VG Regensburg, Gerichtsbescheid v. 02.12.2021 – RO 1 K 21.600
Titel:

Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BBG § 44, § 47 Abs. 2, § 48 Abs. 1
VwVfG § 41
VwZG § 8
Leitsätze:
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung der Dienstfähhigkeit ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. (Rn. 90) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt; dem Dienstherrn kommt hier kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)
3. Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht das von dem Beamten zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten), sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn; es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann (stRspr BVerwG BeckRS 2009, 34133). (Rn. 92) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Amtsarzt hat den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und ihn medizinisch zu bewerten, Aufgabe der Behörde und ggfs. des Gerichts ist es, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist; der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (stRspr BVerwG BeckRS 2014, 54341). (Rn. 94) (redaktioneller Leitsatz)
5. Je schwerwiegender eine Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Beamten sind (die Dienstunfähigkeit gleichsam auf der Hand liegt und für jeden offensichtlich ist), desto weniger ausführlich müssen die Feststellungen des Amtsarztes sein; wenn letztlich für die Behörde nur eine Entscheidung in Frage kommt, nämlich die der Feststellung der Dienstunfähigkeit, ist keine (bloß aus formalen Gründen) umfangreiche Stellungnahme des Amtsarztes mehr erforderlich. (Rn. 96) (redaktioneller Leitsatz)
6. Eine Suchpflicht besteht jedenfalls dann nicht, wenn feststeht, dass der Beamte generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist oder aber nach dem ärztlichen Gutachten nur noch eingeschränkt in einem Umkreis von 30 km vom Wohnort einsetzbar ist (ebenso BVerwG BeckRS 2014, 58665). (Rn. 122) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstunfähigkeit, Zurruhesetzung, anderweitige Verwendung, Suchpflicht, Amt im abstrakt-funktionellen Sinn, Amt im konkret-funktionellen Sinn, Grundsatz „Rehabilitation und Weiterverwendung vor Versorgung“, Beurteilungsspielraum, Amtsarzt
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 04.08.2022 – 6 ZB 22.17
Fundstelle:
BeckRS 2021, 56750

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Gerichtsbescheid ist in Ziffer II gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats Februar 2020.
2
Der am … geborene Kläger trat am 1. September 1987 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft in den Dienst der damaligen Deutschen Bundespost ein. Am 25. September 1991 wurde er zum Posthauptschaffner ernannt. Die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit wurde ihm mit Wirkung vom 24. Mai 1998 verliehen. Er stand zuletzt als Posthauptschaffner (BesGr. A 4 Z) im Dienst der Beklagten und war als Zusteller beim Zustellstützpunkt W. eingesetzt. Der Kläger ist schwerbehindert. Der Grad seiner Behinderung beträgt 50. Laut Bescheid des Amts für Versorgung und Familienförderung vom 16. Januar 2003 liegt beim Kläger u.a. eine stärker behindernde seelische Störung vor.
3
Nach einem Unfall mit seinem Dienstfahrzeug war der Kläger ab dem 17. Dezember 2010 bis zum 9. April 2011 krankgeschrieben. Wegen weiterer aus diesem Unfall resultierender Schmerzen in der linken Hand war er ab dem 12. Mai 2011 erneut krankgeschrieben. Vom 30. Mai bis zum 11. Juni 2011 arbeitete der Kläger im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme zwei Arbeitsstunden pro Tag. Vom 11. Juni bis zum 25. Juni 2011 arbeitete er vier Stunden am Tag. Vom 27. Juni bis 9. Juli 2011 hatte der Kläger Urlaub. Ab dem 11. Juli 2011 arbeitete der Kläger wieder in vollem Umfang, nachdem eine von ihm erbetene Verlängerung der Wiedereingliederungsmaßnahme von der Beklagten abgelehnt worden war.
4
Seit dem 16. Juli 2011 ist der Kläger ununterbrochen krankgeschrieben.
5
Am 29. Juli 2011 wurde der Kläger auf Veranlassung der Beklagten im MedCenter B. orthopädisch untersucht. Im Schreiben vom 1. August 2011 kam der untersuchende Orthopäde zu dem Ergebnis, dass nach eingehender Anamneseerhebung und körperlicher Untersuchung des Klägers aus fachorthopädischer Sicht Zweifel bestünden am Vorliegen einer ernsthaften Erkrankung, die die Einsatzfähigkeit des Klägers einschränke.
6
Seit September 2011 beruhen die Krankschreibungen des Klägers auf einer anhaltenden depressiven Störung.
7
Wegen der andauernden Erkrankung wurde der Kläger auf Veranlassung der Beklagten in der Vergangenheit mehrfach von dem Postbetriebsarzt auf seine Dienstfähigkeit untersucht. In dessen Gutachten vom 27. August 2012, 21. November 2012, 12. April 2013, 22. November 2013 und 14. Februar 2014 kam der Postbetriebsarzt jeweils zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar nicht dienstunfähig sei, jedoch weiterhin an einer depressiven Störung leide und eine Dienstaufnahme erst nach der Lösung des Arbeitsplatzkonflikts möglich erscheine. In seinem Gutachten vom 22. November 2013 stellte er außerdem fest, dass eine Arbeitsaufnahme in der Zustellung und sonstigen Arbeitsplätzen der Deutschen Post nicht zu erwarten sei.
8
Mit Schreiben vom 17. April 2014 legte der Kläger eine ärztliche Stellungnahme seines Nervenarztes Dr. R. vom 10. April 2014 vor. Laut dieser sei der Kläger grundsätzlich dienstfähig, wobei einem Einsatz die bekannten dienstrechtlichen Auseinandersetzungen entgegenstünden.
9
Hintergrund des angesprochenen Arbeitsplatzkonflikts war die Tatsache, dass seit dem 7. September 2011 ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger anhängig war. Gegen den Kläger wurde mit Disziplinarverfügung vom 6. Juni 2012 eine Geldbuße in Höhe von 100,- EUR verhängt. Nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens und Klageerhebung beim Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RO 10 B DB 12.1325) wurde vom Verwaltungsgericht Regensburg nach der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2014 die Disziplinarverfügung dahingehend abgeändert, dass gegen den Kläger wegen eines Dienstvergehens auf einen Verweis erkannt wurde. Mit Schriftsatz vom 18. März 2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung.
10
Unter dem 20. Mai 2014 wurde der Kläger zu einer erneuten Untersuchung durch den Postbetriebsarzt eingeladen. Der Untersuchungsauftrag wurde dem Kläger in der Anlage mitgeschickt. Dabei lag dem Auftrag sowohl die nervenärztliche Stellungnahme vom 10. April 2014 bei als auch die Information, dass die dienstrechtlichen Auseinandersetzungen sich innerhalb der nächsten sechs Monate nicht in der Gestalt regeln würden, dass sie sich im Sinne des Beamten niedergeschlagen würden. Es sei im Umkehrschluss davon auszugehen, dass keine Dienstaufnahme erfolgen werde. Sollte sich der Postbetriebsarzt den Ausführungen der nervenärztlichen Stellungnahme „grundsätzlich dienstfähig“ anschließen, werde um Mitteilung gebeten, bis wann spätestens mit einer Dienstaufnahme zu rechnen sei.
11
Der Postbetriebsarzt stellte unter dem 4. Juli 2014 fest: Es bestünden dauernde gesundheitliche Bedenken bezüglich der bisherigen Tätigkeit. Als wesentlichen Befund nannte er „Psyche: erheblich gedrückt“ und stellte die Diagnose „Anhaltende depressive Störung F33.1“. Er komme nunmehr zu dem Ergebnis, dass der Kläger seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Auch eine Teildienstfähigkeit sei für diese Tätigkeit nicht gegeben. Er könne nur noch unterhalbschichtig Arbeiten verrichten. Eine empfohlene Einsatzmöglichkeit wurde nicht genannt. Eine ausreichende Besserung und Arbeitsaufnahme innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu erwarten. Eine Nachuntersuchung in zwölf Monaten werde empfohlen.
12
Mit Schreiben vom 7. Juli 2014 kündigte die Beklagte dem Kläger an, dass sie beabsichtige, ihn wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, da mit einer Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit im Sinne des § 44 BBG nicht mehr gerechnet werden könne. Hierzu werde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
13
Die Schwerbehindertenvertretung wurde mit Schreiben vom 9. Juli 2014 um ihre Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 10. Juli 2014 erklärte die Schwerbehindertenvertretung, dass sie mit der beabsichtigten Maßnahme einverstanden sei.
14
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 3. September 2014 teilte der Kläger mit, dass er mit einer Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht einverstanden sei. Die Dienstunfähigkeit sei nicht im Sinne von § 48 Abs. 1 BBG festgestellt worden, da der Betriebsarzt nicht einem Amtsarzt gleichzusetzen sei. Die vorliegenden betriebsärztlichen Feststellungen seien deshalb nicht geeignet, eine Dienstunfähigkeit des Klägers zu belegen. Außerdem habe der Betriebsarzt mehrmals festgestellt, dass Aussicht bestehe, dass die Dienstfähigkeit des Klägers wiederhergestellt werden könne, wenn der innerdienstliche Konflikt gelöst werde. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Betriebsarzt in seiner letzten Begutachtung hiervon abweiche, obwohl sich weder am Gesundheitszustand des Klägers noch an den betrieblichen Rahmenbedingungen etwas geändert habe. Der Dienstherr habe nichts unternommen, um die von ihm verursachte Konfliktsituation zu lösen.
15
Unter dem 10. September 2014 und dem 4. November 2014 teilte der Postbetriebsarzt ergänzend mit, dass ausreichende Besserung und Dienstfähigkeit nicht zu erwarten sei, solange der Rechtsstreit nicht abgeschlossen sei. Mit der Beurteilung des Facharztes hätte er sich eingehend auseinandergesetzt, auch hier werde festgestellt, dass einem Einsatz die dienstrechtlichen Auseinandersetzungen entgegenstünden. Des Weiteren habe er bei seiner Begutachtung die Prognose der Niederlassung bezüglich der Dauer des Rechtsstreits zu Grunde gelegt und berücksichtigt. Innerhalb der vergangenen drei Jahre sei eine stufenweise Wiedereingliederung nicht möglich gewesen, weshalb er auch keine ausreichende Besserung für einen mindestens halbschichtigen Einsatz erwarte.
16
Mit Bescheid vom 23. Dezember 2014, zugestellt am 24. Dezember 2014, wurde der Kläger gem. § 47 Abs. 2 BBG wegen dauernder Dienstunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG) in den Ruhestand versetzt, nachdem die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 nach Prüfung der Rechtmäßigkeit gemäß § 16 BAPostG keine Einwände erhob. Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch erhoben.
17
Mit Schreiben vom 21. Juli 2015 teilte der für Disziplinarsachen zuständige Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Az. 16b DZ 14.691) der Beklagten mit, dass der Senat dazu neige, die Berufung zuzulassen. Der Senat gehe davon aus, dass dem Kläger kein - jedenfalls gravierender - Pflichtenverstoß vorzuwerfen sei, sodass eine Disziplinarmaßnahme zur Pflichtenmahnung nicht angezeigt erscheine, zumal es sich um einen einmaligen Vorgang gehandelt habe. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger zwischenzeitlich in den Ruhestand versetzt worden sei, werde angeregt, die Disziplinarverfügung aufzuheben. Dies erfolgte mit Schreiben der Niederlassung Brief B. vom 9. September 2015. Mit Beschluss vom 25. September 2015 wurde das Verfahren eingestellt, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 11. und 24. September 2015 das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärten.
18
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2015 wurde der Widerspruch gegen den Zurruhesetzungsbescheid vom 23. Dezember 2014 zurückgewiesen. Es stehe außer Frage, dass der Kläger die zeitlichen Voraussetzungen des Tatbestands des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG erfülle. Der Kläger habe mehr als drei Jahre und damit innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan. Nach den übereinstimmenden Diagnosen des Postbetriebsarztes und dem von Kläger beauftragten Nervenarzt leide der Kläger an einer depressiven Störung, die diesen jedenfalls solange an der Erbringung seines Dienstes hindere, wie der zwischen ihm und seinem Dienstherrn geführte Rechtsstreit nicht beendet sei. Es bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit des postbetriebsärztlichen Gutachtens vom 4. Juli 2014, da ein Ende der Auseinandersetzung bezogen auf die Disziplinarklage nicht erkennbar gewesen sei.
19
Über die gegen den Zurruhesetzungsbescheid vom 23. Dezember 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2015 erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2018 entschieden. Der Bescheid vom 23. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2015 wurde aufgehoben. Es sei bereits fraglich, ob im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung die Prognose, dass keine Aussicht bestehe, dass die Dienstfähigkeit des Klägers innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll hergestellt sei, gerechtfertigt gewesen sei. Jedenfalls sei die Beklagte ihrer Suchverpflichtung bezüglich eines anderweitigen Einsatzes nicht in genügendem Maße nachgekommen. Der Bescheid der Beklagten sei mithin materiell rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weshalb er aufzuheben sei, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
20
Im Nachgang zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2018 wurde der Kläger persönlich mit Schreiben vom 16. April 2018 zu einem Mitarbeitergespräch am 23. April 2018 in der Niederlassung Brief B. eingeladen, an dem der Kläger nach einer vorherigen entsprechenden Mitteilung im Hinblick auf seine nach wie vor bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht teilnahm.
