VG Ansbach, Beschluss v. 23.02.2021 – AN 10 S 20.02456, AN 10 E 20.02457, AN 10 K 20.02458
Titel:
Tierhaltungs- und betreuungsverbot
Normenketten:
TierSchG § 2 Nr. 1, § 15 Abs. 2, § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Nr. 3
VwGO § 80 Abs. 5, § 123, § 155 Abs. 4
Leitsätze:
1. Das Pflegegebot in § 2 Nr. 1 TierSchG umfasst alle Maßnahmen, die das Wohlbefinden des Tieres herbeiführen und erhalten. Pflege schließt neben der Ermöglichung der Eigenkörperpflege und der regelmäßigen Überwachung all das ein, was unter einer guten Behandlung zu verstehen ist. Dazu zählt unter anderem die Gesundheitsvorsorge und -fürsorge und insbesondere die Vorstellung bei einem Tierarzt im Fall des Krankheitsverdachts. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Den beamteten Tierärzten ist bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG und sonstige tierschutzrechtliche Vorschriften eingehalten sind, eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt. Schlichtes Bestreiten vermag die Aussagekraft einer amtstierärztlichen Beurteilung nicht zu entkräften; dasselbe gilt für unsubstantiierte, pauschale Behauptungen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Rahmen der Kostentragungspflicht nach § 155 Abs. 4 VwGO kommt in Bezug auf die Verwaltungsbehörde als Ursache auch vorprozessuales Fehlverhalten in Betracht. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wegnahme eines Hundes, Tierhaltungs- und betreuungsverbot, Pflegegebot, grober Verstoß, Tierarzt, Amtstierarzt, Erledigung, vorprozessuales Fehlverhalten
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6134
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 4) des Bescheides vom 13. Oktober 2020 wird angeordnet.
2. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens AN 10 S 20.02456 tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte. Die Kosten des Verfahrens AN 10 E 20.02457 trägt die Antragstellerin.
4. Der Streitwert wird für das Verfahren AN 10 S 20.02456 auf 2.500,00 EUR und für das Verfahren AN 10 E 20.02457 auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
5. Soweit die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2020 angeordnet wird, wird der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das Klage- und Eilverfahren bewilligt und Frau Rechtsanwältin …, …, beigeordnet. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten für das Klage- und Eilverfahren abgelehnt.
Tatbestand
1
I. Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ein Tierhaltungs- und -betreuungsverbot sowie eine damit verbundene Duldung der dauerhaften Wegnahme des Hundes mit anschließender pfleglicher Unterbringung im Tierheim und dessen Veräußerung.
2
Die Antragstellerin hielt den Hund …
3
Am 10. Januar 2020 hat die Antragstellerin gegenüber einer Mitarbeiterin des Tierheimes angegeben, sie habe den Rottweiler-Mischling Ende November 2019 am … an einem Baum angebunden, vorgefunden. Die Antragstellerin wurde in diesem Zusammenhang von einer Pflegerin des Tierheimes darauf hingewiesen, sie müsse einen Wesenstest machen lassen, falls sie den Rottweiler-Mix behalten wolle. Nach einigen Tagen ergab eine Nachfrage des Tierheimes bei der Antragsgegnerin, dass es doch kein Fundhund gewesen sei, sondern dass die Antragstellerin ihren eigenen Hund nur habe loswerden wollen.
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Am 20. April 2020 informierte eine Passantin das Tierheim … darüber, dass ihr beim Gassi gehen mit ihrer Hündin ein herrenloser Hund folge. Daraufhin hat das Tierheim … die Unterstützung der Polizeiinspektion … zum Einfangen des Hundes angefordert. Der Hund konnte ins Tierheim verbracht werden.
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Am 22. April 2020 wurde der Hund der Veterinärin im Tierheim vorgestellt. Es handele sich um einen Rottweiler-Mischling, männlich, ca. 1 Jahr alt. Bei der Untersuchung des Hundes wurde Folgendes festgestellt:
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Es bestünde am rechten Ohrrand eine kahle und schuppige Stelle, eine hochgradige eitrige Otitis externa rechts, mehrere Entzündungen im Zwischenzehenbereich der Pfoten sowie eine entzündete Wunde an der kupierten Rute; der rechte Lefzenwinkel sei entzündet gewesen, das Fell sei stumpf und schuppig gewesen. Weiterhin habe der Hund gegenüber den Mitarbeitern der Tierärztin und des Tierheimes ein ängstliches Verhalten gezeigt. Bei der Begutachtung von zwei Amtsveterinärinnen am 28. April 2020 habe der Hund ein aggressives Verhalten gezeigt: Nach einer ruckartigen Bewegung der Pflegerin habe der Hund zugebissen.
