VG Regensburg, Urteil v. 26.10.2021 – RN 6 K 21.322
Titel:

Drittanfechtung einer Baugenehmigung

Normenketten:
BayBO Art. 59, Art. 68 Abs. 3 S. 3
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, Abs. 4 S. 1 Nr. 1
BGB § 917
Leitsätze:
1. Die Erschließung eines Baugrundstücks ist nicht nachbarschützend, da die ausreichende Erschließung des Grundstücks ausschließlich im öffentlichen Interesse und im Interesse des Bauherrn besteht. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine rechtswidrige Baugenehmigung kann aber dann einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Nachbarn darstellen, wenn sie wegen fehlender Erschließung eine Verpflichtung zur Duldung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB auslöst und damit eine unmittelbare Rechtsverschlechterung bewirkt. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baugenehmigung, Außenbereich, Umnutzung, Drittanfechtung, Bestimmtheit, Betriebsbeschreibung, Gebietserhaltungsanspruch, Gebot der Rücksichtnahme, Lärmimmissionen, Erschließung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.03.2022 – 15 ZB 21.2871
Fundstelle:
BeckRS 2021, 48094

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen als Gesamtschuldner.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Umnutzung des bestehenden Rinderstalles zur gewerblich genutzten Werkstatt und Erweiterung der Werkstatt.
2
Der Beigeladene beantragte mit Formblättern und von den Klägern unterzeichneten Eingabeplänen vom 3. November 2020 die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Umnutzung des bestehenden Rinderstalles zur gewerblich genutzten Werkstatt und Erweiterung der Werkstatt“ auf den Grundstücken Fl.Nrn. 233 und 247 der Gemarkung …, Markt W.Auf dem Baugrundstück befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle des Beigeladenen. Auf dem südwestlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. 230 befindet sich die landwirtschaftliche Hofstelle der Kläger samt deren Wohnhaus. Die Erschließung des Anwesens des Beigeladenen erfolgt über eine von Südwesten durch den landwirtschaftlichen Hof der Kläger führenden, teilweise befestigten, öffentlichen Feld- und Waldweg. Zudem führt ein zwischen den beiden Anwesen verlaufender Feldweg in nordwestliche Richtung zu einer Gemeindeverbindungsstraße. Entsprechend einer beigefügten Baubeschreibung soll eine gewerbliche Nutzfläche von 498 m² entstehen. Gemäß der ebenfalls beigefügten Betriebsbeschreibung soll durch den Ein-Mann-Betrieb mit werktäglichen Betriebszeiten von 7:00 - 17:00 Uhr künftig eine Blechbearbeitung mittels CNC-Laser erfolgen. Bei den Zuschnitten der Bleche seien Dämpfe und Stäube zu erwarten, welchen durch eine technisch geprüfte und TÜVzertifizierte Absaugung entgegnet werden soll. Geräusche seien durch einen elektronischen Stapler (ca. 1 Stunde pro Tag), durch Flex-Arbeiten (ca. 1 Stunde pro Woche) und durch den CNC-Laser (ca. 10 Stunden pro Tag) zu erwarten. Alle Arbeiten fänden in der geschlossenen Werkstatt statt. Es würden doppelverglaste Fenster eingesetzt werden. Sämtliche Grundstücke befinden sich unstreitig im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gem. § 35 Baugesetzbuch (BauGB).
3
Aufgrund des Marktgemeinderatsbeschlusses vom 12. November 2020 erteilte der Markt W.mit Formblättern vom 16. November 2020 das gemeindliche Einvernehmen. Das sonstige Vorhaben befinde sich im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Öffentliche Belange würden nicht beeinträchtigt. Die Zufahrt sei durch Lage des Grundstücks in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche gesichert (Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 Bayerische Bauordnung - BayBO). Eine Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung sei nicht erforderlich.
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Mit am gleichen Tag per Fax versandtem Schreiben vom 16. November 2020 teilten die Kläger gegenüber dem Beklagten mit, dass sie „aus gegebenem Anlass ihre Unterschrift auf der Baugenehmigung zurückziehen wollten“.
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Am 19. November 2020 gingen die vom Markt W.weitergeleiteten Bauunterlagen beim Beklagten ein.
6
Auf Anforderung des Beklagten präzisierte der Beigeladene mit E-Mail vom 14. Dezember 2020 die Betriebsabläufe dahingehend, dass alle Arbeiten hauptsächlich in der Halle stattfänden, ausgenommen Be- und Entladungen. Das Be- und Entladen erfolge mit einem E-Stapler, sodass keine Emissionen entstünden. In der Halle würde ein CNC-Laser eingesetzt, der beim Schneiden eine Lautstärke entwickle, bei der man sich danebenstehend noch angenehm unterhalten könne. Die entstehenden Abgase würden abgesaugt und gefiltert. Die gereinigte heiße Luft werde im Winter in der Halle gelassen und im Sommer nach außen abgeleitet, um die Temperatur in der Halle niedrig zu halten. Lackierarbeiten würden nicht vorgenommen. Einen sehr großen Teil der entstehenden Ware und des notwendigen Rohmaterials werde er selbst mit dem Autoanhänger transportieren. Er rechne jeden zweiten Tag mit einer Fahrt. Bestellungen kämen online und die meisten Kundengespräche würden per E-Mail sowie telefonisch geführt. In der Halle würden Doppelglasscheiben (Fenster) sowie isolierte Sektionaltore verbaut werden. Die Blecherzeugnisse würden im Rahmen von Lohnfertigungsarbeiten erstellt werden und maximal eine Länge von 3 m aufweisen.
