FG München, Urteil v. 06.12.2021 – 7 K 1435/15
Titel:

Ausländischer Pensionsfonds hat keinen Anspruch auf Entlastung vom Abzug der KapSt auf die ihm zugeflossenen Dividenden aus inländischen Streubesitzbeteiligungen wegen Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit

Normenkette:
AEUV Art. 63 Abs. 1, Art. 65, Art. 267 Abs. 2
Leitsatz:
Ein ausländischer Pensionsfonds (hier: Common Law Trust kanadischen Rechts, Streitjahre 2007 bis 2010) hat keinen Anspruch auf Entlastung vom Abzug der Kapitalertragsteuer auf die ihm zugeflossenen Dividenden aus inländischen Streubesitzbeteiligungen wegen Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit nach den Grundsätzen des EuGH, Urteil v. 13.11.2019, C-641/17, wenn er in seinen Bilanzen keine gewinnmindernden Rückstellungen für die Altersversorgung bildet, sondern lediglich in den Erläuterungen zum Jahresabschluss die versicherungsmathematisch berechnete Höhe der Pensionsverpflichtungen zum Bilanzstichtag ausweist und deswegen mit einem deutschen Pensionsfonds nicht vergleichbar ist (Anschluss an EUGH, Urteil v. 13.11.2019, C-641/17). (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Körperschaftsteuer
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Beschluss vom 30.11.2022 – I B 4/22
Fundstellen:
EFG 2022, 609
BeckRS 2021, 45570
LSK 2021, 45570

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I.
1
Es handelt sich um den Sachverhalt des Rechtsstreits, über den der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf Vorabentscheidungsersuchen des Finanzgerichts München (Beschluss vom 23. Oktober 2017 7 K 1435/15, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2017, 1963) durch Urteil vom 13. November 2019, Rs. C-641/17 „…“ (ABl EU 2020, Nr. C 10, 3, DStR 2019, 2463, IStR 2019, 933) entschieden hat.
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Die Klägerin ist eine Vermögensmasse in der Rechtsform eines Common Law Trust kanadischen Rechts. Ihr Geschäftszweck ist die Gewährleistung der Altersversorgung ehemaliger Angestellter des öffentlichen Dienstes der Provinz … Sie hält indirekt über die Beteiligung an sog. Pool Investment Portfolios (Pools) Anteile an deutschen Aktiengesellschaften. Die Anteile werden über einen Treuhänder, die Anlageverwaltungsgesellschaft B, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach kanadischem Recht, gehalten, welche die Anteile über ein auf sie lautendes Depot bei einer Bank in London verwahrt. Als Investmentmanager und Treuhänder trifft B die Anlageentscheidungen bezüglich des Vermögens des Pools.
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In den Jahren 2007-2010 hielt die Klägerin in der vorgenannten Weise Streubesitzbeteiligungen an deutschen Aktiengesellschaften (AG’s) und war an keinem Unternehmen zu mehr als 1% beteiligt. Auf die in diesem Zeitraum aus diesen Beteiligungen bezogenen Dividenden wurde, nach Erstattung der Differenz zum Steuersatz von 15% gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. b) des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada (DBA-Kanada) vom 28. März 2002 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 670), deutsche Kapitalertragsteuer i.H.v. 156.280,10 € einbehalten.
4
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 bei dem ursprünglich zuständigen Finanzamt München den Erlass eines Freistellungsbescheids sowie die Erstattung von zuletzt 156.280,10 € Kapitalertragsteuer nebst Zinsen in Höhe von 6% aus 36.786,00 € ab 1. Januar 2008, aus 60.758,10 € ab 1. Januar 2009, aus 24.869,00 € ab 1. Januar 2010 und aus 33.867,00 € ab 1. Januar 2011. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt München mit Verwaltungsakt vom 26. Mai 2014 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit ihrer dagegen eingelegten Klage begehrt die Klägerin den Erlass eines Freistellungsbescheids hinsichtlich des Kapitalertragsteuerabzugs für die Jahre 2007-2010 sowie die Erstattung der bereits entrichteten Kapitalertragsteuer nebst Zinsen und beruft sich zur Begründung darauf, dass sie durch die Belastung mit deutscher Kapitalertragsteuer gegenüber einem deutschen Pensionsfonds benachteiligt werde, da deutsche Pensionsfonds Dividenden faktisch steuerfrei vereinnahmen könnten. Diese unterschiedliche steuerliche Behandlung verstoße gegen die auch gegenüber Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 i.V.m. Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ohne dass es hierfür einen Rechtfertigungsgrund gebe.
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Mit Beschluss vom 23. Oktober 2017 (veröffentlicht in EFG 2017, 1963 sowie Internationales Steuerrecht - IStR 2017, 1039) beschloss das erkennende Gericht das Verfahren nach § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen und dem EuGH gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
„1. Steht die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 65 AEUV den Regelungen eines Mitgliedsstaates entgegen, durch die eine gebietsfremde Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die in ihren wesentlichen Strukturen einem deutschen Pensionsfonds vergleichbar ist, keine Entlastung von der Kapitalertragsteuer für bezogene Dividenden erhält, während entsprechende Dividendenausschüttungen an inländische Pensionsfonds zu keiner oder nur einer verhältnismäßig geringen Erhöhung der Körperschaftsteuerschuld führen, weil sie die Möglichkeit haben, im Veranlagungsverfahren ihren steuerpflichtigen Gewinn durch den Abzug der Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen zu mindern und die entrichtete Kapitalertragsteuer durch Anrechnung und - soweit der Betrag der zu entrichtenden Körperschaftsteuer niedriger ist als der Anrechnungsbetrag - Erstattung zu neutralisieren?
2. Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Ist die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit durch § 32 Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) nach Art. 63 AEUV i.V.m. Art. 64 Abs. 1 AEUV gegenüber Drittstaaten zulässig, weil sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Finanzdienstleistungen steht?“
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Der EuGH hat mit Urteil vom 13. November 2019 Rs. C-641/17 Folgendes entschieden:
„1. Die Art. 63 und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die von einer gebietsansässigen Gesellschaft an einen gebietsansässigen Pensionsfonds ausgeschütteten Dividenden zum einen einer Quellensteuer unterliegen, die vollständig auf die von diesem Pensionsfonds geschuldete Körperschaftsteuer angerechnet werden kann und, wenn die Quellensteuer die von dem Pensionsfonds geschuldete Körperschaftsteuer übersteigt, zu einer Erstattung führen kann, und zum anderen zu keiner oder nur zu einer verhältnismäßig geringen Erhöhung des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns führen, was auf der Möglichkeit beruht, von diesem Gewinn Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen abzuziehen, während die an einen gebietsfremden Pensionsfonds ausgeschütteten Dividenden Gegenstand einer Quellensteuer sind, die für einen solchen Pensionsfonds eine endgültige Steuer darstellt, wenn der gebietsfremde Pensionsfonds bezogene Dividenden den Rückstellungen für die Altersversorgung zuweist, die er in der Zukunft wird leisten müssen, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.
2. Art. 64 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, nach der die von einer gebietsansässigen Gesellschaft an einen gebietsansässigen Pensionsfonds ausgeschütteten Dividenden zum einen einer Quellensteuer unterliegen, die vollständig auf die von diesem Pensionsfonds geschuldete Körperschaftsteuer angerechnet werden kann und, wenn die Quellensteuer die von dem Pensionsfonds geschuldete Körperschaftsteuer übersteigt, zu einer Erstattung führen kann, und zum anderen zu keiner oder nur zu einer verhältnismäßig geringen Erhöhung des körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns führen, was auf der Möglichkeit beruht, von diesem Gewinn Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen abzuziehen, während die an einen gebietsfremden Pensionsfonds ausgeschütteten Dividenden Gegenstand einer Quellensteuer sind, die für einen solchen Pensionsfonds eine endgültige Steuer darstellt, für die Zwecke der Anwendung dieser Vorschrift nicht als eine am 31. Dezember 1993 bestehende Beschränkung angesehen werden kann.“
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Das erkennende Gericht hat entsprechend der ihm vom EuGH auferlegten Prüfung die Klägerin aufgefordert, darzulegen und ggf. nachzuweisen, ob sie die in den Streitjahren bezogenen Dividenden freiwillig oder in Anwendung des in ihrem Sitzstaat geltenden Rechts den Rückstellungen für die Altersversorgung zuweist, die sie in der Zukunft wird leisten müssen.