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Im Telefonat am 29. April 2020 gab die Antragstellerin gegenüber einer Mitarbeiterin des Tierheimes an, dass sie die Eigentümerin des Hundes sei. Zudem habe die Antragstellerin den Hund heraus verlangt. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, eine schriftliche Erklärung abzugeben, seit wann sie den Kampfhund-Mix tatsächlich halte und wie sie ihn erworben habe. Ebenso wurde die Vorlage des Heimtierausweises und des Kauf-/Überlassungsvertrags sowie mögliche Tierarztrechnungen/-Bestätigungen eingefordert.
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Zwischenzeitlich wurde der Antragsgegnerin bekannt, dass die Antragstellerin bereits am 25. November 2019 mit ihrem Hund … bei einer Tierärztin gewesen sei, die einen Hautausschlag und eine Futtermittelallergie festgestellt habe. Den dort vereinbarten Nachkontroll-Termin habe die Antragstellerin dann nicht mehr wahrgenommen.
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Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. Mai 2020 wurde die Antragstellerin unter Fristsetzung bis 14. Mai 2020 nochmals zur Vorlage der im Telefonat vom 29. April 2020 bereits angeforderten Unterlagen aufgefordert. Andernfalls werde der Hund durch die Antragsgegnerin als Fundsache betrachtet und zur Vermittlung freigegeben.
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Nach einem Aktenvermerk (Rückseite Bl. 19 der Behördenakte) gab die Antragstellerin am 11. Mai 2020 ihren Hund telefonisch gegenüber der Antragsgegnerin zur Vermittlung frei.
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Innerhalb der von der Antragsgegnerin gesetzten Frist bis zum 14. Mai 2020 erfolgte keine Vorlage der Unterlagen durch die Antragstellerin, sodass der Hund der Antragstellerin am 20. Mai 2020 an einen neuen Tierhalter veräußert wurde.
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Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. September 2020 wurde der Antragstellerin unter Fristsetzung bis 17. September 2020 Gelegenheit gegeben, sich zu dem beabsichtigten Tierhalte- und Betreuungsverbot zu äußern. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
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Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2020, der Antragstellerin zugestellt am 15. Oktober 2020, wurde der Antragstellerin das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art untersagt (Ziffer 1). Weiterhin wurde angeordnet, dass die Antragstellerin die dauerhafte Wegnahme des Hundes „…“, geb. … 2019, Rottweiler-Mix mit anschließender pfleglicher Unterbringung im Tierheim … sowie dessen Veräußerung zu dulden hat (Ziffer 2). Zugleich wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet (Ziffer 3) und für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 unmittelbarer Zwang angeordnet, das bedeutet, die im Haushalt aufgefundenen Tiere werden der Antragstellerin weggenommen (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin habe sich nicht ausreichend um die Ohr- und Hauterkrankungen ihres Hundes gekümmert. Der einzige Tierarztbesuch habe im November 2019 stattgefunden. Noch im April 2020 hätten die Hautprobleme bestanden. Die Antragstellerin sei nicht zum Kontrolltermin bei ihrem Haustierarzt erschienen. Damit habe sie grob gegen § 2 TierSchG verstoßen. Durch die fehlende Behandlung der schmerzhaften Hautveränderungen habe die Antragstellerin dem von ihr gehaltenen Hund „…“ länger andauernde und erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt, indem sie es unterlassen habe, die entzündeten Hautpartien tierärztlich versorgen zu lassen. Es sei davon auszugehen, dass es künftig wieder zu solchen tierschutzwidrigen Verstößen kommen werde.
14
Mit Fax vom 13. November 2020 zeigte sich die Bevollmächtigte der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin an und forderte die Antragsgegnerin unter anderem auf, den Hund … an die Antragstellerin unverzüglich herauszugeben.
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Ebenfalls mit Fax vom 13. November 2020, eingegangen am gleichen Tag bei Gericht, erhob die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2020 und beantragte zugleich:
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Stadt …, Ordnungsamt, Veterinärrecht-Tierschutz vom 13. Oktober 2020 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Hund … an die Antragstellerin herauszugeben.