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Mit Schreiben vom 11. Januar 2021 nahm der Fachbereich Technischer Umweltschutz zu dem Vorhaben Stellung. Es sollten entsprechend der Angaben des Bauherrn nur in Ausnahmefällen die geschnittenen Blechteile noch zusätzlich mit einer Flex bearbeitet werden. Der Innenhof mit dem potentiellen Verladebereich und die Werkstatt seien etwa 90-100 m von dem Nachbarwohnhaus entfernt. Gemäß dem Stand der Lärmschutztechnik sei ein geschlossenes Werkstattgebäude erforderlich (im Eingabeplan: Nordost und Südwest offene Stallzufahrtstore?). Nach Aussage des Bauherrn solle der ehemalige Rinderstall südwestseitig zugemauert werden. Nordwestseitig sei der Einbau eines Sektionaltores vorgesehen. Ein zweites Tor zur Werkstatt solle gegebenenfalls an der südlichen Werkstatt-Längsseite entstehen. Diese geplanten Baumaßnahmen seien aktuell allerdings noch nicht im Eingabeplan eingetragen.
8
Aufgrund der Betriebsangaben des Bauherrn seien durch den zukünftigen Betriebslärm Überschreitungen des Immissionsrichtwerts nach der TA Lärm am Nachbarhaus aufgrund der Nutzungsänderung auszuschließen. Jedoch sei darauf hinzuweisen, dass bei positiver betrieblicher Entwicklung mit künftig verstärktem Betriebsverkehr, u.a. mit LKW-Fahrverkehr, zu rechnen sei. Nach Ansicht des Technischen Umweltschutzes sei die aktuelle Zufahrts straße für eine diesbezügliche gewerbliche Entwicklung aufgrund der Nähe zum Nachbarhaus problematisch und für größeren Betriebsverkehr ungeeignet. Es wurden immissionsschutzfachliche Nebenbestimmungen und Hinweise vorgeschlagen, welche wortgleich im angefochtenen Bescheid übernommen wurden.
9
Mit Bescheid vom 26. Januar 2021 (Az. G-2084-2020 - SG 41.2) erteilte das Landratsamt R.-I. die beantragte Baugenehmigung. Die mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen wurden zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht. Als immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmung wurde unter anderem in Ziff. 1 aufgenommen, dass die Fenster mit Doppelverglasung (entsprechend Schallschutzfenster Klasse 2) und stirnseitig mit Sektionaltoren auszustatten seien; Tore und Fenster der Werkstatt seien bei lärmrelevantem Betrieb geschlossen zu halten. Arbeitsschutzrechtlich erforderliche schadstoffhaltige Maschinenabluft sei ggf. über Abluftsammler zu sammeln und über einen Kamin senkrecht über das Dach der Werkstatt abzuleiten. Lackierarbeiten seien innerhalb der Werkstatträume unzulässig (Ziff. 2). Die durch den Metallbaubetrieb verursachten Lärmemissionen dürften tagsüber einen gem. Nr. 6.1 TA Lärm um 3 dB reduzierten Immissionsrichtwert von 57 dB(A) am nächstgelegenen Nachbarhaus nicht überschreiten. Während der Nachtzeit sei ein Werkstattbetrieb mit Betriebsverkehr unzulässig. Ansonsten seien die in der Betriebsbeschreibung zum Bauantrag vom 2. November 2020 (inkl. ergänzender Antworten vom 14. Dezember 2020) dargelegten Hinweise zum Werkstattbetrieb zu beachten.
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Die Kläger haben am 24. Februar 2021 Klage gegen den Bescheid zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben lassen.
11
Als Begründung wird vorgebracht, dass der Bescheid rechtswidrig sei und die Kläger in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletze, da der Metallbearbeitungsbetrieb im Außenbereich unzulässig sei, die Erschließung sowie der Zufahrtsweg nicht gesichert bzw. ungeeignet sei und unzumutbarer Lärm zu Lasten der unmittelbar benachbarten Kläger befürchtet werden müsse. Der Beigeladene betreibe die Metallwerkstatt bereits. Dabei komme es zu Beeinträchtigungen der Kläger aufgrund der problematischen Zufahrtssituation. Wiederholt hätten Zulieferer-Lkw aufgrund der Enge zwischen den Gebäuden sowie der kaum möglichen Wendemöglichkeiten den Hof des Beigeladenen nicht anfahren können bzw. es sei zu aufwändigem Rangierverkehr am Hof der Kläger gekommen. Mittlerweile blieben die Lkw häufig auf dem Privatweg vor dem Hof der Kläger stehen und es erfolge ein Umladen auf einen Traktor des Beigeladenen, der im Pendelverkehr durch die Hofstelle der Kläger das gelieferte Material zu seiner dahinterliegenden Werkstatt fahre. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens habe auch bereits die Abteilung für Immissionsschutz am Landratsamt festgestellt, dass die Zufahrt bedenklich bzw. ungeeignet sei. Eine Änderung bzw. Verlegung der Zufahrt sei nach Auffassung der Behörde geboten. Die Genehmigungsbehörde habe auch festgestellt, dass der eingereichte Eingabeplan noch kein geschlossenes Werkstattgebäude vorsehe und lediglich nach der Aussage des Beigeladenen zukünftig zugemauert bzw. auf andere Weise verschlossen werden solle. