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FG München, Urteil v. 03.03.2022 – 4 K 1241/21
Titel:

Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer

Normenketten:
GrEStG § 6a Abs. 4, § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
FGO § 6
Leitsätze:
1. Überträgt eine Gesellschaft durch eine Ausgliederung (iSd § 1 I Nr. 2 UmwG in Verbindung mit § 123 III Nr.1 UmwG) Grundbesitz auf eine Tochtergesellschaft, die schon vor der Ausgliederung gegründet worden ist und noch keine fünf Jahre besteht, so ist diese Übertragung durch Ausgliederung mangels Einhaltung der Vorbehaltensfrist gem. § 6a IV GrEStG nicht nach § 6a GrEStG steuerbefreit. (redaktioneller Leitsatz)
2. § 6a S. 4 GrEStG kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass bei einer Ausgliederung nach dem UmwG nicht nur dann auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist verzichtet werden kann, wenn es sich um eine Ausgliederung zur Neugründung handelt, sondern auch dann, wenn das abhängige Unternehmen innerhalb der fünfjährigen Vorbehaltensfrist gegründet worden ist. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbehaltensfrist gem. § 6a Abs. 4 GrEStG, Grunderwerbsteuer
Fundstellen:
GmbHR 2022, 828
StEd 2022, 411
ErbStB 2022, 235
EFG 2022, 1216
UVR 2022, 233
BeckRS 2022, 13153
DStRE 2023, 47
LSK 2022, 13153

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.
1
Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt (FA) die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zu Recht nicht gewährt hat.
2
Die Klägerin, eine 100%ige Tochter der X AG, wurde 2017 gegründet und im April 2017 ins Handelsregister eingetragen. Gesellschaftszweck der Klägerin ist der Erwerb, Verkauf und das Verwalten von eigenen Immobilien.
3
Mit notariell beurkundetem Ausgliederungsvertrag vom 7. Juli 2017 übertrug die X AG aus ihrem Vermögen den Teilbetrieb „Verwaltung aller betriebsnotwendiger Immobilien“ auf die Klägerin. Die Übertragung erfolgte gem. § 123 Abs. 3 Ziff. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme aller Aktiva und Passiva des Teilbetriebs „Verwaltung aller nicht betriebsnotwendigen Immobilien“ als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten auf die Klägerin. Der umfangreiche übertragene Grundbesitz war in der Anlage des Vertrages aufgelistet. Die Übertragung erfolgte im Innenverhältnis zum 1. Januar 2017 gegen Gewährung eines neuen Geschäftsanteils an der übernehmenden Gesellschaft i.H.v. 1.000 € an die übertragende Gesellschaft. Zur Durchführung der Ausgliederung erhöhte die Klägerin ihr derzeitiges Stammkapital von 25.000 € auf 26.000 €. Das Eigentum an dem übertragenen Grundbesitz sollte mit Vollzug der Ausgliederung im Register für die übertragende Gesellschaft übergehen. Die anfallende Grunderwerbsteuer hatte die Klägerin zu tragen.
4
Die Ausgliederung wurde am 2. August 2017 in das Handelsregister für die X AG eingetragen.
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Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 25. August 2017 stellte das FA gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) die Besteuerungsgrundlagen für den im August 2017 durch Handelsregistereintragung der Umwandlung verwirklichten Grundstückserwerb der Klägerin i.S.d. 1. Abs. 1 Nr. 3 GrEStG gesondert fest. Die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG berücksichtigte es nicht. Die Grundstücke, auf die sich der Vorgang bezog, sowie die Feststellungen dazu ergaben sich aus der dem Bescheid beigefügten Anlage.
6
Zur Begründung des fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, der Erwerbsvorgang sei im Streitfall gem. § 6a Satz 1 GrEStG von der Steuer befreit. Satz 4 des § 6a GrEStG sei dergestalt eingeschränkt auszulegen, dass im Streitfall eine Vorbesitzzeit von fünf Jahren nicht erforderlich sei. Auch seien Einzeldaten aus der Notarurkunde in der Anlage zum Feststellungsbescheid unzutreffend übernommen worden.
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Im gem. § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 30. Oktober 2017 korrigierte das FA in der Anlage des Feststellungsbescheides unzutreffend aus der Notarurkunde übernomme Einzeldaten. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2021 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die Klägerin habe die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG von fünf Jahren im Zeitpunkt der Vermögensübertragung nicht erfüllt. Die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG könne daher nicht gewährt werden.
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Zur Begründung der fristgerecht eingereichten Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor: § 6a Satz 4 GrEStG sei dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssten, als sie aufgrund des Umwandlungsvorgangs auch tatsächlich eingehalten werden könnten. Bei einer Neugründung innerhalb des Fünfjahreszeitraums, wie im Streitfall, sei deshalb lediglich die Einhaltung der fünfjährigen Nachbehaltensfrist geboten. Diese Auffassung werde auch vom Finanzgericht (FG) Düsseldorf, sowie von der herrschenden Kommentarmeinung (z.B. Viskorf in Boruttau, GrEStG, 19.Aufl. § 6a, Rz. 117) vertreten und entspreche dem Zweck der Norm. Gerade vor dem Hintergrund der kürzlich zugunsten der Steuerpflichtigen ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) sei eine weite Auslegung des § 6a GrEStG geboten.
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Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 25. August 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 30. Oktober 2017 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2021, den Grundstückserwerb der Klägerin gem. § 6a Satz 1 GrEStG von der Steuer zu befreien, hilfsweise die Revision zuzulassen.
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Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Das FA ist der Ansicht, die Anwendung des § 6a Satz 1 GrEStG scheitere im Streitfall an der nicht eingehaltenen Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG. Der BFH habe entschieden, dass die Fristen des § 6a Satz 4 GrEStG nur insoweit eingehalten werden müssten, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs rechtlich auch eingehalten werden könnten. Dementsprechend könnten Gesellschaften die -wie die Klägerin im Streitfallweniger als fünf Jahre vor der zu begünstigenden Umwandlung und nicht durch die Umwandlung entstanden seien, keine abhängigen Gesellschaften sein.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Grunderwerbsteuer- bzw. Rechtsbehelfsakte des FA, sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 30. Dezember 2021 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden (§ 6 FGO).

