerichts ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers ergibt. Im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung spielen vor allem die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage eine maßgebliche Rolle. Die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage führt zu dem Ergebnis, dass die Hauptsacheklage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Die in Ziffer 3 des Bescheids getroffene Abschiebungsanordnung erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) nämlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
15
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung nach Rumänien ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen - bzw. im Falle des hier einschlägigen Wiederaufnahmeverfahrens zur Rückübernahme verpflichteten - Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung dorthin durchgeführt werden kann.
16
a) Rumänien ist zur Rückübernahme des Antragstellers verpflichtet. Der Antragsteller hat ausweislich des Eurodac-Treffers und der Mitteilung der rumänischen Asylbehörde im Übernahmeschreiben vom 28. Januar 2021 dort am 21. Oktober 2020 und damit vor seiner Einreise nach Deutschland einen Asylantrag gestellt. Da der Antragsteller in Rumänien untergetaucht bzw. ins Ausland weitergereist ist, haben die rumänischen Behörden sein Verfahren am 8. Dezember 2020 geschlossen. Ebenso wie bei einer aktiven Rücknahme eines Asylantrags ist damit der Rückübernahmetatbestand des Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO erfüllt. Im Falle eines noch offenen, durch die rumänischen Behörden noch nicht entschiedenen Asylverfahrens oder eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens wäre im Übrigen ebenso die Zuständigkeit Rumänien begründet, dann nämlich nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bzw. d) Dublin III-VO. Das Bundesamt konnte demnach einen Rückübernahmeantrag nach Art. 23, Art. 24 Dublin III-VO an Rumänien stellen.
17
Es war auch nicht vorrangig ein (Wieder-)Aufnahmeantrag an Griechenland zu richten. Zwar bestehen aufgrund des Eurodac-Treffers für Griechenland für den 1. November 2019 Anhaltspunkte für eine Ersteinreise des Antragstellers in den Dublin-Raum über Griechenland, allerdings hat der Antragsteller in Griechenland ausweislich der Eurodac-Datei keinen Asylantrag gestellt; ein Treffer der Kategorie 1 ergibt daraus nämlich nicht. Somit kommt ein Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 23 bis 25 Dublin III-VO mit Griechenland nicht in Frage, sondern allenfalls ein Aufnahmeantrag nach Art. 21, Art. 22 Dublin III-VO. Ein Rangverhältnis zwischen den mit verschiedenen Staaten möglichen Aufnahme- und Wiederaufnahmeverfahren ergibt sich aus der Dublin III-VO aber nicht, so dass es dem ersuchenden Staat - jedenfalls im Rahmen einer Willkür- und Effektivitätsgrenze - freisteht, ob er das eine oder das andere Verfahren wählt. Im vorliegenden Fall gab der Antragsteller außerdem an, von Griechenland aus den Dublin-Raum wieder verlassen zu haben und vor seiner Wiedereinreise in Albanien, im Kosovo und in Serbien gewesen zu sein, wofür er jedoch keine genaueren Zeitangaben machte. Damit kommt ein Erlöschen der Aufnahmepflicht Griechenlands nach Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO konkret und mit einiger Wahrscheinlichkeit in Betracht. Da damit eine fortbestehende Zuständigkeit Griechenland mindestens unklar war und ein Aufnahmeverfahren mit Griechenland deshalb zu scheitern drohte, konnte das Bundesamt auf das sicherere Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 23 ff. mit Rumänien zurückgreifen. Ein willkürliches Vorgehen oder ein uneffektiver Verfahrensablauf, der nach den Erwägungsgründen zur Dublin III-VO (vgl. insbesondere Erwägungsgrund 5) vermieden werden soll, liegt darin nicht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof (EuGH, U.v. 2.4.2019 - C-582/17 und C-583/17 - juris) ist im Fall eines Wiederaufnahmeantrags nach Art. 23, Art. 24 Dublin III-VO - anders bei einem Aufnahmeantrag nach Art. 21, Art. 22 Dublin III-VO - auch nicht erforderlich, dass die Zuständigkeit des angefragten Staates nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO feststeht. Der anfragende Staat muss nicht selbst in die Prüfung einsteigen, ob der ersuchte Staat nach Art. 8 bis 15 Dublin III-VO zuständig ist. Die Zuständigkeitsprüfung ist nach erfolgter Wiederaufnahmeverfahren vielmehr gerade die Aufgabe des ersuchten Staates, so dass Rumänien selbst noch prüfen und entscheiden kann, ob ein Aufnahmeverfahren mit Griechenland durchzuführen sein wird. Mit seiner Einstellungsentscheidung vom 8. Dezember 2020 hat Rumänien aber wohl konkludent seine eigene Zuständigkeit für das Asylverfahren des Antragstellers bereits erklärt, was jedenfalls über das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO möglich ist. Dies kann letztlich aber dahinstehen, da es nur die alternative Möglichkeit eines Aufnahmeverfahrens beträfe.
