VG Ansbach, Urteil v. 17.09.2021 – AN 2 K 20.02358
Titel:
Rückforderung von Aufstiegsausbildungsförderung aufgrund Unterschreitung der Teilnahmequote
Normenkette:
AFBG, § 7 Abs. 4a, § 9a Abs. 1 S.4, § 16 Abs. 2, 3
Leitsätze:
1. Es besteht eine gebundene Rückzahlungsverpflichtung für eine gewährte Fortbildungsmaßnahme gemäß § 16 Abs. 2, Abs. 3 AFBG aF, wenn die geforderte Teilnahmequote der Fortbildungsmaßnahme von 70% gem. § 9a Abs. 1 S. 4 AFBG aF nicht erreicht wurde, unabhängig davon, ob ein Abbruch oder ein Wechsel der ursprünglich geförderten Maßnahme vorliegt. (Rn. 29, 32 – 49 und 52 – 59) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Wunsch nach Wiederholungsstunden und etwaige geänderte Arbeitszeiten stellen keinen wichtigen Grund für den Abbruch im Sinne von § 7 AFBG aF dar. Der wichtige Grund ist nachzuweisen etwa durch Atteste bei einer geltend gemachte psychische Ausnahmesituation. (Rn. 45 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die gesetzlich normierte pauschalierte Teilnahmequote gem. § 9a Abs. 1 S. 4 AFBG AFBG ist verfassungsgemäß. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rückforderung von Aufstiegsfortbildungsförderung;, Frage des Abbruchs bei Wechsel der Kurszeiten und Wiederholung eines Teils der Maßnahme;, regelmäßige Teilnahme;, ausdrückliche Erklärung des Abbruchs/der Unterbrechung durch den Teilnehmer gegenüber der Behörde, Abbruch, Wechsel, Teilnahmequote, Ausbildungsförderung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 39830
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Unter dem 5. Juli 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Aufstiegsfortbildungsförderung für die Maßnahme „…“ bei der … … (im Folgenden: Maßnahmeträger) vom 7. September 2018 bis 14. September 2019. Er gab an, die insgesamt 520 Unterrichtsstunden in Teilzeit freitags mit vier Unterrichtseinheiten und samstags mit acht Unterrichtseinheiten besuchen zu wollen. Die Fortbildungsmaßnahme sollte in zwei Abschnitten vom 7. September 2018 bis 16. März 2019 (mit 296 Unterrichtsstunden) und vom 16. März bis 14. September 2019 (mit 224 Unterrichtsstunden) stattfinden.
2
Mit Bescheid vom 26. Juli 2018 bewilligte die Beklagte Aufstiegsfortbildungsförderung in Form der Lehrgangs- und Prüfungsgebühren i.H.v. 3.425,00 EUR (davon 1.370,00 EUR als Zuschuss und 2.055,00 EUR als Darlehen). Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung der Leistungen, dass der Kläger jeweils zum 1. März 2019 und 30. September 2019 einen Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme erbringt.
3
Nach Aufforderung durch die Beklagte ging bei dieser ein Teilnahmenachweis vom 16. April 2019 ein, wonach der Kläger in der Zeit vom 7. September 2018 bis 16. April 2019 an 234 von in diesem Zeitraum angefallenen 345 Präsenzstunden teilgenommen habe.
4
Mit Schreiben vom 22. Mai 2019 wies die Beklagte den Kläger insbesondere darauf hin, dass der Teilnehmer regelmäßig an der geförderten Maßnahme teilzunehmen habe. Eine regelmäßige Teilnahme liege vor, wenn die Teilnahme an 70% der Präsenzstunden und bei Fernunterricht oder mediengestütztem Unterricht an 70% der Leistungskontrollen nachgewiesen werde. Nach Mitteilung der Fortbildungsstätte habe er in der Zeit vom 7. September 2018 bis 16. April 2019 an 234 von 345 Stunden teilgenommen. Es werde darauf aufmerksam gemacht, dass durch eine unregelmäßige Teilnahme an der Maßnahme/dem Maßnahmeabschnitt die Förderung gefährdet werde und deshalb eine teilweise oder vollständige Rückforderung drohe. Es werde gebeten, am Ende der Maßnahme/des Maßnahmeabschnitts am 14. September 2019 einen weiteren Teilnahmenachweis zu übersenden. Fehlzeiten infolge von Krankheit oder Schwangerschaft oder aus wichtigem Grund mit den jeweils begünstigenden Rechtsfolgen träten erst zum Zeitpunkt der ausdrücklichen (schriftlichen) Erklärung des Teilnehmers oder der Teilnehmerin, und zusätzlich mit Nachweisen (z.B. Attesten) versehen, ein. Die Übersendung von Nachweisen ohne schriftliche Erklärung sei nicht ausreichend.
5
Mit Schreiben vom 14. Juni 2019 teilte der Maßnahmeträger der Beklagten mit, dass der Kläger zum 22. Mai 2019 vom Studiengang … „…“ (7.9.2018 - 14.9.2019) in den Studiengang … „…“ (11.3.2019 - 7.9.2020) gewechselt sei. Für den Wechsel seien keine weiteren Studiengebühren angefallen.
6
Mit Schreiben vom 24. Juni 2019 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er laut Mitteilung des Maßnahmeträgers zum 22. Mai 2019 den Studiengang gewechselt habe. Der Teilnehmer einer Maßnahme sei verpflichtet, jede Änderung seiner Fortbildung unverzüglich mitzuteilen. Bis heute sei von ihm keine Meldung eingegangen. Hierzu werde um Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 1. Juli 2019 teilte der Kläger im Wesentlichen mit, dass der Maßnahmeträger ihm mitgeteilt habe, die Beklagte werde über den Studiengangswechsel schriftlich informiert. Er sei davon ausgegangen, dass dies in seinem Namen erfolge. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2019 den Kläger erneut um Stellungnahme gebeten hatte, brachte er mit Schreiben vom 30. Juli 2019 sinngemäß im Wesentlichen vor, er sei seit 1. Oktober 2018 Gruppenleiter und habe sich bis zum 1. April 2019 in Probezeit befunden. Er habe keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einreichen wollen. An seiner Arbeitsstelle habe es seit der zweiten Woche fast nur Streitigkeiten, Auseinandersetzungen und Beleidigungen mit den Mitarbeitern gegeben. Dies sei ihm so an die Substanz und Psyche gegangen, dass er mental fertig gewesen sei. Er habe Angst gehabt, einen Burnout zu erleiden. Sein Kopf sei so voll gewesen, dass er des Öfteren dem Unterricht nicht habe folgen können. Er habe sich so auf das Wochenende gefreut. Ab dem 1. August 2019 sei er nicht mehr in dem Unternehmen tätig. Daher sei er sich sicher, dass es besser werde.
