VGH München, Beschluss v. 13.09.2022 – 15 CS 22.1851
Titel:
Eilantrag des Nachbarn gegen Mehrfamilienhaus - Verschattung des Grundstücks
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a, § 146
BauGB § 30, § 31 Abs. 2
BauNVO § 12 Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 2
BayBO Art. 6
GaStellV § 4
Leitsätze:
1. Art. 6 BayBO stellt mit seinem Zweck, im nachbarlichen Verhältnis insbesondere eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung zu gewährleisten, eine Schutznorm dar, die subjektive Abwehrrechte des Eigentümers des unmittelbar angrenzenden Grundstücks, in dessen Richtung die Abstandsfläche auf dem Baugrundstück selbst nicht eingehalten werden kann, begründet. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch aus Bauplanungsrecht, von jeder Beeinträchtigung der Belichtung, Belüftung und Besonnung verschont zu bleiben. Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind vielmehr in aller Regel in bebauten Ortslagen und insbesondere in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich hinzunehmen; das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn Verschattungen zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen führen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die DIN 5034-1 stellt keine rechtlich bindende Vorgabe für die Beurteilung der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer Verschattung dar. Ebenso wenig wie die Einhaltung der DIN 5034-1 ohne weiteres die Zumutbarkeit einer Verschattung begründet‚ ergibt sich im umgekehrten Fall allein aus ihrer Nichteinhaltung automatisch die Unzumutbarkeit einer Verschattung. Eine Unterschreitung des geforderten Maßes an Tageslicht oder Besonnung führt insbesondere nicht im Sinne eines absoluten Maßstabs zu ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Nachbarn haben die von Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall - vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls - hinzunehmen. Insbesondere finden die Bestimmungen über Spitzenpegelkriterien gem. Nr. 6.1 S. 2 TA Lärm insoweit keine Anwendung, weil ansonsten in allgemeinen Wohngebieten selbst in größeren Abständen zu Nachbaranwesen Stellplatzanlagen nicht errichtet werden dürften. Hierdurch würde die Wertung des § 12 Abs. 2 BauNVO umgangen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
5. Unzumutbarkeit kann ausnahmsweise als Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung dann anzunehmen sein, wenn die Stellplatzzufahrt besonders steil ist, ungünstige Höhenverhältnisse zu Wohnräumen auftreten, eine beengte Situation zu vermehrtem Rangieraufwand führt oder eine Massierung von Stellplätzen auf der dem ruhigen und besonders schützenswerten Bereich des Grundstücks des Nachbarn zugewandten Seite erfolgt. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde (erfolglos), Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, bauordnungsrechtliche Abstandsflächen, Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans, Gebot der Rücksichtnahme, erdrückende Wirkung, Verschattung, Nachbarbelastung aufgrund von Ein- und Ausparkvorgängen, Belichtung, Belüftung und Besonnung, Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 04.08.2022 – RO 7 S 22.1428
Fundstelle:
BeckRS 2022, 23709
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Antragstellerin wendet sich als Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. … der Gemarkung S. gegen die den Beigeladenen mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2022 unter Befreiung von diversen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. … „östlich der D. Straße“ erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 5 Wohneinheiten und Stellplätzen.“ Über ihre am 28. Februar 2022 beim Verwaltungsgericht Regensburg erhobene Anfechtungsklage mit dem Antrag, den Bescheid vom 20. Januar 2022 aufzuheben, ist noch nicht entschieden worden.
2
Den von der Antragstellerin am 18. Mai 2022 gestellten Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. August 2022 ab. Die Antragstellerin sei - so die Beschlussbegründung - bei summarischer Prüfung nach Aktenlage aller Voraussicht nach nicht in zum Prüfprogramm gem. Art. 59 BayBO rechnenden nachbarschützenden Rechten verletzt. Es seien ausschließlich Befreiungen von nicht nachbarschützenden Festsetzungen erteilt worden. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zulasten der Antragstellerin unter den Gesichtspunkten einer erdrückenden Wirkung, unzumutbarer Immissionen aufgrund Zu- und Abgangsverkehr (Stellplätze), einer unzumutbaren Verschattung sowie aufgrund sonstiger unzumutbarer Beeinträchtigungen sei nicht ersichtlich. Schließlich seien auch die drittschützenden Anforderungen des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts gegenüber der Antragstellerin nicht verletzt.
3
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie beantragt,
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unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 4. August 2022 die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 20. Januar 2022 anzuordnen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die Genehmigungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Anfechtungsklage zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
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Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass sich nach Aktenlage die auf die Aufhebung der streitgegenständlichen Baugenehmigung gerichtete Anfechtungsklage der Antragstellerin auf Basis ihres Beschwerdevortrags mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unbegründet erweisen wird, sodass deswegen nach der gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung auch der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung unbegründet ist. Dritte - wie hier die Antragstellerin als Nachbarin - können sich mit einer Anfechtungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen einen Baugenehmigungsbescheid zur Wehr setzen, wenn dieser rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 26.4.2021 - 15 CS 21.1081 - juris Rn. 23 m.w.N.).
9
a) Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Baugenehmigung wegen einer Verletzung des Art. 6 BayBO die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen könnte und ihre Anfechtungsklage deshalb Erfolg hätte.
