Inhalt

VGH München, Beschluss v. 24.03.2021 – 12 ZB 19.369
Titel:

Zweckentfremdung von Wohnraum

Normenketten:
ZwEWG Art. 1, Art. 2, Art. 3
ZeS 2017 § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2
GG Art. 14
Leitsätze:
1. Eine nach § 5 Abs. 1 ZeS 2017 erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung ist nach § 5 Abs. 2 ZeS 2017  regelmäßig dann zu erteilen, wenn schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS 2017 insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Verfügungsberechtigten gegeben, können sich aber etwa auch aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum  trotz Wohnungsnot besteht nicht, wenn der in Rede stehende Wohnraum dem Eigentümer außerhalb von Abwesenheitszeiten selbst als Wohnung dient und somit zumindest zeitweise als „Heimstatt im Alltag“ genutzt wird. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein im Erfordernis der Einholung einer Zweckentfremdungsgenehmigung liegendes repressives Verbot einer bestimmten Nutzung einer im eigenen Eigentum stehenden Wohnung mit Befreiungsvorbehalt stellt sich stets als Eingriff in das grundrechtlich in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsgrundrecht dar. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Zweckentfremdungsrecht erlaubt kein „generalpräventives“ Vorgehen gegen Wohnungseigentümer, die ihre Wohnung zwar selbst nutzen, sie in Abwesenheitszeiten aber für Zwecke der Fremdenbeherbergung für mutmaßlich mehr als 8 Wochen im Jahr vermieten. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Orientierungsätze:
§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS 2017 sieht zwar vor, dass eine Zweckentfremdung von Wohnraum insbesondere dann gegeben ist, wenn die Wohnung mehr als insgesamt 8 Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird. Eine demzufolge nach § 5 Abs. 1 ZeS 2017 erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung ist nach § 5 Abs. 2 ZeS 2017 aber regelmäßig dann zu erteilen, wenn schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen.
Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS 2017 sind solche überwiegenden schutzwürdigen privaten Interessen „insbesondere“ bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Verfügungsberechtigten gegeben, aber eben nicht nur. Andere überwiegende schutzwürdige private Belange können sich vor allem aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben.
Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum kann danach trotz Wohnungsnot dann nicht bestehen, wenn der in Rede stehende Wohnraum dem Eigentümer außerhalb von Abwesenheitszeiten selbst als Wohnung dient und somit zumindest zeitweise als „Heimstatt im Alltag“ genutzt wird.
In derartigen Fällen ist der materielle Regelungszweck des Zweckentfremdungsrechts von vornherein nicht berührt, weil es an einer dauerhaften Umwandlung von eigengenutztem Wohn- oder Mietwohnraum in eine gewerbliche Fremdenbeherbergung fehlt. Dem allgemeinen Wohnungsmarkt geht kein Wohnraum verloren, der ansonsten zum „Dauerwohnen“ zur Verfügung stünde. Infolgedessen ist eine Zweckentfremdungsgenehmigung auf entsprechenden Antrag hin zu erteilen.
Ebenso wenig erlaubt das Zweckentfremdungsrecht ein „generalpräventives“ Vorgehen gegen Wohnungseigentümer, die ihre Wohnung zwar selbst nutzen, sie in Abwesenheitszeiten aber für Zwecke der Fremdenbeherbergung für mutmaßlich mehr als 8 Wochen im Jahr vermieten. Das Grundgesetz duldet weder eine „Sozialisierung“ noch eine Beeinträchtigung von Privateigentum auf lediglich verwaltungsexekutiver Grundlage. Allenfalls kann dazu aufgefordert werden, einen entsprechenden Genehmigungsantrag zu stellen.
Schlagworte:
Zweckentfremdung von Wohnraum, Vermietung einer Wohnung während berufsbedingter Abwesenheitszeiten (Stewardess), Nachträgliche Genehmigungsfähigkeit der Zweckentfremdung, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Wirtschaftliche Existenzgefährdung, Nutzungsuntersagung, Berufungszulassung, repressives Verbot, Fremdbeherbergung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.01.2019 – M 9 K 17.3876
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 26.07.2021 – 12 B 21.913
Fundstelle:
BeckRS 2021, 6085

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. Januar 2019 (Az. M 9 K 17.3876) wird wegen ernstlicher und zugleich auch offensichtlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung zugelassen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

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Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine zweckentfremdungsrechtliche Nutzungsuntersagung der Beklagten.
I.
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1. Sie ist Eigentümerin einer 1987 als Wohnraum genehmigten Zwei-Zimmer-Maisonette Wohnung in der W.-Straße X in München. Aufgrund einer anonymen Anzeige, wonach sie „seit Jahren und das immer für Monate gegen gutes Geld ihre Wohnung hauptsächlich an reiche Araber“ vermiete, während sie „jedes Jahr für viele Monate auf der Welt unterwegs“ sei, leitete die beklagte Landeshauptstadt Ermittlungen im Hinblick auf die Zweckentfremdung von Wohnraum ein. Eine zunächst bei der Stadtwerke M. V. GmbH durchgeführte Abfrage ergab, dass die Klägerin seit 1. Januar 2013 für die genannte Wohnung Strom in haushaltsüblicher Menge bezogen hatte. Darüber hinaus ermittelte die Beklagte, dass die Klägerin die streitgegenständliche Wohnung über die Vermittlungsplattform AirBnB zur Vermietung angeboten hatte. Bei einer Ortseinsicht am 16. Februar 2017 trafen Mitarbeiter der Beklagten in der Wohnung mehrere Touristen an, die die Wohnung über AirBnB gebucht hatten. Der Hausbriefkasten der Wohnung, das Klingelschild wie auch die Wohnungstür waren mit dem Namen der Klägerin versehen. Bei weiteren Ortseinsichten am 21. Februar 2017, 27. April 2017 und 9. Mai 2017 wurde niemand in der Wohnung angetroffen; einmal befand sich der Wohnungsschlüssel unter der Fußmatte. Daraufhin hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Mai 2017, 23. Mai 2017 und 23. Juni 2017 wegen eines Verstoßes gegen die Zweckentfremdungssatzung der Landeshauptstadt München und zur beabsichtigten Einleitung eines Bußgeldverfahrens an, ohne dass die Klägerin hierzu Stellung nahm.