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Beigeladene der Aufforderung nachgekommen sei, geänderte Pläne vorzulegen, nachdem die Baugenehmigung nur vier Tage später erteilt worden sei. Entgegen des Wortlautes bei der Beschreibung des Vorhabens im Genehmigungsbescheid handele es sich nicht um ein bereits bestehendes genehmigtes Werkstattgebäude („Erweiterung“). Dies genüge den Bestimmtheitsanforderungen an einen Bescheid nicht. Im Fall einer Erweiterung seien bestehende Vorbelastungen hinsichtlich Emissionsquellen zu beurteilen gewesen und ggf. eine andere Rechtsgrundlage einschlägig. Der Metallbaubetrieb werde mit der gegenständlichen Baugenehmigung jedoch erstmalig legalisiert. Ein solches Gewerbe sei im Außenbereich nicht privilegiert zulässig. Die Voraussetzungen für ein sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB lägen nicht vor. Insbesondere sei nicht § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB einschlägig, da der nicht mehr genutzte Rinderstall keine erhaltenswerte Bausubstanz im Sinne der Vorschrift darstelle, die Einrichtung eines Metallbaubetriebes keine zweckmäßige Verwendung sei und das Gewerbe nicht in einem räumlich-funktionalem Zusammenhang mit der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes stehe. Der Metallbaubetrieb verursache unzweifelhaft Lärm und damit schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB. Zwar gehe die Abteilung Technischer Umweltschutz des Landratsamts derzeit davon aus, dass die Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm nicht überschritten würden, stelle jedoch die Ungeeignetheit der lediglich ca. 3 m breiten Zufahrts straße bei positiver Entwicklung des Betriebes dar. Tatsächlich dürften die Lärmbelastungen bereits aufgrund der streitgegenständlichen Genehmigung wesentlich höher sein, als vom Beklagten vermutet. Problematisch sei, dass für die Errichtung eines solchen potenziell störenden Metallbaubetriebes kein Lärmgutachten gefordert worden sei. Die Einschätzung des Landratsamtes sei nicht schlüssig dargelegt. Die in der Betriebsbeschreibung dargestellten Tätigkeiten verursachten erheblichen Lärm. Die Anzahl der Lkw-Bewegungen seien weder durch die Betriebsbeschreibungen, noch durch Auflagen im Bescheid beschränkt worden. Auch der Betriebsort des Umschlagplatzes unmittelbar vor der genehmigten Halle sei weder genehmigt noch in der Lärmbewertung betrachtet worden. Der Eingabeplan enthalte keine Darstellung dieses Betriebsplatzes, werde in der Baubeschreibung vom 14. Dezember 2020 aber ausdrücklich genannt. Im Widerspruch dazu heiße es in der Baubeschreibung vom 2. November 2020 unter Ziff. 6 hinsichtlich der Lage der Geräuschquellen, dass alle Arbeiten in der geschlossenen Werkstatt stattfinden würden. Der Beklagte habe weiter unberücksichtigt gelassen, dass entsprechend der Betriebsbeschreibung Abfall bzw. die Blechabschnitte „in einem Eisencontainer auf dem Grundstück zwischengelagert“ würden. Das Entsorgen der Blechabfälle in den Container sowie deren Abholung sei lärmintensiv. Dies finde offenbar im Freien auf dem nicht genehmigten Umschlagplatz statt. Da eine vom Landratsamt geforderte Umplanung mit geschlossenem Werkstattgebäude nicht erfolgt sei und der Lärm aus der Halle ungehindert nach außen dringen könne, sei mit wesentlich höheren Lärmwerten zu rechnen. Die Auflage hinsichtlich der Errichtung von Fenster mit Doppelverglasung sowie Sektionaltoren ändere daran nichts. Gerade im Hinblick auf hohe Außentemperaturen im Sommer erscheine die Auflage, Tore und Fenster bei lärmrelevantem Betrieb geschlossen zu halten, nicht umsetzbar. Entgegen der Ansicht des Beklagten könne auch auf die Betriebsbeschreibung nicht abgestellt werden, da diese nicht Bestandteil des Baugenehmigungsbescheids geworden sei. Gem. Ziff. 3 der immissionsschutzrechtlichen Auflagen seien lediglich Hinweise aus der Betriebsbeschreibung zu beachten. Unabhängig davon sei die Betriebsbeschreibung unklar. Dass Arbeiten „hauptsächlich“ in der Halle stattfänden, sei unklar und impliziere jedenfalls, dass Arbeiten auch zu einem Teil außerhalb erfolgen dürften. Eine derartige Emissionsquelle sei seitens des Landratsamts unstreitig nicht miteinbezogen worden. Entsprechendes gelte auch für die Darstellung der Betriebsbeschreibung, der Transport des Materials erfolge „zum großen Teil“ mit dem eigenen Autoanhänger. Auch diese Beschreibung sei völlig unklar, unbestimmt und zudem nicht kontrollier- bzw. vollstreckbar. Der Nachbarschutz hätte erfordert, dass konkrete Auflagen in den Genehmigungsbescheid mit aufgenommen worden wären, welche den Umfang der Arbeiten im Freien und des Materialtransports geregelt hätten. Die Freiflächen vor der Halle seien, wie dies auch der Beklagte ausführe, nicht Teil der Baugenehmigung und gehörten rechtlich gesehen somit der Landwirtschaft an. Entsprechend der Betriebsbeschreibung würden diese Flächen jedoch für den Gewerbebetrieb genutzt. Es sei daher unrichtig, wenn die Genehmigungsbehörde davon ausgehe, dass eine Nutzungsänderung hinsichtlich der Hoffläche nicht erforderlich sei.
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Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Landratsamts R.-I. vom 26. Januar 2021 (Az. G-2084-2020 - SG 41.2) aufzuheben.