7
Mit Schreiben vom 27. August 2019, versehen mit Rechtsbehelfsbelehrung, gab die Beklagte dem Kläger bekannt, dass sie den - so verstandenen - Antrag auf Förderung vom 1. Juli 2019 ablehne. Breche ein Teilnehmer die Maßnahme ab und nehme er eine Maßnahme auf, die auf dasselbe Fortbildungsziel vorbereite, werde er hierfür gefördert, wenn für die Aufgabe des früheren Fortbildungsziels ein wichtiger Grund maßgebend gewesen sei und unverzüglich nach dessen Wegfall die neue Maßnahme fortgesetzt bzw. aufgenommen werde. Unter Berücksichtigung der Verwaltungsvorschrift zu § 7 Abs. 3 BAföG könne nur dann von einem wichtigen Grund gesprochen werden, wenn dem Teilnehmer die Fortsetzung der Maßnahme nicht zugemutet werden könne. Wie im BAföG könne eine Tatsache nur dann als wichtiger Grund anerkannt werden, wenn sie dem Teilnehmer vor Aufnahme der bisherigen Fortbildung nicht bekannt gewesen sei oder in ihrer Bedeutung nicht bewusst habe sein können. Der Kläger habe die Maßnahme abgebrochen. Als Grund mache er in seinem Schreiben vom 30. Juli 2019 geltend, dass er den Kurs verschiebe, da er den Arbeitgeber gewechselt und in der neuen Arbeitsstelle Probleme mit Kollegen gehabt habe. Dies stelle keinen anerkennenswerten Grund dar. Es hätte dem Kläger vor Aufnahme der Fortbildung bewusst sein müssen, welche Lehrinhalte vermittelt würden. Von einem Fortbildungsteilnehmer könne erwartet werden, dass er sich vor Beginn der Maßnahme entsprechende Informationen über die beabsichtigte Weiterbildung einhole. Weitere Gründe seien nicht vorgetragen. Somit liege für den Abbruch kein anerkennungsfähiger wichtiger Grund vor. Der Antrag auf Förderung für die wieder aufgenommene Fortbildung sei abzulehnen.
8
Ebenfalls mit Bescheid vom 27. August 2019 stellte die Beklagte eine Rückforderung i.H.v. 1.370,00 EUR fest. Laut Mitteilung des Maßnahmeträgers habe der Kläger den Kurs gewechselt. Die Fortbildung ende somit mit Ablauf des Monats März 2019. Die Überzahlung werde zurückgefordert. Gemäß § 16 Abs. 3 AFBG sei der Bewilligungsbescheid aufzuheben und der Teilnehmer habe die erhaltenen Leistungen zu erstatten, wenn er in einem Nachweis nicht die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nachweise und diese bis zum Ende der Maßnahme nicht mehr erreicht werden könne. Dies sei bei dem Nachweis bei Abbruch immer der Fall. Dies gelte nicht, wenn der Teilnehmer die Maßnahme aus wichtigem Grund abgebrochen habe und bis zum Abbruch regelmäßig teilgenommen habe. Der Abbruch aus wichtigem Grund bedürfe einer ausdrücklichen Erklärung. Diese wirke nur insoweit zurück, wie sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt sei. Unterbleibe die Erklärung bzw. liege ein anerkennungsfähiger wichtiger Grund nicht vor, sei der gesamte Bewilligungszeitraum Bezugszeitraum für die regelmäßige Teilnahme. Erst nach der Anhörung habe der Kläger erklärt, dass er Probleme mit seinem neuen Arbeitgeber und den Kollegen und Angst gehabt habe, einen Burnout zu erleiden. Dies stelle keinen anerkennungsfähigen wichtigen Grund dar. Weitere Gründe seien nicht vorgetragen. Zudem habe der Kläger die Atteste erst im Nachhinein abgegeben und damit die Mitteilungspflicht und das Unverzüglichkeitsgebot verletzt. Der Kläger habe laut Mitteilung der Fortbildungsstätte in der Zeit vom 7. September 2018 bis 16. April 2019 an 234 von insgesamt 345 angefallenen Stunden teilgenommen. Die Gesamtstunden der Maßnahme betrügen 520 Stunden. Es ergebe sich eine Fehlzeit von 286 Stunden bzw. 55%. Da die Fehlzeiten über 29,9% hinausgingen und der erforderliche Teilnahmenachweis daher nicht erbracht sei, werde der Bewilligungsbescheid vom 26. Juli 2018 insgesamt aufgehoben und die Förderung insgesamt zurückgefordert. Der Vorbehalt der Rückforderung sei ausdrücklich ausgesprochen worden.
9
Mit Schreiben vom 10. September 2019 teilte der Maßnahmeträger der Beklagten mit, dass der Wechsel vom Samstags-Intensivstudiengang in den Abendstudiengang zum 22. Mai 2019 nach Aussage des Klägers auf Grund eines Arbeitgeberwechsels notwendig gewesen sei. Von einem Abbruch sei nie die Rede gewesen und dies sei vom Maßnahmeträger so auch nicht kommuniziert worden. Beigefügt war ein Teilnahmenachweis (Formblatt F) vom 4. September 2019, nach dem der Kläger in der Zeit vom 7. September 2018 bis 4. September 2019 an der Maßnahme „… Samstags-Intensivstudium/Abendstudium“ an 338 von 461 Stunden teilgenommen habe.
10
Mit Schreiben vom 16. September 2019 legte der Kläger Widerspruch gegen „den Vollzug des AFBG vom 27.08.2019“ ein. In seinem damaligen Arbeitsverhältnis sei er starker psychischer Belastung ausgesetzt gewesen. Als Gruppenleiter habe er tägliche Konflikte oder Streitigkeiten mit den Mitarbeitern gehabt, die auch ins Persönliche gegangen seien. Da er das Arbeitsverhältnis nicht von heute auf morgen habe beenden wollen, habe er den Weg gesehen, sich die Wochenenden zur Erholung freizuhalten solange das Arbeitsverhältnis weitergeführt werde. Das Abendprogramm sei für ihn eine echte Alternative gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei nicht, wie im Schreiben vom 24. September 2019 angegeben, zum 30. Juli 2019, sondern zum 31. Juli 2019 beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe er nicht einmal gewusst, wer sein neuer Arbeitgeber sei, oder wann er einen neuen Arbeitsplatz bekomme. Er bitte die Beklagte, den von ihm vorgetragenen Grund extremer psychischer Belastung als wichtig anzuerkennen.
11
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30. September 2019 ließ der Kläger vortragen, er habe die Fortbildung nicht abgebrochen, sondern aus beruflichen Gründen den Kurstermin gewechselt. Im Übrigen werde auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.
