VGH München, Urteil v. 01.03.2021 – 15 N 20.2127
Titel:

Normenkontrollantrag gegen Änderung eines Bebauungsplans

Normenketten:
VwGO § 47
BauGB § 1 Abs. 7, § 4a
BauNVO § 18 Abs. 1
Leitsätze:
1. Das private Interesse eines Plannachbarn am Fortbestand der bisherigen planungsrechtlichen Situation ist nur dann ein in der Abwägung zu berücksichtigender Belang, soweit dessen Interessen von der beabsichtigten Änderung mehr als nur geringfügig berührt werden, weil durch die Planänderung Nachbargrundstücke in anderer Weise als bisher genutzt werden dürfen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit begründet die Unwirksamkeit der Festsetzung, wenn der Inhalt des Bebauungsplans nicht durch Auslegung ermittelt werden kann. Ausschlaggebend ist, ob der objektive Wille des Plangebers wenigstens andeutungsweise im Satzungstext bzw. der Planzeichnung einen Niederschlag gefunden hat. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist nicht hinreichend rechtssicher ermittelbar, wo der untere Bezugspunkt für die Wandhöhe liegen soll, liegt eine Unwirksamkeit eines Teils des Bebauungsplans vor, die eine Gesamtunwirksamkeit bewirkt, weil die Zielsetzung des Bebauungsplans, dass die im Hang gestaffelten Gebäude sich durch maximal zulässige Wandhöhen ins Siedlungsbild einfügen sollen, ohne Festsetzungen zur Höhe mit unteren Bezugspunkten nicht zu erreichen ist. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bedenken gegen die Anforderungen einer Stellplatzsatzung können im Rahmen eines Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan keine Berücksichtigung finden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag, Änderungsbebauungsplan, Unterer Bezugspunkt für die Wandhöhe, Bestimmtheitsgrundsatz, Normenkontrollverfahren, Bebauungsplan, allgemeines Wohngebiet, Nachbargrundstück, Normenklarheit, Stellplatzsatzung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 4197

Tenor

I. Die 2. Änderung des Bebauungsplans „An der G … Straße“ (Deckblatt Nr. 2) der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 2019, ortsüblich bekannt gemacht am 20. Januar 2020, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.   
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.     
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Antragstellerin wendet sich gegen das am 20. Januar 2020 bekannt gemachte 2. Deckblatt zum Bebauungsplan „An der G … Straße“ der Antragsgegnerin.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung … am E …, das mit einem Mehrfamilienhaus, einer Tiefgarage und Carports bebaut ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „G … Straße“, in Kraft getreten am 27. August 2015, der ein allgemeines Wohngebiet, Baugrenzen in Form von Baufenstern, verschiedene Haustypen und für alle Parzellen Höchstmaße für die Wandhöhen (WH) und untere Bezugspunkte festsetzt. Abgrabungen und Aufschüttungen sind in begrenztem Umfang zulässig. Für das Grundstück der Antragstellerin (Parzelle **) gelten folgende Festsetzungen: Einzelhaus-Geschosswohnungsbau mit max. 3 Vollgeschossen, Sattel-/Walmdach 10° bis 35 °, Pultdach 5° bis 12°, WH Bergseite 6,80 m und WH Talseite 8,30 m, als untere Bezugspunkte jeweils die Höhe des nächstgelegenen öffentlichen Fahrbahnrandes in Verlängerung der privaten Garagenzufahrt gemessen in Zufahrtsmitte bzw. Garagenzufahrtsachse, bergseitig - 0,50 m und talseitig -2,00 m. Für das südlich angrenzende Nachbargrundstück (FlNr. …, Parzelle **) galten ursprünglich folgende Festsetzungen: Einzelhaus mit max. zwei Wohneinheiten, zwei Vollgeschossen und einem an der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin angeordneten Baufenster für eine Garage, Sattel-/Walmdach 10° bis 25°, Pultdach 5° bis 10°, WH Bergseite 6,20 m, WH Talseite 7,70 m und als untere Bezugspunkte jeweils die Höhe des nächstgelegenen öffentlichen Fahrbahnrandes in Verlängerung der privaten Garagenzufahrt gemessen in Zufahrtsmitte bzw. Garagenzufahrtsachse, bergseitig -0,20 m und talseitig -1,70 m. In der Begründung des Bebauungsplans ist ausgeführt, durch die möglichst geringen Eingriffe ins Gelände dürften die Gebäude an der Talseite jeweils 1,50 m höher sein als bergseitig. Der Wechsel der Firstrichtung und der Versatz bei benachbarten Gebäuden solle sicherstellen, dass auch für die tiefer gelegenen Gebäude gut nutzbare Freiräume entstehen.