18
b) Das Wiederaufnahmeverfahren wurde vom Bundesamt auch rechtzeitig innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO eingeleitet. Da eine Eurodac-Abfrage durch das Bundesamt erfolgte, war das Wiederaufnahmegesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Eurodac-Treffermeldung (hier am 21.12.2020) zu stellen. Diese Frist war mit dem Gesuch gegenüber Rumänien am 15. Januar 2021 eingehalten. Rumänien hat der Rückübernahme am 28. Januar 2021 auch innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO zugestimmt.
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c) Der Zuständigkeit Rumäniens stehen nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO auch nicht das Vorliegen systemischer Schwachstellen im Asylverfahren oder prekäre Aufnahmebedingungen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh mit sich bringen, entgegen. Solche bestehen in Rumänien und konkret für den Antragsteller nicht.
20
Nach dem System der normativen Vergewisserung (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - NVwZ 1996, 700/704 f.) bzw. dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens (EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10, C-493/10 - NVwZ 2012, 417/419) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat der Europäischen Union (EU) den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der EU (GRCh) entspricht. Diese Vermutung ist jedoch dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die regelhaft so defizitär sind, dass sie im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK bergen (EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10, C-493/10 - NVwZ 2012, 417; BVerwG, U.v. 8.1.2019 - 1 C 16/18 - juris Rn. 37). Ein systemischer Mangel liegt jedoch nur dann vor, wenn er im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt ist oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägt. Derlei Mängel treffen den Einzelnen nicht unvorhersehbar oder schicksalshaft, sondern lassen sich wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren (BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 9).
21
Diesen strengen Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt ergeben sich für das Gericht nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zur Lage für Dublin-Rückkehrer in Rumänien keine derartigen systemischen Mängel (so auch die überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, etwa VG München, B.v. 27.11.2020 - M 1 S 20.50531; VG Würzburg, B.v. 7.10.2019 - W 8 S 19.50715; VG Regensburg, U.v. 17.4.2019 - RO 6 K 17.52358; VG Lüneburg, U.v. 13.3.2019 - 8 B 51/19; VG Aachen, B.v. 21.9.2018 - 6 L 1144/18.A - alle juris; a.A. VG Köln, B.v. 30.11.2020 - 20 L 1980/20.A - juris und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Ansbach, vgl. B.v. 28.7.2021 - AN 17 S 21.50168).