12
Am 2. Oktober 2019 ging auf entsprechende Bitte der Beklagten dort ein ausgefülltes Formblatt B ein, wonach die Maßnahme am 7. September 2018 (Studiengang …*) beginne und am 7. September 2020 ende (Studiengang …*). Die Zahl der Unterrichtsstunden für die Gesamtmaßnahme betrage 516 Stunden. Es handele sich um einen Präsenzlehrgang in Teilzeit. Lehrgangsgebühren fielen i.H.v. 3.425,00 EUR an. Weiter teilte der Maßnahmeträger der Beklagten mit E-Mail vom 5. November 2019 mit, der Studiengang „…“ umfasse insgesamt 516 Unterrichtsstunden. Diese Stundenzahl sei Grundlage zur Erfassung der Anwesenheit. Im Zeitraum vom 7. September 2018 bis 4. September 2019 seien in den beiden Studiengängen des Klägers (* … und …*) insgesamt 461 Unterrichtsstunden angefallen. Im Zeitraum vom 5. September 2019 bis 7. September 2020 fielen im Studiengang … insgesamt noch 399 Unterrichtsstunden an, welche vom Kläger besucht werden könnten. Der Kläger besuche in seinem neuen Studiengang die noch fehlenden 55 Unterrichtsstunden und profitiere somit zusätzlich von weiteren 344 Stunden um den Stoff zu wiederholen und Lücken zu schließen. Die Grundlage der Stunden für den Studiengang „…“ bleibe bei einem Wechsel unverändert bei 516. Der erste Studiengang … sei in Abschnitten dargestellt worden. Den Großteil der Pflichtstunden habe der Kläger in diesem Studiengang besucht. Auf Grund dessen sei beim Formblatt B vom 2. Oktober 2019 von den Abschnitten Abstand genommen und der Fokus auf die Lehrgangsdichte gelegt worden.
13
Mit Schreiben vom 6. November 2019 legte die Beklagte dar, dass dem Widerspruch nicht abzuhelfen sei. Eine Mitteilung des Wechsels durch den Kläger sei nicht erfolgt, obwohl er bereits im Antragsformular darauf hingewiesen worden sei, jede Änderung unverzüglich mitzuteilen. Zum Zeitpunkt des Wechsels sei der Maßnahmeabschnitt „…“ bereits vollständig absolviert gewesen. Ferner seien bis 16. April 2019 bereits ca. 70% der Maßnahme absolviert gewesen. Der Kläger sei nicht im gleichen Stand in den neuen Kurs gewechselt, sondern zurück auf zwei Monate nach Beginn des Kurses und wiederhole somit mindestens 344 Stunden. Im Unterschied zum BAföG werde im AFBG der Abbruch nicht mit der endgültigen Aufgabe des Fortbildungsziels definiert. Der Kläger habe somit die beantragte Maßnahme abgebrochen und wiederhole diese. Erst nach Anhörung habe er am 30. Juli 2019 erklärt, wegen Schwierigkeiten an der Arbeitsstelle viele Unterrichtsstunden versäumt und deshalb den Kurs gewechselt zu haben. Somit seien nicht eine Krankheit oder ein sonstiger Grund maßgeblich für den Abbruch, sondern die entstandenen Fehlzeiten. Ein anerkennungsfähiger wichtiger Grund liege nicht vor. Somit sei der Bewilligungsbescheid aufzuheben gewesen und die Förderung zurückzufordern. Eine Förderung für die Wiederholung einer gesamten Maßnahme oder von Maßnahmeabschnitten erfolge nur, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigten. Da für den Abbruch schon der wichtige Grund nicht vorgelegen habe, seien die strengeren Maßstäbe an den besonderen Umstand des Einzelfalls nicht gegeben. Somit könne für den Besuch der Maßnahme vom 22. Mai 2019 bis 7. September 2020 keine Förderung erfolgen.
14
Mit Schriftsatz vom 22. November 2019 teilte der Kläger mit, es sei nicht korrekt, dass er nur an 234 von 345 angefallenen Präsenzstunden teilgenommen habe. Richtig sei vielmehr, dass er Stunden, welche er aus beruflichen Gründen nicht habe wahrnehmen können, nachgeholt habe. Von einer Teilnahmequote von nur 67,82% könne daher keine Rede sein. Unrichtig sei auch der Vorhalt, er habe 344 Stunden nachzuholen. Er habe einen sehr wichtigen Grund für den Wechsel gehabt. Dieser liege darin, dass ein Arbeitgeberwechsel stattgefunden habe. Des Weiteren habe er die Streitigkeiten beim ursprünglichen Arbeitgeber psychisch nicht mehr ertragen. Demzufolge habe er den Arbeitgeber gewechselt. Insoweit sei auch der Wechsel der Schulzeiten erforderlich gewesen. Die Meldung des Wechsels habe der Maßnahmeträger für ihn übernommen und diese sei rechtzeitig erfolgt. Er habe mit der Schulleitung abgestimmt, dass diese die Einzelheiten direkt mit der Beklagten abstimme. Ob und wann die Weitermeldung seitens der Schulleitung erfolgt sei, sei ihm jedoch nicht bekannt.
15
Mit E-Mail vom 23. März 2020 teilte der Maßnahmeträger der Beklagten mit, der Kläger habe den Studiengang aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen. Durch den Studiengangswechsel fielen im Gesamtzeitraum 7. September 2018 bis 7. September 2020 insgesamt 860 Unterrichtseinheiten an. Die Grundlage der Stunden für den Studiengang „…“ bleibe unverändert bei 516 Unterrichtseinheiten. Diese 516 Präsenzstunden seien zum Zeitpunkt der Unterbrechung vollständig angefallen. Bei einer Wiederaufnahme der Weiterbildung habe der Kläger die Möglichkeit, weitere 344 Unterrichtsstunden zur Wiederholung und zum Lückenschließen zu besuchen. Die Grundlage der Zahlung beziehe sich auf den Gesamtzeitraum der Maßnahme, sodass sie dem Kläger einen Betrag über 585,00 EUR gutschrieben habe, welche sie im Fall der Wiederaufnahme in Rechnung stellen werde. Aus dem beigefügten Formblatt F vom 23. März 2020 ergibt sich, dass der Kläger in der Zeit vom 7. September 2018 bis 20. Februar 2020 an 422 von in diesem Zeitraum angefallenen 516 Präsenzstunden teilgenommen habe. Beigefügt war ferner ein ärztliches Attest vom 20. Februar 2020, nach dem der Kläger erstmals am 13. Februar 2020 in der Praxis des ausstellenden Arztes vorstellig geworden sei; es bestehe eine reaktive Depression.
16
Auf Nachfrage der Regierung von … teilte der Maßnahmeträger sinngemäß mit E-Mail vom 5. August 2020 mit, der Studiengang „…“ finde in folgenden Formen statt: Intensivstudium (Fr/Sa), Dauer ca. 1 Jahr; Abendstudium (Mo/Mi), Dauer ca. 1,5 Jahre; Frühaufsteher-Studium (Di/Do), Dauer ca. 1,5 Jahre; Vollzeitstudium (Mo-Fr), Dauer ca. 0,5 Jahre. Die „ursprüngliche“ Maßnahme ab dem 7. September 2018 habe in der Studiengangsform „Intensivstudium (Fr/Sa)“ stattgefunden. Dieser Studiengang erstrecke sich insgesamt über zwölf Monate mit freitags vier und samstags acht Unterrichtsstunden, während sich die Maßnahme, in die der Kläger gewechselt habe, über 18 Monate erstrecke, da der Unterricht dort lediglich jeweils vierstündig montags und mittwochs stattfinde. Es seien lediglich einmalig Lehrgangsgebühren in Höhe von 3.425,00 EUR in Rechnung gestellt worden. Bei der ursprünglichen Maßnahme seien in das Formular Maßnahmeabschnitte eingetragen worden. Bei einem Studiengangswechsel könne es aber immer wieder zu Überschneidungen kommen, sodass die Maßnahmeabschnitte nicht klar voneinander abzugrenzen seien. Für ihn als Maßnahmeträger sei ein Studiengangswechsel immer möglich, wobei Teilnehmer darauf hingewiesen würden, mit dem Amt für Ausbildungsförderung Rücksprache zu halten.
