FG München, Gerichtsbescheid v. 25.01.2021 – 7 K 2456/19 U
Titel:

Verspätungszuschlag zur Körperschaftsteuer - gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Körperschaftsteuer

Normenketten:
KStG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 31 Abs. 1a S. 2
AO § 108 Abs. 3, § 149 Abs. 1, § 152 Abs. 2
FGO § 54 Abs. 2, § 100 S. 1, § 101 S. 1, § 102
EStG § 5b Abs. 2 S. 1§ 25 Abs. 3 S. 1
GmbHG § 5a,§ 13 Abs. 3, § 35 Abs. 1 S. 1
GewStG § 5, § 14a S. 1
EStDV § 60 Abs. 1 S. 2, § 60 Abs. 1 S. 1
UStG § 18 Abs. 1 S. 1
ZPO § 222 Abs. 1
Leitsatz:
Werden Steuererklärungen wiederholt nicht abgegeben, ist das Versäumnis regelmäßig nicht entschuldbar. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Datenschutzgrundverordnung
Fundstellen:
EFG 2023, 881
BeckRS 2021, 60977
LSK 2021, 60977

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

I.
1
Streitig ist, ob die Klägerin in 2016 zur (elektronischen) Abgabe ihrer Steuererklärungen verpflichtet bzw. der Beklagte infolge der Nichtabgabe der Unterlagen zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt war.
2
Klägerin ist die G UG (haftungsbeschränkt), die im vereinfachten Verfahren nach § 2 Abs. 1a des Gesetzes betreffend der Gesellschaften mit beschränkter Haftung -GmbHG – am 20. Dezember 2012 errichtet und am 21. Januar 2013 ins Handelsregister eingetragen (HRB 203093 des Amtsgerichts München) wurde. Zum 31. März 2020 wurde die Gesellschaft aufgelöst und der bis dahin alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer, G, zum alleinigen Liquidator bestellt. Gegenstand des Unternehmens war die … Das Stammkapital betrug 500 €. G, geboren am ... 1960 ist Fachanwalt für Erbrecht und als Rechtsanwalt selbständig tätig.
3
Der Beklagte (das Finanzamt; im Folgenden: FA) forderte die Klägerin mehrfach zur Abgabe der Steuererklärungen für 2016 auf. Dabei wurde auch explizit darauf hingewiesen, dass die Klägerin verpflichtet sei, die Erklärungen elektronisch abzugeben.
4
Die Klägerin reichte ihre Körperschaftsteuererklärung 2016 mit Schreiben vom 18. Februar 2018 und die Gewerbesteuererklärung 2016 mit Schreiben vom 3. März 2018 in Papierform beim FA ein. Eine elektronische Übermittlung der Steuererklärungen erfolgte – wie bereits in den Vorjahren 2014 und 2015 – nicht. Die Bilanz bzw. die Gewinn- und Verlustrechnung (im Folgenden: GuV) wurden ursprünglich für das Streitjahr weder in Papierform eingereicht, noch elektronisch übermittelt. Die Klägerin erklärte einen Steuerbilanzgewinn bzw. Jahresüberschuss von jeweils 0 €.
5
Mit Bescheiden vom 29. März 2018 schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen für 2016. Es setzte einen Steuerbilanzgewinn bzw. Jahresüberschuss in Höhe von 3.000 € an, sodass Körperschaftsteuer i.H.v. 450 € und ein Gewerbesteuermessbetrag i.H.v. 105 € festgesetzt wurden. Zudem wurde ein Verspätungszuschlag zur Körperschaftsteuer 2016 i.H.v. 45 € festgesetzt. Insoweit wurde in den Erläuterungen des Bescheides ausgeführt, dass der Verspätungszuschlag „wegen Nichtabgabe / verspäteter Abgabe der Steuererklärung / Steueranmeldung festgesetzt“ wurde. Das steuerliche Einlagekonto als auch das durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Kapital wurden zum 31. Dezember 2016 auf 0 € festgestellt. Die Bescheide für 2016 über die Körperschaftsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – zum 31. Dezember 2016 ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
6
Mit Schreiben vom 4. April 2018 legte die Klägerin hiergegen Einsprüche ein. Zur Begründung brachte sie vor, dass sie nicht tätig gewesen sei und keine Gewinne erzielt habe. Ein Gewinn von 3.000 € würde bei einer Umsatzrendite von fünf Prozent einem Jahresumsatz von 60.000 € entsprechen. Anhaltspunkte für einen derart hohen Umsatz lägen nicht vor. Es müssten dann ja auch Vorsteuererstattungen eingegangen sein, was nicht der Fall gewesen sei. Zudem seien die Schätzungsbescheide bereits deswegen rechtswidrig, weil Steuererklärungen vorgelegt worden seien. Der Ansatz eines zehn prozentigen Verspätungszuschlages sei ermessensfehlerhaft. Die Festsetzung sei zudem nicht begründet worden und daher rechtswidrig.
7
Mit Schreiben vom 12. April 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die in Papierform eingereichte Körperschaftsteuererklärung verfahrensrechtlich als nicht eingegangen gelte und darüber hinaus auch Bilanz und GuV für 2016 in elektronischer Form noch einzureichen seien. Mit Schreiben vom 17. April 2018 legte die Klägerin eine Kopie der Bilanz zum 31. Dezember 2016 in Papierform vor. Diese weist auf der Aktivseite “Umlaufvermögen“ i.H.v. 500 € und auf der Passivseite ein Stammkapital i.H.v. 500 € aus. Mit Schreiben vom 26. April 2018 wies der Beklagte darauf hin, dass die eingereichte Bilanz den bisherigen Aussagen der Klägerin zu ihrer Überschuldung widerspreche, die Bilanz aus Sicht des Beklagten somit nicht zutreffend sein könne.
8
Mit Schreiben vom 13. September 2018 widersprach die Klägerin der Aussage des Beklagten, dass mangels ausreichender Unterlagen der Weg zur Schätzung eröffnet sei. Sie teilte mit, dass nur laufende Kontoführungsgebühren anfielen und das Konto derzeit mit 11 € im Minus sei. Daher könne man die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin sehr wohl ermitteln, nämlich als Verlust von 10 € x 12 Monate Kontoführungsgebühren = 120 €. Vor dem Hintergrund, dass die Steuererklärungen und die Bilanz eingereicht wurden und für die GuV keine besondere Form vorgeschrieben sei, sei die Mitteilung eines Verlustes i.H.v. 120 € ausreichend.
9
Mit Schreiben vom 13. September 2018 beantragte die Klägerin zudem, sie von der elektronischen Übermittlung ihrer Null-Erklärung zu befreien (sog. Härtefallantrag), weil ihr die elektronische Übermittlung unmöglich sei. Sie verfüge weder über einen Internet-Anschluss noch über einen Computer. Sie habe dies noch nicht angeschafft, weil sie ihren Geschäftsbetrieb noch nicht aufgenommen habe. Hinsichtlich Steuererklärung und Bilanz wies die Klägerin darauf hin, dass diese dem Beklagten vorlägen. Bezüglich der GuV führte sie aus, dass insoweit keine besondere Form vorgeschrieben sei. Das FA lehnte den Härtefallantrag mit Schreiben vom 26. September 2018 ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin zwar vorgebracht habe, dass sie weder über einen Internetanschluss noch über einen Computer verfüge. Der Geschäftsführer der Klägerin sei jedoch mit der Erfüllung der steuerlichen Pflichten beauftragt. Dieser habe Zugang zu einem Computer und diesen auch im Geschäftsverkehr für die Klägerin benutzt, da sämtliche Schreiben an einem Computer verfasst worden sein. Es könne daher nicht von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ausgegangen werden. Auch persönliche Unzumutbarkeit sei nicht gegeben, da keine Anzeichen vorlägen, wonach der Steuerpflichtige über keinerlei Medienkompetenz verfüge. Die Klägerin legte gegen die Ablehnung des Härtefallantrages mit Schreiben vom 26. Oktober 2018 Einspruch ein.
10
Die Einsprüche der Klägerin wurden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Einspruchsentscheidung vom 5. September 2019 insgesamt als unbegründet zurückgewiesen. Das FA hob in der Einspruchsentscheidung zudem jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung des Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuermessbetrags- und Feststellungsbescheides auf.
11
Zur Begründung führte das FA insbesondere an, dass es zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen berechtigt gewesen sei. Die Klägerin sei zur Abgabe der Steuererklärungen einschließlich Bilanz und GuV in elektronischer Form verpflichtet. Da die Klägerin die GuV für 2016 weder elektronisch noch in Papierform eingereicht habe, könne der in den Steuerklärungen angegebene Gewinn von 0 € nicht überprüft werden. Die Höhe der Schätzung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Unternehmen hätten in der Anlaufphase zwar grds. einen Verlust. Dies sei jedoch nicht allgemeingültig. Man habe sich am Gewinn der Vorjahre orientiert, der vom Finanzgericht (im Folgenden: FG) nicht beanstandet wurde und sei für 2016 vom Fortgang des Unternehmens und einer damit einhergehenden Steigerungsrate ausgegangen.
12
Die Ablehnung des Antrages auf Übermittlung der Steuererklärungen in Papierform sei zu Recht versagt worden, da keine unbillige Härte im Sinne der §§ 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, 14a Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG – vorliege. Allein die Notwendigkeit von Investitionen zur Erfüllung handels- und steuerrechtlicher Pflichten könne eine solche nicht begründen. Vor Errichtung einer Formkauffrau müssten die handels- und steuerrechtlichen Folgen bedacht werden, die daran anknüpfen.