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Das Landratsamt R.-I. beantragt für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
14
Der Bescheid sei weder rechtswidrig, noch verletze er die Kläger in ihren Rechten. Die zuständige Gemeinde habe in ihrer Stellungnahme zum Bauantrag bestätigt, dass die Zufahrt gesichert sei. Vom Fachbereich Immissionsschutz werde die Zufahrtssituation zwar als ungünstig, jedoch erst im Falle einer Betriebserweiterung als nicht ausreichend erachtet. Hinsichtlich immissionsrechtlicher Gesichtspunkte sei auf die derzeitige Situation entsprechend der Baubeschreibung abzustellen und nicht auf eine zukünftig mögliche Entwicklung. Nach Beurteilung des Fachbereichs Immissionsschutz seien nach der Betriebsbeschreibung Überschreitungen des Immissionsrichtwertes nach der TA Lärm durch den künftigen Betriebslärm am Wohnhaus der Kläger auszuschließen. Aufgrund des Umfangs des Gewerbebetriebs habe keine Veranlassung zur Anforderung eines Lärmgutachtens bestanden. Für eine Planänderung habe kein Anlass bestanden, da die Forderungen des Fachbereichs Immissionsschutz in einem ausreichendem Maße in den immissionsschutzrechtlichen Auflagen im Bescheid enthalten seien. Die Umnutzung des ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäudes sei nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 BauGB zulässig. Eine gesonderte Nutzungsänderung der Hoffläche für die Verladearbeiten sei nicht erforderlich.
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Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
16
Die erteilte Baugenehmigung sei nicht rechtswidrig und verletze die Kläger nicht in ihren öffentlichen Rechten. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig. Es liege gerade ein Paradefall der Vorschrift des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor. Zudem handle es sich nicht um eine nachbarschützende Vorschrift. Entgegen des Vorbringens der Klägerseite habe der Beigeladene seine Landwirtschaft nicht aufgegeben. Lediglich Rinderzucht und Milchviehhaltung seien eingestellt worden. Es werde weiterhin Ackerbau betrieben. Die Kläger würden keinen unzumutbaren Lärmimmissionen durch das Vorhaben ausgesetzt. Dies habe die Stellungnahme des Technischen Umweltschutzes vom 11. Januar 2021 ausführlich dargelegt. Entgegen den Ausführungen der Klägerseite fänden keinerlei gewerbliche Nutzungen bis zum heutigen Tage auf dem Hofgelände statt. Die angesprochenen und gerügten Verkehrsbewegungen seien allein auf den Landwirtschaftsbetrieb zurückzuführen. Dementsprechend habe ein Umladen bzw. Rangierverkehr nicht stattgefunden. Auf dem Hofgelände befänden sich zwei große, befestigte Flächen, auf denen ein Lkw jederzeit wenden könne. Beide Hofflächen seien schwerlastgeeignet, gepflastert und ausgebaut. Der bisherige Transport von Gülle und die Einbringung in die Fahrsilos mit schwersten Landmaschinen wie auch die tägliche Milchabholung per Lkw sei auch bislang auf diese Weise auf den Flächen abgewickelt worden. Im Hinblick auf die Reduzierung der landwirtschaftlichen Tätigkeit werde insgesamt sogar eine Entspannung der Lärmsituation im Hinblick auf Fahrbewegungen eintreten. Es entfielen künftig die Milchabholungen (täglich oder zweitägig per Lkw), Kraftfutterlieferungen (ein- bis zweimal pro Quartal per Lkw) und Futtermittel- und Betriebsstofflieferungen (ein- bis zweimal pro Quartal per Lkw). Aufgrund der Umstellung auf extensives Wirtschaften sei zudem mit deutlich weniger Silagearbeiten, Futtermittel- und Gülletransporte zu rechnen. Die Futtermittelzubringung habe täglich ca. 1 Stunde gedauert und die Melkmaschine sei täglich mindestens 4 Stunden im Betrieb gewesen. Die Be- und Entladung von Material sei für den hinteren, östlichen Hofbereich geplant, sowie teilweise auch im Stadl. Die Materialeinbringung werde über die Stirnseite des Stalles von Osten her erfolgen. Ein entsprechender Weg sei bereits angelegt worden. Die Ladevorgänge erfolgten daher in räumlich weiter Entfernung zum Anwesen der Kläger. Das dazwischenliegende Stallgebäude diene als zusätzlicher Lärmschutz, sodass Ladevorgänge von den Klägern kaum wahrnehmbar seien. Relevante Schallimmissionen durch Arbeitsgeräte und die einzelnen Arbeitsvorgänge seien kaum zu erwarten. Die Schallwerte am Laser lägen unterhalb der zulässigen Grenze für Arbeiten ohne Gehörschutz entsprechend ASR A3.7 vom Mai 2018. Vorgelegt werde insoweit das einschlägige Geräuschmessprotokoll der Firma Trumpf. Sämtliche Arbeiten an der Laseranlage fänden im Innenraum des ehemaligen Stallgebäudes statt. Flexarbeiten fänden entsprechend den Angaben in der Baubeschreibung lediglich ca. 1 Stunde pro Woche statt. Auch diese Arbeiten würden in der Halle durchgeführt. Auch die Beladung der Container finde nicht im Freien statt, sondern ebenfalls in der Halle. Logistisch sei es nur sinnvoll, die Beladung der Container unmittelbar neben der Schneideanlage vorzunehmen. Auch sei keine Lüftung durch offene Tore angedacht. Eine unkontrollierte Durchströmung der Halle bei geöffneten Toren sei nicht wünschenswert, da die Laserschneideanlage durch Luftströmungen im Betrieb gestört werden könne. Der E-Stapler arbeite nahezu geräuschlos. Dies zeige, dass das Ergebnis der Prüfung des Technischen Umweltschutzes nicht zu beanstanden sei. Soweit die Kläger eine unzureichende Erschließung rügten, vermittle das Erfordernis einer gesicherten Erschließung keinen Nachbarschutz. Im Hinblick auf Ausbau und Breite (knapp 4 m) sei der durch den Hof der Kläger führende öffentliche Feld- und Waldweg ohne weiteres geeignet, eine ausreichende Erschließung zu vermitteln. Ein Versperren durch den Beigeladenen aufgrund von Umlade- oder Rangiervorgängen habe nie stattgefunden. Vielmehr hätten die Kläger durch ihre landwirtschaftlichen Aktivitäten den Weg versperrt. Hinzuweisen sei auch darauf, dass für die Futterzubringung mit Traktor und Anhänger durch die Kläger von deren Silos aus die Grundstücksfläche des Beigeladenen überfahren werden müsse. Eine Dienstbarkeit sei hierfür nicht im Grundbuch eingetragen und der Beigeladene habe dies bislang stets ohne Beanstandung hingenommen. Auch vor diesem Hintergrund sei nicht nachvollziehbar, dass die Kläger dem Beigeladenen mit dem streitgegenständlichen Verfahren derartige Probleme bereiteten.