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2. In der Folge gab die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 11. Juli 2017 auf, die Nutzung der in ihrem Eigentum stehenden Wohnung, W.-Straße X, 4. Obergeschoss, für Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden. Für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- € fällig. Nunmehr nahm die Klägerin im Rahmen des zwischenzeitlich eingeleiteten Bußgeldverfahrens mit Schreiben vom 14. Juli 2017 Stellung und trug vor, dass sie als Stewardess mit Stützpunkt Frankfurt am Main arbeite. In ihrer Wohnung würde sie viele Freunde aus der ganzen Welt beherbergen. Gelegentlich habe sie die Wohnung auch schon vermietet. Weshalb die Beklagte hierin eine Zweckentfremdung sehe, sei ihr unerfindlich, zumal sie in der Wohnung selbst wohne, zugleich aber international sehr viel unterwegs sei.
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3. Weiter ließ die Klägerin gegen den Bescheid vom 11. Juli 2017 mit Telefax vom 14. August 2017 Klage erheben. Zur Begründung trug sie vor, sie nutze die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und vermiete sie gelegentlich in nicht gewerblichem Ausmaß während ihrer regelmäßigen beruflichen Abwesenheit als Stewardess auf Langstreckenflügen oder Urlaubsreisen kurzfristig an wechselnde Bewohner. 2016 habe sie die Wohnung über die Plattform von AirBnB insgesamt 93 Tage vermietet, bis Juli 2017 an insgesamt 58 Tagen. Die restliche Zeit sei die Wohnung von ihr selbst oder durch Familienangehörige und Freunde bewohnt worden. Vorübergehend unterhalte sie derzeit auch einen Wohnsitz in Brasilien. Es treffe jedoch nicht zu, dass sie die streitgegenständliche Wohnung nicht zu dauerhaften oder längerfristigen Wohnzwecken selbst nutze. Angesichts ihres beruflichen Hintergrunds sei die Nutzung der Wohnung jedoch eher mit der einer Zweitwohnung vergleichbar. Die Klägerin sei auch aus wirtschaftlichen Gründen darauf angewiesen, die Wohnung in ihrer Abwesenheit zu vermieten. Der Nettostundenlohn bei der L. AG betrage 12 €. Jeden zweiten bzw. dritten Monat sei sie in Teilzeit beschäftigt und beziehe dann lediglich ein Nettogehalt zwischen 300,- und 900,- €. Aktuell habe sie die Vermietung der Wohnung über AirBnB eingestellt und das entsprechende Inserat deaktiviert. Eine Nutzung der Wohnung unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 der Zweckentfremdungssatzung der Beklagten liege nicht vor. Werde Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt, weil er bestimmungsgemäß dem Verfügungsberechtigten oder sonstigen Nutzungsberechtigten als Zweit- oder Ferienwohnung diene, liege in dem dadurch bedingten Leerstand keine Zweckentfremdung. Dies müsse erst recht für die gelegentliche, kurzfristige Untervermietung an Dritte in Zeiten des vorübergehenden Leerstands gelten. Ein Wohnraumverlust trete hierdurch nicht ein. Das Nutzungskonzept wirke sich auch in keiner Weise negativ auf die Wohnraumversorgung der Landeshauptstadt München aus. Mangels Vorliegens einer Zweckentfremdung bedürfe es daher keiner Genehmigung nach § 5 ZeS. Darüber hinaus erweise sich das aufgezeigte Mietkonzept als nach § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 ZeS genehmigungsfähig, da ein überwiegendes privates Interesse an der Zweckentfremdung bestehe.
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In der mündlichen Verhandlung am 7. März 2018 trug die Klägerin weiter vor, die streitgegenständliche Wohnung sei ihre einzige Wohnung; insbesondere besitze sie keine Wohnung in Frankfurt am Main oder anderswo im Bundesgebiet. Beruflich bedingt halte sie sich oft mehrere Wochen am Stück im Ausland, beispielsweise in Brasilien auf. Ihr zu versteuerndes Einkommen habe im Jahr 2017 26.000,- € betragen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wies das Gericht darauf hin, dass das vorliegende Verfahren nicht die Frage einer tageweisen und gewerblichen Zulässigkeit der Vermietung zu Fremdenverkehrszwecken einer ansonsten selbst genutzten Zweitwohnung betreffe, da die Klägerin nur eine Wohnung besitze. Vielmehr stelle sich die Frage, ob eine teilweise Untervermietung für mehr als zwei Monate nach § 6 Abs. 2 ZeS möglicherweise zulässig sei. Wie in der mündlichen Verhandlung vereinbart, legte die Klägerin der Beklagten im Nachgang Unterlagen zur Finanzierung bzw. zu den Kosten der streitgegenständlichen Wohnung vor.
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4. Mit Urteil vom 16. Januar 2019 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die verfügte Nutzungsuntersagung finde ihre Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz - ZwEWG) in der Fassung vom 19. Juni 2017 in Verbindung mit § 13 Abs. 1, 2 der Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) vom 11. Dezember 2017. Bei der streitgegenständlichen Wohnung handele es sich unstrittig um Wohnraum i.S.v. § 3 ZeS. Es liege auch eine Zweckentfremdung der Wohnung vor, da die Klägerin sie ausweislich der Ermittlungen der Beklagten mehr als insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung tageweise vermietet habe. Mithin sehe das Nutzungskonzept der Klägerin eine gewerbliche Nutzung der Wohnung in Zeiten ihrer Abwesenheit vor. Unerheblich sei im vorliegenden Zusammenhang, ob es sich bei der Wohnung um die einzige (Haupt-)wohnung der Klägerin oder um eine Zweitwohnung handle, da das Zweckentfremdungsrecht keine diesbezügliche Differenzierung vornehme und rechtlicher Maßstab die Nutzung von entsprechend genehmigtem Wohnraum zu Wohnzwecken sei.
