VG Augsburg, Urteil v. 16.12.2021 – Au 2 K 20.1068
Titel:

Kein Verstoß der Einstellungshöchstaltersgrenze ins Beamtenverhältnis von 45 Lebensjahren gegen das Grundgesetz sowie Unionsrecht

Normenketten:
BayBG Art. 23 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 5, § 114 S. 1
BayHO Art. 48
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
AGG § 1, § 10 S. 1
Leitsätze:
1. Eine Regelung der Einstellungshöchstaltersgrenze ist vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat (ebenso BVerfG BeckRS 2015, 46108). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten stellt auch im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den ihnen zustehenden Versorgungsleistungen im Ruhestand ein legitimes Ziel iSd AGG dar. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Ausnahme von der Einstellungshöchstaltersgrenze ist nur aus Gründen des öffentlichen Interesses möglich, während in der Person des einzelnen Bewerbers liegende Gründe außer Betracht bleiben; ein dienstliches Interesse muss daher offenkundig sein, sich also jedermann geradezu aufdrängen (ebenso VG München BeckRS 2017, 153545). (Rn. 26 und 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Wegen Vorliegens versorgungswirksamer Vordienstzeiten rechtfertigt auch der Umstand, dass ein lebensälterer Bewerber bereits Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat und die sich aus diesen Anwartschaften nach Erreichen der Altersgrenze ergebenden Rentenansprüche in voller Höhe auf das Mindestruhegehalt anzurechnen wären, keine andere Beurteilung. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausnahme von der Höchstaltersgrenze, dringendes öffentliches Interesse, Gewinnung von qualifizierten Spezialkräften, Einstellungshöchstaltersgrenzen, Diskriminierung, Mindestruhegehalt, versorgungswirksame Vordienstzeiten, Rentenanwartschaften, Unionsrecht
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 07.03.2022 – 3 ZB 22.358
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48103

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt die Übernahme in das Beamtenverhältnis.
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Der am ... geborene Kläger steht als Oberstudienrat im Beschäftigungsverhältnis (OStR i. BV.) in einem Angestelltenverhältnis mit dem Beklagten. Nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums der klassischen Philologie und Katholischen Theologie für das Lehramt an Gymnasien absolvierte der Kläger als Studienreferendar den praktischen Vorbereitungsdienst für das Lehramt und schloss diesen im Sommer 1983 mit dem zweiten Staatsexamen ab. Es erfolgte mangels ausreichender Planstellen keine Übernahme des Klägers in den Staatsdienst. Am 8. September 2002 begann der Kläger als angestellter Lehrer seine Tätigkeit zunächst befristet und ab August 2003 unbefristet am A-Gymnasium in B, bis er zum Schuljahr 2005/2006 auf eigenen Wunsch an das C-Gymnasium in D versetzt wurde.
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Mit Schreiben vom 13. November 2018 beantragte der Kläger die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) trotz Überschreitung der Altersgrenze (Vollendung des 45. Lebensjahres) gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG. Sein Beschäftigungsverhältnis zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Angestellter des Beklagten stelle eine ungerechtfertigte Diskriminierung dar. Sein reguläres Eintrittsdatum für den Ruhestand sei der 28. Februar 2022. Spätestens zu diesem Zeitpunkt würde er die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts für eine Mindestdienstzeit von 19,5 Jahren (234 Monate), was eine Verbeamtung unabhängig von der Altersgrenze rechtfertige, erfüllen.
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Mit am 8. Februar 2019 zugestelltem Bescheid des X vom 5. Februar 2019 wurde der Antrag des Klägers abgelehnt. Eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG sei im vorliegenden Fall nicht möglich. Eine solche Ausnahme bedürfe der Zustimmung des Y und sei nur zulässig, wenn an der Gewinnung von bestimmten Bewerbern ein dringendes öffentliches Interesse bestehe. Die Zustimmung zu einer Ausnahme von der Altersgrenze könne regelmäßig nur zur Gewinnung von qualifizierten Spezialkräften erteilt werden, wenn bei einem außerordentlichen Mangel an geeigneten, lebensjüngeren Bewerbern unter Berücksichtigung aller Umstände - insbesondere auch der entstehenden Versorgungslasten - die Übernahme offensichtlich einen erheblichen Vorteil für den Staat bedeute oder die Ablehnung der Übernahme zu einer erheblichen Schädigung der Staatsinteressen führen könne. Diese sehr streng auszulegenden Voraussetzungen seien bei einer Übernahme aus einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten regelmäßig nicht erfüllt. Eine Lehrkraft könne zudem nicht als Spezialkraft angesehen werden. Der Antrag des Klägers auf Ausnahme von der Altersgrenze hätte daher beim Y keine Erfolgsaussichten. Die Verweise des Klägers auf Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts würden ins Leere laufen, da diese insbesondere darauf abzielen würden, dass das Landesbeamtengesetz Nordrhein-Westfalen keine hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung zur Festsetzung von Einstellungshöchstaltersgrenzen beinhalte. Da eine solche in Bayern mit Art. 23 BayBG gegeben sei, würden diese Beschlüsse nicht zum Tragen kommen. Im Übrigen sei bereits am 8. Oktober 2002 festgestellt worden, dass eine Verbeamtung aufgrund der festgelegten Altersgrenze im Fall des Klägers nicht möglich sei, da er bereits zu diesem Zeitpunkt die Höchstaltersgrenze überschritten habe.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 8. Februar 2019 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des X vom 31. März 2020, zugestellt am 2. April 2020, zurückgewiesen wurde.