13
Ausweislich der Verfügungen des FA wurde die Einspruchsentscheidung adressiert an die Klägerin c/o Herrn G, … Die bei Gericht eingereichte Kopie der Einspruchsentscheidung trägt den Eingangsstempel der Kanzlei G vom 10. September 2020. Ferner ist handschriftlich vermerkt: „Klage gegen die Einspruchsentscheidung v. 05.09.19 erheben. Frist: 10.10.19, Vorfrist: 03.10.19“. Eine weitere handschriftliche Anmerkung – wonach eine Durchschrift für 2016 zu fertigen sei – datiert vom 10. Oktober 2019. Eine offensichtlich von einer anderen Person gemachte Anmerkung („mit Frist weiteren 1 Monat für Klage mit Vorfrist“) wurde abgehakt und dies mit dem Zusatz „11.09.19, SSO“ versehen.
14
Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2019, eingereicht bei Gericht am gleichen Tag, hat die Klägerin Klage erhoben. Auf Nachfrage brachte sie hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage insbesondere vor, dass die Einspruchsentscheidung mit einfachem Brief versandt worden sei. Der Briefumschlag trage einen Poststempel vom 5. September 2019 sowie einen Aufkleber der Post mit dem Aufdruck „Kein aktiver Auftrag vorhanden – an Zusteller/Ausgabe für …“. Dies sei dahingehend zu verstehen, dass der Brief zurückgehalten worden sei, weil man einen Nachsendeauftrag angenommen habe, der aber tatsächlich nicht vorgelegen habe. Nach entsprechender Überprüfung, die mit dem Aufkleber ersichtlich werde, sei der Brief danach zur normalen Zustellung an den Zusteller bzw. an die Ausgabe weitergegeben worden. Zwischen Absendung der Einspruchsentscheidung an einem Donnerstag und Eingang am Dienstag läge ein Wochenende, sodass die Überprüfung sich dadurch verzögert habe, und der Brief entsprechend später ins Fach des lokalen Zustellers gelangt sei.
15
Zur Begründetheit der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen folgendes vor:
16
Hinsichtlich der Schätzung des der Körperschaftsteuer zugrunde gelegten Gewinnes bestehe keine Schätzungsbefugnis dem Grunde nach. Eine solche sei nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige bei der Sachverhaltsermittlung nicht mitgewirkt habe. Vorliegend habe die Klägerin im Schreiben vom 18. Februar 2018 bzw. beiliegender Körperschaftsteuererklärung mitgeteilt, dass sich ihr Gewinn auf 0 € belaufe, da die Geschäftstätigkeit nicht aufgenommen werden konnte, weil der Geschäftsführer als Anwalt tätig und auch aus anderen Gründen (z.B. Umzug der Büroräume) überlastet gewesen sei. Folglich sei der Weg einer Schätzung verschlossen.
17
Bei der Schätzungshöhe habe sich das FA nicht an den wahrscheinlichsten Besteuerungsgrundlagen orientiert. Die Klägerin, deren Stammkapital nur 500 € betrage, sei bisher nicht tätig geworden. Die Geschäftsaufnahme sei laut Schreiben vom 9. Januar 2020 auch nicht geplant. Vielmehr sei ein Notar gebeten worden, den Liquidationsbeschluss vorzubereiten. Aufgrund der fehlenden Geschäftstätigkeit seien auch keine Umsatzsteuer angemeldet, Vorsteuererstattungen geltend gemacht oder Investitionen getätigt wurden. Der Beklagte sei im Rahmen der Schätzung verpflichtet gewesen, auch Umstände zugunsten der Klägerin einzubeziehen. Er hätte damit die Null-Erklärung samt Erläuterung der Nichtaufnahme der Geschäftstätigkeit berücksichtigen müssen. Dies sei nicht erfolgt. Damit sei die Schätzung rechtswidrig. Ferner sei der Jahresüberschuss oder Gewinn keine nach § 162 Abgabenordnung – AO – zu schätzende Besteuerungsgrundlage. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, Eingangs- bzw. Ausgangsumsätze zu schätzen und hieraus einen Gewinn abzuleiten. Das willkürliche Herausgreifen eines frei erfundenen Jahresüberschusses ohne Rückgriff und Anhalt auf irgendwelche Bemessungsfaktoren sei unzulässig. Es gebe keine Tatsachen, die einen Jahresüberschuss in Höhe von 3.000 € als größtmöglich wahrscheinlich machen. Um einen derartigen Gewinn zu erzielen, müsste die Klägerin bei einer Rendite von 5% Umsätze von 60.000 € in 2016 erzielt haben. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Es handle sich um eine sog. Straf- und Mondschätzung. Dabei sei die Schätzung vorliegend nicht nur rechtswidrig, sondern nichtig, da der Sachverhalt seitens des Beklagten nicht ausreichend aufgeklärt worden sei, sich der Beklagte vielmehr den Erkenntnissen, welche auf ein niedrigeres Schätzergebnis hinweisen würden, sogar verschlossen habe und auch nicht erkennbar sei, wieso der Gewinn jeweils basierend auf einer Schätzung für 2014 i.H.v. 1.000 €, für 2015 i.H.v. 2.000 € und für 2016 schließlich i.H.v. 3.000 € angenommen worden sei.
18
Des Weiteren sei die Schätzung nicht nur als reine Schikane zu anzusehen, sondern auch unverhältnismäßig, da die Anwendung hoheitlicher Gewalt sich entsprechend der Stufenprüfung als verhältnismäßig nach Zweck und Aufwand zu verhalten habe. Dies sei nicht der Fall.
19
Der Steuerzugriff verstoße als unzulässige Enteignung gegen Art. 14 des Grundgesetzes – GG –, da bei einem Stammkapital von 500 € mehr als die vorhandene Substanz der UG abgeschöpft und damit auf deren Substanz zugegriffen werde.
20
Das Vorgehen des Beklagten sei als faktische Bestandsbesteuerung zu werten, bei der die bloße Existenz der Klägerin zum Anlass einer Besteuerung genommen werde. Die Körperschaftsteuer sei jedoch als Ertragsteuer ausgestaltet. Eine Bestandssteuer gebe es nicht. Sie dennoch einzuführen, verstoße gegen den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzgebers.
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Die Schätzung des Gewerbesteuermessbetrages sei aus den gleichen Gründen rechtswidrig, da sie auf den der Körperschaftsbesteuerung zugrunde gelegten rechtswidrig geschätzten Gewinn zugrückgreife.
22
Die Höhe des zur Körperschaftsteuer festgesetzten Verspätungszuschlages werde nicht begründet. Der Bescheid enthalte zudem weder eine Rechtsvorschrift noch die Berechnung des Verspätungszuschlages, sodass der Bescheid insoweit rechtswidrig sei. Sollte die Höhe des Verspätungszuschlages sich rechnerisch aus dem Betrag der geschätzten Körperschaftsteuer ableiten, wäre sie ohne Grundlage und aufzuheben, da die Schätzung der Körperschaftsteuer bereits rechtswidrig sei. Soweit man in der Begründung davon ausgehe, die Klägerin habe keine Steuererklärung eingereicht, sei diese Annahme unzutreffend, da die Klägerin die Steuererklärung am 18. Februar 2018 eingereicht habe. Darüber hinaus sei von der Festsetzung eines Verspätungszuschlages abzusehen, da die Versäumnis entschuldbar erscheine. Die Klägerin habe im vorgenannten Schreiben ausgeführt, welche Umstände (Büroumzug etc.) es gegeben habe, die sie an der rechtzeitigen Erstellung der Erklärung gehindert haben. Der Büroumzug sei wegen Wasserschäden im alten Bürohaus erforderlich gewesen, was die Klägerin nicht verschuldet habe. Letztlich sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Klägerin seit Jahren mit unverhältnismäßigem Schriftverkehr überziehe und die rechtzeitige Einreichung der Erklärungen hierdurch behindere.
23
Der Verzicht auf eine elektronische Übermittlung habe seinen Grund darin, dass die Klägerin keinen Computer und keine Internetanschluss angeschafft habe, da sie noch nicht tätig geworden sei. Daher könne sie die Erklärungen nicht elektronisch übermitteln; es sei ihr objektiv unmöglich. Der Geschäftsführer der Klägerin verfüge zwar über einen Rechner, sei jedoch nicht verpflichtet, seine Infrastruktur einer Firma zur Verfügung zu stellen, die nur an seiner Geschäftsadresse ihren Sitz habe und wo lediglich ihre Post ein- und ausgehe. Abgesehen davon funktioniere auch beim Geschäftsführer die elektronische Übermittlung aus unbekannten Gründen nicht. Es sei schon mehrfach mit einem Fachmann versucht worden. Dies habe jedoch aus ungeklärter Ursache nicht funktioniert. Die Zurückweisung der Papiererklärung und die Festsetzung einer Strafsteuer für eine objektiv nicht mögliche elektronische Einreichung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das mildeste Mittel sei die Verwendung der Papiererklärung, da sie die vom FA begehrte Information enthalte.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 2016 und des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag 2016 jeweils vom 29. März 2018 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2019 die Körperschaftsteuer 2016 und den Gewerbesteuermessbetrag 2016 jeweils auf 0 € herabzusetzen, ferner
2. den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31 . Dezember 2016 und die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Körperschaftsteuer 2016 jeweils vom 29. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2019 aufzuheben und
3. den Beklagten unter Aufhebung der Ablehnung des Härtefallantrages vom 26. September 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2019 zu verpflichten, den Kläger von der elektronischen Übermittlung des Körperschaftsteuerbescheides, des Bescheides über den Gewerbesteuermessbetrag, der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung jeweils für 2016 zu befreien.
