OLG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 01.02.2021 – 3 U 362/20
Titel:

Unzulässige Bezeichnung einer Firma als Architektenbüro durch einen Bautechniker

Normenketten:
UWG § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
GG Art. 12
BayBauKG Art. 1 Abs. 1, 4
Leitsätze:
1. Mit der Bezeichnung „Architektur“ wird der Eindruck erweckt, dass der Inhaber oder die maßgeblich Verantwortlichen eines Unternehmens Architekten sind oder jedenfalls im Übrigen in maßgeblicher Weise Architekten beschäftigt werden und Architektenleistungen im Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit stehen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Begriffe „Büro für Architektur“ und „Architektenbüro“ sind geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck zu erwecken, dass der Werbende die von ihm angebotenen Planungsleistungen als eine zum Führen der Berufsbezeichnung „Architekt“ befugte Person erbringt. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Rechtsbruch
Vorinstanz:
LG Bayreuth, Endurteil vom 27.10.2020 – 32 O 710/19
Rechtsmittelinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 19.02.2021 – 3 U 362/20
Fundstellen:
WRP 2021, 651
NWB 2021, 3706
LSK 2021, 8055
GRUR-RS 2021, 8055

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 27.10.2020 im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Der Senat beabsichtigt zudem, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 € festzusetzen.
III. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis längstens 22.02.2021.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung von Werbung in Anspruch.
2
Wegen des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Lediglich ergänzend und erläuternd ist noch auszuführen:
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Der Beklagte ist Diplom-Verwaltungsfachwirt (FH) sowie staatlich geprüfter Bautechniker und deshalb nach bayerischem Landesrecht eingeschränkt bauvorlageberechtigt. In die Architektenliste der bayerischen Architektenkammer ist er indes nicht eingetragen. Er beschäftigt in seinem Unternehmen auch keinen eingetragenen Architekten.
4
Der Beklagte bietet seine Dienstleistungen unter anderem auf der Internetseite www…..de an und bewirbt sie dort. Er verwendete dabei an verschiedenen Stellen die Begriffe „Architekt“, „Architektenbüro“ und „Büro für Architektur“.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Architekt“, „Büro für Architektur“ oder „Architekturbüro“ zu verwenden, ohne entsprechend in der Architektenliste der zuständigen Architektenkammer eingetragen zu sein. Zur Begründung führte es aus, Art. 1 BayBauKG sei eine Marktverhaltensregelung. Die Berufsbezeichnungen „Architekt“ dürfe demnach nur führen, wer unter dieser Bezeichnung in die Architektenliste eingetragen sei. Wortverbindungen mit der vorgenannten Berufsbezeichnung oder ähnliche Bezeichnungen dürfe nur verwenden, wer die entsprechende Berufsbezeichnung zu führen befugt sei. Durch seine Werbung erwecke der Beklagte jedoch den Eindruck, die von ihm beworbenen Leistungen würden von einem ausgebildeten, geprüften und eingetragenen Architekten erbracht. Diese Irreführung werde auch nicht dadurch ausgeräumt, dass der Beklagte tatsächlich Architektenleistungen erbringen dürfe und auch in der Lage sein möge, diese Leistungen in gleicher Qualität wie ein Architekt zu erbringen. Auch der Vortrag des Beklagten zu Ursprung, Herkunft und Bedeutung des Wortes „Architektur“ ändere nichts daran, dass der Verkehr der Arbeit eines eingetragenen Architekten eine besondere Qualifikation beimesse. Somit sei die beanstandete Werbung irreführend.
6
Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten, der sich nur noch gegen die Untersagung der von ihm verwendeten Wortverbindungen „Büro für Architektur“ und „Architektenbüro“ wendet. Unter Bezugnahme auf sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen führt der Beklagte aus: Das Landgericht habe die Historie sowie sprachlichen Entwicklungen des Begriffs der „Architektur“ in Deutschland nicht hinreichend berücksichtigt. Dieser stamme ursprünglich aus dem Altgriechischen und sei das ins Lateinische übernommen worden. Er bedeute wörtlich Baukunst und bezeichne im weitesten Sinne die handwerkliche Beschäftigung und ästhetische Auseinandersetzung des Menschen mit dem gebauten Raum. Planvolles entwerfen, gestalten und konstruieren von Bauwerken sei der zentrale Inhalt der Architektur. Der Begriff sei mittlerweile in alle Lebensbereiche auch außerhalb des Bauwesens vorgedrungen und werde sogar bei Gegenständen des täglichen Bedarfs, dem Körper des Menschen oder in den Geisteswissenschaften verwendet. Das Landgericht verkenne daher den Unterschied zwischen den Begriffen „Architekt“ und „Architektur“ bzw. den Wortkombinationen daraus, die vollkommen unabhängig voneinander seien. Der Begriff der „Architektur“ sei weder historisch noch nach dem aktuellen Verständnis dem Berufsstand der Architekten vorbehalten, sodass es auch nicht zu Verwechslungen mit den teilweise überschneidenden Leistungen kommen könne.