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Die Zweckentfremdung erweise sich auch nicht als nachträglich genehmigungsfähig nach § 13 Abs. 2 ZeS. Nach § 5 Abs. 2, § 6 ZeS, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwEWG sei eine Genehmigung zu erteilen, wenn vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Vorrangige öffentliche Belange für eine Zweckentfremdung seien nicht gegeben. Überwiegende schutzwürdige private Belange, die nach § 6 Abs. 2 ZeS insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz vorlägen, bestünden ebenfalls nicht. Im vorliegenden Fall drohe keine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Klägerin. Zwar sei sie beruflich darauf angewiesen, auch an ihrem jeweiligen Einsatzort eine Unterkunft zu haben, was möglicherweise zu zusätzlichen Kosten führe. Ungeachtet der Frage, inwieweit der Arbeitgeber der Klägerin deren Unterkunftskosten finanziere, könne sie die streitgegenständliche Wohnung in München aus ihrem Einkommen finanzieren. Die Wohnung sei abbezahlt. Das Wohngeld betrage ausweislich des Wirtschaftsplans monatlich lediglich 211,- €. Auch ohne die geltend gemachten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung rechtfertige das Bruttoteilzeitgehalt der Klägerin von 35.000,- € bei der L. AG nicht die Annahme, dass durch den Erhalt der Wohnung die wirtschaftliche Existenz einer Alleinstehenden gefährdet sei. Da sich die Zweckentfremdung nicht als genehmigungsfähig erweise, habe die Beklagte der Klägerin daher die gewerbliche Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken untersagen dürfen.
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5. Mit dem gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung lässt die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen.
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5.1 Ernstliche Richtigkeitszweifel ergäben sich daraus, dass das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids auf Art. 3 Abs. 2 ZwEWG in der Fassung vom 19.6.2017 in Verbindung mit § 13 Abs. 1, 2 ZeS in der Fassung vom 11.12.2017 stütze. Rechtsgrundlage des Bescheids könne jedoch allenfalls die Zweckentfremdungssatzung der Beklagten in der Fassung vom 27.12.2013 sein, da die Neufassung zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht gegolten habe. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 ZeS a.F. liege jedoch eine Zweckentfremdung von Wohnraum nicht vor, wenn er nicht ununterbrochen genutzt werde, weil er bestimmungsgemäß dem Verfügungsberechtigten als Zweit- oder Ferienwohnung diene. Diese Bestimmung sei in der Neufassung der Zweckentfremdungssatzung entfallen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei es daher sehr wohl erheblich, ob die Klägerin die streitgegenständliche Wohnung „berufsbedingt quasi als Zweitwohnung“ nutze. Wenn im Rahmen der Nutzung einer Wohnung als Zweitwohnung bereits der gelegentliche Leerstand nicht als Zweckentfremdung anzusehen sei, müsse dies erst recht für die gelegentliche, kurzfristige Nutzung durch Familienangehörige und die Untervermietung an Dritte während der beruflich bedingten Abwesenheit des Wohnungsinhabers gelten. Ferner trete durch diese Nutzungsform ein Wohnraumverlust gerade nicht ein; es entstünden keine negativen Folgen für die Wohnraumversorgung der Landeshauptstadt München. Stelle die streitgegenständliche Nutzung jedoch bereits keine Zweckentfremdung dar, bedürfe sie auch keiner Genehmigung nach § 5 ZeS.
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5.2 Ferner überwögen die privaten Belange der Klägerin das öffentlichen Interesse an der Erhaltung von Wohnraum, sodass sich die von der Klägerin praktizierte Nutzung ihrer Wohnung nach § 5 Abs. 2, 6 ZeS, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwEWG als nachträglich genehmigungsfähig erweise. Die Klägerin unterhalte als Stewardess berufsbedingt Wohnsitze in München und Brasilien. Sie vermiete während ihrer beruflichen Abwesenheiten ihre Wohnung kurzfristig an wechselnde Bewohner gegen Entgelt, um ihre beiden Wohnsitze überhaupt finanzieren zu können. Diese „zweitwohnungsähnliche Wohnsituation“ sei bei der Beurteilung, ob schutzwürdige private Belange das Interesse an der Erhaltung des streitgegenständlichen Wohnraums überwögen, mitzuberücksichtigen. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums bestehe nicht. Die Untersagung der Vermietung der von ihr selbst bewohnten Eigentumswohnung führe zu keinem zusätzlichen Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt. Das Vorliegen überwiegender schutzwürdiger privater Belange nach § 5 Abs. 2 ZeS, Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 ZwEWG setze entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zwingend die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz voraus. Nach § 6 Abs. 2 S. 1 ZeS seien überwiegende schutzwürdige private Interessen insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz gegeben. Damit bestehe Raum für weitere, nicht explizit aufgezählte private Belange; diese könnten auch dann gegeben sein, wenn - wie im Fall der Klägerin - mehrere Wohnungen unterhalten werden, ohne dass zugleich eine wirtschaftliche Existenzgefährdung bestehe. Jedenfalls sei im vorliegenden Fall der Ermessensspielraum bei der Beurteilung, ob schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen, auf Null reduziert. So habe das VG Berlin in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass dann, wenn bei der zwischenzeitlichen Vermietung einer selbst zu Wohnzwecken genutzten Zweitwohnung kein Wohnraumverlust eintrete, kein öffentliches Interesse daran bestehe, durch eine zweckentfremdungsrechtliche Verfügung die Zwischenvermietung durch einen Leerstand zu ersetzen, durch den dem Wohnungsmarkt kein zusätzlicher Wohnraum zugeführt würde.
