VGH München, Urteil v. 07.10.2022 – 9 N 21.190
Titel:
Normenkontrolle gegen Bebauungsplan - artenschutzrechtliche Konflikte
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, Abs. 7
BNatSchG § 44 Abs. 1, Abs. 5 S. 3
BauNVO § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2, § 8 Abs. 1
Leitsätze:
1. Ein Plangeber hat, auch wenn nicht die Planung selbst, sondern erst ihr Vollzug zu einem Verstoß gegen die besonderen artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG führen kann, schon im Planaufstellungsverfahren vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse stoßen; ein Bebauungsplan ist vollzugsunfähig und damit nicht erforderlich iSe § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB, wenn seiner Umsetzung zwingende artenschutzrechtliche Verbote des § 44 BNatSchG entgegenstehen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein der Wille eines Grundstückseigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, führt regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Festsetzung. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Emissionsverhalten eines Betriebs oder einer Anlage, ausgedrückt in einer Schallabstrahlung pro Quadratmeter, ist eine Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauNVO, nach der das Gebiet gegliedert werden kann. Dazu eignen sich Lärmemissionskontingente nach der DIN 45691. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. § 1 Abs. 4 S. 2 BauNVO ermöglicht neben der internen auch eine externe Gliederung eines Baugebiets. Eine baugebietsübergreifende Gliederung setzt voraus, dass neben dem emissionskontingentierten Gewerbegebiet noch (mindestens) ein Gewerbegebiet als Ergänzungsgebiet vorhanden ist, in dem nur solche Emissionsbeschränkungen gelten, dass grundsätzlich alle im Rahmen von § 8 Abs. 1 BauNVO zulässigen Gewerbebetriebe ermöglicht werden. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Bebauungsplan, Vollzugshindernis Artenschutz, Durchsetzbarkeit vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen auf einem privaten Grundstück, Veränderung der Sachlage bis zur Bekanntmachung im ergänzenden Verfahren, Emissionskontingentierung, baugebietsübergreifende Gliederung, Abwägungsmangel, Konflikttransfer
Fundstelle:
BeckRS 2022, 31617
Tenor
I. Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Antragsteller wendet sich mit seinem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 4597 „Östlich der M2. Straße“ in der Fassung der Änderung und Ergänzung vom 8. Juli 2020.
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Das Bebauungsplangebiet liegt im südöstlichen Stadtgebiet von Nürnberg zwischen den Bahnlinien Nürnberg/Rangierbahnhof - Fischbach und Nürnberg/Rangierbahnhof - Vorbahnhof, westlich der M2. Straße (B 8). Sein Geltungsbereich umfasst mit dem Grundstück FlNr. … Gemarkung L. und dem Grundstück FlNr. …10 sowie einer Teilfläche des Grundstücks FlNr. …3, jeweils Gemarkung G., insgesamt ca. 1,96 ha.
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Mit dem Bebauungsplan sind im Wesentlichen in einer nordöstlich gelegenen Teilfläche des Plangebiets zwei eingeschränkte Gewerbegebiete GE(e)1 und GE(e) 2 sowie ansonsten Verkehrsflächen und die Gewerbegebiete umgebende private Grünflächen festgesetzt. Im Anschluss an die M2. Straße (öffentliche Straßenverkehrsfläche) soll westlich ein bis zu ca. 15 m breiter Grünstreifen mit Baum- und Strauchbewuchs entstehen. Östlich der Gewerbeflächen ist eine private Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“, „Hier: Fläche zum Erhalt und zur Entwicklung von Magervegetation (CEF-Maßnahme für Zauneidechse und Nachtkerzenschwärmer)“ sowie einer Heckenpflanzung festgesetzt. Nördlich und südlich der Gewerbeflächen sind ca. 5 m breite Streifen für die Erhaltung und zum Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern („hier Schutz des Wurzelbereichs“) geplant.
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Zu den eingeschränkten Gewerbegebietsflächen finden sich im Textteil zur Art der baulichen Nutzung unter § 2 Nr. 1.2 Erläuterungen und eine Tabelle, in der den Teilflächen GE(e)1 und GE(e)2 jeweils Schallemissionskontingente nach DIN 45691 „tags“ und „nachts“ zugeordnet sind. Eine zweite Tabelle betrifft Zusatzkontingente für „tags“ und „nachts“ in „Richtung IO3 und IO₂“. Die Festsetzungen unter Nrn. 1.1 und 1.3 bis 1.5 enthalten Regeln zur Zulässigkeit bestimmter Arten und Unterarten von Nutzungen. Die textlichen Festsetzungen enthalten außerdem unter § 2 Nr. 14 „Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“. Insbesondere trifft Nr. 14.1 die Festsetzung, dass die private Grünfläche mit Zweckbestimmung „Schutzgrün“ (CEF-Maßnahme) gemäß des Pflege- und Maßnahmenkonzepts in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung zu diesem Bebauungsplan (saP, A. 2014) zu gestalten ist. Weiter ist festgesetzt, dass, um Lebensräume der Zauneidechse und des Nachtkerzenschwärmers zu erhalten und weiterzuentwickeln, ca. 80% der 0,53 ha großen Fläche als extensives Grünland bzw. als Ruderalflur zu gestalten und ein- bis zweimal jährlich zu mähen ist, aufkommende Gehölze sind regelmäßig auf Stock zu setzen. Im Südosten ist ein Reptilienmeiler mit dauerhaft zu erhaltenden Rohbodenstellen und einer Flächengröße von 4 m mal 10 m anzulegen. Ca. 15% der Gesamtfläche sind der natürlichen Sukzession (Verbuschung) zu überlassen (Pflege: Gehölze einmal alle fünf Jahre auf den Stock setzen).
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Der Stadtrat der Antragsgegnerin beschloss am 12. März 2015 den Bebauungsplan Nr. 4597 mit Grünordnung „Östlich der M2. Straße“ in der Fassung vom 17. Oktober 2014 als Satzung. Er wurde am 8. April 2015 durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und am 22. April 2015 ortsüblich bekanntgemacht.
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Am 28. Mai 2020 beschloss der Stadtplanungsausschuss der Antragsgegnerin die Satzung zur Änderung und Ergänzung des Bebauungsplans Nr. 4597. Sie umfasst insbesondere Änderungen bzw. Ergänzungen zum Textteil zu § 2 Nr. 1.2 betreffend die Schallemissionskontingentierung und Nr. 1.3 (Aufnahme von Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäuden als zulässiger Nutzung). Der Begründung zur Änderungs- und Ergänzungssatzung, die am 25. Juni 2020 ausgefertigt und am 8. Juli 2020 öffentlich bekanntgemacht wurde, sind zudem Ausführungen zu einer gebietsübergreifenden Gliederung der Gewerbegebietsflächen nach Emissionskontingenten zu entnehmen.