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Die Klägerin führt hierzu aus, die vom EuGH aufgeworfene Frage sei zu bejahen, so dass der Klage stattzugeben sei. Als Begründung führt sie Folgendes aus:
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Sie verwende alle vereinnahmten Erträge zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen. Sie weise schon nach ihrer Struktur keine Gewinne aus, die sie an „Anteilseigner“ ausschütten könne. Die an sie geleisteten Beiträge investiere sie auch am deutschen Kapitalmarkt. Die Erträge, die aus diesen Investments fließen, verwende sie vollständig für die Erfüllung ihrer Pensionsverpflichtungen. Als Folge des Kapitaldeckungsverfahrens würden die Erträge zur Deckung der Pensionsverpflichtungen verwendet. Dies ergebe sich aus dem als Anlage K1 beigefügten …Trust Agreement in Sec. 5 (2) (b) (i), welches bestimme, dass das für sie handelnde Kuratorium … (im Folgenden: Board) die Verpflichtung treffe, dafür Sorge zu tragen, dass das Nettovermögen des Pensionsfonds ausreiche, um die bestehenden Pensionsverpflichtungen erfüllen zu können. Nach Sec. 9 (3) des Trust Agreements sei sie verpflichtet, die Beitragseinnahmen und das Nettoeinkommen aus Investitionen und aus anderen Quellen dem Vermögen des Pensionsfonds zuzuwenden. In Sec. 9 (6) des Trust Agreements werde festgelegt, dass das Vermögen ausschließlich zugunsten der Versicherten zu verwenden sei. Daraus ergebe sich, dass alle Dividendenerträge zur Erfüllung der Pensionsverpflichtungen zu verwenden seien. Zwischen den Dividendenerträgen und den Pensionsverpflichtungen bestehe insoweit ein enger rechtlicher, wirtschaftlicher und kausaler Zusammenhang. Dieser Zusammenhang setze sich auch in ihrer Bilanzierung fort. Sie stelle Jahresabschlüsse nach den Bilanzvorschriften des Staates Kanada (General Accepted Accounting Standards in Canada) auf. Die als Anlagen K2 vorgelegten Jahresabschlüsse für 2007-2010 wiesen das für die Erfüllung der Pensionsverpflichtungen zur Verfügung stehende Nettovermögen („net assets available for benefits“) aus, also den Wert der Investments abzüglich der Verbindlichkeiten für einzelne Kostenpositionen („Accounts payable and accrued expenses“) und der noch ausstehenden Verpflichtung zur Leistung des Kaufpreises für Investitionen („Payable for purchase of investments“). Aus diesem Vermögen seien die Pensionsverpflichtungen zu bedienen. Um sicher zu stellen, dass das Nettovermögen hierfür ausreiche, ermittle die Klägerin alle drei Jahre die Höhe der zu erwartenden Pensionsverpflichtungen. Dies einerseits, um gegebenenfalls die Beitragssätze anzupassen (Actuarial Valuation of Basic Account for Funding Purposes) und andererseits um die nach den Rechnungslegungsvorschriften zu bildenden Rückstellungen ermitteln zu können (Actuarial Valuation of Basic Account for Accounting Purposes). Die Verpflichtung daraus ergebe sich aus Sec. 12 des Trust Agreement: „The board must have the pension plan reviewed and the results of the review set out in the form of an actuarial valuation report for a going concern valuation in accordance with the requirements of the Pension Benefits Standards Act and the regulation under that Act”.
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Mit Hilfe der versicherungsmathematischen Gutachten würden auch die Höhe der Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen ermittelt. In den Perioden zwischen den Gutachten würden die ermittelten Werte extrapoliert und der Wert der Rückstellung jeweils entsprechend fortgeschrieben. Die auf diese Weise ermittelten Rückstellungen seien in die jeweiligen Jahresabschlüsse eingeflossen. Für das Ende des Wirtschaftsjahres 2006 habe das versicherungsmathematische Gutachten Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen („Total Accrued Liabilities“) in Höhe von CAD 1.611.136 (in Tausend) ermittelt. Hierzu werde auf Seite 18 des „Actuarial Report On … Pension Plan Related To Valuation As At August 31, 2006 (Actuarial Report 2006) in Anlage K3 verwiesen. Genau diesen vom Gutachter für das Ende des Geschäftsjahres 2006 ermittelten Wert der Rückstellung habe die Klägerin als Jahresanfangswert für den Jahresabschluss des Jahres 2007 (Extrapolated actuarial liability, beginning of year) angesetzt. Hierzu werde auf Seite 46 des Jahresabschlusses 2007 in Anlage K2 verwiesen. Für das Ende des Geschäftsjahres 2009 habe das versicherungsmathematische Gutachten eine Rückstellung für Pensionsverpflichtungen in Höhe von CAD 2.128.928 (in Tausend) ermittelt. Verwiesen werde auf den “Actuarial Report On … Pension Plan Related To Valuation As At August 31, 2009” in Anlage K4 Seite 20. Dieser Wert sei wiederum als Jahresanfangswert für den Jahresabschluss des Jahres 2010 unter „Extrapolated actuarial liability, beginning of year“ angesetzt worden (Anl. K 2c Seite 37).
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Bis zum Jahr 2012 seien die Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen nur „unter dem Strich“ und in den Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen ausgewiesen worden, was allerdings nichts daran ändere, dass sie diese Rückstellungen tatsächlich bilde. Im Rahmen der Jahresabschlüsse für die streitgegenständlichen Jahre habe sie entsprechende Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen gebildet.
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Bei der Ermittlung der Höhe der Rückstellungen für die Pensionsverpflichtungen würden auch die von ihr erzielten Kapitalerträge berücksichtigt. Wie bereits dargelegt, werde die Höhe der Rückstellung für die Pensionsverpflichtungen mithilfe versicherungsmathematischer Gutachten ermittelt. Ausgangsbasis für die Ermittlung der Höhe der Rückstellungen seien die erwarteten Pensionszahlungen der Versicherungsnehmer. Diese berechneten sich anhand einer Formel, die unter anderem sowohl den Verdienst der Versicherungsnehmer, also auch die Versicherungszeiten berücksichtige. Die von den Versicherungsnehmern und deren Arbeitgebern geleisteten Beiträge reichten nicht aus, um die auf diese Weise ermittelten Pensionsverpflichtungen zu erfüllen. Aus diesem Grund investiere sie die erhaltenen Gelder am Finanzmarkt, um mit den Erträgen die Pensionsverpflichtungen erfüllen zu können. Aktuell würden rund 70% der Pensionsverpflichtungen aus den Investmenterträgen bedient werden. Die Investmenterträge seien daher integraler Bestandteil der Pensionsverpflichtungen.
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Die Gesetzmäßigkeit zwischen Investmenterträgen und Pensionsverpflichtungen setze sich auch in der Berechnung der Rückstellungen fort. Um bilanziell zu berücksichtigen, dass sich die Verbindlichkeit für Pensionsverpflichtungen zu einem Teil aus zukünftigen Investmenterträgen speisten, würden die ermittelten Pensionsverpflichtungen für die Berechnung der Rückstellungen abgezinst. Abzinsungsfaktor sei der in dem versicherungsmathematischen Gutachten angenommene Investmentertrag. Hierfür werde auf Seite 41 des Actuarial report 2006 in Anlage K3 verwiesen. Über die jährliche Fortschreibung der Rückstellungen und die damit einhergehende Verkürzung der Abzinsungsperioden erhöhten sich die Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen. Diese Erhöhungen stünden in direktem Zusammenhang mit dem Abzinsungsfaktor. Weil der Abzinsungsfaktor - wie dargestellt - dem angenommenen Investmentertrag entspreche, bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen der Höhe der Rückstellungen und dem angenommenen Investmentertrag. Die Rückstellungen umfassten daher jedenfalls auch die streitigen Kapitalerträge, denn die als Abzinsungsfaktor berücksichtigten Investmenterträge seien deutlich höher als die streitgegenständlichen Dividenden.
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So gehe das versicherungsmathematische Gutachten auf den 31. August 2006 vom 15. Mai 2007 bei der Berechnung der Pensionsverpflichtungen von einem durchschnittlichen jährlichen Investmentertrag von 6,75% und jährlich steigenden Gehältern i.H.v. 4% aus (Actuarial Report 2006 Seite 7). Das versicherungsmathematische Gutachten auf den 31. August 2009 vom 13. Mai 2010 gehe bei der Berechnung der Pensionsverpflichtungen von einem durchschnittlichen jährlichen Investmentertrag von 6,5% und jährlich steigenden Gehältern i.H.v. 3,75% aus (Actuarial Report August 31, 2009 Seite 2).
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Die der Berechnung zugrunde liegende Erwartung des Investmentertrags beziehe sich insgesamt auf die unterschiedlichen Typen an Investments und Asset-Klassen der Klägerin. Die Annahme des Investmentertrags i.H.v. 6,75% (ab Ende 2006) bzw. 6,5% (ab Ende 2009) spiegle also im Mittel die in der errechneten Verpflichtung zugrunde liegende Erwartungshaltung wider. Neben kurz- und langlaufenden Anleihen und Hypotheken umfasse diese Erwartungshaltung auch Anlagen am Kapitalmarkt, also auch die Renditeerwartung am deutschen Kapitalmarkt.
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Nach ihren Ermittlungen und gerechnet auf den jeweiligen Jahresendwert der Anteile, aus denen sie Dividendenerträge in Deutschland generiert habe, habe sie in den Jahren 2007-2010 eine jährliche Dividendenrendite zwischen 2,78% und 3,75% erwirtschaftet. Auf die als Anlage K5 beigefügte Berechnung wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen. Da in die Berechnung der zukünftigen Pensionsverpflichtungen eine Renditeerwartung i.H.v. 6,75% bzw. 6,5% einbezogen worden sei, seien bei der Ermittlung der Höhe der Pensionsverpflichtungen und damit auch bei der Höhe der Rückstellungen höhere Erträge berücksichtigt worden, als tatsächlich an Dividenden in Deutschland erzielt worden seien. Die bilanziell abgebildeten Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen enthielten daher nicht nur dem Grunde nach in Deutschland erzielte Dividendenerträge, sondern auch der Höhe nach Erträge, welche die streitgegenständlichen Dividenden aus deutschen Aktien jedenfalls vollständig mit erfassten. Damit sei nachgewiesen, dass einerseits eine enge Beziehung zwischen den Rückstellungen und den Dividendenerträgen bestehe und andererseits alle angenommenen Kapitalerträge in die Berechnung der Rückstellungen eingeflossen seien. Auch hätten die streitgegenständlichen Dividenden aus Deutschland bei dieser Berechnung Berücksichtigung gefunden. Daraus ergebe sich, dass sie - die Klägerin -, auch was die Ermittlung der Rückstellung anbelange, sich in einer mit einem deutschen Pensionsfonds vergleichbaren Situation befinde und die Vorgabe des EuGH erfüllt sei.