22
Das erkennende Gericht geht nach den ihm vorliegenden Erkenntnismitteln von folgender Lage für Dublin-Rückkehrer nach Rumänien aus:
23
aa) In Rumänien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit. Die Asylantragsteller haben Zugang zu kostenfreier Rechtsberatung, die Vertretung durch einen Anwalt im gerichtlichen Verfahren kann durch Nichtregierungsorganisationen (NGO) zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, eine Art staatlicher Prozesskostenhilfe zu beantragen. Das rumänische Asylgesetz sieht Rechte und Pflichten von Asylbewerbern vor, die den europäischen Vorgaben und auch dem deutschen Standard entsprechen (vgl. insbesondere Art. 17 und Art. 19 des rumänischen Asylgesetzes - Gesetz Nr. 122/2006). Für vulnerable Asylantragsteller und unbegleitete Minderjährige sind zahlreiche Sonder- und Schutzvorschriften vorgesehen. Das rumänische Asylgesetz gewährleistet insbesondere das Recht auf Nonrefoulement (Art. 6 des Gesetzes Nr. 122/2006), der Wahrung der Familieneinheit (Art. 7 des Gesetzes Nr. 122/2006) und des Kindeswohls (Art. 8 des Gesetzes Nr. 122/2006). Die tatsächliche Ablehnungsquote liegt in Rumänien bei 87 Prozent (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Entscheiderbrief 04/2022, S. 8). Der rumänische Staat kooperiert mit dem UNHCR und anderen Hilfsorganisationen, um Flüchtlingen Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 6; AIDA, Country Report Romania, Update 2019, S. 26 ff.; s.a. US Department of State [USDOS], Romania 2021 Human Rights Report, S. 17 ff.).
24
Dublin-Rückkehrer werden am Flughafen empfangen, über den Status ihres Asylverfahrens informiert und in die regionalen Aufnahmezentren begleitet, wo sie ggf. noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können. Der Status und die Behandlung von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Asylverfahrens in Rumänien ab. Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, welches noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Wurde ein Asylverfahren begonnen und in der Folge beendet, weil sich der Asylbewerber abgesetzt hat, wird Berichten zufolge der Rückkehrer für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen (vgl. BFA, S. 6 f.). Er kann sodann einen Folgeantrag mit der Möglichkeit, neue Beweise vorzulegen, stellen, der aufschiebende Wirkung im Hinblick auf eine Abschiebung hat. Hat der Asylbewerber das Land vor dem Asylinterview verlassen und kehrt binnen neun Monaten nach Schließen des Verfahrens zurück, wird sein Asylverfahren nach Einbringen eines neuen Antrags jedoch wie ein Erstantrag behandelt (BFA, S. 6 f.; AIDA, S. 55). Ist ein Asylverfahren abgeschlossen (auch bei Dublin-Rückkehrern nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO) können neue Umstände in einem Asylfolgeverfahren geltend gemacht werden. Zwar stimmt die Behandlung des abgeschlossenen Asylantrags als Folgeantrag nach Ablauf von neun Monaten wegen Untertauchens des Asylbewerbers nicht mit Art. 18 Abs. 2 Dublin III-VO überein. Danach stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass in Fällen des Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO ein Asylverfahren ohne die Beschränkungen des Folgeverfahrens abgeschlossen wird. Zum einen steht Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO aber im Widerspruch zu Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie (EU) 2013/32 vom 16. Juni 2013 (Verfahrens-RL), wonach ein solches Vorgehen ausdrücklich vorgesehen ist, weswegen es auch in der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte uneinheitlich beantwortet wird, welcher Regelung für die Konstellation des Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO Vorrang zukommt (vgl. einerseits VG Sigmaringen, U.v. 19.2.2021 - A 13 183/19, andererseits VG Karlsruhe, B.v. 3.8.2021 - A 13 K 2227/21; auch VG Frankfurt (Oder), U.v. 17.6.2021 - 10 K 97/21.A jeweils juris und VG Ansbach, B.v. 23.2.2021 - AN 17 S 21.50015 - BeckRS 21, 4680), jedenfalls würde eine Abweichung von der Verpflichtung zur Fortführung des Verfahrens als Erstverfahren als solches noch nicht zur Annahme eines systemischen Mangels im rumänischen Asylverfahren führen. Immerhin entspricht dieses Vorgehen der grundsätzlich und außerhalb des Falles nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO vorgesehenen Regelung des Art. 28 Abs. 2 Verfahrens-RL. Auch im deutschen Asylgesetz besteht mit § 33 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 AsylG eine mit dem rumänischen Recht vergleichbare Regelung, nach der ein wegen Untertauchens des Antragstellers eingestelltes Asylverfahren nach neun Monaten grundsätzlich nur als Folgeantragsverfahren wiederaufgenommen wird. Im Rahmen systemischer Mängel kann ohnehin nicht jedweder Verstoß gegen höherrangiges Recht in einem ausländischen Asylverfahren herangezogen und einer Rückführung entgegengehalten werden, sondern nur klare und eklatante Verstöße gegen Grundprinzipien des gemeinschaftlichen europäischen Asylsystems, die eine unmenschliche Behandlung darstellen würden. Ein solches Prinzip ist mit der rumänischen Praxis aber nicht betroffen. Auch sind die rumänischen Gerichte in gleicher Weise in der Lage und dazu berufen, gegen eine - gegebenenfalls - unrichtige Rechtsanwendung einzuschreiten und europäisches Recht auszulegen und zur Anwendung zu bringen. Auch insoweit gilt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens.