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Dagegen ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Mai 2020, eingegangen am selben Tag, beim Verwaltungsgericht München Klage erheben und beantragen,
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Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Februar 2019 und des Widerspruchbescheids vom 31. März 2020 verpflichtet, den Kläger in das Beamtenverhältnis zu übernehmen.
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Das gegenwärtige Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Angestellter des Beklagten stelle eine ungerechtfertigte Diskriminierung dar. Er erfülle das der Altersgrenze zugrundeliegende wesentliche Beurteilungskriterium zur Rechtfertigung einer Verbeamtung auf Lebenszeit weit mehr als das Richtmaß von 19,5 Jahren. Das X habe seine Lebensdienstzeiten und somit die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht berücksichtigt. Spätestens zum Zeitpunkt seines regulären Ruhestandseintritts hätte der Kläger die Mindestdienstzeit von 19,5 Jahren erreicht. In allen Anstellungsphasen sei der Kläger in Vollzeit beschäftigt gewesen. Der Beklagte habe bezüglich der Pensionszahlungen keine Mehrbelastung zu befürchten, da der Kläger bislang ausschließlich nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) rentenversichert sei. Die Ehefrau des Klägers beziehe eine eigene Rente in einer Höhe, die einen Versorgungsanspruch als Hinterbliebene ausschließen würde. Es liege unter Berücksichtigung der dem Beklagten gegenüber tatsächlich erbrachten Leistungen eine deutliche Benachteiligung im Vergleich zu einer verbeamteten Lehrkraft in Teilzeit vor. Den Antrag auf Übernahme in den staatlichen bayerischen Gymnasialdienst habe der Kläger am 4. März 2001 und somit vor Vollendung seines 45. Lebensjahres gestellt. Grund dafür seien die Berichte über die dramatischen Lücken in der Versorgung der Gymnasien mit qualifizierten Lehrkräften gewesen. Es hätten über Jahre hinweg größere Pensionierungswellen angestanden, ohne Aussicht darauf - aufgrund der geringen Anzahl von Lehramt-Studierenden - diese Lücken zu schließen. Das bedeute, dass der Beklagte ein besonderes Interesse gehabt habe, qualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen. Der Vertrag des Klägers von September 2002 sei schon nach einem Monat aufgrund des mangelbedingten besonderen Interesses oder auch wegen des hinterlassenen Eindrucks des Klägers vorzeitig entfristet worden. Die damalige Rechtsauffassung zu Art. 23 Abs. 1 BayBG habe jedoch eine Verbeamtung nicht mehr zugelassen. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs und Bundesverfassungsgerichts hätten diese starre Altersgrenze erst in den Jahren 2011 und 2015 unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zur Verhütung der Diskriminierung wegen Alters korrigiert. Das darauffolgende Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 setze sich sehr differenziert mit den Möglichkeiten des Spielraums auseinander und gewähre ein weites Gestaltungsermessen, jedoch nicht - wie letztendlich genutzt - als Werkzeug einer starren Restriktion durch Verfestigung der Altersgrenze alleine zum Vorteil des Beklagten. In Folgeurteilen und Kommentaren sei die Berechnungsgrenze von 19,5 Jahren als Orientierung mit individuellem Gestaltungsspielraum, sog. Finanzierungspuffer, gewertet worden, zum Beispiel entsprechend der Demographie, der Bedürfnisse der Finanzkraft des Dienstherrn und zuletzt als Spielraum für Einzelfälle. Der Beklagte habe die Aufforderung, seinen Ermessensspielraum zu überprüfen und bei Berechtigung anzuwenden, nicht beachtet.
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Art. 23 BayBG sei teleologisch auszulegen. Das Ziel der Norm sei eine ausgeglichene Altersstruktur. Dieses Ziel werde jedoch nicht erreicht, da die Einstellungspolitik seit Jahren zyklisch geprägt sei. Das Bundesverfassungsgericht habe zuletzt im Jahr 2015 die Berechnungsgrenze, ab der eine Parität zwischen Kosten und Nutzen erreicht sei und Art. 23 BayBG nicht mehr greife, auf 19,5 Jahre festgelegt. Das sei vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2020 als Richtmaß bestätigt und als Mindestanforderung übernommen worden. Unter diesem Gesichtspunkt sei vor der formalen Anwendung des Art. 23 BayBG zuerst zu prüfen, ob dadurch nicht Unrecht geschaffen werde. Dies sei in den streitgegenständlichen Bescheiden unterlassen worden. Es seien nicht einmal die Dienstzeiten nachgerechnet worden. Trotz Eignung und erbrachter Leistung werde der Kläger von der besonderen Fürsorge des Beklagten ausgeschlossen, obwohl von ihm die gleiche Treue, Pflichterfüllung und Leistung erwartet werde. Der Kläger sehe das Verhältnis von Kosten und Nutzen auf seiner Seite nicht gewahrt, da er den überwiegenden Teil seines (Arbeits-)Lebens dem Beklagten direkt zur Verfügung gestellt habe.