10
Art. 6 BayBO stellt mit seinem Zweck, im nachbarlichen Verhältnis insbesondere eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung zu gewährleisten, eine Schutznorm dar, die subjektive Abwehrrechte des Eigentümers des unmittelbar angrenzenden Grundstücks, in dessen Richtung die Abstandsfläche auf dem Baugrundstück selbst nicht eingehalten werden kann, begründet (BayVGH, B.v. 5.4.2019 - 15 ZB 18.1525 - BeckRS 2019, 7160 Rn. 7 m.w.N.).
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Die in der Beschwerdebegründung zitierten Auflistungen auf Bl. 26 bis 28 der Genehmigungsakte der Antragsgegnerin beinhalten die Berechnungen, welche Abstandsflächen die Außenwände des streitgegenständlichen Vorhabens der Beigeladenen bezogen auf das Maß 0,4 H am Maßstab der gesetzlichen Regelung in Art. 6 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 BayBO einhalten müssten. Unter nachbarschutzrechtlichen Gesichtspunkten im Verhältnis zur Antragstellerin als Eigentümerin der nördlich an das Baugrundstück angrenzenden FlNr. … relevant ist dabei von vornherein nur die Berechnung für in Richtung dieses Grundstücks erforderlichen Abstandflächen vor den nördlichen bzw. nordöstlichen Wandseiten des Bauvorhabens, die sowohl in der Abstandsflächenberechnung als auch auf den zeichnerischen Bauvorlagen (Grundriss Erdgeschoss) die Bezeichnung „C“, „D“ und „D1“ und „F“ tragen. Da diese Berechnungen gesetzliche Abstandsflächen nach Norden bzw. Nordosten von deutlich unter 4 m ergeben, ist für den Fall, dass die textliche Festsetzung Nr. 7 des in den vorgelegten Akten in Kopie enthaltenen Bebauungsplans Nr. … „östlich der D. Straße“, dessen Wirksamkeit von den Beteiligten nicht infrage gestellt wurde, zur Anwendung kommt (vgl. Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO), für die Nordostfassade des streitgegenständlichen Bauvorhabens eine maximale Abstandsfläche auf dem Baugrundstück selbst von 4 m einzuhalten. Setzt man die in der zeichnerischen Bauvorlage für die Nordostwände „C“, „D“, „D1“ und „F“ dargestellten (auf dem Baugrundstück selbst liegenden) Abstandsflächen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung in Art. 6 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 BayBO ins Verhältnis zu der weiter nördlich bzw. nordöstlich verlaufenden Grenze zum Grundstück der Antragstellerin, ist - auch wenn dem Senat aufgrund der hier lediglich elektronisch übermittelten Bauakte und deren Ausdruck kein maßstabsgerechter Plan vorliegt - offensichtlich, dass die Abstände der Nordfassade des Bauvorhabens bis zur gemeinsamen Grenze des Baugrundstücks und des Antragstellergrundstück - wie die Antragsgegnerin erstinstanzlich zu Recht vorgetragen hat (vgl. Seite 5 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 31. Mai 2022 unter bb, Bl. 88 der VG-Akte RO 7 S 22.1428) - mehr als 4 m betragen.
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Inwiefern Abstandflächen nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung gem. Art. 6 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 BayBO oder nach Maßgabe der genannten Festsetzung des Bebauungsplans in Richtung anderer Grundstücke (also in Richtung Osten/Südosten zur FlNr. …2 oder in Richtung Süden/Südwesten zur FlNr. …3) eingehalten sind oder nicht und ob insofern rechtmäßig oder unrechtmäßig Befreiungen oder Abweichungen erteilt wurden [vgl. hierzu auch im Folgenden b) aa) ], spielt für den Nachbarschutz der Antragstellerin aus Art. 6 BayBO keine Rolle (vgl. BayVGH, U.v. 30.9.2020 - 15 B 19.1562 - juris Rn. 16 m.w.N.) und kann folglich dahinstehen. Ebenso kann offenbleiben, ob es der Antragstellerin nach Treu und Glauben (entsprechend § 242 BGB) von vornherein verwehrt ist, sich gegenüber der Antragsgegnerin und den Beigeladenen auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu berufen, weil auch die Bebauung auf ihrem Grundstück nach Süden bzw. Südwesten hin zum Grundstück der Antragstellerin nicht die Vorgaben des Art. 6 BayBO einhält (hierzu vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2021 - 15 CS 20.2892 - NVwZ-RR 2021, 522 = juris Rn. 26 ff.; B.v. 19.4.2021 - 15 C 21.907 - juris Rn. 20). Soweit die Antragstellerin im Zusammenhang mit der Behauptung der Verletzung des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts u.a. weiter vortragen lässt, ihr Gemüsegarten als ihr „Hobby und Lebensinhalt“ erstrecke sich entlang der südlichen Hausfront bis zur Garage, hat dies für die Anwendung des Art. 6 BayBO keine Bedeutung.
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b) Es ist nach Aktenlage sowie nach dem Beschwerdevortrag der Antragstellerin nicht wahrscheinlich, dass ihre Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung aufgrund der Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts Erfolg haben wird.