25
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
26
Es ist der Auffassung, dass die Klage verfristet und damit unzulässig sei. Allein der Eingangsstempel der Kanzlei G entkräfte nicht die Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO. Zum Hinweis der Klägerin auf den Aufkleber des Briefumschlages führt der Beklagte aus, dass insoweit unklar sei, aus welchem Grund die Adresse noch einmal überprüft werden musste, da die Adresse des Briefes mit der Adresse des Aufklebers übereinstimme. Auch der bisherige Schriftverkehr im Rahmen des Einspruchsverfahrens sei an bzw. von dieser Adresse versendet worden. Der Aufkleber weise jedoch auf eine mögliche Verzögerung in der Versendung hin, die Zweifel an der Drei-Tages-Fiktion begründen könne. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Hierzu verweist das FA auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
27
Zur Ablehnung des Härtefallantrages führt das FA hierin aus, dass vor der Errichtung einer Form-Kauffrau gemäß § 6 des Handelsgesetzbuches – HGB – die handels- und steuerrechtlichen Folgen bedacht werden müssten. Dies verursache Kosten. Dass die Klägerin insoweit Investitionen tätigen müsse, könne daher nicht als unbillige Härte angesehen werden. Ergänzend trägt das FA vor, dass seitens der Klägerin zwar vorgebracht worden sei, dass sie weder über einen Internetanschluss, noch über einen Computer verfüge. Der Geschäftsführer der Klägerin, welcher mit der Erfüllung deren steuerlichen Pflichten beauftragt sei, habe jedoch Zugang zu einem Computer und nutze diesen auch im Geschäftsverkehr für die Klägerin.
28
Zur Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Körperschaftsteuer 2016 trägt der Beklagte im Weiteren insbesondere vor, dass das FA bei seiner Entscheidung den Verspätungszuschlag festzusetzen, das gesetzlich eingeräumte Ermessen sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach, zutreffend ausgeübt habe. Dadurch dass die Erklärungen und die Bilanz nicht elektronisch eingereicht worden seien und die GuV weder in Papierform noch elektronisch abgegeben wurde, sei die Veranlagungstätigkeit des FA behindert und verzögert worden. Zweck des Verspätungszuschlages sei es vor allem, den ordnungsgemäßen Gang des Veranlagungsverfahrens beim FA zu sichern. Die Klägerin sei bereits wiederholt ihren Erklärungspflichten nicht nachgekommen. Da das FA bereits bei erstmaliger Fristversäumnis einen Verspätungszuschlag festsetzen könne, könne es dies erst recht bei einem wiederholten Verstoß gegen die Erklärungspflicht (Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 29. März 2007, IX R 9/05). Ferner weist der Beklagte darauf hin, dass mit dem Verspätungszuschlag gerade auch auf eine pünktliche Erklärungsabgabe in der Zukunft hingewirkt werden solle, und zwar unabhängig davon, ob sich eine Steuernachzahlung oder -erstattung ergäbe. Bei der Bemessung der Höhe des Zuschlages sei die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich ergebenden Zahlungsanspruches und der aus der Nichtabgabe gezogene Vorteil berücksichtigt worden. Da mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlages vor allem eine Präventivwirkung erzielt werden solle, erscheine der Betrag von 45 € durchaus angemessen und überschreite nicht 10% der festgesetzten Körperschaftsteuer. Zudem würde durch den festgesetzten Verspätungszuschlag die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht gefährdet werden. Die von der Klägerin angeführten Gründe würden keine Herabsetzung des Verspätungszuschlages rechtfertigen. Insbesondere sei das Versäumnis regelmäßig nicht entschuldbar, wenn Steuererklärungen wiederholt nicht abgegeben werden.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Unterlagen und Akten und die Akten des Gerichts, die das Streitjahr 2016 betreffen verwiesen.
II.
30
Die Klage ist – soweit sie sich gegen die Aufhebungen der Vorbehalte der Nachprüfung vom 5. September 2019 richtet – dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen die infolge der Vorbehaltsaufhebung nunmehr endgültigen Bescheide über Körperschaftsteuer 2016, Gewerbesteuermessbetrag 2016 und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2016 wendet. Wird der Nachprüfungsvorbehalt – wie vorliegend – in der Einspruchsentscheidung aufgehoben, kann hiergegen nicht isoliert Einspruch eingelegt und Klage erhoben werden. Vielmehr ist Klage gegen den endgültigen Steuerbescheid zu erheben (BFH-Urteil vom 3. September 2009 IV R 17/07, BStBl II 2010, 631).
31
Die so verstandene Klage hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
32
1. Die Klage ist – soweit die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2016 vom 29. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2019 (Tz. I.2) angegriffen wird – unzulässig, im Übrigen zulässig.
33
a) Die Klage ist insgesamt nicht bereits wegen Verfristung unzulässig. Die Klagefrist wurde gewahrt.
34
aa) Sowohl Anfechtungs- als auch Verpflichtungsklagen (§ 40 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –) sind nach § 47 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 FGO innerhalb eines Monats zu erheben. Die Frist beginnt mit der (wirksamen) Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Bei Übermittlung der Einspruchsentscheidung durch die Post (§ 366 AO i.V.m. § 122 Abs. 2 AO) gilt die Einspruchsentscheidung gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Fällt der Ablauf der Dreitagesfrist auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend, so verlängert sich die Frist nach § 108 Abs. 3 AO bis zum nächstfolgenden Werktag (BFH-Beschluss vom 5. Mai 2014 III B 85/13, BFH/NV 2014, 1186). Die Dreitagesfiktion kommt nicht zum Tragen, wenn der Brief nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zeitpunkt des Zugangs zu beweisen. Dies führt nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nicht dazu, dass bereits jedes beliebige Bestreiten des Zugangszeitpunktes die Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 AO außer Kraft setzt. Dies gilt vielmehr nur dann, wenn der Empfänger substantiiert Tatsachen vorträgt, die schlüssig auf den verspäteten Zugang hindeuten und damit Zweifel an der Zugangsvermutung begründen (BFH-Beschluss vom 30. November 2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389). Bestreitet der Steuerpflichtige nicht den Zugang des Schriftstücks überhaupt, sondern den Erhalt innerhalb des Dreitageszeitraums, so hat er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substantiieren, um Zweifel an der Dreitagesvermutung zu begründen. Er muss Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische – Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post – ernstlich in Betracht zu ziehen ist. An diese Substantiierung sind aber keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, damit die Regelung über die objektive Beweislast, die nach dem Gesetz die Finanzverwaltungsbehörde trifft, nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen umgekehrt wird (BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2011 – V B 17/11, BFH/NV 2012, 165 m.w.N.).
35
bb) Aus den Akten geht hervor, dass die Einspruchsentscheidung vorliegend am 5. September 2019 mit einfachem Brief zur Post gegeben wurde. Da der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post auf einen Sonntag fällt (8. September 2019), verlängerte sich die Dreitagesfrist des § 122 Abs. 2 Nr.1 AO bis zu dem nächstfolgenden Werktag (§ 108 Abs. 3 AO). Die Einspruchsentscheidung gilt der Dreitages-Fiktion folgend damit am Montag, den 9. September 2019, als bekanntgegeben.
36
cc) Die Einspruchsentscheidung ist dem insoweit schlüssigem Klägervortrag folgend jedoch tatsächlich erst am 10. September 2019 zugegangen. Die seitens der Klägerin vorgelegte Kopie der Einspruchsentscheidung trägt einen Eingangsstempel des steuerlichen Vertreters der Klägerin datiert auf den 10. September 2020. Die internen Fristsetzungen stellen den handschriftlichen Vermerken zufolge ebenfalls auf den 10. September 2019 ab. Zwar decken sich einerseits das Datum des Bescheides und des Poststempels (beides vom 5. September 2019) und andererseits die im Bescheid bzw. auf dem Aufkleber genannten Adressen (beides Mal …). Gleichwohl ist aufgrund des Aufklebers des Zustellers nicht auszuschließen, dass es im Zustellvorgang zu Verzögerungen kam, die der Klägerin nicht anzulasten sind. Dabei war auch der Umstand zu berücksichtigen, dass nur eine geringe Verzögerung von einem Tag vorgetragen wurde und – wie von der Klägerin angesprochen – zudem noch ein Wochenende zwischen Versand und Zugang lag.
37
dd) Damit ist die Einspruchsentscheidung erst mit Bekanntgabe gegenüber der Klägerin am 10. September 2019 wirksam geworden (§ 124 Abs. 1 AO). Die Klagefrist endete folglich mit Ablauf des 10. Oktober 2019 (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB).
38
ee) Die mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2019 erhobene und dem Gericht am gleichen Tage zugegangene Klage ist damit noch innerhalb der Klagefrist erhoben worden.