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In ihrer Replik führt die Klägerin aus:
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Zu Unrecht ziehe der Beklagte die Vergleichbarkeit der Klägerin mit einem deutschen Pensionsfonds in Zweifel. Entscheidend sei, dass sie, wie bereits in den Schriftsätzen vom 2. August 2016 und vom 7. April 2017 dargelegt, die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 236 Abs. 1 VAG erfülle. Soweit der Beklagte behaupte, wegen der Befreiung von Ertragsteuern in Kanada sei sie nicht mit einem Pensionsfonds, sondern mit einer Pensionskasse zu vergleichen, so verkenne er die Prüfungsreihenfolge, denn die Steuerfreiheit einer Pensionskasse sei erst die Rechtsfolge davon, dass eine Versicherung nicht die Tatbestandsvoraussetzungen eines Pensionsfonds, sondern einer Pensionskasse erfülle. Entscheidendes Unterscheidungskriterium sei, dass Pensionskassen, anders als Pensionsfonds, bestimmten Anlagebeschränkungen unterlägen und Pensionsfonds für jeden Leistungsfall ein fixiertes Preis-Leistungsverhältnis anböten. Die Klägerin sei einerseits keinen den Pensionskassen vergleichbaren Anlagebeschränkungen unterworfen und habe andererseits auch keine tatbestandlichen Leistungsgarantieversprechen abgegeben. Daher sei sie nicht mit einer Pensionskasse vergleichbar. Zu berücksichtigen sei auch, dass der gesetzgeberische Hintergrund dafür, dass Pensionskassen in Deutschland einer finalen Belastung der Kapitalerträge mit 15% Kapitalertragsteuer unterlägen, in der stark beschränkten Anlagemöglichkeit der Pensionskassen in Aktien begründet sei und diese, nach dem gesetzgeberischen Idealtypus, Investments vorrangig in andere Investitionsgüter als Wertpapiere vornehmen sollten. Insoweit verkenne der Beklagte, dass das Modell des deutschen Pensionsfonds, welches vor 20 Jahren in Deutschland eingeführt worden sei, dem angelsächsischen Modell des Pensionsfonds nachgebildet sei und diesem solche Investments am Kapitalmarkt, die den Pensionskassen verwehrt seien, ermöglichen sollte. Der deutsche Gesetzgeber habe insoweit auch die Grundstrukturen eines angelsächsischen Pensionsfonds - wie sie die Klägerin aufweise - übernommen.
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Die Behauptung des Beklagten, dass sie weder freiwillig noch in Anwendung des kanadischen Rechts Rückstellungen für zukünftige Altersversorgungsverpflichtungen gebildet habe, sei falsch, da sie in ihren Jahresabschlüssen entsprechende Rückstellungen für zu erbringende Altersversorgungsleistungen ausweise. Unerheblich sei dabei, an welcher Stelle des Jahresabschlusses diese Rückstellungen formal ausgewiesen würden. Auch der Hinweis darauf, dass es sich hier lediglich um versicherungstechnische Rückstellungen handele, die für die Vergleichbarkeit mit einem gebietsansässigen Pensionsfonds nicht ausreichen sollten, sei unzutreffend. Dies lasse sich aus dem Urteil des EuGH vom 13. November 2019 bzw. dem Schlussantrag des Generalanwalts nicht entnehmen. Auch die Rückstellungen nach deutschem Recht würden unter Berücksichtigung versicherungsmathematischer Werte für die zukünftigen Beiträge gebildet, wie sich aus § 341 f Handelsgesetzbuch (HGB) bzw. § 21 KStG ergebe. Dabei könne es dahinstehen, ob und inwieweit der genaue Rechenweg für die Deckungsrückstellung in Kanada nach anderen Regeln erfolge als in Deutschland. Entscheidend sei, dass die dem Fonds zur Verfügung stehenden Erträge aus Kapitalanlagen letztlich zwingend den Versicherten zu Gute kommen müssten. Dies sei auf der Grundlage des dargestellten kanadischen Instrumentariums gewährleistet. Der Beklagte verkenne auch, dass nach der gesetzgeberischen Intention die Kapitalerträge des Pensionsfonds auf Ebene des Pensionsfonds nicht besteuert werden sollten, weil es sich um Erträge handele, die letztlich nicht dem Pensionsfonds, sondern den Versicherungsnehmern zustehen und daher vom Pensionsfonds benötigt würden, um die Verpflichtungen gegenüber den Versicherten in der Zukunft erfüllen zu können. Um dieses Ziel sicherzustellen, umfassten auch nach deutschem Recht die Rückstellungen die Erträge, die den Versicherungsnehmern zustehen. Nichts anderes erfolge in Kanada, auch wenn die einzelnen Bestimmungen im kanadischen Recht von den nationalen deutschen Bestimmungen abwichen. Entscheidend für die vorliegende Frage sei laut EuGH-Urteil Rn. 81 nur, ob die Dividenden in die Rückstellungen eingeflossen seien. Nicht entscheidend sei, ob die einzelnen Bestimmungen der Rückstellungsbildung, also die Regeln des § 341f HGB, der Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung und der Pensionsfonds-Rechnungslegungsverordnung, auch eine Entsprechung im kanadischen Recht gefunden hätten. Da die von der Klägerin gebildeten Rückstellungen für die von ihr zu leistenden Pensionen sich an den erwarteten Verpflichtungen orientierten, welche ohne die Dividendenerträge, die auch aus Deutschland stammten, nicht erfüllt werden könnten, berücksichtigten diese Rückstellungen im Ergebnis - wie bereits dargelegt - auch die Kapitalerträge, von denen der Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen worden sei. Der Umstand, dass die Dividenden, zu denen auch die in Deutschland erzielten Kapitalerträge zählten, reinvestiert worden seien, spreche entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gegen die Berücksichtigung in der Rückstellung für Pensionsverpflichtungen. Auch ein deutscher Pensionsfonds reinvestiere die Kapitalerträge, nachdem er sie in den Rückstellungen abgebildet habe, denn es sei gerade Sinn und Zweck der Rückstellungsbildung, die Kapitalerträge ohne Steuerbelastung und damit fortwährend in voller Höhe zugunsten der Versicherten am Kapitalmarkt investieren zu können. Genauso fehl gehe die von dem Beklagten offensichtlich für erheblich gehaltene Unterscheidung zwischen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen. Es würde die hier allein entscheidende Frage der Vergleichbarkeit im Hinblick auf die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit völlig überspannen, wenn es auf derartige Details ankäme. Letztlich sei diese Unterscheidung für die Klägerin auch irrelevant, denn sämtliche Kapitalerträge, die von ihr erwirtschaftet würden, seien von ihr für die Erfüllung der Pensionsverpflichtungen einzusetzen.
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Die Klägerin beantragt
den Beklagten zu verpflichten, einen Bescheid zu erlassen, mit dem sie von der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2007-2010 in Höhe von insgesamt 156.280,10 € freigestellt wird sowie die einbehaltene und nicht erstattete Kapitalertragsteuer in Höhe von 156.280,10 € nebst Zinsen in Höhe von 6% aus 36.786,00 € ab 1. Januar 2008, aus 60.758,10 € ab 1. Januar 2009, aus 24.869,00 € ab 1. Januar 2010 und aus 33.867,00 € ab 1. Januar 2011 an sie zu erstatten, hilfsweise die Zulassung der Revision.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, dass bereits kein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt, da die Klägerin nicht ungleich behandelt wird. Entgegen den Ausführungen des Finanzgerichts München in seinem Vorlagebeschluss sei die Klägerin nicht mit einem inländischen Pensionsfonds, sondern mit einer deutschen Pensionskasse vergleichbar. Die Vergleichbarkeit mit deutschen Pensionskassen ergebe sich aus dem Umstand, dass die Klägerin in Kanada vollumfänglich von Ertragsteuern befreit sei. Auch deutsche Pensionskassen unterlägen nur mit den Einnahmen, die dem Steuerabzug unterliegen, einer Quellensteuerpflicht. Damit betrage die effektive Steuerbelastung einer inländischen Pensionskasse in gleicher Weise wie bei der Klägerin 15% der Bruttodividenden. Im Übrigen greife die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG ein mit der Folge, dass auch einer inländischen Pensionskasse gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG eine Anrechnung oder Erstattung der im Abzugswege erhobenen Kapitalertragsteuer sowie die Berücksichtigung von Betriebsausgaben im Veranlagungsverfahren verwehrt sei. Die Dividendenausschüttungen würden damit bei der Klägerin nach denselben Regelungen besteuert wie bei einer inländischen Pensionskasse.
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Selbst wenn man die Vergleichbarkeit der Klägerin mit einem deutschen Pensionsfonds bejahen würde, bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Bezug der Dividenden und der Bildung von Deckungsrückstellungen. Rückstellungen seien unabhängig davon zu bilden, ob ein Dividendenbezug erfolge. Versicherungstechnische Rückstellungen seien auch ohne entsprechende Einnahmen der Altersversorgungseinrichtung zu erhöhen, um deren zukünftige Leistungsverpflichtung abzubilden. Ursächlich für die Rückstellung sei die erteilte Versorgungszusage und nicht der Umfang der erzielten Erträge. Dies ergebe sich auch daraus, dass Rückstellungen auch dann zu bilden seien, wenn kein Gewinn erzielt werde. Der Grund ihrer Bildung sei daher nicht die Erzielung von Einnahmen, sondern die zukünftige Auszahlungsverpflichtung. Dies habe auch der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 6. April 2016 (I R 61/14, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2017, 48) zu den Aufwendungen aus der Zuführung zu den Deckungsrückstellungen bzw. sonstigen versicherungstechnischen Rückstellungen im Zusammenhang mit einem inländischen Krankenversicherungsunternehmen, das ausländische Dividenden bezogen hatte, entschieden. Denn nach dem wirtschaftlichen Gehalt seien die rechnungsmäßigen Zinsen (erfolgsunabhängige Garantieverzinsung) und die außerrechnungsmäßigen Zinsen (erfolgsabhängige Überschussbeteiligung, soweit die Garantieverzinsung übertroffen werde) vorrangig dem Bereich des inländischen Versicherungsgeschäfts zugewiesen. Die Verpflichtung zur Bildung von Deckungsrückstellungen sowie weiterer versicherungstechnischen Rückstellungen und die darauf entfallenden Zuführungen von rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen ergebe sich aus der Eigenart als Versicherungsunternehmen. Soweit der BFH - ausschließlich im Hinblick auf die erfolgsabhängigen außerrechnungsmäßigen Zinsen - wegen der rechnerischen Verknüpfung eine gewisse Mitveranlassung durch die ausländischen Kapitalerträge sehe, werde diese durch den vorrangigen Veranlassungszusammenhang mit dem inländischen Versicherungsgeschäft verdrängt.