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aa) Soweit in der Antragsbegründung unter der Überschrift „bodenrechtliche Spannungen“ vorgetragen wird, dass der Rahmen der vorhandenen Bebauung im Vergleich zur Umgebungsbebauung durch die überbaute Grundstücksfläche und den Baukörper mit einer Überlänge von 27 m deutlich überschritten werde, dass die Grundstücke in der Umgebung mit „normal großen Wohnhäusern“ mit Gärten bebaut seien und dass sich das streitgegenständliche „kasernenartige“ Bauvorhaben, das etwa doppelt so lang wie ihr Haus sei, mit einer Annäherung an ihr Grundstück auf ihr Anwesen erdrückend wirke und einem die Luft zum Atmen nehme sowie ein seit Jahrzehnten bestehendes Wohngebiet mit Nutzgärten durchtrenne, vermag dies keinen Verstoß gegen das drittschützende - hier über § 31 Abs. 2 BauGB und / oder § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO anwendbare - bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme zu begründen. Dasselbe gilt, soweit der diesbezügliche Vortrag mit der weiteren Erwägung untermauert werden soll, das Bauvorhaben befinde unter Ignorierung der Vorgaben des § 23 BauNVO und des Nachbarschutzes sich „total außerhalb der Baugrenze“.
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Der diesbezügliche Beschwerdevortrag richtet sich in der Sache gegen die Ausführungen im angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, warum die Befreiungen von diversen Festsetzungen des Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) keine subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin begründen. Der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn hängt im Fall einer Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung führt jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung. Bei einer Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, das aufgrund der gemäß § 31 Abs. 2 BauGB gebotenen „Würdigung nachbarlicher Interessen“ Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 - BVerwGE 162, 363 = juris Rn. 12 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 15 CS 21.2449 - juris Rn. 19 m.w.N., dort auch zu vergleichbaren Grundsätzen bei bauordnungsrechtlichen Abweichungszulassungen gem. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO).
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Soweit es um eine Befreiung von der textlichen Festsetzung Nr. 7 des einschlägigen Bebauungsplans geht, ergibt sich aus den obigen Erwägungen zu a), dass die diesbezüglichen Vorgaben der Festsetzung in Richtung Norden bzw. Nordosten und damit der Antragstellerin gegenüber eingehalten worden sind und dass insofern - wie vom Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt wurde - keine Befreiung / Abweichung von einer speziell die Antragstellerin schützenden Festsetzung gewährt wurde. Im Übrigen kommt das Verwaltungsgericht in der Begründung seines Beschlusses vom 4. August 2022 zu dem im Einzelnen näher begründeten Ergebnis, dass die weiteren Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen befreit wurde, nicht nachbarschützend sind (BA S. 8). Dem ist die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdebegründung nicht entgegengetreten, sodass die erstinstanzliche Entscheidung insofern wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu überprüfen ist.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass eine Rücksichtslosigkeit bzw. Unzumutbarkeit für den Nachbarn aufgrund einer von einem Baukörper ausgehenden „erdrückenden“ oder „abriegelnden“ Wirkung ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommt. Dies ist etwa im Fall eines elfgeschossigen Gebäudeteils in naher Entfernung zu einem zweieinhalb geschossigen Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl 1981, 928 ff.) sowie im Fall einer grenznahen 11,5 m hohen und 13,31 m langen, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkenden Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück (BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl 1986, 1271 f.) angenommen worden. Der vorliegende Fall ist mit den genannten Beispielen nicht ansatzweise vergleichbar. Das Verwaltungsgericht hat insofern im Rahmen der summarischen Prüfung nach Aktenlage darauf hingewiesen, dass das streitgegenständliche Vorhaben lediglich über ein Erdgeschoss, ein Obergeschoss und ein Dachgeschoss verfügt und an der höchsten Stelle eine Höhe von 10,02 m aufweist. Auch der Senat zieht hieraus den Schluss, dass nicht davon gesprochen werden kann, dass das streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen dem benachbarten Anwesen der Antragstellerin förmlich „die Luft nimmt“, weil es derartig übermächtig wäre, dass das Wohngebäude auf dem Antragstellergrundstück nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird (vgl. BayVGH, B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 54 m.w.N.). Im Übrigen scheidet eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots regelmäßig aus tatsächlichen Gründen aus, wenn - wie hier [s.o. a) ] - die Vorgaben des Art. 6 BayBO eingehalten sind (zu dieser Indizwirkung vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 = juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris Rn. 32; B.v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17; B.v. 7.1.2014 - 2 ZB 12.1787 - juris Rn. 9; B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 7; B.v. 15.2.2019 - 9 CS 18.2638 - juris Rn. 23 m.w.N.; B.v. 18.2.2020 - 15 CS 20.57 - NVwZ-RR 2020, 671 = juris Rn. 24; U.v. 30.9.2020 - 15 B 19.1562 - juris Rn. 18; B.v. 11.8.2021 - 15 CS 21.1775 - juris Rn. 28). Allein der Umstand, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen länger als das Hauptgebäude der Antragstellerin ist, begründet keine abriegelnde Wirkung; dass eine solche ausscheidet, ergibt sich ohne Weiteres aus dem mit Genehmigungsstempel versehen Lageplan, wonach für das Anwesen der Antragstellerin nach Westen, Norden, Osten und Südosten ein weitreichender Freiraum verbleibt. Ob - wie die Antragstellerin vortragen lässt - an anderer Stelle des Stadtgebiets Baugrundstücke für Mehrfamilienhäuser ausgewiesen wurden, ist im Rahmen der Beurteilung, ob ein Bauvorhaben unzumutbare, gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßende Auswirkungen auf ein Nachbargrundstück hat, irrelevant.