39
b) Soweit die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2016 vom 29. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2019 angegriffen wurde, ist die Klage jedoch nach § 40 Abs. 2 FGO unzulässig. Hiernach ist eine Klage nur zulässig, wenn der Kläger – im Falle einer Anfechtungsklage – geltend macht, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein. Nach der sogenannten „Möglichkeitstheorie“ sind diese Voraussetzungen erfüllt, wenn das Klagevorbringen es als zumindest möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eigene Rechte des Klägers verletzt. Die Klagebefugnis fehlt hingegen, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger geltend gemachten Rechte bestehen oder ihm zustehen können. Als Unterfall der „Möglichkeitstheorie“ ist die sogenannte „Adressatentheorie“ anzusehen. Sie besagt, dass der Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes grundsätzlich in seinen Rechten verletzt sein kann. Dadurch wird der Kläger indes nicht seiner Substantiierungspflicht enthoben, sie reduziert sich lediglich. Die potentielle objektive Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes muss daher vom Kläger mit Tatsachenangaben untermauert werden (Teller, in: Gräber, FGO, 9. Aufl., § 40 Rn. 83 m.w.N.). Zwar stellt der vorliegend angefochtene Feststellungsbescheid einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der eine selbständige Beschwer entfalten kann (vgl. BFH-Urteil vom 30. Januar 2013 I R 35/11, BStBl II 2013, 560). Im Streitfall geht es jedoch offensichtlich nicht um die Richtigkeit der Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos der Kapitalgesellschaft, sondern (neben der Ablehnung des Härtefallantrages und der Festsetzung von Verspätungszuschlägen) allein um die Schätzung des körperschaft- bzw. gewerbesteuerpflichtigen Gewinns. Dieser hat – in Fällen wie dem vorliegenden – keinen Einfluss auf die Feststellungen nach §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Diese Feststellung können nicht erfolgreich mit der Begründung angefochten werden, der Körperschaftsteuerbescheid sei unzutreffend. Dieser Einwand kann nur gegen den Körperschaftsteuerbescheid selbst erhoben werden. Anderweitige Gründe, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der gesonderten Feststellung entstehen lassen könnten, wurden weder vorgetragen noch sind solche im vorliegenden Fall denkbar.
40
2. Die Klage ist im Übrigen unbegründet. Soweit die Schätzungsbescheide (unter a) und die Festsetzung des Verspätungszuschlages (unter b) angegriffen wurden, greift das Vorbringen der Klägerin nicht durch. Auch hinsichtlich des Vorgehens gegen die Ablehnung des Härtefallantrags vom 26. September 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2019 ist die Klage nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung, ihre Steuererklärungen, die Bilanz und die GuV in elektronischer Form abzugeben (unter c), noch ist der Beklagte verpflichtet, den Antrag der Klägerin vom 26. September 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu verbescheiden (unter d).
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a) Die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2016 und des Gewerbesteuermessbetrags 2016 sowie die hierzu insoweit ergangene Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Satz 1 FGO). Die hierin vorgenommenen Schätzungen sind nicht zu beanstanden.
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aa) Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 AO war dem Grunde nach zulässig, weil die Klägerin durch die Nichtabgabe der GuV für das Streitjahr ihre Mitwirkungspflichten verletzt hat und in der Folge die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden konnten. Die Wahrnehmung einer (bestehenden) Schätzungsbefugnis durch das FA ist als solche verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. April 1990 1 BvR 733/89, HFR 1990, 651).
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(1) Die Schätzungsbefugnis des Beklagten entfiel nicht deswegen, weil die Klägerin dem Beklagten in ihrem Schreiben vom 18. Februar 2018 formlos mitgeteilt hat, dass sich ihr Gewinn auf 0 € belaufe, weil die Geschäftstätigkeit der Klägerin noch nicht aufgenommen werden konnte, da der Geschäftsführer anderweitig tätig und auch aus anderen Gründen (bspw. Umzug der Büroräume) überlastet gewesen sei. Steuerrelevante Vorgänge sind der Finanzbehörde nicht durch formlose Mitteilungen, sondern im Rahmen von Steuererklärungen anzuzeigen; ggf. sind sog. Null-Meldungen bzw. -erklärungen abzugeben (vgl. z. B. zur Pflicht eines Insolvenzverwalters, für eine GmbH, deren Geschäftsbetrieb seit Insolvenzeröffnung ruht, Steuererklärungen abzugeben: BFH-Urteil vom 6. November 2012 VII R 72/11, BStBl II 2013, 141; zur Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen auch, wenn diese auf „null“ lauten: BFH-Beschluss vom 7. September 2006 V B 203/05, BFH/NV 2006, 2312). Denn die Steuererklärung soll der Finanzbehörde als formalisierte Auskunft die Festsetzung der Steuer oder die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erst ermöglichen. Als primäre Informationsquelle der Finanzbehörde ist sie wesentliche Grundlage des Besteuerungsverfahrens und ggf. Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen. Durch die Abgabe der Steuererklärung legt der Steuerpflichtige die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen offen und schafft auf diese Weise die Sachverhaltsbasis für das Veranlagungsverfahren. Ohne Steuererklärungen wäre eine sachgerechte Besteuerung im Bereich der Veranlagungssteuern nicht denkbar (vgl. BFH-Vorlagebeschluss vom 22. Mai 2006 VI R 49/04, BFHE 213, 508, BStBl II 2006, 808; Dißars in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 149 AO Rn. 1). Es kann daher dahinstehen, ob die formlose Angabe der Klägerin in ihrem Schreiben vom 18. Februar 2018, dass sich ihr Gewinn auf 0 € belaufe, nicht ohnehin hinfällig geworden ist, weil sie abweichend hierzu im Schreiben vom 13. September 2018 behauptete, dass von einem Verlust i.H.v. 120 € auszugehen sei.
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(2) Dahinstehen kann auch, ob eine Schätzungsbefugnis bereits deswegen bestand, weil die Klägerin die Steuererklärungen und die Bilanz nicht elektronisch – sondern in Papierform – eingereicht hat (ablehnend, wenn die Daten in Papierform vollständig übermittelt wurden: Martini in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz (EStG), § 5b Rn. B 83; vgl. hierzu auch Hofmeister in Blümich, EStG, § 5b Rn. 40). Für 2016 bestand eine gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Körperschaftsteuererklärung (§ 149 Abs. 1 Satz 1 AO i.v.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 31 Abs. 1a Satz 1 KStG) und der Erklärung zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags (§ 149 Abs. 1 Satz 1 AO i.v.m. § 14a Satz 1 GewStG) sowie der Bilanz und der GuV (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 60 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) und § 5b Abs. 1 EStG). Auf Antrag kann das FA zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten (§ 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, § 14a Satz 2 GewStG, § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG, § 150 Abs. 8 AO). Ob die Klägerin – infolge der eingereichten Papierunterlagen – im Streitfall einen Anspruch auf einen Verzicht des FA auf eine elektronische Abgabe hatte, kann jedoch an dieser Stelle offenbleiben. Denn eine Schätzungsbefugnis lag jedenfalls deswegen vor, weil die Klägerin die GuV für das Streitjahr überhaupt nicht – weder elektronisch noch in Papierform – vorgelegt hat.
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(3) Die GuV ist der Körperschaftsteuererklärung für 2016 beizufügen (§§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG, 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, 150 Abs. 4 Satz 1 AO, 60 Abs. 1 Satz 2 EStDV). GuV stellen Unterlagen i.S.d. § 150 Abs. 4 Satz 1 AO dar, welche die Steuererklärungen als gesetzlich vorgeschriebene Beweismittel ergänzen. Bei Fehlen von Unterlagen i.S. des § 150 Abs. 4 AO liegt eine Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen i.S. des § 90 Abs. 1 Satz 2 AO vor (vgl. Schindler, in: Beermann/Gosch, AO, § 150 Rn. 45), die eine Schätzungsbefugnis begründen kann.
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(4) Dies gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich keine Bücher geführt hat, die den Grundsätzen der doppelten Buchführung entsprechen. Nach §§ 5a, 13 Abs. 3 GmbHG, §§ 6 Abs. 2, 238 Abs. 1, 242 Abs. 2 HGB ist eine UG verpflichtet, Bücher zu führen, die den Grundsätzen der doppelten Buchführung entsprechen und am Schluss eines jeden Geschäftsjahrs eine GuV aufzustellen. Nach § 140 AO gelten die den Kaufleuten obliegenden handelsrechtlichen Buchführungspflichten ebenso für die Besteuerung. Damit ist sie auch steuerrechtlich verpflichtet, der Finanzbehörde neben der jährlichen Bilanz auch eine GuV einzureichen. § 60 Abs. 1 Satz 2 EStDV ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht so zu verstehen, dass er die Vorlagepflicht hinsichtlich der GuV davon abhängig machen würde, ob der Steuerpflichtige die (zwingende) gesetzliche Verpflichtung zur doppelten Buchführung in concreto (kontinuierlich) einhält oder nicht (vgl. FG Berlin-Brandenburg-Urteil vom 9. Januar 2009 9 K 8497/05 B, EFG 2009, 714, Rn. 35). Ob die Klägerin für 2016 tatsächlich Bücher geführt hat, kann daher dahinstehen.
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(5) Die Klägerin kann sich – selbst wenn man ihrem Vortrag, dass sie in 2016 tatsächlich keine Umsätze erzielt habe, folgen wollen würde – auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie als untätige UG nicht zur Erstellung und/oder Abgabe einer GuV verpflichtet war. Die Abgabepflicht nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO besteht vielmehr auch dann, wenn das Geschäft einer Kapitalgesellschaft inaktiv ist (vgl. FG Rheinland-Pfalz-Urteil vom 17. Juni 2020, 1 K 1768/19, EFG 2020, 1558, Rn. 34; Revision anhängig beim BFH unter Az. VII R 35/20).
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(6) Nichts anderes ergibt sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Er verlangt, dass der Staat mit einem Grundrechtseingriff einen legitimen Zweck mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln verfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 11. August 1999 XI R 12/98, BStBl II 2000, 229 m.w.N.). UG werden mit einem Stammkapital gegründet, das den Betrag des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 unterschreitet GmbHG (§ 5a Abs. 1 GmbHG). Diese Rechtsform wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) eingeführt (BGBl I 2008, 2026). Ziel des Gesetzgebers war insbesondere die Erleichterung von Existenzgründungen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs MoMiG zu § 5a GmbHG, BT-Drucks. 16/6140, S. 31). Um dieses Ziel zu erreichen hat der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es nicht, steuerliche Anforderungen für die UG herabzusetzen. Im Übrigen sind bei einer Entscheidung für die Rechtsform einer GmbH, um die mit dieser Rechtsform verbundenen Vorteile wie z.B. die Haftungsabschirmung in Anspruch zu nehmen, auch die damit verbundenen Nachteile wie z.B. den Zwang zur Buchführung zu beachten. Dies gilt unabhängig davon, ob die UG tatsächlich tätig ist oder nicht.