21
Der Klägervertreter monierte mit Schreiben vom 23. April 2018, dass die Einladung zu dem Personalgespräch an den Kläger persönlich gesandt wurde. Der Kläger werde nach wie vor anwaltlich vertreten, so dass die Korrespondenz ausschließlich mit seiner Kanzlei zu führen sei.
22
Mit Schreiben vom 8. Mai 2018, dem Kläger persönlich zugestellt per PZU, wurde der Kläger über den Auftrag für eine ärztliche Eignungsuntersuchung an den betriebsärztlichen Dienst der D2. P. AG vom gleichen Tag in Kenntnis gesetzt und zum Untersuchungstermin am 23. Mai 2018, 9:00 Uhr, in der Betriebsarztpraxis in R.g geladen. Diesen Untersuchungstermin nahm der Kläger im Hinblick auf eine „größere medizinisch nicht aufschiebbare Behandlung beim Zahnarzt“ nicht wahr. Dies wurde dem betriebsärztlichen Dienst durch ein Telefax des Klägervertreters vom 23. Mai 2018 um 8:27 Uhr mitgeteilt.
23
Mit Schreiben vom 15. Juni 2018, sowohl dem Kläger persönlich als auch dem Klägervertreter zugestellt, wurde dem Kläger gegenüber eine ärztliche Untersuchung nach § 44 Abs. 6 BBG angeordnet und als Termin für die Dienstunfähigkeitsuntersuchung der 22. Juni 2018 um 9:30 Uhr bestimmt. Dem Schreiben war ein Untersuchungsauftrag zur Anordnung/Aufforderung zur Dienstunfähigkeitsuntersuchung gemäß §§ 44, 45,47, 48,49 BBG an den betriebsärztlichen Dienst der D. P. AG beigefügt, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Der anberaumte Untersuchungstermin am 22. Juni 2018 wurde auf Bitten des Klägervertreters wegen des derzeit schlechten Gesundheitszustands des Klägers auf den 3. Juli 2018 um 10:00 Uhr verschoben.
24
Mit Schreiben des Postbetriebsarztes Dr. S. vom 20. Juli 2018 wurde der D2. P. AG, Niederlassung Brief B., mitgeteilt, dass aufgrund der Untersuchung am 3. Juli 2018 und der Vorgeschichte eine nervenärztliche Begutachtung für notwendig gehalten werde, um die Dienst- und Einsatzfähigkeit des Beamten zutreffend beurteilen zu können. Als Fachgutachter werde Frau Dr. K., empfohlen. Die für erforderlich gehaltene fachärztliche Zusatzbegutachtung könne dort am 23. August 2018 um 10:00 Uhr erfolgen.
25
Mit Schreiben vom 24. Juli 2018, sowohl dem Kläger persönlich als auch dem Klägervertreter zugestellt, wurde der Kläger von der Erforderlichkeit der Einholung einer fachärztlichen Zusatzbegutachtung in Kenntnis gesetzt und gebeten, sich am 23. August 2018 um 10:00 Uhr zu dieser fachärztlichen Zusatzbegutachtung in der Praxis für Neurologie und Psychiatrie, Frau Dr. K., vorzustellen.
26
Mit Schreiben des Klägervertreters vom 20. August 2018 teilte dieser mit, dass der Kläger mit einer Begutachtung durch die vorgeschlagene Fachärztin nicht einverstanden sei und schlug einen anderen Gutachter vor.
27
Mit Schreiben vom 21. August 2018 wurde der Klägervertreter unter Hinweis auf etwaige dienstrechtliche Konsequenzen darauf hingewiesen, dass der Kläger beamtenrechtlich verpflichtet sei, den Termin am 23. August 2018 bei Frau Dr. K. wahrzunehmen. Es bleibe dem Kläger selbstverständlich unbenommen, neben der beigezogenen Fachgutachterin einen Facharzt seiner Wahl aufzusuchen und eine Begutachtung durchführen zu lassen.
28
Der Kläger hat die für den Gutachtenauftrag an Frau Dr. K. erforderliche Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht erteilt und ist zum geplanten Begutachtungstermin am 23. August 2018 nicht erschienen. Mit Schreiben des Klägervertreters vom 4. September 2018 wurde mitgeteilt, dass der Termin nicht wahrgenommen worden sei, weil Bedenken bestünden, dass die Gutachterin ihre Begutachtung nach rein objektiven Gesichtspunkten durchführe. Der Kläger wisse aus verlässlicher Quelle, dass die fachliche Qualität der Gutachten der Fachärztin sehr zweifelhaft sei.
29
Mit Schreiben vom 17. September 2018 wurde der Klägervertreter nochmals darauf hingewiesen, dass der Kläger beamtenrechtlich gemäß § 44 Abs. 6 BBG verpflichtet sei, die angeordnete ärztliche Untersuchung bei Frau Dr. K. wahrzunehmen. Die geäußerten Bedenken an der fachlichen Qualifikation und Neutralität der Ärztin seien unerheblich. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass der Kläger im Falle der pflichtwidrigen Nichtteilnahme an dem Termin mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen habe.
30
Mit Schreiben vom 17. September 2018 wurde gegen den Kläger wegen des Nichterscheinens zur fachärztlichen Untersuchung am 23. August 2018 ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
31
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2018, sowohl dem Kläger persönlich als auch dem Klägervertreter zugestellt, wurde der Kläger über die Anordnung einer fachärztlichen Zusatzbegutachtung am 25. Oktober 2018 in der Praxis für Neurologie und Psychiatrie von Frau Dr. K. in Kenntnis gesetzt.
32
Das nach der Untersuchung am 25. Oktober 2018 erstellte Psychiatrische Zusatzgutachten vom 25. November 2018 kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass auf psychiatrischem Fachgebiet derzeit keine Diagnose mehr gestellt werden könne. In der Annahme einer früheren depressiven Störung sei von einer Remission auszugehen. Ohne den Nachweis einer seelischen Störung ergäben sich derzeit keine hervorgehobenen Leistungseinschränkungen. Es sei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen. In der Annahme einer früheren seelischen Störung sollten zur Verhinderung einer erneuten Symptomatik qualitative Leistungseinschränkungen berücksichtigt werden, zum Beispiel Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die interpersonelle Kompetenz und Konfliktfähigkeit sollten vermieden werden. Weitere stützende Gespräche, insbesondere zur Verhinderung einer Exacerbation einer psychischen Störung seien sinnvoll. Psychische Störungen hätten in der Regel eine multifaktorielle Genese. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich erhebliche Belastungen negativ auf die Befindlichkeit auswirkten. Insofern könne nicht ausgeschlossen werden, dass die letzten Arbeitsbedingungen, mit denen der Kläger konfrontiert gewesen sei und die er negativ verarbeitet habe, zu einer erneuten Exacerbation erheblicher psychischer Störungen führen könnten. Es werde vorgeschlagen, den Kläger an einem anderen Ort einzusetzen. Ein Umzug an einen anderen Dienstort werde nicht vorgeschlagen. Dies deswegen nicht, als eine Änderung des Lebensbereichs für ihn und die Familie eine Verschlechterung der Symptomatik generieren könnte. Eine Pendelstrecke von +/- 50 km einfache Strecke werde für realistisch gehalten.
33
Auf die Anforderung der Beklagten vom 17. Dezember 2018 hin wurden die tragenden medizinischen Gründe für das Gutachten vom 14. Dezember 2018 der Betriebsarztpraxis Dr. S. mitgeteilt. Darin ist zur Vorgeschichte Folgendes aufgeführt: „Über mehrere Jahre bestand eine psychische Erkrankung, die sich derzeit in Remission befindet. Dies wurde am 25. Oktober 2018 durch ein externes Fachgutachten bestätigt.“ Wesentliche Befunde: „Derzeit keine, die ehemals vorhandenen psychischen Störungen befinden sich in Remission.“ Diagnose: „F 32.9 seelische Störung, derzeit in Remission; Z56 Kontaktanlässe mit Bezug auf das Berufsleben“. Ergänzende Angaben: „Zur Aufrechterhaltung des erreichten Gesundheitszustandes sollte kein weiterer Einsatz bei der bisherigen Niederlassung erfolgen, der Dienstort maximal ca. 50 km vom Wohnort entfernt liegen, kein beruflich bedingter Umzug erforderlich sein und Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die interpersonelle Kompetenz und Konfliktfähigkeit vermieden werden.“
34
Im Januar 2019 wurde daraufhin für den Kläger eine Unterbringungsprüfung bei anderen Niederlassungen nach §§ 44, 45 BBG, im Rahmen der Zuweisung bei Tochter-, Enkel-, Beteiligungs- oder Drittunternehmen nach § 4 Abs. 4 PostPersRG, gegebenenfalls im Rahmen weiterer Prüfungen, eingeleitet. Bei der Unterbringungsprüfung sei das auf Blatt 115, Heft 1, des Zurruhesetzungsvorgangs enthaltene medizinische Gesamtleistungsbild vom 14. Dezember 2018 berücksichtigt worden. Darin ist unter Nummer 4 folgendes ergänzendes Gesamtleistungsbild beschrieben: „1. Um die Remission nicht zu gefährden, soll der Kläger nicht bei der bisherigen Niederlassung eingesetzt werden; ein Einsatz bei einer anderen Niederlassung der D2. P. AG und einer anderen Behörde ist möglich, 2. des Weiteren sollte der Dienstort innerhalb von 50 km zum Wohnort liegen, 3. ein Umzug ist nicht möglich, weil eine Änderung des Lebensbereiches den Erhalt des erreichten Gesundheitszustandes gefährden könnte, 4. und Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die interpersonelle Kompetenz und Konfliktfähigkeit sind zu vermeiden.“
35
Nach einer Mitteilung der Niederlassung Multikanalvertrieb, W., vom 6. März 2019 könne der Kläger bei der Niederlassung Multikanalvertrieb im Bereich Versand untergebracht werden. Auf Blatt 120 f. des Zurruhesetzungsvorgangs, Heft 1, wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
36
Mit Schreiben vom 28. März 2019 wurde der Klägervertreter über die geplante Abordnung des Klägers mit dem Ziel der Versetzung zur Niederlassung Multikanalvertrieb in W. für drei Monate ab dem 1. Mai 2019 in Kenntnis gesetzt.
37
Mit Schreiben des Klägervertreters vom 8. April 2019 wandte sich dieser nachdrücklich gegen die beabsichtigte Abordnung zu Niederlassung Multikanalvertrieb W., nachdem dieser Betriebsteil ebenfalls zur D2. P. AG gehöre und damit dem gleichen Personalapparat unterstehe, zu dem der Kläger keinerlei Vertrauensbasis mehr bilden könne. Die beauftragte Neurologin sei in ihrem Gutachten vom 25. November 2018 zu dem Ergebnis gekommen, dass sie den Einsatz an einem anderen Ort empfehle. Man könne nicht ausschließen, dass es bei dem Kläger zu erneuten erheblichen psychischen Störungen komme, wenn er mit den letzten Arbeitsbedingungen wieder konfrontiert werde. Mit einem „anderen Ort“ könne nur gemeint sein, dass dies ein Arbeitsplatz außerhalb des Postkonzerns sein müsse. Die Beklagte werde daher aufgefordert, für den Kläger eine anderweitige Stelle bei einer Bundesbehörde im Umkreis von 50 km vom Wohnort des Klägers zu suchen. Hierzu wurde eine nervenärztliche Stellungnahme von Herrn Dr. med. F., Nervenarzt, vom 4. April 2019 vorgelegt, wonach ein beruflicher Einsatz bei der Post oder einer Tochterfirma nicht denkbar sei bei zerstörtem Vertrauensverhältnis.
38
Mit Schreiben vom 12. April 2019, dem Kläger persönlich und dem Klägervertreter zugestellt, wurde eine erneute ärztliche Untersuchung nach § 44 Abs. 6 BBG angeordnet und der Kläger wurde aufgefordert, sich am 26. April 2019 um 10:00 Uhr zu einer Dienstunfähigkeitsuntersuchung in der Betriebsarztpraxis Dr. S. in Regensburg einzufinden. Dem Schreiben war ein Untersuchungsauftrag zur Anordnung/Aufforderung zur Dienstunfähigkeitsuntersuchung gemäß §§ 44, 45,47, 48,49 BBG an den betriebsärztlichen Dienst der D. P. AG vom 12. April 2019 beigegeben, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
39
Mit Schreiben vom 29. April 2019 teilte der Klägervertreter mit, dass der Kläger den Untersuchungstermin am 26. April 2019 nicht habe wahrnehmen können, weil er über die Osterfeiertage verreist gewesen sei. Die Dienstunfähigkeitsuntersuchung wurde daher verschoben auf den 13. Mai 2019 um 9:30 Uhr.