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Bereits am 10. November 2015 stellte der Antragsteller als Eigentümer der Grundstücke … Gemarkung L. und FlNr. …10 Gemarkung G. einen Normenkontrollantrag, den er erstmals mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 begründete. Mit Schriftsatz vom 22. April 2021 erstreckte er seinen Normenkontrollantrag auf die Änderungs- und Ergänzungssatzung. Der Bebauungsplan in der Fassung der 1. Änderung vom 8. Juli 2020 sei unwirksam, weil die Festlegung von Schallemissionskontingenten einschließlich Zusatzkontingenten einer Rechtsgrundlage entbehre. Die Festsetzungen könnten nicht auf § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gestützt werden. Es fehle auch nach der Ergänzung durch die Worte „je m² Grundstücksfläche“ der erforderliche Betriebs- oder Anlagenbezug. Daher würden Summenpegel bzw. verkappte Zaunwerte geregelt. Es sei hier die Ansiedlung mehrerer Betriebe oder Anlagen möglich, sodass es zu einem „Windhundrennen“ kommen könne. Die private Grünfläche „Straßenbegleitgrün“ sei mit 15 m Breite unverhältnismäßig breit. Dies führe zu einem Mangel im Abwägungsergebnis. An der Ostseite der M2. Straße gebe es nur eine einreihige Baumkulisse. Um diese über das Grundstück des Antragstellers zu führen, sei die Festsetzung einer Fläche als Straßenrandbegrünung mit 10 m ausreichend. Die sogenannten CEF Maßnahmen nach Nr. 14 der textlichen Festsetzungen in Verbindung mit der Festsetzung der Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft seien unwirksam, weil die als erforderlich angesehenen und festgesetzten Maßnahmen gegenüber dem Grundstückseigentümer nicht durchsetzbar seien, etwa wenn ein Pächter einer gewerblichen Grundstücksteilfläche einen Bauantrag stelle. § 44 BNatSchG gehöre auch nicht zum Prüfprogramm im Baugenehmigungsverfahren. Es liege somit ein Vollzugshindernis und damit ein Verstoß gegen das Gebot der Erforderlichkeit vor. Nach der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung befänden sich auf der Gewerbegebietsfläche GE(e)1 auch schon gar keine geschützten Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Zauneidechse, sodass der Artenschutz einem Bauvorhaben auf dieser Fläche nicht entgegenstehe. Einzelne dort aufgefundene Exemplare könnten umgesiedelt (vergrämt) werden. Überdies seien bereits 2016 eine rasche Änderung des Bewuchses und der damit einhergehende Habitatverlust fachlich prognostiziert worden. Der Antragsteller habe die mit Bebauungsplan festgesetzten CEF-Maßnahmen bislang nicht umgesetzt. Fraglich sei daher, wie sich der Habitatzustand heute darstelle und ob nicht die Antragsgegnerin einer Überwachungspflicht hinsichtlich der städtebaulichen Rechtfertigung der Festsetzungen zum Artenschutz unterliege. Sie könnten zudem funktionslos geworden sein. Im Hinblick auf die ursprünglich gerügte Unbestimmtheit des Bebauungsplans hinsichtlich der zulässigen Nutzungen werde der Ergänzung des Bebauungsplans um Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude als zulässiger Nutzungsart nicht widersprochen.
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Der Antragsteller stellt zuletzt den Sachantrag,
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den Bebauungsplan Nr. 4597 der Antragsgegnerin in der Fassung der 1. Änderung vom 8. Juli 2020 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Soweit auf zwei Teilflächen des Plangebietes Schallemissionskontingente und Zusatzkontingente festgesetzt würden, sei bestimmt, dass dies nach der DIN 45691 sowie nach der TA Lärm erfolgen solle. Dies sei ein zulässiger und insbesondere flächenbezogener Maßstab für das Emissionsverhalten eines Betriebs oder einer Anlage im Sinne einer Eigenschaft nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO. Der als private Grünfläche festgesetzte Grünstreifen, der die Bauflächen zur M2. Straße hin abgrenze und eine Breite von ca. 12 bis 15 m habe, befinde sich im Süden vollständig, im Norden anteilig innerhalb eines im Planteil eingezeichneten 20 m-Abstandes zur äußeren Fahrbahnbegrenzung der M2. Straße als einer Bundesstraße außerhalb des Erschließungsbereichs. Innerhalb des Grünstreifens verlaufe eine Trinkwasserleitung des örtlichen Versorgungsträgers. Der erforderliche Schutzstreifen (4 m beidseitig der Leitung) sei als Fläche mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten festgesetzt. Nach § 2 Nr. 8.4 des Bebauungsplans sei vor dem Grünstreifen ein Werbepylon in einer Höhe von bis zu 9 m zulässig. Die Breite des Grünstreifens sei erforderlich und nicht unverhältnismäßig. Die Abwägung sei nicht fehlerhaft.
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Die Umsetzung der CEF-Maßnahmen sei dadurch gesichert, dass die untere Bauaufsichtsbehörde bei der Antragsgegnerin die Erteilung von Baugenehmigungen im Plangebiet, etwa durch Nebenbestimmungen, davon abhängig machen könne, dass die Umsetzung und Wirksamkeit der CEF-Maßnahmen sichergestellt sei. Der Antragsteller könne die Fläche für die CEF-Maßnahme auch der Gemeinde zur Übernahme anbieten. Darüber hinaus verblieben der Antragsgegnerin die Eingriffsbefugnisse als untere Naturschutzbehörde. Sie könne Maßnahmen treffen, um die Beachtung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote sicherzustellen. Dass ein Pächter einer Teilfläche im Plangebiet nicht in der Lage sein könne, die festgesetzten CEF-Maßnahmen umzusetzen, führe nicht zur fehlenden Vollziehbarkeit des Bebauungsplans.
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In der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2022 haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge wiederholt. Der Antragsteller ergänzte seinen Sachantrag um den prozessualen Hilfsantrag, die Revision zuzulassen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Planaufstellungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
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I. Die vorgenommene Antragsänderung, anstelle des Bebauungsplans in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 2015 nunmehr den Bebauungsplan Nr. 4597 mit Grünordnung „Östlich der M2. Straße“ in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 2022 für unwirksam zu erklären, ist ohne Weiteres sachdienlich im Sinn von § 91 Abs. 1 VwGO und daher zulässig (vgl. BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 14 f.). Die Antragsänderung dient der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffs zwischen den Parteien im laufenden Verfahren.
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II. Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist zulässig. Er wurde innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Der Antragsteller ist insbesondere antragsbefugt, weil er Eigentümer zweier im Plangebiet liegender Grundstücke ist und sich gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die seine Grundstücke unmittelbar betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 - 4 BN 17.17 - juris Rn. 5 m.w.N.).
