VG München, Urteil v. 27.09.2022 – M 30 K 18.1188
Titel:
Erwähnung eines Motorradclubs als Supporter-Club der Hells Angels in Verfassungsschutzberichten
Normenketten:
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 9
BayVSG Art. 3, Art. 4, Art. 26
BVerfSchG § 3, § 4
Leitsätze:
1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt, ohne seinem Träger einen Anspruch darauf zu vermitteln, nur so dargestellt zu werden, wie es seinen Vorstellungen und Bedürfnissen entspricht, nicht nur die Ehre, sondern auch weitere Aspekte des sozialen Geltungsanspruchs. Namentlich umfasst es den Schutz vor Äußerungen, die - ohne zwangsläufig im engeren Sinn ehrverletzend sein zu müssen - geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit auszuwirken. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Äußerungen im Verfassungsschutzbericht, die sich auf die Tätigkeit und die Ausrichtung einer genannten Organisation beziehen, dienen grundsätzlich dazu, ein abschließendes Werturteil über die Organisation im Wege einer Gesamtschau zu tragen und stellen damit eine mittelbar belastende, grundrechtlich relevante Sanktion dar. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Rechtsschutz gegen die Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht ist in erster Linie im Hinblick auf den konkreten Verfassungsschutzbericht zu suchen, der die jeweilige Erwähnung enthält. Eine Klage, die darauf gerichtet ist, eine Erwähnung in künftigen Verfassungsschutzberichten zu verhindern, fehlt in der Regel das für vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse. (Rn. 87 – 88) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verfassungsschutzrecht, Verfassungsschutzbericht, Unterlassungsanspruch, (Folgen-)Beseitigungsanspruch, Einfache und vorbeugende Unterlassungsklage, Organisierte Kriminalität als Gegenstand von Verfassungsschutzberichten, Outlaw Motorcycle, Gangs (OMCG), Motorradclub, Hells Angels, Nachdrückliche Unterstützung von Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten, Kriminalität, Auslegung des Klageantrags, Klagebefugnis einer nicht rechtsfähigen Vereinigung, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Vereinigungsfreiheit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 26593
Tenor
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger ist ein Motorradclub, der sich gegen seine Erwähnung als Supporter-Club der Hells Angels in mehreren Verfassungsschutzberichten wendet.
2
Der Kläger, der Motorradclub Blood Red Section MC, der nicht im Vereinsregister eingetragen ist, wird in den Verfassungsschutzberichten des Beklagten seit dem Berichtszeitraum 2016 erwähnt (jeweils im Kapitel „Organisierte Kriminalität (OK)“, Abschnitt 1 „Rockerkriminalität“ bzw. „OMCGs und rockerähnliche Gruppierungen“, Gliederungsnummer 1.2 „Bayerische OMCGs“ bzw. „OMCGs in Bayern“). Ihn betreffen folgende Passagen:
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Verfassungsschutzbericht 2016: „In Bayern gibt es derzeit Hells-Angels-Charter in Hof, Nürnberg und Traunstein, sowie drei Charter im Großraum München: ‚Munich City‘, ‚Deep South‘ und ‚Allershausen‘. Als Unterstützergruppierungen (sog. ‚Supporter‘) des Hells Angels MC sind in Bayern der Red Devils MC, das Regiment 81 und der Blood Red Section MC aktiv. (…) Der Hells Angels MC Hof City kann auf die Unterstützung von mittlerweile 9 Chartern des Blood Red Section MC zurückgreifen, davon allein 7 im Großraum Hof. Anfang 2016 kam das ‚Prospectcharter Hof County‘ hinzu.“
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Verfassungsschutzbericht 2017: „In Bayern gibt es derzeit Hells-Angels-Charter in Hof, Nürnberg und Traunstein, sowie drei Charter im Großraum München. Außerdem kam es 2017 zur Neugründung von zwei Chartern im Raum Chiemsee und in Niederbayern. (…) Als Unterstützergruppierungen (sog. ‚Supporter‘) des ‚Hells Angels MC‘ sind in Bayern der ‚Red Devils MC‘ und der ‚Blood Red Section MC‘ aktiv. (..) Der ‚Hells Angels MC Hof City‘ kann nach wie vor auf die Unterstützung von neun Chartern des Blood Red Section MC zurückgreifen, davon allein sieben im Großraum Hof, eines in Thüringen und eines in Sachsen.“
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Verfassungsschutzbericht 2018: „In Bayern gibt es derzeit neun Hells-Angels-Charter. Neben drei Chartern im Großraum München bestehen Niederlassungen in Hof, Nürnberg, Traunstein, im Raum Chiemsee, in Niederbayern und seit 2018 auch in Lindau. Als Unterstützergruppierungen (sog. ‚Supporter‘) des ‚Hells Angels MC‘ sind in Bayern der ‚Red Devils MC‘, ‚Blood Red Section MC‘ und im Raum Lindau die Gruppierung ‚Backyard Bloods‘ aktiv. (…) Der Hells Angels MC Hof City kann nach wie vor auf die Unterstützung von neun Chartern des ‚Blood Red Section MC‘ zurückgreifen, davon allein sieben im Großraum Hof, eines in Thüringen und eines in Sachsen. In einer derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München anhängigen Klage wenden sich diverse Mitglieder des ‚Blood Red Section MC‘ gegen dessen Nennung im Verfassungsschutzbericht 2016. Eine Entscheidung in der Sache steht noch aus“.
6
Verfassungsschutzbericht 2019: „In Bayern gibt es derzeit zehn ‚Hells-Angels-Charter‘. Neben drei Chartern im Großraum München bestehen Niederlassungen in Hof, Nürnberg, Traunstein, im Raum Chiemsee und Rosenheim sowie in Niederbayern und im Allgäu. (…) Als Unterstützergruppierungen (sog. ‚Supporter‘) des ‚Hells Angels MC‘ sind in Bayern der ‚Red Devils MC‘, ‚Blood Red Section MC‘ und im Raum Lindau die Gruppierung ‚Backyard Bloods‘ aktiv. (…) Der Hells Angels MC Hof City kann nach wie vor auf die Unterstützung von neun Chartern des ‚Blood Red Section MC‘ zurückgreifen, davon allein sieben im Großraum Hof, eines in Thüringen und eines in Sachsen. In einer derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München anhängigen Klage wenden sich diverse Mitglieder des ‚Blood Red Section MC‘ gegen dessen Nennung im Verfassungsschutzbericht 2016. Eine Entscheidung in der Sache steht noch aus“.
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Verfassungsschutzbericht 2020: „In Bayern gibt es derzeit acht ‚Hells-Angels-Charter‘. Neben zwei Chartern im Großraum München bestehen Niederlassungen in Hof, Nürnberg, Traunstein, im Raum Chiemsee sowie in Niederbayern und im Allgäu. (…) Als Unterstützergruppierungen (sog. ‚Supporter‘) des ‚Hells Angels MC‘ sind in Bayern der ‚Red Devils MC‘, ‚Blood Red Section MC‘ und im Raum Lindau die Gruppierung ‚Backyard Bloods‘ aktiv und ‚Red Vikings Lindau‘ aktiv. (…) Der Hells Angels MC Hof City kann nunmehr auf die Unterstützung von sechs Chartern des ‚Blood Red Section MC‘ zurückgreifen, davon allein vier im Großraum Hof, eines in Thüringen und eines in Sachsen. In einer derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München anhängigen Klage wenden sich diverse Mitglieder des ‚Blood Red Section MC‘ gegen dessen Nennung im Verfassungsschutzbericht. Eine Entscheidung in der Sache steht noch aus“.
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Verfassungsschutzbericht 2021: „In Bayern gibt es derzeit 8 ‚Hells-Angels‘-Charter. Neben 2 Chartern im Großraum München bestehen Niederlassungen in Hof, Nürnberg, Lindau, im Raum Mühldorf, im Raum Chiemsee sowie im Raum Passau. Als Unterstützergruppierungen (sogenannte ‚Supporter‘) des ‚Hells Angels MC‘ sind in Bayern der ‚Red Devils MC‘ (Ansbach und im Raum Traunstein), der ‚Blood Red Section MC‘ (Coburg, Lichtenfels und Hof) und im Raum Lindau die Gruppierungen ‚Backyard Bloods‘ und ‚Red Vikings Lindau‘ aktiv (…). Der ‚Hells Angels MC Hof City‘ kann auf die Unterstützung von nunmehr vier Chartern des ‚Blood Red Section MC‘ zurückgreifen, davon allein 3 im Großraum Hof und eines in Sachsen. In einer derzeit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München anhängigen Klage wenden sich diverse Mitglieder des ‚Blood Red Section MC‘ gegen dessen Nennung im Verfassungsschutzbericht 2016. Eine Entscheidung in der Sache steht noch aus“.