25
Ist ein Asylverfahren in Rumänien rechtskräftig negativ abgeschlossen, droht dem Betroffenen - rechtsstaatskonform - die Rückführung in den Herkunftsstaat. Zur Durchsetzung der Rückführung kann es - was ebenso grundsätzlich rechtsstaatskonform ist - auch zur Anordnung von Abschiebehaft kommen. Die Unterbringung erfolgt in den Haftanstalten von Otopeni und Arad zwar nicht getrennt von sonstigen ausländischen Häftlingen (AIDA a.a.O., S. 120), die Unterbringung kann im Übrigen aber als rechtstaatlich und auch in humanitärer Sicht als ausreichend eingestuft werden (AIDA a.a.O., S. 121 ff.). Auch im Fall eines Dublin-Rückkehrers nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO ist eine (eventuell) drohende Inhaftierung hinzunehmen und stellt jedenfalls keinen systemischen Mangel dar. Durch das ehemalige Untertauchen bzw. das Verlassen des Staatsgebietes hat der Antragsteller jedenfalls Anhaltspunkte für eine (weiter) bestehende Fluchtgefahr gesetzt (bereits VG Ansbach, B.v. 23.2.2021 - AN 17 S 21.50015 - BeckRS 21, 4680; B.v. 9.9.2021 - AN 17 S 21.50195 - juris). Bestehende Fluchtgefahr stellt einen rechtstaatlich gerechtfertigten Grund für eine Inhaftierung dar.
26
Soweit für Asylbewerber teilweise über die Verweigerung des Zutritts zum rumänischen Staatsgebiet und von Push-Backs berichtet wird (AIDA, S. 18 ff.; USDOS, S. 18), so betrifft dies den Antragsteller als Dublin-Rückkehrer jedenfalls nicht, da nicht erneut über die Landgrenze von Serbien einreist, sondern mit Direktflug von Deutschland aus nach Bukarest verbracht würde.
27
bb) Auch die humanitäre Lage und die Versorgungssituation in Rumänien für Asylbewerber und für Dublin-Rückkehrer erfüllen nicht die Voraussetzungen einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK. Es ist von folgender Situation auszugehen:
28
Asylbewerber, die selbst nicht über ausreichende Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens Anspruch auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration in Timisoara, Şomcuta Mare, Rădăuţi, Galaţi, Bucharest und Giurgiu. Diese bieten 900 Unterkunftsplätze, wobei die Kapazität auf 1090 Plätze erhöht werden kann. Werden die Unterkunftszentren länger als 72 Stunden ohne Genehmigung des Generalinspektorats für Immigration verlassen, können Unterstützungsleistungen gekürzt werden (BFA, S. 10; s.a. AIDA, S. 87 ff.).