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III. Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
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1. Der Bebauungsplan Nr. 4597 mit Grünordnung „Östlich der M2. Straße“ in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 2022 leidet an keinem zu seiner Unwirksamkeit führenden formellen Fehler. Der Antragsteller hat hierzu nichts vorgetragen. Beachtliche Form- oder Verfahrensfehler sind auch nicht ersichtlich, zumal solche Mängel nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzungen schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden sind. Ihrer Hinweispflicht gemäß § 215 Abs. 2 BauGB ist die Antragsgegnerin bei beiden Bekanntmachungen nachgekommen.
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2. Der Bebauungsplan ist auch nicht aus materiellen Gründen unwirksam.
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a) Es fehlt nicht an der städtebaulichen Erforderlichkeit bzw. Planrechtfertigung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
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aa) Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 - 4 BN 2.17 - juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, U.v. 30.7.2021 - 9 N 18.1995 - juris Rn. 18). Nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit des Plans, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - juris Rn. 10 m.w.N.).
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Den vorstehenden Anforderungen entspricht der Bebauungsplan Nr. 4597 in seiner geänderten bzw. ergänzten Fassung. Mit ihm regelt die Antragsgegnerin für eine brachgefallene Fläche innerhalb ihres Stadtgebiets, auf der sich ehemals bauliche Anlagen für sportliche Zwecke (Tennishallen und -plätze) befanden, eine (auch zukünftig) gewerbliche Nutzung, wie sie schon der Flächennutzungsplan für eine westliche Teilfläche des Plangebiets, neben einer östlich dort vorgesehenen Grünfläche, darstellt. Zudem verfolgt die Antragsgegnerin zulässige grünordnerische Ziele bzw. Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.2003 - 4 BN 9.03 - juris Rn. 6). Insgesamt soll die städtebauliche Situation an einer H. straße der Antragsgegnerin geordnet sowie aufgewertet und attraktiv gestaltet werden. Die Festsetzung einer mit Pflanzgeboten versehenen privaten Grünfläche im Westen soll dabei dem Lückenschluss der aus Baum- und Heckenpflanzen bestehenden Straßenbegrünung an der M2. Straße dienen. Mit der Festsetzung der östlichen privaten Grünfläche sollen bestehende gewachsene Grünstrukturen in Fortsetzung der die Bahnlinien begleitenden Grünflächen am Ortsrand von L. und südlich der Siedlung B., denen hohe Bedeutung für die Kaltluftströme in diesem Bereich zugesprochen wird und denen auch Pufferwirkung für die südöstliche Wohnbebauung gegenüber den Gleisanlagen zukommt, unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für den Artenschutz gesichert werden. Im Hinblick auf die geplanten Gewerbegebietsflächen wurde sie als aufzuwertende und zu optimierende Ausgleichsfläche für sogenannte CEF-Maßnahmen für Vorkommen der Zauneidechse sowie des Nachtkerzenschwärmers festgesetzt. Außerdem ist sie mit der Zweckbestimmung des Erhalts einer gemäß § 30 BNatSchG i.V.m. Art. 23 BayNatSchG geschützten Fläche mit magerer Altgrasflur versehen, zielt also auf den Biotopschutz ab. Die nördlich und südlich festgesetzten Grünstreifen dienen schließlich dem Erhalt der Baumbestände (Schutz des Wurzelbereichs) auf den Bahnböschungen (vgl. Begründung, Stand Februar 2015, Nr. 2, S. 5; Nr. 4, S. 16; Nr. 4.6.1, S. 18; Nr. 4.16, S. 28; Nr. 4.20, S. 30).
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bb) Dem Bebauungsplan stehen auch keine, sich aus den zwingenden artenschutzrechtlichen Verboten des § 44 BNatSchG ergebenden Vollzugshindernisse entgegen.
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(1) Die Antragsgegnerin durfte davon ausgehen, dass die geplante gewerbliche Nutzung keine artenschutzrechtlichen Konflikte heraufbeschwört, die in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren nicht zu bewältigen sind.
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Ein Plangeber hat, auch wenn nicht die Planung selbst, sondern erst ihr Vollzug zu einem Verstoß gegen die besonderen artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG führen kann, schon im Planaufstellungsverfahren vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen auf unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse stoßen; ein Bebauungsplan ist vollzugsunfähig und damit nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn seiner Umsetzung zwingende artenschutzrechtliche Verbote des § 44 BNatSchG entgegenstehen (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.1997 - 4 NB 12.97 - juris Rn. 12 ff.; BayVerfGH, E.v. 3.12.2013 - Vf. 8-VII-13 - BayVBl 2014, 237 ff. = juris Rn. 34 ff.; E.v. 18.2.2016 - Vf. 5-VII-14 - juris Rn. 45 m.w.N.; BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 31; HessVGH, B.v. 7.6.2022 - 3 B 357/22.N - juris Rn. 25 m.w.N.). Die Ermittlungspflicht des Plangebers beschränkt sich im Rahmen der Bauleitplanung auf die Frage, ob die Umsetzung des Bebauungsplans zwangsläufig an artenschutzrechtlichen Hindernissen scheitern muss (vgl. BayVerfGH, E.v. 18.02.2016 a.a.O.; vgl. auch BVerfG, B.v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 - BVerfGE 149, 407 = juris Rn. 23). Lässt sich eine Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände beim Planvollzug nicht ausschließen, bedarf es der Klärung, ob die Umsetzung der vorgesehenen Festsetzungen nicht durch die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) oder Befreiung (§ 67 Abs. 2 BNatSchG) ermöglicht werden kann. Gleiches gilt für die Anordnung von funktionserhaltenden Vermeidungs- oder vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen im Sinn des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG, die durch das Vorhaben beeinträchtigte Fortpflanzungs- und Ruhefunktionen der geschützten Art bereits im Zeitpunkt der Durchführung des Eingriffs oder des Vorhabens in gleichartiger Weise gewährleisten (sog. CEF-Maßnahmen: „measures to ensure the continued ecological functionality of breeding sites or resting places“; vgl. HessVGH, U.v. 15.12.2021 - 3 C 1465/16.N - juris Rn. 169, 174 m.w.N.), sodass ein Verstoß gegen die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kraft Gesetzes ausgeschlossen wird. Sind solche Maßnahmen möglich, ist das Vollzugshindernis überwindbar und ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausgeschlossen (BayVerfGH, E.v. 18.2.2016 a.a.O. m.w.N.; BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 32; HessVGH, B.v. 7.6.2022 - 3 B 357/22.N - juris Rn. 25).