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(7) Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Schikane- und Willkürverbot liegt insoweit nicht vor. Rechtsstaatlichen Bedenken würde die durch § 162 Abs. 1 Satz 1 AO grundsätzlich gerechtfertigte Schätzung im Einzelfall nur begegnen, wenn sie willkürlich und unter Außerachtlassung der Grundsätze von Recht und Billigkeit ausgeübt würde. Bei der Ausübung der Steueraufsicht muss im Rahmen dieser Grundsätze ein gerechter Ausgleich von Gesamt- und Einzelinteressen stattfinden (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 1959 II 99/56 U, BFHE 69, 409, Rn. 25). Willkürlich ist das Vorgehen der Verwaltung nur dann, wenn die Entscheidung nicht aus der Sache heraus, sondern unter sachfremden Erwägungen getroffen wird (Gersch, in: Klein, AO, 15. Auflage 2020, § 5 Rn. 10). Der Entschluss zur Schätzung fußt vorliegend jedoch auf der Tatsache, dass die Klägerin ihren Steuererklärungs- und damit Mitwirkungspflichten – wie in den Jahren zuvor – nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Ohne GuV konnte das von der Klägerin für 2016 behauptete Jahresergebnis nicht kontrolliert werden. Zudem wurden die seitens des Beklagten gegen die in Papierform eingereichten Bedenken von der Klägerin nicht ausgeräumt. Der Beklagte konnte unter diesen Umständen die Besteuerungsgrundlagen für 2016 nicht ermitteln oder berechnen. Gerade hierdurch ist die Finanzbehörde zur Schätzung nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO ermächtigt. Sachfremde Erwägungen konnte der erkennende Senat vorliegend nicht erblicken.
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(8) Der erkennende Senat kann sich letztlich auch nicht dem Einwand der Klägerin anschließen, dass das Vorgehen des Beklagten als faktische Bestandsbesteuerung zu werten, die Körperschaftsteuer hingegen als Ertragsteuer ausgestaltet sei und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes vorliege. Das Heranziehen der Klägerin zur Körperschaftsteuer – hier im Wege der Schätzung – knüpft, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an deren bloße Existenz, sondern an deren Einkünfte an. Dass diese vorliegend im Wege der Schätzung ermittelt wurden, ändert hieran nichts.
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bb) Auch die Höhe der durch den Beklagten für 2016 vorgenommenen Schätzung begegnet nach Auffassung des Gerichts keinen Bedenken.
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(1) Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. Die Auswahl zwischen verschiedenen Schätzungsmethoden steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des FA. Ermessensleitend ist dabei das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen (vgl. statt vieler BFH-Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13, BStBl II 2015, 743, Rn. 60). Strafschätzungen oder sogenannte Mondschätzungen zulasten des Steuerpflichtigen sind mithin unzulässig (BFH-Beschluss vom 20. Oktober 2005 IV B 65/04, BFH/NV 2006, 240). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen die im Wege der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO gewonnenen Schätzergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Deshalb sind einerseits alle möglichen Anhaltspunkte, u.a. auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten und alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des der Finanzbehörde Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Auf der anderen Seite ist auch das Maß der Verletzung der dem Steuerpflichtigen obliegenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 26. Februar 2018 X B 53/17, BFH/NV 2018, 820, Rn. 7 m.w.N.). Verlässt die Schätzung den durch die Umstände des Einzelfalls gezogenen Schätzungsrahmen nach oben (oder unten), ist sie rechtswidrig.
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(2) Im Streitfall hat das FA für 2016 einen Gewinn in Höhe von 3.000 € angesetzt. Eine Schätzung in dieser Höhe führt – anders als die Klägerin vorträgt – nicht zur Rechtswidrigkeit der Bescheide. Die Schätzung hat mit 3.000 € nicht den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlassen. Wird die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige – wie im Streitfall – seiner Erklärungspflicht verletzt, kann sich das FA an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren.
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(3) Zwar trug die Klägerin in ihren Schreiben vom 18. Februar 2018 und 4. April 2018 vor, dass sie untätig gewesen sei und erklärte dementsprechend in den eingereichten Steuererklärungen für 2016 einen Steuerbilanzgewinn von 0 €. Eine Überprüfung, ob diese Angaben tatsächlich zutreffend sind und keine Einnahmen erzielt wurden, war jedoch mangels Abgabe der GuV, die die Steuererklärung als gesetzlich vorgeschriebenes Beweismittel ergänzt, für 2016 nicht möglich. Auch auf die in der eingereichten Bilanz gemachten Angaben konnte nicht abgestellt werden. Der Senat schließt sich insoweit der Einschätzung des Beklagten an, dass die Angaben der Klägerin widersprüchlich, die Angaben der eingereichten Bilanz daher nicht verwertbar waren. Die mit Schreiben vom 17. April 2018 vorgelegte Kopie der Bilanz zum 31. Dezember 2016 wies auf der Aktivseite “Umlaufvermögen“ i.H.v. 500 € – wozu u.a. Bankguthaben zählen – und auf der Passivseite ein Stammkapital i.H.v. 500 € aus. Mit Schreiben vom 13. September 2018 führte die Klägerin aus, dass einerseits keine Ausgaben oder Einnahmen angefallen seien, ihr Konto aber andererseits im September 2018 mit 11 € im Minus sei. Bereits diese Aussage an sich ist widersprüchlich. Die Zahlungen von Kontoführungsgebühren wären zum einen Ausgaben. Würde man andererseits der Aussage der Klägerin folgen, dass keinerlei Einnahmen erwirtschaftet und keine Aufwendungen getätigt wurden, müsste sich demgegenüber das Konto und damit im Zweifel auch das Umlaufvermögen – wie in der Bilanz angegeben – nach Einzahlung des Stammkapitals von 500 € und späteren fehlenden Zahlungsströmen unverändert auf 500 € belaufen. Und auch wenn man dem Vortrag der Klägerin insoweit folgen wollte, dass keinerlei Einnahmen oder Ausgaben anfielen und sich das in die UG eingezahlte Kapital allein durch die Kontoführungsgebühren aufzehrte, müsste sich infolge der im Dezember 2012 erfolgten Gründung der UG im September 2016 noch ein Kassenbestand von (500 € ./. 45 x 10 € =) 50 € – nicht wie von der Klägerin behauptet – 11 € – ergeben haben. Auf den für die Bilanz maßgeblichen 31. Dezember 2016 hätte sich dem Vortag der Klägerin zufolge ein Kontostand von (500 € ./. 48 x 10 € =) 20 € vorfinden lassen müssen. Die von der Klägerin eingereichte Kopie der Bilanz wies jedoch ein Umlaufvermögen von 500 € aus. Auch insoweit widersprechen sich daher die von der Klägerin gemachten Aussagen. Gleiches gilt hinsichtlich des mit Schreiben vom 17. April 2018 formlos mitgeteilten Verlustes i.H.v. 120 €. Auch er stimmt nicht mit den Angaben der Bilanz überein. Auch insoweit ist folglich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte – ohne weitere Nachprüfungsmöglichkeiten – hierauf nicht zurückgriff.
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(4) Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls und des Vortrags der Klägerin, überschreitet die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, die zu einem Ansatz eines Gewinns von 3.000 € in 2016 führte, nicht den im Streitfall bestehenden Schätzungsrahmen. Ein Anknüpfen an die Vorjahreswerte begegnet aus Sicht des erkennenden Senates keine Bedenken, auch wenn es sich insoweit ebenfalls um Schätzungen handelt und das Unternehmen erst 2012 gegründet wurde. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Steuerpflichtige über Jahre hinweg ihre Erklärungs- und damit Mitwirkungspflichten verletzt und damit die Ursache für die Schätzungen selbst gesetzt hat. Dies berechtigt – wie bereits ausgeführt – nicht nur die jeweilige Schätzung an sich, sondern ferner auch Schätzungen am oberen Rand des Schätzungsrahmens. Ob in der Branche, der die Klägerin angehört, tatsächlich eine Umsatzrendite von fünf Prozent üblich ist, und daher der auf 3.000 € geschätzte Gewinn wirklich einem Jahresumsatz von 60.000 € entsprechen würde und ob sich die Klägerin in 2016 tatsächlich (noch) in einer Anlaufphase befunden hat, kann daher dahinstehen. Die Überlegungen des FA, dass in den Vorjahren ein Gewinn von 1.000 € (2014) und 2.000 € (2015) festgesetzt wurde und bei Fortentwicklung des Geschäftes eine Steigerung auf 3.000 € möglich sei, liegen nicht außer aller Wahrscheinlichkeit. Dem widersprechende Tatsachen waren dem Beklagten weder positiv bekannt noch seitens der Klägerin glaubhaft gemacht wurden. Nach alledem kann das Gericht keine Fehler bei der Schätzung des Gewinnes in 2016 auf 3.000 € erblicken, die eine Rechtswidrigkeit hätten begründen können.