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Die Abzugsfähigkeit der hier in Rede stehenden versicherungstechnischen Rückstellungen ergebe sich damit bei der gebietsansässigen Altersversorgungseinrichtung daraus, dass diese das Versicherungsgeschäft im Inland betreibe. Dies sei in tatsächlicher Hinsicht der Anknüpfungspunkt für die Zuordnung der Aufwendungen, nicht aber etwaige durch sie im Inland oder Ausland erzielte Kapitaleinkünfte. Anders als die gebietsansässigen Altersversorgungseinrichtung betreibe der gebietsfremde Pensionsfonds das Versicherungsgeschäft aber gerade nicht im Inland, sodass er hieraus auch keine inländischen Einkünfte erziele. In Ermangelung dieses Anknüpfungspunktes komme auch die Berücksichtigung der hier in Rede stehenden Aufwendungen nicht in Betracht. Der Veranlassungszusammenhang der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen bestehe folglich bei nicht gebietsansässigen Pensionsfonds mit dem im Ausland betriebenen Versicherungsgeschäft, nicht aber mit den inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 5a EStG. Eine dem ausländischen Recht entsprechende Verknüpfung, wie im Fall des EuGH-Urteils vom 8. November 2012 (C-342/10), bestehe im deutschen Steuerrecht gerade nicht. Insbesondere liege auch keine ausdrückliche Regelung vor, die den Betriebsausgabenabzug von Zuführungen zu Deckungsrückstellungen und ähnlichen versicherungstechnischen Rückstellungen begründe. Weder § 21 Abs. 2 KStG noch § 21a KStG enthalte eine solche Bestimmung.
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Hilfsweise sei die vom EuGH aufgeworfene Frage, ob die Klägerin die bezogenen Dividenden freiwillig oder in Anwendung des Rechts ihres Sitzstaates den Rückstellungen für die zukünftige Altersversorgung zugewiesen habe, zu verneinen. Die Klägerin habe weder freiwillig noch in Anwendung des kanadischen Rechts Rückstellungen für zukünftige Altersversorgungen gebildet, so dass eine Vergleichbarkeit unter dieser Voraussetzung zu verneinen sei. Nach dem Recht des Staates Kanada als Sitzstaat bestehe für die Klägerin keine Verpflichtung, die Dividenden den Rückstellungen für Versorgungsverpflichtungen zuzuordnen. Wenn bereits nach dem nationalen Recht des Sitzstaates solche Rückstellungen nicht gebildet werden müssten und steuerlich nicht anerkannt würden, scheide deren steuerliche Berücksichtigung auch in Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht aus.
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Auch habe die Klägerin die vereinnahmten Dividenden nicht freiwillig den Deckungsrückstellungen zugeführt. Sie sei hierzu weder vertraglich verpflichtet gewesen, noch habe sie eine tatsächliche Zuführung vorgenommen.
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Eine vertragliche Verpflichtung, die erzielten Dividenden den Deckungsrückstellungen zuzuführen, existiere nicht. Weder dem … Pension Plan Joint Agreement noch den … Pension Plan Rules lasse sich entnehmen, dass die Klägerin verpflichtet sei, Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen zu bilden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergebe sich aus diesen Regelungen nicht, dass alle Dividendenerträge den einzelnen Versicherungsverträgen gutzuschreiben seien. Die allgemeine Verpflichtung des „Boards“, das Vermögen der Klägerin so zu verwalten, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen könne, reiche insoweit nicht aus. Denn dass dieser dafür Sorge tragen müsse, dass das Nettovermögen ausreiche, um die bestehenden Pensionsverpflichtungen erfüllen zu können (Sec. 5 (2) (b) (i) Trust Agreement), sage nichts darüber aus, in welcher Weise er dieser Verpflichtung nachzukommen habe. Insbesondere ergebe sich hieraus nicht, dass die Dividenden, wie bei einem deutschen Pensionsfonds, zu mindestens 90% den Deckungsrückstellungen zugeführt werden müssten. Gleiches gelte für die Aussage in Sec. 9 (6) des Trust Agreements, dass das Vermögen der Klägerin ausschließlich zugunsten der Versicherungsnehmer zu verwenden sei. Die Festlegung im Trust Agreement, dass alle Erträge und Beitragseinnahmen dem Vermögen der Klägerin zuzuordnen seien, bedeute nicht, dass sie auch den Rückstellungen für Beitragsverpflichtungen zuzuführen seien, sondern sei dem zwischen der Klägerin und dem öffentlichen Investmentmanager B bestehenden Treuhandverhältnis geschuldet. Die Aufgaben des „Boards“ verdeutlichten lediglich die allgemeine Pflicht zum Handeln im Interesse des Pensionsfonds sowie der Versicherten.
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Die angeführte Sec. 9 (6) des Trust Agreements betreffe einen etwaigen Zugriff der Provinz … als Vertragspartei auf das Vermögen der Klägerin. Insoweit werde geregelt, dass das Vermögen der Klägerin den Versicherungsnehmern zugutekommen solle und die Regierung der Provinz … grundsätzlich keinen Anspruch auf die Vermögenswerte der Klägerin habe. Auch aus Sec. 12 ergebe sich keine Verpflichtung zur Zuführung der erzielten Dividenden zu den Deckungsrückstellungen. Hieraus sei lediglich die Pflicht des „Boards“ zu entnehmen, den Pension Plan zu überprüfen und auf der Grundlage von versicherungsmathematischen Gutachten Bewertungen und Anpassungen im Einklang mit den Regelungen der Pension Benefits Standards Acts vorzunehmen.
28
Auch aus den weiteren vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass die Klägerin die erzielten Dividenden den Deckungsrückstellungen zugeführt hätte. Etwaige gebildete Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen seien allenfalls als versicherungstechnische Rückstellungen zu werten. Denn in diese seien ausweislich des vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachtens lediglich durchschnittliche, jährlich zu erwartende Investmenterträge i.H.v. 6,75% für die nächsten drei Jahre (Ende 2006 bis Ende 2009) bzw. von 6,5% ab Ende 2009 einbezogen worden. Es handele sich hierbei um die zukünftige Renditeerwartung der Kapitalanlagen der Klägerin. Bei der Ermittlung der Renditeerwartung sei zwar auch die Ertragserwartung für den deutschen Kapitalmarkt berücksichtigt worden, jedoch sei schon nicht erkennbar, in welcher Höhe die Renditeerwartung und damit die versicherungsmathematische Rückstellung auf das am deutschen Kapitalmarkt angelegte Vermögen der Klägerin entfalle. Zudem spiegelten die Rückstellungen insoweit lediglich die Ertragserwartung für das betreffende Geschäftsjahr wider und berücksichtigten nicht, wie bei den Deckungsrückstellungen nach deutschem Recht (§ 341f HGB), auch die in den vergangenen Geschäftsjahren tatsächlich vereinnahmten Dividenden. Die von der Klägerin angestellte Berechnung basiere ersichtlich nicht auf den Beträgen der aus Deutschland bezogenen Dividenden. Die tatsächlich erzielten Dividenden blieben ohne Auswirkung auf die Bildung der Rückstellungen für zukünftige Pensionsverpflichtungen. Sie fielen deutlich geringer aus als die für die Bildung der Rückstellung zugrunde gelegte durchschnittliche jährliche Ertragserwartung. Die Rückstellungen für Versorgungsverpflichtungen seien auch nicht an die geringeren tatsächlichen Erträge für das jeweilige Geschäftsjahr angepasst worden. Aus den Annual Reports und den Financial Statements sei ebenfalls nicht ersichtlich, wie die tatsächlichen Dividendenausschüttungen mit den Rückstellungen in Zusammenhang stünden. Lediglich die versicherungsmathematische Herleitung der Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen werde erläutert. Diese von der Klägerin gebildeten versicherungsmathematischen Rückstellungen reichten jedoch auch nach Auffassung des EuGH (siehe Rn. 81 f. des Urteils vom 13. November 2019) sowie des Generalstaatsanwaltes Pikamäe (Rn. 80 der Schlussanträge vom 5. Juni 2019) nicht aus, um einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Kapitalerträgen und den Deckungsrückstellungen zu bejahen.
29
Aus der beigefügten Anlage K5 ergebe sich lediglich der Anteil der Klägerin an der jeweiligen Poolbeteiligung sowie die hieraus erzielten Dividenden. Wie diese Dividenden verwendet, insbesondere ob sie den Deckungsrückstellungen zugeführt worden seien, sei hieraus nicht ersichtlich. Dem Financial Statement sei jedoch zu entnehmen, dass die vereinnahmten Dividenden in den Pool reinvestiert und damit nicht den einzelnen Pensionsverträgen zugeführt worden seien. Damit würden die von der Klägerin mit ihren Beteiligungen erwirtschafteten Erträge nicht in diesen Rückstellungen abgebildet.
30
Deckungsrückstellungen i.S.v. § 341 f HGB setzten neben einer versicherungsmathematischen Berechnung der zukünftigen Leistungsverpflichtungen auch eine Einbeziehung der den jeweiligen Versicherungsvertrag bereits zugeordneten Überschussanteile voraus. Diese Zuführung der mit den Kapitalanlagen erzielten Dividenden zu den Überschussanteilen der Versicherten habe bei der Klägerin nicht stattgefunden, denn sie habe selbst ausgeführt, dass sie den Wert der Rückstellung, welche in dem versicherungsmathematischen Gutachten für das Ende des Geschäftsjahres 2006 ermittelt worden sei, als Jahresanfangswert für den Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2007 zugrunde gelegt habe. Damit seien die im Jahr 2006 erhaltenen Dividenden nicht den Rückstellungen zugeführt worden und hätten zu einer entsprechenden Anpassung des Jahresanfangswertes 2007 geführt. Lediglich die durchschnittliche Ertragserwartung der nächsten drei Jahre sei in den Rückstellungen abgebildet worden.