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Vorliegend hat die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung der A. … … … GbR vom September 2014 (im folgenden saP) ergeben, dass zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität, um Beeinträchtigungen lokaler Populationen der Zauneidechse und des Nachtkerzenschwärmers zu vermeiden, sogenannte CEF-Maßnahmen, also zeitlich vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG, erforderlich sind. Im status quo sei im Geltungsbereich des Bebauungsplans von einer mittleren bis guten Habitatqualität auf einer Fläche von rund 0,991 ha für die Zauneidechse auszugehen. Die Populationsgröße könne auf rund 137 Exemplare geschätzt werden. Eine derart starke Population beanspruche bei sehr guter Habitatausstattung eine Fläche von 0,53 ha (s. saP, S. 5 f.). Die Antragsgegnerin hat daher, weil andere geeignete externe Flächen nicht erkennbar zur Verfügung standen (vgl. Begründung, Stand Februar 2015, S. 35; vgl. zum notwendigen räumlichen Zusammenhang Gellermann in Landmann/Rohmer UmweltR, Stand April 2022, BNatSchG § 44 Rn. 54 ff. m.w.N.), eine entsprechend große private Grünfläche für CEF-Maßnahmen, die ihrer Optimierung als Lebensraum dienen, planungsrechtlich gesichert und solche Maßnahmen zudem unter Nr. 14.1 unter Bezugnahme auf die saP auch textlich festgesetzt (vgl. auch HessVGH, U.v. 15.12.2021 a.a.O. Rn. 175). Darüber hinaus dient die Grünfläche auch als vorgezogene Ausgleichsfläche für den Nachtkerzenschwärmer bzw. als Ersatzfläche für seine im Zuge des Planvollzugs verlorengehenden Habitate (vgl. 14.3 der textlichen Festsetzungen).
29
Auf der Grundlage der Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 und 20 BauGB durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass auf diese Weise Flächenbeschaffungsproblemen auf der Genehmigungsebene begegnet werden kann (vgl. HessVGH, U.v. 15.12.2021 - 3 C 1465/16.N - juris Rn. 178; Lau in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 44 Rn. 102) und die von ihr geplante gewerbliche bauliche Nutzung keinen artenschutzrechtlichen Konflikt heraufbeschwört, der nicht im nachfolgenden Zulassungsverfahren durch einen vorgezogenen Ausgleich zu bewältigen ist (vgl. Gellermann in Landmann/Rohmer, UmweltR, BNatSchG § 44 Rn. 63; Gellermann in Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 1a Rn. 212; Wagner in Ernst/Zinkahn/BielenbergKautzberger, BauGB, Stand Februar 2022, § 1a Rn. 115; Lau a.a.O. Rn. 84). Soweit nach der saP ein Verstoß gegen das Tötungsverbot von Einzelindividuen bei der Umsiedlung oder Vergrämung der Zauneidechse aus den festgesetzten Gewerbegebietsflächen nicht auszuschließen ist (vgl. dort, S. 19, 21), hat die Regierung von Mittelfranken außerdem eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG in Aussicht gestellt (s. Schreiben vom 6.3.2014, Aufstellungsakte Bd. 2, Bl. 288 und Stellungnahme Umweltplanung v. 6.8.2014, Aufstellungsakte Bd. 2, Bl. 435; vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2011 - 9 A 12.10 - juris Rn. 119; Gellermann in Landmann/Rohmer a.a.O. Rn. 54).
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(2) Der Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplans steht auch nicht die fehlende Durchsetzbarkeit der auf der östlichen Grünfläche festgesetzten Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB entgegen.
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Dem Antragsteller ist zwar insoweit zu folgen, als § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB keine unmittelbare Umsetzungsverpflichtung des Grundstückseigentümers auslöst (vgl. BVerwG, U.v. 17.8.2007 - 4 BN 32.07 - NuR 2007, 614 = juris Rn. 7; U.v. 30.8.2001 - 4 CN 9.00 - BVerwGE 115, 77 = juris Rn. 25; VGH BW, U.v. 1.7.2020 - 8 S 2280/18 - juris Rn. 68 m.w.N.). Dieser Umstand muss aber nicht dazu führen, dass nach der anzustellenden Prognose die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Bebauungsplan bzw. einzelne seiner Festsetzungen realistischerweise nicht umgesetzt werden können (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101 = juris Rn. 14). Unter Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ist zu beurteilen, ob angesichts von Bekundungen des Nutzungsberechtigten davon auszugehen ist, dass die Verwirklichung der Festsetzung auf Dauer ausgeschlossen erscheint. Verallgemeinernd lässt sich indessen sagen, dass allein der Wille eines Grundstückseigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, regelmäßig nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Festsetzung führt (BVerwG, B.v. 24.2.2022 - 4 BN 49.21 - juris Rn. 4).
32
Hiernach ist von der Vollzugsfähigkeit der unter § 2 Nr. 14 im Bebauungsplan festgesetzten CEF-Maßnahmen auszugehen. Die Antragsgegnerin wird im Rahmen ihrer Zuständigkeiten als Baugenehmigungs- und zudem unterer Naturschutzbehörde die Umsetzung dieser Maßnahmen, die im direkten Zusammenhang mit naturschutzrechtlichen Eingriffen durch zukünftige gewerbliche Bauvorhaben stehen und diese erst ermöglichen sollen (vgl. BVerwG, B.v. 5.1.1999 - 4 BN 28.97 - juris Rn. 6), steuern können. Hierfür hat sie mit den getroffenen Flächen- und Maßnahmenfestsetzungen, denen ein Vorhaben im Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht widersprechen darf (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB), ausreichend Sorge getragen. Sie kann mit Blick darauf, dass ein Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG - also u.a. ein Vorhaben im Gebiet eines Bebauungsplans gemäß § 30 BauGB - den Artenschutz nach § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG i.V.m. den Sätzen 2 bis 4 des Abs. 5 stets einzuhalten hat (vgl. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 29 Rn. 30) und festgesetzte Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 BauGB gemäß § 135a BauGB vom Vorhabenträger durchzuführen sind (vgl. § 1a Abs. 3 Sätze 1 und 2 BauGB; vgl. auch BayVGH, B.v. 5.7.2022 - 9 N 20.1752 - juris Rn. 25; U.v. 17.7.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 31 m.w.N.), Nebenbestimmungen nach Art. 36 BayVwVfG zur Baugenehmigung, etwa Bedingungen oder Auflagen, treffen, die die Umsetzung der bei einem konkreten Bauvorhaben ggf. erforderlich werdenden vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen sicherstellen (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101 = juris Rn. 14; Wolfgang Schrödter/Andreas Möller in Schrödter, BauGB, § 1a Rn. 233 und § 9 Rn. 224). Denn aufgrund der Sachlage bis zum Abschluss des gesamten Planaufstellungsverfahrens, an der sich im Übrigen bis zur mündlichen Verhandlung auch nichts geändert hat, ergab sich für die Antragsgegnerin als Grundlage ihrer Prognose, dass der künftige Vorhabenträger bzw. Bauherr Eigentümer der festgesetzten Ausgleichsfläche ist bzw. sein wird und deshalb auf diese Zugriff nehmen kann (vgl. HessVGH, U.v. 2.12.2002 - 9 N 3208/98 - juris Rn. 65; Keller in Düsing/Martinez/Keller, Agrarrecht, 2. Aufl. 2022, BNatSchG § 44 Rn. 28 m.w.N.). Weil sich die Ausgleichsfläche sogar auf demselben Grundstück wie die geplanten Gewerbegebietsflächen befindet, ist sie zudem als Teil des Baugrundstücks vom Regelungsgehalt der Baugenehmigung für ein Bauvorhaben ohne weiteres erfasst (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.2010 - 2 BV 08.2599 - juris Rn. 44). Soweit der Antragsteller hiergegen das zwar grundsätzlich denkbare Szenarium einer Teilverpachtung der Gewerbefläche des Grundstücks FlNr. …53 Gemarkung L. anführt, muss dem nicht weiter nachgegangen werden. Die Antragsgegnerin musste ihrer Vollziehbarkeitsprognose solche unabsehbaren Entwicklungen nicht zugrunde legen und in ihre Überlegungen insbesondere nicht einbeziehen, dass der Eigentümer des Grundstücks die Bebaubarkeit der Gewerbegebietsflächen durch zukünftige privatrechtliche Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die einem vorgezogenen Ausgleich entgegenstehen, verhindern könnte (vgl. BVerwG, B.v. 24.2.2022 - 4 BN 49.21 - juris Rn. 4). Selbst einer späteren Grundstücksteilung kommt insoweit keine rechtliche Bedeutung zu (vgl. auch BVerwG, U.v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 - BVerwGE 166, 378 = juris Rn. 34 m.w.N.).