17
Auf dem beigefügten Formblatt F vom 5. August 2020 ist vermerkt, dass der Kläger an 278 von den im Zeitraum 7. September 2018 bis 21. Mai 2019 angefallenen 393 Präsenzstunden teilgenommen habe. Ab 22. Mai 2019 sei er in das Abendstudium gewechselt.
18
Mit E-Mail vom 7. September 2020 forderte die Widerspruchsbehörde das Formblatt F für die Zeit vom 7. September 2018 bis 14. Juni 2019 („ursprüngliche“ Maßnahme) und für die Zeit vom 15. Juni 2019 bis 7. September 2020 („neue“ Maßnahme) an. Mit E-Mail vom 9. September 2020 antwortete der Maßnahmeträger, er habe die Zeiträume angepasst, da der Wechsel bereits am 22. Mai 2019 erfolgt sei bzw. die Unterbrechung am 20. Februar 2020. Die hier ausgewiesenen Unterrichtseinheiten beliefen sich auf insgesamt 646 Unterrichtseinheiten (393 im „ursprünglichen“ und 253 im „neuen“ Studiengang). Die Basis der Stunden für den Studiengang bleibe jedoch unverändert bei 516 Stunden. Aus einem beigefügten Formblatt F vom 9. September 2020 ergibt sich, dass der Kläger in der Zeit vom 7. September 2018 bis 21. Mai 2019 an 278 von in diesem Zeitraum angefallenen 393 Präsenzstunden teilgenommen hat. Aus einem weiteren beigefügten Formblatt vom 9. September 2020 ergibt sich, dass der Kläger in der Zeit vom 22. Mai 2019 bis 20. Februar 2020 an 144 von 253 Präsenzstunden teilgenommen hat.
19
Mit E-Mail vom 10. September 2020 übersandte der Maßnahmeträger an die Widerspruchsbehörde ein Formblatt F für den Zeitraum der „ursprünglichen“ Maßnahme bis zum Tag der Änderungsmitteilung, nach dem der Kläger in der Zeit vom 7. September 2018 bis 14. Juni 2019 an 278 von 425 Stunden teilgenommen habe.
20
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2020 wies die Regierung von … den Widerspruch zurück (Ziff. 1 des Bescheides), erlegte dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf und stellte fest, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht notwendig gewesen sei (Ziff. 2), erhob jedoch keine Verfahrenskosten (Ziff. 3). Zur Begründung wurde vorgebracht, dass die Förderung ende, wenn die Maßnahme vor Ablauf der vertraglichen Dauer vom Teilnehmer abgebrochen werde. Der Abbruch oder die Unterbrechung einer Maßnahme aus wichtigem Grund bedürften der ausdrücklichen Erklärung. Die Unterbrechung und der vorzeitige Abbruch mit den jeweils weiteren begünstigenden Rechtsfolgen nach § 7 AFBG träten damit erst zum Zeitpunkt der Erklärung des Teilnehmers ein. Der Begriff des Abbruchs sei im AFBG enger zu sehen als im BAföG. Im AFBG stelle auch die nicht-endgültige Aufgabe des Fortbildungsziels einen Abbruch dar (vgl. VG München, U.v. 26.4.2012 - M 15 K 11.4527). Ein Abbruch liege dann vor, wenn der Teilnehmer nach eigener Erklärung die Teilnahme an der geförderten Maßnahme aufgebe oder das Gesamtverhalten erkennen lasse, dass die Teilnahme an der geförderten Maßnahme aufgegeben werde - die Maßnahme sei dabei die im Fortbildungsplan beschriebene Maßnahme. Nicht gemeint sei die Aufgabe des Maßnahmeziels. Grundsätzlich müssten sowohl das abstrakte Lehrgangskonzept des Bildungsträgers als auch der vom Teilnehmer individuell gewählte Lehrgangsablauf die Vorgaben des § 2 Abs. 3 AFBG erfüllen (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.2011 - 5 C 7.10). Dies bedeute, dass auf den persönlichen Fortbildungsplan abzustellen sei und der Antragsteller zwingend bereits im ersten Antrag angeben müsse, aus welchen Maßnahmeabschnitten seine Maßnahme bestehe und in welchem Zeitrahmen er sie absolvieren wolle.
21
Der Kläger habe Leistungen für seine Fortbildung vom 7. September 2018 bis 14. September 2019 als Teilzeitmaßnahme in Form eines „Intensivstudium (Fr./Sa.), Nr. …“ beantragt. Mit Bescheid vom 26. Juli 2018 sei dieser individuell gewählte Lehrgangsablauf bewilligt worden. Diese ursprünglich beantragte und bewilligte Maßnahme habe der Kläger aufgegeben. Zwar habe er aus Kulanz des Maßnahmeträgers in einen anderen Studiengang wechseln können. Jedoch werde dieser unter einer anderen Studiennummer geführt, die Studiengangsform sei ein Abendstudium und finde in einem längeren Zeitrahmen statt. Auch bestünden keine Maßnahmeabschnitte mehr. Der Kläger habe daher die geförderte Maßnahme abgebrochen. Dies sei von der Fortbildungsstätte am 14. Juni 2019 der Beklagten mitgeteilt worden.
22
Ob ein wichtiger Grund für den Abbruch vorgelegen habe, sei ohne Belang, da der Kläger weder einen Nachweis über die Gesamtmaßnahme noch bis zum Abbruchzeitpunkt erbringen könne. Laut Formblatt B vom 28. Juni 2018 betrage die Präsenzstundenzahl an der Gesamtmaßnahme 520. Für den Zeitraum September 2018 bis September 2019 sei von einer Teilnahmequote i.H.v. 53,46% auszugehen. Ferner bestätige der Maßnahmeträger, dass der Kläger bis zur erstmaligen Mitteilung des Abbruchs, also in der Zeit vom 7. September 2018 bis 14. Juni 2019, an 278 von 425 Präsenzstunden teilgenommen habe. Dies entspreche einer Teilnahmequote von 65,41%. Es sei daher keine regelmäßige Teilnahme gegeben, da der Kläger weder einen Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme an der Gesamtmaßnahme noch an der Maßnahme bis zum Abbruchzeitpunkt habe beibringen können. Daher sei der Bewilligungsbescheid vom 26. Juli 2018 aufzuheben, die Leistungen seien zu erstatten. Es handele sich nicht um eine Ermessensentscheidung, ein Vertrauensschutztatbestand liege nicht vor.