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Dazu äußerte sich der Beklagte mit Schreiben des X vom 30. Dezember 2020. Für ihn ist beantragt,
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Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
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Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG dürfe in das Beamtenverhältnis nicht berufen werden, wer bereits das 45. Lebensjahr vollendet habe. Zum Zeitpunkt seiner Einstellung im Jahr 2002 sei der Kläger 46 Jahre alt gewesen; mittlerweile habe er das Alter von 64 Jahren erreicht. Damit sei von Gesetzes wegen eine Verbeamtung nicht mehr möglich. Ausnahmen könne die oberste Dienstbehörde zulassen, wobei vorliegend das Einvernehmen des Y erforderlich wäre. In ständiger Verwaltungspraxis würden Ausnahmen nur gewährt werden, wenn an der Gewinnung von bestimmten Bewerbern ein dringendes öffentliches Interesse bestehe. Gründe, die in der Person des Einzelnen liegen würden, wie das Streben nach einer gesicherten Stellung oder einer besseren Versorgung, würden bei der Entscheidung außer Betracht bleiben. Bereits der Umstand, dass der Kläger in gut einem Jahr die Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestandseintritt erreiche, stehe dem geforderten öffentlichen Interesse an einer Verbeamtung, das nur gegeben sein könnte, um die Arbeitsleistung des Klägers langfristig zu erhalten, entgegen. Vielmehr habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die bayerische Einstellungshöchstaltersgrenze verfassungskonform sei. Die zur Erdienung der Mindestversorgung erforderliche Dienstzeit betrage rechnerisch 19,5 Jahre. Diese rechnerische Größe stelle aber lediglich eine Orientierungshilfe und keine bindende Vorgabe für die Bestimmung des Einstellungshöchstalters dar. Dem Landesgesetzgeber stehe ein Spielraum zu. Bei der rechtlichen Beurteilung könne darüber hinaus berücksichtigt werden, dass die Altersgrenze von 45 Jahren ohnehin ziemlich hoch angesetzt sei und bei der Einstellung noch älterer Bewerber die zeitliche Diskrepanz zwischen der aktiven Dienstzeit und der Dauer des Ruhestands unverhältnismäßig wachsen würde. Aufgrund des in der bayerischen Regelung großzügig bemessenen Korridors für die Übernahme in das Beamtenverhältnis bestehe zudem kein Erfordernis, weitgehende Ausnahmen zu statuieren. Unabhängig davon könne der Kläger die seiner Meinung nach maßgebliche Mindestzeit von 19,5 Jahren nicht mehr erbringen, da er bereits in weniger als eineinhalb Jahren altersbedingt in den Ruhestand zu versetzen wäre. Die außerhalb eines Beamtenverhältnisses erbrachten Ausbildungs- und Tätigkeitszeiten könnten beamtenrechtlichen Dienstzeiten insoweit nicht gleichgestellt werden. Denn der Kläger habe dem Dienstherrn in dieser Zeit gerade nicht als Beamter mit dem speziell für das Beamtenverhältnis geltenden Rechtsregime zur Verfügung gestanden und auch keine Versorgungsleistungen des Dienstherrn für den Ruhestand „erwirtschaftet“. Vielmehr seien die Tätigkeitszeiten außerhalb des Beamtenverhältnisses regelmäßig durch Beitragszahlungen an die gesetzliche Rentenversicherung gekennzeichnet, die dafür nach Erreichen der Altersgrenze Rentenleistungen erbringe. Des Weiteren sei auch die unmittelbare Übernahme aus einem Arbeitsverhältnis in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ausgeschlossen. Das Beamtenrecht setze vor einer Lebenszeitverbeamtung stets eine Bewährungszeit im Beamtenverhältnis auf Probe voraus, um feststellen zu können, ob allen Anforderungen des Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit dauerhaft Genüge getan werden könne. Vordienstzeiten könnten zwar im Einzelfall zu einer Verkürzung der regelmäßigen Probezeit von zwei Jahren führen, nicht jedoch zu einem gänzlichen Entfallen. Eine Ausnahme nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da die Voraussetzungen nicht vorlägen. Es sei für die Entscheidungsfindung unerheblich, dass nach dem Vortrag des Klägers in den Jahren 2000 bis 2010 ein Mangel an Lehrkräften an den Gymnasien in Bayern für die Fächerverbindung Katholische Religionslehre und Latein vorgelegen habe, da ein außerordentlicher Mangel an geeigneten, lebensjüngeren Bewerbern nicht zum Zeitpunkt der Einstellung des Klägers, sondern zum Zeitpunkt seines Antrags auf Übernahme in das Beamtenverhältnis im Jahr 2018 bestehen müsse. Da ein entsprechender außerordentlicher Mangel zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegen habe, sei eine zwingende Voraussetzung für eine Ausnahme nicht gegeben.