31
Eine Unterscheidung zwischen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen, wie bei einem deutschen Pensionsfonds, finde bei der Klägerin ebenfalls nicht statt. Nicht ersichtlich sei, ob und in welcher Höhe rechnungsmäßige Kapitalanlagerenditen den einzelnen Pensionsfondsverträgen direkt im Jahr ihrer Realisation gutgeschrieben würden und damit die Rückstellung für Pensionsverpflichtungen erhöht hätten. Auch sei nicht ersichtlich, wie mit außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen verfahren werde. Insbesondere ergebe sich weder eine gesetzliche noch eine vertragliche Verpflichtung, dass diese, wie im deutschen Recht, zu mindestens 90% den einzelnen Pensionsfondsverträgen gutgeschrieben werden müssten.
32
Zudem habe die Klägerin selbst erläutert, dass die Rückstellungen nicht im Jahresabschluss der Geschäftsjahre 2007-2010 ausgewiesen, sondern lediglich in den Erläuterungen zum Jahresabschluss aufgeführt seien. Derart ausgewiesene „Rückstellungen“ reichten nach deutschem Steuerrecht nicht aus, um ihre gewinnmindernde Berücksichtigung zu rechtfertigen. Nach § 21a Abs. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG i.V.m. § 341 f HGB seien Deckungsrückstellungen im Jahresabschluss zu bilden. Dies sei bei der Klägerin nicht erfolgt.
33
Soweit die Klägerin Zinsen nach unionsrechtlichen Grundsätzen begehrt, verweist der Beklagte auf das nach seiner Auffassung entsprechend anwendbare Urteil des BFH vom 22. Oktober 2019 VII R 24/18 zum Energiesteuergesetz. Danach steht der Behörde eine angemessene Frist für die Bearbeitung des Entlastungsantrags zu, die bei der Zinsberechnung zu berücksichtigten ist.
34
Während des Klageverfahrens kam es durch einen Organisationsakt der Verwaltung (§ 5 Abs: 1 Satz 1 Nr. 2 Finanzverfassungsgesetz - FVG - i.d.F. des Artikel 8 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - I S. 1259) zu einem Beklagtenwechsel.
35
Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2021 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II.
36
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Freistellung vom Kapitalertragsteuerabzug für die Jahre 2007-2010 sowie auf Erstattung der einbehaltenen und nicht erstatteten Kapitalertragsteuer zuzüglich Zinsen.
37
1. Das Bundeszentralamt für Steuern ist Beklagter dieses Verfahrens. Mit Art. 8 des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1259) wurde § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FVG neu gefasst. Danach ist das Bundeszentralamt für Steuern zuständig u.a. für die Erstattung von Kapitalertragsteuer an beschränkt Steuerpflichtige, soweit die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist und die beschränkte Steuerpflicht nicht auf § 2 Nr. 2 KStG beruht. Das Gesetz trat am 9. Juni 2021 in Kraft (Art. 15 Abs. 1 AbzStEntModG). Für das streitgegenständliche Verfahren, für das bisher das Finanzamt München zuständig war, hat damit durch einen Organisationsakt ein Zuständigkeitswechsel stattgefunden, der zu einem gesetzlicher Beklagtenwechsel geführt hat. Ein solcher stellt weder eine Änderung des Streitgegenstandes noch eine Klageänderung dar. Der neue Beklagte rückt in das Verfahren ein, ohne dass entsprechende Erklärungen der Beteiligten erforderlich sind und ohne dass eine Klageänderung vorliegt (BFH-Urteil vom 11. April 2013 III R 35/11, BFHE 241, 499, BStBl. II 2013, 1037; BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2004 VI S 7/03, BStBl II 2005, 573; Gräber/Herbert, FGO, 9. Auflage, § 63 Rz. 21).
38
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten darin zu folgen ist, dass ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit bereits deshalb nicht vorliegt, weil die Klägerin nicht mit einem nationalen Pensionsfonds, sondern mit einer steuerbefreiten inländischen Pensionskasse vergleichbar ist. Im streitgegenständlichen Vorlagebeschluss vom 23. Oktober 2017 ist der Senat in Übereinstimmung mit den Parteien davon ausgegangen, dass die Klägerin in ihren wesentlichen Strukturen dem Typ eines deutschen Pensionsfonds nach § 236 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) entspricht und für einen Vergleich auf die Besteuerung eines deutschen Pensionsfonds und nicht einer nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG von der Körperschaftsteuer befreiten Pensionskasse abzustellen ist. Der Senat braucht auch jetzt diese Frage nicht zu entscheiden, denn auch wenn man weiterhin davon ausgeht, dass die Klägerin in ihren wesentlichen Strukturen einem deutschen Pensionsfonds entspricht, kann sie sich nicht auf eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit berufen.
39
3. Die gemäß dem Urteil des EuGH vom 13. November 2019 C-641/17 vom erkennenden Senat zu beantwortende Frage, ob die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Zuweisung der Dividenden zu den Rückstellungen für die Altersversorgung sich in einer Situation befindet, die mit der eines gebietsansässigen Pensionsfonds vergleichbar ist, ist zu verneinen. Aus diesem Grund kommt eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 und 65 AEUV nicht in Betracht, so dass die Klage abzuweisen ist, da die Besteuerung der Dividenden dem geltenden Recht entspricht.
40
Zur Beantwortung der Frage, ob die Klägerin als gebietsfremder Pensionsfonds die von ihr bezogenen Dividenden freiwillig oder in Anwendung des in ihrem Sitzstaat geltenden Rechts den Rückstellungen für Altersversorgung zuweist und sich insoweit in einer Situation befindet, die mit der eines gebietsansässigen Pensionsfonds vergleichbar ist, ist es zunächst notwendig zu untersuchen, wie sich bei einem inländischen Pensionsfonds die Ausschüttung von Dividenden inländischer Aktien auf die von ihm zu bildenden Rückstellungen für Altersversorgung auswirkt (hierzu Ziff. 4). Sodann ist derselbe Vorgang mit den bilanziellen Folgen bei der Klägerin zu vergleichen (hierzu Ziff. 5) und daran anschließend im Wege eines Vergleichs zu prüfen, ob sich die Klägerin hinsichtlich der Möglichkeit, Rückstellungen für Altersversorgung zu bilden, in einer mit einem inländischen Pensionsfonds vergleichbaren Lage befindet (hierzu Ziff. 6).
41
4. Bei einem inländischen Pensionsfonds hat die Ausschüttung von Dividenden unmittelbar Auswirkung auf die Höhe der Deckungsrückstellungen.
42
4.1 Ein inländischer Pensionsfonds hat nach § 239 VAG einen Kapitalstock als Sicherungsvermögen zu bilden (das VAG in seiner aktuellen Fassung verwendet anstelle des früheren Begriffes des Deckungsstocks nur noch den des Sicherungsvermögens). Mit dem Sicherungsvermögen werden die pensionsfondstechnischen Verbindlichkeiten gedeckt, insbesondere muss das Sicherungsvermögen die dauernde Erfüllbarkeit eines Pensionsplans sicherstellen (Thaut, Direktzusage und Pensionsfonds, Ziff. 5.2.3, S. 29). Der Umfang des Sicherungsvermögens muss mindestens der Summe verschiedener Passivposten, u.a. der Deckungsrückstellung, entsprechen (§ 237 Abs. 1, 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 VAG). Im Laufe des Geschäftsjahres sind dem Sicherungsvermögen Beträge in solcher Höhe zuzuführen und vorschriftsmäßig anzulegen, wie es dem voraussichtlichen Anwachsen des Mindestumfangs des Sicherungsvermögens nach § 125 Abs. 2 VAG entspricht (§ 237 Abs. 1, 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VAG). Das Sicherungsvermögen ist nach § 237 Abs. 1, 2 i.V.m. § 125 Abs. 4 VAG gesondert von jedem anderen Vermögen zu verwalten und ist nach § 126 VAG in ein Vermögensverzeichnis einzeln einzutragen. Es ist nach § 237 Abs. 1, 2 i.V.m.§ 128 VAG von einem Treuhänder zu überwachen und nach § 237 Abs. 1, 2 i.V.m. § 129 VAG so sicherzustellen, dass nur mit Zustimmung des Treuhänders darüber verfügt werden kann. Dem Sicherungsvermögen wird somit das Vermögen zugeführt, mit dem die Ansprüche der Versicherten zu erfüllen sind. Dem Sicherungsvermögen sind Vermögenswerte in der Höhe zuzuführen, dass es die auf der Passivseite der Bilanz jeweils gebildete Deckungsrückstellung und ihren voraussichtlichen Steigerungsbetrag bedeckt (Boetius/Boetius/Kölschbach, Handbuch der versicherungstechnischen Rückstellungen, 2. Auflage 2021, § 1 Rz. 98, 102). Die Erträge aus den Kapitalanlagen des Pensionsfonds führen zu einer Erhöhung des Sicherungsvermögens auf der Aktivseite der Bilanz und zwar, soweit es sich um rechnungsmäßige Kapitalrenditen handelt, in vollen Umfang und soweit es sich um außerrechnungsmäßige Kapitalanlagerenditen handelt, in Höhe von mindestens 90% nach § 237 Abs. 1, 2, § 140 Abs. 2 i.V.m. § 4 der Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (Mindestzuführungsverordnung - MindZV).
43
4.2 Spiegelbild des Sicherungsvermögens auf der Passivseite ist die Deckungsrückstellung. Nach § 341 f Abs. 1 Satz 1 HGB ist sie für die Verpflichtungen aus dem Lebensversicherungs- und dem nach Art der Lebensversicherung betriebenen Versicherungsgeschäft in Höhe ihres versicherungsmathematisch errechneten Wertes einschließlich bereits zugeteilter Überschussanteile mit Ausnahme der verzinslich angesammelten Überschussanteile und nach Abzug des versicherungsmathematisch ermittelten Barwerts der künftigen Beiträge zu bilden (prospektive Methode). Die nach § 341 f Abs. 1 Satz 2 HGB zugelassene retrospektive Methode für den Fall, dass eine Ermittlung des Wertes der künftigen Verpflichtungen und der künftigen Beiträge nicht möglich ist, kann für die hier vorzunehmende Untersuchung außer Betracht gelassen werden.