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5.3 Darüber hinaus bestehe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der Klägerin angesichts ihrer beruflichen Situation auch eine finanzielle Existenzgefährdung, die die Genehmigung der Zweckentfremdung rechtfertigen würde. Der Klägerin verbleibe ausweislich der im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Unterlagen lediglich ein Betrag von 400,- € zum Lebensunterhalt
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5.4 Ferner weise die Rechtssache besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Klärungsbedürftig sei insbesondere, ob bei nachweislich mehreren Wohnsitzen bedingt durch verschiedene Arbeitsorte überhaupt und nicht nur im Einzelfall ein Interesse an der Erhaltung von Wohnraum im Sinne von § 5 Abs. 2 ZeS bestehen könne.
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5.5 Für den Fall, dass die Klage wegen der zwischen Bescheiderlass und Klageerhebung zu Lasten der Klägerin eingetretenen Rechtsänderung abgewiesen werden solle, werde hilfsweise beantragt,
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festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 11.7.2017, Aktenzeichen S-III-W/BS 124, bis zum Inkrafttreten der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) vom 5. Dezember 2017, rechtswidrig war.
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Es sei insoweit unzutreffend, dass, wie die Beklagte meine, es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit bei einer gegen einen Dauerverwaltungsakt gerichteten Anfechtungsklage stets auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankomme. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung könne nicht nur für einen bestimmten Zeitpunkt, sondern auch für den gesamten Zeitraum oder für Teile des Zeitraums seiner Wirksamkeit angefochten werden.
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6. Demgegenüber beantragt die Beklagte, die Zulassung der Berufung abzulehnen.
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6.1 Hinsichtlich der Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei vorliegend nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids, sondern auf den der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei einem Verzicht auf (weitere) mündliche Verhandlung auf den der Absendung der Entscheidung durch die Geschäftsstelle abzustellen. Da es sich bei der zweckentfremdungsrechtlichen Nutzungsuntersagung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele, der Handlungs- und Unterlassungspflichten für die Zukunft begründe, seien Sach- und Rechtsänderungen in einem anhängigen Verfahren zu berücksichtigen. Mithin sei die Rechtmäßigkeit der angegriffenen zweckentfremdungsrechtlichen Verfügung nach der Zweckentfremdungssatzung in der Fassung vom 11.12.2017 zu beurteilen.
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6.2 Im vorliegenden Fall überwögen auch nicht die privaten Interessen der Klägerin das öffentliche Interesse an der Erhaltung von Wohnraum. Der Vortrag der Klägerin, dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Wohnraums deshalb nicht bestehe, weil auch bei einer Untersagung der Zweckentfremdung dem Wohnungsmarkt kein zusätzlicher Wohnraum zugeführt werde, gehe fehl. Für den Tatbestand der Zweckentfremdung erweise es sich als irrelevant, ob der Wohnraum dem „allgemeinen“ Wohnungsmarkt zur Verfügung stünde. Ein Wohnraumverlust für die „Allgemeinheit“ bilde keine Voraussetzung für die Anwendung des Zweckentfremdungsrechts. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums nach § 5 Abs. 2 ZeS erschöpfe sich nicht darin, den konkreten Wohnraum vor Zweckentfremdung zu schützen, damit er langfristig vermietet bzw. dauernd vom Eigentümer bewohnt werde. Das Zweckentfremdungsrecht diene vielmehr der Erhaltung des Gesamtwohnraumangebots in Gebieten, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet sei und in denen dem Wohnraummangel nicht mit anderen Mitteln abgeholfen werden könne. Das Zweckentfremdungsverbot diene damit auch generalpräventiven Zwecken. Auch aus der Novellierung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) folge, dass der Gesetzgeber mit dem Zweckentfremdungsverbot nicht nur die Nutzung zu Wohnzwecken im Einzelfall sicherstellen, sondern eine Zweckentfremdung im Interesse der Wohnraumversorgung prinzipiell unterbinden wolle. Das Verbot solle wirtschaftlichen Anreizen einer zweckfremden Nutzung vorbeugen, um allgemeine Gefahren für die Wohnraumversorgung abzuwenden. Ziel der Gesetzesänderung sei vor allem „die effektive Bekämpfung der hotelähnlichen Nutzung von Privatwohnungen“. Andernfalls sei zu befürchten, dass zunehmend aus wirtschaftlichen Erwägungen Wohnungen als Ferienwohnungen genutzt würden, die dann nicht mehr als Wohnraum der wohnungssuchenden Bevölkerung zur Verfügung stünden. Insbesondere sei auch der Bußgeldrahmen von 50.000,- € auf 500.000,- € erhöht und in der Gesetzesbegründung hierfür explizit die generalpräventive Wirkung angegeben worden. Im Geltungsbereich einer Zweckentfremdungssatzung sei jegliche Zweckentfremdung grundsätzlich verboten. Die Klägerin verkenne, dass, wäre Wohnraumverlust für die Allgemeinheit eine Voraussetzung für die Anwendung des Zweckentfremdungsrechts, auch bei der Nutzung eines Hauptwohnsitzes für Zwecke der Fremdenbeherbergung von mehr als 8 Wochen niemals eine Zweckentfremdung vorliegen würde, da der Hauptwohnsitz, solange er nicht vorgeschoben sei, weiterhin dem Verfügungsberechtigten als „Heimstatt im Alltag“ diene. Ein Wohnraumverlust würde bei einer Vermietung von beispielsweise 12 Wochen nicht eintreten. Der Gesetzgeber habe sich jedoch bewusst dafür entschieden, einen Schwellenwert von 8 Wochen einzuführen; dies diene zugleich der Rechtssicherheit. Eine Genehmigung komme deshalb nur als absolute Ausnahme vom allgemeinen Verbot in Betracht. Dieses ziele seiner Tendenz nach auf jede Zweckentfremdung jeden Wohnraums. Eine derartige absolute Ausnahme sei im Fall der Klägerin nicht ersichtlich.
