VG Regensburg, Beschluss v. 04.08.2022 – RO 7 S 22.1428
Titel:

Nachbareilantrag gegen Baugenehmigung für Mehrfamilienhaus

Normenketten:
BayBO Art. 6
BauGB § 31 Abs. 2
BauNVO § 12 Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Bei einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung kommt es auf Ermessensfehler bei der Bejahung eines Abwehranspruchs des Nachbarn nicht an (vgl. VGH München BeckRS 2018, 14506 Rn. 36). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gegen die erdrückende Wirkung eines Bauvorhabens spricht als Indiz zunächst die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen des Bauvorhabens nach Art. 6 BayBO. In diesem Fall ist nämlich grundsätzlich davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die diesbezüglichen nachbarlichen Belange und damit das diesbezügliche Konfliktpotenzial in einen vernünftigen und verträglichen Ausgleich gebracht hat. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung scheidet in aller Regel aus, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden. Das Gebot der Rücksichtnahme ist insoweit vom Landesgesetzgeber mit diesen Belangen in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften konkretisiert worden (vgl. VGH München BeckRS 2016, 47036 Rn. 7). (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Nachbarklage gegen Baugenehmigung, Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans (Gebäude- bzw. Kniestockhöhe, Mindestseitenverhältnis, Dachgaube, Abstandsfläche, Material der Dacheindeckung, Baugrenze), Keine Rücksichtslosigkeit wegen erdrückender Wirkung, Stellplatzlärm oder Beschattung, Gebot der Rücksichtnahme, Nachbarschutz, Befreiung, erdrückende Wirkung, Verschattung, Stellplätze
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.09.2022 – 15 CS 22.1851
Fundstelle:
BeckRS 2022, 23710

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
2
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebauten Grundstücks Fl.-Nr. 647 der Gemarkung S* … Südwestlich vom Grundstück der Antragstellerin grenzt das Grundstück der Beigeladenen Fl.-Nr. 646 unmittelbar an.
3
Sowohl das Grundstück der Antragstellerin als auch das der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 31 „östlich der D* … Straße“. In der Umgebung befinden sich vorwiegend Wohngebäude mit Nebengebäuden.
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Die Beigeladenen beantragten mit Formblatt vom 27. November 2021 den Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses mit 5 Wohneinheiten und Stellplätzen auf dem Grundstück Fl.-Nr. 646.
5
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022 wurde den Beigeladenen die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit 5 Wohneinheiten und Stellplätzen auf diesem Grundstück antragsgemäß genehmigt. In Ziffer II. 2 wurde den Beigeladenen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Erstellung von Dachgauben, des Mindestseitenverhältnisses 5:4, des Materials der Dacheindeckung, der Einhaltung der rückwärtigen Baugrenze, der Gebäudehöhe bzw. Kniestockhöhe (0,5 m bis zu 1,00 m) und der Abstandsflächen des Hauptgebäudes zur seitlichen Nachbarsgrenze von mindestens 4,00 m eine Befreiung erteilt. Die Baugenehmigung enthält in Ziffer 3. B. 4. die Auflage, 11 Stellplätze für Kraftfahrzeuge in ausreichender Größe und Beschaffenheit herzustellen. Die Stellplätze Nr. 1 bis Nr. 10, welche entlang der Zufahrt zur D* … Straße, angrenzend an das Grundstück Fl.-Nr. 646/3, situiert sind, weisen zum Wohngebäude der Antragstellerin eine Entfernung zwischen 25 m und 50 m auf. Der Stellplatz Nr. 11 liegt an der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin. Das Mehrfamilienwohnhaus hat mit Anbau eine Länge von circa 27 m, eine Breite von maximal circa 8 m und eine Höhe von höchstens 10,02 m.
6
Der Abstand des genehmigten Gebäudes zur gemeinsamen Grundstücksgrenze mit der Antragstellerin beträgt an der schmalsten Stelle ca. 4,60 m und an der breitesten Stelle ca. 5,20 m. Das Wohngebäude der Antragstellerin ist an der schmalsten Stelle 2,85 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt. Der durchschnittliche Abstand der beiden Wohngebäude beträgt 8,00 m.