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(5) Auch das weitere Vorbingen der Klägerin vermag hieran nichts zu ändern. Die Höhe des Stammkapitals und die Tatsache, dass die Klägerin keine Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -erklärungen eingereicht bzw. keine Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat, lassen keine sicheren Rückschlüsse auf getätigte Umsätze oder erzielte Einnahmen zu. Der erstmals im Schreiben vom 9. Januar 2020 gemachte Vortrag, dass eine Geschäftsaufnahme nicht geplant, sondern ein Notar gebeten worden sei, den Liquidationsbeschluss vorzubereiten, als auch der Umstand, dass die Klägerin Ende März 2020 tatsächlich aufgelöst wurde, betreffen außerhalb des Streitzeitraums liegende Umstände, die keinen Einfluss auf die Höhe des für 2016 zu ermittelnden Gewinns haben können. Nach § 100 Abs. 1 FGO hat das FG den angefochtenen Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufzuheben, soweit dieser rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Abzustellen ist auf den Bilanzstichtag, also den 31. Dezember 2016. Umstände, die nach den Bilanzstichtag eintreten, sind für die Gewinnermittlung unbeachtlich.
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(6) Im Übrigen bestehen auch hinsichtlich der Höhe der Schätzung keine Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen des FA. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das FA bewusst zum Nachteil der Klägerin geschätzt hat. Aus der Höhe der vorgenommenen Schätzung – die sich, wie dargelegt im Schätzungsrahmen bewegt – lässt sich ein Verstoß gegen das Willkürverbot nicht ableiten.
58
(7) Anhaltspunkte dafür, dass das FA bei der Rechtsanwendung sonstige Grundrechte verkannt hat, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 14 GG geltend macht, weist das Gericht darauf hin, dass die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen allenfalls zu einer aus dem Vermögen zu entrichtenden Steuerschuld führt, aber nicht selbst unmittelbar in durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrechte eingreift (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des BVerfG vom 20. Juli 1954 1 BvR 459/52 u.a., BVerfGE 4, 7-27; Beschluss des BVerfG vom 20. Mai 1988 1 BvR 473/88, juris). Der Umstand, dass die Klägerin mit einem Stammkapital von lediglich 500 € gegründet wurde, ändert hieran nichts.
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b) Auch die Festsetzung des Verspätungszuschlages zur Körperschaftsteuer 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Satz 1 FGO).
60
aa) Nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO kann gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist abzusehen, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (§ 152 Abs. 1 Satz 2 AO).
61
(1) Die tatbestandliche Voraussetzung der „Nichtabgabe einer Steuererklärung“ des § 152 Abs. 1 Satz 1 AO liegt im Streitfall vor. Die Klägerin hat die Körperschaftsteuererklärung für 2016 – trotz Hinweises des FA – nicht in der nach § 31 Abs. 1a Satz 1 KStG gebotenen elektronischen Form abgegeben, ohne dass ein Verzicht des FA hierauf nach § 31 Abs. 1a Satz 2 KStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO vorlag. Damit ist sie ihrer Verpflichtung zur Abgabe einer Körperschaftsteuererklärung nicht nachgekommen (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2015 V B 102/15, BFH/NV 2016, 373). Über Gründe, die die Klägerin gegen eine Verpflichtung zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung in elektronischer Form vorbringt, kann im Verfahren über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht entschieden werden. Entscheidungserheblich ist dies nur in einem Verfahren über den Verzicht auf eine elektronische Übermittlung zur Vermeidung unbilliger Härten nach § 31 Abs. 1a Satz 2 KStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2015 V B 102/15, BFH/NV 2016, 373).
62
(2) Das Versäumnis der Klägerin ist auch nicht entschuldbar (§ 152 Abs. 1 Satz 2 AO). Werden Steuererklärungen wiederholt nicht abgegeben, ist das Versäumnis regelmäßig nicht entschuldbar (Tipke/Kruse, AO, § 152 Rn. 18). Die Klägerin hat die Körperschaftsteuererklärung 2016, wie bereits in den Vorjahren 2014 und 2015, nicht elektronisch übermittelt.
63
bb) Es bestehen zudem auch keine Zweifel daran, dass das FA bei seiner Entscheidung über die Festsetzung des Verspätungszuschlags (Entschließungsermessen) sowie bei der Bestimmung der Höhe des Verspätungszuschlags (Auswahlermessen) die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und auch nicht von seinem Ermessen in einer dem Zweck des § 152 AO nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. § 102 FGO).
64
(1) Zur Begründung der Festsetzung eines Verspätungszuschlags führt das FA an, dass durch die (wiederholte) Nichtabgabe der Erklärungen in elektronischer Form und das Fehlen der erforderlichen GuV die Verwaltungstätigkeit des FA behindert und verzögert wurde. Es verweist auch auf den präventiven Charakter des Verspätungszuschlags, der die Klägerin zu künftig fristgerechter Abgabe der Erklärungen bewegen soll. Hierbei handelt es sich nach Ansicht des Gerichtes um sachgerechte Erwägungen.
65
(2) Auch die Höhe des festgesetzten Verspätungszuschlags ist nicht zu beanstanden.
66
(a) Nach § 152 Abs. 2 Satz 1 AO darf der Verspätungszuschlag 10% der festgesetzten Steuer oder des festgesetzten Messbetrags nicht übersteigen und höchstens 25.000 € betragen. Bei der Bemessung des Verspätungszuschlags sind neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO).
67
(b) Der festgesetzte Verspätungszuschlag in Höhe von 45 € überschreitet nicht 10% der festgesetzten Körperschaftsteuer (450 €). Das FA hat bei seiner Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags die in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien einbezogen und dabei insbesondere den präventiven Zweck, den Steuerpflichtigen zur (rechtzeitigen) Abgabe der Steuererklärung anzuhalten sowie die mehrfache Nichtabgabe der Steuererklärungen gewichtet. Die Überlegungen des FA, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Anbetracht eines Verspätungszuschlags in Höhe von 45 € nicht gefährdet erscheint, ist sachgerecht. Ferner ist es nicht zu beanstanden, dass die Merkmale “Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs“ und “aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile“ im Hinblick auf die eher geringe Höhe der festgesetzten Körperschaftsteuer bei der Ermessensentscheidung nicht stark hervortreten.
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c) Die Ablehnung des Härtefallantrages vom 26. September 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2019 bezüglich der elektronischen Abgabe der Körperschaftsteuer- bzw. Gewerbesteuererklärung sowie der Bilanz und der GuV jeweils für 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).
69
aa) Die Klägerin ist dem Grunde nach zur Abgabe vorgenannter Unterlagen verpflichtet.
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(1) Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 AO i.v.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG hat „die steuerpflichtige Person“ für den Veranlagungszeitraum eine eigenhändig unterschriebene Körperschaftsteuererklärung abzugeben. Der Steuererklärung ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 EStDV eine Abschrift der Bilanz, die auf dem Zahlenwerk der Buchführung beruht, beizufügen. Werden Bücher geführt, die den Grundsätzen der doppelten Buchführung entsprechen, ist ferner eine GuV beizufügen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 2 EStDV). Die Abgabepflicht knüpft an die Steuerpflicht der betreffenden Körperschaft an. Zur Abgabe von Körperschaftsteuererklärungen verpflichtet sind mithin vor allem unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (§ 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 56 Satz 1 EStDV; Kögel, in: Gosch, KStG, 4. Auflage 2020, § 31 Rn. 16). Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind u.a. Kapitalgesellschaften, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Die Verpflichtung zur Abgabe von Gewerbesteuererklärungen ist in § 149 Abs. 1 Satz 1 AO i.v.m. § 14a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) normiert. Hiernach hat der Steuerschuldner, d.h. der Unternehmer im Sinne von § 5 GewStG, für steuerpflichtige Gewerbebetriebe eine Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags zu übermitteln. § 25 Abs. 1 GewStDV bestimmt ergänzend hierzu, für welche Unternehmen Gewerbesteuererklärungen abzugeben sind, und begründet bei Vorliegen gewisser, dort näher bezeichneter Tatbestandsmerkmale eine Steuererklärungspflicht (BFH-Urteil vom 8. November 1984 IV R 19/82, BFHE 142, 363, BStBl II 1985, 199 Rn. 15). Für Kapitalgesellschaften ist eine Gewerbesteuererklärung hiernach dann abzugeben, wenn keine Befreiung von der Gewerbesteuer gegeben ist (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 GewStDV). Die Klägerin ist als UG – einer Sonderform einer GmbH – eine Kapitalgesellschaft (vgl. § 5a Abs. 1 GmbHG). Sie hatte ihren Sitz in München. Eine Steuerbefreiung nach § 3 GewStG kam dem Unternehmensgegenstand der Klägerin zufolge nicht in Betracht. Sie war folglich sowohl zur Abgabe einer Gewerbesteuer- als auch einer Körperschaftsteuererklärung samt Bilanz und GuV verpflichtet.
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(2) Soweit die Klägerin behauptet, dass ihr Geschäftsbetrieb in 2016 geruht habe, steht dies – selbst wenn man den Vortrag der Klägerin insoweit als wahr unterstellen wollte – der Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen nicht entgegen. Nach Auffassung des Senats besteht die Abgabepflicht vielmehr auch dann, wenn eine Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb vorübergehend eingestellt hat und dementsprechend keine Einkünfte mehr erzielt. Steuerrelevante Vorgänge sind der Finanzbehörde nicht durch formlose Mitteilungen, sondern im Rahmen von Steuererklärungen anzuzeigen; ggf. sind sog. Nullmeldungen bzw. – erklärungen abzugeben (vgl. z. B. zur Pflicht eines Insolvenzverwalters, für eine GmbH, deren Geschäftsbetrieb seit Insolvenzeröffnung ruht, Steuererklärungen abzugeben: BFH-Urteil vom 6. November 2012 VII R 72/11, BStBl II 2013, 141; außerdem zur Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen auch dann, wenn diese auf „null“ lauten: BFH-Beschluss vom 7. September 2006 V B 203/05, BFH/NV 2006, 2312; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Juni 2020 1 K 1768/19, EFG 2020, 1558, Rn. 34, Revision anhängig beim BFH unter Az. VII R 35/20).