40
Nachdem das Schreiben mit der Terminverschiebung sowohl dem Klägervertreter als auch dem Kläger persönlich erst am 9. Mai 2019 zugestellt wurde, lehnte der Kläger es ab, den Untersuchungstermin am 13. Mai 2019 wahrzunehmen. Dies wurde der Beklagten mit Schreiben des Klägervertreters vom 10. Mai 2019 mitgeteilt.
41
Daraufhin wurde die Dienstunfähigkeitsuntersuchung mit Schreiben vom 13. Mai 2019 auf den 29. Mai 2019 um 10:00 Uhr verschoben.
42
Mit Schreiben vom 13. Mai 2019 teilte der Klägervertreter der Beklagten mit, dass er eine weitere ärztliche Untersuchung beim Betriebsarzt nicht für erforderlich halte. Für den Kläger sei nicht nachvollziehbar, welche zusätzlichen medizinischen Erkenntnisse eine weitere Untersuchung bringen solle. Die Beklagte sei verpflichtet, bei einer anderen Behörde außerhalb der D2. P. AG nach einer anderweitigen Verwendung für den Kläger zu suchen. Die Beklagte werde aufgefordert, dieser Verpflichtung endlich nachzukommen und den Kläger nicht ständig mit weiteren sinnlosen Nachuntersuchungen zu behelligen.
43
Mit Schreiben vom 20. Mai 2019 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er nach § 44 Abs. 6 BBG beamtenrechtlich verpflichtet sei, sich nach Weisung der Niederlassung untersuchen zu lassen und so an der Feststellung seines Gesundheitszustandes mitzuwirken. Es obliege nicht dem Kläger darüber zu entscheiden, ob eine Untersuchung notwendig und erforderlich sei und auch nicht, von welchem Postbetriebsarzt diese Untersuchung vorgenommen werde. Sollte der Kläger der erneuten Untersuchungsanordnung nicht nachkommen und der Untersuchung am 29. Mai 2019 unentschuldigt fernbleiben, werde ein weiteres Disziplinarverfahren eröffnet bzw. das bereits vorliegende Disziplinarverfahren erweitert.
44
Der gegen diese Untersuchungsaufforderung am 22. Mai 2019 bei Gericht eingereichte Antrag gemäß § 123 VwGO wurde im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2019, wonach Untersuchungsanordnungen nicht isoliert anfechtbar seien (2 VR 5/18), zurückgenommen und das Verfahren wurde daraufhin mit Beschluss vom 24. Mai 2019 (RO 1 E 19.947) eingestellt.
45
Mit Schreiben vom 29. Mai 2019 teilte der Betriebsarzt Dr. S. der Beklagten mit, dass er aufgrund der Vorgeschichte und der Untersuchung vom 29. Mai 2019 eine nervenärztliche Begutachtung für notwendig halte, um die Dienstund Einsatzfähigkeit des Beamten zutreffend beurteilen zu können. Er empfehle eine fachärztliche Zusatzbegutachtung durch Frau Dr. K., die am 8. Juli 2019 erfolgen könnte. Die tragenden Gründen zum Untersuchungsauftrag von Herrn Dr. S. vom 31. Juli 2019 enthalten folgende Prognose: „Zur Gewährleistung des derzeitigen Gesundheitszustandes ist das medizinische Gesamtleistungsbild zu beachten. Eine Weiterbeschäftigung im Konzern Deutsche Post DHL ist auf absehbare Zeit nicht möglich“. Die tragenden Gründe enthalten folgende ergänzende Angaben: „Zur Aufrechterhaltung des erreichten Gesundheitszustandes sollte kein weiterer Einsatz beim Konzern DP DHL erfolgen, der Dienstort maximal ca. 30 km vom Wohnort entfernt liegen, kein beruflich bedingter Umzug erforderlich sein und Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die interpersonelle Kompetenz und Konfliktfähigkeit sowie Führungsaufgaben vermieden werden“.
46
Mit Schreiben der Beklagten vom 5. Juni 2019, dem Kläger persönlich und dem Klägervertreter zugestellt, wurde dem Kläger gegenüber eine fachärztliche Zusatzbegutachtung am 8. Juli 2019 angeordnet.
47
Das Psychiatrische Gutachten von Frau Dr. K. vom 8. Juli 2019 kommt zu dem Ergebnis, dass der psychische Querschnittsbefund objektiv nicht stärker auffällig sei. Das Gespräch sei geprägt gewesen von den als Kränkung und Belastung erlebten Konfliktsituationen mit dem Arbeitgeber. Die zur Verfügung stehenden Informationen und Untersuchungsbefunde seien nicht ausreichend, um auf psychiatrischem Fachgebiet sicher eine Diagnose zu stellen. Auf der Grundlage der Befunde und Vorberichte sei unverändert von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen, auch könnten gelegentlich Überstunden erbracht werden. Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit wie Nachtschicht, Zeitdruck, Führungsaufgaben würden nicht empfohlen. Grundsätzlich bestehe Einsatzfähigkeit als Bundesbeamter entsprechend der Bildung, Ausbildung und entsprechend der genannten Funktionseinschränkungen. Eine Entfernung Wohnung-Arbeit werde bis 30 km als angemessen eingeschätzt. Ein Umzug an einen anderen Dienstort werde als nicht zumutbar eingeschätzt. Insgesamt hätten sich bei Beantwortung der Fragen im Vergleich zum Vorgutachten keine entscheidenden Änderungen ergeben. Auch wenn nur wenige Fremdberichte über den Verlauf vorlägen und vorrangig die Angaben des Klägers zur Beurteilung führten, sei davon auszugehen, dass eine weitere Beschäftigung des Klägers aufgrund der zerrütteten Interaktion zwischen Arbeitgeber - Konzern DP DHL - und Kläger bei diesem Konzern als nicht mehr aussichtsreich eingeschätzt werde. Es werde die Verwendung bei einer anderen Behörde als notwendig erachtet.
48
Mit Schreiben vom 19. September 2019 wurde der Betriebsarzt Dr. S. gebeten, das Gutachten vom 31. Juli 2019 zu konkretisieren.
49
Daraufhin teilte der Betriebsarzt mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 mit, dass sich die Wiederherstellung der vollen tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit des Klägers auf einen Einsatz außerhalb des Konzerns D1. P. AG beziehe.
50
Mit E-Mail vom 17. September 2019 wurde unter Hinweis auf das medizinische Gesamtleistungsbild vom 31. Juli 2019 die Prüfung einer anderweitigen Verwendung des Klägers nach §§ 44, 45 BBG eingeleitet. Die E-Mail mit der Unterbringungsprüfung nach den §§ 44, 45 BBG sowie Zuweisung nach § 4 Abs. 4 PostPersRG wurde an die auf Blatt 24 bis 27, Zurruhesetzungsvorgang Heft 2, aufgelisteten Organisationseinheiten mit der Bitte um Prüfung weitergeleitet. Auf die Antwort-Emails (Blatt 36-97 Zurruhesetzungsvorgang Heft 2) wird verwiesen.
51
Nachdem die Unterbringungsprüfung dort keine anderweitige Verwendungsmöglichkeit des Klägers ergab, wurde das Verfahren fortgesetzt und eine Unterbringungsprüfung an diverse Bundesbehörden weitergeleitet. Auf die Anfragen an die Bundesbehörden und die jeweiligen Antworten auf die Unterbringungsanfrage (Blatt 17-130 des Zurruhesetzungsvorgangs Heft 3, Blatt 210-341 Band 6 Zurruhesetzung, Widerspruchsverfahren) wird Bezug genommen.
52
Eine Überprüfung von geeigneten Einsatzmöglichkeiten intern und extern sowie bei Bundesbehörden bezogen auf das bestehende Restleistungsvermögen des Klägers erbrachte keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger.
53
Daher wurde mit Schreiben vom 20. November 2019 die gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand angekündigt. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG sei ein Beamter in den Ruhestand zu versetzen, wenn er zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sei. Der Kläger sei seit 16. Juli 2011 dienstunfähig erkrankt. Der Kläger sei weiterhin dienstunfähig, insbesondere weil er sich aufgrund der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zur D2. P. AG nicht in der Lage sehe, seinen Dienst wieder aufzunehmen. Eine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit sei nur durch eine Verwendung außerhalb des Postkonzerns abwendbar. Eine Überprüfung von geeigneten Einsatzmöglichkeiten intern und extern bezogen auf das Restleistungsvermögen des Klägers auch bei anderen Organisationseinheiten innerhalb der Deutschen Post habe ergeben, dass keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger gefunden habe werden können. Auch eine Prüfung der Unterbringung bei Bundesbehörden sei ergebnislos verlaufen. Daher werde die Versetzung des Klägers in den Ruhestand gemäß § 44 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 2 BBG eingeleitet, die voraussichtlich mit Ende des Monats Januar 2020 erfolgen solle. Es werde Gelegenheit gegeben, zu der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand gemäß § 47 Abs. 2 BBG binnen eines Monats nach Zustellung des Schreibens Einwendungen zu erheben. Nach Ablauf der einmonatigen Einwendungsfrist werde für den Fall, dass bis dahin keine Einwendungen erhoben worden seien, die Versetzung in den Ruhestand zu dem genannten Zeitpunkt verfügt. Das Schreiben wurde ausweislich der sich in den Akten befindlichen PZU (Blatt 135 des Zurruhesetzungsvorgangs, Heft 3) am 22. November 2019 dem Klägervertreter zugestellt durch Übergabe unter der Zustellanschrift an einen dort Beschäftigten. Ausweislich des Entwurfs des Schreibens vom 20. November 2019 wurde eine Abschrift des Schreibens an den Kläger persönlich gesandt.
54
Die Schwerbehindertenvertretung wurde mit Schreiben vom 5. Dezember 2019 über die beabsichtigte Versetzung des Klägers in den Ruhestand gemäß § 44 BBG informiert und um Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 teilte die Vertrauensperson der Schwerbehinderten mit, dass gegen die Zurruhesetzung des Klägers keine Einwendungen erhoben würden.
55
Der Klägervertreter teilte mit Schreiben vom 17. Januar 2020 mit, dass der Kläger keine Zurruhesetzung anstrebe. Die D1. P. AG sei der Verpflichtung zur Suche nach einer Stelle für den Kläger bei einer anderen Bundesbehörde nicht ausreichend nachgekommen.
56
Mit Schreiben vom 29. Januar 2020 wurde der Klägervertreter darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Zurruhesetzung weiter verfolgt werde. Der Kläger habe innerhalb der einmonatigen Einwendungsfrist nach Zugang des Schreibens vom 22. November 2019 keine Einwendungen erhoben.
57
Die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation D BP erhob mit Schreiben vom 18. Februar 2020 gemäß § 14 BAPostG i.V.m. § 1 Abs. 6 PostPersRG keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers.
58
Die Beklagte versetzte den Kläger mit Bescheid vom 24. Februar 2020 gemäß § 47 Abs. 2 BBG wegen dauernder Dienstunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG) mit Ablauf des Monats Februar 2020 in den Ruhestand. Nachdem gegen die mit Schreiben vom 20. November 2019 angekündigte Versetzung in den Ruhestand Einwendungen erhoben worden seien, die mit Schreiben vom 29. Januar 2020 zurückgewiesen worden seien und für das vorhandene Restleistungsvermögen des Klägers weder in der Niederlassung Betrieb noch nach der erfolgten externen Prüfung der anderweitigen Verwendung eine Einsatzmöglichkeit gefunden haben werde können, werde der Kläger gemäß § 47 Abs. 2 BBG wegen dauernder Dienstunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG) in den Ruhestand versetzt. Der Ruhestand beginne nach § 47 Abs. 4 BBG mit dem Ende des Monats, in dem dieser Bescheid zugehe. Das sei mit Ablauf des Monats Februar 2020. Der Bescheid wurde dem Kläger persönlich ausweislich der sich in den Akten befindlichen PZU (Blatt 58/59 Band 6 Widerspruchsverfahren) zugestellt durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten, nachdem eine Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung nicht möglich war. Außerdem wurde er dem Klägervertreter am 26. Februar 2020 durch Übergabe in den Geschäftsräumen an eine dort Beschäftigte zustellt (Blatt 60/61 Band 6 Widerspruchsverfahren).
59
Der Klägervertreter legte mit Schreiben vom 11. März 2020, per Telefax eingegangen am gleichen Tag, Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass der Kläger nach den Feststellungen des Postbetriebsarztes bei einer Beschäftigung außerhalb des Postkonzerns dienstfähig sei. Daher komme eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nicht in Betracht. Die gesetzlich vorgeschriebenen Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung seien nicht ausgeschöpft worden. Die insoweit durchgeführten Prüfungen seien unvollständig und deshalb rechtlich fehlerhaft.