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Zweimal forderten Mitglieder des Klägers den Beklagten vorgerichtlich auf, eine Unterlassungserklärung des Inhalts abzugeben, dass er sich verpflichte, die Berichterstattung hinsichtlich des „Hells Angels MC Hof City“ einzustellen. Der Beklagte reagierte auf die Aufforderung nicht und kam ihr auch nicht nach.
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Am 12. März 2018 wurde durch Mitglieder des Motorradclubs „Blood Red Section MC“ Klage erhoben. Es wurde zuletzt beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von 50.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, im Verfassungsschutzbericht des Freistaates Bayern den Blood Red Section MC in der Rubrik „Organisierte Kriminalität / 1. Rockerkriminalität / 1.2 Bayerische OMCGs“ aufzuführen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass für einen durchschnittlichen Leser des Verfassungsschutzberichtes insbesondere aufgrund der Strukturierung und optischen Darstellung der maßgeblichen Passagen der Eindruck entstehe, der Blood Red Section MC sei eine kriminelle Vereinigung. Dies sei jedoch unzutreffend. Keines der Mitglieder sei kriminell. Darüber hinaus trage auch der Zusammenschluss der Mitglieder in dem genannten Motorradklub keine kriminellen Strukturen.
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Der Beklagte beantragte,
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die Klage abzuweisen.
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Der Blood Red Section MC werde in den Verfassungsschutzberichten des Beklagten lediglich als Unterstützerorganisation der Hells Angels genannt. In den Berichten werde zwischen kriminellen Rockergruppierungen und sonstigen Motorradclubs, die jedenfalls kriminelle Aktivitäten nicht als Hauptmotivation ihrer Existenz verständen, unterschieden. Die unmittelbar der organisierten Kriminalität zuzuordnenden Outlaw Motorcycle Gangs würden abschließend aufgezählt. Der Blood Red Section MC werde in dieser Aufzählung nicht aufgeführt. Dem Verfassungsschutzbericht könne daher weder die ausdrückliche noch die auch nur sinngemäße Äußerung entnommen werden, es handele sich beim Blood Red Section MC um eine kriminelle Rockervereinigung.
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In einem nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Januar 2021, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, führte der Beklagte im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2020 aus, dass es in den letzten Jahren in Deutschland zu zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen von Mitgliedern des Hells Angels MC gekommen sei, u.a. wegen Körperverletzungs- und Tötungsdelikten, wegen Zuhälterei und schweren Fällen der Zwangsprostitution. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass jedes Charter des Clubs als ein mit der Gesamtorganisation eng verbundener Teil anzusehen sei. Der Name „Hells Angels“ werde vom sog. Mothercharter in Oakland, Kalifornien vergeben. Die einzelnen Charter hätten grundsätzlich keine individuellen Satzungen, sondern richteten sich nach den Statuten des Hells Angels MC World, der eine globale Charterübersicht führe. Es bestehe eine straffe und hierarchische Struktur, die in der Lage sei, Beschlüsse mit bundesweiter Verbindlichkeit zu fassen. Der Blood Red Section MC selbst habe unbestritten den Vereinszweck, den Hells Angels MC Hof City zu unterstützen. Es sei zudem beobachtet worden, dass seit 2017 nacheinander neun Personen vom Blood Red Section MC zum Hells Angels MC Hof City gewechselt seien. In dokumentierten Einzelfällen sei festgestellt worden, dass Mitglieder des Blood Red Section MC strafrechtlich relevante Unterstützungshandlungen zugunsten des Hells Angels MC Hof City begangen hätten.
17
Der Kläger replizierte darauf, dass keine schweren Straftaten von Mitgliedern des Hells Angels Charter Hof City in Rede stünden. Es habe aufgrund der vom Beklagten genannten Vorfälle lediglich eine einzige Verurteilung gegeben. Eine Hierarchie bestehe innerhalb des Hells Angels MC nicht, jedes Charter sei selbstständig.
18
Das Gericht hat am 15. Oktober 2020 mündlich verhandelt. Die Beteiligten haben auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Soweit der Kläger hinsichtlich der für die Jahre 2016 bis 2021 veröffentlichten Verfassungsschutzberichte die Unterlassung der weiteren Verbreitung dieser Berichte und die Entfernung der entsprechenden Passagen aus dem Internetangebot des Beklagten verlangt, ist die Klage zulässig, aber unbegründet (B.). Soweit der Beklagte es unterlassen soll, den Kläger in zukünftigen Verfassungsschutzberichten zu erwähnen, ist die Klage bereits unzulässig (C.).
20
A.
I. Das Gericht entscheidet ohne Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung im schriftlichen Verfahren. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt und auf (weitere) mündliche Verhandlung verzichtet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). § 112 VwGO findet im schriftlichen Verfahren keine Anwendung, so dass die zwischenzeitlich andere Besetzung des Gerichts nicht zur Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zwingt (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 112 Rn. 9).
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II. Das geltend gemachte Rechtsschutzbegehren ist im Ergebnis darauf gerichtet, den Beklagten zu verpflichten, die weitere Verbreitung der Verfassungsschutzberichte 2016 bis 2021 ohne eine Unkenntlichmachung der den Verein betreffenden Passagen und die Aufnahme solcher Passagen in zukünftige Berichte auf Basis der gleichen Erkenntnisse zu unterlassen sowie die entsprechenden Inhalte seines Internetangebots zu entfernen; es erstreckt sich aber nicht auf den Abdruck einer Richtigstellung im nächsten Bericht.
22
1. Nach § 88 VwGO darf das Gericht bei der Auslegung über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist jedoch bei der Ermittlung des tatsächlichen Rechtsschutzbegehrens nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Maßgebend für den Inhalt und Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Maßgebend ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und den sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück. Neben dem Klageantrag und der Klagebegründung ist auch die Interessenlage zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Vortrag und sonstigen für das Gericht und den Beklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.2016 - 4 C 4/15 - juris Rn. 9 m.w.N.; BayVGH, U.v. 22.10.2015 - 10 B 15.1609 - juris Rn. 16). Liegt bei der Fassung des Klageantrages anwaltliche Vertretung vor, kommt der Formulierung des Antrags zwar gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2012 - 9 B 56/11 - juris Rn. 8).
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2. Vorliegend soll es der Beklagte ausweislich des gestellten Antrags unterlassen, in seinen Verfassungsschutzberichten den Blood Red Section MC in der Rubrik „Organisierte Kriminalität / 1. Rockerkriminalität / 1.2 Bayerische OMCGs“ aufzuführen. Dieser Antrag soll sich, wie in der mündlichen Verhandlung erklärt wurde, sowohl auf vergangene als auch auf zukünftige Erwähnungen beziehen.
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Dieses Begehren ist zwar bei strengem Verständnis teilweise auf etwas Unmögliches gerichtet. Denn hinsichtlich der bereits verwirklichten und beendeten Handlungen - Nennung des Clubs in den bereits verbreiteten (Print-)Berichten 2016 bis 2021 -, ist eine Unterlassung aus logischen Gründen nicht möglich. Allerdings kann man unter Berücksichtigung des gesamten Vortrags des Klägers, wonach er seine Erwähnung und die seiner Charter im Verfassungsschutzbericht für rechtswidrig hält, und der verschiedenen Wege, auf denen der Beklagte seine Verfassungsschutzberichte grundsätzlich verbreitet, davon ausgehen, dass vom Beklagten Folgendes verlangt wird: Er soll noch vorrätige Berichtsexemplare nicht mehr ohne Unkenntlichmachung von sich aus oder auf Nachfrage Interessierten oder der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Außerdem sollen die in seinem Internetangebot derzeit eingestellten streitgegenständlichen Passagen entfernt bzw. unkenntlich gemacht werden. Schließlich soll der Beklagte es unterlassen, in zukünftigen Berichten den Blood Red Section MC zu erwähnen. Letzteres kann allerdings bei sachgerechtem Verständnis nur bedeuten, dass die streitgegenständlichen Passagen nicht auf Basis der die bisherigen Veröffentlichungen tragenden Erkenntnisse wiederholt werden können sollen. Ein Anspruch darauf, unabhängig von zukünftigen tatsächlichen Entwicklungen und behördlichen Erkenntnissen nicht in einem künftigen Verfassungsschutzbericht erwähnt zu werden, kann ersichtlich nicht bestehen; alljährlich erneut vorzunehmende Bewertungsprozesse der Verwaltung dürfen nicht durch gerichtliche Entscheidungen prospektiv beschränkt werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 - 10 C 20.1417 - juris Rn. 31; VG München, U.v. 25.3.1999 - M 17 K 96.1685 - juris Rn. 21); ein solcher Gehalt kann deshalb dem auslegungsbedürftigen Antrag nicht beigemessen werden.