44
Speziell für Pensionsfonds ist die Bildung der Deckungsrückstellung in § 240 Nr. 12 VAG i.V.m. der Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung (PFAV) vom 18. April 2016 geregelt. Die PFAV löste die Pensionsfonds-Deckungsrückstellungsverordnung (PFDeckRV) vom 20. Dezember 2001 ab und folgt dieser in ihren Rechtsgrundsätzen. Danach sind von Pensionsfonds Deckungsrückstellungen zu bilden. Der versicherungsmathematischen Berechnung ist ein bestimmter Rechnungszinssatz zugrunde zu legen, wenn der Pensionsfonds eine versicherungsförmige Garantie im Sinne von § 22 Abs. 2 PFAV übernimmt.
45
Eine versicherungsförmige Garantie liegt im Wesentlichen dann vor, wenn der Pensionsfonds das Kapitalanlagerisiko übernimmt. Von dieser Fallkonstellation ist in der vorliegenden Untersuchung auszugehen. Wie die Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 2. August 2016 und 7. April 2017 ausgeführt hat, ist zwar nicht die Höhe der an sie zu entrichtenden Beiträge versicherungsförmig garantiert. Den Arbeitnehmern ist jedoch eine der Höhe nach garantierte Altersversorgung zugesagt worden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der den Inflationsausgleich ausmachende Betrag von externen Faktoren abhängig ist. Somit liegt eine leistungsbezogene Garantie im Sinne von § 22 Abs. 2 PFAV vor, da der Pensionsfonds insoweit das Kapitalanlagerisiko übernommen hat (Beckstette/Schmidt, Pensionsfonds, Kapitel 8.2). Das entspricht dem Grundsatz, dass die Pensionspläne eines Pensionsfonds entweder beitragsbezogen oder leistungsbezogen ausgestaltet sein können (Boetius/Boetius/ Kölschbach, Handbuch der versicherungstechnischen Rückstellungen, 2. Auflage 2021, § 1 Rz. 130; Thaut, Direktzusage und Pensionsfonds, Ziff. 3.2.1 S. 20 und Ziff. 5.2.3 S. 28).
46
Die Deckungsrückstellung wird dabei aus den vom Arbeitgeber erbrachten Beiträgen und den mit dem Anlagestock (Sicherungsvermögen) erwirtschafteten rechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen gebildet. Die Deckungsrückstellung am Bilanzstichtag entspricht somit den mit dem Rechnungszins aufgezinsten bereits vereinnahmten Beiträgen (Blank, Der Pensionsfonds im Steuerrecht, S. 89; Thaut, Direktzusage und Pensionsfonds Ziff. 5.2.3.1.2 S. 33).
47
Darüber hinaus wird die Höhe der Deckungsrückstellung durch die außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen erhöht. Die Überschüsse stehen nur zu einem geringen Teil dem Unternehmen zu und müssen zum überwiegenden Teil den Versicherten zu Gute kommen (IDW, WPH Edition, Versicherungsunternehmen, Kap. B, Tz. 180). Grundsätzlich müssen mindestens 90% der außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugeführt werden (§ 14 Abs. 3 PFAV). Stattdessen können Sie auch im Wege der Direktgutschrift den einzelnen Versicherungsnehmern zugeteilt werden (§ 237 Abs. 1, 2, § 140 Abs. 2 Satz 2 VAG). Dies geschieht in der Weise, dass der Vorstand nach § 139 Abs. 2 VAG diejenigen Beträge bestimmt, die der Überschussbeteiligung der Versicherten gewidmet werden und sodann diejenigen Beträge, die den einzelnen Versicherten im Wege der Direktgutschrift zugeteilt werden sollen. Die Entscheidung über die Widmung von Beträgen zur Überschussbeteiligung stellt eine aufsichts- und vertragsrechtliche Maßnahme dar und bewirkt das Entstehen einer Verpflichtung, die als solche nicht mehr widerrufen werden kann (IDW, WPH Edition, Versicherungsunternehmen, Kap. B, Tz. 180 f.). Der nach der prospektiven Methode ermittelte Bilanzposten „Deckungsrückstellung“ nach § 341 f Abs. 1 Satz 1 HGB wird somit durch die zugeteilten Überschussbeteiligungen erhöht (Stuirbrink/Johannleweling/Faigle/Reich, Beck’scher Versicherungsbilanz-Kommentar, HGB §§ 342 bis 341o HGB, § 341f Rz. 9).
48
4.3 Da - wie dargelegt - das Sicherungsvermögen mindestens in Höhe der Deckungsrückstellung gebildet werden muss, führt die Zuteilung einer Direktgutschrift auch dazu, dass in entsprechender Höhe Vermögenswerte dem Sicherungsvermögen zugeführt werden müssen.
49
Die Neutralisierung der Erträge aus den Kapitalanlagen erfolgt somit auf die Weise, dass - soweit diese den rechnungsmäßigen Kapitalrenditen entsprechen - sie in dieser Höhe auch in der Deckungsrückstellung abgebildet werden. Hinsichtlich der außerrechnungsmäßigen Kapitalrenditen erfolgt die Neutralisierung, soweit die Erträge den Pensionsfondsverträgen gutgeschrieben werden, regelmäßig durch die entsprechende Direktgutschrift, die der jeweiligen Deckungsrückstellung zugeführt wird. In Höhe der auf diese Weise gebildeten Deckungsrückstellung kann ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Pensionsfonds den Bestand seines Sicherungsvermögens (Deckungsstocks) steuerfrei aufbauen (Thaut, Direktzusage und Pensionsfonds, Tz. 5.2.3 S. 29 f.).
50
5. Bei der Klägerin stellt sich die Situation anders dar. Die Klägerin erstellt jährliche Geschäftsberichte (Annual Reports), das Geschäftsjahr verläuft jeweils vom 1. September bis zum 31. August des folgenden Jahres (Ordner Anlage K 2). Die Geschäftsberichte enthalten neben verschiedenen Darstellungen, u.a. zur Mitgliederstruktur, der Entwicklung der geleisteten Pensionszahlungen (Plan Benefits), der Entwicklung der Vermögensanlagen (Investments) und der Entwicklung der finanziellen Lage (Financial Health) einen Jahresabschluss (Financial Statements), der nach Mitteilung der Klägerin nach den in den Streitjahren geltenden Bilanzvorschriften des Staates Kanada (General Accepted Accounting Standards in Canada) aufgestellt wurde (Anlage K 2 S. 33 ff.). Dieser enthält folgende Aufstellungen:
51
a) “Statement Of Net Assets Available For Benefits”. In dieser wird in Form einer Bilanz das für die Bedienung der Pensionsverpflichtungen zur Verfügung stehende Nettovermögen dargestellt. Dabei werden auf der Aktivseite die Vermögenswerte (Assets) ausgewiesen, die sich zusammensetzen aus den Kapitalanlagen (Investments), den Forderungen (Receivables), aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (Prepaid expenses) und Barvermögen (Cash). Auf der Passivseite werden die Verbindlichkeiten (Liabilities) ausgewiesen, jedoch keine Pensionsverpflichtungen. Passiviert werden lediglich die Verbindlichkeiten aus dem Kauf von Anlagegütern sowie sonstige Verbindlichkeiten. Beispielhaft wird auf den Jahresabschluss zum 31. August 2007 verwiesen. Den Aktiva i.H.v. CAD 2.366.455 (in Tausend) stehen Passiva i.H.v. CAD 7.510 (in Tausend) gegenüber, das Nettovermögen zur Bedienung der Pensionsverpflichtungen beträgt CAD 2.358.945 (in Tausend).
52
b) “Statement Of Changes In Net Assets Available For Benefits”. In dieser werden in Form einer Gewinn- und Verlustrechnung die Vermögenszugänge (Increase In Assets) den Vermögensabgängen (Decrease In Assets) gegenübergestellt und auf diese Weise der Vermögenszuwachs (Increase In Net Assets) ermittelt. Die Vermögenszugänge setzen sich zusammen aus den Erträgen aus Investitionen (u.a. Aktien, Immobilien), in 2007 CAD 240.998 (in Tausend), den Beitragszahlungen (Contributions), in 2007 CAD 98.344 (in Tausend), Transferzahlungen, in 2007 CAD 13.634 (in Tausend), in der Summe CAD 352.976 (in Tausend). Die Vermögensabgänge setzen sich zusammen aus Rentenleistungen, in 2007 CAD 60.776 (in Tausend) und anderen Ausgaben. In der Summe betragen die Ausgaben 2007 CAD 83.835 (in Tausend). Der Nettovermögenszuwachs betrug somit in 2007 CAD 269.141 (in Tausend). Dem wird das verfügbare Nettovermögen am Anfang des Wirtschaftsjahres (in 2007 CAD 2.089.804 in Tausend) hinzugezählt, sodass sich wiederum ein Nettovermögen am Ende des Wirtschaftsjahres 31. August 2007 in Höhe von CAD 2.358.945 (in Tausend) darstellt.
53
c) Der Jahresabschluss enthält umfangreiche Anmerkungen und Erläuterungen, überschrieben als „Notes To The Financial Statements“ (Anlage K 2 S. 35 ff.). Unter Ziff. 7 des Erläuterungsteils wird darauf hingewiesen, dass alle drei Jahre von einem unabhängigen Sachverständigen eine versicherungsmathematische Bewertung des Vermögens und der Pensionsverpflichtungen durchgeführt wird, um die angemessene Höhe der Mitglieder- und Arbeitnehmerbeiträge zu ermitteln (Actuarial Valuation Of The Basic Account For Funding Purposes). Unter Ziff. 8 des Erläuterungsteils wird bestimmt, dass im Rahmen der versicherungsmathematischen Bewertung zur Ermittlung der angemessenen Beitragssätze der Sachverständige den Wert des Vermögens auf Grundlage der Basiswerte sowie die Höhe der Pensionsverpflichtungen zum Bilanzstichtag auch für Zwecke des Rechnungswesens bzw. der Bilanzierung berechnet (Actuarial Valuation Of The Basic Account For Accounting Purposes). Für diese Zwecke werden - anders als bei der Bewertung zum Zwecke der Ermittlung der angemessenen Höhe der Beiträge - künftige Beiträge und Leistungen nicht berücksichtigt („For this purpose, contributions and benefits for future service are not included, in contrast to their inclusion in the valuation for funding purposes as described in Note 7a“).