23
Zur Förderung der weiteren Maßnahme sei vorzutragen, dass ein Wechsel im AFBG nicht vorgesehen sei. Zum Vorteil des Klägers sei die Beklagte davon ausgegangen, dass er einen neuen Antrag habe stellen wollen. Gemäß § 7 Abs. 2 AFBG werde der Teilnehmer erneut gefördert, wenn nach einem Abbruch aus wichtigem Grund eine Maßnahme mit demselben Fortbildungsziel unverzüglich nach Wegfall des wichtigen Grundes wieder aufgenommen werde. Ob und inwieweit ein wichtiger Grund vorgelegen habe, sei ohne Belang, da die Teilnahmequote für die neue Maßnahme nicht vorgelegen habe. Die neue Maßnahme betreffe unter Berücksichtigung der angerechneten Maßnahmeteile den Zeitraum vom 7. September 2018 bis 7. September 2020. Die Fortbildungsstätte habe der Widerspruchsbehörde am 10. September 2020 mitgeteilt, dass der Kläger die „neue“ Maßnahme seit Februar 2020 nicht mehr besuche. Da der Kläger keinen Abbruch erklärt habe, sei ein wichtiger Grund auch nicht zu prüfen. Auch dies bleibe hier jedoch nicht relevant, da auch bereits bis zum Abbruchszeitpunkt die Teilnahmequote nicht erfüllt sei. In der Zeit vom 7. September 2018 bis 21. Mai 2019 habe der Kläger an 278 von 393 Stunden teilgenommen, in der Zeit vom 22. Mai 2019 bis 20. Februar 2020 an 144 von 253 Stunden. Die Gesamtteilnahme betrage 422 von 646 Stunden, die Teilnahmequote damit 65,32%. Auch die weitere Maßnahme sei daher nicht förderfähig.
24
Am 5. November 2020 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt sinngemäß vor, es sei lediglich ein Wechsel der Kurszeiten gegeben, der keine Aufgabe der Fördermaßnahme darstelle. Er habe die Ausbildung nicht ohne Grund abgebrochen, sondern lediglich auf Grund beruflicher und gesundheitlicher Gründe die Kurstage gewechselt. Er hätte jederzeit den Haupttermin zur Prüfung wahrnehmen können, egal welche Unterrichtszeit er besucht hätte. Aus dem Schreiben der Studienbetreuerin vom 14. Juni 2019 ergebe sich, dass kein Abbruch, sondern ein Wechsel der Studienzeiten erfolgt sei. Dies sei für ihn notwendig gewesen, weil er bei seinem damaligen Arbeitgeber neue Arbeitszeiten gehabt habe, welche mit den Kurszeiten nicht kompatibel gewesen seien.
25
Der Kläger beantragt wörtlich, zu erkennen:
1. Die Bescheide der Beklagten vom 27.08.2019, Az.: … sowie Förderungsnummer: … in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.10.2020 im Verfahren Az.:* … werden aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits sowie die Auslagen des Klägers auch im Widerspruchsverfahren.
26
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
27
Zur Begründung bringt sie vor, es liege ein Abbruch und die Wiederholung einer Maßnahme vor, da der Kläger nicht bei gleichem Stand in den neuen Kurs eingetreten sei, sondern erhebliche Kursteile wiederholt habe. Da der Abbruch nicht aus wichtigem Grund erfolgt sei, sei der Bescheid aufzuheben und die Förderung zurückzufordern gewesen, da die regelmäßige Teilnahme nicht vorgelegen habe. Auch hätten keine besonderen Umstände des Einzelfalls zur Förderung der Wiederholung einer Maßnahme vorgelegen. Zur weiteren Begründung werde auf das Vorlageschreiben an die Widerspruchsbehörde verwiesen.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschrift vom 17. September 2021, und auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
29
I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide der Beklagten vom 27. August 2019 in Form des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2020 sind rechtmäßig, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sofern der Übergang des Klägers im Mai 2019 in einen Fortbildungskurs mit anderen Kurszeiten einen Abbruch im Sinne des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG) der ursprünglich begonnenen Fortbildungsmaßnahme darstellt - so die Rechtsauffassung der Beklagtenseite -, folgt die Rückzahlungsverpflichtung aus § 16 Abs. 2, 3 AFBG (nachfolgend Ziff. 2). Indes kann hier offenbleiben, ob insoweit tatsächlich von einen Maßnahmeabbruch im Sinne des AFBG auszugehen ist. Denn auch wenn unterstellt wird, dass lediglich ein Wechsel in einen anderen Kurs unter Fortführung der ursprünglichen Fortbildungsmaßnahme erfolgt ist oder davon ausgegangen wird, dass es zwar zu einem Wechsel der Fortbildungsmaßnahme gekommen ist, der Kläger Entsprechendes aber nach dem AFBG beanspruchen konnte, ergibt sich die Rückforderung ebenfalls aus § 16 Abs. 2, 3 AFBG (nachfolgend Ziff. 3). Denn auch bezogen auf die dann anzunehmende Gesamtmaßnahme wäre die Teilnahmequote von 70% nicht erreicht.
30
1. Anwendbar sind die vorliegend relevanten Vorschriften des AFBG in ihrer bis zum 31. Juli 2020 geltenden Fassung (nachfolgend: AFBG a.F.). Denn die ursprünglich bewilligte Maßnahme war bis zum Ablauf des 31. Juli 2020 abgeschlossen, § 30 Abs. 1 AFBG. Auch bei Abstellen auf eine hypothetische Gesamtmaßnahme von September 2018 bis September 2020 gilt für die vorliegend einschlägigen Vorschriften nichts anderes, § 30 Abs. 2 AFBG. Im Übrigen stimmen die hier entscheidungserheblichen Vorschriften, insbesondere die des § 16 Abs. 3 AFBG a.F. und § 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 AFBG n.F., was den Grundsatz angeht, auch inhaltlich überein.
31
2. Sofern in dem Übergang des Klägers im Mai 2019 in einen Fortbildungskurs mit anderen Kurszeiten ein Abbruch im Sinne des AFBG liegt, folgt die streitgegenständliche Rückforderung aus § 16 Abs. 2, 3 AFBG a.F. Bei dieser Betrachtungsweise war die geleistete Fortbildungsförderung insgesamt zurückzufordern, da der Kläger die geforderte Teilnahmequote von 70% gemäß § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. nicht erreicht hatte, auch nicht bis zum Zeitpunkt der rechtlichen Wirksamkeit des Abbruchs, bzw. nicht mehr erreichen konnte. Im Übrigen bestehen zur Überzeugung der Kammer Zweifel, dass der Kläger die Maßnahme aus wichtigem Grund abgebrochen hat, so dass dem Kläger auch aus diesem Grund die bis zum Abbruch geleistete Förderung nicht zu belassen war.