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Die Verwendung des Begriffs „Architektur“ sei von Art. 12 Abs. 1 GG gedeckt und daher mit gegenläufigen Rechten abzuwägen. Der Beklagte sei auf die Verwendung dieses Begriffes angewiesen, um seine Dienstleistungen darzustellen. Auch könne bei den vom Beklagten verwendeten Wortkombinationen kein Missverständnis entstehen, denn ein „Büro für Architekten“ ergebe sprachlich keinen Sinn.
II.
8
Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung offensichtlich unbegründet, so dass das Rechtsmittel keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinn des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bietet. Zu Recht und auch in allen Punkten mit zutreffender Begründung ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die beanstandete Werbung des Beklagten jedenfalls irreführend ist.
9
1. Art. 1 BayBauKG untersagt nicht nur die Verwendung der Berufungszeichnung „Architekt“, sondern in Art. 1 Abs. 4 BayBauKG zudem die Verwendung von Wortverbindungen mit dieser Berufsbezeichnung oder ähnliche Bezeichnungen. Somit scheint schon der Gesetzgeber die Auffassung des Beklagten, es bestehe ein kategorialer Unterschied zwischen den Begriffen „Architektur“ und „Architekt“ nicht geteilt zu haben. Ein solcher ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht anerkannt. Mit der Bezeichnung „Architektur“ wird vielmehr der Eindruck erweckt, dass der Inhaber oder die maßgeblich Verantwortlichen des Unternehmens Architekten sind oder jedenfalls im Übrigen in maßgeblicher Weise Architekten beschäftigt werden und Architektenleistungen im Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit stehen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 04.11.2002 - 4 U 2/02 -, juris Rn. 33). Der Begriff „Architektur“ bezeichnet nicht lediglich einen Tätigkeitsbereich, sondern weist auf Leistungen hin, die von Mitgliedern des Berufsstandes der Architekten erbracht werden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.02.2003 - 6 U 15/02 -, WRP 2003, 782; OLG Hamm, Beschluss vom 27.08.2019 - I-4 U 39/19 -, juris Rn. 8).
10
Vor diesem Hintergrund ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits die Wortkombination „Ingenieurbüro für Architektur“ als irreführend angesehen worden (OLG Frankfurt, Urteil vom 28.07.1999 - 13 U 61/99 -, juris Rn. 39; OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.12.1986 - 2 W 51/86 -, WRP 1987, 510).
11
2. Die vorgenannten Grundsätze sind nach Auffassung des Senats auf den vorliegenden Fall übertragbar. Demnach sind die vom Beklagten verwendeten Wortkombinationen „Büro für Architektur“ und „Architektenbüro“ geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden und damit irreführenden Eindruck zu erwecken, dass der Beklagte die von ihm angebotenen Planungsleistungen als eine zum Führen der Berufsbezeichnung „Architekt“ befugte Person erbringt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27.08.2019 - I-4 U 39/19 -, juris Rn. 8). Dass diese Irreführungsgefahr in Lebensbereichen außerhalb des Bauwesens nicht besteht, liegt auf der Hand, ist für den vorliegenden Fall aber ohne Belang, da der Beklagten gerade Dienstleistungen im Bereich des Bauwesens erbringt.
12
3. Der Senat sieht in dem Verbot, die vorgenannten Wortkombinationen zu verwenden, auch keine unverhältnismäßige Einschränkung der Berufsfreiheit des Beklagten. Einerseits scheint die Irreführungsgefahr durch diese Wortkombinationen sehr hoch, während andererseits dem Beklagten zahllose unverfängliche Möglichkeiten offen stehen, seine Leistungen anzupreisen.
III.
13
Die aussichtslosen Berufungsangriffe erfordern keine Erörterung in mündlicher Verhandlung.
14
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO liegen nicht vor.
15
Die Herabsetzung des Streitwerts folgt daraus, dass der Beklagte das Urteil nicht insgesamt angreift.
16
Der Senat regt daher - unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme - die kostengünstigere Rücknahme des aussichtslosen Rechtsmittels (dringend) an.