3. Es wird Prozesskostenhilfe für das Klage- und Eilverfahren unter Beiordnung der Bevollmächtigten bewilligt.
16
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Antragstellerin habe eine Hautveränderung beim Hund … bemerkt und habe deswegen am 19. November 2019 den Hund … der Tierärztin Dr. … vorgestellt. Die behandelnde Tierärztin habe beim Hund … eine Dermatitis am ventralen Abdomen festgestellt. Durch die behandelnde Tierärztin sei der Antragstellerin angeraten worden, für den Fall, dass die Hautproblematik beim Hund … keine Besserung zeige, einen Futterwechsel auf hypoallergenes Futter vorzunehmen. Im Hinblick darauf, dass sich der Zustand im Bereich der Hautentzündung des Hundes … gebessert habe, habe die Antragstellerin nicht veranlasst, erneut einen Tierarzt zu konsultieren. Der Hund … habe sich in einem guten Pflegezustand befunden. Dazu legte die Antragstellerin Lichtbilder ihres Hundes vor. Der von der Antragsgegnerin beschriebene Zustand des Hundes … beruhe nicht auf schlechten Haltungsbedingungen, sondern beruhe auf einer Erkrankung des Hundes, welche voraussichtlich genetisch bedingt sei. Die dauerhafte Wegnahme des Hundes … mit anschließender pfleglicher Unterbringung im Tierheim … sowie dessen Veräußerung zu dulden sei somit rechtswidrig. Ein grober Verstoß gegen § 2 TierSchG liege nicht vor. Als milderes Mittel sei die Herausgabe des Mischlingshundes … an die Antragstellerin anzuordnen mit der Auflage, dass das Tier … in regelmäßigen Abständen einem Tierarzt vorgestellt werde und die Antragstellerin hierbei Nachweise zu erbringen habe. Bei dem Mischlingshund … handele es sich auch nicht um einen Rottweiler-Mix. Die Antragstellerin habe die Tierärztin Frau Dr. … anlässlich der Konsultation vom 19. November 2019 befragt, ob es sich bei dem Mischlingshund … um einen Kampfhund handele. Frau Dr. … habe der Antragstellerin sinngemäß mitgeteilt, dass es sich nicht offensichtlich um einen Kampfhund handele, Näheres könne nur eine Blutuntersuchung ergeben. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass es sich bei dem Mischlingshund … nicht um einen Rottweiler-Mischling handele aufgrund der niedrigen Schulterhöhe und aufgrund des gesamten Körperbaus. Die Antragstellerin sei somit davon ausgegangen, dass ein sogenanntes Negativgutachten nicht vorzulegen sei. Die Antragstellerin erkläre sich nach Herausgabe des Tieres bereit, ein entsprechendes Gutachten erstellen zu lassen. Die im Bescheid vom 13. Oktober 2020 festgesetzte Untersagung betreffend Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art sei somit völlig unverhältnismäßig insbesondere im Hinblick darauf, dass das Tierhalteverbot nicht auf eine bestimmte Tierart begrenzt sei.
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Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 27. November 2020:
Die Anträge werden abgelehnt.
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Zur Begründung wurde auf die Begründung des Bescheids vom 13. Oktober 2020 verwiesen. Weiter wurde unter anderem ausgeführt, ein Anordnungsanspruch im Rahmen des § 123 VwGO sei aufgrund der rechtmäßigen Wegnahme und Veräußerungsanordnung nicht gegeben. Überdies sei der Hund bereits veräußert worden. Auch würde eine Herausgabe ohne Begrenzung auf einen Zeitraum bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellen.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
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II. 1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist teilweise bereits unzulässig.
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a) Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig, soweit mit dem angegriffenen Verwaltungsakt in Ziffer 2 die Duldung der dauerhaften Wegnahme des Hundes „…“, geb. … 2019, Rottweiler-Mix, mit anschließender pfleglicher Unterbringung im Tierheim … sowie dessen Veräußerung angeordnet wurde.
22
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist nur dann möglich, wenn er sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, der noch nicht bestandskräftig geworden ist und sich noch nicht erledigt hat (BeckOK VwGO/Gersdorf, 56. Ed. 1.10.2019, VwGO § 80 Rn. 147). Für Anfechtungsklagen hat der Gesetzgeber in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO normiert, dass sie nur gegen einen noch nicht erledigten Verwaltungsakt statthaft sind, ansonsten fehlt das Interesse an der Aufhebung des jeweils angegriffenen Verwaltungsaktes. Aus dem gleichen Grund fehlt im Eilverfahren das Suspensivinteresse, wenn sich der sofort vollziehbare Verwaltungsakt bereits erledigt hat. Ein Rechtschutzbedürfnis ist daher insoweit nicht gegeben.