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Gegen die Baugenehmigung, welche der Antragstellerin am 26. Januar 2022 zugestellt wurde, erhob die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 28. Februar 2022 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg (RO 7 K 22.608), über die noch nicht entschieden wurde.
8
Am 18. Mai 2022 hat die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten beim Verwaltungsgericht Regensburg um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin nachsuchen lassen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zu den Abstandsflächen die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 31 Abs. 2 BauGB verletze. Es sei nur formelhaft begründet worden, dass von den Festsetzungen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen befreit werden konnte. Eine Abwägung fehle vollkommen. Bei der Abwägung der nachbarlichen Interessen hätte die Größe des Gebäudes und die Nähe zum Grundstück und Wohnhaus der Antragstellerin berücksichtigt werden müssen. Zudem sei ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gegeben. Das Vorhaben, welches näher als 4 m an das Grundstück der Antragstellerin heranrücke, rage wie eine Wand vor ihrem Gebäude empor. Die Antragstellerin würde die Situation wie den „Anblick der Berliner Mauer“ empfinden. Ferner werde ihr jegliches Licht genommen. Aus dem Sonnenstands- bzw. Schattenwurfgutachten des Sachverständigen Dipl-Ing. … vom 15. Mai 2022 ergebe sich, dass es durch das Vorhaben - insbesondere in der Zeit zwischen September und März - zu einer erheblichen, über Stunden andauernden Beschattung des Grundstücks der Antragstellerin sowie der darauf errichteten Gebäude komme. Gegen das Rücksichtnahmegebot verstoße auch die rückwärtige Zufahrt zum Bauvorhaben. Dies gelte umso mehr, als das Vorhabengrundstück südlich zum Grundstück der Antragstellerin gelegen sei. Des Weiteren würde die große Zahl der genehmigten Stellplätze und deren Situierung zu erheblichen Immissionen zu Lasten der Antragstellerin führen. Ein Stellplatz grenze unmittelbar an den Gemüsegarten der Antragstellerin an. Es seien ferner erhebliche Rangiermanöver zu erwarten. Es sei zudem von einer erheblichen Versiegelung der Flächen mit entsprechend nachteilig verändertem Abfluss des Niederschlagswassers auszugehen. Dies werde auch dadurch verstärkt, dass das ca. 2016 abgerissene Wohngebäude auf dem Baugrundstück unterkellert gewesen sei und die Kellersohle nicht entfernt worden sei. Insofern sei ein Verstoß gegen das in § 37 WHG verankerte Gebot der Rücksichtnahme gegeben.
9
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 28. Februar 2022 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022 anzuordnen.