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Mit dem 2. Deckblatt änderte die Antragsgegnerin die Festsetzungen des Bebauungsplans für die Parzellen … und … (FlNrn. … und …*) dahingehend, dass ein größeres Baufenster in U-Form unter Wegfall der Baufenster für die Garagen festgesetzt wurde und auf beiden Grundstücken jeweils sieben Stellplätze mit jeweils einer Zufahrt zwischen dem Baufenster und der Straße vorgesehen sind. Zudem wurde eine größere Dachneigung zugelassen und die Wandhöhe WH Bergseite mit 8,25 m und WH Talseite mit 7,25 m sowie die unteren Bezugspunkte jeweils in Höhe des nächstgelegenen öffentlichen Fahrbahnrandes in Verlängerung der privaten Garagenzufahrt gemessen in Zufahrtsmitte bzw. Garagenzufahrtsachse bergseitig -1,25 m und talseitig -2,20 m festgesetzt. Weiterhin sind maximal drei Vollgeschosse und jeweils fünf Wohneinheiten zulässig. Gemäß der Begründung zur Änderung des Bebauungsplans soll damit ermöglicht werden, dass auf den beiden Parzellen zwei baugleiche Mehrfamilienhäuser mit jeweils fünf Wohnungen und sieben Stellplätzen errichtet werden können.
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Die Antragstellerin hatte gegen die auf den Grundstücken FlNr. … und … im Genehmigungsfreistellungsverfahren begonnenen Baumaßnahmen Klage auf bauaufsichtliches Einschreiten beim Verwaltungsgericht Regensburg erhoben (RN 6 K 20.637). Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte das Verwaltungsgericht teilweise stattgegeben (RN 6 E 20.636) und den Freistaat Bayern verpflichtet, die Bauarbeiten auf dem Grundstück FlNr. … vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache einzustellen. Die Antragsgegnerin habe mit dem Bebauungsplan eine abweichende Berechnung der Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 5 Satz 3 Hs. 1 BayBO angeordnet. Das Bauvorhaben verstoße gegen diese Vorgaben. Die dagegen erhobene Beschwerde der Bauherrengemeinschaft hat der Senat mit Beschluss vom 7. September 2020 zurückgewiesen (Az. 15 CE 20.1631 - juris).
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Mit Schriftsatz vom 22. September 2020 hat die Antragstellerin Normenkontrollantrag erhoben. Sie macht geltend, sie sei antragsbefugt, da ihr schutzwürdiges Vertrauen an der Beibehaltung der bisherigen planerischen Festsetzungen nicht ordnungsgemäß abgewogen worden sei. Die Erhöhung der Zahl der Vollgeschosse, die Reduzierung des Abstands zur Grundstücksgrenze, die Festsetzungen zur maximalen Wandhöhe und die Änderung der Dachneigung führe zu einer erheblichen Verschattung ihres Gebäudes. Zudem liege eine massive Ungleichbehandlung vor, da im 2. Deckblatt für die 10 Wohneinheiten keine Tiefgarage vorgeschrieben worden sei, obwohl mindestens 20 Stellplätze und zusätzlich fünf Besucherstellplätze nachgewiesen werden müssten. Sie selbst habe für 8 Wohneinheiten eine Tiefgarage errichten und notwendige Besucherstellplätze nachweisen müssen. Es handele sich um eine Gefälligkeitsplanung, die gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB verstoße. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts seien die ursprünglichen Festsetzungen aufgrund der Hanglage drittschützend. Durch eine Bebauung unter Beachtung der neuen Festsetzungen verschlechtere sich die Belichtungssituation unzumutbar. Zudem sei hinsichtlich der Höhenfestsetzung kein hinreichend bestimmter Bezugspunkt festgesetzt. Im Übrigen sei der Bebauungsplan nicht gemäß § 4a BauGB im Internet eingestellt worden.