23
Danach ist der Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage unstatthaft, da sich die mit der Klage angegriffene Ziffer 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2020 erledigt hat. Soweit der Hund der Antragstellerin veräußert wurde, hat sich der Verwaltungsakt in Ziffer 2 - soweit er für sofort vollziehbar erklärt wurde - erledigt.
24
Erledigung tritt ein durch den Wegfall der mit einer angefochtenen Regelung verbundenen Beschwer, also durch den Wegfall ihrer intendierten Regelungswirkung (NK-VwGO/Heinrich Amadeus Wolff, 5. Aufl. 2018, VwGO § 113 Rn. 247). Fälle der Erledigung sind in Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG genannt. Danach bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
25
Die freiwillige Befolgung bzw. die im Wege des Verwaltungszwangs erfolgende Durchsetzung einer durch Verwaltungsakt aufgegebenen Verpflichtung allein führt noch nicht zur Erledigung, solange die Folgen noch rückgängig gemacht werden können und dies bei objektiver Betrachtung noch sinnvoll erscheint oder die Antragstellerin durch sonstige unmittelbare rechtliche Auswirkungen des Verwaltungsakts noch beschwert ist (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 43 Rn. 204-221; BVerwG vom 17.11.1998 Az. 4 B 100.98; OVG NRW vom 1.6.2006 Az. 8 A 4495/04; OVG NRW vom 13.6.2006 Az. 13 A 632/04; VG Stuttgart vom 28.10.2004 Az. 4 K 3529/04; VG Augsburg Beschl. v 18.9.2009 - Au 5 S 09.989, BeckRS 2009, 47933).
26
Nach diesen Grundsätzen hat sich die Ziffer 2 des Bescheids vom 13. Oktober 2020 erledigt, denn die von ihr für die Antragstellerin ausgehende Beschwer ist insoweit entfallen. Die Folgen der Veräußerung können durch die Antragsgegnerin faktisch und (öffentlich-) rechtlich nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Antragsgegnerin ist nicht mehr im Besitz des veräußerten Hundes. Es liegt aber auch nicht in der öffentlich-rechtlichen Rechtsmacht der Antragsgegnerin, den jetzigen Besitzer des Hundes zu dessen Wiederüberlassung an die Antragstellerin zu bewegen. Daher ist der Antragsgegnerin die Beseitigung der Vollzugsfolgen unmöglich. Ob dies zivilrechtlich/rechtsgeschäftlich möglich ist, ist keine Frage der Beseitigung der Vollzugsfolgen, sondern eine schadensersatzrechtliche. Insoweit ist die Antragstellerin auf den Zivilrechtsweg angewiesen (vgl. VG Augsburg Beschl. v 18.9.2009 - Au 5 S 09.989, BeckRS 2009, 47933).
27
Die Erledigung ist auch deshalb nicht zu verneinen, weil es für die Frage der Rechtmäßigkeit der behördlichen Kosten- und Auslagenforderung von Bedeutung sein kann, ob die vollstreckte Grundverfügung rechtmäßig war. Die Rechtmäßigkeit der Kostenerhebung kann zwar von der Rechtmäßigkeit der vollzogenen Grundverfügung abhängen (vgl. Art. 16 Abs. 5 KostenG), sie setzt aber nicht die rechtliche Wirksamkeit der Grundverfügung auch nach der Zeit nach der Vollstreckung voraus (vgl. VGH BW vom 7.12.1993 Az. 10 S 1700/92; VG Augsburg B.v. 18.9.2009 - Au 5 S 09.989, BeckRS 2009, 47933).
28
b) Der von der Antragstellerin gestellte Eilantrag hinsichtlich der Herausgabe des Hundes, der nach §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als Antrag auf Anordnung der Aufhebung der Vollziehung (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) ausgelegt werden kann, kann demnach ebenfalls keinen Erfolg haben.