10
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
11
Ein Verstoß gegen das drittschützende Bauplanungsrecht liege nicht vor. Bei den zu beurteilenden Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 31 „östlich der D* … Straße“ handle es sich nicht um nachbarschützende Festsetzungen. Weder aus dem Bebauungsplan noch aus dessen Begründung hätten sich Anhaltspunkte für einen drittschützenden Charakter ergeben. Ferner seien die im Bescheid erteilten Befreiungen gegenüber der Antragstellerin auch nicht rücksichtslos. Eine Bebauung unter Einhaltung der im Bebauungsplan festgelegten Baugrenzen sei wegen des länglichen, sehr schmalen Zuschnitts nicht möglich. Darüber hinaus halte das Bauvorhaben zum Grundstück der Antragstellerin hin den im Bebauungsplan festgelegten Mindestabstand von 4,00 m deutlich ein, so dass sich die hinsichtlich der Abstandsflächen erteilte Befreiung hier nicht auswirke. Das Bauvorhaben halte zudem die Vorgaben des Art. 6 BayBO ein. Des Weiteren sei die Festsetzung zur Gebäude- bzw. Kniestockhöhe der Antragstellerin gegenüber nicht rücksichtslos. Die Befreiung ermögliche, dass die Räume im Dachgeschoss als Wohnräume genutzt werden können. Die maximal zulässige Wandhöhe von 7,00 m sei nur geringfügig überschritten worden. Aufgrund der eingehaltenen Abstandsflächen sei auch keine abriegelnde oder erdrückende Wirkung gegeben. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Belichtung, Besonnung und Belüftung des Grundstücks der Antragstellerin liege nicht vor. Das von der Antragstellerin vorgelegte Schattenwurfgutachten ändere daran nichts. Die zur Erstellung des Gutachtens verwendeten Berechnungsgrundlagen seien fehlerhaft. Das Gutachten äußere sich nicht zum genauen Umfang der gebäudebedingten Verschattung, so dass ein Rückschluss auf die konkrete Betroffenheit nicht möglich sei. Das Gutachten treffe nur die generelle Aussage, dass es in der Zeit vom 2. September bis zum 1. April eines jeden Jahres - mit Höhepunkt 21. Dezember - zu einer erheblichen, über Stunden dauernden Beschattung kommen werde. Zur Frage, wie stark der Schattenwurf jeweils sein werde und wann auch die südliche Fassade des Wohnhauses der Antragstellerin in welchem Umfang beschattet werde, äußere sich das Gutachten nicht. Aus dem Gutachten gehe auch nicht hervor, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es in den Wohnräumen der Antragstellerin zu einer Beeinträchtigung der Tageslichtversorgung komme. Eine Unzumutbarkeit des Bauvorhabens ergebe sich nicht im Hinblick auf den Fahr- und Parkverkehr. Es seien keine besonderen Umstände ersichtlich, die ausnahmsweise eine nach § 12 Abs. 2 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet zulässige Nutzung unzulässig machen würden. Die maximale Anzahl der Stellplätze sei so weit wie möglich vom Wohnhaus der Antragstellerin situiert. Lediglich ein Stellplatz befinde sich in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses. Die Stellplätze Nrn. 6 bis 10 würden zusätzlich durch das geplante Wohnbauvorhaben abgeschirmt. Ferner müsse bei allen Stellplätzen nur einmal zurückgesetzt werden. Ein mehrmaliges Rangieren sei nicht nötig. Des Weiteren sei das Vorhaben auch nicht aufgrund einer erheblichen Versiegelung mit entsprechend nachteilig verändertem Abfluss des Niederschlagswassers rücksichtslos. Der Anwendungsbereich des § 37 WHG sei bereits nicht eröffnet, da das Niederschlagswasser nicht als wild abfließendes Wasser i. S. d. § 37 WHG zu qualifizieren sei. Im Hinblick auf die Flächenversiegelung sei auch im Übrigen kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot erkennbar.
12
Die Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, auf die beigezogene Gerichtsakte in dem Verfahren RO 7 K 22.608 sowie auf die in den Verfahren vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Eilantrag hat keinen Erfolg.
15
A. Der Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 20. Januar 2022 ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO, weil die gegen die Baugenehmigung erhobene Klage der Antragstellerin keine aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB).
16
B. In der Sache erweist sich der zulässige Antrag jedoch als unbegründet.
17
Ein Antrag eines Nachbarn auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen eine Baugenehmigung hat dann Erfolg, wenn das Aussetzungsinteresse des Nachbarn das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des streitgegenständlichen Verwaltungsakts bzw. das Vollzugsinteresse des Bauherrn überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung richtet sich in der Regel maßgeblich nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache bei summari-scher Prüfung der Sach- und Rechtslage.
18
Bei summarischer Prüfung nach Aktenlage wird die Klage keinen Erfolg haben, da die streit-gegenständliche Baugenehmigung vom 20. Januar 2022 die Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Ein Nachbar kann eine Baugenehmigung nur insoweit angreifen als die als verletzt gerügte Norm Nachbarschutz vermittelt und zum Prüfprogramm zählt. Mangels eines Sonderbaus (vgl. Art. 2 Abs. 4 BayBO) erfolgte zu Recht eine Prüfung im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 Satz 1 BayBO die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB (Nr. 1a), mit den Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO (Nr. 1b) und mit den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 Abs. 1 BayBO (Nr. 1c), beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO (Nr. 2) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Nr. 3).