60
Im Hinblick auf den erhobenen Widerspruch wurde der Kläger gemäß § 44 Abs. 6 BBG mit Schreiben vom 16. Juli 2020, sowohl dem Kläger persönlich als auch dem Klägervertreter zugestellt, zu einer Dienstunfähigkeitsuntersuchung in der Betriebsarztpraxis am 31. Juli 2020 aufgefordert. Dem Schreiben war ein Untersuchungsauftrag zur Anordnung/Aufforderung zur Dienstunfähigkeitsuntersuchung gemäß §§ 44, 45, 47, 48, 49 BBG beigegeben, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Dieser Termin wurde im Nachgang verschoben auf den 2. September 2020.
61
Nach Mitteilung des Postbetriebsarztes nahm der Kläger den Untersuchungstermin am 2. September 2020 mit der Begründung nicht wahr, er hätte Magenschmerzen. Es wurde ein erneuter Termin am 11. September 2020 angesetzt, zu dem am 7. September 2020 eingeladen wurde. Auch diesen Termin nahm der Kläger mit der Begründung nicht wahr, die Ankündigung wäre zu kurzfristig gewesen und der Weg nach N. sei zu weit. Ein erneuter Untersuchungstermin wurde für den 8. Oktober 2020 festgesetzt. Zu dem Termin am 8. Oktober 2020 ist der Kläger zwar erschienen, er weigerte sich allerdings die vorgeschriebene Mund-Nasenbedeckung in der Praxis zu tragen. Eine Untersuchung bei geöffnetem Fenster lehnte der Kläger ebenso ab wie ein Gespräch mit dem Postbetriebsarzt Dr. K. im Freien. Daraufhin wurde ein weiterer Untersuchungstermin am 9. Dezember 2020 angeordnet. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2020 teilte der Klägervertreter daraufhin mit, dass der Kläger in Anbetracht der aus seiner Sicht diskriminierenden Behandlung des Postbetriebsarztes Dr. K. bei dem geplanten Termin am 8. Oktober 2020 nicht bereit sein werde, sich von diesem untersuchen zu lassen.
62
Mit Schreiben vom 30. März 2021 wurde gegen die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit Bescheid vom 24. Februar 2020 Klage erhoben. Die Klage sei als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO auch vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens zulässig, da seit Einlegung des Widerspruchs mittlerweile mehr als ein Jahr vergangen sei. Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Der Bescheid verstoße gegen § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG. Der Kläger sei weiterhin dienstfähig, wenn er amtsangemessen als Bundesbeamter außerhalb der D2. P. AG beschäftigt werde. Grundsätzlich gebe es im wohnortnahen Bereich des Klägers mehrere Bundesbehörden, die den Kläger aufnehmen und entsprechend im Verwaltungsdienst umschulen könnten. Der Kläger sei Vater dreier minderjähriger Kinder. Ihm gehe es darum, seinen Dienst bei einer Bundesbehörde außerhalb der D2. P. AG fortsetzen zu können.
63
Der Kläger beantragte zunächst:
Der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2020 wird aufgehoben.
64
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2021 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Soweit der Kläger moniere, die Prüfung der anderweitigen Verwendung des Klägers sei unvollständig und damit fehlerhaft erfolgt, seien Ausführungen dazu, worin die Unzulänglichkeit und Unvollständigkeit der Unterbringungsprüfung bestanden haben solle, nicht erfolgt, obwohl umfassende Akteneinsicht in sämtliche Verwaltungsvorgänge einschließlich der Unterbringungsprüfung und des dialogischen Verfahrens gewährt worden sei. Da für den Beamten weder innerhalb der Niederlassung Betrieb N. noch bei anderen Organisationseinheiten der D1. P. AG bundesweit eine Unterbringungsmöglichkeit gefunden worden sei und der Kläger aufgrund der gutachterlichen Feststellungen für eine Tätigkeit bei der D2. P. AG und ihren Töchtern dienstunfähig sei und eine Tätigkeit auch nach eigenen Aussagen des Klägers nicht in Betracht komme, sei die Durchführung des dialogischen Verfahrens (Unterbringungsprüfung bei Bundesbehörden) mit Schreiben vom 6. September 2019 bei der Zentrale der D2. P. AG beauftragt worden. Dabei seien 197 Bundesbehörden angeschrieben worden; eine Unterbringungsmöglichkeit für den Kläger habe sich nicht ergeben. Das dialogische Verfahren sei am 28. Oktober 2019 abgeschlossen worden. Eine anderweitige Verwendung bei einer Bundesbehörde habe ebenfalls nicht gefunden werden können. Ein großer Teil der Bundesbehörden habe keine Planstellen im einfachen Dienst, bei anderen Bundesbehörden stehe aktuell und in absehbarer Zeit kein Dienstposten im einfachen Dienst zur Verfügung oder ein Einsatz in Bundesbehörden scheide aufgrund der eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten des Klägers aus. Der Kläger sei anderweitig nicht verwendbar. Die Unterbringungsprüfungen seien ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine anderweitige Verwendung habe für den Kläger nicht gefunden werden können. Dienstunfähigkeit liege dann vor, wenn der Beamte die Pflichten keines der für sein statusrechtliches Amt vorgesehenen Dienstpostens mehr erfüllen könne und auch eine anderweitige Verwendung nicht möglich sei. Die erfolgten Unterbringungsprüfungen hätten ergeben, dass eine Beschäftigung des Klägers weder im bisherigen oder einem anderen Tätigkeitsbereich seines Amtes noch in einem anderen Amt, auch einer anderen Laufbahn, nicht mit einer geringerwertigen Tätigkeit, nicht mit reduzierter Wochenarbeitszeit im Rahmen der begrenzten Dienstfähigkeit und nicht nach § 44 Abs. 4 BBG in einer neuen Laufbahn möglich sei. Die Zurruhesetzung sei zu Recht erfolgt, da der Beamte dauernd dienstunfähig nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG sei. Das Zurruhesetzungsverfahren sei ordnungsgemäß und frei von Rechtsfehlern durchgeführt worden. Der Kläger habe sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens beharrlich geweigert, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen und damit die Erstellung eines aktuellen medizinischen Gutachtens zu ermöglichen. Daher sei eine erneute anonymisierte Verwendungsprüfung des Klägers im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit einem aktualisierten medizinischen Gesamtleistungsbild nicht möglich gewesen. Der Beamte sei nach § 44 Abs. 6 BBG verpflichtet, sich nach Weisung der Behörden untersuchen zu lassen. Komme der Beamte einer Untersuchungsanordnung nicht nach, verletze er seine Dienstpflicht aus § 44 Abs. 6 BBG. Der Kläger habe sich an vier anberaumten Untersuchungsterminen beharrlich ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe verweigert, an der Begutachtung durch den ordnungsgemäß beauftragten und zuständigen Betriebsarzt mitzuwirken. Einzig aufgrund der fortdauernden Verweigerungshaltung sei dem Dienstherrn eine erneute betriebsärztlichen Begutachtung unmöglich gemacht worden. Der Kläger habe mehrere Untersuchungstermine nicht wahrgenommen und sodann Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 16. November 2020 bis 29. März 2021 vorgelegt, um weiteren Untersuchungsterminen zu entgehen. Nach eigener Aussage wäre der Kläger einer weiteren Untersuchungsanordnung ebenfalls nicht mehr nachgekommen. Die Folgen der Verweigerung einer rechtmäßig angeordneten ärztlichen Untersuchung seien nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, jedoch könne bei einer rechtsgrundlosen Verweigerung einer solchen Untersuchung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz die Verweigerung zum Nachteil des Betroffenen gewertet und auf die fehlende Dienstfähigkeit geschlossen werden, wenn der Betroffene durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindere. Die D1. P. AG habe alles ihr Mögliche unternommen, um im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine aktuelle medizinische Aussage zu Gesundheitszustand und Leistungsvermögen des Klägers zu erhalten. Allein die Tatsache, dass der Kläger seit dem Jahr 2011 an keinem Tag mehr Dienst geleistet habe und immer noch die gleichen psychischen Probleme aufweise, ohne dass eine Besserung eingetreten sei, zeuge von der dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers. Zudem lege der Kläger fortdauernd ärztliche Bescheinigungen vor, die seine aktuelle Arbeitsunfähigkeit bescheinigten. Unter Würdigung aller Umstände aus dem Rechtsgedanken des § 444 ZPO sei das wiederholte Nichterscheinen des Klägers zu den ordnungsgemäß angeordneten betriebsärztlichen Untersuchungen am 2. September 2020, am 11. September 2020, am 8. Oktober 2020 sowie am 9. Dezember 2020 als beharrliche Verweigerung zu werten und zulasten des Klägers im Rahmen der Feststellung seiner dauerhaften Dienstunfähigkeit zu würdigen (mit Verweis auf BVerwG, B.v. 26.5.2014 - 2 B 69/12 - und U.v. 26.4.2012 - 2 C 17/10 - juris Rn. 12). Der Kläger sei weiterhin dauernd unfähig, seine Amtspflichten zu erfüllen. Die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG sei damit rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen. Der Widerspruch sei daher als unbegründet zurückzuweisen.
65
Im Hinblick auf den zwischenzeitlich ergangenen Widerspruchsbescheid änderte der Klägervertreter mit Schreiben vom 12. Mai 2021 seinen ursprünglichen Klageantrag. Der Kläger halte den Vorwurf, die Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb der D2. P. AG sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, in vollem Umfang aufrecht. Nach seiner Auffassung hätte es nach der Stellungnahme des vormaligen Betriebsarztes Dr. S. vom 4. Oktober 2019 einer aktualisierten ärztlichen Untersuchung nicht mehr bedurft. Es gebe keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass sich an der damaligen Feststellung irgendetwas geändert haben solle. Die Ursache für die Dienstunfähigkeit des Klägers innerhalb der D2. P. AG sei die völlige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses aufgrund der Vorgänge in der Vergangenheit. Der Kläger habe den Eindruck, dass man ihn durch immer neue ärztliche Untersuchungen zermürben wolle. Die Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 2. September 2019 (6 ZB 19.623) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung sei nicht ernsthaft durchgeführt worden. Man habe nicht das Naheliegende gesucht, sondern mit formalisierten Schreiben an verschiedene Bundesministerien gleichlautende Anfragen gestellt. Das Naheliegendste wäre es gewesen, unmittelbar die Bundesbehörden anzufragen, die in W., rund 10 km vom Wohnort des Klägers entfernt, angesiedelt seien. Dies betreffe insbesondere die Bundeskasse in W. Die Suchanfrage sei auch deswegen rechtswidrig, weil ausschließlich nach einer Tätigkeit im einfachen Dienst gefragt worden sei. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG sei eine anderweitige Verwendung aber auch möglich, wenn ein anderes Amt in einer anderen Laufbahn übertragen werden könne. Nach § 44 Abs. 5 BBG sei der Beamte, der nicht die Befähigung für eine andere Laufbahn besitze, verpflichtet, an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen. Der Kläger habe einen mittleren Bildungsabschluss und besitze folglich in Bezug auf den Bildungsabschluss die Befähigung, in den mittleren Dienst aufzusteigen. Dies habe die D1. P. AG geflissentlich übergangen. Der Kläger wäre in seinen verbleibenden rund 17 Dienstjahren sogar bereit, sich für einen Laufbahnaufstieg in den gehobenen Dienst zu qualifizieren. Zu einer solchen Qualifizierung wäre der Kläger jederzeit bereit gewesen. Dies sei der D2. P. AG mehrfach mitgeteilt worden. Hinsichtlich der Suchanfrage der Beklagten dränge sich der Verdacht auf, dass diese Anfragen nur „pro forma“ durchgeführt worden seien, ohne die tatsächliche Absicht, den Kläger tatsächlich in einer anderen Bundesbehörde unterzubringen. Der Kläger könnte längst in der Bundeskasse in W. beschäftigt sein, wenn die D1. P. AG dies gewollt hätte.
66
Der Kläger beantragt zuletzt,
Der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2021 wird aufgehoben.