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bb) Es ist nach Maßgabe des Vorbringens der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ferner nicht ersichtlich, dass die angefochtene Baugenehmigung deshalb gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstößt, weil die Errichtung des Vorhabens zu Beeinträchtigungen der Belichtung und Besonnung auf ihrem benachbarten Grundstück führt.
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Das Verwaltungsgericht lehnte einen Rücksichtnahmeverstoß zu Lasten der Antragstellerin unter Verweis auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen ab. Auch im Übrigen ergäben sich - so das Erstgericht weiter - weder aus einem von der Antragstellerin vorgelegten Sonnenstands- bzw. Schattenwurfgutachten vom 15. Mai 2022 (vgl. Bl. 39 ff. der VG-Akte RO 7 S. 22,1428) noch aus sonstigen Gründen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehende Verschattung ausnahmsweise als für die Antragstellerin unzumutbar zu bewerten sei. Das vorgelegte Verschattungsgutachten sei unschlüssig und lückenhaft und könne deshalb keine hinreichende Beurteilungsgrundlage sein. Das Grundstück der Antragstellerin habe eine Grundfläche von ca. 2.159 m², während das geplante Mehrfamilienwohnhaus mit Anbau ausweislich der Bauakte lediglich eine Grundfläche von ca. 187 m² aufweise. Angesichts der großen Grundfläche des Grundstücks der Antragstellerin erschließe sich daher nicht, weshalb der Schattenwurf des geplanten Wohngebäudes auf das gesamte Antragstellergrundstück im ganzjährigen Mittel 78% der Tageslichtzeit betrage. Im Übrigen treffe das Gutachten nur die generelle Aussage, dass es zu einer erheblichen, über Stunden dauernden Beschattung des Grundstücks und insbesondere auch des dort errichteten Gebäudes kommen werde, ohne dass hinreichend auf die Frage eingegangen werde, welche Grundstücksbereiche der Antragstellerin konkret von dem Schattenwurf betroffen seien und wann und in welchem Umfang speziell die südliche Fassade des Wohnhauses der Antragstellerin verschattet werde. Zudem ergebe sich aus dem Gutachten nicht, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es in den Wohnräumen der Antragstellerin zu einer Beeinträchtigung der Tageslichtversorgung komme. Zudem sei im Hinblick auf den deutlichen Abstand von durchschnittlich 8,00 m zwischen den Wohngebäuden eine ausreichende Belichtung des Wohnhauses der Antragstellerin gewährleistet. Auch angesichts der Größe des Grundstücks der Antragstellerin in Relation zur geringen Grundfläche des geplanten Vorhabens und weil sich nördlich und südöstlich des Antragstelleranwesens in der direkten Umgebung keine weiteren Hauptgebäude befänden, sei von einer hinreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung des Antragstellergrundstücks auszugehen. Ferner sei im innerstädtischen Bereich eine gewisse Verschattung grundsätzlich hinzunehmen. Die Antragstellerin besitze keinen Anspruch darauf, dass die bisherige Bebauungssituation und die daraus resultierende Verschonung von Verschattung bestehen bleibe.
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Die Antragstellerin nimmt in ihrer Beschwerdebegründung insofern auf das Ergebnis des vorgelegten Schattenwurfgutachtens vom 15. Mai 2022 Bezug, wonach die Schatteneinwirkung auf ihr Grundstück im ganzjährigen Mittel 78% der Tageslichtzeit erreiche. Maßgeblich für die Wirkung der Beschattung sei - so die Beschwerdebegründung weiter - neben der Grundfläche eines Bauvorhabens auch seine Größe und der Stand der Sonne. Aus den Darstellungen im Gutachten ergebe sich, dass bei Umsetzung des streitgegenständlichen Vorhabens die Südseite ihres Wohnhauses ganzjährig durch das streitgegenständliche Vorhaben beschattet werde. So sei am 20. Dezember eines jeden Jahres, an dem die Sonne am tiefsten stehe, nach den Bildern 21 - 29 der Anlage des Gutachtens ihr gesamtes Grundstück und Wohnhaus beschattet. Ihr wäre zu dieser Zeit jegliches Licht aus ihren Aufenthaltsräumen genommen. Aus den Tabellen auf Seiten 28 - 35 des Gutachtens lasse sich zudem die Schattenlänge textlich entnehmen. Das Vorhaben der Beigeladenen habe einen Abstand von 7,7 m zu ihrem Wohnhaus. Somit könne aus der Liste entnommen werden, zu welcher Jahres- und Tageszeit die Südseite des Wohnhauses der Beschwerdeführerin beschattet wäre. Am 22. September 2021 habe die Schattenlänge den gesamten Tag über 7,7 m betragen, ihr Wohnhaus hätte somit den ganzen Tag über im Schattenwurf des streitgegenständlichen Vorhabens gelegen. Das Erstgericht habe somit das Gutachten ohne nachvollziehbaren Grund als nicht schlüssig und unvollständig bewertet. Es habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen es eine eigene Sachkunde habe und die Feststellungen des öffentlich bestellten und vereidigten Gutachters habe abweichend würdigen können. Aus dem Gutachten gehe vielmehr die Beeinträchtigung durch den Schattenwurf des streitgegenständlichen Vorhabens deutlich hervor, sodass ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ihr gegenüber belegt sei. Die nach DIN 5034-1 empfohlene ausreichende Besonnungsdauer werde nicht eingehalten. Durch die massive Beschattung komme es für sie zu einem Gefühl des Eingeschlossenseins, das durch die Einhaltung der Abstandsflächen in diesem Fall nicht ausreichend kompensiert werden könne. Entgegen der Auflage Nr. 2 zur Baugenehmigung sei die Höhenlage des Bauvorhabens nach wie vor nicht abgenommen worden; gerade im Fall unterschiedlicher Höhenlagen genügten die gesetzlichen Abstandsflächen nicht, um einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen.