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Dazu äußerte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 12. Februar 2021 und legte eine persönliche Stellungnahme des Klägers vor. Durch die Entscheidungen des Beklagten werde das Grundrecht des Klägers auf Schutz vor Diskriminierung wegen Alters verletzt. Der Handlungsrahmen des Beklagten werde ausschließlich durch die pauschale Anwendung des Art. 23 BayBG oder mit Verweis auf vermeintlich identisch gelagerte Fälle vorgegeben. Die Haltung des Beklagten, zur Vermeidung von Präzedenzfällen nicht von der bisherigen Linie abzuweichen, überspringe zwangsläufig eine angemessene Abwägung und führe zu restriktiven Ergebnissen. Es bestehe keine Vergleichbarkeit mit den Fällen, die bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden worden seien. Es gebe aber keinen Zweifel daran, dass bei der Abwägung im Fall des Klägers eine Ausschöpfung des Spielraums zu dessen Gunsten von dem Beklagten nicht ausreichend beachtet worden sei. Kernaussage aller Urteile sei, dass bei Erfüllung der Mindestanforderungen, die an eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit geknüpft seien, und, wenn dem Beklagten dadurch kein Nachteil entstehe, das Kriterium des Höchstalters den Tatbestand der Diskriminierung wegen Alters erfülle. Unstreitig sei, dass der Kläger die vorgegebenen Zeiten von 19,5 Jahren wegen seiner Tätigkeit als Lehrer an Gymnasien im Angestelltenverhältnis und als Studienreferendar auch ohne Anrechnung der pensionswirksamen Studienzeiten vollständig erfüllt habe. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG fordere die Zustimmung des Y , insbesondere zur Überprüfung, ob durch die Übernahme des Klägers dem Beklagten Versorgungslasten zufallen würden, die ihm keinen erheblichen Vorteil bieten bzw. der Gefahr einer erheblichen Schädigung aussetzen würden. Den erheblichen Vorteil habe der Beklagte schon gezogen, weil der Kläger in einer außerordentlichen Mangelsituation seinen Dienst zur Verfügung gestellt und insgesamt genügend Dienstjahre abgeleistet habe. Eine erhebliche Schädigung durch Versorgungslasten könne ausgeschlossen werden. Die fehlende zukünftige Arbeitsleistung wegen des anstehenden Eintritts in den Ruhestand habe der Kläger schon erbracht, ohne in den Genuss der Vorteile zu kommen, die vergleichbare Personen bekommen würden. Es liege ein angemessenes Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit vor. Da im Fall des Klägers auf die gegebenenfalls noch auszuzahlenden Pensionslasten seine Anwartschaften in der Rentenversicherung und der Zusatzversicherung anzurechnen seien, habe der Beklagte keine unangemessenen Leistungsverpflichtungen zu befürchten. Zwar sei der Aufwand des Beklagten für Beihilfeleistungen im Alter erfahrungsgemäß höher. Dieser Umstand trete aber nicht zwingend bei jedem Beamten ein. Die mit der Ablehnung der Übernahme in ein Beamtenverhältnis einhergehende Verweigerung von Beihilfeleistungen würde den Kläger im Vergleich zu Kollegen, die in das Beamtenverhältnis übernommenen wurden, schlechter stellen. Es sei damit der Tatbestand der Diskriminierung wegen Alters erfüllt. Die Probezeit einer angestellten Lehrkraft sei adäquat zur Probezeit eines Beamten. Die Befristung seines Angestelltenvertrags entspreche der Probezeitregelung eines Studienrates. Außerdem habe der Kläger in den letzten 19 Jahren eine Probezeit abgeleistet. Der Maßstab des Begriffs „besonderer Vorteil“ sei fast beliebig dehnbar. Im Fall des Klägers liege er vor, da der Beklagte im Jahr 2002 ein besonderes Interesse daran gehabt habe, dringend benötigte voll ausgebildete Lehrkräfte einzuwerben. Da damals die Lücken nicht durch geeignete Bewerber hätte geschlossen werden können, sei der Fachunterricht an den Gymnasien jahrelang Laien anvertraut worden. Deshalb sei der Antrag des Klägers auf Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erst mit dem Datum der Antragstellung anzusetzen. Der Anspruch auf Gleichbehandlung sei ab der Einstellung des Klägers im Jahr 2002, spätestens ab Umwandlung des befristeten in einen unbefristeten Vertrag im Jahr 2003, entstanden. Während der gesamten Dienstzeit des Klägers habe er bei einer gleichen Arbeitsleistung nicht das gleiche verfügbare Einkommen eines Beamten in einer vergleichbaren Stellung erzielt. Das liege auch daran, dass er Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und zu einer vergleichbaren Absicherung im Krankheitsfall, trotz der Arbeitgeberanteile, mit erheblich höherem Aufwand selbst finanziert habe. Die erworbenen Rentenansprüche und die zusätzliche Altersversorgung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst würden ein niedrigeres verfügbares Einkommen als das eines Beamten in Pension mit vergleichbarer Dienstzeit darstellen.