25
Nicht mehr im Wege der Auslegung kann jedoch dem Antrag die Geltendmachung eines auf Richtigstellung im nächsten Jahresbericht gerichteten öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs entnommen werden (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.2013 - 6 C 4/12 - juris Rn. 26; OVG Bremen, U.v. 19.4.2016 - 1 LB 25/14 - juris Rn. 62). Hierzu bietet das Vorbringen des Klägers keinerlei Anhaltspunkte.
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3. Der Kläger hat seine erstmalige Nennung im Verfassungsschutzbericht 2016 zum Anlass für seine Klage genommen, seinen Antrag aber nicht jahresmäßig beschränkt. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Antrag sich auf jeden weiteren zwischenzeitlich erschienenen Bericht erstreckt. Einer regelmäßigen Erweiterung des Klagebegehrens im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO, die wegen des gleichbleibenden Streitstoffs ohnehin sachdienlich wäre (vgl. insoweit VG Berlin, U.v. 18.11.2021 - 1 K 26.19 - juris Rn. 16), bedurfte es daher nicht.
27
III. Die Klage ist bei sachgerechter Auslegung als Klage des nicht rechtsfähigen Vereins Blood Red Section MC zu verstehen, der nach § 61 Nr. 2 VwGO ungeachtet seiner Rechtsform beteiligtenfähig ist. Hingegen sind die Mitglieder des „MC“ nicht als natürliche Personen nach § 61 Nr. 1 VwGO Beteiligte.
28
Wer Beteiligter eines Verfahrens ist (sein soll), ist durch Auslegung namentlich der Klageschrift zu ermitteln (vgl. Porz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 61 Rn. 3). Dabei ist mit Blick auf § 88 VwGO auch zu berücksichtigen, wem nach der Rechtsordnung die geltend gemachten Ansprüche überhaupt zustehen können. Eine Auslegung der Angaben in der Klageschrift über die Bezeichnung des Klägers kann insbesondere dann notwendig sein, wenn zu entscheiden ist, ob eine Personenmehrheit oder eine Gesellschaft, deren Gesellschafter auftreten, Klage erhoben hat (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 82 Rn. 5; Bamberger in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 82 Rn. 3a). Gleiches muss gelten, wenn im vereinsrechtlichen Zusammenhang entsprechende Unklarheiten bestehen (vgl. OVG RhPf, U.v. 17.1.2017 - 7 C 10326/16 - juris Rn. 24).
29
Der Blood Red Section MC ist ein nicht im Vereinsregister eingetragener Verein, der seinerseits über örtliche Untergliederungen (sog. Charter) verfügt, in denen Teile seiner Mitglieder gebietsweise zusammengefasst sind, die jeweils über eigene Organe verfügen und unter einem eigenen Namen nach außen auftreten. Anders als bei Dachverbänden sind solche Zweigvereine nicht als solche Mitglieder des Hauptvereins; die Verknüpfung zwischen Haupt- und Zweigverein erfolgt vielmehr dadurch, dass die Mitglieder in den Zweigvereinen zugleich Mitglieder des Hauptvereines sind, also über eine gestufte Mehrfachmitgliedschaft verfügen (vgl. Leuschner in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2021, Vor § 21 Rn. 143).
30
Vorliegend haben zwar dem äußeren Anschein nach die Vereinsmitglieder die Klage in eigenem Namen als natürliche Personen und nicht für ihren Motorradclub als Vereinigung erhoben. Auf Basis einer Gesamtwürdigung des klägerischen Vorbringens ist aber eine Auslegung der Parteibezeichnung möglich und geboten. Die Auslegungsbedürftigkeit der nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Bezeichnung des Klägers ergibt sich bereits daraus, dass sich die beteiligten Vereinsmitglieder trotz anwaltlicher Vertretung über die genaue Rechtsnatur ihres Clubs nicht im Klaren gewesen zu sein scheinen. Während in der Klageschrift insgesamt 68 Vereinsmitglieder als Kläger genannt worden sind, hat der Klägerbevollmächtigte sowohl im vorgerichtlichen Schriftwechsel mit dem Beklagten als auch in dem an das Gericht gerichteten Schriftsatz vom 22. August 2022 im jeweils in der Betreffzeile verwendeten Kurzrubrum den „BRS MC“ als Beteiligten bzw. Kläger genannt. Da in den streitgegenständlichen Verfassungsschutzberichten gerade der Club, nicht aber seine Mitglieder erwähnt werden, ist auch in der Sache kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die Mitglieder als natürliche Personen in subjektiver Klagehäufung auftreten sollten. Im Gegenteil würden sich Bedenken, ob eine Rechtsverletzung der Mitglieder als natürliche Personen überhaupt möglich erscheint, aufdrängen (vgl. insoweit zur i.d.R. fehlenden Klagebefugnis der Vereinsmitglieder bei einem Vereinsverbot BVerwG, U.v. 14.5.2014 - 6 A 3/13 - juris Rn. 11; zur Übertragung auf Verfassungsschutzberichte VG Weimar, U.v. 11.6.2021 - 8 K 498/20 We - juris; a.A. VG Düsseldorf, B.v. 13.11.2020 - 10 L 1432/20 - juris).
31
Der Annahme einer Klage des Motorradclubs selbst (als Vereinigung) selbst steht auch nicht eine fehlende Vertretungsbefugnis der auftretenden natürlichen Personen entgegen. Die nach materiellem Recht zu bestimmende Vertretungsbefugnis richtet sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über Vereine (§§ 21 ff. BGB). Dabei ist nach herrschender Auffassung zu berücksichtigen, dass entgegen der Verweisung des § 54 Satz 1 BGB auf die Vorschriften über die Gesellschaft auf nichtrechtsfähige Vereine weitgehend die Vorschriften des Vereinsrechts zur Anwendung kommen, soweit diese nicht die Rechtsfähigkeit oder die Eintragung voraussetzen (vgl. Schöpflin in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 62. Ed. Stand 1.8.2022, § 54 Rn. 15; OVG RhPf, U.v. 17.1.2017 - 7 C 10326/16.OVG - juris Rn. 24). Der nichtrechtsfähige Verein wird demnach durch seinen Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten (vgl. Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 71 BGB Rn. 4). Unabhängig davon, welche Funktionsträger als Vorstand des Gesamtvereins anzusehen sind (die bei den Behördenakten befindliche Satzung bestimmt lediglich die Zusammensetzung der Vorstände der Zweigvereine), bestehen hiernach keine Zweifel an der Vertretungsbefugnis für den Verein, da - soweit ersichtlich - alle zum Zeitpunkt der Klageerhebung genannten Mitglieder und damit jedenfalls auch die maßgeblichen Funktionsträger als Kläger genannt worden sind (vgl. ähnlich OVG RhPf, U.v. 17.1.2017 - 7 C 10326/16 - juris Rn. 24).
32
B. Soweit der Kläger hinsichtlich noch vorhandener Berichtsexemplare Unterlassung und hinsichtlich des ihn betreffenden Internetangebots Beseitigung begehrt, ist die Klage zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
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I. Die erhobene Klage ist statthaft (1.), der Kläger kann sich auf eine mögliche Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und seiner Vereinigungsfreiheit berufen (2.). Er verfügt außerdem über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (3.).
34
1. Die erhobene Leistungsklage ist hinsichtlich des auf die Verbreitung bereits gedruckter Exemplare gerichteten Begehrens als allgemeine Unterlassungsklage statthaft (vgl. zur Abgrenzung von der vorbeugenden Unterlassungsklage Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Januar 2020, § 42 Abs. 1 Rn. 162). Das Begehren des Klägers zielt darauf, die Wiederholung bereits erfolgter schlicht-hoheitlicher Handlungen - der Veröffentlichung und Verbreitung der Verfassungsschutzberichte 2016 bis 2021 -, die aus seiner Sicht mit einer Rechtsverletzung verbunden sind, zu verhindern.