54
Die im dreijährigen Turnus durchgeführte Bewertung durch einen Sachverständigen wird in einem Bericht dargelegt und anhand der Berechnungsgrundlagen erläutert (Actuarial report on … Pension Plan), der zum 31. August 2006 (Anlage K 3) und zum 31. August 2009 (Anlage K 4) erstellt wurde.
55
Für die Bewertung des Vermögens für Zwecke des Rechnungswesens bzw. Bilanzierung werden in Schedule 5 des Actuarial report on … Pension Plan (Anlage K 3 S. 18) den Vermögenswerten (Fund) die aufgelaufenen Verbindlichkeiten zum Bewertungsstichtag (Accrued Liabilities) gegenübergestellt, die sich aus den Verbindlichkeiten für bereits bezahlte Pensionen (accrued liabilities for pensions being paid), den Verbindlichkeiten gegenüber nicht mehr aktiven Mitgliedern (accrued liabilities for inactive members) und Verbindlichkeiten gegenüber aktiven Mitgliedern (accrued liabilities for active members) zusammensetzen. Nach Auskunft der Klägerin wurde bei dieser Bewertung die sogenannte Projected Unit Credit Method herangezogen. Dabei ergaben sich zum 31. August 2006 Pensionsverpflichtungen in Höhe von CAD 1.611.136 (in Tausend) und zum 31. August 2009 Pensionsverpflichtungen in Höhe von CAD 2.128.928 (in Tausend). In Nr. 8 der Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen zum 31. August 2007 (Anlage K 2 S. 46) und 31. August 2009 (Actuarial Valuation Of The Basic Account For Accounting Purposes, Anlage K 2b ohne Seitenangabe) werden die Pensionsverpflichtungen zum 31. August 2006 bzw. 31. August 2009 dargestellt und in den jeweiligen Folgejahren 31. August 2007 und 31. August 2008 bzw. 31. August 2010 mit Hilfe einer Hochrechnung fortgeschrieben. Dem auf diese Weise berechneten Wert der Pensionsverpflichtungen wird der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert der Vermögenswerte, die zur Finanzierung der Leistungen verwendet werden, gegenübergestellt und auf diese Weise eine Über- (Surplus) oder Unterdeckung (Unfunded Actuarial Liability) ermittelt.
56
6. Aus der aufgezeigten bilanziellen Behandlung der Verpflichtungen gegenüber den Versicherten bei der Klägerin zeigt sich, dass die Frage, ob sie die von ihr bezogenen Dividenden den Rückstellungen für Altersversorgung zuweist, die sie in der Zukunft wird leisten müssen, zu verneinen ist.
57
a) Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin in den Streitjahren in ihren Bilanzen keine Passivposten gebildet hat, die als Rückstellungen für die Altersversorgung zu qualifizieren sind. In den Jahresabschlüssen (Financial Statements) als Teil der jährlich erstellten Geschäftsberichte der Klägerin weist der sog. „Statement Of Net Assets Available For Benefits“ zwar Merkmale einer Bilanz aus, welche sich als einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss eines Kaufmanns definiert (§ 242 Abs. 1 HGB sowie Gablers Wirtschaftslexikon online, Stichwort „Bilanz“). Rückstellungen als Teil einer Bilanz zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sie - wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. April 2017 selbst ausführt - das handelsrechtliche und steuerrechtliche Ergebnis laut Bilanz reduzieren (§§ 243, 246 Abs. 1, 247 Abs. 1, 249 HGB). Versicherungstechnische Rückstellungen stellen stets abzugsfähige Passivposten dar (Boethius/Boethius/Kölschbach, Handbuch der versicherungstechnischen Rückstellungen, 2. Auflage 2021, § 1 Rz. 6). Auch die International Financial Reporting Standards (IFRS) regeln in den International Accounting Standards (IAS) 37 den Ansatz und die Bewertung von Rückstellungen und differenzieren darin zwischen solchen Pflichten, die - wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen - zum Ansatz einer Rückstellung führen und damit bilanzierungsfähig sind („Provisions“) und solchen Pflichten, die als Eventualschulden nicht bilanzierungsfähig sind und daher auch nicht zu den Rückstellungen gehören („Contingent Liabilities“). Nicht bilanzierungsfähige Eventualschulden sind grundsätzlich in einem Anhang zur Bilanz anzugeben und werden damit lediglich offengelegt (vgl. Beck’sches IFRS-Handbuch/Schrimpf-Dörges, 5. Auflage 2016, § 13 Rz. 4 ff., 16 ff.; Münchener Kommentar HGB/Ballwieser, 2. Auflage 2008, Band 4, § 249 Rz. 46 ff.).
58
Da die Klägerin in ihrer Bilanz keine Pensionsverpflichtungen passiviert hat, hat sie auch keine entsprechenden Rückstellungen gebildet. Dabei spielt es keine Rolle, dass in den Streitjahren in Kanada noch keine Rechnungslegungsstandards nach den IFRS gegolten haben, da diese erst in Wirtschaftsjahren anzuwenden sind, die nach dem 01.01.2011 begonnen haben (www.wikipedia.com (englisch) „Generally Accepted Accounting Principles (Canada)“), auch nicht, ob die Klägerin - wenn sie in den Streitjahren ihre Abschlüsse nach den Regeln der IFRS hätte vornehmen müssen - Pensionsrückstellungen hätte bilden müssen. Denn maßgebend für die Frage, ob die Klägerin sich in einer mit einem deutschen Pensionsfonds vergleichbaren Lage befindet, sind ausschließlich die tatsächlichen Verhältnisse in den Streitjahren.
59
Auch der Umstand, dass die Klägerin aufgrund ihrer Statuen, wie sie im … Pension Plan Joint Trust Agreement niedergelegt sind, verpflichtet gewesen ist, ihr auf Grundlage der „Statement Of Net Assets Available For Benefits“ ermitteltes Nettovermögen ausschließlich dazu zu verwenden, die bestehenden Pensionsverpflichtungen zu erfüllen, ändert nichts an der fehlenden Rückstellung für Altersversorgungsverpflichtungen und kann nicht dazu führen, eine solche zu fingieren. Die Frage, wie das Vermögen zu verwenden ist und wie es gegen Zugriffe dritter Gläubiger gesichert ist, hat im Übrigen mit der bilanziellen Behandlung der bestehenden Pensionsverpflichtungen nichts zu tun. Wie oben dargelegt, gibt es auch im VAG dezidierte Vorschriften dazu, wie das Sicherungsvermögen eines deutschen Pensionsfonds zu verwalten, zu sichern und zu verwenden ist. Das ist aber keine Frage, die die Ermittlung des zutreffenden Bilanzgewinns berührt.
60
Es ist auch nicht möglich, im Rahmen einer wertenden Betrachtung die in den „Notes to the Financial Statements“, also in einer Erläuterung zum Jahresabschluss, dargestellte bzw. offen gelegte Höhe der Pensionsverpflichtungen, die in einem dreijährigen Turnus für buchhalterische Zwecke ermittelt und in den Folgejahren hochgerechnet werden, den Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen gleich zu setzen. Wie bereits dargelegt, ist es gerade das Wesen einer Rückstellung, dass sie in einer Bilanz als Passivposten gebildet wird (vgl. §§ 247, 249 HGB). Angaben, die in einem Anhang zur Bilanz gemacht werden (vgl. § 284 ff. HGB und die Regelungen in IAS 37) haben dagegen eine andere Rechtsqualität als die Rückstellungen und können mit diesen daher nicht gleichgesetzt werden.
61
Damit fehlt es bereits an dem Merkmal, dass die Klägerin zu Lasten ihres Bilanzgewinns Rückstellungen für die Altersversorgung bildet, so dass bereits aus diesem Grund die Situation der Klägerin als gebietsfremder Pensionsfonds nicht mit der von gebietsansässigen Pensionsfonds vergleichbar ist. Denn die gemäß dem EuGH-Urteil vom 13. November 2019 Rs. C-641/17 für eine mögliche Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit entscheidende Frage ist die, ob der ausländische Pensionsfonds in gleicher Weise wie ein inländischer Pensionsfonds seinen Bilanzgewinn dadurch mindern kann, dass er die bezogenen Dividenden den Rückstellungen für die Altersversorgung zuweist. Somit kann sie sich schon deshalb nicht auf eine Verletzung von Art. 63 und 65 AEUV berufen. Soweit der erkennende Senat im Vorlagebeschluss vom 23. Oktober 2017 7 K 1435/15 unter Rdnr. 2 festgestellt hat, dass die Klägerin in ihren Bilanzen „entsprechende versicherungsmathematische Rückstellungen für die Verbindlichkeiten aus der Gewährleistung der Altersversorgung“ bildet und der EuGH im Urteil vom 13. November 2019 C-641/17 die Feststellungen übernommen hat, so beruht dies auf einer unzutreffenden Sachverhaltsdarstellung durch die Klägerin und ist für den Senat nicht bindend.