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Dazu nahm der Beklagte mit Schriftsatz des X vom 6. April 2021 Stellung. Art. 23 BayBG sei nicht nur verfassungs-, sondern auch europarechtskonform. Eine Altersdiskriminierung des Klägers und ein damit einhergehender Verstoß gegen Unionsrecht liege nicht vor. Die Altersgrenze stelle keinen Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben dar, die in § 1 ff. AGG ihre Umsetzung gefunden hätten. Nach § 10 Satz 3 Nr. 3 AGG könne die Festsetzung eines Höchstalters zur Sicherstellung einer angemessenen Beschäftigungszeit vor Eintritt in den Ruhestand eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Dies sei auch in der unionsrechtlichen Richtlinie niedergelegt und dementsprechend in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt. Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten sei ein legitimes Ziel der geltenden Regelung. Art. 23 Abs. 1 BayBG stelle im Hinblick auf das Lebenszeitprinzip sicher, dass die Versorgungsansprüche einer angemessenen Dienstzeit gegenüberstehen. Bei der Festlegung des konkreten Alters stehe dem Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zu, von dem er durch Art. 23 Abs. 1 BayBG in zulässiger Weise Gebrauch gemacht habe. Weitere Ausnahmen - neben der Gewinnung qualifizierten Personals - seien angesichts der hohen Altersgrenze in Bayern von 45 Jahren nicht angezeigt. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG sei eine Ausnahmevorschrift. Die gesetzlich möglichen Ausnahmen dürften der Zwecksetzung der Regelung nach Inhalt und Ausmaß nicht widersprechen. Deswegen sei für die Gewährung einer Ausnahme ein besonderes dienstliches oder öffentliches Interesse geboten. Damit würden Gründe, die allein in der Person des Bewerbers liegen, als Rechtfertigung wegfallen. Es bestehe gerade dann kein öffentliches Interesse für eine Ausnahme, wenn der Bewerber sich schon in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis befinde. Die Einzelfallentscheidung hinsichtlich des Antrags des Klägers sei nicht verfassungs- und europarechtswidrig. Für solche Fälle hätte der Gesetzgeber eine Ausnahme vorsehen müssen. Dies sei aber nicht der Fall. Der Beklagte habe sein Ermessen erkannt und in rechtmäßiger Weise ausgeübt. Er habe sich insbesondere an den Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht orientiert. Es habe kein pauschaler Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen vorgelegen. Aus einer langjährigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst als Arbeitnehmer erwachse kein Anspruch auf Verbeamtung wenige Jahre vor Eintritt des Versorgungsfalls. Soweit vorgetragen werde, dass der Kläger mit seiner Zeit im Beschäftigtenverhältnis eine notwendige Mindestdienstzeit schon geleistet habe, gehe das fehl. Die außerhalb des Beamtenverhältnisses erbrachten Dienstzeiten seien hierauf nicht anrechenbar, weil sie nicht unter der Maßgabe des öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses des Berufsbeamtentums geleistet worden seien. Es spiele keine Rolle, dass erworbene Rentenansprüche auf die Pensionsansprüche angerechnet werden könnten. Die Verschiebung von tatsächlicher Dienstzeit und Ruhestandzeit werde dadurch nicht (vollständig) aufgewogen. Denn die vorangegangenen Beschäftigungszeiten würden wiederum den Versorgungsanspruch erhöhen, wenn sie ruhegehaltsfähige Vordienstzeiten darstellten. Das sei bei Vordienstzeiten von Lehrern im öffentlichen Schuldienst der Fall. Rentenanwartschaften in vergleichbarem Umfang würden in vielen Fällen bei Einstellungen nach Vollendung des Vorbereitungsdienstes vorliegen. Dennoch habe sich der Gesetzgeber entschieden, ohne eine solche Differenzierung die Nichtverbeamtung als Regelfall anzusehen. Der Beklagte habe vorliegend keinen Anlass gesehen, sich über diese gesetzgeberische Wertung hinwegzusetzen und deshalb in rechtskonformer Ausübung seines Ermessens die Verbeamtung abgelehnt. Das Berufen des Klägers auf eine außergewöhnliche Notsituation im Jahr 2002 könne keine Ausnahme rechtfertigen. Dieser Zeitpunkt sei für den Antrag irrelevant, da es ausschließlich auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankomme. Dies sei auch vor dem Hintergrund nicht angebracht, dass der Kläger sowohl im Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 2002 als auch im Arbeitsvertrag vom 1. August 2003 in einer Nebenabrede bestätigt habe, dass die Voraussetzungen für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht vorliegen würden. Soweit sich der Kläger durch seine langjährige Tätigkeit als Arbeitnehmer rechtswidrig benachteiligt sehe, werde darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis und das Beamtenverhältnis grundverschieden in Rechten und Pflichten ausgestaltet seien. Diese Unterschiede seien durch die Verschiedenheit der Systeme sachlich begründet und würden keine unzulässige Diskriminierung darstellen. Bei der Beamtenbesoldung und dem Entgelt für Arbeitnehmer handle es sich um zwei grundlegend verschiedene, eigenständige Systeme. Die Bezahlung der Lehrkräfte im Arbeitsverhältnis sei tarifvertraglich geregelt. Der Beklagte sei verpflichtet, die von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geschlossenen Tarifverträge einzuhalten. Auch bei der Beamtenversorgung und der Arbeitnehmerrente handle es sich um zwei grundlegend unterschiedliche Systeme. Allein ein Rückgriff auf einen Nettovergleich anhand von Durchschnittswerten sei nicht möglich. Zum einen herrsche grundsätzlich eine unterschiedliche Struktur der Beschäftigten und zum anderen würden meist verschiedene Erwerbsbiografien vorliegen. Im Beamtenbereich gebe es beispielsweise keine Arbeitslosenzeiten oder Berufswechsel. Ein weiterer Unterschied sei auch die Tatsache, dass die Beamtenversorgung eine Vollversorgung der Ruhestandsbeamten darstelle. Die Rente sei hingegen nur ein Teil des sogenannten Drei-Säulen-Modells, in dem neben ihr auch noch die Betriebsrente und die private Vorsorge stehen würden.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers führte hierzu mit Schriftsatz vom 12. Mai 2021 aus, dass die Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit für den Beklagten keinen Nachteil darstelle, vor dem er gemäß Art. 23 BayBG und der daran anknüpfenden Rechtsprechung geschützt werden sollte. Fakt sei, dass der Kläger trotz nachweislich erbrachter Leistungen für den Beklagten gegenüber einem Beamten mit gleicher Dienstzeit schlechter behandelt werde, also im Sinne des Diskriminierungsverbots wegen Alters diskriminiert werde. Sein Titel „OStR i. BV.