29
Neben der Unterkunft erhalten Asylbewerber finanzielle Unterstützungsleistungen für Lebensmittel, Kleidung und ein Taschengeld, welche sich insgesamt auf 104,00 EUR bis 110,00 EUR pro Monat für einen alleinstehenden Erwachsenen belaufen (BFA, S. 10; AIDA, S. 88). Daneben gibt es etwa saisonale Beihilfen von etwa 15,00 EUR für Sommerkleidung und etwa 20,00 EUR für Winterkleidung (AIDA, S. 88). NGOs stellen darüber hinaus gehende Leistungen zur Verfügung, wie zum Beispiel finanzielle Hilfen für die Übersetzung und Beglaubigung von wichtigen Dokumenten wie Personenstandsurkunden oder Zeugnissen oder Essenspakete und Sozialgutscheine (AIDA, S. 90 f.).
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Was die medizinische Versorgung anbelangt, so haben Asylbewerber ein Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben sie Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. In den Unterbringungszentren steht den Asylbewerbern jeweils ein Allgemeinmediziner zur Verfügung. Bei medizinischen Problemen erfolgt ein Weiterverweisung an das Krankenhaus des Innenministeriums (BFA, S. 12). Teilweise wird zwar von einem ungenügenden Niveau der staatlichen Gesundheitsversorgung berichtet, jedoch führen auch NGOs Projekte für Asylbewerber durch (BFA, S. 12). Sie sind insbesondere auf dem Feld der psychischen Krankheiten tätig (AIDA, S. 105 f.).
31
Der Arbeitsmarkt steht Asylbewerbern in Rumänien offen, sobald ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (BFA, S. 11). Die Aufnahme von legaler Arbeit kann zwar mit Schwierigkeiten verbunden sein (BFA, S. 11), auch kann davon ausgegangen werden, dass vorwiegend Tätigkeiten für Geringqualifizierte in Betracht kommen (AIDA, S. 101), jedoch ist der Arbeitsmarkt im Rumänien derzeit, d. h. auch nach der Coronakrise mit der Zerstörung von Arbeitsplätzen in 2020 und trotz der Aufnahme von ca. 650.000 Geflüchteten aus der Ukraine (BAMF, Entscheiderbrief, S. 9) relativ stabil und die Arbeitslosenquote mit rund 5,1% im europäischen Vergleich auf niedrigem Niveau (CEIC, www.ceicdata.com/de/indicatotor/romania/unemployement-rate; Bertelsmanns-Stiftung, BTI 2022). Jedenfalls das Finden einer Arbeitsstelle für Geringqualifizierte ist für nicht vulnerable, gesunde Antragsteller wie den Antragsteller realistisch und für sich nur selbst versorgende Alleinreisenden, die niemandem sonst zum Unterhalt verpflichtetet sind, auch zumutbar und den Lebensunterhalt sichernd. Darauf, ob Rückkehrer nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c) Dublin III-VO wie Folgeantragsteller behandelt werden und vom staatliche Versorgungssystem für Asylbewerber ausgeschlossen sind (vgl. etwa VG Karlsruhe, B.v. 3.8.2021 - A 13 K 2227/21 - juris Rn. 9), kommt es somit nicht entscheidungserheblich an.
32
Zusammenfassend sind damit systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen, für den Antragsteller nicht ersichtlich.
33
cc) Dem Antragsteller droht auch nach einer etwaigen Anerkennung als international Schutzberechtigter in Rumänien keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist bei der Prüfung, ob eine Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens in den an sich zuständigen Mitgliedstaat die Gefahr einer gegen Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung birgt, nicht nur in den Blick zu nehmen, ob diese Gefahr im Rahmen des Asylverfahrens droht, sondern auch ob nach einer etwaigen Anerkennung als Asylberechtigter eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten ist (EuGH, U.v. 19.3.2019 - Jawo, C-163/17 - juris Rn. 87 ff.).