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Sie beantragt,
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zu erkennen, dass die 2. Änderung des Bebauungsplans „An der G … Straße“ (Deckblatt Nr. 2) der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 2019, ortsübliche Bekanntmachung am 20. Januar 2020, unwirksam ist.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Bebauungsplan sei formell und materiell rechtmäßig. Er sei auch in das Internet eingestellt worden und in der Bekanntmachung sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden. Er verstoße nicht gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz nach § 1 Abs. 3 BauGB. Die Planung diene dazu, der großen Nachfrage nach Wohnraum im Gebiet der Antragsgegnerin zu begegnen. Er sei auch nicht abwägungsfehlerhaft. In der Abwägung müssten nur solche Belange berücksichtigt werden, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Hier seien die Interessen der Antragstellerin, dass ihr Grundstück weiterhin hinreichend belichtet und belüftet werde, nicht gesondert zu berücksichtigen gewesen. Zwar rücke die Baugrenze näher an die Grundstücksgrenze heran. Dafür sei allerdings auch die Wandhöhe an der Talseite reduziert und der untere Bezugspunkt weiter nach unten versetzt worden. Damit ergäben sich keine Nachteile für die Antragsgegnerin. Der untere Bezugspunkt für die Wandhöhe sei hinreichend bestimmt. Zwar gebe es keine private Garagenzufahrt, der Bebauungsplan müsse allerdings dahingehend ausgelegt werden, dass auf die private Grundstückszufahrt zu den Stellplätzen abzustellen sei.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 18. und 24. Februar 2021 zugestimmt haben.
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1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig, denn die Antragstellerin ist antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person einen Normenkontrollantrag stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ist die antragstellende Person nicht Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet, kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung ihrer privaten Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB folgen (stRspr vgl. BVerwG, B.v. 10.7.2020 - 4 BN 50.19 - juris Rn. 6; B.v. 1.7.2020 - 4 BN 49.19 - juris Rn. 7; B.v. 16.6.2020 - 4 BN 53.19 - juris 9; B.v. 16.6.2020 - 4 BN 39.19 - juris Rn. 4).
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Wendet sich der Antragsteller gegen die Änderung eines Bebauungsplans, muss er substantiiert darlegen, dass seine Belange gerade durch die Änderung berührt werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2020 - 15 N 19.2132 - juris Rn. 16; VGH BW, U.v. 20.3.2013 - 5 S 1126/11 - juris Leitsatz; BVerwG, B.v. 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - juris Rn. 4). Das private Interesse eines Plannachbarn am Fortbestand der bisherigen planungsrechtlichen Situation ist dann ein in der Abwägung zu berücksichtigender Belang, sofern der Dritte von der beabsichtigten Änderung mehr als nur geringfügig in seinen Interessen berührt wird, weil die Planänderung dazu führt, dass Nachbargrundstücke in anderer Weise als bisher genutzt werden dürfen (BVerwG, B.v. 15.6.2020 - 4 BN 51.19 - juris Rn. 7; B.v. 28.5.2019 - 4 BN 44.18 - ZfBR 2019, 689 = juris Rn. 6 und 8; B.v. 7.1.2010 - 4 BN 36.09 - juris Rn. 9 f.; B.v. 20.8.1992 - 4 NB 3.92 - DVBl 1992, 1441 = juris Leitsatz, Rn 15 f.; B.v. 7.1.2010 - 4 BN 36.09 - juris Rn. 12, 15 f.; VGH BW, U.v. 6.5.2011 - 5 S 1670/09 - juris Rn. 41) oder wenn die geänderten Festsetzungen in ihrer ursprünglichen Fassung drittschützend waren (BVerwG, BVerwG, B.v. 15.6.2020 a.a.O. Rn. 7).