20
I. Eine Verletzung von drittschützendem Bauplanungsrecht i.S.v. Art. 59 Satz 1 Nr. 1a) BayBO vermag die Kammer nicht zu erkennen.
21
1. Aus den gem. § 31 Abs. 2 BauGB erteilten Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans ergibt sich keine Rechtsverletzung der Antragstellerin.
22
Hinsichtlich der Befreiung von der Festsetzung zu den Abstandsflächen des Hauptgebäudes zur seitlichen Nachbarsgrenze von mindestens 4,00 m scheidet eine Rechtsverletzung bereits deswegen aus, weil das Vorhaben die festgesetzte Abstandsfläche von mindestens 4,00 m evident einhält. Der Abstand des genehmigten Gebäudes zur gemeinsamen Grundstücksgrenze beträgt an der schmalsten Stelle ca. 4,60 m und an der breitesten Stelle ca. 5,20 m.
23
Im Übrigen ist im Rahmen einer Nachbarklage gegen Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB zu differenzieren, ob von Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden soll, die dem Nachbarschutz dienen. Wird eine Befreiung von nachbarschützenden Festsetzungen erteilt, ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil sie eine Voraussetzung des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht dem Nachbarschutz, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des Gebots der Rücksichtnahme, das im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ (§ 31 Abs. 2 BauGB) enthalten ist (BayVGH, B.v. 8.11.2016 - 1 CS 16.1864 - juris; BayVGH, B.v. 1.12.2016 - 1 ZB 15.1841 - juris).
24
Im Gegensatz zu Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung haben Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen, zum Maß der baulichen Nutzung und zur Gestaltung der baulichen Anlagen grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion (vgl. EZBK/Söfker, 138. EL Mai 2020, BauGB § 31 Rn. 69b ff., m.w.N.). Die Planbetroffenen werden durch diese Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht in gleicher Weise wie bei der Festsetzung der Nutzungsart zu einer Schicksalsgemeinschaft verbunden, weil die vorgenannten Festsetzungen den Gebietscharakter in der Regel unberührt lassen und nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke besitzen. Insoweit sind die betroffenen Nachbarn ausreichend über das Gebot der Rücksichtnahme des § 31 Abs. 2 BauGB geschützt. Die betreffenden Festsetzungen können nur ausnahmsweise dann Drittschutz vermitteln, wenn sich ein entsprechender Planungswille der Gemeinde bzw. Stadt als Planungsträgerin mit der hinreichenden Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan, dessen Begründung oder sonstigen Unterlagen ergibt. Es reicht zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus, dass eine Festsetzung des Bebauungsplans günstige Auswirkungen auf die Nachbargrundstücke zur Folge hat (vgl. zum Maß der Nutzung BVerwG, B.v. 23.6.1995 - 4 B 52/95, zu gestalterischen Festsetzungen BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - und im Übrigen BayVGH, B.v. 30.6.2009 - 1 ZB 07.3058; BayVGH, B.v. 23.11.2015 - 1 CS 15.2207; BayVGH, B.v. 8.11.2016 - 1 CS 16.1864; BayVGH, B.v. 1.12.2016 - 1 ZB 15.1841 - jeweils juris).
25
Hiervon ausgehend dienen die von den streitgegenständlichen Befreiungen betroffenen Festsetzungen dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen bzw. ge-stalterischen Entwicklung und haben nicht auch den Zweck, die Rechte der Nachbarn zu schützen. Es ergibt sich weder aus der Formulierung der Festsetzungen noch aus der Begründung des Bebauungsplans der eindeutig erkennbare Wille der Antragsgegnerin als Plangeberin, die an das Vorhabengrundstück angrenzenden Nachbarn durch die Festsetzungen zur Baugrenze, zur Gebäude- und Kniestockhöhe, zur Dachgaube, zum Mindestseitenverhältnis und zum Material der Dacheindeckung in ihren Rechten schützen zu wollen.