21
Dieser Vortrag veranlasst nicht zu einer von der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts abweichenden Entscheidung am Maßstab von § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch aus Bauplanungsrecht, von jeder Beeinträchtigung der Belichtung, Belüftung und Besonnung verschont zu bleiben. Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind vielmehr in aller Regel im Rahmen der Veränderung der baulichen Situation in bebauten Ortslagen und insbesondere - wie hier - in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich hinzunehmen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 31; B.v. 9.12.2016 - 15 CS 16.1417 - juris Rn. 16; B.v. 15.12.2016 - 9 ZB 15.376 - juris Rn. 15; B.v. 15.1.2018 - 15 ZB 16.2508 - juris Rn. 19; B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 28; B.v. 12.2.2020 - 15 CS 20.45 - BayVBl 2020, 444 = juris Rn. 23); das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn Verschattungen zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen führen (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2013 - 15 CS 13.1561 - juris Rn. 15; B.v. 20.3.2018 a.a.O.; VG Köln, B.v. 5.10.2017 - 23 L 3346/17 - juris Rn. 22 m.w.N.). Auch mit Blick auf eine zu prognostizierende Beeinträchtigung durch eine Verschattung durch ein geplantes Gebäude gilt zumindest indiziell, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots regelmäßig aus tatsächlichen Gründen ausscheidet, sofern die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten sind [s.o. aa); speziell zur Verschattungsproblematik vgl. auch BayVGH, B.v. 9.12.2016 a.a.O.; B.v. 12.2.2020 a.a.O.; B.v. 22.4.2022 - 15 CS 22.872 - juris Rn. 54). Sofern in besonderen Ausnahmefällen selbst bei Einhaltung der Anforderungen des Art. 6 BayBO eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots aufgrund des Heranrückens eines größeren Vorhabens möglich bleibt, sind vorliegend keine besonderen Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die dennoch eine unzumutbare Betroffenheit der Antragstellerin begründen könnten. Aus dem von der Baugenehmigung umfassten Lageplan ist ersichtlich, dass das Anwesen der Antragstellerin im Verhältnis zu dem von den Beigeladenen geplanten, nicht atypisch mächtigen Baukörper nach Nordosten versetzt steht, sodass mit Blick auf den täglichen Sonnenverlauf von Osten (morgens) über Süden (mittags) nach Westen (abends) eine Besonnung auch der Südfassade des Gebäudes der Antragstellerin jedenfalls durch die Morgensonne gewährleistet ist und dass erst ab der Nachmittagssonne (Sommer) bzw. Mittags- / Vormittagssonne (Frühjahr, Herbst, Winter) mit einer Verschattung zunächst des westlichen Bereichs der Südfassade des Gebäudes zu rechnen ist, die dann mit fortschreitender Uhrzeit allmählich zunimmt (zur Darstellung orts- und datumsbezogener Sonnenverläufe vgl. z.B. https://www.sonnenverlauf.de). Dies wird durch die Bilddokumentation des von der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Sonnenstands- und Schattenwurfgutachtens vom 15. Mai 2022 bestätigt. Allein die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Schattenwurflängen zu bestimmten Jahres- und Uhrzeiten begründen insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass aufgrund der Sonnenwanderung im Tagesverlauf unterschiedliche Bereiche des Antragstellergrundstücks von der Verschattung betroffen sind, nicht die Unzumutbarkeit am Maßstab des Rücksichtnahmegebots. Der Senat teilt ferner die Erwägung des Verwaltungsgerichts, wonach die Schlüssigkeit der Aussage der von der Antragstellerin vorgelegten Verschattungsstudie enthaltenen pauschalen Feststellung, dass die Schatteneinwirkung im ganzjährigen Mittel 78% der Tageslichtzeit betrage, fraglich bzw. missverständlich ist. Diese Aussage kann sich jedenfalls nicht, wie die Formulierung vom Wortlaut verstanden werden könnte, auf das gesamte Grundstück mit einer Gesamtfläche von 2.159 m² beziehen. Insgesamt ist auch unter Auswertung der Bilddokumentation des vorgelegten Gutachtens nicht ersichtlich, dass es sich vorliegend um einen untypischen Fall einer Innerortslage handelt, bei dem trotz Einhaltung der bauordnungsrechtlich geforderten Abstandsflächen gem. Art. 6 BayBO - dessen Zweck die Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung ist - eine bei dichter Besiedelung regelmäßig auftretende Verschattung ausnahmsweise gegenüber der Antragstellerin als unzumutbar und deshalb rücksichtslos zu bewerten wäre. Die im Rahmen des Beschwerdevorbringens zu Art. 6 BayBO geltend gemachte besondere Affinität der Antragstellerin zu ihrem Garten ändert daran nichts.