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Gemessen daran ist die Antragstellerin antragsbefugt. Das Verwaltungsgericht ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das Bauvorhaben im Geltungsbereich des Änderungsbebauungsplans mit ausführlicher Begründung davon ausgegangen, die Festsetzungen zur Wandhöhe seien drittschützend und der Antragstellerin würden dadurch subjektive Rechte vermittelt. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass ihre Interessen bei der Änderung der diesbezüglichen Festsetzungen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind.
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2. Der Normenkontrollantrag hat auch Erfolg, denn der Bebauungsplan leidet an Mängeln, die zu seiner Unwirksamkeit führen. Die Festsetzungen zum unteren Bezugspunkt der Wandhöhe nach § 18 Abs. 1 BauNVO in Nr. C.2.5 der Festsetzungen durch Text des Änderungsbebauungsplans verstoßen gegen den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz.
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Die Festsetzungen eines Bebauungsplans als Rechtsnorm im materiellen Sinn müssen den aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Geboten der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Speziell für Bebauungspläne folgt die Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit sowohl für zeichnerische als auch für textliche Festsetzungen daraus, dass die Festsetzungen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten Eigentums unmittelbar berühren und ausgestalten. Die von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Betroffenen müssen deshalb wissen, welche Nutzungen auf den Grundstücken zulässig sind. Der planenden Gemeinde steht es dabei frei, zu entscheiden, welcher Mittel sie sich bedient, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Sie hat die Wahl zwischen zeichnerischer Festsetzung und textlicher Beschreibung; sie kann auch beide Elemente kombinieren. Entscheidend ist nur, dass - gegebenenfalls nach Auslegung - hinreichend klar ist, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen. Das im Einzelfall zu fordernde Maß an Konkretisierung hängt wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, den Planungszielen und den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den örtlichen Verhältnissen, ab. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit begründet die Unwirksamkeit der Festsetzung, ohne dass es auf §§ 214, 215 BauGB ankommt. Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt allerdings nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist ausreichend, wenn der Inhalt des Bebauungsplans durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext bzw. der Planzeichnung einen Niederschlag gefunden hat (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 26 m.w.N.; U.v. 23.6.2020 - 1 N 17.972 - juris Rn. 17; U.v. 12.10.2020 - 15 N 19.1077 - juris Rn. 18).
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Im vorliegenden Fall ist anhand dieser Maßgaben nicht hinreichend rechtssicher ermittelbar, wo der untere Bezugspunkt für die Wandhöhe liegen soll. Zwar ist davon auszugehen, dass die unter Nr. C.2.5 für die Parzellen … und …, die es im Änderungsbebauungsplan mit dieser Nummerierung nicht mehr gibt, rot eingetragenen Bestimmungen nunmehr für den Bereich des Änderungsbebauungsplans gelten sollen. Gleichwohl sind die Festsetzungen zu unbestimmt, da eine Garagenzufahrt, an die der Bezugspunkt nach der textlichen Festsetzung gekoppelt ist, im streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplan nicht vorgesehen ist. Die Auslegung der Antragsgegnerin, es seien für die beiden Gebäude, die sich innerhalb eines U-förmigen Baufensters befinden, zwei verschiedene Bezugspunkte, jeweils in der Mitte der Zufahrt zu den Stellplätzen gemeint, ist nicht zwingend. Zum einen wird in der Festsetzung nur auf einen Bezugspunkt und nicht auf mehrere Bezugspunkte abgestellt und es handelt sich nicht mehr um zwei Parzellen. Zum anderen sind die Zufahrten zu den Stellplätzen auch nicht mittels Planzeichen Nr. 6.4 der PlanZV festgelegt. Das Landratsamt hat z.B. in seinem Schreiben vom 14. Juli 2020 die Auffassung vertreten, es sei nur ein Bezugspunkt mittig zwischen den beiden Stellplatzzufahrten anzunehmen. Eine solche Festlegung steht aber mit dem Grundkonzept des Bebauungsplans, dass die Gebäude im Hang gestaffelt werden sollen (Nr. 3 der Begründung zum Ursprungsbebauungsplan), nicht in Einklang. Insgesamt ist daher festzustellen, dass es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt, von denen keine zu einem eindeutigen und stimmigen Ergebnis führt.