26
Damit wurden ausschließlich Befreiungen von nicht nachbarschützenden Festsetzungen er-teilt.
27
Soweit die Antragstellerin rügt, dass eine Abwägung fehle, resultiert daraus keine Verletzung in ihren subjektiven Rechten.
28
Zwar kann sich bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung aus einem Ermessensfehler bei der Erteilung der Befreiung ein Abwehranspruch des Nachbarn ergeben. Der durch die nachbarschützende Festsetzung vermittelte Drittschutz erstreckt sich nämlich auch darauf, dass bei einer Befreiung die nachbarlichen Belange ordnungsgemäß - und damit auch ermessensgerecht - gewürdigt werden. Anders ist es jedoch bei einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung. Hier ergibt sich der Nachbarschutz nicht schon aus der Festsetzung, sondern erst aus dem nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme. Insoweit kommt es auf Ermessenfehler bei der Erteilung einer Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 - 15 ZB 17.635 - Rn. 36, juris; BayVGH, B.v. 16.8.2005 - 1 CS 05.1421 - Rn. 23, juris).
29
Da vorliegend eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen erteilt wurde, hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine Rechtsverletzung kann sich daher lediglich aus dem nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme ergeben.
30
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, ist abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des-jenigen ist, auf den Rücksicht zu nehmen ist, umso mehr kann dieser an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, umso we-niger muss der Bauherr Rücksicht nehmen. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es wesentlich auf die Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - juris).
31
Dies zugrunde gelegt erweisen sich die Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans weder einzeln noch in der Gesamtschau als rücksichtslos gegenüber der Antragstellerin.
32
Die Befreiungen von den Festsetzungen zur Gebäude- bzw. Kniestockhöhe, zum Mindestseitenverhältnis, zur Baugrenze und zur Dachgaube sind nicht rücksichtslos. Im Hinblick auf die Befreiung von der Festsetzung zur Gebäude- bzw. Kniestockhöhe resultiert dies bereits daraus, dass das geplante Vorhaben die in dem Bebauungsplan festgelegte Höhe (7,00 m) lediglich marginal (7,24 m) überschreitet. Ferner geht von dem genehmigten Vorhaben keine zur Rücksichtslosigkeit führende erdrückende oder abriegelnde Wirkung aus.
33
Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung kommt bei nach Höhe, Breite und Volumen „übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbar-ten Wohngebieten“ in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2016 - 9 ZB 14.2808 - juris). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris; B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris). Eine erdrückende Wirkung wurde beispielsweise ausnahmsweise bejaht für drei 11,5 m hohe Silos im Abstand von 6 m zu einem zweigeschossigen Wohnanwesen (BVerwG, U.v. 23.5.2016 - 4 C 34/85 - juris) oder auch für den Neubau eines 12-geschossigen Hochhauses neben einem zweigeschossigen Wohnhaus in einem von zwei- und dreigeschossiger Wohnbebauung geprägten Gebiet (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris).
34
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt bei dem Bauvorhaben keine erdrückende Wirkung vor. Gegen die geltend gemachte erdrückende Wirkung des Bauvorhabens auf das Grundstück der Antragstellerin spricht als Indiz zunächst die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen des Bauvorhabens nach Art. 6 BayBO. In diesem Fall ist nämlich grundsätzlich davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die diesbezüglichen nachbarlichen Belange und damit das diesbezügliche Konfliktpotenzial in einen vernünftigen und verträglichen Ausgleich gebracht hat (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Verhinderung einer unzumutbaren erdrückenden Wirkung auch zum Regelungszweck der landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen gehört und daher mit Blick auf planungsrechtliche Anforderungen zumindest aus tatsächlichen Gründen das Rücksichtnahmegebot im Regelfall dann nicht verletzt ist, wenn die Abstandsflächenvorschriften - so wie hier - zum Grundstück der Antragstellerin eingehalten sind.