35
Das Begehren hinsichtlich der beanstandeten Internetveröffentlichung zielt auf die Beseitigung eines - durch die „Einstellung“ in das Internet - geschaffenen Zustands weiterhin fortdauernder (möglicher) Beeinträchtigung (vgl. BGH, U.v. 28.7.2015 - VI ZR 340/14 - juris Rn. 13), denn die den Kläger betreffende Internetpräsenz des Beklagten ist nicht beendet, sondern besteht fort. Für einen solchen (Folgen-)Beseitigungsanspruch ist ebenfalls die Leistungsklage statthaft.
36
2. Der Kläger ist klagebefugt. Das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs und eines (Folgen-)Beseitigungsanspruchs auf Grundlage einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG oder der Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG erscheint mit Blick darauf, dass die Berichte geeignet sein dürften, sich abträglich auf das Ansehen des Klägers auszuwirken, nicht von vornherein ausgeschlossen.
37
3. Das notwendige Rechtsschutzbedürfnis besteht ebenfalls.
38
a) Ein behaupteter Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch wurde mit zwei außergerichtlichen Schreiben vor Klageerhebung gegenüber dem Beklagten vergeblich geltend gemacht. Das Schreiben vom … November 2017 wurde zwar nur namens der Mitglieder des Charters in Hof und nicht vom als Kläger, dem Hauptverein, verfasst und bezog sich auch nur auf die Nennung dieses Charters im Verfassungsschutzbericht. Das zweite Schreiben vom … Januar 2018 führt demgegenüber zwar Mitglieder des Klägers auf, wendet sich aber erneut nur gegen die Nennung des Charters in Hof. Gleichwohl ist angesichts der (bewusst) ausbleibenden Reaktion des Beklagten (vgl. Vermerk vom November 2017, Bl. 52 BA) nicht nötig, des Weiteren zu verlangen, dass der Hauptverein gesondert sein Begehren geltend macht.
39
Hinsichtlich der Verfassungsschutzberichte der Folgejahre ist eine erneuerte außergerichtliche Geltendmachung angesichts der schon zuvor ablehnenden und in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Haltung des Beklagten entbehrlich (vgl. VG Berlin, U.v. 18.11.2021 - 1 K 26.19 - juris Rn. 16).
40
b) Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht deshalb entfallen, weil der Kläger seit der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht einen zu langen Zeitraum bis zur außergerichtlichen Aufforderung bzw. bis zur Klageerhebung verstreichen lassen hätte. Wenige Monate (Veröffentlichung im April 2017, außergerichtliches Verlangen gegenüber dem Beklagten im November 2017) genügen für einen Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses durch Zeitablauf nicht (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 23.10.2019 - 20 K 13111/17 - juris Rn. 59: bejaht bei Klageerhebung erst nach einem Jahr und dem Vorliegen weiterer Umstände).
41
c) Ferner besteht das für eine Unterlassungsklage erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse. Es setzt erstens voraus, dass das künftige, den Kläger beeinträchtigende staatliche Handeln nach seinem Inhalt und seinen tatsächlichen wie rechtlichen Voraussetzungen bereits jetzt so weit bestimmt ist, dass eine Rechtmäßigkeitsprüfung möglich ist. Es bedarf zweitens einer Wiederholungsgefahr. Denn solange sich noch nicht mit der dafür erforderlichen Bestimmtheit übersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden, kann ein berechtigtes Interesse an vorbeugendem Rechtsschutz nicht anerkannt werden (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1974 - 1 C 7.73 - juris Rn. 41; BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 10 ZB 15.819 - juris Rn. 9). Drittens darf es dem Kläger wegen des Bestehens ausreichend gewichtiger Nachteile nicht zumutbar sein, den Eintritt der Rechtsverletzung abzuwarten und hiergegen nachträglichen Rechtsschutz zu ergreifen (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2015 - 10 ZB 15.819 - juris Rn. 9).
42
Die geforderte Bestimmtheit folgt - wie hier - bei einer Klage auf Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen regelmäßig aus der bereits vorgenommenen Beeinträchtigung. Frühere Beeinträchtigungen sind taugliche Prognosegrundlage und besitzen insofern Indizcharakter, als sie Art und Umstände zukünftig möglicher Beeinträchtigungen umreißen (vgl. Wysk in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 42 Rn. 69). Angesichts der bereits erfolgten Verbreitung der erschienenen Verfassungsschutzberichte ist eine weitere Verbreitung noch vorrätiger Exemplare ein inhaltlich ausreichend bestimmtes Verhalten, dessen Wiederholung schon angesichts der bestehenden Bestellmöglichkeiten (vgl. https://www.bestellen.bayern.de) weiterhin droht. Schließlich ist dem Kläger das Ergreifen jeweils nachträglicher Rechtsbehelfe nicht zumutbar. Mit jeder weiteren Verbreitung setzt sich die Beeinträchtigung des Geltungsanspruchs fort und wird vertieft; sie kann durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung nicht vollends rückgängig gemacht werden.
43
II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, den Beklagten zu verpflichten, eine Verbreitung der Verfassungsschutzberichte 2016 bis 2021 ohne Unkenntlichmachung der ihn betreffenden Passagen zu unterlassen oder die in seinem Internetangebot derzeit eingestellten streitgegenständlichen Passagen zu entfernen. Zwar greift seine Erwähnung als Supporter der Hells Angels in das grundgesetzlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) ein (2.) und es besteht auch Wiederholungsgefahr bzw. dauert der Zustand noch an (3.) Jedoch ist der Grundrechtseingriff gerechtfertigt; die Berichterstattung ist rechtmäßig (4.).
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1. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, der in § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wurzelt und allgemein anerkannt ist, setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen droht (vgl. BVerwG, U.v. 21.5.2008 - 6 C 13.07 - juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 6.7.2017 - 10 BV 16.1237 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 22.10.2015 - 10 B 15.1320 - juris Rn. 28 f.). Entsprechendes gilt für den (Folgen-)Beseitigungsanspruch, der entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein weiterhin andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.8.1993 - 4 C 24/91 - Rn. 23 f.).
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2. Die Nennung des Klägers in den streitgegenständlichen Verfassungsschutzberichten im Abschnitt „Organisierte Kriminalität/Rockerkriminalität“ greift in sein grundrechtlich geschütztes allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (a) und in Art. 9 Abs. 1 GG ein (b).
46
a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, auf das sich auch eine Vereinigung, wie sie der Kläger darstellt, als inländische juristische Person im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG berufen kann (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2000 - 2 BvR 1500/97 - juris Rn. 61), schützt, ohne seinem Träger einen Anspruch darauf zu vermitteln, nur so dargestellt zu werden, wie es seinen Vorstellungen und Bedürfnissen entspricht, nicht nur die Ehre, sondern auch weitere Aspekte des sozialen Geltungsanspruchs. Namentlich umfasst es den Schutz vor Äußerungen, die - ohne zwangsläufig im engeren Sinn ehrverletzend sein zu müssen - geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit auszuwirken (vgl. BVerfG, B.v. 17.8.2010 - 1 BvR 2585/06 - juris Rn. 21, BVerwG, U.v. 21.5.2008 - 6 C 13/07 - juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 23.5.1989 - 7 C 2/87 - juris Rn. 49).
47
Das ist hier zu bejahen. Äußerungen im Verfassungsschutzbericht, die sich - wie hier - auf die Tätigkeit und die Ausrichtung einer genannten Organisation beziehen, dienen grundsätzlich dazu, ein abschließendes Werturteil über die Organisation im Wege einer Gesamtschau zu tragen (vgl. BVerwG, U.v. 21.5.2008 - 6 C 13/07 - juris Rn. 16) und stellen damit eine mittelbar belastende, grundrechtlich relevante Sanktion für den Kläger dar (vgl. BVerfG, B.v. 24.5.2005 - 1 BvR 1072/01 - juris Rn. 50 u. 55; VG Köln, B.v. 10.3.2022 - 13 L 104/21 - juris Rn. 64 ff.; Meermagen in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 26 BayVSG Rn. 12).
48
b) Zudem liegt ein Eingriff in die Vereinigungsfreiheit vor, auf die sich der Kläger als - ein durch individuelle Grundrechtsausübung geschaffener - Zusammenschluss als solcher berufen kann (vgl. zu dieser kollektiven Dimension des Art. 9 Abs. 1 GG Scholz in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Lfg. 81, September 2018, Art. 9 Rn. 43). In sachlicher Hinsicht schützt das Grundrecht zwar tatbestandlich nicht die vereinsmäßige Betätigung nach außen, sondern nur das zur Vereinsbildung gehörende Verhalten; die von Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Freiheit zur Selbstorganisation gewährt keine allgemeine Handlungs- oder Zweckverfolgungsfreiheit (vgl. Kemper in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 9 Rn. 3 ff. m.w.N.). Damit werden vom Schutzbereich keine Aspekte des sozialen Geltungsanspruchs der Vereinigung gegenüber der Öffentlichkeit erfasst; insoweit greift allein der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein (vgl. Rn. 46).