29
Die Anordnung der Aufhebung der Vollziehung (§ 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO) stellt den Annex zu vorherigen Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs dar. Wenn die aufschiebende Wirkung der Klage gegen eine behördliche Entscheidung anzuordnen ist, und diese Verfügungen bereits vollzogen sind, ist auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO die Aufhebung dieser Vollziehung insoweit auszusprechen, als dies der Antragsgegnerin rechtlich möglich ist. Die materielle Grundlage für den prozessual über § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO geltend zu machenden Anspruch bildet der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch (vgl. VGH BW vom12.5.2005 Az. 13 S 195/05; vom 14.2.2007 Az. 13 S 2969/06; VG Augsburg B.v. 18.9.2009 - Au 5 S 09.989, BeckRS 2009, 47933). Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass durch die Vollziehung der Verfügung ein fortdauernder rechtswidriger Zustand herbeigeführt worden und die Folgenbeseitigung rechtlich und tatsächlich möglich ist (vgl. BVerwG vom 6.9.1988 Az. 4 C 26.88; OVG NRW vom 9.3.2007 Az. 18 B 2533/06; VGH BW vom 24.6.2008 Az. 11 S 1136/07; VG Augsburg B.v. 18.9.2009 - Au 5 S 09.989, BeckRS 2009, 47933).
30
Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es fehlt schon an der vorherigen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, da der entsprechende Antrag der Antragstellerin bereits unzulässig ist. Wie oben dargestellt, hat sich insoweit die Ziffer 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2020 erledigt. Aus diesem Grund war der ausgelegte Antrag nach Aufhebung der Vollziehung auch deshalb abzulehnen, weil eine Folgenbeseitigung öffentlich-rechtlich nicht mehr möglich ist. Die Rechtmäßigkeit der Ziffer 2 des Bescheids vom 13. Oktober 2020 wird aber im Hauptsacheverfahren zu klären sein.
31
c) Der Eilrechtsschutzantrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gegen die in Ziffer 6 des Bescheids enthaltene Gebührenfestsetzung ist offensichtlich unzulässig. Die Unzulässigkeit ergibt sich nicht schon daraus, dass die Antragstellerin mit der Erhebung der Klage gegen den Bescheid die Vollstreckung aus der Gebührenfestsetzung vorläufig abgewendet hat, denn bezüglich der Gebührenfestsetzung entfaltet die Anfechtungsklage der Antragstellerin keine aufschiebende Wirkung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO). Die Regelung bezieht sich nicht nur auf isolierte, selbständige Kostenentscheidungen, sondern auch auf mit einer Sachentscheidung verbundene Kostenentscheidungen (vgl. Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 31, 32). Der Zulässigkeit steht § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO entgegen. Die Antragstellerin hat noch keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin gestellt. Zudem hat die Antragsgegnerin auch nicht mit Vollstreckung gedroht (vgl. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO). Durch den formularmäßigen Hinweis der Antragsgegnerin auf Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. Bl. 72c der Gerichtsakte) droht noch keine Vollstreckung im Sinn von § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO (vgl. VGH München, Beschluss vom 9.6.2008 - 8 CS 8.1117, NVwZ-RR 2009, 135).
32
2. Soweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich Ziffern 1 und 4 des Bescheids vom 13. Oktober 2020 zulässig ist, ist er nur hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids begründet.
33
a) aa) Die Begründung des Sofortvollzugs in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 13. Oktober 2020 entspricht hinsichtlich des angeordneten Haltungs- und Betreuungsverbotes den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug in ausreichender Form begründet wurde. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin ausführt, dass die Vermeidung von Schmerzen, Leiden und Schäden von Tieren bei einer aufschiebenden Wirkung gefährdet wäre und die Untersagung der Tierhaltung aufgrund des dargestellten Sachverhalts unverzüglich zu erfolgen hat. Damit kommt das von der Antragsgegnerin dargelegte besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung zum Ausdruck. Es überzeugt, dass das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Tierschutzes die privaten Interessen an der Fortsetzung einer Tierhaltung überwiegen. An der Verhinderung vermeidbarer Leiden der geschützten Tiere besteht ein besonderes öffentliches Interesse, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Durchsetzung tierschutzrechtlicher Verfügungen hinausgeht (vgl. auch VG Schleswig-Holstein, B.v. 8.6.2017 - 1 B 24/17 - juris).
34
bb) Der streitgegenständliche Bescheid ist in Ziffer 1 auch (materiell) rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
35
Im vorliegenden Fall eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO stellt das Gericht dann, wenn, wie hier, die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wieder her, wenn das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erhebliche Bedeutung. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.
36
Nach der in diesem Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich das gegenüber der Antragstellerin mit Bescheid vom 13. Oktober 2020 verfügte Tierhaltungs- und -betreuungsverbot gem. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG voraussichtlich als rechtmäßig.
37
Gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 3 TierSchG kann die zuständige Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nr. 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zufügt, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen. Dies steht unter der Voraussetzung, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Halter oder Betreuer weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird, § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 2. Halbs. TierSchG.