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b) Selbst wenn man - entgegen der Auffassung des erkennenden Gerichts - der Auffassung der Klägerin folgen würde und die in der Nr. 8 der Erläuterungen zum Jahresabschluss gemäß der versicherungsmathematischen Bewertung ausgewiesenen Pensionsverpflichtungen wie eine Rückstellung behandeln würde, fehlte es an dem nach dem EuGH-Urteil erforderlichen Merkmal, dass die von der Klägerin erzielten Dividenden den Rückstellungen für Altersversorgung zugewiesen werden, d.h. die Dividenden diese Rückstellungen in entsprechender Höhe erhöhen. Wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 23. Oktober 2017 7 K 1435/15 unter Rdnr. 22 - 24 festgestellt hat, werden die von einem inländischen Pensionsfonds durch die Anlage des Kapitalstocks erzielten Kapitalanlagegewinne - soweit sie dem Rechnungszins entsprechen, welcher der Beitragskalkulation zugrunde gelegt wurde - den Pensionsfondsverträgen direkt im Jahr ihrer Realisation und soweit sie über dem Rechnungszins liegen, als außerrechnungsmäßige Kapitalanlagerenditen zu mindestens 90% den einzelnen Pensionsfondsverträgen gutgeschrieben und erhöhen im Rahmen der sog. Überschussbeteiligung die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Soweit die Kapitalanlagegewinne somit den einzelnen Pensionsfondsverträgen als rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Kapitalanlagerenditen gutgeschrieben werden, erhöht sich der Wert der Deckungsrückstellung auf der Passivseite der Bilanz, so dass der beim Pensionsfonds entstandene Gewinn aus dem Bezug der Dividenden in entsprechender Höhe neutralisiert wird. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 13. November 2019 C-641/17 Rdnr. 79 daran anschließend festgestellt, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Bezug der Dividenden, der Erhöhung der Deckungsrückstellung sowie anderer Passivposten und der Nichterhöhung der Besteuerungsgrundlage des gebietsansässigen Pensionsfonds besteht, da die Dividenden, die für versicherungstechnische Rückstellungen verwendet werden, den steuerpflichtigen Gewinn des Pensionsfonds nicht erhöhen. Dies wurde nach Angaben des EuGH auch von der deutschen Regierung bestätigt. Ursächlich für diesen Kausalzusammenhang zwischen dem Bezug der Dividenden und der Erhöhung der Rückstellungen für die Altersversorgung ist - wie unter Ziff. 4.2 dargestellt - dass die Erträge aus den Kapitalanlagen eines Pensionsfonds auf der einen Seite zu einer Erhöhung des Sicherungsvermögens auf der Aktivseite der Bilanz führen und gleichzeitig - als Spiegelbild des Sicherungsvermögens auf der Passivseite - zu einer entsprechenden Erhöhung der Deckungsrückstellung. Entgegen der Auffassung des Beklagten stehen diesem Kausalzusammenhang auch nicht die Gründe des BFH-Urteils vom 6. April 2016 (I R 61/14, BStBl II 2017, 48) entgegen, da die dort maßgebende Frage des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen der Höhe der Kapitalerträge und der Bildung einer Deckungsrückstellung für den Abzug der ausländischen Quellensteuer nach § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG nach anderen Rechtsgrundsätzen zu entscheiden ist.
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Dagegen kann bei der Klägerin ein vergleichbarer Kausalzusammenhang zwischen den von ihr erzielten Kapitalerträge und den ausgewiesenen Pensionsverpflichtungen, selbst wenn man die in Nr. 8 der Erläuterungen zum Jahresabschluss (Financial Statements) dargestellten Pensionsverpflichtungen der Klägerin einer Rückstellung für Altersversorgung gleichstellen würde, nicht festgestellt werden. Wie die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 26. März 2021 unter Ziff. 2.3 darlegt, berechnen sich die den Pensionsverpflichtungen zu Grunde gelegten erwarteten Pensionszahlungen an die Versicherungsnehmer anhand einer Formel, die unter anderem sowohl den Verdienst der Versicherungsnehmer, als auch die Versicherungszeit berücksichtigt. Da die von der Klägerin vereinnahmten Beiträge nicht ausreichten, um die auf diese Weise errechneten Pensionsverpflichtungen zu erfüllen, müsse sie die erhaltenen Gelder am Finanzmarkt investieren, um mit den Erträgen die Pensionsverpflichtungen erfüllen zu können. Aktuell bediene sie rund 70% der Pensionsverpflichtungen aus den Investmenterträgen. Die im dreijährigen Turnus von einem versicherungsmathematischen Gutachter ermittelte Höhe der Pensionsverpflichtungen orientiert sich somit an den Ansprüchen der Versicherten, welche sich aus dem Verdienst und den Versicherungszeiten berechnet. In welcher Höhe der Pensionsfonds am Kapitalmarkt tatsächlich Renditen erwirtschaftet, hat damit keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Pensionsverpflichtungen, da die Ansprüche der Versicherten nicht vom Erfolg der von der Klägerin getätigten Kapitalanlagen abhängig sind.
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c) Zwar ist auch für die Berechnung der Deckungsrückstellung nach § 341 f Abs. 1 HGB vom versicherungsmathematischen Wert der Verpflichtungen gegenüber den Versicherten auszugehen. Dabei ist, soweit der Pensionsfonds eine versicherungsförmige Garantie nach § 22 Abs. 2 PFAV übernimmt, der Berechnung ein bestimmter Rechnungszinssatz zugrunde zu legen. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Kapitalanlagerenditen in Höhe des Rechnungszinssatzes in der Deckungsrückstellung abgebildet werden, denn die in die Deckungsrückstellung nach § 341 f Abs. 1 HGB eingeflossenen rechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen betreffen, anders als das bei der Klägerin der Fall ist, nicht künftige - und damit der Höhe nach ungewisse - Ertragserwartungen, sondern bereits tatsächlich erwirtschaftete Renditen. Darüber hinaus erhöht sich der Wert der Pensionsverpflichtungen unmittelbar durch die vom Pensionsfonds tatsächlich erwirtschafteten außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen, da sie den einzelnen Versicherten im Wege der Direktgutschrift zugeteilt werden. Die Höhe der künftigen Pensionszahlungen steht beim deutschen Pensionsfonds somit in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis zur Höhe der außerrechnungsmäßigen Kapitalanlagerenditen. Im Ergebnis setzen Deckungsrückstellungen daher neben einer versicherungsmathematischen Berechnung der zukünftigen Leistungsverpflichtungen auch eine Einbeziehung der dem jeweiligen Versicherungsvertrag bereits zugeordneten Überschussanteile voraus.
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Eine entsprechende Zuführung der mit den Kapitalanlagen erzielten Dividenden zu den Überschussanteilen der Versicherten hat bei der Klägerin dagegen nicht stattgefunden. Anders als bei einem deutschen Pensionsfonds hat es keinerlei Einfluss auf die Höhe der für die Klägerin von dem versicherungsmathematischen Gutachter ermittelten Höhe der Pensionsverpflichtung, in welcher Höhe tatsächlich Überschüsse erwirtschaftet wurden. In die Berechnung der Pensionsverpflichtungen wurden nicht die von der Klägerin tatsächlich erzielten Kapitalerträge einbezogen, sondern ausweislich des vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachtens lediglich die durchschnittlichen, jährlich zu erwartenden Investmenterträge in Höhe von 6,75% für die nächsten 3 Jahre (Ende 2006 bis Ende 2009) bzw. von 6,5% ab Ende 2009. Maßgebend waren also die zukünftigen Renditeerwartungen der Klägerin am Kapitalmarkt, nicht die tatsächlich von ihr erzielten Kapitalerträge. Es ist auch nicht erkennbar, in welcher Höhe die am deutschen Kapitalmarkt angelegten Vermögenswerte in die Renditeerwartungen einbezogen worden sind. Die vom versicherungsmathematischen Gutachter ermittelte Höhe der Pensionsverpflichtungen spiegelt somit lediglich die Ertragserwartungen für die Zukunft wider und nicht, wie bei der Deckungsrückstellung nach deutschem Recht (§ 341 f HGB), auch die in den vergangenen Geschäftsjahren tatsächlich vereinnahmten Dividenden. Die an die Klägerin tatsächlich ausgeschütteten Kapitalerträge aus den deutschen Beteiligungen haben daher keinen Einfluss auf die ausgewiesenen Pensionsverpflichtungen. Daher kann auch die von der Klägerin vorgelegte Berechnung, wonach sie in den Jahren 2007-2010 aus den Dividendenerträgen in Deutschland eine jährliche Rendite zwischen 2,78% und 3,75% erwirtschaftet hat und diese damit geringer ist, als die der Berechnung der Pensionsverpflichtungen zugrunde gelegten Renditen, den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Bezug der Dividenden und der Erhöhung der Rückstellungen für die Altersversorgung nicht belegen. Denn es lässt sich auch nicht anhand abstrakter Merkmale feststellen, ob und in welcher Höhe es beim Bezug von Dividenden aus deutschen Aktien bei ihr zu einer Erhöhung der Rückstellungen für Altersversorgung und damit - wie vom EuGH im Beschluss vom 13. November 2019 C-641/17 Rdnr. 81 gefordert - zu einer Zuweisung der Dividenden zu den Rückstellungen für die Altersversorgung kommt. Wegen dieser vom EuGH geforderten Kausalität, die den Grundsätzen der steuerlichen Gewinnermittlung entspricht, ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch unter Heranziehung einer europarechtlichen Betrachtungsweise der Umstand sehr wohl von Bedeutung, dass die Dividenden nicht erst nach Erhalt zu einer Erhöhung der Rückstellung führen, sondern dass im Rahmen einer Prognose nach Durchschnittswerten die zu erwartenden künftige Kapitalerträge in die Berechnung der Pensionsverpflichtungen einbezogen werden. Denn der vom EuGH für möglich gehaltene Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 65 AEUV beruht auf der Prämisse, dass der ausländische Pensionsfonds in gleicher Weise wie ein deutscher Pensionsfonds seine tatsächlich erzielten Kapitalanlagegewinne durch entsprechende Zuführungen zu den Deckungsrückstellungen neutralisieren könnte, wenn er steuerlich wie ein deutscher Pensionsfonds behandelt würde. Lediglich prognostizierte künftige Kapitalerträge, wie sie bei der Berechnung der Pensionsverpflichtungen der Klägerin zu Grunde gelegt wurden, sind jedoch steuerlich irrelevant und können daher auch nicht durch Zuführung zu einer Rückstellung neutralisiert werden. Damit ist eine Vergleichbarkeit mit einem deutschen Pensionsfonds nicht gegeben.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.