49
Jedoch umfasst der sachliche Gehalt der Vereinigungsfreiheit das Recht auf Entstehen und Bestehen einer Vereinigung. Da Voraussetzung für die Existenz einer Vereinigung ihr Mitgliederbestand und damit zusammenhängend auch die Möglichkeit der Gewinnung neuer Mitglieder ist, ist auch die Mitgliederwerbung als vereinszwecksichernde Außenkontakt vom Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG erfasst (vgl. BVerfG, B.v. 9.10.1991 - 1 BvR 397/87 - juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 12.2.1991 - 1 C 20/90 - juris Rn. 16; Höfling in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 9 Rn. 19; Scholz in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Lfg. 81, September 2018, Art. 9 Rn. 43). Da davon auszugehen ist, dass infolge der mit namentlichen Nennung, insbesondere im Kontext von Organisierter Kriminalität, im Verfassungsschutzbericht verbundenen Warnung der Öffentlichkeit vor der Vereinigung die Gewinnung von Neumitgliedern erschwert wird und dies unter Inanspruchnahme staatlicher Autorität in Gestalt des Landesamts für Verfassungsschutz vom Beklagten auch (mit-)bezweckt ist, liegt ein einerseits (nur) faktischer und andererseits - mit Blick auf den für den Eingriffserfolg noch notwendigen autonomen Willensentschluss von am Verein „an sich“ interessierten Bürgerinnen und Bürger - (nur) mittelbarer Eingriff vor (vgl. zu den Gleichstellungs- bzw. Zurechnungskriterien BVerfG, B.v. 19.11.2021 - 1 BvR 971/21 - juris Rn. 210; Masing in Voßkuhle/Eifert/Möllers, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 3. Aufl. 2022, § 10 Rn. 49; konkret bei Nennung im Verfassungsschutzbericht einen mittelbaren Eingriff bejahend VG Düsseldorf, U.v. 16.6.2015 - 22 K 6078/14 - juris Rn. 81; wohl auch Meermagen in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 26 BayVSG Rn. 13).
50
3. Es besteht auch die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr. Eine künftige Beeinträchtigung der in Frage stehenden Rechte droht auch weiterhin. Es ist davon auszugehen, dass noch gedruckte Exemplare der streitgegenständlichen Berichte vorhanden sind und bei Interesse auch an Nachfrager abgegeben werden können und würden. Die Wiederholungsgefahr wird auch nicht durch die Veröffentlichung der jeweils nachfolgenden Berichte gebannt (vgl. BayVGH, U.v. 6.7.2017 - 10 BV 16.1237 - juris Rn. 19). Soweit eine Folgenbeseitigung erstrebt wird, dauert der Zustand - die Internetangebote sind weiterhin beständig verfügbar - noch an.
51
4. Allerdings wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch die streitgegenständliche Nennung in den Verfassungsschutzberichten nicht verletzt. Die Eingriffe sind gerechtfertigt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht unterliegt einem einfachen Gesetzesvorbehalt, der durch Art. 26 BayVSG verwirklicht wird (a) und dessen Voraussetzungen in Ansehung des Klägers jeweils vorlagen (b).
52
a) Nach Art. 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 BayVSG unterrichtet das zuständige Staatsministerium mindestens einmal jährlich in einem zusammenfassenden Bericht über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 BayVSG, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Art. 26 Abs. 3 BayVSG ist hingegen nicht anwendbar, weil der genannte Name des Klägers, der einen nichtrechtsfähigen Verein und keine natürliche Person bildet, kein personenbezogenes Datum im Sinne von Art. 28 Abs. 1 BayVSG i.V.m. § 46 Nr. 1 BDSG darstellt.
53
aa) Art. 26 BayVSG trat in seiner heutigen, seither unveränderten Fassung am 20. Juli 2016 in Kraft (vgl. Art. 30 des BayVSG vom 12.7.2016, GVBl. S. 145) und war daher bereits bei Veröffentlichung des ältesten der hier streitgegenständlichen Berichte am 19. April 2017 maßgeblich. Die Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts hindert allerdings im Rahmen der Anwendung der Norm die Gerichte nicht daran, auch (Anknüpfungs-)Tatsachen einzubeziehen, die erst aus der Zeit nach der Veröffentlichung der einzelnen Verfassungsschutzberichte resultieren, solange sie bereits an - zeitlich vor der jeweiligen Veröffentlichung - früher festgestellte Tatsachen anknüpfen oder Rückschlüsse auf diese ermöglichen (vgl. BayVGH, U.v. 6.7.2017 - 10 BV 16.1237 - juris Rn. 23).
54
bb) Gegenstand einer Information sind nach Art. 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 BayVSG Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 BayVSG.
55
(1) Art. 3 BayVSG beschreibt die Aufgaben des Landesamts für Verfassungsschutz erstens durch einen Verweis auf die Aufgaben des Bundesamts für Verfassungsschutz, wie sie in § 3 BVerfSchG normiert sind (insbesondere die Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind), und zweitens - im Unterschied zum Bundesrecht - durch einen Auftrag zur Beobachtung von Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung (im Geltungsbereich des Grundgesetzes).
56
Organisierte Kriminalität wird dabei durch Art. 4 Abs. 2 BayVSG definiert. Sie ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig - unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen (Nr. 1), unter Anwendung von Gewalt oder durch entsprechende Drohung (Nr. 2) oder unter Einflussnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft (Nr. 3) - tätig werden.
57
Das Gesetz verkoppelt die auf die Organisierte Kriminalität gerichteten Bestrebungen und Tätigkeiten mit dem Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung, der im Allgemeinen als Oberbegriff für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes sowie die Funktionsfähigkeit der Verfassungsorgane und wesentlichen Einrichtungen verstanden wird (vgl. zu § 7 BVerfSchG, der dieses Schutzgut ebenfalls nennt, Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 7 BVerfSchG Rn. 4). Das Gesetz beschreibt damit allerdings nur die Tätigkeitsperspektive des Verfassungsschutzes und verlangt nicht die gesonderte Feststellung, dass die organisiert-kriminellen Akteure auch im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung der verfassungsmäßigen Ordnung erstreben. Letztlich wird mithin davon ausgegangen, dass die Organisierte Kriminalität als solche beobachtet werden darf und dass dem Landesamt für Verfassungsschutz damit eine über den klassischen Verfassungsschutz hinausgehende Aufgabe zugewiesen wird (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 11.11.1997 - Vf. 22-VII-94 - juris Rn. 136, 207, 216) bzw. die Organisierte Kriminalität ohne weiteres die freiheitlich demokratische Grundordnung bedroht (vgl. Pechtold in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 3 BayVSG Rn. 25; Art. 4 BayVSG Rn. 3 ff.; s.a. Lindner/Unterreitmeier in ders., System. Vorbem. zum BayVSG Rn. 7 ff.).
58
Das Gesetz beschreibt ferner mit der Bezugnahme auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes (Art. 3 Satz 2 BayVSG a.E.) die länderübergreifende Tätigkeitsperspektive des Verfassungsschutzes (vgl. Pechtold in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 3 BayVSG Rn, 27), so dass grundsätzlich auch das Tätigsein der Beobachtungsobjekte außerhalb des Gebiets des Freistaat Bayern insbesondere den Beklagten nicht hindert, hierüber die Öffentlichkeit nach Art. 26 BayVSG zu informieren.
59
(2) Das Begriffspaar „Bestrebungen und Tätigkeiten“ (hier der Organisierten Kriminalität) wird im Bayerischen Verfassungsschutzgesetz nicht eigenständig, sondern durch die Bezugnahme des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG auf § 4 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG definiert. Dort sind die Legaldefinitionen allerdings auf die bundesrechtlichen Schutzgüter und mithin nicht explizit auf die Organisierte Kriminalität ausgerichtet. Als gemeinsamer Begriffskern der Definitionen in § 4 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG lässt sich entnehmen, dass es sich bei einer verfassungsfeindlichen Bestrebung um eine politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweise in einem oder für einen Personenzusammenschluss handelt, der auf die Beseitigung oder Beeinträchtigung des jeweiligen verfassungsschutzrechtlichen Schutzgutes gerichtet ist (vgl. Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, § 4 BVerfSchG Rn. 6). Überträgt man dieses Verständnis auf die dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz zugewiesene Aufgabe der Beobachtung auch der Organisierten Kriminalität, so ist (nur) eine ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweise, die auf die Verwirklichung von den Anforderungen des Art. 4 Abs. 2 BayVSG genügenden Straftaten gerichtet ist, zu verlangen.