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Die DIN 5034-1, auf die sich die Beschwerdebegründung ergänzend beruft, stellt keine rechtlich bindende Vorgabe für die Beurteilung der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer Verschattung dar. Ebenso wenig wie die Einhaltung der DIN 5034-1 ohne weiteres die Zumutbarkeit einer Verschattung begründet‚ ergibt sich im umgekehrten Fall allein aus ihrer Nichteinhaltung automatisch die Unzumutbarkeit einer Verschattung. Eine Unterschreitung des geforderten Maßes an Tageslicht oder Besonnung führt insbesondere nicht im Sinne eines absoluten Maßstabs zu ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen (zum Ganzen vgl. z.B. BayVGH, U.v. 18.7.2014 - 1 N 13.2501 - BayVBl 2015, 166 = juris Rn. 35; U.v. 25.2.2022 - 15 N 21.2219 - juris Rn. 20; OVG LSA, B.v. 1.9.2021 - 2 M 70/21 - juris Rn. 55). Zudem behauptet die Antragstellerin lediglich pauschal, dass die nach dieser technischen Norm empfohlene ausreichende Besonnungsdauer nicht eingehalten werde. Nach der DIN 5034-1 soll die mögliche Besonnungsdauer in mindestens e i n e m A u f e n t h a l t s r a u m einer Wohnung zur Tag- und Nachtgleiche vier Stunden betragen, darüber hinaus soll eine mögliche Besonnungsdauer von zumindest e i n e r S t u n d e am 17. Januar erreicht werden. Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine nachvollziehbaren Darlegungen. Die Bilddokumentation der vorgelegten Verschattungsstudie lässt sogar eher auf die Einhaltung der Vorgaben der DIN 5034-1 schließen. Denn hiernach trifft zur Tag- / Nachtgleiche erst um 11.00 Uhr der erste Schatten auf das Südwesteck des Hauptgebäudes der Antragstellerin, wobei um 14.00 Uhr erst die halbe Südostfassade der Antragstellerin als verschattet dargestellt wird (vgl. die auf den 20. März / September bezogenen Bilder 1 - 10 zur Anlage „Bilddokumentation“ des Gutachtens vom 15. Mai 2022); ein ähnliches Bild ergibt sich laut den Bildern 21 - 29 zur Anlage „Bilddokumentation“ für den 20. Dezember (ab ca. 10.00 Uhr trifft der erste Schatten auf das Südwesteck des Antragstellerwohnhauses, dessen Südwestfront zwischen 14.00 und 15.00 Uhr erst zur Hälfte verschatten wird), wobei speziell für den 17. Januar kein Verschattungsnachweis vorgelegt wurde. Schließlich wurde weder mit der Beschwerdebegründung vorgetragen noch ist mit Blick auf die im BayernAtlasPlus abgreifbaren Daten zur Höhenlage der Geländeoberflächen (Angabe jeweils 356 m üNN) ersichtlich, dass das Gebäude der Antragstellerin im Verhältnis zum genehmigten Vorhaben auf dem Baugrundstück relevant tiefer liegt; mithin ergibt sich auch nicht aufgrund besonderer topografischer Verhältnisse, dass sich eine Verschattung außergewöhnlich gravierend und deshalb unzumutbar auf die Antragstellerin auswirken würde. Soweit die Antragstellerin moniert, es sei unter Verstoß gegen die Auflage Nr. 2 des Baugenehmigungsbescheids die Höhenlage des Bauvorhabens nicht abgenommen worden, hat dies für die angefochtene Baugenehmigung als vorliegendem Streitgegenstand keine Relevanz. Denn sollte das Bauvorhaben unter Vornahme einer nicht genehmigten Aufschüttung ausgeführt und damit - mit größerer Verschattungswirkung - erhöht errichtet werden, wäre dies von der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht abgedeckt, sodass dieser Umstand für die am Maßstab von § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 (hier i.V. mit § 146) VwGO relevante Beurteilung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage keine Rolle spielt.
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cc) Die Beschwerde ist auch nicht begründet, soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu ihren Lasten mit Blick auf die genehmigten elf Kfz-Stellplätze geltend macht.