72
(3) Auch die in 2020 veranlasste Löschung der Gesellschaft lässt die Frage der Steuererklärungspflicht für 2016 unberührt, da dieser Umstand erst nach dem streitigen Veranlagungszeitraum eintrat.
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bb) Nach § 31 Abs. 1a Satz 1 KStG bzw.§ 14a Satz 1 GewStG sind die Körperschaftsteuererklärung bzw. die Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Gleiches gilt gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 5b Abs. 1 Satz 1 EStG für den Inhalt der Bilanz und – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch der GuV, da die Klägerin ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 1 EStG zu ermitteln (§§ 13 Abs. 3 GmbHG, 6 Abs. 2 HGB, 238 Abs. 1 HGB, 140 AO, 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) hat.
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cc) Ein Anspruch der Klägerin darauf, die Unterlagen für 2016 auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck (Papierform) abgeben zu dürfen, ergibt sich nicht aus § 150 Abs. 8 AO. Die dafür erforderliche Voraussetzung, dass der Klägerin die Abgabe der Unterlagen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar war (vgl. § 150 Abs. 8 Satz 1 AO), liegt nicht vor.
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(1) Zwar kann der Beklagte nach § 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, § 5 b Abs. 2 Satz 1 EStG, § 14a Satz 2 GewStG jeweils auf Antrag zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Dem Antrag ist nach § 150 Abs. 8 Satz 1 AO jedoch nur zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist nach § 150 Abs. 8 Satz 2 AO insbesondere dann der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen. Die Finanzbehörden haben demnach in den Fällen des § 150 Abs. 8 AO keinen Ermessensspielraum. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien wurde durch § 150 Abs. 8 AO „in Ergänzung der einzelgesetzlichen Regelungen“ (vgl. BTDrucks 16/10940, 10) der nach den Einzelsteuergesetzen bestehende Ermessensspielraum bei der Entscheidung über einen Härtefallantrag in den in § 150 Abs. 8 AO aufgeführten Fällen (wirtschaftliche oder persönliche Unzumutbarkeit) – zu Gunsten der Steuerpflichtigen – beseitigt und ein Anspruch auf Befreiung begründet (vgl. BTDrucks 16/10910, 1; BTDrucks 16/10940, 10).
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§ 150 Abs. 8 AO konkretisiert bestimmte Härtefälle und verdichtet in Fällen der wirtschaftlichen oder persönlichen Unzumutbarkeit den nach den Einzelsteuergesetzen bestehenden Anspruch des Steuerpflichtigen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Befreiungsantrag zu einem Anspruch auf Befreiung (BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 38).
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(2) Die Frage, ob im Rahmen des § 150 Abs. 8 AO das Ermessen des Beklagten dahingehend reduziert ist, dass der Klägerin für 2016 die Abgabe der Erklärungen (samt Anlagen) in Papierform zu gestatten ist, ist nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einer Verpflichtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des FG maßgeblich (BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 26 f.). Lediglich Ermessensentscheidungen der Verwaltung sind grundsätzlich an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen, da das Gericht Ermessensentscheidungen nach § 102 FGO grundsätzlich nur darauf überprüfen kann, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt (BFH-Urteil vom 1. Juli 1981 VII R 84/80, BStBl. II 1981, 740). Soweit allerdings – wie hier im Rahmen des § 150 Abs. 8 AO – eine sog. Ermessensreduzierung auf Null geltend gemacht wird, ist – ebenso wie bei gebundenen Verwaltungsakten – der Zeitpunkt der Entscheidung des FG maßgeblich, da insoweit eine Verpflichtung der Finanzbehörde zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes gemäß § 101 Satz 1 FGO behauptet wird. Eine solche Verpflichtung kann nur dann ausgesprochen werden, wenn zu dem Zeitpunkt, in dem die gerichtliche Entscheidung ergeht, ein Anspruch auf die erstrebte Verpflichtung der Finanzbehörde besteht (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 101 FGO Rn. 25).
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(3) Der Beklagte hat zu Recht keinen Verzicht auf die elektronische Übermittlung der für 2016 abzugebenden Unterlagen ausgesprochen, weil die elektronische Übermittlung dem Kläger weder wirtschaftlich noch persönlich unzumutbar war.
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(a) Persönliche Unzumutbarkeit i.S.d. § 150 Abs. 8 Satz 1 AO liegt vor, wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen (vgl. § 150 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 AO). Dies kann der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige über keinerlei Medienkompetenz verfügt und z.B. aufgrund seines Alters auch keinen Zugang zur Computertechnik mehr finden kann. Handelt es sich bei dem Steuerpflichtigen um eine GmbH, so ist auf deren Geschäftsführer abzustellen, da dieser die Pflichten zu erfüllen hat, welche der Gesellschaft wegen der Besteuerung auferlegt sind (§§ 34 Abs. 1 Satz 1 AO, 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG; BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 64 ff.).
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So liegt der Streitfall aber nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Klägerin nicht über die für eine Datenfernübertragung notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, hat er weder vorgetragen noch sind sie anderweitig zu erkennen. Er ist weder vom Alter noch von seinem Ausbildungsgrad (Rechtsanwalt) einer Personengruppe zuzuordnen, die über keinerlei Medienkompetenz verfügt. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der Geschäftsführer weiterhin als Rechtsanwalt aktiv freiberuflich tätig ist.
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(b) Wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S.d. § 150 Abs. 8 Satz 1 AO ist gegeben, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre (vgl. § 150 Abs. 8 Satz 2 Alt. 1 AO).
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(aa) Zwar wurde bspw. zu § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. die Ansicht vertreten, die Vorschrift umfasse nicht die Pflicht des Unternehmers, sich zur Erfüllung der Erklärungspflicht auf elektronischem Wege Hard- und Software (erst) anschaffen zu müssen (vgl. u.a. FG Hamburg-Beschluss vom 10. März 2005 II 51/05, EFG 2005, 992, Rn. 23; Niedersächsisches FG-Urteil vom 17. März 2009 5 K 303/08, EFG 2009, 1069, Rn. 19; Drüen/Hechtner, DStR 2006, 821, 824). Diese Ansicht konnte sich auf die Gesetzesbegründung zu § 18 Abs. 1 UStG a.F. stützen, wonach dem Härtefallantrag insbesondere dann stattzugeben sei, wenn der Unternehmer nicht über die technischen Voraussetzungen verfüge, die für die Übermittlung nach der StDÜV eingehalten werden müssten (BTDrucks 15/1798, 13; BTDrucks 15/1945, 14). § 150 Abs. 8 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Alt. 1 AO stellt jedoch für einen Anspruch auf Befreiung nicht auf das Vorhandensein technischer Ausstattung ab, sondern darauf, ob die „Schaffung“ der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass im Rahmen des § 150 Abs. 8 AO bei wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Anschaffung allein das Fehlen der für eine elektronische Übermittlung der Voranmeldungen erforderlichen Technik keinen Anspruch i.S. des § 150 Abs. 8 Satz 1 AO auf Befreiung von der Abgabe von Voranmeldungen in elektronischer Form begründet (BFH-Urteil vom 16. Juni 2020 VIII R 29/19, DStR 2020, 2541, Rn.14 zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen; BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 58 m.w.N. zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen). Der insoweit seitens der Klägerin vorgetragene Umstand, sie verfüge weder über einen Computer noch über einen Internetanschluss geht demnach ins Leere.
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(bb) Nicht ausdrücklich geregelt ist indes, unter welchen Voraussetzungen die Grenze zu einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand überschritten ist. Dem BFH zufolge ist diese Grenze überschritten, wenn die Schaffung der technischen Voraussetzungen in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis mehr zu den Einkünften steht, für die die Steuererklärung durch Datenfernübertragung zu übermitteln ist. Aus der gesetzlichen Systematik folge, dass dem finanziellen Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit ausschließlich die Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG gegenüberzustellen sind. Zwar ist nach der Regelung des § 25 Abs. 4 Satz 1 EStG die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung von der Höhe der Einkünfte grundsätzlich unabhängig. § 150 Abs. 8 AO sieht jedoch gerade ein Korrektiv dafür vor, dass
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§ 25 Abs. 4 Satz 1 EStG lediglich an das Bestehen von Einkünften anknüpft, ohne die mit der Schaffung der technischen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung verbundene finanzielle Belastung für den Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Für diese Auslegung des Merkmals der wirtschaftlichen Zumutbarkeit i.S. des § 150 Abs. 8 AO spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber mit § 150 Abs. 8 AO bewusst eine „großzügige Ausnahmeregelung“ eingeführt und diese „so weit gefasst“ hat, dass die „ungerechtfertigte Versagung einer Ausnahmegenehmigung ausgeschlossen“ sein sollte (BTDrucks 16/10940, 3). Insbesondere „Kleinstbetriebe“ sollten sich auf die Härtefallregelung in § 150 Abs. 8 AO berufen können (BTDrucks 16/10940, 3 und 10). Dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist dahingehend Rechnung zu tragen, dass über die Anwendung der Härtefallregelung des § 150 Abs. 8 AO lediglich unter Berücksichtigung der Höhe der Einkünfte zu entscheiden ist. Mit der vom Gesetzgeber beabsichtigten Privilegierung von Kleinstbetrieben wäre es nicht vereinbar, wenn über die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch in Abhängigkeit von den mit dem Betrieb nicht in Zusammenhang stehenden finanziellen Verhältnissen des Steuerpflichtigen entschieden würde. Halten sich die vom Steuerpflichtigen erzielten Umsätze in einem Rahmen, dass von einem Kleinstbetrieb ausgegangen werden kann (im Streitfall freiberufliche Einkünfte i.H.v. ca. 14.500 €) würden die Kosten für die Umstellung auf den elektronischen Verkehr mit dem FA, zu denen nicht nur die Aufwendungen für die Bereitstellung einer Internetverbindung, sondern auch für die Anschaffung oder Umrüstung und dauerhafte Pflege der erforderlichen Hard- und Software gehören, erheblich ins Gewicht fallen, was wirtschaftlich unzumutbar sei. Die Einkünfte der Klägerin wurden für das Streitjahr auf lediglich 3.000 € geschätzt. Inwieweit die Höhe der Schätzung zutrifft, die Klägerin in 2016 also ein vergleichbarer Kleinstbetrieb war, kann jedoch dahinstehen. Gleiches gilt für die Frage, ob dem Sachvortrag der Klägerin zu folgen wäre, dass ihr Geschäftsbetrieb in 2016 ruhte bzw. dass dieser in 2020 tatsächlich eingestellt wurde.