34
Die Lebensverhältnisse in Rumänien stellen sich für anerkannte arbeitsfähige, gesunde Erwachsene nicht als unzumutbar im Hinblick auf die Gewährleistung von „Brot, Bett und Seife“ (VGH BW, B.v. 27.5.2019 - A 4 S 1329/19 - juris Rn. 5) dar. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte sind in Rumänien rumänischen Staatsbürgern in allen maßgeblichen Bereichen gleichgestellt und können unter den gleichen Voraussetzungen staatliche und karitative Hilfe in Anspruch nehmen, um ihre Grundbedürfnisse zu decken.
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Im Einzelnen geht das Gericht dabei von folgender tatsächlicher Situation aus:
36
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben in Rumänien Zugang zu Bildung, Wohnungen, Arbeit, Krankenversorgung und Sozialleistungen, wobei der faktische Zugang nicht überall im Land gleich einfach ist. Integrationsprogramme, insbesondere mit Fokus auf die kulturelle Orientierung und den Spracherwerb, werden angeboten (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Rumänien, Stand 14.6.2019, S. 12 ff., Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Hannover vom 4.2.2022). Bei einer Rückkehr nach Rumänien wird versucht, die Personen in dem Stadium wieder in das Integrationsprogramm einsteigen zu lassen, in dem sie es verlassen haben (Auswärtiges Amt, S. 1). Antragsteller mit Flüchtlingsstatus erhalten zunächst eine dreijährige Aufenthaltsbewilligung, subsidiär Schutzberechtigte eine zweijährige, die jeweils problemlos verlängert werden kann. Eine permanente Aufenthaltsbewilligung ist ab einem rechtmäßigen Aufenthalt von mindestens fünf Jahren möglich, wenn weitere Voraussetzungen wie etwa Sprachkenntnisse des Rumänischen, Krankenversicherung und Unterkunft erfüllt sind (BFA, S. 12; AIDA, Country Report Romania, Update 2019, S. 132, 134 f.).
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Soweit Begünstigte internationalen Schutzes nach ihrer Anerkennung über keine eigenen finanziellen Mittel verfügen, können sie, wenn sie an einem Integrationsprogramm teilnehmen, jedenfalls für sechs weitere Monate in den regionalen Unterbringungszentren verbleiben. In Ausnahmefällen ist eine Verlängerung um weitere sechs Monate möglich. Dafür müssen sie zwar grundsätzlich - vulnerable Personen ausgenommen - eine Miete von 1,40 EUR pro Tag im Winter und 1,20 EUR pro Tag im Sommer entrichten. Allerdings wird für die Unterbringungszentren in Timișoara, Şomcuta Mare, Rădăuţi, Galaţi und Giurgiu berichtet, dass in den ersten zwei bzw. drei Monaten nach der Anerkennung keine Miete zu entrichten ist. Darüber hinaus scheint die NGO Jesuit Refugee Service Romania über das Projekt „A New House“ in allen Regionalzentren mindestens teilweise die dann noch anfallenden Mietkosten zu übernehmen (AIDA, S. 146 f.). Außerhalb der Unterbringungszentren haben die anerkannten Schutzberechtigten wie rumänische Staatsbürger Zugang zum Sozialwohnungsprogramm. Soweit staatlicherseits keine Sozialwohnung zur Verfügung gestellt werden kann, wird für maximal ein Jahr ein Mietzuschuss von bis zu 50% für die Anmietung einer sonstigen Wohnung gewährt (AIDA, S. 147 f.; Auswärtiges Amt, S. 3).