33
cc) Die Erforderlichkeit der zeichnerischen Festsetzung „Umgrenzung von Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft - Hier: Fläche zum Erhalt und Entwicklung von Magervegetation (CEF-Maßnahme für Zauneidechse und Nachtkerzenschwärmer)“ und textlichen Festsetzungen zu solchen CEF-Maßnahmen unter § 2 Nr. 14.1 zum Schutz der Zauneidechse ist auch nicht ganz oder teilweise durch nach dem ursprünglichen Satzungsbeschluss am 12. März 2015 bis zur Bekanntmachung der Änderungs- und Ergänzungssatzung am 8. Juli 2020 eingetretene Entwicklungen entfallen.
34
Zwar könnte ein ungültiger Bebauungsplan nicht nachträglich (wirksam) durch Nachholung des Verfahrens gemäß § 214 Abs. 4 BauGB (rückwirkend) in Kraft gesetzt werden, wenn sich die Verhältnisse so grundlegend verändert haben, dass er inzwischen einen funktionslosen Inhalt hat (vgl. BVerwG, U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - juris Rn. 11; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Kautzberger, BauGB, § 214 Rn. 135; Külpmann ebenda, § 10 Rn. 414; vgl. auch BayVGH, U.v. 16.9.2019 - 2 N 17.2477 - juris Rn. 43). Dasselbe gilt im Übrigen, wenn das ursprünglich unbedenkliche Abwägungsergebnis unverhältnismäßig wird und deshalb nicht mehr haltbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.1997 - 4 NB 40.96 - juris LS und Rn. 17 ff.; U.v. 10.8.2000 - 4 CN 2.99 - juris Rn. 17; B.v. 12.3.2008 - 4 BN 5.08 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 14.3.2019 - 1 ZB 17.2289 - juris Rn. 5; OVG RhPf, U.v. 20.1.2003 - 8 C 11016/02 - juris Rn. 36). Eine Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse dahingehend, dass von planerischen Festsetzungen, die Gegenstand der gemeindlichen Beschlussfassung waren, keine steuernde Wirkung mehr ausgehen kann (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.1997 a.a.O. Rn. 18), ist bis zur Bekanntmachung der Änderung und Ergänzung des Bebauungsplans Nr. 4597 am 8. Juli 2020 (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.1997 - 4 NB 12.97 - juris Rn. 14; B.v. 25.2.1997 - 4 NB 40.96 - juris Rn. 19; VGH BW, U.v. 18.4.2018 - 5 S 2105/15 - juris Rn. 130 m.w.N.; Wolfgang Schrödter/Martin Gellermann in Schrödter, BauGB, § 1a Rn. 181 m.w.N.) aber nicht eingetreten. Die festgesetzte CEF-Fläche dient (u.a.) dem vorgezogenen Ausgleich im Hinblick auf in den festgesetzten Gewerbeflächen durch Planumsetzung verlorengehende Lebensräume der Zauneidechse. Sie soll hierzu im Sinne der in den textlichen Festsetzungen unter Nr. 14.1 genannten Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft naturschutzfachlich aufgewertet werden. Es ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die hierzu festgesetzten Maßnahmen (z.B. „Auf-Stock-Setzen“ von Gehölzen, Vorgaben zur Mahd, Anlage eines Reptilienmeilers) nicht mehr möglich sein könnten.
35
Ebenso wenig ist erkennbar, dass die CEF-Fläche überdimensioniert sein könnte und für ihre Festsetzung kein Bedarf mehr besteht, weil 2020 nicht mehr von einem relevanten Zauneidechsenvorkommen im Plangebiet auszugehen war. Hierauf kann insbesondere auch nicht aufgrund der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 11. April 2022 erstmals vorgelegten Untersuchung zur Zauneidechse des Diplombiologen … … aus dem Juli 2016 geschlossen werden. Aus ihr ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte für solch grundlegende Veränderungen im Jahr 2020. Denn diese geht nach dem Fund zweier adulter Zauneidechsen anlässlich einer damaligen Begehung nach wie vor von einer individuenstarken Population und außerdem davon aus, dass trotz der außer auf der Schotterfläche anzunehmenden zügigen Sukzession bzw. Verbuschung durch Robinie und Birke, weshalb der Lebensraum wegen Verschattung für die Zauneidechse unattraktiv werde, an Übergangsbereichen zu offenen, unbeschatteten Stellen noch weiterhin geeignete Lebensräume vorhanden seien. So befand sich nach der Untersuchung im Jahr 2016 etwa eine als damals gut geeignet eingeschätzte, weitgehend unbeschattete Ruderalfläche mit nur 10 bis 20% Birkenaufwuchs und einzelnen Ginsterbüschen sowie offenen, spärlich bewachsenen Flächen im Anschluss an die noch unbewachsene, als Lebensraum ungeeignete Schotterfläche mit aufkommenden Birkenanflug im südlichsten und südöstlichen Teil. Die Untersuchung berücksichtigte im Übrigen nicht, dass nach der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom Juli 2014 die im Plangebiet zu verortende Population Teil einer durch umgebende Bahngleiskörper verbundenen Metapopulation ist, der aufgrund dauerhafter und guter Lebensraumausstattung ein guter Erhaltungszustand bescheinigt wurde. Zudem wurde der Beschlussfassung zur Satzung vom 28. Mai 2020 in Bezug auf eine Einwendung der Industrie- und Handelskammer zur Größe der Ausgleichsfläche zugrunde gelegt, dass noch 2019 Zauneidechsen im Plangebiet nachgewiesen werden konnten. Der Antragsteller, der als Eigentümer der maßgeblichen Grundstücke im Plangebiet ohne weiteres Zugang zu diesen hat, hat darauf verzichtet, dem fachlich substantiiert entgegenzutreten.