“ stelle ein Hinweis auf die unklare und prekäre Situation dar. Der Kläger trage zwar einen Titel, der nach herkömmlicher Ansicht nur einem Beamten zustehe, werde aber schlechter behandelt, obwohl an das Dienstverhältnis als Angestellter zwischenzeitlich analog zum Berufsbeamten die gleichen Anforderungen gestellt würden. Als besonders entwürdigend empfinde der Kläger die Argumentation, dass sein Dienstverhältnis und somit seine im Angestelltenverhältnis durchgehend erbrachten Leistungen als vergleichsweise minderwertig eingestuft würden. Diese Leistungen seien aber dauerhaft erwartet und vom Kläger fehlerfrei erbracht worden. Vom Kläger werde weiter beanstandet, dass seitens des Beklagten nicht auf den Grenzwert von 19,5 Jahren im Hinblick auf die Bewertung seiner längeren Dienstzeit eingegangen worden sei. Die Differenzierung seines Dienstverhältnisses als Arbeitnehmer gegenüber einem Beamtenverhältnis könne vom Kläger nicht bestätigt werden. Vom Kläger sei mindestens genauso viel wie von seinen vergleichbaren verbeamteten Kollegen verlangt worden. Die Nachteile würden insoweit beim Kläger verbleiben. Dem Beklagten würden wegen seiner tatsächlich erbrachten Dienstzeit keine Nachteile aus der Verbeamtung des Klägers entstehen.
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Mit Schreiben vom 21. April 2021 hat der Kläger beim Beklagten die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf bzw. auf Zeit beantragt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des X vom 28. Mai 2021 abgelehnt. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 4. Juni 2021 Widerspruch ein.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 5. Juni 2020 wurde der Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen.
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Die Parteien haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Blatt 95 und 97 der Gerichtsakte).
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hierauf übereinstimmend verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
21
Da es an einer Rechtsgrundlage für den begehrten gebundenen Anspruch des Klägers auf Übernahme in das Beamtenverhältnis fehlt und die Gewährung einer Ausnahme von der Höchstaltersgrenze nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG im Ermessen der obersten Dienstbehörde steht, war der Antrag des Klägers auf Übernahme in das Beamtenverhältnis dahingehend auszulegen, dass der Beklagte verpflichtet wird, über die Gewährung einer Ausnahme nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Neuverbescheidung seines Antrags vom 13. November 2018, § 113 Abs. 5 VwGO. Vielmehr erweisen sich der Bescheid vom 5. Februar 2019 und der Widerspruchsbescheid vom 31. März 2020 jeweils vom X als rechtmäßig.
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Die erfolgte Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis findet in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG ihre Rechtsgrundlage. Demnach darf nicht in das Beamtenverhältnis berufen werden, wer bereits das 45. Lebensjahr vollendet hat. Ausnahmen kann nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG die oberste Dienstbehörde zulassen (Halbsatz 1). Hierfür ist nach Halbsatz 2 bei Beamten und Beamtinnen des Staates das Einvernehmen des Y erforderlich. Das ist zudem auch in Art. 48 Haushaltsordnung des Freistaates Bayern (BayHO) geregelt, wonach Einstellungen und Versetzungen von Beamten in den Staatsdienst der Einwilligung des für ... zuständigen ... bedürfen, wenn der Bewerber bereits das 45., bei Hochschullehrern das 52. Lebensjahr vollendet hat. Die Ausnahmeentscheidungen, also die der jeweils zuständigen obersten Dienstbehörde und die Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens des Y, haben jeweils nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu ergehen.
24
Die hier maßgebliche Regelung der Einstellungshöchstaltersgrenze verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht. Zwar stellt die Regelung einen Eingriff in die Grundrechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG (Zugang zu öffentlichen Ämtern) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) dar. Sie ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor dem Hintergrund des beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzips gerechtfertigt, wonach der Dienstherr ein berechtigtes Interesse an einem angemessenen Verhältnis zwischen Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit hat (BVerfG, B.v. 21.4.2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 - juris Rn. 75 ff.). Aus demselben Grund liegt auch kein Verstoß gegen die RL 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) sowie gegen das zur Umsetzung dieser Richtlinie ergangene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897) vor (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2016 - 2 C 11.15 - juris Rn. 20 ff. zur Einstellungshöchstaltersgrenze in § 14 Abs. 3 LGB NRW; BayVGH, B.v. 2.3.2020 - 3 ZB 19.1090 - juris Rn. 3). Die Einstellungshöchstaltersgrenze stellt zwar eine Benachteiligung wegen des Alters im Sinne des § 1 AGG dar. Nach § 10 Satz 1 AGG ist aber eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sein. Diese Regelungen stimmen inhaltlich mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG überein. Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das der Höchstaltersgrenze nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG zugrunde liegt, stellt ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG dar. Die Berechtigung dieser Erwägung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den ihnen zustehenden Versorgungsleistungen im Ruhestand. Eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zum Beamtenverhältnis stellt dem Grunde nach ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen (BVerwG, U.v. 20.9.2018 - 2 A 9.17 - juris Rn. 48; U.v. 11.10.2016 a.a.O. Rn. 23). Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL 2000/78/EG (§ 10 Satz 3 Nr. 3 AGG) belegt, wonach gerechtfertigte Ungleichbehandlungen wegen des Alters, welche keine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie darstellen, insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen (EuGH, U.v. 13.11.2014 - Pérez, C-416/13 - juris Rn. 65; BayVGH, B.v. 2.3.2020 - 3 ZB 19.1090 - juris Rn. 4 ff.). Eine Altersdiskriminierung des Klägers ist demnach aufgrund der Ablehnungsentscheidung des X nicht ersichtlich. Diese konnte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf Art. 23. Abs. 1 Satz 1 BayBG gestützt werden.