Entscheidungsgründe

II.
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1. Die Klage ist unbegründet.
16
Das FA hat zu Recht im Streitfall die im Wege der Ausgliederung erfolgte Übertragung des Teilbetriebs „Verwaltung aller nicht betriebsnotwendiger Immobilien“ auf die Klägerin nicht gem. § 6a GrEStG begünstigt.
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a) Der durch die Ausgliederung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 123 Abs. 3 Nr.1 UmwG im Streitfall bewirkte Übergang des Eigentums an den Grundstücken der X AG auf die Klägerin unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um gesetzliche Eigentumswechsel, bei denen kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner Auflassung bedurfte.
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b) Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG sind nicht erfüllt.
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aa) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die Vermögensübertragung. Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a Satz 4 GrEStG).
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bb) Umwandlungsvorgänge, bei denen eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, fallen nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG nicht in den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG. Eine vor oder nach der Umwandlung nicht existente Gesellschaft kann die in § 6a Satz 4 GrEStG bestimmten zeitlichen Voraussetzungen der Abhängigkeit aus rechtlichen Gründen nicht erfüllen, mit der Folge, dass entgegen den Anforderungen des § 6a Satz 3 GrEStG an dem Umwandlungsvorgang auch (mindestens) eine Gesellschaft beteiligt wäre, die mangels Einhaltung der Nachbehaltensfrist (im Falle des Erlöschens) bzw. der Vorbehaltensfrist (im Falle der Neugründung) nicht von dem herrschenden Unternehmen „abhängig“ wäre (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. August 2019 II R 17/19, BStBl II 2020, 348 und vom 21. August 2019 II R 16/19, BStBl II 2020, 333).
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Nach dem Wortlaut des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG wären somit sämtliche Verschmelzungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG), die Ausgliederung zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. UmwG), wenn sie zur Auflösung des übertragenden Rechtsträgers führt, nicht nach § 6a GrEStG begünstigt. § 6a GrEStG hätte einen sehr eng begrenzten Anwendungsbereich. Begünstigungsfähig wären im Wesentlichen die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Aufnahme durch Übertragung des abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteils oder der abgespaltenen oder ausgegliederten Vermögensteile jeweils als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger (§ 123 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 UmwG).
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§ 6a Satz 4 GrEStG ist deshalb dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können (vgl. u.a. BFH-Urteile jeweils vom 21. August 2019 II R 21/19 -II R 56/15-, BStBl II 2020, 344; II R 15/19 -II R 50/13, BStBl II 2020, 329 und vom 22. August 2019 II R 18/19 -II R 62/14-, BStBl II 2020, 352).
23
Bei Umwandlungsvorgängen zwischen einer abhängigen Gesellschaft und einem herrschenden Unternehmen muss in Fällen der Verschmelzung nur die Vorbehaltensfrist und in Fällen der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nur die Nachbehaltensfrist eingehalten werden. Das gilt bei der Verschmelzung sowohl für die Verschmelzung auf die abhängige Gesellschaft als auch für die Verschmelzung auf das herrschende Unternehmen. Die Nachbehaltensfrist muss bei der Verschmelzung und die Vorbehaltensfrist bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Steuerbegünstigung zu erlangen ((vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. August 2019 II R 17/19, BStBl II 2020, 348 und vom 21. August 2019 II R 16/19, BStBl II 2020, 333).
24