67
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
68
Der Kläger sei seit dem 16. Juli 2011 dienstunfähig erkrankt und habe seitdem keinen Dienst mehr geleistet. Sämtliche Versuche, die Dienstunfähigkeit zu überwinden und ihn betrieblich wieder einzugliedern, seien mangels eines entsprechenden medizinischen Leistungsbildes gescheitert. Eine Dienstaufnahme bei der D2. P. AG, Niederlassung Multikanalvertrieb in W., habe der Kläger abgelehnt. In Umsetzung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Januar 2018 habe die Beklagte versucht, den Kläger wieder einzugliedern, mit dem Ziel amtsangemessener Beschäftigung. Wiederholte Versuche der Beklagten, den Kläger wieder einzugliedern seien angesichts der fortdauernden Dienstunfähigkeit des Klägers gescheitert. Der Kläger habe nicht nur abgelehnt, mit der Beklagten im Rahmen eines Personalgesprächs zu sprechen, sondern er habe sich auch wiederholt den Anordnungen der Beklagten widersetzt, sich gemäß § 44 Abs. 6 BBG im Rahmen einer betriebsärztlichen Begutachtung auf Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit untersuchen zu lassen. Auf der Grundlage des medizinischen Gesamtleistungsbildes gemäß des Gutachtens vom 31. Juli 2019 sowie der tragenden Gründe sei eine anonymisierte Unterbringungsprüfung unter besonderer Berücksichtigung der vorliegenden Schwerbehinderung nach §§ 44, 45 BBG innerhalb der Niederlassung Betrieb N. und eine erweiterte anonymisierte Unterbringungsprüfung bei allen anderen Niederlassungen und Organisationseinheiten nach §§ 44, 45 BBG und im Rahmen der Zuweisung bei Tochter-, Enkel-, Beteiligungs- oder Drittunternehmen nach § 4 Abs. 4 PostPersRG veranlasst worden. Im Ergebnis habe weder zum damaligen Zeitpunkt noch in absehbarer Zukunft eine zumutbare, dem medizinischen Gesamtleistungsbild des Klägers entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit im Sinne der §§ 44, 45 BBG bestanden, auch nicht im Rahmen der Zuweisung nach § 4 Abs. 4 PostPersRG. Nachdem für den Kläger postintern keine anderweitige Verwendung gefunden habe werden können, sei die Zentrale der D2. P. AG darüber hinaus um Prüfung der Unterbringung bei sämtlichen Bundesbehörden nach §§ 44, 45 BBG gebeten worden. Eine anderweitige Verwendung des Klägers bei anderen Bundesbehörden sei ebenfalls nicht möglich. Da der Kläger demnach weder bei der D2. P. AG noch bei der Niederlassung Betrieb N. noch bei einer anderen Organisationseinheit noch bei einer Posttochter die Pflichten eines der für sein statusrechtliches Amt vorgesehenen Dienstpostens mehr erfüllen könne und auch eine anderweitige Verwendung außerhalb der D2. P. AG bei einer anderen Bundesbehörde nicht möglich sei, komme auch nach Ausübung sachgerechten und pflichtgemäßen Ermessens nur eine Versetzung des Klägers in den Ruhestand in Betracht. Die Schwerbehindertenvertretung sei gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX ordnungsgemäß beteiligt worden und habe auf Einwendungen gegen die Zurruhesetzung des Klägers verzichtet. Die Bundesanstalt für Post- und Telekommunikation habe nach Prüfung der Rechtmäßigkeit gemäß § 14 BAPostG i.V.m. § 1 Abs. 6 PostPersRG gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers keine Einwände erhoben. Daher sei der Kläger mit Bescheid vom 24. Februar 2020 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte sei ihrer Suchpflicht nach § 44 Abs. 2 BBG nicht nachgekommen, erweise sich angesichts der dargelegten und unter Beweis gestellten dreistufigen Unterbringungsprüfung, die sich aus den Verwaltungsakten ergebe, als geradezu treuwidrig. Nach dem Grundsatz „venire contra factum proprium“ berufe sich der Kläger auf einen angeblichen Mangel im Rahmen der Suchpflicht, den er durch sein treuwidriges Verhalten in Gestalt beharrlicher Verweigerung der Mitwirkung an der betriebsärztlichen Begutachtung gemäß § 44 Abs. 6 BBG bewusst erst selbst herbeigeführt habe. Der Vortrag des Klägers, die Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb der D2. P. AG, also bei allen Behörden des Bundes, sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, bleibe eine Behauptung ins Blaue, die weder in den Verwaltungsakten noch in den vorbereitenden Schriftsätzen dieses Verwaltungsrechtsstreits eine Grundlage finde. Für diese Behauptung sei nichts glaubhaft oder ansatzweise nachvollziehbar gemacht worden. Entschieden werde der Behauptung entgegengetreten, dass es eine Unterbringungsmöglichkeit für den Kläger bei einer Behörde des Zolls gegeben habe. Beim Zoll bestünden mindestens seit 2016 keine Verwendungsmöglichkeiten mehr für Beamte des einfachen Dienstes. Aus den Antworten der Bundesbehörden könne entnommen werden, dass ein großer Teil der Bundesbehörden keine Planstellen im einfachen Dienst habe, bei anderen Bundesbehörden aktuell und in absehbarer Zeit kein Dienstposten im einfachen Dienst zur Verfügung stehe oder ein Einsatz in Bundesbehörden aufgrund der eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten des Klägers ausscheide. Der Kläger sei anderweitig nicht verwendbar. Dienstunfähigkeit liege dann vor, wenn der Beamte die Pflichten keines der für sein statusrechtliches Amt vorgesehenen Dienstpostens mehr erfüllen könne und auch eine anderweitige Verwendung (Beschäftigungsmöglichkeit) nicht möglich sei. Die erfolgten Unterbringungsprüfungen hätten ergeben, dass eine Beschäftigung des Klägers weder im bisherigen oder in einem anderen Tätigkeitsbereich seines Amtes noch in einem Amt, auch einer anderen Laufbahn, nicht mit einer geringerwertigen Tätigkeit, nicht mit reduzierter Wochenarbeitszeit im Rahmen der begrenzten Dienstfähigkeit und nicht nach § 44 Abs. 4 BBG in einer neuen Laufbahn möglich sei. Die Zurruhesetzung des Klägers sei zu Recht erfolgt, da er dauernd dienstunfähig nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG sei. Das Tatbestandsmerkmal der Dienstunfähigkeit sei kein medizinischer, sondern ein spezifisch beamtenrechtlicher Begriff. Prüfungsmaßstab für die Dienstunfähigkeit eines Beamten sei grundsätzlich das innegehabte abstrakt-funktionelle Amt - hier das Amt eines Posthauptschaffners - in der Laufbahn des einfachen Postdienstes. Ein Beamter sei daher dienstunfähig, wenn er nicht in der Lage sei, die seinem abstrakt-funktionellen Amt entsprechenden Dienstaufgaben seiner Beschäftigungsbehörde vorzunehmen. Diese Entscheidung müsse die Dienstbehörde, gestützt auf ein ärztliches Gutachten, letztlich im Wege einer pflichtgemäßen Sachverhaltswürdigung treffen. Der Kläger habe sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens beharrlich geweigert, sich betriebsärztlich untersuchen zu lassen und damit die Erstellung eines aktuellen medizinischen Gutachtens zu ermöglichen. Daher sei eine erneute anonymisierte Verwendungsprüfung des Klägers im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit einem aktualisierten medizinischen Gesamtleistungsbild nicht möglich gewesen. Der Beamte sei nach § 44 Abs. 6 BBG verpflichtet, sich nach Weisung der Behörden untersuchen zu lassen. Komme der Beamte einer Untersuchungsanordnung nicht nach, verletze er seine Dienstpflicht aus § 44 Abs. 6 BBG. Der Kläger habe sich an vier anberaumten Untersuchungsterminen beharrlich ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe verweigert, an der Begutachtung durch den ordnungsgemäß beauftragten und zuständigen Betriebsarzt mitzuwirken. Einzig aufgrund der fortdauernden Verweigerungshaltung sei dem Dienstherrn eine erneute betriebsärztlichen Begutachtung unmöglich gemacht worden. Der Kläger habe mehrere Untersuchungstermine nicht wahrgenommen und sodann Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 16. November 2020 bis 29. März 2021 vorgelegt, um weiteren Untersuchungsterminen zu entgehen. Nach eigener Aussage wäre der Kläger einer weiteren Untersuchungsanordnung ebenfalls nicht mehr nachgekommen. Der Vorwurf des Klägers, man wolle ihn durch immer neue ärztliche Untersuchungen zermürben, entbehre jeder Grundlage. § 47 BBG regele das Verfahren bei Dienstunfähigkeit. Demnach sei die Entscheidung des Dienstvorgesetzten über die Dienstfähigkeit „aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Beamten“ zu treffen. Die Folgen der Verweigerung einer rechtmäßig angeordneten ärztlichen Untersuchung seien nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, jedoch könne bei einer rechtsgrundlosen Verweigerung einer solchen Untersuchung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz die Verweigerung zum Nachteil des Betroffenen gewertet und auf die fehlende Dienstfähigkeit geschlossen werden, wenn der Betroffene durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindere. Die D1. P. AG habe alles ihr Mögliche unternommen, um im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine aktuelle medizinische Aussage zu Gesundheitszustand und Leistungsvermögen des Klägers zu erhalten. Allein die Tatsache, dass der Kläger seit dem Jahr 2011 an keinem Tag mehr Dienst geleistet habe und immer noch die gleichen psychischen Probleme aufweise, ohne dass eine Besserung eingetreten sei, zeuge von der dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers. Zudem lege der Kläger fortdauernd ärztliche Bescheinigungen vor, die seine akute Arbeitsunfähigkeit bescheinigten. Unter Würdigung aller Umstände aus dem Rechtsgedanken des § 444 ZPO sei das wiederholte Nichterscheinen des Klägers zu den ordnungsgemäß angeordneten betriebsärztlichen Untersuchungen am 2. September 2020, am 11. September 2020, am 8. Oktober 2020 sowie am 9. Dezember 2020 als beharrliche Verweigerung zu werten und zulasten des Klägers im Rahmen der Feststellung seiner dauerhaften Dienstunfähigkeit zu würdigen (mit Verweis auf BVerwG, B.v. 26.5.2014 - 2 B 69/12 - und U.v. 26.4.2012 - 2 C 17/10). Der Kläger sei weiterhin dauernd unfähig, seine Amtspflichten zu erfüllen. Der Kläger sei wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit ohne Restleistungsvermögen zur Ruhe zu setzen gewesen. Eine Verletzung des Grundsatzes der Weiterverwendung vor Zurruhesetzung scheide bereits mangels mindestens halbschichtigen Restleistungsvermögens aus. Selbst wenn man zugunsten des Klägers ein tatsächlich nicht vorhandenes, mindestens halbschichtiges Restleistungsbild unterstelle, griffen die Grundsätze der Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 2. September 2019 (6 ZB 19.623). Ein Bundesbeamter, der nur an seinem Wohnort oder in Wohnortnähe im Tagespendelbereich beschäftigt werden könne, noch dazu mit den beim Kläger festgestellten Leistungseinschränkungen, sei nicht dienstfähig. Es gehöre zu den Grundpflichten eines Bundesbeamten, grundsätzlich im gesamten Dienstbereich des Dienstherrn, also im gesamten Bundesgebiet, einsetzbar zu sein. Ein Einsatz des Klägers auch bei der Bundeskasse am Dienstort in W. sei zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen. Die Bundeskasse am Dienstort W. sei eine Dienststelle im nachgeordneten Bereich der Generalzolldirektion im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Bereits im Jahr 2016 habe die Generalzolldirektion ausgeführt, dass die Verwendung von Beamtinnen und Beamten des einfachen Dienstes in der Zollverwaltung rückläufig sei. Daher komme eine Übernahme von externen Beschäftigten dieser Laufbahngruppe nicht in Betracht. Gleichwohl würden die Abfragen der Bundesbehörden durch die Zentrale der D2. P. AG jährlich erneuert, so auch im vorliegenden Fall. Die Generalzolldirektion habe mit Schreiben vom 11. Februar 2021 mitgeteilt, dass eine Übernahme von externen Beschäftigten der Laufbahngruppe des einfachen Dienstes auch zukünftig grundsätzlich nicht in Betracht komme. Soweit der Kläger vortrage, er sei auch laufbahnübergreifend höherwertig einsetzbar gewesen, so werde auf den bisherigen Vortrag verwiesen. Auch hier stünde einer Prüfung der Beschäftigung des Klägers seine beharrliche Weigerung, sich der rechtmäßig angeordneten Dienstunfähigkeitsuntersuchung zu unterziehen, sowie seine mangelnde Dienstfähigkeit entgegen. Die Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG sei damit rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen.
69
Mit Schreiben des Gerichts vom 24. August 2021 wurden die Beteiligten zu einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 101 Abs. 2 VwGO bzw. durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 VwGO angehört.
70
Der Klägervertreter stellte dem Gericht mit Schreiben vom 15. September 2021 ausdrücklich anheim, in welcher Form das Verwaltungsgericht das Verfahren fortführe und entscheide, die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 16. September 2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
71
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und in den Verfahren RO 1 K 16.1995 und RO 1 E 19.947 und die vorgelegten Behördenakten verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

72
Über die Klage konnte gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorab zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angehört. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass über die Zurruhesetzung des Klägers bereits am 24. Januar 2018 im Verfahren RO 1 K 16.1995 mündlich verhandelt wurde. In dieser Sitzung wurde auch der Postbetriebsarzt Dr. S. zu Dienstfähigkeit des Klägers umfassend befragt.