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An Sozialleistungen wird den international Schutzberechtigten, wenn sie an einem Integrationsprogramm teilnehmen, für ein Jahr eine monatliche Leistung von circa 110,00 EUR (sowie ein Sprachkurs) zur Verfügung gestellt (BFA, S. 13). Der Zugang zum Arbeitsmarkt besteht grundsätzlich einschränkungslos, zudem werden Anerkannte mit der Teilnahme am Integrationsprogramm automatisch als Arbeitssuchende bei der rumänischen Arbeitsagentur registriert. Gleichwohl gibt es teils praktische Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche, etwa dergestalt, dass es vielen international Schutzberechtigten an nachweisbaren Schul-, Berufs- oder Studienabschlüssen fehlt und sie somit von bestimmten Positionen ausgeschlossen sind oder die rumänische Sprache nicht ausreichend beherrscht wird (AIDA, S.148 ff.). Hinsichtlich der allgemeinen Arbeitsmarktlage wird auf das Dargestellte verwiesen.
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Auch die gesundheitliche Versorgung von anerkannten Schutzberechtigten ist ausreichend gewährleistet. Sie haben unter den gleichen Bedingungen wie rumänische Staatsbürger Anspruch auf eine Krankenversicherung. Eine freiwillige Versicherung ist auch für Nichterwerbstätige möglich, die Kosten sind jedoch selbst zu tragen (Auswärtiges Amt, S. 4), wobei NGOs teils die Kosten für die Krankenversicherung übernehmen (AIDA, S. 159 f.). Psychische Krankheiten wie Traumata werden behandelt. Auch soweit es praktische Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu überwinden gilt, sind NGOs behilflich.
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Unter Berücksichtigung des strengen rechtlichen Maßstabes für die Annahme einer Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh bezüglich der Versorgungs- und Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter, der im Hinblick auf eine eigenverantwortliche Lebensführung anzulegen ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - Ibrahim, C-297/17 u.a. - juris Rn. 93 f.; EuGH, U.v. 19.3.2019 - Jawo, C-163/17 - juris Rn. 97), ist unter summarischer Prüfung des Vortrags des Antragstellers und der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Rumänien eine solche Verletzung für ihn im Falle einer Anerkennung nach alledem nicht ernsthaft („real risk“ - vgl. OVG RhPf, B.v. 17.3.2020 - 7 A 10903/18.OVG - BeckRS 2020, 5694 Rn. 28 unter Verweis auf VGH BW, U.v. 3.11.2017 - A 11 S 1704/17 - juris Rn. 184 ff. m.w.N. zur Rspr. des EGMR) zu befürchten.
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d) Nachdem auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG für den Antragsteller in Bezug auf Rumänien nicht ersichtlich ist, erweist sich die Abschiebungsanordnung im Ergebnis als voraussichtlich rechtmäßig. Hinsichtlich eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK stellen sich keine anderen oder zusätzlichen rechtlichen Fragen. Auf die obigen Darstellungen wird verwiesen.
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Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit - sind im Hinblick auf die allgemeine humanitäre Lage erst recht nicht erfüllt (vgl. rechtlich hierzu BVerwG, B.v. 23.8.2018 - 1 B 42.18 - juris Rn. 13; VGH BW, U.v. 12.10.2018 - A 11 S 316/17 - juris). Eine ernsthafte und (noch) behandlungsbedürftige Erkrankung hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Der bloße Verweis auf Schmerzen in Fuß genügt ohne Vorlage von ärztlichen Bescheinigungen genügt hierfür nicht. Wie oben dargelegt sind notwendige medizinische Behandlungen in Rumänien auch möglich und erreichbar.
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e) Mit der Zustimmung Rumäniens zur Wiederaufnahme des Antragstellers und der Aufforderung, den Flughafen Otopeni International Airport für die Überstellung zu nutzen, steht auch die tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung i.S.v. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG fest. Etwaige inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, die im Rahmen der Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anders als bei der Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt zu prüfen sind (Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 28. Ed. 1.10.2020, § 34a AsylG Rn. 9 ff.), sind nicht ersichtlich. Weitläufige verwandtschaftliche Beziehungen in Deutschland genügen dafür nicht.
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2. Die Kostenentscheidung des damit erfolglosen Antrags ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
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3. Aus den dargelegten Gründen kamen dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten zu und wird deshalb auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers abgelehnt, § 166, §§ 114 ff. ZPO.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.