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Das Verwaltungsgericht hat die Zumutbarkeit der Stellplatzsituation für die Antragstellerin unter Heranziehung der Wertungen des § 12 Abs. 2 BauNVO begründet. Ein besonderer Ausnahmefall, wonach Parkvorgänge auf dem Baugrundstück bei besonders belastenden Umständen rücksichtslos sein können, sei nicht ersichtlich. Die Stellplätze Nrn. 1 - Nr. 10 und der damit verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr hätten ersichtlich keine spürbaren Auswirkungen für die Antragstellerin, da diese zu ihrem Wohnhaus einen Abstand zwischen 25 und 50 m aufwiesen, die Zufahrt eben sei und die Fahrzeuge beim Ausparkvorgang nur einmal zurückgesetzt werden müssten. Die Stellplätze Nrn. 6 - Nr. 10 würden zudem durch das geplante Vorhabengebäude abgeschirmt. Es seien auch hinsichtlich des östlichsten Stellplatzes Nr. 11 an der Grenze zum Antragstellergrundstück keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine unzumutbare Beeinträchtigung gegeben. Die Zufahrt zu diesem Stellplatz sei mit ca. 55 m zwar relativ lang und der Stellplatz liege vom Wohngebäude der Antragstellerin nicht weit entfernt. Allerdings führe dies nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens. Die Zufahrt dorthin erfolge eben; außerdem sei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze lediglich ein Stellplatz situiert, während die übrigen 10 Stellplätze von den sensiblen Nutzungen der Antragstellerin in weiterer Entfernung geplant seien. Selbst wenn - was bezweifelt werde - im Rahmen des Ausparkvorgangs ein erhebliches Rangieren erforderlich werde, führe dies nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Es gehe um eine wohntypische Nutzung, die bei lediglich einem Stellplatz an der Grundstücksgrenze nicht über das nach § 12 Abs. 2 BauNVO zu duldende Maß hinausgehe.
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Die Antragstellerin wendet im Beschwerdeverfahren ein, dass laut der aktuell geltenden Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin die Mindestmaße der GaStellV für Stellplätze und Fahrgassen einzuhalten seien. Im Genehmigungsakt der Stadt seien die Fahrgassen nicht dargestellt, es sei laut Bl. 35 der Behördenakte nur die Anzahl der Stellplätze geprüft worden. Die in § 4 GaStellV geregelten Fahrgassenbreite würden nicht eingehalten. Aufgrund dessen sei von erheblichem, gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden Rangierverkehr auszugehen. Die von der Nutzung des von ihrem Grundstück am nächstgelegenen Stellplatzes Nr. 11 ausgehenden Abgase beeinträchtigten die Nutzung ihres Gemüsegartens unzumutbar und seien gesundheitsschädlich; die Zufahrt entlang des gesamten Gemüsegartens staue in unzumutbarer Weise den Abgasgestank, der sich auf das Gemüse übertrage. Der Stellplatz befinde sich vor dem Wohnhaus, vor Wohn- und Schlafräumen. Auch das sorge für unzumutbare Belastungen durch Lärm und Abgase sowie für Unfrieden und Schlafstörungen.
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Diese Erwägungen rechtfertigen keine Abänderung des angegriffenen Beschlusses vom 4. August 2022. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei einem (hier festgesetzten allgemeinen) Wohngebiet die für die Wohnnutzung notwendigen Stellplätze und Garagen gemäß § 12 Abs. 2 BauNVO grundsätzlich zulässig sind. Anderes gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO nur, wenn von ihnen ausnahmsweise Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Bei der einzelfallbezogenen Prüfung ist der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Grundentscheidung Rechnung zu tragen. Nachbarn haben hiernach die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Emissionen im Regelfall - vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls - hinzunehmen. Insbesondere finden die Bestimmungen über Spitzenpegelkriterien gem. Nr. 6.1 Satz 2 der TA Lärm insoweit keine Anwendung, weil ansonsten in allgemeinen Wohngebieten selbst in größeren Abständen zu Nachbaranwesen Stellplatzanlagen nicht errichtet werden dürften. Hierdurch würde die Wertung des § 12 Abs. 2 BauNVO umgangen (vgl. BayVGH, U.v 16.7.2015 - 1 B 15.194 - juris Rn. 22 ff.; B.v. 9.12.2016 - 15 CS 16.1417 - juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 43, 44; BayVGH, B.v. 30.7.2019 - 15 CS 19.1227 - juris Rn. 20; B.v. 5.3.2021 - 1 CS 21.114 - juris Rn. 9; B.v. 25.5.2021 - 15 ZB 20.2128 - juris Rn. 19). Im Einzelfall können allerdings ausnahmsweise besondere örtliche Verhältnisse zu dem Ergebnis führen, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück abweichend von § 12 Abs. 2 BauNVO nicht oder nur mit Einschränkungen genehmigt werden kann. Es kommt entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken können. Unzumutbarkeit kann ausnahmsweise als Ergebnis einer wertenden Gesamtbetrachtung dann anzunehmen sein, wenn die Stellplatzzufahrt besonders steil ist, ungünstige Höhenverhältnisse zu Wohnräumen auftreten, eine beengte Situation (beengte Hoflage) zu vermehrtem Rangieraufwand führt oder eine Massierung von Stellplätzen auf der dem ruhigen und besonders schützenswerten Bereich des Grundstücks des Nachbarn zugewandten Seite erfolgt. Eine generelle, für alle Standorte von Stellplätzen im rückwärtigen Bereich geltende Beurteilung ist jedoch nicht möglich; sie hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab (zum Ganzen vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2000 - 4 C 3.00 - NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 19; B.v. 20.3.2003 - 4 B 59.02 - NVwZ 2003, 1516 = juris Rn. 6 f.; BayVGH, B.v. 5.3.2021 - 1 CS 21.114 - juris Rn. 9 m.w.N.; OVG LSA, B.v. 20.10.2020 - 2 M 71/20 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 5.11.2015 - 10 B 1041/15 - NVwZ-RR 2016, 168 = juris Rn. 5; zur Rücksichtslosigkeit bei chaotischen Verkehrs- bzw. Parkverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks, wenn diese mit unzumutbaren Lärmbelastungen oder einer Verschlechterung der Erschließungssituation für den Nachbarn verbunden sind, vgl. auch BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris Rn. 31 ff.; B.v. 27.11.2019 - 15 CS 19.1906 - juris Rn. 67; B.v. 18.2.2020 - 15 CS 20.57 - NVwZ-RR 2020, 671 = juris Rn. 30; B.v. 30.4.2020 - 15 ZB 19.1349 - juris Rn. 11 ff.; B.v. 25.5.2021 - 15 ZB 20.2128 - juris Rn. 18; B.v. 8.11.2021 - 15 CS 21.2449 - juris Rn. 25).