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6.3 Eine Zweckentfremdungsgenehmigung könne ferner nur dann erteilt werden, wenn besonders schützenswerte andere Interessen - seien es öffentliche oder private - ausnahmsweise das Interesse am Bestandsschutz des betroffenen Wohnraums überwögen. Rein wirtschaftliche Interessen an einer möglichst günstigen Verwertung stellten keine schutzwürdigen privaten Interessen dar. Demgegenüber sei das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums für Wohnzwecke angesichts des allgemein bekannten Wohnraummangels im Stadtgebiet München erheblich. Als schutzwürdiges privates Interesse käme vorliegend allein die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz in Betracht. Diese erfordere nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine ursächliche und unausweichliche Existenzgefährdung durch die Versagung der Zweckentfremdungsgenehmigung. Nach der ausführlichen Würdigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin durch das Verwaltungsgericht komme der Eintritt eines Existenzverlusts aufgrund des Zweckentfremdungsverbots nicht ansatzweise in Betracht. Soweit die Klägerin sich insoweit nicht mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetze, sondern neue Tatsachen anführe, verkenne sie ihre Mitwirkungspflichten im erstinstanzlichen Verfahren. Insbesondere lege sie nicht dar, weshalb die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Tatsachen nicht zutreffen sollten und weshalb sie die nunmehr vorgelegten Unterlagen nicht bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens eingeführt habe.
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6.4 Schließlich fehle es auch an der Darlegung besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigen würden.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
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Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, da vorliegend nicht nur ernstliche, sondern sogar offensichtliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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1. Dabei kann - jedenfalls im Berufungszulassungsverfahren - dahinstehen, ob der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen zweckentfremdungsrechtlichen Verfügung der Beklagten vom 11. Juli 2017 die Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 12.12.2013 (MüABl. S. 550 - ZeS 2013) oder aber die Zweckentfremdungssatzung vom 5.12.2017 (MüABl. S. 494 - ZeS 2017) zugrunde zu legen ist.
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Der Senat weist gleichwohl bereits jetzt darauf hin, dass unter der Geltung der Zweckentfremdungssatzung 2013 gewichtige Zweifel am Vorliegen einer Zweckentfremdung durch das Wohnnutzungskonzept der Klägerin, die die Wohnung während berufsbedingter Abwesenheitszeiten über das Internetportal AirBnB vermietet hatte, bestehen. Dabei kann es offenbleiben, ob das Vorliegen einer Zweckentfremdung nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 ZeS 2013 bereits im Wege des von der Bevollmächtigten der Klägerin vertretenen Erst-Recht-Schlusses verneint werden kann, da nach der genannten Bestimmung eine Zweckentfremdung von Wohnraum dann nicht vorliegt, wenn der Wohnraum nicht ununterbrochen genutzt wird, weil er bestimmungsgemäß der Verfügungsberechtigten als Zweit- oder Ferienwohnung dient. Auszugehen wäre vielmehr von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS 2013, wonach eine Zweckentfremdung gegeben ist, wenn Wohnraum „nicht nur vorübergehend gewerblich oder gewerblich veranlasst für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird“ (Hervorhebung durch den Senat). Diese Bestimmung führt im Umkehrschluss dazu, dass es sich bei einer nur vorübergehenden gewerblichen Nutzung von Wohnraum für Zwecke der Fremdenbeherbergung gerade nicht um eine Zweckentfremdung handelt. Dass die Klägerin im vorliegenden Fall ihre Wohnung während berufsbedingter Abwesenheitszeiten lediglich vorübergehend - nach ihren Angaben im Jahr 2016 an 93 Tagen (entspricht 25%) und bis Juli 2017 an 58 Tagen (entspricht für diesen Zeitraum 27%) - über AirBnB vermietet hat, liegt nach ihrem Sachvortrag auf der Hand.
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2. Ungeachtet dessen liegen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen dafür, der Klägerin aufzugeben, die Zweckentfremdung ihrer Wohnung zu beenden, nach § 13 Abs. 2 ZeS 2017 (aber auch nach § 13 Abs. 2 ZeS 2013) auch deshalb nicht vor, weil angesichts ihres Nutzungskonzepts davon auszugehen ist, dass jedenfalls eine nachträglich genehmigungsfähige Zweckentfremdung gegeben ist.
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Zwar sieht § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS 2017 vor, dass eine Zweckentfremdung von Wohnraum insbesondere dann gegeben ist, wenn die Wohnung mehr als insgesamt 8 Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird. Dies war nach den eigenen Angaben der Klägerin sowohl im Jahr 2016 wie auch bis einschließlich Juli 2017 der Fall. Eine demzufolge nach § 5 Abs. 1 ZeS 2017 erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung ist nach § 5 Abs. 2 ZeS 2017 dann zu erteilen, wenn vorrangige öffentliche Interessen oder schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS 2017 sind überwiegende schutzwürdige private Interessen „insbesondere“ bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Verfügungsberechtigten gegeben. Die wirtschaftliche Existenzgefährdung erweist sich damit bereits nach dem Normtext lediglich als Regelbeispiel („insbesondere“) für überwiegend schutzwürdige private Belange. Andere überwiegende schutzwürdige private Belange können sich darüber hinaus vor allem aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben und müssen insoweit zugleich in den Blick nehmen, dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum trotz allgemein bekannter Wohnungsnot in München dann nicht besteht, wenn der in Rede stehende Wohnraum vom Eigentümer etwa außerhalb beruflich bedingter Abwesenheitszeiten als (alleinige) Wohnung und somit zumindest zeitweise als „Heimstatt im Alltag“ - wenngleich möglicherweise auch lediglich „zweitwohnungsartig“ - genutzt wird.
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In derartigen Fällen ist der materielle Regelungszweck des Zweckentfremdungsrechts von vornherein nicht berührt, weil es an einer dauerhaften Umwandlung von eigengenutztem Wohn- oder Mietwohnraum in eine gewerbliche Fremdenbeherbergung fehlt. Dem allgemeinen Wohnungsmarkt geht kein Wohnraum verloren, der ansonsten zum „Dauerwohnen“ zur Verfügung stünde. Mithin ist eine Zweckentfremdungsgenehmigung auf entsprechenden Antrag hin zu erteilen.