35
Des Weiteren verfügt das Vorhaben lediglich über ein Erdgeschoss, ein Obergeschoss und ein Dachgeschoss. Außerdem weist es an der höchsten Stelle lediglich eine Höhe von 10,02 m auf. In der Gesamtschau der örtlichen Gegebenheiten, die durch Wohnbebauung geprägt sind, erscheint das Bauvorhaben nicht derart übermächtig, dass das Gebäude der Antragstellerin nur noch oder überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 9 CS 19.1767 - juris Rn. 22).
36
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, inwieweit sich aus der gestalterischen Festsetzung zum Material der Dacheindeckung ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ergeben soll.
37
2. Auch im Übrigen vermag das Gericht keine Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerten Gebots der Rücksichtnahme erkennen, da von der gem. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO regelzulässigen Anlage keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen ausgehen.
38
Durch den Zu- und Abfahrtverkehr zu den genehmigten 11 Stellplätzen werden keine unzumutbaren Immissionen für das Grundstück der Antragstellerin ausgelöst.
39
Nach der Rechtsprechung zu § 12 Abs. 2 BauNVO gilt für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit von Stellplatzlärm in Wohngebieten. Der Grundstücksnachbar hat deshalb die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen Immissionen der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2019 - 9 ZB 17.54 - juris). In diesen Fällen besteht nur in besonderen Ausnahmefällen ein Bedürfnis, die zu prognostizierende Lärmbelastung durch Parkvorgänge zu untersuchen (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass es ansonsten entgegen der anerkannten Sozialadäquanz des Parkverkehrs im Wohngebiet aufgrund der strengen Immissionsrichtwerte der TA Lärm zu weitreichenden Beschränkungen der Zulässigkeit offener Stellplätze im Wohngebiet kommen würde, da beispielsweise in allgemeinen Wohngebieten nachts ein Parkverkehr in einem Abstand von ca. 25 m zu bestehenden Wohnhäusern unzulässig wäre wegen Überschreitung des Spitzenpegels bei jedem einzelnen Zu- bzw. Abfahrtsvorgang (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris).
40
Ausnahmsweise rücksichtslos können Parkvorgänge auf dem Baugrundstück bei besonders belastenden Umständen sein. In der Rechtsprechung wird z.B. als belastend betrachtet eine überlange Zufahrt entlang der Grundstücksgrenze, eine besonders ungünstige steile Zufahrt zu den Stellplätzen und die entsprechenden Höhenverhältnisse zu den Wohnräumen, eine besonders beengte Situation, die zu vermehrtem Rangieraufwand führt („enge Hoflage“) so-wie eine Massierung von Stellplätzen auf der dem ruhigeren und besonders schützenswerten Bereich des Grundstücks des Nachbarn zugewandten Seite (BVerwG, B.v. 20.3.2003, 4 B 59/02 - juris), während z.B. eine Anordnung, die eine Massierung der Stellplätze vermeidet, entlastend wirkt (BVerwG, B. v. 20.3.2003, 4 B 59/02 - juris).
41
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die streitgegenständliche Zufahrt und Stellplatzanordnung keine unzumutbaren Auswirkungen auf die Antragstellerin.
42
Die Stellplätze Nrn. 1 - Nr. 10 und der damit verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr haben ersichtlich keine spürbaren Auswirkungen, da die Stellplätze zum Wohnhaus der Antragstellerin einen Abstand zwischen 25 m und 50 m aufweisen, die Zufahrt eben ist und die Fahrzeuge beim Ausparkvorgang nur einmal zurückgesetzt werden müssen. Die Stellplätze Nrn. 6 - Nr. 10 werden zudem durch das geplante Vorhabengebäude abgeschirmt.