73
Die Klage führt nicht zum Erfolg.
74
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in dessen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
75
1. Rechtsgrundlage für die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit sind §§ 44 ff. des Bundesbeamtengesetzes (BBG).
76
Der Anwendung der §§ 44 ff. BBG steht nicht entgegen, dass der Kläger zuletzt bei der D2. P. AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost (Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Das PostPersRG enthält aber bezogen auf die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit keine speziellen von §§ 44 ff. BBG abweichenden Regelungen für die bei der D. P. AG beschäftigten Bundesbeamten (OVG NW, U.v. 22.1.2010 - 1 A 2211/07 - juris).
77
2. Die Entscheidung der Beklagten weist keine formellen Fehler auf.
78
Das für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand bei Dienstunfähigkeit gemäß § 47 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 BBG vorgeschriebene Verfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt.
79
Dem Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 20. November 2019 gemäß § 47 Abs. 1 BBG mitgeteilt, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei, weil die Dienstvorgesetzte den Kläger aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig halte und eine anderweitige Verwendung nicht möglich sei. In dem Schreiben wurden die wesentlichen Gründe für die Versetzung in den Ruhestand angegeben. Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand, die voraussichtlich mit Ende des Monats Januar 2020 erfolgen solle, werde gemäß § 44 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 2 BBG eingeleitet.
80
Eine bestimmte Form ist für die Mitteilung gesetzlich nicht vorgeschrieben (Plog, Wiedow, Bundesbeamtengesetz BBG Kommentar, Stand: Oktober 2021, § 47 BBG Rn. 32). Hier wurde die Schriftform gewahrt.
81
Die Mitteilung ist dem betroffenen Beamten entsprechend § 41 VwVfG bekanntzugeben. Eine förmliche Zustellung an den Beamten selbst ist nach Auffassung der zur Entscheidung berufenen Kammer nicht erforderlich, weil es sich bei der Mitteilung um keine „Verfügung“ oder „Entscheidung“ im Sinne des § 128 BBG handelt (so Plog, Wiedow, Bundesbeamtengesetz BBG Kommentar, Stand: Oktober 2021, § 47 BBG, Rn. 35; § 128 Rn. 4; a.A. ohne nähere Begründung Battis; BBG, 4. Auflage § 47 Rn. 6). Durch die Zustellung des Schreibens vom 20. November 2019 an den Klägervertreter per PZU am 22. November 2019 wurde das Schreiben im Hinblick auf § 41 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ordnungsgemäß bekanntgegeben. Der Kläger persönlich enthielt nach den dem Gericht vorgelegten Unterlagen zusätzlich eine Abschrift dieses Schreibens.
82
Selbst wenn man eine Zustellung an den Kläger persönlich für erforderlich halten sollte, dann wäre ein etwaiger Zustellmangel gemäß § 8 VwZG geheilt worden. Spätestens seit dem Einwendungsschreiben des Klägervertreters vom 17. Januar 2020 konnte die Beklagte davon ausgehen, dass die Mitteilung dem Kläger auch tatsächlich zugegangen ist. Es wurde klägerseits nichts dazu vorgetragen, dass der Kläger von der Mitteilung keine Kenntnis erhalten haben sollte. Überdies würde es sich bei der lediglich an den Kläger persönlich unterbliebenen Zustellung - dem Klägervertreter wurde die Mitteilung nachweislich zugestellt - um einen Verfahrens- oder Formfehler handeln, der bei entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 46 VwVfG nicht zur Aufhebung der Zurruhesetzungsverfügung führen kann, weil offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
83
Auch die Tatsache, dass dem Klägervertreter mit Schreiben vom 29. Januar 2020 trotz seines Schreibens vom 17. Januar 2020 mitgeteilt wurde, dass die einmonatige Einwendungsfrist bereits verstrichen sei und der Kläger keine Einwendungen erhoben habe, führt nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Ruhestandsversetzung. Der Ablauf der Frist führt entgegen der Auffassung der Beklagten zwar nicht dazu, dass später erhobene Einwendungen von vorneherein unbeachtlich wären (BVerwG, U.v. 14.8.1974 - 6 C 20.71 - juris Rn. 28). Die Monatsfrist ist keine echte Ausschlussfrist. Der Ablauf der Frist führt lediglich dazu, dass die zuständige Behörde von diesem Zeitpunkt an zur Entscheidung über die Zurruhesetzung befugt ist, ohne noch weitere Einwendungen abwarten zu müssen. Vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Zurruhesetzung eingegangene, auch verspätet eingegangene, Einwendungen sind allerdings aus Fürsorgegesichtspunkten zu beachten (BVerwG, U.v. 14.8.1974, a.a.O.). Hier hat der Klägervertreter jedoch lediglich pauschal vorgetragen, der Kläger strebe keine Zurruhesetzung an. Die Beklagte sei verpflichtet, eine Stelle für den Kläger bei einer anderen Bundesbehörde zu suchen. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen. Darin ist kein neuer substantiierter Sachvortrag zu sehen, der einer Zurruhesetzung entgegenstehen würde.
84
Die Zurruhesetzungsverfügung vom 24. Februar 2020 wurde dem Kläger persönlich ordnungsgemäß gemäß §§ 47 Abs. 3 Satz 1, 128 BBG zugestellt.
85
Eine Beteiligung des Betriebsrates wurde durch den Kläger nicht beantragt. Die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, die auf Grund des § 1 Abs. 6 PostPersRG Zurruhesetzungen auf deren Rechtmäßigkeit hin überprüft, teilte mit Schreiben vom 18. Februar 2020 mit, dass gegen die Zurruhesetzung des Klägers keine Einwände erhoben würden.
86
Die Schwerbehindertenvertretung wurde mit Schreiben vom 5. Dezember 2019 über die beabsichtigte Versetzung des Klägers in den Ruhestand gemäß § 44 BBG informiert. Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten teilte mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 mit, dass gegen die Zurruhesetzung keine Einwendungen erhoben würden.
87
3. Die Entscheidung der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die vorzeitige Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 44 BBG lagen zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt vor.
88
Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Verfügung ist § 44 Abs. 1 BBG i.V. m. § 2 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG.
89
3.1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist (§ 44 Abs. 1 Satz 2 BBG).
90
Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2021. Die materielle Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung hängt von den Kenntnissen ab, die der zuständigen Behörde zu diesem Zeitpunkt zur Frage der Dienstunfähigkeit zur Verfügung standen (BVerwG, U.v. 26.3.2009 - 2 C 46/08 - juris; BayVGH, B.v.12.8.2005 - 3 B 98.1080 - juris). Zu diesem Zeitpunkt durfte die Beklagte nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen, dass der Kläger als Bundesbeamter, der insoweit auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich bundesweit einsetzbar sein muss, dauernd dienstunfähig war i.S.v. § 44 Abs. 1 BBG.
91
Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - und U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - jeweils juris).
92
Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht das von dem Beamten zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten), sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (BayVGH, U.v. 25.1.2013 - 6 B 12.2062 - unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 23.9.2004 - 2 C 27.03 - sowie U.v. 26.3.2009 - 2 C 73.08 - jeweils juris).
93
Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestands wegen (dauernder oder prognostischer) Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnisse, über die nur ein Arzt verfügt. Dabei wird amtsärztlichen Gutachten gegenüber privatärztlichen Gutachten nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ein Vorrang eingeräumt (u.a. BayVGH, B.v. 28.11.2016 - 3 ZB 13.1665 - juris). Dieser Vorrang findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der ggf. bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt von der Aufgabenstellung her seine Beurteilung unbefangen und unabhängig vor. Er steht so Beamten und Dienstherrn gleichermaßen fern.
94
Die gutachterliche Stellungnahme soll dem Dienstherrn die Prognoseentscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten dauernd unfähig ist, ob er im Fall der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann und ob er ggf. begrenzt dienstunfähig ist. Zugleich muss das Gutachten dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf basierenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen, um diese ggf. substantiiert anzugreifen (BayVGH, U.v. 25.1.2013 - 6 B 12.2062 - juris). Wie detailliert eine ärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Ärztliche oder amtsärztliche Gutachten stellen allerdings nur eine medizinisch-fachliche Hilfestellung zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit dar, auch wenn ihr Ergebnis faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde hat. Die letztendliche rechtliche Würdigung und Einschätzung der Dienstfähigkeit muss daher der für die Ruhestandsversetzung zuständigen Behörde vorbehalten bleiben, da nur sie die konkreten Amtsanforderungen mit dem diagnostizierten Gesundheitszustand des Beamten in Relation setzen kann. Den Gesundheitszustand des Beamten muss daher der Arzt feststellen und medizinisch bewerten, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggfs. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - unter Verweis auf BVerwG, U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - sowie B.v. 6.3.2012 - 2 A 5.10 - jeweils juris).
95
Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, das heißt die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde darstellen, als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - unter Verweis auf BVerwG, U.v. 30.10.2013 - 2 C 6.12 - sowie B.v. 13.3.2014 - 2 B 49.12). Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 31.8.2017 - 2 A 6/15 - juris Rn. 63) hat dazu ausgeführt:
„Ein in einem Zurruhesetzungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten muss die medizinischen Befunde und ebensolche Schlussfolgerungen so plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass die zuständige Behörde auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten seines (abstrakt-funktionellen) Amtes dauernd unfähig ist und ggf. welche Anforderungen oder Einschränkungen aus medizinischer Sicht hinsichtlich einer anderweitigen Verwendung des Beamten auf einem anderen Dienstposten zu stellen sind.“
96
Die Frage, ob eine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage für die von der Behörde zu treffende Entscheidung über die Dienst- und Restleistungsfähigkeit eines Beamten noch gegeben ist, kann jeweils nur im konkreten Einzelfall beantwortet werden. Zu berücksichtigen sind insoweit insbesondere die beim Kläger konkret vorliegende Erkrankung und seine dadurch bedingten körperlichen Einschränkungen. Je schwerwiegender eine Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Beamten sind (die Dienstunfähigkeit gleichsam auf der Hand liegt und für jeden offensichtlich ist), desto weniger ausführlich müssen die Feststellungen des Amtsarztes sein. Wenn letztlich für die Behörde nur eine Entscheidung in Frage kommt, nämlich die der Feststellung der Dienstunfähigkeit, ist keine (bloß aus formalen Gründen) umfangreiche Stellungnahme des Amtsarztes mehr erforderlich.
97
3.2. Dies zugrunde gelegt, ist aufgrund der zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegenden Gutachten zum Gesundheitszustand des Klägers von der Dienstunfähigkeit des Klägers gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG auszugehen.
98
3.2.1. Die Gutachten des Postbetriebsarztes Dr. S. und das Psychologische Zusatzgutachten von Frau Dr. K. sind taugliche Entscheidungsgrundlage, auch wenn es sich dabei nicht um Gutachten eines Amtsarztes handelt. Denn es entspricht § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG und damit dem gesetzgeberischen Willen, dass die ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit nicht nur einem Amtsarzt, sondern auch einem Arzt, der als Gutachter zugelassen ist, übertragen werden kann.