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2.1 Ein im Erfordernis der Einholung einer Zweckentfremdungsgenehmigung liegendes repressives Verbot einer bestimmten Nutzung einer im eigenen Eigentum stehenden Wohnung mit Befreiungsvorbehalt stellt sich stets als Eingriff in das grundrechtlich in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsgrundrecht dar. Bereits zur bundesrechtlichen Vorgängerregelung des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum in Art. 6 § 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (Mietrechtsverbesserungsgesetz - MietRVerbG) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt (BVerfG, U.v. 4.2.1975 - 2 BvL 5/74 - BVerfGE 38, 348 = BeckRS 9998, 107057), dass Art. 14 Abs. 1 Satz 2 dem Gesetzgeber einerseits den Auftrag erteilt, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, ihm andererseits dabei aber zugleich auch die Aufgabe stellt, das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich aus der Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und aus der verbindlichen Aussage des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben (BVerfGE 37, 132, 140 = NJW 1974, 1499). Zum verfassungsrechtlichen Inhalt des Privateigentums gehört grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand (BVerfGE 26, 215, 222 = NJW 1969; 1475). Ein repressives, nur mit einer Befreiungsmöglichkeit versehenes Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum beeinträchtigt diese Verfügungsbefugnis. Die Ermächtigung zur Inkraftsetzung eines solchen Verbots, wie es Art. 6 § 1 I 1 MietRVerbG vorsah, ist jedoch durch den Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers nach Art. 14 Abs. 2 GG gerechtfertigt.
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Die verfassungsrechtliche Forderung einer am Gemeinwohl ausgerichteten Nutzung des Privateigentums (Art. 14 Abs. 3 GG) umfasst das Gebot der Rücksichtnahme auf die Belange derjenigen Mitbürger, die auf die Nutzung der betreffenden Eigentumsgegenstände angewiesen sind (BVerfG, NJW 1974, 1499). Dieses Angewiesensein begründet einen sozialen Bezug und eine besondere soziale Funktion dieser Eigentumsgegenstände. Große Teile der Bevölkerung sind, zumal in den Städten, nicht in der Lage, aus eigener Kraft Wohnraum für sich zu schaffen, und deshalb auf Mietwohnungen unausweichlich angewiesen.
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Eine allgemein ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen dient unmittelbar der Bereitstellung des für den Einzelnen und für die Familie unentbehrlichen Wohnraums. Wenn diese Versorgung besonders gefährdet ist, wie es Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 MietRVerbG für das Eingreifen des Verordnungsgebers voraussetzte, so bedeutet das für eine Vielzahl von Menschen, dass sie keinen ausreichenden Wohnraum haben. Der soziale Bezug, der dem Wohnraum ohnehin innewohnt, verstärkt sich dadurch noch erheblich. In einer solchen Situation ist es eine im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte, am Gemeinwohl orientierte Maßnahme, die Zweckbestimmung des vorhandenen Wohnraums dadurch zu erhalten, dass seine Zweckentfremdung grundsätzlich verboten wird. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers ausreichend gewahrt bleiben.
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Soweit der Gesetzgeber bei der Begrenzung von Eigentümerbefugnissen der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Privateigentums sowie dem Gebot einer sozial gerechten Eigentumsordnung gleichermaßen Rechnung tragen und hierbei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten muss, folgt daraus, dass Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse vom geregelten Sachbereich her geboten sein müssen; sie dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient (BVerfG, B.v. 2.12.1980 - 1 BvR 436/78, 437/78 - BVerfGE 55, 249 = BeckRS 1980, 3380, Rn. 37 mit weiteren Nachweisen).
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2.2 Ausgehend von dem vorstehend dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstab des Zweckentfremdungsrechts verlangt es das Gebot der Verhältnismäßigkeit, bei der von der Klägerin praktizierten Nutzung ihrer Eigentumswohnung, die die über acht Wochen hinausgehende Vermietung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung in (beispielsweise beruflich bedingten) Abwesenheitszeiten im Sinne einer „zweitwohnungsähnlichen Nutzung“ beinhaltet, jedenfalls von einer nachträglich genehmigungsfähigen Zweckentfremdung im Sinne von § 13 Abs. 2 ZeS 2017 in Verbindung mit § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS 2017 auszugehen. Denn vorliegend überwiegen die schutzwürdigen privaten Belange der Klägerin - unabhängig vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung - das öffentliche Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums deutlich.
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Auch unter Berücksichtigung des in München offenkundig bestehenden Wohnraummangels ist in der vorliegenden Fallkonstellation ein öffentliches Interesse an der „Erhaltung“ des betroffenen Wohnraums nicht festzustellen. Die Klägerin, selbst wenn sie sich über längere Zeiträume beruflich bedingt im Ausland aufhält, nutzt die streitgegenständliche Wohnung für eigene Wohnzwecke. Ungeachtet der Unterhaltung eines weiteren Wohnsitzes in Brasilien stellt die Münchner Wohnung auch unter Berücksichtigung der Ermittlungen der Beklagten für die Klägerin ihre „Heimstatt im Alltag“ dar. Die Wohnung wird von der Klägerin selbst für Wohnzwecke genutzt. Dementsprechend hat die Beklagte der Klägerin in der streitgegenständlichen Verfügung vom 11. Juli 2017 auch nicht - wie allgemein in Zweckentfremdungsfällen üblich - aufgegeben, die streitgegenständliche Wohnung wieder einer Wohnnutzung zuzuführen, da eine Wohnnutzung bereits offenkundig gegeben ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzung der Wohnung durch die Klägerin selbst nur untergeordnet oder zum Schein erfolgt, bestehen ebenfalls nicht. Mithin zielt die Verfügung der Beklagten nicht darauf ab, eine zweckentfremdete Wohnung wieder einer Wohnnutzung zuzuführen und damit Wohnraum für die Allgemeinheit zu erhalten. Sie verbietet der Klägerin vielmehr allein, ihre Wohnung während beruflich bedingter Abwesenheitszeiten über einen Zeitraum von acht Wochen hinaus für Zwecke der Fremdenbeherbergung zu vermieten, ohne dass dies zur Folge hätte, dass der Wohnraum für Wohnzwecke erhalten bzw. wieder Wohnzwecken zugeführt würde. Die Befolgung der Verfügung der Beklagten vom 11. Juli 2017 führte allenfalls dazu, dass die Wohnung über den gestatteten Vermietungszeitraum von acht Wochen hinaus leer stünde. Damit liegt, gemessen an der Zielsetzung des Zweckentfremdungsrechts, Wohnraum in Gebieten mit Wohnungsmangel zu erhalten, eine unverhältnismäßige, weil bereits zur Zielerreichung ungeeignete Beschränkung des Eigentumgsgrundrechts vor. Folglich ist im vorliegenden Fall von Verfassungs wegen von überwiegenden schutzwürdigen Belangen der Klägerin gegenüber dem - hier nicht bestehenden - öffentlichen Interesse an der Wohnraumerhaltung auszugehen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 31.5.2010 - 12 B 09.2484 - BeckRS 2010, 31362 Rn. 36; VG Berlin, U.v. 9.8.2016 - VG 6 K 151.16 - BeckRS 2016, 51176; U.v. 12.4.2017 - VG 6 K 91.16 - BeckRS 2017, 117951 Rn. 23). Mithin liegt eine jedenfalls nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS 2017 genehmigungsfähige Zweckentfremdung vor, sodass es an den Voraussetzungen für die Anordnung nach § 13 Abs. 2 ZeS fehlt.