36
b) Es ist kein Bestimmtheitsmangel des Bebauungsplans festzustellen (vgl. BayVGH, U.v. 26.11.2020 - 9 N 17.2367 - juris Rn. 25).
37
Soweit der Antragsteller gegen den Bebauungsplan in seiner Ursprungsfassung eingewandt hat, es sei angesichts der Regelungstechnik der Antragsgegnerin unklar, ob Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig sein sollen, sind mit Art. 1 Nr. 1 der Änderungs- und Ergänzungssatzung zum Bebauungsplan Nr. 4597 Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude in § 2 Nr. 1.3 der Satzung nachträglich eingefügt worden. Damit wurde die Zulässigkeit derartiger Nutzungen klargestellt. Der Antragsteller hat dementsprechend mit Schriftsatz vom 22. April 2021 mitgeteilt, dass der Aufnahme dieser Nutzung nicht „widersprochen“ werde. Unabhängig davon ist in diesem Zusammenhang ein Bestimmtheitsmangel nicht ersichtlich. Die Gewerbegebietsfestsetzung beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 9, § 8 BauNVO. In § 2 Nr. 1.3 sind die allgemein zulässigen gewerblichen Nutzungen aufgezählt. Nr. 1.4 enthält eine Regelung zu ausnahmsweise zulässigen Nutzungen und unter Nr. 1.5 sind Nutzungen aufgeführt, die „auch nicht ausnahmsweise“ zulässig sein sollen. Dass die Aufzählung unzulässiger Nutzungen nicht abschließend sein soll, wird mit der Satzeinleitung „Insbesondere“ verdeutlicht.
38
c) Die nach dem zeichnerischen Teil des Plans und unter § 2 Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen i.V.m. Art. 1 Nr. 1 der Änderungs- und Ergänzungssatzung getroffene Festlegung von Emissionskontingenten nach DIN 45691 für den Tag und die Nacht, nach der sich in den Gewerbegebietsflächen die Zulässigkeit von Vorhaben (Betrieben und Anlagen) richten soll, ist von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 BauNVO gedeckt.
39
Das Emissionsverhalten eines Betriebs oder einer Anlage, ausgedrückt in einer Schallabstrahlung pro Quadratmeter, ist eine Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, nach der das Gebiet gegliedert werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 8 m.w.N.). Dazu eignen sich Lärmemissionskontingente nach der DIN 45691 (BVerwG, U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - juris Rn. 12 ff. m.w.N.; BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 36 m.w.N.). Für die geforderte Gliederung muss das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt werden (BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 15; BayVGH, U.v. 14.3.2022 - 9 N 19.1989 - juris Rn. 21 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Bebauungsplan. Im Plangebiet sind zwei Gewerbegebiete GE(e)1 und GE(e)2 und damit Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 BauNVO planintern festgesetzt und der vorgenommenen Emissionskontingentierung unterworfen. Für die beiden Gewerbegebietsflächen gelten verschieden hohe Kontingente mit 57 bzw. 60 dB(A) für den Tag und 42 bzw. 45 dB(A) für die Nacht.
40
Ob innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans auch die weitere Anforderung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an eine Gewerbegebietsuntergliederung erfüllt ist, wonach es in Anbetracht der Kontingentierung in zumindest einem Teilgebiet möglich bleiben muss, dass sich dort entsprechend der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Gebiets nicht erheblich belästigende Betriebe aller Art ansiedeln können (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 15; vgl. auch B.v. 20.2.2021 - 4 BN 37.21 - juris Rn. 9 m.w.N. zum Industriegebiet), kann dahinstehen. Dies könnte hier hinsichtlich der gebietsinternen Gewerbegebietsgliederung in Anbetracht der Emissionskontingente für die Nacht von 42 bis 45 dB(A) und der nur für die Immissionsorte (IO₂ und IO3) festgesetzten Zusatzkontingente (vgl. Anhang A3 zu DIN 45691) zweifelhaft sein (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2021 - 4 CN 8.19 - juris Rn. 12 ff. m.w.N.; BayVGH, U.v. 14.3.2022 - 9 N 19.1989 - juris Rn. 22). § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO ermöglicht aber neben der internen auch eine externe Gliederung (vgl. BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - juris Rn. 34). Eine solche baugebietsübergreifende Gliederung setzt ebenfalls voraus, dass neben dem emissionskontingentierten Gewerbegebiet noch (mindestens) ein Gewerbegebiet als Ergänzungsgebiet vorhanden ist, in dem nur solche Emissionsbeschränkungen gelten, dass grundsätzlich alle im Rahmen von § 8 Abs. 1 BauNVO zulässigen Gewerbebetriebe ermöglicht werden. Der gebietsübergreifenden Gliederung muss zudem ein darauf gerichteter planerischer Wille der Gemeinde zugrunde liegen und ersichtlich sein (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - juris; B.v. 21.10.2019 - 4 BN 24.19 - juris Rn. 5).
41
Die Antragsgegnerin hat in der Begründung zur Änderungs- und Ergänzungssatzung einen insoweit ausreichenden Bezug zu mehreren im Einzelnen benannten Bebauungsplänen mit Festsetzungen zu unbeschränkten Gewerbegebieten hergestellt und damit ihren auf die Gliederung gerichteten planerischen Willen dokumentiert. Die aufgezählten Gewerbeflächen sollen auch zukünftig nicht mit einer Emissionskontingentierung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO belegt werden (vgl. Begründung zur Änderungs- und Ergänzungssatzung, S. 4), was im Übrigen durch entsprechende Vermerke in den jeweiligen Verfahrensakten sichergestellt werden soll. Der u.a. aufgeführte Bebauungsplan Nr. 3689 („Für die T. Straße zwischen Anwesen Haus Nr. 72 und M2. Straße“) stellt zwar eine reine Straßenplanung dar und dürfte irrtümlich mit aufgezählt worden sein. Dass hier noch mehrere unbeschränkte Gewerbegebiete als Ergänzungsgebiete vorhanden sind und der planerische Wille der Gemeinde auf eine gebietsübergreifende Gliederung gerichtet ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2022 - 2 N 21.184 - juris Rn. 20), ist dadurch aber nicht in Frage gestellt. Es ist auch nicht zu ersehen, wie diese fehlerhafte Bezugnahme auf einen einzelnen Bebauungsplan Einfluss auf das Abwägungsergebnis gehabt haben könnte; zudem wäre ein entsprechender Abwägungsfehler nicht rechtzeitig gerügt worden (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB; OVG NW, U.v. 10.11.2021 - 7 D 28/19.NE - juris Rn. 58 ff.).
42
d) Der Bebauungsplan leidet auch nicht an einem beachtlichen Abwägungsmangel.