32
a) § 16 Abs. 3 AFBG a.F. regelt, dass der Bewilligungsbescheid aufzuheben ist und der Teilnehmer oder die Teilnehmerin die erhaltenen Leistungen zu erstatten hat, wenn der Teilnehmer oder die Teilnehmerin in einem Nachweis des Bildungsträgers nicht die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nachweist und die regelmäßige Teilnahme bis zum Ende der Maßnahme nicht mehr erreicht werden kann, es sei denn, er oder sie hat die Maßnahme aus wichtigem Grund abgebrochen und bis zum Abbruch regelmäßig an der Maßnahme teilgenommen.
33
Nach § 9a Abs. 1 Satz 1 AFBG a.F. hat der Teilnehmer oder die Teilnehmerin regelmäßig an der geförderten Maßnahme teilzunehmen. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift müssen die Leistungen des Teilnehmers oder der Teilnehmerin erwarten lassen, dass er oder sie die Maßnahme erfolgreich abschließt. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass es nicht darauf ankommt, ob Auszubildende die Fortbildungsmaßnahme tatsächlich erfolgreich abschließen oder aber eine etwaige Abschlussprüfung nicht bestehen (OVG NW, B.v. 12.4.2012 - 12 A 236/12 - BeckRS 2012, 51121). Bewusst bürdet der Gesetzgeber Teilnehmern einer Förderungsmaßnahme nicht das Risiko des (endgültigen) Nichtbestehens einer Prüfung etwa am Ende einer mehrjährigen Ausbildung auf, um die mit dem AFBG verfolgte Anreizwirkung nicht zu konterkarieren und keine Hemmschwelle für Fortbildungsinteressierte aufzubauen (so BT-Drs. 18/7055 S. 38). Nach § 9a Abs. 1 Satz 3 AFBG a.F. wird regelmäßig von der Möglichkeit des erfolgreichen Abschlusses der Maßnahme ausgegangen, solange Teilnehmer diese zügig und ohne Unterbrechung absolvieren und sich um einen erfolgreichen Abschluss bemühen. Nach § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. liegt eine regelmäßige Teilnahme vor, wenn die Teilnahme an 70% der Präsenzstunden und bei Fernunterrichtslehrgängen an 70% der Leistungskontrollen nachgewiesen wird. Hierdurch wird das Tatbestandsmerkmal der regelmäßigen Teilnahme im Rahmen einer Pauschalierung gesetzlich definiert (Schaumberg/Schubert in Pdk Bu-J-6a, AFBG, Stand November 2020, § 9a Ziff. 2.1).
34
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze - wie dargestellt unter Annahme eines Maßnahmeabbruchs - war die geleistete Förderung in vollem Umfang zurückzufordern, ohne dass der Beklagten Ermessen eingeräumt gewesen wäre.
35
aa) Hier stand die gesamte geleistete Aufstiegsfortbildungsförderung gemäß § 9a Abs. 1 Satz 5, § 16 Abs. 2 und 3 AFBG a.F. unter dem Vorbehalt der Rückforderung. So erging der Bewilligungsbescheid unter dem Vorbehalt der Einstellung und Rückforderung der Leistungen, dass der Kläger insbesondere zum 30. September 2019 einen Nachweis des Bildungsträgers über die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme erbringt.
36
bb) Der Kläger kann gemäß § 16 Abs. 3 AFBG a.F. in einem Nachweis des Bildungsträgers die regelmäßige Teilnahme an der Maßnahme nicht nachweisen. Denn aufgrund des hier unterstellten Maßnahmeabbruchs kann der Kläger zum 30. September 2019 keinen Nachweis des Bildungsträgers erbringen, aus dem seine regelmäßige Teilnahme bezogen auf die Gesamtmaßnahme hervorginge. Vielmehr hat der Kläger bis zum Abbruch der Maßnahme am 22. Mai 2019 ausweislich des Formblatts F vom 9. September 2020 an 278 Präsenzstunden teilgenommen. Dies entspricht bezogen auf die Gesamtmaßnahme, die je nach Mitteilung des Maßnahmeträgers aus 516 oder 520 Unterrichtsstunden besteht, einer Teilnahmequote von allenfalls 53,9%, sofern zugunsten des Klägers von 516 Gesamtstunden ausgegangen wird. Entsprechend ist die pauschalierte Teilnahmequote aus § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. von 70% unterschritten.
37
cc) Der Kläger kann die geforderte Teilnahmequote von 70% auch nicht mehr im Sinne von § 16 Abs. 3 AFBG a.F. erreichen. Denn aufgrund des Maßnahmeabbruchs - wie hier unterstellt - ist es dem Kläger nicht möglich, an weiteren Unterrichtsstunden teilzunehmen, so dass eine Erhöhung der Teilnahmequote in der Zukunft ausscheidet.
38
dd) Die Frage, ob auch bei einer Rückforderung nach § 16 Abs. 3 AFBG a.F. ein „Warnschuss“ i.S.v. § 16 Abs. 4 Satz 2 AFBG a.F. erforderlich ist (vgl. OVG NW, U.v. 6.11.2019 - 12 A 2611/19 - juris; BVerwG, U.v. 8.4.2020 - 5 B 2/20 - juris), kann hier dahinstehen, da ein solcher vorliegend mit Schreiben vom 22. Mai 2019 erfolgte.
39
ee) Schließlich kann hier auch nicht von einer regelmäßigen Teilnahme bis zum Maßnahmeabbruch ausgegangen werden, die dem Kläger mit der Rückforderungsausnahme nach § 16 Abs. 3 Halbs. 2 AFBG a.F. die Förderung jedenfalls bis zum Maßnahmeabbruch erhalten hätte.
40
(1) Die Rückforderungsausnahme nach § 16 Abs. 3 Halbs. 2 AFBG a.F. ist hier bereits deswegen nicht einschlägig, weil der Kläger im Zeitpunkt der rechtlichen Wirksamkeit des Maßnahmeabbruchs die erforderliche Teilnahmequote von 70% nicht erreicht hatte. Denn auch im Rahmen von § 16 Abs. 3 AFBG a.F. ist für die Bestimmung des Abbruchzeitpunkts nicht auf den tatsächlichen Abbruch, sondern auf die entsprechende Erklärung des Teilnehmers gegenüber der Förderungsbehörde abzustellen.