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2.3 Soweit die Beklagte dem entgegenhält, das Zweckentfremdungsrecht erlaube auch ein „generalpräventives“ Vorgehen gegen Wohnungseigentümer, die ihre Wohnung zwar selbst zu Wohnzwecken nutzen, sie in Abwesenheitszeiten aber für Zwecke der Fremdenbeherbergung für mutmaßlich mehr als acht Wochen im Jahr vermieten, um damit andere Wohnungseigentümer davon abzuhalten, ihre Wohnungen durch gewerbliche Kurzzeitvermietungen dem Wohnungsmarkt zu entziehen, kann sie damit nicht nur nicht durchdringen; sie stellt sich damit zugleich auch außerhalb des durch die Eigentumsordnung des Grundgesetzes gezogenen verfassungsrechtlichen Rahmens. Das Grundgesetz duldet weder eine „Sozialisierung“ noch eine Beeinträchtigung von Privateigentum auf lediglich verwaltungsexekutiver Grundlage (vgl. Art. 15 GG). Allenfalls kann dazu aufgefordert werden, einen Genehmigungsantrag zu stellen.
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Eine derartige Möglichkeit zur „Abschreckung“ potentieller Zweckentfremder wird vom Schutzzweck des Zweckentfremdungsrechts nicht umfasst (vgl. VG Berlin, U.v. 12.4.2017 - VG 6 K 91.16 - BeckRS 2017, 117951 Rn. 41 ff.; a.A. insoweit für die aktuelle Berliner Rechtslage VG Berlin, U.v. 17.10.2018 - VG 6 K 666.17 - BeckRS 2018, 32373 R. 24 f.; für die Hamburger Rechtslage OVG Hamburg, B.v. 6.2.2015 - 4 Bs 158/14 - BeckRS 2015, 56098 Rn. 11). Verhindern soll das Zweckentfremdungsverbot allein eine Verschlechterung oder zusätzliche Gefährdung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung (vgl. hierzu jüngst BayVGH, B.v. 20.1.2021 - 12 N 20.1706 - BeckRS 2021, 963 Ls. 6, Rn. 43 f.), die bei einer Wohnung, die vom Eigentümer selbst, wenn auch nicht durchgängig zu Wohnzwecken genutzt wird, nicht zu besorgen ist. Die Verfügungsbefugnis des Grund- und Wohnungseigentümers bleibt grundsätzlich unberührt, soweit nicht nach der Wertentscheidung des Gesetzgebers überwiegende Gemeinwohlbelange eine andere Beurteilung und Regelung unabweisbar gebieten.
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Die Einführung jeder Form einer (Wohnungs-)Gemeinwirtschaft auch dergestalt, dass dem Wohnungseigentümer das Eigentum an der Wohnung zwar formal belassen wird, der dominante Einfluss auf die Nutzung des Eigentums aber (faktisch) der öffentlichen Hand übertragen und dadurch die Privatnützigkeit des Eigentums ganz oder jedenfalls weithin aufgehoben wird, bedarf einer gesetzlichen Grundlage unter Beachtung der besonderen Voraussetzungen des Art. 15 GG (vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 15 Rn. 5 m.w.N.). Derartiges kann im Wege lediglich verwaltungsexekutiven Handelns nicht erreicht werden.
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2.4 Der Annahme der Genehmigungsfähigkeit der streitgegenständlichen „Zweckentfremdung“ durch die Klägerin steht auch nicht der vom Gesetzgeber mit der Neufassung von Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG verfolgte Gesetzeszweck des Vorgehens gegen die wiederholte kurzzeitige Fremdenbeherbergung entgegen. Denn die der Rechtssicherheit dienende Präzisierung von Art. 2 Satz 2 Nr. 3 in der bis 28. Juni 2017 geltenden Fassung des Zweckentfremdungsgesetzes durch Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG in der aktuelle Fassung soll ausweislich der Gesetzesmaterialien „die Verfügungsbefugnis des Eigentümers, mit seinem Wohnraum - im Rahmen der bislang schon geltenden Gesetze - nach eigenem Belieben zu verfahren“ nicht weiter einschränken (LT-Drucks. 17/15781, S. 2, 4). Die Einführung der Acht-Wochen-Grenze in Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG beinhaltet mithin nicht, wie die Beklagte offensichtlich rechtsirrig meint, dass jegliche, diese Grenze überschreitende Wohnnutzung automatisch eine nicht genehmigungsfähige Zweckentfremdung darstellt. Vielmehr gilt es auch insoweit zu beachten, dass nach Art. 1 Satz 1 ZwEWG einer Zweckentfremdungsgenehmigung nur diejenige Nutzung von Wohnraum bedarf, die überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt wird. Umgekehrt muss daher für die Annahme einer Zweckentfremdung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung auch dann explizit festgestellt (und gegebenenfalls nachgewiesen) werden, wenn die Nutzung einer Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung die Acht-Wochen-Grenze übersteigt. Die Annahme der Beklagten, dass mit der Gesetzesnovellierung jegliche Nutzung von Wohnraum zum Zwecke der Fremdenbeherbergung, die den Acht-Wochen-Zeitraum überschreitet, grundsätzlich verboten sei und allenfalls bei einer nachgewiesenen Existenzgefährdung als absoluter Ausnahmefall eine Genehmigung in Betracht komme, geht daher von vornherein fehl; sie wäre mit der Eigentumsordnung des Grundgesetzes unvereinbar.