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Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2021 legte der Beklagte eine ergänzende Schallprognoseberechnung des Technischen Umweltschutzes vom 19. Oktober 2021 vor, bei welcher ein Gesamtergebnis sämtlicher betrieblicher Lärmquellen inklusive von Fahrtbewegungen sowie bei offenem statt geschlossenem Werkstatttor von bis zu 49,0 dB(A) ermittelt wurde. Es seien dabei sehr konservative Ansätze gewählt und insbesondere die abschirmende Wirkung der zwischen den Lärmquellen und dem Wohngebäude der Kläger befindlichen Gebäude nicht mit berücksichtigt worden. Die Hauptlärmbelastung sei in Fahrtbewegungen zu erachten. Lediglich erst bei deutlicher Erhöhung des Lkw-Fahrtbetriebes entlang der Anlieger-Zufahrts straße sei eine prekäre Annäherung an die veranschlagten Immissionsrichtwerte zu erwarten.
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Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakten sowie des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, weil der angefochtene Bescheid die Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Prüfungsgegenstand im vorliegenden Verfahren ist allein die angegriffene Baugenehmigung vom 26. Januar 2021.
21
Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 f. BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf das Grundstück des Nachbarn fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Nur daraufhin ist das genehmigte Vorhaben in einem nachbarrechtlichen Anfechtungsprozess zu prüfen (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.1994 - 4 B 94/94 - juris; BVerwG, U.v. 19.9.1986 - 4 C 8.84 - juris; BVerwG, U.v. 13.6.1980 - IV C 31.77 - juris). Es ist daher unerheblich, ob die Baugenehmigung einer vollständigen Rechtmäßigkeitsprüfung standhält.
22
Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde - zu Recht - im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO erteilt, da ihr kein Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 Nrn. 1 - 20 BayBO zu Grunde liegt. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren prüft die Bauaufsichtsbehörde gemäß Art. 59 Satz 1 BayBO die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB, den Vorschriften über Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften i.S.d. Art. 81 Abs. 1 BayBO (Nr. 1), beantragte Abweichungen i.S.d. Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO (Nr. 2) sowie andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird (Nr. 3).
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1. Die Kläger sind nicht aufgrund der geltend gemachten Unbestimmtheit der Baugenehmigung in ihren subjektiv öffentlich-rechtlichen Rechten verletzt.
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Die Bestimmtheit i.S.d. Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) setzt voraus, dass die im Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten, ggf. nach Auslegung, eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann. Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen (genau so BayVGH, B.v. 30.3.2021 - 1 CS 20.2637 - juris, Rn. 15; BayVGH, B.v. 19.4.2021 - 9 ZB 20.602 - juris, Rn. 8)
25
Gemessen an diesen Maßstäben ist nicht erkennbar, dass die gegenständliche Baugenehmigung hinsichtlich nachbarrechtlicher Fragen in einer Art und Weise unbestimmt ist, welche eine Verletzung nachbarlicher Rechte nicht zweifelsfrei ausschließen lässt. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung hinsichtlich der allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen erhebliche Mängel aufweist. Die Klägerseite bringt insoweit vor, die Betriebsbeschreibung sei nicht zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden. Gem. Ziff. 3 der immissionsschutzrechtlichen Auflagen seien lediglich Hinweise aus der Betriebsbeschreibung zu beachten. Außerdem sei unabhängig davon die Betriebsbeschreibung aufgrund der Verwendung unbestimmter Begrifflichkeiten unklar. Der genehmigte Betriebsumfang sei unklar und nicht durch konkrete Auflagen begrenzt.
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Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid bedarf vorliegend der Auslegung, welche im Ergebnis jedoch dazu führt, dass noch von einer Einbeziehung der Betriebsbeschreibung vom 2. November 2020, ergänzt mit E-Mail vom 14. Dezember 2020, auszugehen ist. Eine Einbeziehung der Betriebsbeschreibung gem. Ziff. I des Bescheids erfolgte mangels Anbringung eines Genehmigungsvermerks nicht, obwohl es sich hierbei um Bauvorlagen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) handelt, welche nach der gesetzlichen Anordnung in Art. 68 Abs. 3 Satz 3 BayBO mit einem Genehmigungsvermerk zu versehen wären. Trotz der nicht zweifelsfreien Formulierung in Ziff. 3 der immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen, dass die in der Betriebsbeschreibung „dargelegten Hinweise […] zu beachten sind“, ergibt sich aus der Gesamtschau des vorliegenden Bescheides, dass ersichtlich von einem Vorhaben auszugehen ist, welchem die im Verwaltungsverfahren eingereichte Betriebsbeschreibung zu Grunde liegt. Dies ergibt sich insbesondere aus den sonstigen Regelungsgehalten der immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen, welche die vom Beigeladenen im Rahmen der Betriebsbeschreibung gemachten Angaben aufgreifen. Demnach werden immissionsschutzfachlich bedeutsame Teile der vorgelegten Betriebsbeschreibung in den Nebenbestimmungen näher konkretisiert (Fenster mit Doppelverglasung der Schallschutzfensterklasse 2; stirnseitiger Einbau von Sektionaltoren bzw. alternativ Abmauerung der Stirnseiten; Geschlossenhalten der Tore und Fenster bei lärmrelevantem Betrieb; Verbot des Werkstattbetriebs inkl. Betriebsverkehrs zur Nachtzeit). Lediglich im Übrigen („ansonsten“) wird auf die Betriebsbeschreibung verwiesen. Für einen objektiven Betrachter ist daher noch erkennbar, dass dem genehmigten Bauvorhaben eine Betriebsbeschreibung zu Grunde liegt, welche der Beklagte auch zum Gegenstand der Baugenehmigung machen wollte.