43
Nach der im Eilrechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung sind auch hinsichtlich des Stellplatzes Nr. 11 keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine unzumutbare Beeinträchtigung ersichtlich. Die Zufahrt zu diesem Stellplatz ist mit ca. 55 m zwar relativ lang und der Stellplatz liegt vom Wohngebäude der Antragstellerin nicht weit entfernt. Allerdings führt dies nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens. Die Zufahrt erfolgt nämlich eben. Außerdem ist an der gemeinsamen Grundstücksgrenze lediglich ein Stellplatz situiert, während die übrigen 10 Stellplätze von den sensiblen Nutzungen der Antragstellerin in weiter Entfernung geplant sind. Selbst wenn - was bezweifelt wird - im Rahmen des Ausparkvorgangs ein erhebliches Rangieren erforderlich ist, führt dies nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Es geht nur um eine wohntypische Nutzung, die bei lediglich einem Stellplatz an der Grundstücksgrenze nicht über das nach § 12 Abs. 2 BauNVO zu duldende Maß hinausgeht.
44
Soweit die Antragstellerin rügt, dass das streitgegenständliche Vorhaben zu einer erheblichen, über Stunden dauernden Beschattung ihres Grundstücks und ihres Wohngebäudes führe und ihre jegliches Licht genommen werde, vermag die Kammer insoweit keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu erkennen.
45
Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht‚ von jeglicher Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst zu bejahen‚ wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 -, juris, Rn. 7). Eine Verschattung ist regelmäßig mit einem Bauvorhaben verbunden und vom Nachbarn insoweit hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2011 - 15 ZB 11.286 -, juris, Rn. 13).
46
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung scheidet in aller Regel aus, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen - so wie hier - eingehalten werden. Das Gebot der Rücksichtnahme ist insoweit vom Landesgesetzgeber mit diesen Belangen in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften konkretisiert worden (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 -, juris, Rn. 7).
47
Weder aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Sonnenstands- bzw. Schattenwurfgutachten noch aus sonstigen Aspekten ergeben sich nach Auffassung des Gerichts hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehende Verschattung ausnahmsweise unzumutbar ist.
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Nach Auffassung der Kammer erweist sich das vorgelegte Gutachten als nicht schlüssig und lückenhaft. Es kann daher keine hinreichende Beurteilungsgrundlage für die Frage der Zumutbarkeit der Beeinträchtigungen bilden. Es bestehen ernstliche Zweifel an der im Gutachten enthaltenen pauschalen Feststellung, dass die Schatteneinwirkung auf das Grundstück Fl.-Nr. 647 im ganzjährigen Mittel 78% der Tageslichtzeit betrage (vgl. Sonnenstands- bzw. Schattenwurfgutachten, S. 10). Das Gutachten geht diesbezüglich davon aus, dass die Schatteneinwirkung auf das gesamte Grundstück im ganzjährigen Mittel 78% der Tageslichtzeit betrage. Das Grundstück der Antragstellerin (Fl.-Nr. 647) hat jedoch eine Grundfläche von ca. 2159 qm, während das geplante Mehrfamilienwohnhaus mit Anbau ausweislich der Bauakte lediglich eine Grundfläche von ca. 187 qm aufweist. Angesichts der großen Grundfläche des Grundstücks der Antragstellerin erschließt sich daher nicht, weshalb der Schattenwurf des geplanten Wohngebäudes auf das gesamte Grundstück der Antragstellerin im ganzjährigen Mittel 78% der Tageslichtzeit betragen soll.
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Jedenfalls kann aus den pauschalen Ausführungen des Gutachtens nicht der Schluss gezogen werden, dass die von dem Vorhaben ausgehende Beschattung unzumutbar ist. Das Gutachten trifft nämlich nur die generelle Aussage, dass es zu einer erheblichen, über Stunden dauernden Beschattung des Grundstücks und insbesondere auch des dort errichteten Gebäudes kommen werde. Zur Frage, welche Grundstücksfläche konkret von dem Schattenwurf betroffen ist und wann auch die südliche Fassade des Wohnhauses der Antragstellerin in welchem Umfang beschattet wird, enthält das Gutachten keine Stellungnahme. Zudem ergibt sich aus dem Gutachten nicht, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es in den Wohnräumen der Antragstellerin zu einer Beeinträchtigung der Tageslichtversorgung kommt.