41
(aa) Gemäß § 7 Abs. 4a Satz 1 AFBG a.F. bedürfen der Abbruch und die Unterbrechung einer Maßnahme der ausdrücklichen Erklärung. Die Erklärung wirkt gemäß § 7 Abs. 4a Satz 2 AFBG a.F. nur insoweit auf einen vor dem Eingang bei der zuständigen Behörde liegenden Zeitpunkt zurück, wie sie ohne schuldhaftes Zögern erfolgt ist. Insofern geht bereits aus der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 4a AFBG a.F. hervor, dass grundsätzlich „sowohl die Unterbrechung als auch der vorzeitige Abbruch aus wichtigem Grund mit den jeweils weiteren begünstigenden Rechtsfolgen nach § 7 erst zum Zeitpunkt der Erklärung des Teilnehmers oder der Teilnehmerin gegenüber der Behörde“ (BT-Drs. 18/7055 S. 34) eintreten. Nach Gesetzeswortlaut und Gesetzesbegründung tritt daher der Abbruch erst mit der Erklärung ein. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur konsequent, auch für § 16 Abs. 3 AFBG a.F. auf den Zeitpunkt der Erklärung abzustellen. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Zeitpunkt des Abbruchs für § 7 AFBG a.F. und § 16 AFBG a.F. unterschiedlich regeln wollte. Vielmehr ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt, es ergäben sich insbesondere die Rechtsfolgen aus § 16 AFBG, sofern die Erklärung unterbleibe (BT-Drs. 18/7055 S. 34). Zudem nimmt § 16 AFBG a.F. auch auf andere Begrifflichkeiten Bezug, die bereits in den §§ 1 ff. AFBG a.F. definiert sind. So ist, wie bereits dargelegt, auch der Begriff der regelmäßigen Teilnahme in § 9a Abs. 1 Satz 4 AFBG a.F. definiert. Dass auf diese Definition im Rahmen von § 16 AFBG a.F. zurückzugreifen ist, ist unstrittig. Nichts anderes ist danach hinsichtlich § 7 Abs. 4a AFBG a.F. ersichtlich. Die Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 4a AFBG a.F. spricht zudem ausdrücklich von einer Erklärung „des Teilnehmers oder der Teilnehmerin gegenüber der Behörde“ (BT-Drs. 18/7055 S. 34). Daneben ist der Maßnahmeträger selbst nach § 21 Abs. 1 Satz 2 AFBG a.F. verpflichtet, Änderungen, wie den Abbruch einer Maßnahme, der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen.
42
(bb) Danach hat der Kläger hier im Zeitpunkt der rechtlichen Wirksamkeit der Abbrucherklärung die geforderte Teilnahmequote von 70% nicht erreicht. Denn nicht der Kläger selbst, sondern lediglich der Maßnahmeträger hat der Beklagten zunächst den Wechsel mitgeteilt. Der Kläger äußerte sich gegenüber der Beklagten erst im Rahmen der nachfolgenden Stellungnahmen zum erfolgten Wechsel. Aber selbst bei Abstellen auf den Zeitpunkt der Mitteilung des Maßnahmeträgers an die Behörde hätte der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Teilnahmequote nicht erreicht. Denn dann wäre auf den 14. Juni 2019 als entscheidenden Abbruchszeitpunkt abzustellen. Eine Rückwirkung der Erklärung auf einen vorherigen Zeitpunkt käme nicht in Betracht, da das Ausbleiben einer früheren Erklärung auf schuldhaftes Zögern des Klägers zurückgeht. So hat der Kläger selbst mit Schreiben vom 1. Juli 2019 mitgeteilt, er sei lediglich davon ausgegangen, dass die Mitteilung durch den Maßnahmeträger in seinem Namen erfolge. Mit Schriftsatz vom 22. November 2019 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwar dar, dass der Kläger mit der Schulleitung abgestimmt habe, dass diese die weiteren Einzelheiten mit der Beklagten direkt abstimme. Ob und wann die Weitermeldung seitens der Schulleitung erfolgt sei, sei dem Kläger jedoch nicht bekannt. Jedenfalls weil der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht einmal Kenntnis davon hatte, ob die Weiterleitung tatsächlich erfolgt war, und er diese im Übrigen auch nicht sichergestellt hat, kann nicht von mangelndem Verschulden für eine verzögerte Weitermeldung ausgegangen werden. Laut Bescheinigung des Maßnahmeträgers vom 10. September 2020 hat der Kläger bis zum 14. Juni 2019, dem Zeitpunkt der Mitteilung durch den Maßnahmeträger, an 278 von 425 angefallenen Stunden der Maßnahme teilgenommen. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 65,41%, mithin unter 70%.
43
(2) Darüber hinaus bestehen zur Überzeugung der Kammer Zweifel, dass der Kläger die Maßnahme aus wichtigem Grund abgebrochen hat, sodass auch aus diesem Grund die Ausnahme nach § 16 Abs. 3 Halbs. 2 AFBG a.F. vom Grundsatz der vollständigen Rückforderung nicht greifen kann.
44
(aa) Anerkannt ist, dass mit der Gesetzesbegründung zu § 7 AFBG a.F., wonach die BAföG-Verwaltungsvorschriften für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „wichtiger Grund“ herangezogen werden (vgl. BT-Drs. 14/7094 S. 16), auch die Rechtsprechung zur Frage des wichtigen Grunds im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG auf das AFBG übertragen werden kann (vgl. Schaumberg/Schubert in PdK, Bu J-6a, Stand November 2020, § 7 AFBG Ziff. 2.4). Im Rahmen von § 7 Abs. 3 BAföG ist hinsichtlich des wichtigen Grunds darauf abzustellen, ob dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des BAföG erheblichen Umstände und der beiderseitigen, die Förderung berührenden Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (BVerwG, U.v. 12.2.1976 - V C 86.74 - BeckRS 1976, 30430044). Im Rahmen einer Interessenabwägung ist insbesondere wesentlich, ob der Auszubildende die vom Gesetz vorausgesetzte Obliegenheit zur verantwortungsbewussten, vorausschauenden und umsichtigen Planung sowie zur zügigen, zielstrebigen Durchführung seiner Ausbildung ausreichend erfüllt hat (vgl. hierzu im Ganzen Steinweg in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Auflage 2020 Rn. 133 f.). Bereits nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Teilnehmer einer Fortbildungsmaßnahme die materielle Beweislast bzw. Feststellunglast für das Vorliegen eines wichtigen Grunds.
45
(bb) Nach diesen Grundsätzen bestehen zur Überzeugung der Kammer in tatsächlicher Hinsicht Zweifel an dem Vorliegen eines wichtigen Grunds, so dass mit der materiellen Beweislast bzw. Feststellungslast nicht von einem wichtigen Grund auszugehen war.
46
Zwar hat der Kläger im Widerspruchsverfahren ausgeführt, in seinem damaligen Arbeitsverhältnis starker psychischer Belastung ausgesetzt gewesen zu sein. Das Abendprogramm sei für ihn eine echte Alternative gewesen, damit er sich das Wochenende zur Erholung habe freihalten können. Dagegen hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 22. November 2019 sowie im Rahmen der Klagebegründung sinngemäß vorgebracht, der Maßnahmewechsel gehe auf einen Arbeitsplatzwechsel bzw. neue Arbeitszeiten zurück. In der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2021 gab der Kläger hingegen an, dass er nicht lediglich in den Abendkurs gewechselt sei, sondern an Stunden bzw. Kurstagen teilgenommen habe, wann immer ihm das gepasst habe. So gab der Kläger etwa an, Unterricht auch an Samstagen, zusätzlich zu Stunden unter der Woche, besucht zu haben. Daraufhin befragt, warum er gewechselt sei bzw. was er sich von dem Wechsel erhofft habe, gab er an, er sei gewechselt, um zuvor entstandene Defizite aufzuholen und neuen Stoff dazuzulernen. Erst die Nachfrage der Prozessbevollmächtigten, ob der Wechsel auch dadurch bedingt gewesen sei, dass er sich die Samstage habe freihalten wollen, beantwortete der Kläger mit „Genau“.