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Soweit die Klägerseite die mehrfache Verwendung unbestimmter Begriffe in der Betriebsbeschreibung als nachbarrechtlich relevant ansieht, führt dies jedoch nicht zu einer Verletzung der Kläger in eigenen Rechten.
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Eine Nachbarrechtsverletzung auf Grund eines Verstoßes gegen den Bestimmtheitsgrundsatz im Sinne des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG liegt nicht vor. Ein Nachbar hat nämlich grundsätzlich keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht (vgl. Busse/Kraus/Gaßner/Reuber, 142. EL Mai 2021, BayBO Art. 64, Rn. 84). Eine Baugenehmigung verletzt den Nachbarn in seinen Rechten, wenn die genehmigten Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Baumaßnahmen unbestimmt oder in sich widersprüchlich sind und infolgedessen bei der Ausführung des Vorhabens eine Verletzung nachbarschützender Rechte insbesondere auch des Rücksichtnahmegebots nicht auszuschließen ist (Stüer, Bau- und FachplanungsR, F. Rechtsschutz, 5. Auflage 2015, Rn. 5277, beck-online). Eine solche Kausalität ist trotz bestehender Mängel der Bauvorlagen nicht erkennbar. Die vom Beklagten aufgenommenen Nebenbestimmungen werden seitens der Kammer als ausreichend für die Beurteilung der Nachbarrechtsrelevanz hinsichtlich der gerügten Lärmproblematik erachtet. Die als unbestimmt angeführten Begriffe der Betriebsbeschreibung und geringfügigen Widersprüche in der Darstellung des Betriebsablaufs führen im Ergebnis nicht dazu, dass bei der Ausführung des Vorhabens eine Verletzung nachbarschützender Rechte, hier in erster Linie das Gebot der Rücksichtnahme, nicht auszuschließen wäre. Verweisen ist insoweit auf das unter Ziff. 2 Buchst. c) Ausgeführte.
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2. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des zu prüfenden Bauplanungsrechts ist nicht gegeben.
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a) Soweit die Kläger die sog. Teilprivilegierung des Betriebes des Beigeladenen gem. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB als nicht gegeben erachten, handelt es sich um einen Belang, der kein Nachbarschutz vermittelt und im Rahmen der Anfechtung einer einem Nachbarn erteilten Baugenehmigung nicht geltend gemacht werden kann. Unabhängig davon wurden klägerseits auch keine substantiell nachvollziehbaren Gründe vorgetragen, die für das Gericht Zweifel am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB begründen würden.
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b) Eine Rechtsbeeinträchtigung der Kläger ist nicht unter dem Aspekt des Gebietserhaltungsanspruchs gegeben. Über die Grenzen von Bebauungsplangebieten und faktischen Baugebieten hinaus ergibt sich kein Gebietserhaltungsanspruch (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - beck-online). Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets gelegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich mangels vorliegenden wechselseitigen Verhältnisses folglich nur nach dem Gebot der Rücksichtnahme (vgl. OVG Greifswald, B.v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 - beck-online; VG Gelsenkirchen, U.v. 27.6.2017 - 6 K 1743/16 - beck-online). Bei Annahme eines zwischen den Beteiligten nicht streitigen bauplanungsrechtlichen Außenbereichs scheidet die Geltendmachung eines Gebietserhaltungsanspruch demzufolge schon dem Grunde nach aus. c) Das genehmigte Bauvorhaben des Beigeladenen verletzt nicht das bauplanungsrechtliche Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.
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Die streitgegenständliche gewerblich genutzte Werkstatt liegt nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten sowie der örtlichen Gemeinde nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils oder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Im hier somit vorliegenden Außenbereich leitet sich das Rücksichtnahmegebot aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ab, indem es Dritte vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Vorhaben im Außenbereich schützt (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.1977 - 4 C 22.75 - juris). Schädliche Umwelteinwirkungen definiert § 3 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
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Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt nach der Rechtsprechung wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, welcher das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5/93 - juris; BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris). Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf die Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2010 - 2 CS 10.2137 - juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist demnach nur dann verletzt, wenn die den Klägern aus der Verwirklichung des geplanten Vorhabens resultierenden Nachteile das Maß dessen übersteigen, was ihnen als Nachbarn billigerweise noch zumutbar ist.
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Durch das genehmigte Vorhaben sind die Kläger keinen unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt.
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Bezüglich der Grenze dessen, was ihm an Geräuschbelastungen rechtlich zuzumuten ist, orientiert sich die Rechtsprechung an den Regelungen der gemäß § 48 BImSchG erlassenen Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) in deren derzeitiger Fassung vom 26. August 1998 (GMBl. 1998, 503), zuletzt geändert durch die Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017 (BAnz AT 08.6.2017 B5). Das klägerische Anwesen befindet sich nach dem nicht strittigen Vorbringen der Kläger- und Beklagtenseite im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Gemäß Ziff. 6.6 der TA Lärm sind Gebiete und Einrichtungen, für die keine Festsetzungen bestehen, nach Ziff. 6.1 entsprechend der Schutzbedürftigkeit zu beurteilen. Sachgerecht erscheint es, dass die Schutzbedürftigkeit nicht über die eines ebenfalls von landwirtschaftlichen Nutzungen geprägten Dorfgebietes hinaus geht.