60
(3) Auch für den Auftrag des Verfassungsschutzes hinsichtlich der Organisierten Kriminalität gilt, dass nur für einen (und nicht in einem) Personenzusammenschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG, auf den Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG ausdrücklich verweist, handelt, wer den Zusammenschluss in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.
61
Eine Unterstützung für einen Personenzusammenschluss verlangt, dass Handlungen vorgenommen werden, die die innere Organisation und den Zusammenhalt des Personenzusammenschlusses, seinen Fortbestand oder die Verwirklichung seiner Bestrebungen fördern und damit seine potenzielle Gefährlichkeit festigen (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2005 - 1 C 26.03 - juris Rn. 25), also dessen Stellung in der Gesellschaft begünstigt und seines Aktionsmöglichkeiten und eventuell auch sein Rekrutierungsfeld erweitert werden und dadurch insgesamt zu einer Stärkung seines latenten Gefahrenpotenzials beigetragen wird (vgl. VGH BW, B.v. 8.12.2010 - 11 S 2366/10 - NVwZ-RR 2011, 298/299)
62
Nachdrücklich ist eine solche Unterstützung, wenn sie für den Personenzusammenschluss von bedeutendem Gewicht ist. Unerheblich ist allerdings, ob die Unterstützung einen beweis- oder messbaren tatsächlichen Nutzen im konkreten Fall für die Verwirklichung der Ziele - hier also für eine Straftat im Rahmen der organisierten Kriminalität - hat (vgl. Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, BVerfSchG, § 4 Rn. 35 f. m.w.N.).
63
cc) Über solche Bestrebungen oder Tätigkeiten darf nur informiert werden, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen (Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG). Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssen objektiv gegeben sein und somit die Grundlagen der Berichterstattung bilden, selbst aber im Bericht nicht ausdrücklich erwähnt werden (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2020 - 10 ZB 18.2223 - juris Rn. 12).
64
(1) Die Wendung der hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte stellt einen gerichtlich voll nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff dar (BayVGH, U.v. 22.10.2015 - 10 B 15.1320 - juris Rn. 42). Zu kontrollieren ist sowohl das Vorliegen der tatsächlichen Anhaltspunkte selbst als auch die daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerung, dass diese Tatsachen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Berichterstattung begründen (BayVGH, U.v. 22.10.2015 - 10 B 15.1320 - juris Rn. 42).
65
(2) Das Vorliegen von gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte verlangt nach einer konkreten und in gewissem Umfang verdichteten Tatsachenbasis (vgl. BayVGH, U.v. 6.7.2017 - 10 BV 16.1237 - juris Rn. 26). Bloße Vermutungen reichen zwar nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 - 6 C 22.09 - juris Rn. 30), nicht erforderlich ist aber Gewissheit darüber, dass Bestrebungen - hier - der organisierten Kriminalität vorliegen (vgl. BayVGH, U.v. 6.7.2017 - 10 BV 16.1237 - juris Rn. 26; BayVGH, U.v. 22.10.2015 - 10 B 15.1320 - juris Rn. 36 - jeweils in Bezug auf Art. 15 S. 1 a.F.). Hinreichendes Gewicht haben tatsächliche Anhaltspunkte daher dann, wenn - ähnlich wie beim strafprozessualen Anfangsverdacht - die Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die in Rede stehenden Bestrebungen oder Tätigkeiten vorliegen (vgl. Meermagen in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 26 BayVSG Rn. 22).
66
b) Diese unter a) genannten Voraussetzungen sind vorliegend für die Nennung des Klägers als Supporter der Hells Angels im Allgemeinen sowie seiner namentlich bezeichneten Charter als Supporter des Hells Angels MC Hof City im Besonderen erfüllt. Es liegen ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Hells Angels organisierte Kriminalität im Sinne des Art. 4 Abs. 2 BayVSG verwirklichen (aa) und der Kläger insoweit nachdrückliche Unterstützungsleistungen erbracht hat (bb). Die (bloße) Unterstützungsrolle des Klägers wurde auch durch die konkrete Darstellung in den jeweiligen Verfassungsschutzberichten ausreichend deutlich gemacht; ihm wird kein unzutreffendes Bestrebungsbild zugeschrieben (cc).
67
aa) Die Hells Angels sind auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität im Sinne des Art. 4 Abs. 2 BayVSG tätig. Darauf kommt es an, weil eine Unterstützung durch den Kläger verfassungsschutzrechtlich nur relevant sein kann, wenn der Unterstützte verfassungsschutzrechtlich relevant ist. Dies ergibt sich nicht nur begriffslogisch, sondern auch aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG (i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG), der auf die eigenen („seine“) Bestrebungen des unterstützen Personenzusammenschlusses abstellt.
68
(1) Die Zugehörigkeit der Hells Angels zur Organisierten Kriminalität ist in der Rechtsprechung - zumeist im waffenrechtlichen Kontext - vielfach angenommen worden (vgl. etwa BayVGH, B.v. 5.10.2020 - 24 BV 19.510 - juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 10.10.2013 - 21 BV 13.429 - juris Rn. 48 ff.; VG Freiburg, U.v. 1.7.2020 - 1 K 6023/18, BeckRS 2020, 41985 Rn. 47 ff. m.w.N.; allgemein zur Einordnung sog. Outlaw Motorcycle Gangs VGH BW, U.v. 12.5.2021 - 6 S 756/19 - juris Rn. 30 ff.; s. a. LG Wuppertal, B.v. 29.1.2021 - 31 StVK 7/21 - juris Rn. 50).
69
Diese Einschätzungen sind auch für die Einordnung in den streitgegenständlichen Verfassungsschutzberichten zutreffend, auch für die hiesige Einordnung im Bereich des Verfassungsschutzrechts relevant und tragen ohne weiteres die Annahme von hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkten für die jeweiligen Berichtszeiträume der in Rede stehenden Verfassungsschutzberichte.
70
So ergibt sich beispielsweise aus dem Lagebild Organisierte Kriminalität 2016 des Bundeskriminalamtes, dass sich im Jahr 2016 35 Verfahren aus dem „Phänomenbereich“ der Organisierten Kriminalität (OK-Verfahren) gegen Angehörige sog. Rockergruppierungen richtete. Davon wurden 28 Verfahren gegen Angehörige des Hells Angels MC geführt. Rund die Hälfte dieser OK-Verfahren wurde wegen Rauschgifthandels oder -schmuggels geführt; 37,1% der Verfahren hatten Gewaltkriminalität (Erpressungs- und Tötungsdelikte) zum Gegenstand. In weiteren 39 OK-Verfahren wurden Verbindungen zu Angehörigen sog. Rockergruppierungen, zu denen die Charter des Hells Angels MC gerechnet werden, festgestellt. Ähnliches ergibt sich aus den Lagebildern der Folgejahre (vgl. die Darstellung des Beklagte im Schriftsatz vom 14.1.2021).
71
Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden verschiedener Länder, die der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 14. Januar 2021 zusammengefasst hat und auf den das Gericht Bezug nimmt, ist beobachtet worden, dass die Mitglieder des Hells Angels MC vielerorts in arbeitsteiliger Weise aus Macht- und Gewinnstreben erhebliche Straftaten begehen. In der jüngeren Vergangenheit sind deshalb auch zahlreiche Charter verboten worden (vgl. OVG NW, U.v. 27.9.2021 - 5 D 91/17 - juris; OVG Berlin-Bbg, U.v. 29.9.2020 - OVG 1 A 3.13 - juris). Im Vordergrund der kriminellen Aktivitäten steht die wirtschaftliche Betätigung auf Geschäftsfeldern wie dem Sicherheitsgewerbe, der Rotlichtszene, der Gastronomie und des Handeltreibens mit Betäubungsmittel. Beobachtet wird die Bereitschaft, eigene Gebiets- und Machtansprüche gegenüber konkurrierenden Motorradclubs, insbesondere dem Bandidos MC, mit allen zur Einschüchterung geeigneten Mitteln durchzusetzen. Konkurrenten werden durch Drohungen oder mittels Gewalt und unter Inkaufnahme schwerster Verletzungen ausgeschaltet. In Berlin werden nach behördlichen Einschätzungen ganze Straßenzüge von den ansässigen Hells Angels-Gruppierungen beansprucht (vgl. zum Ganzen die Übersicht auf S. 9 des Schriftsatzes des Beklagten vom 14.1.2021, dort auch zu den dazu ergangenen obergerichtlichen Entscheidungen).