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Die Unwirksamkeit der Festsetzungen zum unteren Bezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO bewirkt die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit eines Teils eines Bebauungsplans hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit zur Folge, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den ungültigen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2007 - 4 BN 44.07 - juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 19.2.2019 - 1 N 16.350 - juris Rn. 20; U.v. 5.2.2016 - 1 N 11.766 - juris Rn. 16). Eine Teilunwirksamkeit nur der Höhenfestsetzungen scheidet im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb aus, weil die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan ohne die Festsetzungen zur Höhe angesichts ihres Planungswillens nicht beschlossen hätte. Ausweislich Nr. 4.1 der Begründung zum Bebauungsplan soll es aufgrund der Hanglage möglich sein, in den nordöstlichen Kellerbereichen Aufenthaltsräume unterzubringen und nach Nr. 4.4 der Begründung soll sich das Bauvorhaben durch die maximal zulässigen Wandhöhen in das Siedlungsbild einfügen. Diese Zielsetzung wäre ohne die Festsetzungen zur Höhe mit unteren Bezugspunkten nicht zu erreichen.
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3. Hinsichtlich der weiteren Fehler des streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplans, die die Antragstellerin geltend gemacht hat, kann daher offenbleiben, ob diese vorliegen. Der Senat weist aber darauf hin, dass eine Vergrößerung der Baufenster und Erhöhung der maximalen Geschossanzahl, um statt einer Bebauung mit Einfamilienhäusern die Errichtung von Mehrfamilienhäusern zu ermöglichen, angesichts der allgemeinen Bedarfs an Wohnraum städtebaulich durchaus sinnvoll erscheint. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, ob die im streitgegenständlichen Änderungsbebauungsplan entgegen dem allgemeinen Planungskonzept talseitig um 1 m geringere maximale Wandhöhe gegenüber der Bergseite und im Vergleich zum Ursprungsbebauungsplan um 45 cm verringerte maximale Wandhöhe und Verschiebung der Baugrenze näher an die Grundstücksgrenze überhaupt eine Verschlechterung für die Antragstellerin darstellen würde, da der untere Bezugspunkt für die Wandhöhe nicht bestimmbar ist (s.o. Nr. 2). Dass die Antragstellerin entsprechend dem Bebauungsplan auf ihrem Grundstück ein Mehrfamilienhaus mit den maximal zulässigen acht Wohnungen und eine Tiefgarage errichtet hat, im Bereich des Änderungsbebauungsplans für eine Bebauung mit zwei kleineren Mehrfamilienhäusern mit jeweils fünf Wohneinheiten aber keine Tiefgarage vorgesehen ist, führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Unabhängig davon, dass auf Parzelle … im Ursprungsbebauungsplan ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen ohne Tiefgarage möglich zu sein scheint, ist nach Nr. 4 der textlichen Festsetzungen die Stellplatzsatzung der Antragsgegnerin anwendbar. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin zwingend eine Tiefgarage hätte errichten müssen, wenn sie die Anforderungen der Stellplatzsatzung auch ohne Tiefgarage hätte erfüllen können. Bedenken gegen die Stellplatzsatzung, die ab sechs Wohneinheiten die Errichtung von zusätzlichen Besucherstellplätzen vorsieht, aber auch die Möglichkeit einer Stellplatzablöse bietet, können im Rahmen eines Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan keine Berücksichtigung finden.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
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5. Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.