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Nach Ziffer 6.1 Abs. 1 d) TA Lärm sind in einem Dorfgebiet Lärmimmissionen zumutbar, soweit der Immissionsrichtwert tags von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) nicht überschritten wird. Nach Absatz 2 dürfen einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) und nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten. Die Tagzeit beginnt nach Ziffer 6.4 TA Lärm um 6.00 Uhr und endet um 22.00 Uhr.
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Vorliegend ist davon auszugehen, dass der tagsüber einzuhaltende Immissionsrichtwert nach der TA Lärm von 60 dB(A) und auch der in den immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmungen in Ziff. 3 festgelegte reduzierte Wert von 57 dB(A) sicher eingehalten werden wird. Entsprechend der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten schalltechnischen Prognoseberechnung vom 19. Oktober 2021 kommt der Mitarbeiter des Sachgebiets Technischer Umweltschutz zu dem für die Kammer nachvollziehbaren und in sich schlüssigem Gesamtergebnis, dass hinsichtlich sämtlicher betrieblicher Lärmquellen inklusive der Fahrtbewegungen sowie bei einem Betrieb bei offenem statt geschlossenem Werkstatttor bis zu 49,0 dB(A) am maßgeblichen nächsten Immissionsort am Anwesen der Kläger zu erwarten sind. Dabei folgt das Gericht den Ausführungen in der Prognoseberechnung, dass hierbei ein sehr konservativer Ansatz gewählt wurde. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die abschirmende Wirkung der zwischen den Lärmquellen und dem Wohngebäude der Kläger befindlichen Gebäude nicht berücksichtigt worden ist. Bereits aufgrund der erheblichen Entfernung der Betriebsstätte zum Wohnhaus der Kläger von etwa 100 m sind Überschreitungen der zulässigen Immissionsrichtwerte durch auf dem Vorhabengrundstück befindliche Emissionsquellen nicht realistisch. Der in das Verfahren eingeführten Prognoseberechnung liegt (in der oben dargestellten Berechnungsvariante mit einem Gesamtergebnis von bis zu 49 dB(A)) zudem eine entsprechend der immissionsschutzfachlichen Nebenbestimmung in Ziff. 1 ausdrücklich nicht zulässige Öffnung von Toren und Fenstern bei lärmrelevanten Arbeiten zu Grunde, ebenso wie eine die Betriebsbeschreibung vielfach übersteigende Fahrtätigkeit (1 Lkw-Fahrt und 6-8 Pkw-Fahrten pro Tag anstatt „sehr großen Teil“ des Transports durch eigenen Autoanhänger etwa jeden zweiten Tag eine Fahrt). Demzufolge ist selbst bei einer Vervielfachung der Immissionen von einem zuverlässigen Einhalten des im Bescheid festgelegten Immissionsrichtwertes von 57 dB(A) auszugehen. Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der durchgeführten Lärmprognoseberechnung, insbesondere die Außerachtlassung wesentlicher Lärmquellen, sind weder für das Gericht erkennbar noch sind solche von der Klägerseite benannt worden. Nicht hinreichend bestimmte Angaben in der Betriebsbeschreibung führen nach der Überzeugung der zur Entscheidung berufenen Kammer folglich nicht dazu, dass bei einer maximalen Ausnutzung der angefochtenen Baugenehmigung unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen drohen. Vielmehr spricht sogar viel dafür, dass nach Aufgabe der Nutzung des Vorhabengrundstücks als landwirtschaftlicher Milchviehbetrieb, der damit einhergehenden Reduzierung zahlreicher Emissionsquellen und der Umnutzung als reiner Ackerbaubetrieb sowie die Errichtung der gegenständlichen Metallwerkstatt eine erhebliche Verbesserung hinsichtlich der Lärmsituation eintreten wird.
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Unabhängig davon und ohne dass darauf noch entscheidungserheblich ankäme, ist zudem darauf hinzuweisen, dass es sich entsprechend der übereinstimmenden Einlassungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung bei dem am Wohnhaus der Kläger vorbeiführenden Weg um einen öffentlich gewidmeten Feld- und Waldweg handelt. Demzufolge wären die hier entsprechend der nachvollziehbaren schalltechnischen Prognoseberechnung vom 19. Oktober 2021 als Hauptlärmquelle festgestellten Verkehrsbewegungen entlang des Wohnhauses der Kläger schon dem Grunde nach nicht dem Betriebslärm des Beigeladenen zuzurechnen und es wären den Klägern die erhöhten Immissionsrichtwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) zuzumuten (Ziff. 7.4 TA Lärm i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV).
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Die Benutzung des Zufahrtsweges ist für die Kläger auch nicht deswegen unzumutbar, da diese eine vorgebrachte Nutzung des Zufahrtsweges durch den das Vorhaben anfahrenden Lkw-Verkehr befürchten.