72
(2) Diese Erkenntnisse tragen die streitgegenständlichen, auf die Hells Angels bezogenen Einschätzung des Verfassungsschutzberichts, ohne dass es darauf ankäme, ob für jedes im Bericht genannte Charter individuelle Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieses jeweils selbst organisierte Kriminalität im Sinne des Art. 4 Abs. 2 BayVSG verwirklicht (gegen eine ortsgruppenbezogene Betrachtung im Waffenrecht vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2013 - 21 B 12.960 - juris Rn. 62; s.a. BVerwG, U.v. 28.1.2015 - 6 C 1/14 - juris Rn. 13 f.). Denn beim Hells Angels MC handelt es sich um eine stark hierarchisch geprägte Organisation, in deren Rahmen einzelne Charter grundsätzlich keine Sonderexistenz führen. Insoweit besteht gewissermaßen für alle Charter wie für den Hauptverein eine verfassungsschutzrechtliche Gesamtverantwortung. Für das Verhalten der Mitglieder des Hells Angels MC gilt ein strenger, ungeschriebener Ehrenkodex. Diesen Regeln unterwerfen sich alle Mitglieder. Loyalität und Zuverlässigkeit sind im Rahmen einer langen Probezeit unter Beweis zu stellen. Die Charter des Hells Angels MC sind sämtlich nach weltweit geltenden Strukturprinzipien organisiert, in einer globalen Übersicht erfasst und insofern organisatorisch in ein Gesamtgefüge eingebunden (vgl. im Einzelnen S. 12 des Schriftsatzes der Beklagten mit den in Bezug genommenen Anlagen 36, 37, 39 und 40). Die Mitgliedschaft im Hells Angels MC ist zudem das Ergebnis eines intensiven Selektions- und Sozialisationsprozesses. Die Mitglieder sind ortsübergreifend in einem von einem gemeinsamen Verständnis von Bruderschaft wurzelnden Korpsgeist miteinander verbunden. Prägend für das Selbstverständnis des Milieus ist die Unterordnung des Einzelnen unter den Willen der Gruppierung unter gleichzeitiger Delegitimierung staatlicher Autorität einschließlich des staatlichen Gewaltmonopols. Zentrale Funktionsträger treten charterübergreifend auf, so etwa zur medialen Inszenierung eines sog. Friedensabkommens zwischen den Hells Angels MC und dem Bandidos MC (vgl. zum Ganzen Stenger/Bertolini, Kriminalistik 10/18, 588; BayVGH, U.v. 10.10.2013 - 21 B 12.960 - juris Rn. 63). Die Vorstellung, dass einzelne Charter der Hells Angels eine isolierte Sonderexistenz abseits der gruppentypischen Aktivitäten, insbesondere der Tendenz zur Durchsetzung von Gebietsansprüchen und Geschäftsinteressen mit erheblichen Straftaten, führten, überzeugt unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse und des Geschlossenheitsgrades der Gesamtorganisation nicht. Der Kläger kann daher nicht mit Erfolg vortragen, dass das von ihm unterstützte Charter „Hells Angels MC Hof City“ bei isolierter Betrachtung keine Bestrebung oder Tätigkeit der organisierten Kriminalität darstelle.
73
bb) Es liegen auch hinreichend gewichtige tatsächlicher Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei dem Kläger um eine Unterstützervereinigung der Hells Angels, insbesondere des Hells Angels MC Hof City, handelt (2), die durch ihr Verhalten bzw. das Verhalten ihrer Mitglieder die Stellung und Aktionsmöglichkeiten der Hells Angels verbessert und damit deren Gefahrenpotenzial nachdrücklich stärkt (3). Auch bei dieser Einschätzung kommt keine charterbezogene Betrachtung zum Tragen. Es müssen nicht für jedes der Charter des Klägers ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieses jeweils eine nachdrückliche Unterstützungshandlung erbringt; auch insoweit existiert eine verfassungsschutzrechtliche Gesamtverantwortung, die die Nennung aller Charter des Klägers (auch der außerbayerischen, vgl. Rn. 58) in den Berichten trägt.
74
(1) Der gerichtlichen Überzeugungsbildung steht vorliegend nicht entgegen, dass die gewürdigten Erkenntnisse zum Teil lediglich durch Behördenzeugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz in das Verfahren eingeführt wurden. Zwar handelt es sich bei Behördenzeugnissen regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel, die die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offenlegen und daher einer zurückhaltenden Würdigung bedürfen. Im Fall eines substantiierten Bestreitens von Tatsachen dürfen sie grundsätzlich nur zur Abrundung des Gesamtbilds herangezogen werden, das sich maßgeblich auf andere Erkenntnisse stützen muss (vgl. VGH BW, U.v. 24.11.2006 - 1 S 2321/05 - juris Rn. 41 ff.; VG München, U.v. 22.5.2006 - M 7 K 05.5 - juris Rn. 56 ff.; VG Darmstadt, U.v. 14.3.2011 - 5 K 76/09 - juris Rn. 57 ff.). Vorliegend hat der Kläger die in den Behördenzeugnissen enthaltenen Tatsachenbehauptungen jedoch nicht bestritten; auch andere Zweifel an deren Richtigkeit haben sich im Laufe des Verfahrens nicht ergeben.
75
(2) Dass sich der Blood Red Section MC nach seinem - auch in Artikel I der Vereinssatzung vom 27. November 2012 niedergelegten - Selbstverständnis seit jeher als Supporterclub des Hells Angels Hof MC begreift und entsprechend nach außen darstellt, ist unbestritten und bringt eine besondere innere Nähe und Verbundenheit zum Ausdruck, die auch nicht durch Versuche, sich von den sicherheitsrechtlich relevanten Bestrebungen des Hells Angels MC zu distanzieren, begleitet wird. Die innere Verbundenheit der Clubs lässt sich - insoweit relevant für die Berichtszeiträume ab dem Jahr 2017 - auch daran erkennen, dass nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden, die der Kläger nicht bestritten hat, diese etwa bei einer Demonstration gegen eine nur den Hells Angels MC belastende Änderung des Vereinsgesetzes am … September 2017 teilgenommen haben und dass der Blood Red Section MC bei Feierlichkeiten des Hells Angels MC zu dessen 70-jährigen Bestehen im März 2018 eine starke Präsenz gezeigt hat.
76
(3) Die Nachdrücklichkeit der Unterstützung, die im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG, auf den Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG verweist, für eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht notwendig ist, ergibt sich aus einer Vielzahl weiterer Aspekte. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Kläger bzw. seine Mitglieder selbst Straftaten (als Täter oder Gehilfen) begangen haben.
77
So dient der Kläger den Hells Angels regelmäßig als Rekrutierungsstelle. Seit 2017 sind in neun dokumentierten Fällen Mitglieder des Klägers zum Hells Angels MC gewechselt. Hieraus erhellt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger gezielt und planhaft zukünftige Mitglieder des Hells Angels MC auf ihre Zuverlässigkeit und Loyalität überprüft und Interessenten die Möglichkeit der Bewährung bietet. Diese personellen Wechsel dürfen auch für die Rechtmäßigkeitsprüfung der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht 2016 herangezogen werden, da sie zumindest an früher festgestellte Tatsachen anknüpfen und insoweit Rückschlüsse auch auf den Berichtszeitraum 2016 zulassen (vgl. BayVGH, U.v. 6.7.2017 - 10 BV 16.1237 - Rn. 23). Ebenfalls schon 2016 hat der Wechsel von Vereinsmitgliedern zu einem mit den Hells Angels konkurrierenden Club zu schweren Auseinandersetzungen unter Beteiligung des Klägers geführt. Dabei kam es wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen dem Hells Angels MC Hof City und dem Gremium MC Franconia bzw. dem Gremium MC Nomads Franconia, bei denen der Blood Red Section MC auf Seiten der Hells Angels mitgewirkt und damit deren organisiert-kriminellen Tätigkeiten unterstützt hat. Anlass hierfür war ein Wechsel eines Mitgliedsanwärters („Prospect“) des Blood Red Section MC Hof zum Gremium MC Nomads Franconia. Die Auseinandersetzungen führten u.a. zur Festnahme von 14 Mitgliedern des Hells Angels MC Hof City durch SEK-Kräfte (zu weiteren Auseinandersetzungen vgl. S. 7 f. des Schriftsatzes des Beklagten vom 14.1.2021).