38
Entscheidungserheblich ist dabei auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin den 13. Oktober 2020, abzustellen. Denn, obwohl es sich bei dem sog. Tierhaltungsverbot um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist das Verfahren nach der Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG so gestaltet, dass es in zwei Verfahren aufgeteilt wird, nämlich in ein Untersagungsverfahren einerseits und ein mögliches Wiedergestattungsverfahren andererseits. Dies hat zur Folge, dass die Antragstellerin eine nachhaltige Verbesserung in der Sach- und Rechtslage zu ihren Gunsten in einem nachfolgenden Wiedergestattungsverfahren geltend zu machen hätte (vgl. hierzu OVG Lüneburg, U.v. 20.4.2016 - 11 LB 29/15, juris, mit Verweis auf gewerberechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes).
Gründe
39
Die Antragstellerin hat zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids den Vorschriften des § 2 TierSchG grob zuwiderhandelt.
40
Nach § 2 TierSchG muss jemand, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltens-gerecht unterbringen (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Er darf die Möglichkeiten des Tieres zu artgerechter Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (§ 2 Nr. 2 TierSchG) und muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (§ 2 Nr. 3 TierSchG). Dabei umfasst das Pflegegebot in § 2 Nr. 1 TierSchG alle Maßnahmen, die das Wohlbefinden des Tieres herbeiführen und erhalten. Pflege schließt neben der Ermöglichung der Eigenkörperpflege und der regelmäßigen Überwachung all das ein, was unter einer guten Behandlung zu verstehen ist. Dazu zählt unter anderem die Gesundheitsvorsorge und -fürsorge und insbesondere die Vorstellung bei einem Tierarzt im Fall des Krankheitsverdachts (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 2 Rn. 24, 27; VG Oldenburg, U.v. 19.5.2003 - 7 A 2832/01 - juris).
41
Dass die Antragstellerin diesen Anforderungen nicht gerecht wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts auf Grund der vorgelegten Behördenakte einschließlich der Stellungnahme der Amtsveterinärin vom 22. April 2020 mit mehreren Fotos fest. Den Ausführungen der Amtsveterinärin ist zu entnehmen, dass bei „…“ eine hochgradige eitrige Entzündung des äußeren Gehörgangs rechts diagnostiziert wurde. Das Krankheitsbild war nicht nur auf die Ohren begrenzt, sondern auch auf die Zwischenzehenbereiche, die kupierte Rute sowie den rechten Lefzenwinkel. Der Hund fiel durch seine Ängstlichkeit und Gedämpftheit auf. Der Gang war immer geduckt und er zitterte stark. Nach Aktenlage fand der einzige Tierarztbesuch im November 2019 statt.
42
Das geschilderte Unterlassen einer Nachkontrolle des Hundes bei einem fachkundigen Tierarzt mit anschließender Behandlung über knapp fünf Monate hat auch nach Auffassung des Gerichts zu erheblichen Schmerzen und Leiden bei dem Hund geführt. Eine Entzündung geht mit starken Schmerzen und Juckreiz einher. Dieser führt dazu, dass das Tier die bereits entzündeten Areale aufkratzt, was wiederum Sekundärinfektionen begünstigen kann. Dieses Aufkratzen der entzündeten Bereiche ist hochgradig schmerzhaft und führt zu Abschürfungen und Krustenbildung. Langanhaltender Juckreiz ist mit erheblichen Leiden gleichzusetzen. Dazu kommen noch die damit verbundenen, andauernden starken Schmerzen. Weiterhin können durch die aufgekratzten/offenen Stellen Infektionserreger über die Blutbahn im gesamten Organismus verteilen und somit zu weiteren Erkrankungen und Einschränkungen führen. Dies ist für einen sachkundigen und aufmerksamen Tierhalter Anlass, das Tier einem Tierarzt vorzustellen bzw. regelmäßige Nachkontrollen durchführen zu lassen.