Eine solche (weite) Auslegung des § 6a GrEStG findet ihren Anknüpfungspunkt in der Systematik der Vorschrift. Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG wird ausdrücklich für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. Der Verweis auf § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG schließt die Verschmelzung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG), die Aufspaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 1 UmwG), die Abspaltung und die Ausgliederung von Vermögen zur Neugründung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, §§ 124 ff. UmwG) sowie die Vermögensübertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, §§ 174 ff. UmwG) ausdrücklich und ohne Vorbehalt auf bestimmte Umwandlungsfälle in die Begünstigung ein. § 6a Satz 1 GrEStG differenziert nicht danach, in welcher Richtung, horizontal auf eine Schwestergesellschaft oder vertikal auf die Muttergesellschaft, eine Gesellschaft verschmolzen wird, sondern begünstigt alle dort genannten Umwandlungsvorgänge gleichermaßen, auch wenn nur ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft an dem Umwandlungsvorgang beteiligt sind. Hätte der Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nur auf solche Umwandlungsvorgänge beschränkt sein sollen, bei denen bereits ein Verbund aus mehreren Unternehmen besteht und nach dem Umwandlungsvorgang auch weiterbesteht, hätte dies in § 6a Satz 1 GrEStG seinen Niederschlag finden müssen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. August 2019 II R 17/19, BStBl II 2020, 348 und vom 21. August 2019 II R 16/19, BStBl II 2020, 333).
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cc) Nach diesen Grundsätzen ist § 6a GrEStG im Streitfall nicht anzuwenden. Die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung sind nicht erfüllt.
26
An dem Umwandlungsvorgang ist -entgegen § 6a Satz 3 GrEStGnicht ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und eine von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaft beteiligt gewesen.
27
Die Klägerin ist keine von der X AG i.S.d. § 6a Satz 3 GrEStG abhängige Gesellschaft. Zwar war die X AG am Stichtag im August 2017, an der im März 2017 gegründeten Klägerin zu 100% beteiligt. Sie hielt diese Beteiligung zum Zeitpunkt der Ausgliederung des Teilbetriebs jedoch erst seit der Gründung der Klägerin und damit erst wenige Monate und nicht, wie von § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG gefordert, fünf Jahre.
28
Anders als in den vom BFH kürzlich entschiedenen Fällen, in denen die Vergünstigung des § 6a GrEStG gewährt wurde, obwohl die Vorbehaltens- bzw. die Nachbehaltensfrist nicht eingehalten wurde, beruht die Nichteinhaltung der Vorbehaltensfrist im Streitfall nicht auf umwandlungsbedingten Gründen. Im Streitfall liegt kein Umwandlungsvorgang vor, bei dem eine beteiligte Gesellschaft erlischt oder neu entsteht, die Klägerin ist bereits vor dem begünstigten Umwandlungsvorgang gegründet worden.
29
Der Argumentation der Klägerin, § 6a Satz 4 GrEStG sei dahingehend auszulegen, dass bei einer Ausgliederung nach dem UmwG nicht nur dann auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist verzichtet werden könne, wenn es sich um eine Ausgliederung zur Neugründung, handele, sondern auch dann, wenn das abhängige Unternehmen -wie im Streitfallinnerhalb der fünfjährigen Vorbehaltensfrist gegründet werde, folgt das Gericht nicht. Sachlicher Grund, nur bei Ausgliederungen zur Neugründung auf die Einhaltung der fünfjährigen Vorbehaltensfrist zu verzichten ist, dass bei einer Ausgliederung zur Neugründung -anders als im Streitfalldie Vorbehaltensfrist gerade wegen der Ausgliederung nicht eingehalten werden kann. In diesen Fällen kann die Vorbehaltensfrist aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch den Umwandlungsvorgang entsteht. Anders im Streitfall. Hier haben beide an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften, auch die Klägerin, bereits vor dem Umwandlungsvorgang bestanden. Es besteht keine Veranlassung auch in diesen Fällen -abweichend vom Wortlautauf die Einhaltung der Frist des § 6a Satz 3 GrEStG zu verzichten. Eine Auslegung des § 6a GrEStG in der Weise, dass im Einzelfall eine Missbrauchsprüfung vorzunehmen ist, ist nicht zulässig. Sie stünde mit der Regelungskonzeption des Gesetzes nicht in Einklang. Wäre eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall gewollt, hätte ein Missbrauchselement zwingend zum Tatbestandsmerkmal erhoben werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 2020 II R 8/18, BStBl II 2020, 567). Da § 6a GrEStG an anderweit definierte Merkmale anknüpft, ist stattdessen eine Typisierung gewollt.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
31
3. Die Revision zum BFH wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Streitsache hat weder grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, noch sind die tatbestandlichen Merkmale des § 115 Abs. 2 Nr. 2 bis 3 FGO erfüllt.