99
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2015 (14 CE 15.971- juris Rn. 4) Folgendes aus:
„Mit § 46a Abs. 1 Satz 1 BBG a.F., der durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 eingefügten und in den entscheidenden Passagen gleichlautenden Vorgängerregelung zu § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG, sollte ebenso wie mit der zeitgleich vorgenommenen Erweiterung des § 43 Abs. 1 BBG a.F. den zuständigen Dienststellen die Möglichkeit eröffnet werden, das Fachwissen anderer Ärzte als Amtsärzte zu nutzen, die sich beispielsweise in ihrer bisherigen Praxis mit der Frage der Erwerbs- und Berufsunfähigkeit von Arbeitnehmern befasst und so besondere Erfahrungen mit den Auswirkungen gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf die Arbeitsfähigkeit und den Arbeitseinsatz gesammelt haben (vgl. BT-Drs. 14/7064 S. 49 f). Welcher Arzt oder welche Ärztin mit der Fertigung von Gutachten beauftragt wird, bestimmt nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BBG die oberste Dienstbehörde. Durch diese generalisierende Regelung, durch die die Sonderregelung in § 4 Abs. 4 PostPersRG (i.d.F. vom 14.9.1994) zu Betriebs- und Vertrauensärzten für den Bereich der Postnachfolgeunternehmen überflüssig wurde (vgl. BT-Drs. 14/7064 S. 49 und 54; BVerwG, U. v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1 Rn. 19), hat es der Gesetzgeber ausdrücklich der Entscheidung der obersten Dienstbehörde überlassen, auch angestellte oder verbeamtete (Vertrauens-)Ärzte durch Aufnahme in eine Gutachterliste mit Begutachtungen zur Feststellung der Dienstfähigkeit beauftragen zu können (vgl. BT-Drs. 14/7064 S. 54). Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der die Befugnisse der obersten Dienstbehörde wahrnehmende Vorstand der D2. P. AG (vgl. § 1 Abs. 2 PostPersRG) von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und bestimmt hat, dass die bei dieser in einem Beschäftigungsverhältnis stehenden Betriebsärzte/innen mit der Fertigung von Gutachten in den Fällen der §§ 44 bis 47 BBG zu beauftragen sind.“
100
3.2.2. Der Kläger ist dienstunfähig im Sinne des § 44 Abs. 1 BBG.
101
Der Kläger hat vom 16. Juli 2011 bis zur Ruhestandsversetzung am 24. Februar 2020 und damit seit 9 ½ Jahren keinen Dienst mehr getan. Der Kläger wurde in dieser Zeit durch den Postbetriebsarzt Dr. S. wiederholt auf seine Dienstfähigkeit hin untersucht und das Ergebnis dieser Untersuchungen in diversen Gutachten festgehalten - unter anderem in den Gutachten vom 27. August 2012, 21. November 2012, 12. April 2013, 22. November 2013 und 14. Februar 2014. Trotz des Ergebnisses dieser Gutachten - der Kläger sei zwar nicht dienstunfähig, leide aber weiterhin an einer depressiven Störung und eine Arbeitsaufnahme scheine erst nach Lösung des Arbeitsplatzkonflikts möglich - war eine tatsächliche Arbeitsaufnahme des Klägers von Juli 2011 bis zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zu keinem Zeitpunkt möglich, weil der Kläger ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben war. Dies, obwohl das als Auslöser für die psychische Erkrankung angegebene Disziplinarverfahren gegen den Kläger bereits mit Beschluss vom 25. September 2015 eingestellt wurde. Nach den tragenden Gründen des Gutachtens des Postbetriebsarztes Dr. S. vom 31. Juli 2019 befindet sich der Kläger seit Mai 1997 in psychiatrischer Behandlung, seit Mai 1998 in Psychotherapie. Über mehrere Jahre habe eine psychische Erkrankung bestanden, die sich derzeit in Remission befinde. Dies sei am 25. Oktober 2018 und am 8. Juli 2019 durch ein externes Fachgutachten bestätigt worden. Die Fachgutachterin habe in ihrem zweiten Gutachten weitere Leistungseinschränkungen des Klägers festgestellt: Einen Einsatz im Umkreis von 30 km zum Wohnort, keine Nachtschicht, keine Führungsaufgaben. Der zurückliegende Arbeitsplatzkonflikt könne von dem Kläger nicht ausreichend kompensiert und verarbeitet werden. Eine Weiterbeschäftigung im Konzern Deutsche Post DHL sei auf absehbare Zeit nicht möglich. Zur Aufrechterhaltung des Gesundheitszustands des Klägers solle kein weiterer Einsatz beim Konzern DP DHL erfolgen, der Dienstort maximal ca. 30 km vom Wohnort entfernt liegen, kein beruflich bedingter Umzug erforderlich sein und Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die interpersonelle Kompetenz und Konfliktfähigkeit sowie Führungsaufgaben sollten vermieden werden.
102
Das Psychiatrische Gutachten von Frau Dr. K. vom 8. Juli 2019 kommt zu dem Ergebnis, dass für den Kläger grundsätzlich Einsatzfähigkeit als Bundesbeamter entsprechend der Bildung, Ausbildung und entsprechend der genannten Funktionseinschränkungen bestehe. Tätigkeiten mit überdurchschnittlichen Anforderungen an die psychische Belastbarkeit wie Nachtschicht, Zeitdruck, Führungsaufgaben würden nicht empfohlen. Eine Entfernung Wohnung-Arbeit werde bis 30 km als angemessen eingeschätzt. Ein Umzug an einen anderen Dienstort werde als nicht zumutbar eingeschätzt.
103
Der Behörde lagen im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 3. Mai 2021 damit die für die Beurteilung der Dienst- und Restleistungsfähigkeit des Klägers erforderlichen Gutachten vor. Diese Gutachten zugrunde gelegt, liegen nach der Überzeugung der zur Entscheidung berufenen Kammer die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG vor.
104
Auch wenn das Psychiatrische Gutachten von Frau Dr. K. vom 8. Juli 2019 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass bei dem Kläger von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen sei, ändert dies nichts an der rechtlichen Würdigung, dass der Kläger dienstunfähig im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG ist. Ein Bundesbeamter, der nur an seinem Wohnort oder in Wohnortnähe in einer Entfernung von ca. 30 km beschäftigt werden kann, ist nicht dienstfähig (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2019 - 6 ZB 19.623 - juris Rn. 8). Sowohl der Amtsarzt Dr. S. hat in den tragenden Gründen seiner Begutachtung vom 31. Juli 2019 als auch das Psychiatrische Gutachten von Frau Dr. K. vom 8. Juli 2019 hat bei dem Kläger mehrere wesentliche Einschränkungen hinsichtlich seiner Dienstfähigkeit, insbesondere räumlich bezogen auf den Wohnort des Klägers sowie auf seine Tätigkeiten, festgestellt. Die von dem Amtsarzt festgestellten erheblichen Leistungseinschränkungen in Verbindung mit der mangelnden Mobilität des Klägers stellen ausreichende Tatsachenfeststellungen zur Begründung einer Dienstunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 BBG dar.
105
Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof führt hierzu in seiner Entscheidung vom 2. September 2019 (6 ZB 19.623 - juris Rn. 8) aus:
„Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass ein Bundesbeamter, der nur an seinem Wohnort oder in Wohnortnähe im Tagespendelbereich beschäftigt werden kann, noch dazu mit den beim Kläger festgestellten Leistungseinschränkungen, nicht dienstfähig ist. Es gehört zu den Grundpflichten eines Bundesbeamten, grundsätzlich im gesamten Dienstbereich des Dienstherrn, also im gesamten Bundesgebiet einsetzbar zu sein. Nach § 72 Abs. 1 BBG hat ein Beamter seine Wohnung so zu nehmen, dass die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Amtsgeschäfte nicht beeinträchtigt wird. Es ist nicht einmal im Ansatz erkennbar, ob und in welchem Unternehmen oder in welcher Organisationseinheit angesichts der beim Kläger festgestellten Leistungseinschränkungen und der mangelnden Umzugsfähigkeit eine amtsangemessene Verwendung in zumutbarer Nähe zum Wohnort überhaupt möglich wäre.“
106
Es ist nicht ausreichend, wenn der Kläger nur noch für eine einzige, nämlich an seinem Wohnort befindliche (aber objektiv gar nicht vorhandene), Tätigkeit dienstfähig ist (vgl. VG Regensburg, U.v. 16.1.2019 - RO 1 K 17.2209, S. 21; B.v. 31.7.2017 - RO 1 E 17.903 - S. 13, bestätigt durch BayVGH, B.v. 27.9.2017 - 14 CE 17.1638 - juris Rn. 7; VG Regensburg, U.v. 19.12.2018 - RO 1 K 17.1685).
107
Der Kläger ist tatsächlich seit fast 10 Jahren ununterbrochen arbeitsunfähig und hat aufgrund einer stärker behindernden seelischen Störung einen GdB 50.
108
Da es sich bei der Ruhestandsversetzung um eine gebundene Entscheidung handelt, obliegt dem Gericht nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO auch die Prüfung, ob der Verwaltungsakt aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist, wenn die von der Behörde gegebene Begründung nicht zutrifft (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 38; BVerwG, B.v. 21.2.2014 - 2 B 24/12 - juris Rn. 11). Zuletzt hat der BayVGH (U.v. 28.2.2018 - 3 B 16.1996 - juris Rn. 70) dazu ausgeführt:
„…Zwar ist die Beurteilung der Dienstunfähigkeit Aufgabe des Dienstherrn und des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - juris Rn. 12). Das Gericht hat ggf. auch aufzuklären, ob der Beamte im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung dienstunfähig war, wenn sich die vom Dienstherrn für die Prognose dauernder Dienstunfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig erweist (vgl. BVerwG, B.v. 21.2.2014 - 2 B 24.12 - juris Rn. 11). Da der Beamte bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 BeamtStG in den Ruhestand zu versetzen ist, obliegt dem Gericht, wenn die hierfür gegebene Begründung nicht zutrifft, gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich die Prüfung, ob der Bescheid aus anderen als den vom Dienstherrn geltend gemachten Gründen rechtmäßig ist (Spruchreifmachung, vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - juris Rn. 38).“
109
Den Gesundheitszustand des Beamten muss daher der Arzt feststellen und medizinisch bewerten, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggfs. des Gerichts. Insoweit ist die rechtliche Bewertung des Sachverhalts in dem ärztlichen Gutachten des Postbetriebsarztes Dr. S. vom 31. Juli 2019, dass der Kläger dienstfähig sei und auf die sich der Kläger auch beruft, nicht relevant.
110
3.2.3. Von einem anderweitigen ärztlichen Ergebnis ist nicht auszugehen, weil der Kläger sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens beharrlich geweigert hat, sich erneut amtsärztlich untersuchen zu lassen. Der Kläger hat den ärztlichen Untersuchungsanordnungen für die Untersuchungen am 2. September 2020, am 11. September 2020, am 8. Oktober 2020 und am 9. Dezember 2020, die jeweils ordnungsgemäß zugestellt wurden, nicht Folge geleistet bzw. eine Untersuchung durch seine Verhaltensweise unmöglich gemacht und hat angekündigt, auch zukünftigen Untersuchungsanordnungen nicht mehr Folge zu leisten.
111
Der Erlass der ärztlichen Untersuchungsanordnungen war im Hinblick auf § 44 Abs. 6 BBG rechtmäßig, nachdem zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersuchungsanordnung Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers bestanden. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krankgeschrieben, obwohl der als Ursache für die Beschwerden des Klägers angegebene Konflikt mit dem Arbeitgeber bereits seit Langem beendet war. Im Hinblick auf den gegen die Zurruhesetzung eingelegten Widerspruch war die Beklagte verpflichtet, eine aktuelle Entscheidung über die Dienstfähigkeit des Klägers zu treffen. Hierzu war auch eine aktuelle ärztliche Untersuchung des Klägers erforderlich, insbesondere, nachdem der Kläger bisher nach den gutachterlichen Einschätzungen nicht als dienstunfähig angesehen wurde, sondern nach der Psychiatrischen Zusatzbegutachtung vom 25. November 2018 sogar von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen wurde. Im Gegensatz zu dieser Einschätzung war der Kläger allerdings auch in der Folgezeit ununterbrochen krankgeschrieben und das sogar bis zum 29. März 2021. Eine erneute ärztliche Untersuchung war daher im Hinblick auf § 44 Abs. 6 BBG angezeigt.
112
Der Kläger hat den rechtmäßig angesetzten Untersuchungsterminen am 2. September 2020, am 11. September 2020, am 8. Oktober 2020 und am 9. Dezember 2020 entweder mit einer unzureichenden Entschuldigung keine Folge geleistet oder bei einem Erscheinen zu dem angeordneten Termin aufgrund seines Verhaltens eine Untersuchung unmöglich gemacht. Weder handelt es sich bei dem Vortrag des Klägervertreters, der Kläger habe am Untersuchungstag an Magenschmerzen gelitten, ohne der Vorlage einer entsprechenden qualifizierten ärztlichen Bescheinigung, um eine ausreichende Entschuldigung noch gibt es eine generelle Verpflichtung - wie klägerseits vorgetragen -, ärztliche Untersuchungsanordnungen eine bestimmte Frist im Vorhinein anzukündigen. Das Gericht hält es für durchaus zumutbar, einer ärztlichen Untersuchung Folge zu leisten, von der man vier Tage davor erfuhr, wenn durch die Kurzfristigkeit der Festlegung des Untersuchungstermins nicht eine Terminkollision eintritt. Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, aufgrund welcher entgegenstehender anderweitiger zwingender Termine eine Wahrnehmung des Untersuchungstermins nicht möglich gewesen sein sollte, sondern allein auf die „nicht eingehaltene Ladungsfrist“ hingewiesen. Eine derartige Ladungsfrist gibt es allerdings nicht. Es ist auch nichts dafür ersichtlich und wurde vom Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen, warum dem Kläger eine Untersuchung in N. nicht zumutbar sein sollte. N. ist vom Wohnort des Klägers aus sowohl mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht und mit zumutbarem Zeitaufwand zu erreichen. Die Untersuchung des Klägers am 8. Oktober 2021 vereitelte der Kläger bewusst durch seine Verhaltensweise. Weder war er bereit, die zu diesem Zeitpunkt an einer Vielzahl von Orten regelmäßig erforderliche Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, noch ging er auf sämtliche kreative Lösungsvorschläge des Postbetriebsarztes ein, um eine Untersuchung auch ohne Mund-Nasen-Schutz zu ermöglichen. Der Kläger legte dem Postbetriebsarzt auch kein ärztliches Attest vor, mit dem glaubhaft gemacht wurde, aus welchen medizinischen Gründen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei dem Kläger zwingend - auch für einen ggf. kürzeren Zeitraum - ausscheide. Das Verhalten des Klägers kann aus der Gesamtheit der Umstände nur so gedeutet werden, dass der Kläger eine Untersuchung an diesem Tag unter allen Umständen verhindern wollte. Auch die im Nachgang zu dem Termin am 8. Oktober 2020 verweigerte Untersuchung durch den gleichen Betriebsarzt ist aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt. In der Folgezeit hat der Kläger offen angekündigt, auch weiteren Untersuchungsanordnungen keine Folge zu leisten. Es war der Beklagten daher nicht zumutbar, den Kläger zu weiteren Untersuchungen einzuladen, wenn von vorneherein klar war, dass der Kläger diesen keine Folge leisten wird. Auch in der Vergangenheit hat der Kläger diversen Untersuchungsanordnungen mit häufig unzureichenden Begründungen keine Folge geleistet. Die Beklagte durfte daher nach der Überzeugung des Gerichts aus der wiederholten Verweigerung des Klägers, sich untersuchen zu lassen, ihre Schlüsse ziehen.