43
Soweit die Antragstellerin vorträgt, aufgrund der Besserung des Zustandes des Hundes im Bereich der Hautentzündung sei sie nicht erneut zum Tierarzt gegangen, erscheint dies aufgrund der Begutachtung der Amtsveterinärin nicht glaubhaft. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 6.11.2017 - 9 ZB 15.2608, B.v. 10.8.2017 - 9 C 17.1134, B.v. 21.10.2016 - 9 C 16.526, jeweils juris) ist den beamteten Tierärzten bei der Frage, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG und sonstige tierschutzrechtliche Vorschriften eingehalten sind, eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt. Denn das Gutachten von beamteten Tierärzten erachtet der Gesetzgeber gemäß §§ 15 Abs. 2, 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG grundsätzlich als ausreichend und maßgeblich dafür, einen Verstoß gegen Grundpflichten zur artgerechten Tierhaltung nach § 2 TierSchG nachzuweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2014 - 3 B 62.13, juris). Die Amtstierärzte sind als gesetzlich vorgesehene Sachverständige gemäß § 15 Abs. 2 TierSchG für diese Aufgaben eigens bestellt. Schlichtes Bestreiten vermag die Aussagekraft einer amtstierärztlichen Beurteilung nicht zu entkräften, dasselbe gilt für unsubstantiierte, pauschale Behauptungen (VG Schleswig-Holstein, U.v. 2.7.2018 - 1 A 52/16 - juris Rn. 82 mit Verweis auf VG Würzburg, B.v. 22.11.2011 - W 5 S 11.849 - juris Rn. 38; VG Würzburg, B.v. 19.4.2011 - W 5 S 11.242 - juris Rn. 47). Nach diesem Maßstab ist die Vorlage verschiedener Lichtbilder nicht geeignet, die Begutachtung der Amtsveterinärin zu entkräften. Anlass, an der Richtigkeit der Feststellungen der Amtsveterinärin zu zweifeln, besteht nicht. Vielmehr ist das Gericht - auch aufgrund der in der Behördenakte befindlichen Bilder zum Zustand des Hundes - davon überzeugt, dass die Amtsveterinärin von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist.
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Die Antragstellerin hat gegen die genannten Vorschriften auch grob verstoßen. Ein grober Verstoß im Sinne von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG liegt beispielsweise bei einem vorsätzli-chen Verstoß gegen eine Strafvorschrift vor. Unterhalb dieser Schwelle kommt es auf die Intensität und Dauer der Verstöße, auf die Größe der herbeigeführten Gefahren sowie auf das Ausmaß und die Dauer der verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden sowie auf den Grad des Verschuldens an (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl. 2016, § 16a Rn. 45). Vorliegend ist aufgrund der geschilderten massiven tierschutzrechtlichen Verstöße, die in der unterlassenen Vorstellung der Hunde bei einem Tierarzt sowie in der unterlassenen tierärztlichen Behandlung liegen, und der damit verbundenen erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden von einem groben Verstoß gegen § 2 TierSchG auszugehen, insbesondere aufgrund des über knapp fünf Monate andauernden Unterlassens des Tierarztbesuches, zumal die Hauterkrankungen auch für einen Laien unschwer äußerlich erkennbar waren.
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Es liegen auch Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass die Antragstellerin weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 2. Halbs. TierSchG). Da die Antragstellerin eine tierärztliche Behandlung über knapp fünf Monate unterließ, ist davon auszugehen, dass eine Verhaltensänderung der Antragstellerin jedenfalls nach aktuellem Sach- und Streitstand nicht eingetreten ist. Allein die unterlassene tierärztliche Nachkontrolle trotz deutlicher Krankheitsanzeichen zeigt, dass die Antragstellerin dem Wohlbefinden des Hundes gleichgültig gegenübersteht. Dies wird auch dadurch ersichtlich, dass die Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin ihren Hund Ende November 2019 loswerden wollte, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt bereits eine Hauterkrankung aufwies. Aufgrund der dadurch zum Ausdruck kommenden Einstellung und der groben Verstöße gegen das Tierschutzrecht ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin weiterhin Zuwiderhandlungen begehen wird. Eine nachhaltige Verbesserung der Hundehaltung der Antragsteller ist nicht zu erwarten. Die Prognose fällt zu Lasten der Antragstellerin aus.