43
Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. § 2 Abs. 3 BauGB ergänzt dieses materiell-rechtliche Abwägungsgebot um die Verfahrensanforderung (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB), dass die abwägungserheblichen Belange in wesentlichen Punkten (zutreffend) zu ermitteln und zu bewerten sind. Zu ermitteln und zu bewerten und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind alle Belange, die in der konkreten Planungssituation nach Lage der Dinge in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden müssen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Dabei differenziert das Gesetz in Bezug auf die Fehlerfolgenregelungen zwischen Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2022 - 9 N 20.1752 - juris Rn. 23). Für die Abwägung ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (BayVGH, U.v. 26.11.2020 - 9 N 17.2367 - juris Rn. 29).
44
aa) Ein Fehler im Abwägungsvorgang wurde jedenfalls nicht fristgerecht geltend gemacht (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB). Soweit der Antragsteller im Normenkontrollverfahren mit Schriftsätzen vom 10. Oktober 2016, 24. Februar 2017 und 11. April 2022 eine fehlerhafte Abwägung in Bezug auf die Grünflächenfestsetzungen bzw. die festgesetzten CEF-Maßnahmen gerügt hat (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 43), erfolgte dies sowohl in Bezug auf die Bekanntmachung des Bebauungsplans am 22. April 2015 als auch die Bekanntmachung der Änderungs- und Ergänzungssatzung am 8. Juli 2020 jeweils verspätet.
45
bb) Ein Fehler im Abwägungsergebnis, der nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich werden kann, selbst wenn er nicht binnen Jahresfrist gerügt wird, liegt ebenfalls nicht vor.
46
Von einem Fehler im Abwägungsergebnis ist auszugehen, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Interessen und Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zu ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht, und deshalb die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten sind (BVerwG, U.v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12, Rn. 22 f.; U.v. 1.9.2016 - 4 C 2.15 - juris Rn. 16). Dies ist in Fällen der Abwägungsdisproportionalität gegeben (vgl. BayVGH, U.v. 18.1.2017 - 15 N 14.2033 - juris Rn. 61), wenn ein Vorhaben mit Opfern erkauft werden muss, die außer Verhältnis zu dem mit ihm erstrebten Planungserfolg stehen, nicht aber bereits dann, wenn bei einer - vertretbaren - anderen Gewichtung der Belange, die für, und derjenigen, die gegen das Vorhaben sprechen, das Ergebnis auch anders hätte ausfallen können (BayVGH, U.v. 10.12.2020 - 1 N 16.682 u.a. - juris Rn. 41; vgl. auch BVerwG, U.v. 5.12.1986 - 4 C 13.85 - juris LS 14). Ebenso wenig genügt für einen Abwägungsergebnismangel, dass eine Gemeinde im Bebauungsplan (nur) objektiv etwas Anderes festgesetzt hat, als sie festsetzen wollte oder dass die Abwägung vollständig ausgefallen ist (BVerwG, U.v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 = juris Rn. 22).
47
(1) Soweit der Antragsteller die Festsetzung der westlichen privaten Grünfläche entlang der M2. Straße hinsichtlich ihrer Breite für unverhältnismäßig hält, führt dies nicht zu einem Mangel im Abwägungsergebnis.
48
Nach der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 4597 soll zur Eingrünung der gewerblichen Bauflächen und zur Aufwertung des Straßenraums der M2. Straße zwischen der öffentlichen Verkehrsfläche und der zukünftigen Gewerbegebietsfläche ein ca. 15 m breiter Grünstreifen (private Grünfläche) mit Baum- und Strauchpflanzungen festgesetzt werden, um einen Lückenschluss hinsichtlich beidseits vorhandener Gehölzbestände entlang der M2. Straße zu erreichen. Es soll eine Reihe aus Bäumen mit vorgelagerten, gestaffelten Pflanzungen heimischer Sträucher kombiniert werden. Um Konflikte mit den in diesem Bereich verlaufenden Versorgungsleitungen zu vermeiden, sind für Strauchpflanzen im Schutzstreifen der Wasserleitung flachwurzelnden Arten zu verwenden (s. Begründung, Stand Februar 2015, S. 26).
49
Der Beschlussvorlage zur Sitzung des Stadtplanungsausschusses zum Satzungsbeschluss am 12. März 2015 (Bd 3, Bl. 583) kann entnommen werden, dass ein Grünstreifen mit einer Breite von ca. 12 m festgesetzt wurde. Dieser entspreche der Breite des Grünstreifens nördlich und südlich des Geltungsbereichs, der sowohl stadteinwärts als auch stadtauswärts existiere. Die Wiederherstellung des im Plangebiet unterbrochenen Grünstreifens sei ein Ziel der Bebauungsplanung und im Interesse einer einheitlichen Straßengestaltung gerechtfertigt. Die 20 m breite Bauverbotszone entlang der M2. Straße werde sichergestellt und anspruchsvoll gestaltet. Es ergäben sich auch keine Benachteiligungen gegenüber anderen Gewerbebetrieben entlang der M2. Straße. Dadurch, dass ein Werbepylon errichtet werden könne (vgl. § 2 Nr. 8.4 der textlichen Festsetzung), sei es künftigen Betrieben möglich, auf sich aufmerksam zu machen. Entsprechende Ausführungen, die ebenso auch noch die Bedeutung der M2. Straße als Ein- und A. straße in das Stadtgebiet und als Hauptzubringer zur Messe betonen, finden sich auch in der Begründung zum Bebauungsplan unter Nr. 7 (Planrechtfertigung/Auswirkungen/Abwägung/Maßnahmen, S. 32 f.).
50
Die Eingrünung der gewerblichen Bauflächen mit Bäumen und insbesondere auch die Aufwertung des Straßenraums stellen hinreichend gewichtige Belange dar, die die Festsetzung einer Grünfläche auf den Grundstücken des Antragstellers rechtfertigen können. Gegen deren Breite bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken. Eine unverhältnismäßige Flächeninanspruchnahme liegt nicht vor.