113
Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu in seinem Urteil vom 26. April 2012 (2 C 17/10 - juris Rn. 12) Folgendes aus:
„Sind, wie hier, die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung, die von der zuständigen Stelle im Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit angeordnet worden ist, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Polizeivollzugsbeamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln (Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 2 C 40.89 - Buchholz 239.1 § 60 BeamtVG Nr. 1 S. 5, vom 18. September 1997 - BVerwG 2 C 33.96 - Buchholz 237.5 § 51 HeLBG Nr. 2 S. 3 und vom 26. Januar 2012 a.a.O. Rn. 14). Diese Grundsätze gelten auch für eine vom Amts- oder Polizeiarzt für erforderlich gehaltene und vom Dienstherrn daraufhin angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung.“
114
Auch im Hinblick auf das Verhalten des Klägers in der Vergangenheit konnte daher nach vorstehenden Ausführungen von der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen werden.
115
4. Die Dienstunfähigkeit des Beamten ist zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Voraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG wird der Beamte nicht in den Ruhestand versetzt, wenn er anderweitig verwendbar ist. Gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ist ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amts genügt (Satz 2). In dieser Regelung kommt der Grundsatz „Rehabilitation und Weiterverwendung vor Versorgung“ zum Ausdruck. Eine Versetzung in den vorherigen Ruhestand ist trotz festgestellter Dienstunfähigkeit ausgeschlossen, wenn der Beamte anderweitig verwendbar ist (Hebeler in Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 44 Rn. 17). Erst wenn feststeht, dass der in seiner Beschäftigungsbehörde dienstunfähige Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, darf er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzt werden (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37/13 - juris). § 44 Abs. 2 BBG begründet die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Gesetzmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar. Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des Satzes 3 des § 44 Abs. 1 BBG verdeutlicht, wonach in den Ruhestand nicht versetzt wird, wer anderweitig verwendbar ist.
116
Die Suche nach einer § 44 Abs. 2 BBG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des § 44 Abs. 2 BBG, der die Übertragung eines anderen Amtes für zulässig erklärt, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass dem Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann (§ 44 Abs. 5 BBG). Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 44 Abs. 2 BBG nicht herleiten. Auch die amtlichen Gesetzesbegründungen enthalten keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist (vgl. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F. BT-Drs. 11/5372 S. 33, 13/3994 S. 33; BVerwG, U.v. 26.3.2009 - 2 C 73/08 - juris). Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 44 Abs. 2 BBG zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht. Die dafür erforderliche Laufbahnbefähigung kann der Beamte gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten (Bundeslaufbahnverordnung - BLV) i.d.F.d.Bek.v. 12.2.2009 (BGBl I S. 284; FNA 2030-7-3-1), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18.1.2017 (BGBl I S. 89, ber. S. 406), erst nach einer Qualifizierung erwerben, die im mittleren Dienst mindestens ein Jahr beträgt. Sie gibt den zeitlichen Rahmen vor, in dem sich eine Verwendungsmöglichkeit eröffnen muss. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet es demgegenüber als ausreichend, in die Suchbemühungen solche freien Dienstposten einzubeziehen, die in absehbarer Zeit frei werden und voraussichtlich neu zu besetzen sind, wobei ein zu berücksichtigender Zeitraum von sechs Monaten als angemessen erachtet wird (BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37/13 - juris).
117
Dagegen begründet § 44 Abs. 2 BBG keine Verpflichtung des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen. Es liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinn er bei den Behörden einrichtet und aus welchen Gründen er diese Infrastruktur ändert (BVerwG, U.v. 23.9.2004 - 2 C 27.03 - juris, U.v. 26.3.2009 - 2 C 73.08 - juris). § 44 Abs. 2 BBG enthält keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung dieses organisatorischen Gestaltungsspielraums. Hierfür hätte der Bundesgesetzgeber die Voraussetzungen bestimmen müssen, unter denen organisatorische Änderungen in Erwägung zu ziehen sind. Ebenso wenig ist der Dienstherr verpflichtet, Dienstposten im Wege personeller Änderungen freizumachen (BVerwG, U.v. 26.3.2009 - 2 C 73/08 - juris).
118
Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 2 BBG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, U.v. 26.3.2009 - 2 C 73/08 - juris; U.v. 17.8.2005 - 2 C 37.04 - juris).
119
Davon ausgehend hat die Beklagte ihrer Suchpflicht genügt.
120
In welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, sei es durch schriftliche Anfragen oder aber durch E-Mail-Abfragen oder auf andere Weise, bleibt ihrer Organisationsgewalt überlassen (BayVGH, U.v. 26.9.2019 - 3 BV 17.2302 - juris Rn. 44; BVerwG, U.v. 19.3.2015 - 2 C 37.13 - juris Rn. 22). Die konkreten Bemühungen des Dienstherrn, seiner Suchverpflichtung in ausreichendem Maße nachgekommen zu sein, müssen jedoch schriftlich dokumentiert werden, wenn sie sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergeben.
121
Vorliegend hat eine umfangreiche Suche der Beklagten nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten für den Kläger stattgefunden, die in der Behördenakte (vgl. Bl. 24 bis 97 Zurruhesetzungsvorgang Heft 2, Blatt 117-130 Zurruhesetzungsvorgang Heft 3, Blatt 210-341 Zurruhesetzungsvorgang Heft 6) auch hinreichend dokumentiert worden ist. Aus den Akten ist ersichtlich, dass eine umfangreiche Abfrage bei diversen Organisationseinheiten der DP AG und sonstigen Bundesbehörden nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten für den Kläger erfolgte, die jeweils negativ beantwortet wurde. Auch die Antworten der angefragten Behörden befinden sich in der Behördenakte.
122
Im Übrigen setzt die Suche nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BBG regelmäßig die allgemeine Dienstfähigkeit voraus. Eine Suchpflicht besteht jedenfalls dann nicht, wenn feststeht, dass der Beamte generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist. Besteht auch diese nicht, muss er vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden (BVerwG, B.v. 6.11.2014 - 2 B 97/13 - juris Rn. 13, 15). Insoweit besteht auch kein Ermessen des Dienstherrn, denn bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (vgl. den Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Daher bestehen bereits Zweifel daran, ob für den Kläger aufgrund seiner lang andauernden und auch für die Zukunft bereits attestierten Dienstunfähigkeit überhaupt noch eine umfangreiche Suchverpflichtung bestand. Zweifelhaft ist vor allem, ob eine bundesweite Suchpflicht bestand, nachdem der Kläger nach dem Inhalt der ärztlichen Gutachten nur in einem Umkreis von 30 km vom Wohnort einsetzbar ist. Dies kann allerdings dahingestellt bleiben, nachdem die Beklagte ihrer Suchverpflichtung im vollen Umfang nachgekommen ist.
123
Das Gericht hält die Suche nach einer anderweitigen Verwendung, auch wenn diese bereits im Januar 2019 bzw. im Zeitraum von September 2019 bis November 2019 stattgefunden hat, im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 3. Mai 2021 noch für ausreichend aktuell.
124
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat hierzu in seiner Entscheidung vom 16. Januar 2019 (RO 1 K 17.2209 - juris Rn. 98 ff.) folgende Auffassung vertreten, die im Nachgang auch vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung vom 2. September 2019 (6 ZB 19.623 - juris Rn. 10) bestätigt wurde:
„Nach Auffassung der Kammer ist es der Behörde, wenn sie wie vorliegend eine umfassende Prüfung durchführt (ausreichend dokumentiert in der Behördenakte, siehe oben), nicht zumutbar, diese Abfrage nochmals, evtl. sogar mehrmals zu aktualisieren. Hinzukommt, dass auch der gesetzlich vorgeschriebene Ablauf des Verfahrens bei Dienstunfähigkeit (vgl. insoweit § 47 BBG) einen gewissen Zeitablauf in Anspruch nimmt. Vor Erlass des Ausgangsbescheids muss zunächst die Dienstfähigkeit medizinisch hinreichend geklärt sein, danach muss eine ausreichende Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten stattfinden und nach erfolglos abgeschlossener Suche der Kläger noch angehört werden. Gewisse zeitliche Verzögerungen, die zwischen dem Ende der Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten (§ 44 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 bis 5, § 45 BBG) und dem Erlass des Ausgangsbescheides liegen, sind naturgemäß in dem förmlich ausgestalteten Ruhestandsversetzungsverfahren angelegt und können nicht zu Lasten der Behörde gehen.“
125
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer auch für den vorliegenden vergleichbaren Fall fest.
126
Es ist auch unschädlich, dass die Antwortschreiben auf die Anfrage nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten einiger Behörden schon älterer Natur sind. Insbesondere, wenn eine Behörde generell darauf verweist, dass ein entsprechender Dienstposten bei ihr generell nicht zur Verfügung steht (beispielsweise Stellen im einfachen oder mittleren Dienst oder nicht im Umkreis von 30 km zum Wohnort des Klägers), macht es keinen Sinn, auf jede dieser Anfragen erneut antworten zu müssen.
127
Auch in dem zwischen dem Erlass der Ausgangsentscheidung vom 24. Februar 2020 und der das Verwaltungsverfahren abschließenden Widerspruchsentscheidung vom 3. Mai 2021 liegenden Zeitraum war die Abfrage (sowohl intern als auch extern) nicht nochmals zu aktualisieren (so auch VG Regensburg, U.v.16.1.2019 - RO 1 K 17.2209 -, bestätigt durch BayVGH, B.v. 2.9.2019 - 6 ZB 19.623 - juris). Eine derartige nochmalige Suchpflicht bzw. Aktualisierung der erstmaligen Suchpflicht ergibt sich schon nicht aus den gesetzlichen Bestimmungen. Hinzu kommt, dass der Kläger durch die Verweigerung an jeglicher Mitwirkung die Suche nach anderweitiger Verwendung quasi unmöglich gemacht hat. Zudem war der Kläger über den gesamten Zeitraum arbeitsunfähig krankgeschrieben und hat weiterhin Atteste zur Dienstunfähigkeit vorgelegt. Zwar obliegt es der Behörde nachzuweisen, dass sie ihrer Suchpflicht hinreichend nachgekommen ist. Das hat die Behörde allerdings hinsichtlich ihrer erstmaligen Suche im Januar 2019 bzw. ihrer Suche vom September 2019 bis zum November 2019 auch getan. Tatsächlich hatte sie eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bei der Multikanalvertrieb im Bereich Versand in W. gefunden, die der Kläger wiederum „auf das Schärfste zurückgewiesen“ hat.
128
Die seitens des Klägervertreters vorgetragene Bereitschaft zum Aufstieg in eine andere Laufbahn wurde entgegen der schriftsätzlichen Ausführungen seitens des Klägers zu keinem Zeitpunkt gegenüber der D2. P. AG artikuliert. Im Gegenteil, der Kläger hat die Teilnahme an sämtlichen in der Vergangenheit anberaumten Personalgesprächen zu seinen weiteren Verwendungsmöglichkeiten abgelehnt. Der Aufstieg in eine andere Laufbahn - hier die in den mittleren Dienst - setzt eine Ausbildung auch an der Bayerischen Verwaltungsschule voraus. Eine Ausbildung in Wohnortnähe - max. 30 km vom Wohnort des Klägers V. entfernt - scheidet dabei allerdings von vorneherein aus. Ein Aufstieg des Klägers in eine andere Laufbahn kommt daher als anderweitige Verwendungsmöglichkeit von vorneherein nicht in Betracht.
129
Für den Kläger bestand daher nach der Überzeugung des Gerichts auch keine anderweitige Verwendungsmöglichkeit gemäß § 44 Abs. 2 BBG.
130
Die Voraussetzungen für die vorzeitige Versetzung des Klägers in den Ruhestand gemäß § 44 Abs. 1 BBG lagen vor.
131
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
132
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.