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Anhaltspunkte für Ermessensfehler der Behörde sind nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt und insbesondere den verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Zweck und Mittel in ausreichendem Maß berücksichtigt. Angesichts des tierschutzwidrigen Zustands der Hundehaltung der Antragstellerin stellt das Tierhaltungsverbot im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verankerten Tierschutz (Art. 20a GG) eine geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme dar. Die Anordnung ist geeignet, die tierschutzrechtlichen Missstände zu beheben. Auch steht kein anderes Mittel zur Verfügung, die Antragstellerin zur Einhaltung der gebotenen Haltungsanforderungen anzuhalten. Die Antragstellerin hat ihrem Hund durch die unterlassene tierärztliche Behandlung über einen nicht unerheblichen Zeitraum (knapp fünf Monate) erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt. Auch ist das Kriterium der Erforderlichkeit zu bejahen. Es drohen weitere Verstöße und andere, weniger in die Rechte der Antragstellerin einschneidende Maßnahmen zum Schutz der von der Antragstellerin gehaltenen oder betreuten Tiere erscheinen nicht effektiv genug, zumal die Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben ihren Hund mit seinen Schmerzen und Leiden seinem Schicksal überlassen wollte. Die angeordnete Untersagung ist auch verhältnismäßig. Dieser gravierende Eingriff ist angesichts der massiven Verstöße letztlich unumgänglich, um die gesetzlich vorgegebenen Ziele des Tierschutzes durchsetzen zu können. Daher hat das Interesse der Antragstellerin, weiterhin Tiere halten zu dürfen, hinter dem Interesse des Staates am Schutz dieser Tiere zurückzutreten. Dieses Ermessen hat die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 13. Oktober 2020 ausreichend dargelegt.
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Daher erweist sich das gegenüber der Antragstellerin verhängte Haltungs- und Betreuungsverbot von Tieren jeder Art als rechtmäßig.
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b) Hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs (Ziffer 4) für die Vollstreckung des in Ziffer 1 des Bescheids ausgesprochenen Haltungs- und Betreuungsverbots war die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei der Formulierung „angeordnet“ im Tenor des Bescheids (Ziffer 4) offenkundig um einen Tippfehler der Antragsgegnerin handelt. Dies ergibt sich aus dem Abgleich mit der Begründung der Ziffer 4. Das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs ist allerdings gemäß Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwZVG nur zur Vollstreckung von Verwaltungsakten zulässig, die eine Handlung, Duldung oder Unterlassung fordern. Das Haltungs- und Betreuungsverbot ist kein solcher gebietender Verwaltungsakt, sondern hat rechtsgestaltenden Charakter, so dass er der Vollstreckung nicht zugänglich ist. Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids stellt sich daher als rechtswidrig dar. Die in Ziffer 4 des Bescheids enthaltene Anordnung der Wegnahme und Veräußerung der Tiere stellt zudem eine Regelung nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG dar, nicht jedoch eine förmliche Androhung eines Zwangsmittels im Sinne des Art. 36 BayVwZVG (vgl. VG Augsburg B.v. 12.8.2010 - Au 2 S 10.1014, BeckRS 2010, 35280). Eine solche Anordnung kann nur dann getroffen werden, wenn es einen konkreten Anlass hierfür geben würde. Das ist - soweit ersichtlich - aber nicht der Fall.
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3. Der Antrag nach § 123 VwGO auf Herausgabe des Hundes ist bereits unzulässig, da insoweit der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO gegenüber § 123 Abs. 5 VwGO Vorrang hat.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154, 155 Abs. 4 VwGO. Vorliegend ist die Erledigung durch Veräußerung des streitgegenständlichen Hundes an einen neuen Tierhalter bereits Monate vor Erlass des Bescheides eingetreten. Wann dies nochmals angeordnet wurde, ist unklar. Durch ihr insoweit widersprüchliches Verhalten und den des Weiteren verfügten Sofortvollzug hat die Antragsgegnerin den Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheides vom 13. Oktober 2020 provoziert. Im Rahmen des § 155 Abs. 4 VwGO kommt in Bezug auf die Verwaltungsbehörde als Ursache unter anderem vorprozessuales Fehlverhalten in Betracht (vgl. BeckOK VwGO/Hartung/Zimmermann-Kreher, 56. Ed. 1.1.2021, VwGO § 155 Rn. 10-13), weswegen insoweit der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen sind.
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Die Festsetzung des Streitwertes beruht für das Verfahren AN 10 S 20.02456 auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und für das Verfahren AN 10 E 20.02457 auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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5. Soweit sich die der Klage auf Ziffer 4 des Bescheids vom 13. Oktober 2020 bezieht ist der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das Klage- und Eilverfahren zu bewilligen. Insoweit hat die Antragstellerin auch dargelegt, dass sie bedürftig ist. Insoweit wird die Prozessbevollmächtigte nach § 121 Abs. 2 ZPO beigeordnet. Im Übrigen ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten für das Klage- und Eilverfahren abzulehnen, da hinreichende Erfolgsaussichten nicht bestehen.
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Hinsichtlich Ziffern 1 bis 4 des Beschlusses gilt folgende