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(cc) Denn hinsichtlich der Frage, ob die erforderliche Ausstattung vorliegt oder deren Anschaffung wirtschaftlich unzumutbar ist, ist zwar auf die Verhältnisse der Klägerin abzustellen. Diese ist als GmbH in Form der UG (i.L.) jedoch selbst nicht handlungsfähig, sondern wird hinsichtlich der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten grds. durch ihren Geschäftsführer (§§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, 34 Abs. 1 Satz 1 AO) – ab dem Zeitpunkt der Liquidation durch den Liquidator (§ 66 Abs. 1 GmbHG) – hier jeweils G – vertreten. Zu dessen Pflichten gehört es auch, Steuererklärungen abzugeben (BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 64 m.w.N.; Rüsken in Klein, AO, 15. Auflage 2020, § 34 Rn. 6, 35). Der Einwand der Klägerin, dass sie selbst keinen Internetanschluss und auch keinen Computer besitze, greift daher nicht durch. Ihr Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. Liquidator verfügt über beides. Der Senat schließt sich nicht der Argumentation der Klägerin an, dass der Geschäftsführer der Klägerin nicht verpflichtet sei, die bereits bei ihm vorhandenen Voraussetzungen für eine Datenfernübertragung zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Klägerin zu verwenden. Dabei wird nicht verkannt, dass es sich bei der Klägerin um ein selbständiges Rechtssubjekt handelt. Im Gegensatz zum Verhältnis unter bloßen Konzerngesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 79), steht der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. Liquidator einer GmbH in deren Lager. Er ist gerade zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten verpflichtet. Das vom BFH insoweit auch ins Feld geführte Argument, dass einer Nutzung der technischen Ausstattung anderer Konzerngesellschaften Bedenken des Steuergeheimnisses nach § 30 AO entgegen stünden, schlägt im Falle der Nutzung der technischen Hilfsmittel des Gesellschafter-Geschäftsführers bzw. Liquidators gerade nicht durch. Die Möglichkeit die technische Infrastruktur ihres Geschäftsführers mitzubenutzen lässt demnach die wirtschaftliche Unzumutbarkeit entfallen (vgl. auch FG Berlin-Brandenburg-Urteil vom 14. Februar 2018 3 K 3249/17, EFG 2018, 706, Rn. 59 ff.).
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(dd) Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer Ausführungen in pauschaler Weise vorträgt, dass die technische Infrastruktur zur elektronischen Datenübermittlung bei ihrem Geschäftsführer aus ungeklärter Ursache nicht funktioniere, trägt dieser Umstand ebenfalls keinen Anspruch auf Befreiung von der elektronischen Übermittlungspflicht aus wirtschaftlichen Gründen. Insoweit kommt es – obigen Ausführungen folgend – zum einen nicht darauf an, ob die Technik tatsächlich (nicht) funktioniert. Entscheidend ist vielmehr, ob die Instandsetzung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Hierzu wurden keine Aussagen gemacht. Zudem wurde nur vorgetragen, dass die Übermittlungsmöglichkeit in der Vergangenheit aus unerklärter Ursache nicht bestand. Inwieweit die Klägerin bzw. ihr Geschäftsführer nicht nur aufgrund in der Vergangenheit liegender, sondern auch derzeitiger technischer Schwierigkeiten an der Nutzung von ELSTER gehindert seien, wurde ebenfalls nicht dargelegt. Der Vortrag der Klägerin ist insoweit nicht hinreichend substantiiert.
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(c) Sonstige Gründe, aus denen sich im Streitfall aus § 150 Abs. 8 Satz 1 AO außerhalb der in § 150 Abs. 8 Satz 2 AO formulierten Regelbeispiele („insbesondere“) ein Anspruch der Klägerin auf Abgabe der Erklärungen auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Sie können insbesondere nicht aus dem Vortrag der Klägerin hergeleitet werden, dass ihr Geschäftsbetrieb im Streitzeitraum geruht habe. Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift ist – wie bereits ausgeführt – die Privilegierung von Kleinstbetrieben (BTDrucks 16/10940, 3 und 10; BFH-Urteil vom 16. Juni 2020 VIII R 29/19, DStR 2020, 2541, Rn.15), nicht die Schaffung von Ausnahmetatbeständen für zeitweilig inaktive Unternehmen.
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c) Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als sie darauf gerichtet ist, den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 26. September 2018 und die insoweit ergangene Einspruchsentscheidung vom 5. August 2019 aufzuheben sind und den Beklagten zu verpflichten, den Härtefallantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
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aa) Da die Voraussetzungen der „Befreiungsvorschrift“ des § 150 Abs. 8 AO für einen Anspruch der Klägerin, die Unterlagen für 2016 weiterhin in Papierform abgeben zu dürfen, nicht gegeben sind, verbleibt es bei seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag gemäß §§ 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, 5 b Abs. 2 Satz 1 EStG, 14a Satz 2 GewStG, auf die elektronische Übermittlung zur Vermeidung unbilliger Härten zu verzichten (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, a.a.O.).
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bb) Im Rahmen der §§ 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, 5 b Abs. 2 Satz 1 EStG, 14a Satz 2 GewStG sind einerseits die vom Steuerpflichtigen für das Vorliegen eines Härtefalls vorgetragenen Gründe in die pflichtgemäße Ermessensausübung und Einzelfallabwägung umfassend einzubeziehen. Andererseits sind diesen Überlegungen die dargelegten Interessen des Fiskus an einer elektronischen Übermittlung der Unterlagen gegenüberzustellen. Eine fehlerfreie Ermessensausübung setzt dabei voraus, dass die Behörde ihre Entscheidung anhand eines einwandfrei und erschöpfend ermittelten Sachverhalts trifft und dabei die Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art berücksichtigt, die nach Sinn und Zweck der Norm, die das Ermessen einräumt, maßgeblich sind (vgl. Thüringer FG-Urteil vom 24. Februar 2016 3 K 756/15, EFG 2016, 1497, Rn. 33 m.w.N. rkr). Die Frage, ob der Beklagte insoweit ermessensfehlerfrei entschieden hat, ist an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des FA zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BStBl II 2012, 477, Rn. 26 f.).
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cc) Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Beklagte von dem ihm durch die §§ 31 Abs. 1a Satz 2 KStG, 5 b Abs. 2 Satz 1 EStG, 14a Satz 2 GewStG eingeräumten Ermessen i.S.d. § 102 Satz 1 FGO in einer dem Zweck der Ermächtigungen entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.
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(1) Das FA hat den Härtefallantrag mit der Begründung abgelehnt, dass persönliche Unzumutbarkeit nicht gegeben sei, weil keine Anzeichen vorlägen, wonach der Steuerpflichtige über keinerlei Medienkompetenz verfüge. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit scheitere daran, dass der mit der Erfüllung der steuerlichen Pflichten beauftragte Geschäftsführer Zugang zu einem Computer habe und diesen auch im Geschäftsverkehr für die Klägerin benutze. In der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2019 hat der Beklagte zudem ausgeführt, dass vor der Errichtung einer Form-Kauffrau gemäß § 6 HGB die handels- und steuerrechtlichen Folgen bedacht werden müssten. Dies verursache Kosten. Dass die Klägerin insoweit Investitionen tätigen müsse, könne nicht als unbillige Härte angesehen werden. Diese Argumente tragen nach Ansicht des Gerichts die Ermessensentscheidung des Beklagten.
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(2) Dass der Beklagte hinsichtlich der Verneinung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit nicht ermittelt hat, ob und wenn ja welche Kosten bei der Klägerin für die Anschaffung eines Computers und Internetzuganges anfallen würden und ferner auch nicht darauf eingegangen ist, inwieweit diese (etwaigen) Kosten im Vergleich zu den Umsätzen der Klägerin unverhältnismäßig sein würden, ist unschädlich. Da der für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Klägerin zuständige Gesellschafter-Geschäftsführer über eine entsprechende Ausstattung verfügte, kam es hierauf nicht an.
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(3) Unerheblich ist auch, dass sich der Beklagte nicht ausdrücklich mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt hat, inwieweit der Umstand, dass die Klägerin in der Vergangenheit aus unerklärter Ursache die technische Infrastruktur ihres Geschäftsführers nicht habe nutzen können, für die Entscheidung über ihren Antrag beachtlich ist bzw. sein kann. Die Klägerin hat insoweit zum einen nicht vorgetragen, dass sie nicht nur in der Vergangenheit liegende, sondern auch derzeitige technische Schwierigkeiten an der Nutzung von ELSTER hindern würden. Zum anderen hat die Klägerin insoweit auch nicht schlüssig vorgetragen, inwieweit sie sich durch die Instandsetzung der Infrastruktur unverhältnismäßig hohen Kosten ausgesetzt sieht.
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3. Es erscheint sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90a FGO).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.