51
Nach der zeichnerischen Festsetzung ist die private Grünfläche im Westen des Plangebiets überwiegend ca. 12 m, zum Teil auch bis zu etwa 15 m breit. Auf diesem das Plangebiet von Nord nach Süd durchziehenden Streifen ist eine im Mittel ca. 8 m breite Fläche festgesetzt, „die mit einem Leitungsrecht zugunsten der N-ERGIE für eine vorhandene Versorgungsleitung zu belasten ist“ (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB). Die betreffende Trinkwasserleitung wurde im Plan nachrichtlich dargestellt. Am nördlichen Ende ist zudem die Zweckbestimmung Trafostation festgesetzt. In Bereich der dem Schutz des Leitungsrechts unterworfenen Fläche wurde die Pflanzung von Sträuchern entsprechend der Abstimmung mit dem Versorgungsträger geregelt (vgl. Begründung, Stand Februar 2015, S. 15). Östlich davon ist eine Reihe aus sieben Bäumen und dazwischen zu pflanzenden Sträuchern festgesetzt. Der Abstand zwischen dem Schutzstreifen zugunsten der Versorgungsleitung und dem östlichen Rand der Grünfläche beträgt im Mittel etwa 5 m. Es liegt danach auf der Hand, dass das Ziel, eine u.a. aus Bäumen bestehende Straßenrandbegrünung herzustellen, nur erreicht werden kann, wenn im Anschluss an die Verkehrsfläche und die wegen der Versorgungsleitung für eine Bepflanzung mit tiefwurzelnden Bäumen nicht geeignete Fläche noch ein zusätzlicher Bereich, ausreichend breit für den Bewuchs mit Bäumen, als Grünfläche festgesetzt wird. Der Antragsteller räumt selbst ein, dass beidseits der M2. Straße jeweils zumindest eine einreihige Baumkulisse besteht. Die geschätzte Breite betrage 5 bis 10 m, was für den Wuchs großkroniger Alleebäume ausreichend sei. Das planerische Ziel, im Plangebiet eine u.a. aus einer Reihe aus Großbäumen bestehende Straßenrandbegrünung zu schaffen, kann angesichts der wegen der Versorgungsleitung freizuhaltenden Fläche nicht im Wege einer geringeren Flächeninanspruchnahme bewirkt werden.
52
Es kann dementsprechend auch dahinstehen, ob von Seiten der Antragsgegnerin zu Recht von einer im Anschluss an die M2. Straße als Bundesstraße bestehenden 20 m breiten Anbauverbotszone ausgegangen wurde, was zu einer (allerdings nur) nachrichtlichen Übernahme dieser Zone in den Plan führte, oder ob dies wegen der Zugehörigkeit des Plangebiets zum Erschließungsbereich nicht zutrifft (vgl. § 9 Abs. 1 FStrG). Eine entsprechende Fehleinschätzung beträfe nur den Abwägungsvorgang (vgl. dazu oben aa)) und nicht das Abwägungsergebnis, weil die Abwägung dennoch - wie vorstehend ausgeführt - zum selben Ergebnis führen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 = juris Rn. 22).
53
(2) Ein Fehler im Abwägungsergebnis liegt auch nicht mit Blick auf die Größe der östlichen privaten Grünfläche bzw. der dortigen Ausgleichsfläche im Verhältnis zur festgesetzten Gewerbegebietsfläche vor.
54
Neben den mit der Festsetzung der östlichen Grünfläche verfolgten städtebaulichen Zielen hinsichtlich ihrer Anbindung an bahnbegleitende Grünflächen und ihrer Bedeutung für Kaltluftströme sowie als Puffer zwischen Wohnbebauung und Gleisanlagen dient die Fläche im Wege der Kombination der Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 und 20 BauGB insbesondere der Sicherung von Maßnahmen zum Erhalt und der Entwicklung von Magervegetation sowie von CEF-Maßnahmen für Zauneidechse und Nachtkerzenschwärmer. Mit Letzterem soll Verbotstatbeständen im Sinne von § 44 Abs. 1 BNatSchG begegnet werden, die andernfalls im Fall des Planvollzuges zu prognostizieren wären (s. auch Begründung, Stand Februar 2015, S. 33 ff.) und - wie unter III. 2. a) bb) erörtert - zu einem Vollzugshindernis führen könnten. Unabhängig von der im Einzelfall möglichen fehlenden Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 BauGB bei der Einschlägigkeit artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände zählen die Auswirkungen einer Bauleitplanung in Bezug auf § 44 BNatSchG grundsätzlich aber auch zu den gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a BauGB abwägungserheblichen naturschutzfachlichen Belangen (vgl. BayVGH, U.v. 17.7.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 31 m.w.N). Die Planung darf auch im Hinblick auf den Artenschutz nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben, obwohl bereits im Planungsstadium im Wege der Prognose absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2020 - 15 N 19.1377 - juris Rn. 22 m.w.N.). Ein Konflikttransfer ist nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist. Dem muss die Abwägung Rechnung tragen (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - juris Rn. 14).
55
Die Größe der festgesetzten privaten Grünfläche bzw. CEF-Fläche im Osten des Plangebiets ist danach nicht unverhältnismäßig. Denn sie resultiert insbesondere daraus, dass eine solch große Fläche nach der fachlichen Einschätzung für vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für die Zauneidechse benötigt wird. Unter Zugrundelegung der Ergebnisse der saP war die Sicherung einer Fläche von 0,53 ha im Plangebiet für die kontinuierliche ökologische Funktionalität erhaltende Maßnahmen nach § 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG erforderlich, weil andere Flächen für die Kompensation der mit dem Planvollzug auf den Gewerbeflächen einhergehenden Lebensraumverluste zulasten der Zauneidechse nicht zur Verfügung standen. Hierzu wurde unter III. 2. a) bb) (1) bereits ausgeführt.
56
Soweit der Antragsteller im Hinblick auf den Satzungsbeschluss zur Änderungs- und Ergänzungssatzung vom 28. Mai 2020 von einem Abwägungsergebnisfehler ausgeht, weil dem Plangebiet wegen einer zwischenzeitlich erfolgten Verbuschung nicht mehr die mit der SAP aus dem Jahr 2014 festgestellte Habitatqualität zukomme, kann dem nicht gefolgt werden. Wie bereits ausgeführt, hat der Antragsteller solches nicht substantiiert dargelegt (vgl. III. 2. a) cc)). Selbst unterstellt, die Untersuchung des Diplombiologen … … aus dem Jahr 2016 hätte Anlass für neue Ermittlungen zum Artenschutz geben können, hatte die Antragsgegnerin im Übrigen hiervon zum Zeitpunkt ihrer Abwägungsentscheidung im Jahr 2020 keine Kenntnis. Der Antragsteller hat die betreffende Untersuchung nach Aktenlage erst mit Schreiben vom 11. April 2022 im gerichtlichen Verfahren vorlegen lassen. Nachdem noch dazu im Jahr 2019 Zauneidechsen im Plangebiet aufgefunden worden waren (vgl. Planaufstellungsakte zum Änderungs- und Ergänzungsverfahren, Bl. 797), bestanden im Jahr 2020 keine Anhaltspunkte für eine abwägungserhebliche Sachlagenänderung, die die Antragsgegnerin neben der „sektoralen“ Abwägung zu den Gegenständen der Änderung und Ergänzung des Bebauungsplans nicht hätte vernachlässigen dürfen (vgl. OVG RhPf, U.v. 20.1.2003 - 8 C 11016/02 - juris Rn. 37). Abgesehen davon würde es sich bei einer unzureichenden Ermittlung und Bewertung gemäß § 2 Abs. 3 BauGB um einen Verfahrensfehler (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und einen unbeachtlich gewordenen (vgl. oben aa)) Fehler im Abwägungsvorgang, nicht jedoch um einen Abwägungsergebnisfehler handeln (vgl. auch BVerwG, U.v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 = juris Rn. 22).
57
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.
58
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).