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Dementsprechend erweist sich etwa auch die zeitweise Verlagerung des Wohnsitzes im Winterhalbjahr in südliche Gefilde und die tage- oder auch wochenweise Zwischenvermietung der eigenen, in den Sommermonaten selbstgenutzten Wohnung auch über einen längeren Zeitraum als acht Wochen hinweg als zweckentfremdungsrechtlich vollkommen unbedenklich, denn diese Wohnung stünde dem allgemeinen Wohnungsmarkt niemals zur Verfügung; sie stünde allenfalls zeitweise leer und wird daher dem „Dauerwohnen“ nicht entzogen. Infolgedessen besteht kein Grund, sie der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis ihres Eigentümers zu entziehen. Das Zweckentfremdungsrecht erlaubt keine Wohnraumbewirtschaftung (vgl. BayVGH, B.v. 20.01.2021 - 12 N 20.1706 - juris, Rn. 42 m.w.N.).
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Nicht anders verhält es sich, wenn etwa eine für die eigene Pflegebedürftigkeit als Wohnraum für Dritte oder auch für den Besuch der eigenen (erwachsenen) Kinder vorgehaltene, ansonsten als Zweitwohnung mitbenutzte Einliegerwohnung eines selbstgenutzten Ein- oder Mehrfamilienwohnhauses für mehr als acht Wochen im Jahr zwischenvermietet wird. Auch eine solche Wohnung stünde allenfalls zeitweilig leer; sie wird jedoch dem „Dauerwohnen“ nicht entzogen. In all diesen Fällen ist auf Antrag eine Zweckentfremdungsgenehmigung zu erteilen.
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Gänzlich anders liegt es hingegen dann, wenn Personen nicht selbst bewohnte Wohngebäude oder Wohnungen in der Landeshauptstadt unterhalten und diese nicht dauerhaft, sondern zur Maximierung des Ertrags nur noch vorübergehend (gewerblich) als Ferienwohnungen für einen Zeitraum von mehr als acht Wochen im Jahr an ständig wechselnde Personen vermieten. Hier ist der Anwendungsbereich des Zweckentfremdungsrechts ohne jede Frage eröffnet, denn dieser Wohnraum wird dem „Dauerwohnen“ entzogen.
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2.5 Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt im vorliegenden Fall auch ein Überwiegen schutzwürdiger privater Belange der Klägerin im Sinne von § 6 Abs. 2 ZeS 2017 infolge des Eintritts einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung in Betracht. Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 22.4.1994 - 8 C 29.92 - BVerwGE 95, 341 = BeckRS 9998, 166807, Ls. 2 ff.) die Versagung der Zweckentfremdungsgenehmigung ursächlich und unausweichlich zu einer ernsthaften Existenzgefährdung führen und für diese Existenzgefährdung aufgrund einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls eine so überwiegende Wahrscheinlichkeit bestehen muss, dass ernstliche Zweifel an einem entsprechenden Kausalverlauf ausgeschlossen sind, ist dies jedenfalls nach den von der Klägerin im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens vorgelegten Unterlagen, wonach ihr ohne entsprechend Mieteinnahmen monatlich Einkünfte in Höhe von lediglich 400,- € verbleiben würden, zumindest nicht von vornherein auszuschließen. Soweit die Beklagte diesbezüglich die Auffassung vertritt, die Klägerin sei infolge eines Verstoßes gegen ihre „Mitwirkungspflicht“ im erstinstanzlichen Verfahren im Zulassungsverfahren mit neuem Tatsachenvortrag präkludiert, trifft dies nicht zu. Auch im Berufungszulassungsverfahren neu vorgetragene „alte“ Tatsachen und Beweismittel sind bei der Prüfung der Berufungszulassungsgründe zu berücksichtigen (vgl. hierzu ausführlich Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 86 ff., Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 20; Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 124 Rn. 27). Die Möglichkeit einer „Sanktionierung“ einer schuldhaften Verletzung der Prozessförderungspflicht im Verfahren erster Instanz kann allenfalls im Rahmen der Kostenentscheidung erfolgen (Seibert, a.a.O., Rn. 88; Happ, a.a.O.).
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3. Mithin hat die Klägerin durchgreifende ernstliche und zugleich auch offensichtliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts München im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegt, die nicht nur die Zulassung der Berufung, sondern zugleich auch die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids im anstehenden Rechtsmittelverfahren gebieten. Auf das Vorliegen der ebenfalls geltend gemachten besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kommt es daher nicht mehr an.
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Demgegenüber erweist sich der mit Schriftsatz vom 16. Juni 2019 gestellte Hilfsantrag als unzulässig. Eine derartige Klageänderung scheidet im Berufungszulassungsverfahren grundsätzlich aus (vgl. hierzu etwa Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 124a Rn. 57; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 225); sie bleibt einem Berufungsverfahren vorbehalten.
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Das vorliegende Zulassungsverfahren wird nunmehr als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 12 B 21.913 fortgesetzt. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Beklagten wird empfohlen, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben und einer für diesen Fall zu erwartenden Erledigungserklärung der Klägerin vorab zuzustimmen.