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Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind keine derart besonderen Umstände ersichtlich, die abweichend vom Regelfall zur Annahme einer rücksichtslosen Situation hinsichtlich der geplanten Stellplätze führt. Die im straßenseitigen bzw. mittleren Bereich des Baugrundstücks (und damit mit einem Abstand von 25 m und mehr) geplanten Stellplätze 1 - 10 weisen mit 2,50 m eine hinreichende Breite auf (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GaStellV). Unter Berücksichtigung einer für die Ein- und Ausfahrt benötigten Freifläche hinter jedem Stellplatz könnte mit Blick auf die geringere Breite des Baugrundstücks auf Höhe des Rückgebäudes auf der südlich angrenzenden FlNr. …3 und in Orientierung an der Fahrgassenregelung gem. § 4 Abs. 2 GaStellV von diesen Stellplätzen allenfalls die Nutzung der in den genehmigten Bauvorlagen (Grundriss Erdgeschoss) als Nr. 4 und Nr. 5 bezeichneten Stellplätze ein gewisses - wenngleich wenig problembehaftetes - Rangieren erforderlich machen, wenn die benachbarten Parkplätze besetzt sind und der Parkende nicht rückwärts nach Westen in die D. Straße ausfahren möchte. Insoweit bietet aber der geräumige Bereich hinter den Stellplätzen 7 - 10 genügend Platz, um auf dem nach den vorliegenden Unterlagen ebenerdigen Baugrundstück schnell und unproblematisch in drei Zügen zu wenden. Dass gerade durch diese - anzahlmäßig pro Tag überschaubaren Wendemanöver - eine in Abweichung von der Wertung des § 12 Abs. 2 BauNVO lärmbezogen unzumutbare Situation für die benachbarte Antragstellerin entstehen könnte, kann nicht angenommen werden. Dasselbe gilt für die Nutzung des Stellplatzes Nr. 11 im hinteren Bereich des Bauvorhabens. Im Fall des Vorwärtseinparkens bedarf es für die spätere Ausfahrt eines Rücksetzens bis zum mittleren Parkbereich mit den Stellplätzen 6 - 10, um dort unproblematisch in zwei Zügen zu wenden und dann in Richtung Westen das Grundstück zu verlassen. Vergleichbares gilt, wenn der Nutzer des Stellplatzes Nr. 11 bei der Einfahrt in das Baugrundstück zunächst im Bereich der Stellplätze 6 - 10 in zwei Zügen wendet, um rückwärts auf den Stellplatz zu fahren (und um diesen bei der Ausfahrt - dann völlig unproblematisch - vorwärtsfahrend verlassen zu können). Chaotische, problematische Wendemanöver mit außergewöhnlicher Lärmverursachung sind insoweit nicht zu erwarten. Dass ein einzelner Stellplatz (hier Nr. 11) unmittelbar an einer gemeinsamen Grundstücksgrenze und in der Nähe des benachbarten Wohngebäudes situiert wird, ist in dicht bebauten Innenstadtlagen nicht außergewöhnlich und daher auch unter Berücksichtigung der Wertungen des § 12 Abs. 2 BauNVO hinzunehmen. Zudem ist - ebenfalls unter Berücksichtigung von § 12 Abs. 2 BauNVO - nicht anzunehmen, dass aufgrund von Ein- und Ausparkvorgängen unzumutbare, mit dem Rücksichtnahmegebot nicht zu vereinbarende Abgasbelastungen auf dem Antragstellergrundstück auftreten. Auch insofern führt die von der Antragstellerin geltend gemachte persönliche Bedeutung der Nutzung ihres Gartens nicht zu einer Verschärfung des Zumutbarkeitsmaßstabs.
28
dd) Von der Antragstellerin ist im Beschwerdeverfahren nicht mehr ausdrücklich vorgetragen worden, dass das angegriffene Vorhaben der Beigeladenen wegen nachteilig veränderten Abflusses des Niederschlagswassers nachbarrechtswidrig resp. rücksichtslos sei. Soweit die Beschwerdebegründung allgemein „zur Vermeidung von Wiederholungen (…) auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug“ nimmt, entspricht dies nicht den Anforderungen an die Substantiierung einer Beschwerdebegründung, sodass wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO kein Anlass besteht, im Beschwerdeverfahren noch auf diesbezügliche oder sonstige Nachbarschutzfragen einzugehen.
29
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladenen im Beschwerdeverfahren keinen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, tragen diese billigerweise ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Anhang) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die im Beschwerdeverfahren keine Einwände erhoben worden sind.
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3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).