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Die im Ermessen stehende Entscheidung, eine Ausnahme von der Altersgrenze nicht zuzulassen, die nur in den Grenzen des § 114 Satz 1 VwGO zu überprüfen ist, ist inhaltlich nicht zu beanstanden.
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Vorliegend kommt eine solche Ausnahme nicht in Betracht, da nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BayBG bzw. Art. 48 BayHO die Einwilligung bzw. das Einvernehmen des Y erforderlich wäre. Nach den Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Haushaltsordnung i.d.F. vom 5. Juli 1973 (FMBl. S. 259), zuletzt geändert am 2. Januar 2017, hinsichtlich Art. 48 BayHO ist geregelt, dass die Einwilligung des ... „grundsätzlich nur zur Gewinnung von qualifizierten Spezialkräften erteilt werden [kann], wenn bei einem außerordentlichen Mangel an geeigneten jüngeren Bewerbern unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere auch der entstehenden Versorgungslasten, die Übernahme offensichtlich einen erheblichen Vorteil für den Staat bedeutet oder die Ablehnung der Übernahme zu einer erheblichen Schädigung der Staatsinteressen führen könnte“ (Nr. 1). Eine Übernahme von Arbeitnehmern des Freistaats Bayern in das Beamtenverhältnis nach Vollendung des 45. Lebensjahres kommt danach grundsätzlich nicht in Betracht (Nr. 1.1). Grundsätzlich soll aus dem Ausnahmecharakter der Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BayBG bzw. Art. 48 BayHO sogar hervorgehen, dass Ausnahmen nur aus Gründen des öffentlichen Interesses möglich seien, während Gründe, die in der Person des einzelnen Bewerbers lägen, außer Betracht bleiben müssten (vgl. VG München, U.v. 7.10.2015 - M 5 K 14.4460 - juris Rn. 21; zur Vorgängerregelung des Art. 10 BayBG: VG Ansbach, U.v. 21.9.2004 - An 1 K 03.01574 - juris Rn. 30). Eine Ausnahme vom Grundsatz der „Gewinnung“ und damit eine Erweiterung des Rahmens für die Ermessensausübung kann demgegenüber nur in einer Fallgestaltung vorliegen, in der das dienstliche Interesse offenkundig ist, sich also jedermann geradezu aufdrängen muss (VG München, U.v. 26.9.2017 - M 5 K 17.629 - juris Rn. 31).
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Eine solche Fallkonstellation liegt beim Kläger, der seit dem Jahr 2002 in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beklagten steht, nicht vor. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Gewährung einer Ausnahme und die Prüfung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses ist der Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers am 13. November 2018. Auf den Zeitpunkt seiner (Wieder-)Einstellung kommt es ebenso wie auf den Zeitpunkt, zu dem sein Arbeitsverhältnis entfristet wurde, nicht an. Es wurde im Übrigen unter § 5 Nr. 2 des befristeten Arbeitsvertrags vom 15. Oktober 2002 zwischen dem Kläger und dem Beklagten die Nebenabrede vereinbart, dass eine Verbeamtung aufgrund der gesetzlich festgelegten Altersgrenze nicht möglich ist. Unter § 5 Nr. 1 des unbefristeten Arbeitsvertrags vom 1. August 2003 wurde die Nebenabrede vereinbart, dass durch die Eingehung dieses Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht begründet wird. Ein Rückgriff auf einen dieser Zeitpunkte würde den jeweiligen Nebenabreden entgegenstehen. Zudem regelt § 8 Abs. 4 BeamtStG, dass eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig und insoweit unwirksam ist. Die Annahme, ein früherer Zeitpunkt sei maßgeblich für die Gewährung einer Ausnahme, würde dem Sinn und Zweck dieser Norm widersprechen. Deshalb ist der Vortrag des Klägers hinsichtlich eines außerordentlichen Mangels an geeigneten jüngeren Bewerbern für die Fächerkombination Latein und Katholische Religionslehre in den Jahren 2000 bis 2010 für die Entscheidung des Beklagten nicht von Bedeutung. Ein solcher Mangel wurde für das Jahr 2018 weder behauptet, geschweige denn substantiiert dargelegt.