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Der Weg ist als öffentlicher Feld- und Waldweg gewidmet. Hierdurch unterfällt der Zufahrtsweg dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) gemäß Art. 1 Satz 1 Bay-StrWG. Der Gemeingebrauch nach Art. 14 BayStrWG ist die gesetzlich notwendige Folge der Widmung (Zeitler/Wiget, 30. EL März 2020, BayStrWG Art. 14 Rn. 4). Im Rahmen des Gemeingebrauchs ist die Benutzung für den Verkehr grundsätzlich erlaubt (Zeitler/Wiget, 30. EL März 2020, BayStrWG Art. 14 Rn. 20). Der Umfang des Gemeingebrauchs richtet sich nach der Widmung. Ein öffentlicher Feld- und Waldweg dient überwiegend, aber nicht ausschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung (BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 8 B 12.2268 - juris). Von einer unzumutbaren Belastung für die Kläger durch die Vorbeifahrt vereinzelter Lkw zum Grundstück des Beigeladenen ist nicht auszugehen. Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind nämlich - jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte - im Regelfall hinzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich die verkehrliche Situation gegenüber dem bisherigen Zustand merklich verschlechtert. Die Grenze zur Rücksichtslosigkeit ist erst dann überschritten, wenn die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse das zumutbare Maß überschreiten und sich in der Umgebung des Baugrundstücks deshalb als unzumutbar darstellen. Das kann in Einzelfällen - unabhängig von konkreten Lärmwerten und Lärmmessungen - auch dann der Fall sein, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 20.12.2013 - 1 ME 214/13 - juris zum An- und Abfahrtverkehr einer Kindertagesstätte in einer beengten Sackgasse; BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Solche chaotischen Verhältnisse sind unter Zugrundelegung einer Gesamtschau der gegebenen örtlichen Verhältnisse jedoch nicht zu erwarten, da es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass das Vorhaben einen intensiven Lkw-Fahrverkehr verursachen wird. Insoweit ist auch aus die schalltechnische Prognoseberechnung zu verweisen, welche bei - keinesfalls zu erwartenden - zehn täglichen Lkw-Fahrten am Wohnhaus der Kläger von einem Beurteilungspegel von 51 dB(A) auszugehen ist.
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3. Auch drittschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts sind nicht verletzt.
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Eine Rechtsverletzung der Kläger ergibt sich auch nicht aus einer unzureichenden Erschließung. Die Erschließung eines Baugrundstückes ist nicht nachbarschützend, da die ausreichende Erschließung eines Grundstückes nicht im Interesse der Nachbarn des Baugrundstückes besteht, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse und im Interesse des Bauherrn (Zugang zum öffentlichen Verkehrs- und Versorgungsnetz; vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 -; VG Gelsenkirchen, U.v. 23.6.2015 - 6 K 71/14 - juris).
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Eine rechtswidrige Baugenehmigung kann nach der Rechtsprechung aber dann einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Nachbarn darstellen, wenn sie wegen fehlender Erschließung eine Verpflichtung zur Duldung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB auslöst und damit eine unmittelbare Rechtsverschlechterung bewirkt, da dem Nachbar in diesem Fall ein direkt aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG herzuleitender Abwehranspruch zusteht. Begründet wird dies damit, dass für den Fall, dass eine notwegeerhebliche rechtswidrige Baugenehmigung bestandskräftig wird, dem Eigentümer des mit einem Notweg belasteten Grundstücks der Einwand fehlender Ordnungsmäßigkeit der Benutzung im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB abgeschnitten würde. Darin liegt, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist, ein vom öffentlichen Recht ausgehender Eingriff in das Eigentum, gegen den sich der Betroffene mit den Rechtsbehelfen des öffentlichen Rechts wehren kann (BVerwG, U.v. 26.3.1976 - 4 C 7.74 - BVerwGE 50, 282, 291; BayVGH, a.a.O., Rn. 18; VGH Mannheim, B.v. 21.12.2001 - 8 S 2749/01 - juris, Rn. 3).
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Hierauf können sich die Kläger vorliegend jedoch nicht berufen, da die Entstehung eines solchen nicht zu befürchten ist. Gemäß § 917 Abs. 1 BGB kann ein Notwegerecht nur dann entstehen, wenn dem Grundstück die notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg, also eine tatsächliche oder rechtliche Zugangsmöglichkeit fehlt. Das Grundstück des Beigeladenen war bereits unstrittig in der Vergangenheit hinreichend erschlossen, um den von dem aufgegebenen Milchviehbetrieb verursachten Verkehr aufzunehmen. Dies gilt sowohl für im täglichen landwirtschaftlichen Betrieb notwendige Fahrten, als auch die ursprünglich tägliche bzw. nunmehr zweitägliche Milchabholung per Lkw wie insbesondere auch bei intensivem Fahrgeschehen im Rahmen von Erntekampagnen. Weshalb für vereinzelte Lkw-Fahrten der öffentlich gewidmete Feld- und Waldweg nicht tauglich sein soll, ist nicht ersichtlich. Ein optimaler Ausbauzustand ist für bauordnungsrechtliche Erfordernis der Erschließung nicht zu fordern. Hierfür spricht auch, dass nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Einzelfällen bereits von der Erschließungsfunktion einer Straße bei einer Mindestfahrbahnbreite von mindestens 2,50 m ausgegangen wurde (BayVGH, U.v. 17.2.2010 - 1 B 09.2123 - juris, Rn. 30 zur Erschließung eines landwirtschaftlichen Anwesens im Außenbereich; BayVGH, U.v. 31.5.2011 - 8 B 10.1653 - BeckRS 2011, 34557 für eine Straße mit Erschließungsfunktion im Wohngebiet). Auf die Regelungen der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen, die eine Mindestzufahrtsbreite von 3 m vorsieht, ist in diesem Zusammenhang demzufolge nicht abzustellen, kann im Ergebnis aber auch dahinstehen. Nicht entscheidungserheblich ist daher auch, ob entsprechend dem Vortrag der Klägerseite von einer Wegbreite von 3 m oder entsprechend dem Vorbringen des Beigeladenen im Schriftsatz vom 31. Mai 2021 von knapp 4 m (entsprechend auch dem zu entnehmenden Maß im Rauminformationssystem Niederbayern) auszugehen ist.
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Da eine Rechtsverletzung der Kläger nicht festzustellen ist, war die Klage abzuweisen.
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Als unterliegender Teil haben die Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind den Klägern aufzuerlegen, weil der Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.