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Aber auch nach den allgemeinen Grundsätzen ist keine Unzumutbarkeit ersichtlich. Die Abstandsflächen sind eingehalten. Zudem ist im Hinblick auf den deutlichen Abstand von durchschnittlich 8,00 m zwischen den Wohngebäuden eine ausreichende Belichtung des Wohnhauses der Antragstellerin gewährleistet. Außerdem befinden sich nördlich und südöstlich des Anwesens der Antragstellerin in der direkten Umgebung keine weiteren Hauptgebäude, sodass im Übrigen eine uneingeschränkte Belichtung, Besonnung und Belüftung sichergestellt ist. Des Weiteren ist angesichts der Größe des Grundstücks der Antragstellerin in Relation zur geringen Grundfläche des geplanten Vorhabens von einer hinreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung des Grundstücks der Antragstellerin auszugehen. Außerdem ist im innerstädtischen Bereich eine gewisse Verschattung grundsätzlich hinzunehmen. Die Antragstellerin besitzt keinen Anspruch darauf, dass die bisherige Bebauungssituation und die daraus resultierende Verschonung von Verschattung bestehen bleibt. Eine unzumutbare Verschattung ist nicht ersichtlich.
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3. Soweit die Antragstellerin die erhebliche Versiegelung der Fläche mit entsprechend nachteilig verändertem Abfluss des Niederschlagswassers und die Verletzung des § 37 WHG rügt, ist zunächst festzustellen, dass § 37 WHG bereits nicht Teil des Prüfungsumfangs der Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO ist. Deshalb mangelt es bereits an der notwendigen Regelungs- bzw. Feststellungswirkung.
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Im Übrigen gewährt das öffentliche Baurecht keinen Schutz gegen den Abfluss von Wasser auf das Nachbargrundstück (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 -, juris). Etwas Anderes kann - unter dem Aspekt des Gebots der Rücksichtnahme - allenfalls ausnahmsweise dann gelten, wenn durch die unzureichende Erschließung Nachbargrundstücke unzumutbar betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2017 - 15 CS 16.1883 - juris Rn. 19). Dies ist z. B. der Fall, wenn das Niederschlagswasser auf das Grundstück des Nachbarn abgeleitet wird und es dadurch zu unzumutbaren Überschwemmungen auf dem Nachbargrundstück kommt (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 -, juris).
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Es ist bereits nicht substantiiert dargelegt, inwieweit das Grundstück der Antragstellerin durch eine eventuell mangelhafte Versickerung betroffen sein sollte und inwieweit sich das erheblich nachteilig auswirken sollte. Unabhängig davon spricht gegen die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens, dass nach dem Entwässerungsplan ein wasserdurchlässiges Pflaster eingebaut wird. Des Weiteren wurde im Planungsverfahren der ursprünglich geplante 12. Stellplatz zur Reduzierung der Versiegelung auf ein notwendiges Maß gestrichen. Ferner erfolgt auch kein gezieltes Ableiten des Niederschlagswassers. Daher ist nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin durch den veränderten Abfluss unzumutbar beeinträchtigt wird.
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II. Eine Verletzung des drittschützenden, gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 1b) BayBO zu prüfenden Art. 6 BayBO ist weder ersichtlich noch substantiiert dargelegt.
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Nach alledem wird die Klage der Antragstellerin voraussichtlich erfolglos bleiben, weshalb der Eilantrag abzulehnen war, zumal auch sonst keine Aspekte ersichtlich sind, die in einer solchen Situation ausnahmsweise doch den Interessen der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung Vorrang einräumen würden.
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C. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, da diese durch den Verzicht auf die Antragstellung kein eigenes Kostenrisiko übernommen haben.
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D. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.