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Des Weiteren kann sich der Kläger auf die Ausnahmevorschrift des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG nicht berufen, weil sie allein im öffentlichen Interesse besteht. Ein subjektives Recht eines Bewerbers auf ein öffentliches Amt begründet sie nicht. Nach der Schutznormtheorie vermitteln nur solche Rechtsvorschriften subjektive Rechte, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Das gilt für Normen, die das geschützte Recht sowie einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen (BVerwG, U.v. 10.4.2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129 Rn. 19). Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG dient auch nicht zum Teil dem Schutz individueller Rechte. Die der Organisationsgewalt des Dienstherrn unterstehende Befugnis, zur Erledigung seiner Aufgabe den Stellen- und Amtsbedarf festzustellen, steht ausschließlich im öffentlichen Interesse (BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 2 C 11.11 - BVerwGE 145, 237 Rn. 20). Die Norm gewährt dem Dienstherrn allein im öffentlichen Interesse die Möglichkeit, von der Einstellungshöchstaltersgrenze Ausnahmen zuzulassen. Gründe, die in der Person des einzelnen Bewerbers liegen, haben außer Betracht zu bleiben (vgl. VG München, U.v. 7.10.2015 - M 5 K 14.4460 - juris Rn. 21).
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Dem steht der klägerische Vortrag hinsichtlich der von ihm schon (mindestens) erbrachten 19,5 Jahren Lebensdienstzeit - zumindest bis zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Ruhestand - und sein Verweis auf eine entsprechende Rechtsprechung nicht entgegen. Nach bayerischem Landesrecht beträgt das Ruhegehalt mindestens 35 v.H. der ruhegehaltsfähigen Bezüge (Art. 26 Abs. 5 Satz 1 BayBeamtVG). Die zur Erdienung der Mindestversorgung erforderliche Dienstzeit beträgt 19,5 Jahre, da der Ruhegehaltssatz nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG für jedes Jahr ruhegehaltsfähiger Dienstzeit 1,79375 v.H. beträgt. Diese rechnerische Größe stellt eine Orientierungshilfe, aber keine bindende Vorgabe für den Landesgesetzgeber zur Bestimmung einer Einstellungshöchstaltersgrenze dar. Dem Landesgesetzgeber steht insoweit ein Spielraum zu. Er muss sich nicht strikt an der zur Erdienung einer Mindestversorgung erforderlichen Dienstzeit von 19,5 Jahren orientieren, sondern darf eine gewisse weitere Zeitspanne als „Finanzierungspuffer“ berücksichtigen (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 14.2.2019 - 2 BvR 2781/17 - juris Rn. 22). Bei der Festlegung des konkreten Höchstalters durch Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG hat der Gesetzgeber in zulässiger Weise von seinem Ermessensspielraum Gebrauch gemacht. Insbesondere hat er sich an der Mindestdienstzeit von 19,5 Jahren orientiert. Als zusätzlicher „Finanzierungspuffer“ wurden 2,5 Jahre bestimmt. Das ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Einstellungshöchstaltersgrenze verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen Unionsrecht (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2020 - 3 ZB 19.1090 - juris Rn. 3).
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Es ist auch nicht zu bemängeln, dass das X in seiner Ablehnungsentscheidung nicht auf das Kriterium einer Mindestdienstzeit von 19,5 Jahren eingegangen ist, da sich diese in der Rechtsprechung entwickelte Orientierungshilfe an den Gesetzgeber zur Festsetzung einer Einstellungshöchstgrenze richtet und nicht bei deren Anwendung im Einzelfall zum Tragen kommt. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Frage, ob eine Ausnahme von der Einstellungshöchstgrenze zugelassen werden kann, ist allein das Vorliegen eins öffentlichen Interesses maßgeblich. Zudem können die bisherigen Dienstzeiten des Klägers auch nicht als Dienstzeiten in einem Beamtenverhältnis angesehen werden. Die Pflichten eines Beamten gehen in ihrer Rechtsqualität (z.B. Streikverbot) über die Pflichten eines Angestellten in einem Beschäftigtenverhältnis hinaus. Der Kläger würde zum einen die für eine Mindestversorgung notwendigen (Beamten-)Dienstzeiten von 19,5 Jahren nicht mehr leisten können. Zum anderen wäre es für den Kläger auch nicht mehr möglich, die zwingend notwendige Probezeit (§ 10 BeamtStG) vor Eintritt in den Ruhestand zu absolvieren.
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Auch der Umstand, dass der Kläger als lebensälterer Bewerber bereits Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat und die sich aus diesen Anwartschaften nach Erreichen der Altersgrenze ergebenden Rentenansprüche in voller Höhe auf das Mindestruhegehalt anzurechnen wären, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Der Anrechnung steht nämlich gegenüber, dass bei der Einstellung des Klägers versorgungswirksame Vordienstzeiten (Art. 14 ff. BayBeamtVG) in erheblichem Umfang vorliegen würden. Damit würde sich das Verhältnis von tatsächlich geleisteter Dienstzeit und der Zeit des Ruhestands zu Lasten des Dienstherrn verschieben. Eine solche Verschiebung würde nicht dadurch (vollständig) aufgewogen, dass Rentenansprüche aus einem vorangegangenen Beschäftigungsverhältnis zur Kürzung von Versorgungsansprüchen führen können (vgl. BVerfG, B.v. 14.2.2019 - 2 BvR 2781/17 - juris Rn. 25). Denn diese Zeiten erhöhen andererseits den Versorgungsanspruch, wenn sie ruhegehaltsfähige Vordienstzeiten darstellen. Dies ist bei beruflichen Vordienstzeiten von Lehrern im öffentlichen Schuldienst regelmäßig der Fall, vgl. Art. 19 Nr. 1 Buchst. b BayBeamtVG (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2020 - 3 ZB 19.1090 - juris Rn. 13 f.).
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124a, § 124 VwGO).