78
Auch andere Unterstützungshandlungen, wie dass der Kläger am … Januar 2019 seine Vereinsräume für eine Versammlung des Hells Angels MC bereitgestellt hat, sind bekannt geworden und tragen jedenfalls in ihrer Gesamtschau die Annahme von nachdrücklichen Unterstützungsleistungen. Die Gewichtigkeit der Unterstützungshandlungen wird schließlich auch daran deutlich, dass der Kläger über vielfach mehr Mitglieder verfügt als das Hells Angels Charter in Hof; das legt nahe, dass die Aktionsmöglichkeiten des Hells Angels Hof City MC durch das Zusammenwirken mit dem Blood Red Section MC in bedeutendem Umfang erweitert werden.
79
cc) Die Berichterstattung genügt auch den allgemeinen Grenzen staatlicher Informationstätigkeit, die auch bei einfachgesetzlicher Ausgestaltung - hier durch Art. 26 BayVSG - zu beachten sind (vgl. Hermes in Voßkuhle/Eifert/Möllers, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 3. Aufl. 2022, § 38 Rn. 93). Hierzu gehört insbesondere das Gebot der Sachlichkeit und Richtigkeit (vgl. Meermagen in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.7.2022, Art. 26 BayVSG Rn. 14), aber auch die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2010 - 10 CE 10.1201 - juris Rn. 23).
80
An der Richtigkeit der Einschätzungen des Beklagten bestehen, wie dargelegt, keine Zweifel.
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Die Darstellung in den jeweiligen Verfassungsschutzberichten ist auch sachlich, insbesondere zurückhaltend formuliert und auch systematisch innerhalb des Berichts nachvollziehbar verortet. Die Nennung des Klägers in der Rubrik „Organisierte Kriminalität / 1. Rockerkriminalität / 1.2 Bayerische OMCGs“ bzw. „1. OMCGs und rockerähnliche Gruppierungen / 1.2 OMCGs in Bayern“ stellt die Rolle des Klägers zutreffend dar, nämlich als jemand, der für einen und nicht in einem Personenzusammenschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG handelt. Die jeweiligen Vorbemerkungen der Berichte unterscheiden schon in ihrer Hinführung unter „Allgemeines“ klar zwischen den Outlaw Motorcycle Gangs und anderen Motorradclubs (MC), welche nur im Einzelfall kriminelle Aktivitäten entfalten. Der Kläger wird sodann auch nicht bei denjenigen Motorradclubs genannt, denen die Berichte eine solche „Betätigung auf verschiedenen Feldern der OK“ (so die jeweils verwendete Formulierung) zuschreiben. Erkennbar abschließend werden dieser Kategorie nur der Hells Angels MC, der Bandidos MC, der Outlaws MC, der Gremium MC, der Mongols MC, der Rock Machine MC und der Trust MC zugeordnet (vgl. Verfassungsschutzbericht 2016, S. 275; Verfassungsschutzbericht 2017, S. 276; Verfassungsschutzbericht 2018, S. 297; Verfassungsschutzbericht 2019, S. 327; Verfassungsschutzbericht 2020, S. 331; Verfassungsschutzbericht 2021, S. 339).
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Der Kläger wird hingegen für jeden Leser erkennbar und wörtlich als „Unterstützungsgruppierung (sog. ‚Supporter‘) des Hells Angels MC“ genannt. Diese Rolle kommt, wie gezeigt, dem Kläger auch zu. Ob möglicherweise ein Leser wegen der unterstützenden Haltung dem Kläger nicht nur eine milieumäßige Nähe zum jeweils unterstützten „OK-Motorclub“ zuschreibt, sondern möglicherweise auch vermuten wird, dass die Unterstützer selbst Straftaten begehen - wenn vielleicht auch mit geringerem Schweregrad oder weniger häufig - kommt es nicht an. Das - verfassungskonforme - Gesetz mutet einem Unterstützer zu, als solcher genannt zu werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen. Hintergrund ist ausweislich des Wortlauts des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayVSG und nach dessen Sinn und Zweck die Sensibilisierung der Öffentlichkeit vor u. a. OK-Kriminalität und der sie unterstützenden Strukturen angesichts des Bedrohungspotentials der Organisierten Kriminalität im Allgemeinen und der langjährigen und hartnäckigen Tätigkeiten der Hells Angels auf diesem Gebiet im Besonderen.
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Die Erwähnung insgesamt wie auch diese Zuordnung - auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Abschnittsüberschriften des Berichts - sind schließlich in ihrer konkreten Ausgestaltung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn - trotz des tatbestandlichen Erfordernisses der nachhaltigen Unterstützung - die mit der Veröffentlichung verbundenen Nachteile des Klägers sich wegen Besonderheiten des Einzelfalls als unzumutbar darstellten. Dies ist nicht ersichtlich; der Kläger wird so belastet, wie es das Gesetz für den Regelfall für zumutbar erachtet.
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5. Auch die Vereinigungsfreiheit des Klägers wird durch die streitgegenständliche Nennung in den Verfassungsschutzberichten nicht verletzt. Die Eingriffe durch die jeweiligen Verfassungsschutzberichte sind gerechtfertigt. Zwar enthält Art. 9 Abs. 2 GG seinem Wortlaut nach nur Schranken für Vereinigungsverbote. Jedoch ist anerkannt, dass auf der Grundlage dieser Vorschrift auch sonstige - weniger tiefgreifende - Eingriffe zulässig sind; es ist dem Gesetzgeber nicht verwehrt, der Betätigung eines Vereins Schranken zu ziehen, die zum Schutz anderer Rechtsgüter von der Sache her geboten sind (vgl. BVerfG, B.v. 1.4.2003 - 1 BvR 539/03 - juris Rn. 9; Winkler in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 9 Rn. 100; Cornils in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, 51. Ed., Stand: 15.5.2022, Art. 9 Rn. 22). Vor diesem Hintergrund kann auch Art. 26 BayVSG das Grundrecht beschränken. Da dessen Voraussetzungen in Ansehung des Klägers jeweils vorlagen (vgl. oben Rn. 66 ff.), ist der Eingriff auch insoweit gerechtfertigt. Die vorgenommene Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. Rn. 81 ff.) fällt auch nicht mit Blick auf das möglicherweise gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gewichtigere Grundrecht der Vereinigungsfreiheit anders aus.
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6. Da die Nennung des Klägers im Verfassungsschutzbericht rechtmäßig erfolgt, steht diesem auch weder ein Unterlassungsanspruch noch ein auf das Internetangebot gerichteter Beseitigungsanspruch hinsichtlich der ihn betreffenden Passagen zu.
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D. Soweit der Kläger auch die Unterlassung zukünftiger Erwähnungen in den Verfassungsschutzberichten des Beklagten verlangt, ist die Klage bereits unzulässig.
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Rechtsschutz gegen die Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht ist in erster Linie im Hinblick auf den konkreten Verfassungsschutzbericht zu suchen, der die jeweilige Erwähnung enthält (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 - 10 C 20.1417 - juris Rn. 31).
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Eine Klage, die darauf gerichtet ist, eine Erwähnung in künftigen Verfassungsschutzberichten zu verhindern, fehlt in der Regel das für vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche besondere Rechtsschutzinteresse, sofern - wie hier - die Erwähnung nach ihrem Inhalt und ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen noch nicht so weit bestimmt ist, dass eine Rechtmäßigkeitsprüfung möglich wäre (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2020 - 10 C 20.1417 - juris Rn. 31 m.w.N., sowie oben Rn. 24). Es liegt auch keine Fallkonstellation vor, in der sich das Rechtsschutzbedürfnis möglicherweise ausnahmsweise bejahen ließe, weil sich der Kläger etwa gegen die Aufnahme einer bereits konkret feststehenden (aber als falsch behaupteten) Anknüpfungstatsache in einen künftigen Verfassungsschutzbericht wenden würde. Jedenfalls scheidet vorliegend ein Anspruch auf Unterlassung darauf, dass die streitgegenständlichen Passagen nicht künftig auf Basis der die bisherigen Veröffentlichungen tragenden Erkenntnisse wiederholt werden können soll (zur Auslegung des Antrags vgl. Rn. 21 ff.), vorliegend aus, weil die Prüfung ergeben hat, dass die Erwähnung des Klägers in den bisher veröffentlichten Berichten rechtmäßig ist und auch nicht bereits jetzt ersichtlich ist, weshalb diese Beurteilung nicht für einen künftigen Bericht gelten sollte.
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E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nrn. 11, 711 Satz 1 ZPO.