47
Danach bestehen im Rahmen einer Gesamtschau aller relevanten Umstände zur Überzeugung der Kammer Zweifel, dass der fragliche Wechsel tatsächlich wegen einer psychischen Belastungssituation erfolgt ist. Denn in diesem Fall wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger dies im Termin zur mündlichen Verhandlung so hätte darlegen und vertiefen können, nicht aber, dass er - wie geschehen - den Wechsel mit dem Nachholen von versäumtem Unterrichtsstoff begründet. Dieser Umstand wird zur Überzeugung der Kammer auch nicht ausreichend dadurch relativiert, dass der Kläger die Frage seiner Prozessbevollmächtigten nach dem Freihalten der Samstage letztlich bejaht hat. Denn insoweit ist er der in der Fragestellung enthaltenen Suggestion gefolgt, so dass der Antwort geringe Aussagekraft zukommt. Hinzu kommt, dass er im Termin insbesondere erklärt hat, teilweise auch weiterhin samstags Unterrichtsstunden besucht zu haben, was dem Ziel des Freihaltens der Wochenenden von Unterrichtsstunden gerade widerspricht. Darüber hinaus hat der Kläger kein ärztliches Attest o.Ä. vorgelegt, um die geltend gemachte psychische Ausnahmesituation zu belegen. Hinzu kommt, dass er den Wechsel der Fortbildungsmaßnahme teilweise mit einem Arbeitsplatzwechsel bzw. geänderten Arbeitszeiten begründet hat, sein Vortrag im Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren also nicht konstant war, obwohl dies für den Kernbereich des geltend gemachten Wechselgrunds zu erwarten gewesen wäre.
48
Im Übrigen liegt in dem Wunsch nach Wiederholungsstunden kein wichtiger Grund i.S.v. § 7 AFBG a.F. Auch etwaige geänderte Arbeitszeiten können hier mangels substantiierten Vortrags keinen wichtigen Grund darstellen. So hat der Kläger mit Schriftsatz vom 29. Juni 2021 lediglich pauschal angegeben, der Wechsel sei für ihn notwendig gewesen, da er bei seinem damaligen Arbeitgeber neue Arbeitszeiten gehabt habe. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger jedoch an, dass er bis zum 31. Juli 2019 beim Unternehmen … beschäftigt gewesen sei und der betreffende Arbeitgeberwechsel erst zum 1. August 2019, mithin nach dem geltend gemachten Zeitpunkt des Wechsels, erfolgt sei.
49
ff) Bei der Entscheidung über die Rückforderung der gewährten Förderung gemäß § 16 Abs. 3 AFBG a.F. handelt es sich um eine gebundene Entscheidung.
50
gg) Die Höhe der Rückforderung begegnet keinen Bedenken und ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig. So hat die Beklagte dem Kläger unstreitig Aufstiegsfortbildungsförderung i.H.v. 3.425,00 EUR bewilligt und gewährt, wobei hiervon 1.370,00 EUR als Zuschuss gewährt wurden. Der gewährte Zuschussanteil entspricht der Höhe der streitgegenständlichen Rückforderung.
51
hh) Schließlich weckt die Neuregelung des AFBG mit dem Abstellen auf pauschalierte Teilnahmequoten keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. So ist dem Gesetzgeber schon nach allgemeinen Grundsätzen auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein beträchtlicher Spielraum eingeräumt, um abstrakt-generelle und insoweit regelmäßig pauschalierende und typisierende Normen zu schaffen (Greszick in Maunz/Dürig, GG, Stand Januar 2021, Lfg. 48, Art. 20 Rn. 122). Dies gilt umso mehr im Bereich der hier einschlägigen Leistungsverwaltung. Etwaige Härten sind zudem dadurch abgemildert, dass eine vergleichsweise hohe Fehlzeitenquote von bis zu 30% förderungsrechtlich unschädlich ist und es Teilnehmern an Fortbildungsmaßnahmen offensteht und ohne weiteres zumutbar ist, ausdrücklich den Abbruch bzw. die Unterbrechung der Maßnahme aus wichtigem Grund zu erklären.
52
3. Auch sofern angenommen wird, dass kein Abbruch im Sinne des AFBG, sondern lediglich ein Wechsel in einen anderen Kurs unter Fortführung der ursprünglichen Fortbildungsmaßnahme erfolgt ist, oder davon ausgegangen wird, dass es zwar zu einem Wechsel der Fortbildungsmaßnahme gekommen ist, der Kläger Entsprechendes aber nach dem AFBG beanspruchen konnte, ergibt sich die Rückforderung aus § 16 Abs. 2, 3 AFBG a.F. Denn auch bezogen auf die dann anzunehmende Gesamtmaßnahme wäre die Teilnahmequote von 70% nicht erreicht.
53
a) Als Gesamtmaßnahme wäre in diesem Fall der Zeitraum vom 7. September 2018 bis zum 7. September 2020 mit einer Gesamtstundenzahl von 860 Stunden anzunehmen. Denn sofern kein Abbruch im Sinne des AFBG, sondern lediglich ein Kurswechsel angenommen wird, hatte der Kläger nach den Angaben des Maßnahmeträgers die Möglichkeit, an insgesamt 860 Stunden teilzunehmen. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers sind diese 860 Stunden der hypothetischen Gesamtmaßnahme zu Grunde zu legen, und nicht etwa eine Stundenzahl von 516 bzw. 520 Stunden. Anderenfalls erhielte der Kläger einen ungerechtfertigten Vorteil. Er könnte faktisch an 860 Stunden der Maßnahme teilnehmen, um seine Teilnahmequote bezogen auf 516 bzw. 520 Stunden zu erfüllen. Er würde daher etwa die Teilnahmequote erfüllen, wenn er an 361 bzw. 364 Stunden teilgenommen hätte, obwohl er in diesem Fall lediglich 41,98 bzw. 42,33% der ihm zur Verfügung stehenden Stunden besucht hätte.
54
b) Bezogen auf diese hypothetische Gesamtmaßnahme wäre die erforderliche Teilnahmequote von 70% nicht erreicht. Denn der Kläger hat bis zum Ende einer solchen Gesamtmaßnahme im September 2020 lediglich 422 von 860 Stunden besucht. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 49,07%.
55
Auch hier kann nicht von einem Maßnahmeabbruch aus wichtigem Grund ausgegangen werden, der dem Kläger die Förderung jedenfalls bis zum Maßnahmeabbruch für den Fall der regelmäßigen Teilnahme bis dahin erhalten hätte. Genauso wenig kann von einer rechtlich wirksamen Maßnahmeunterbrechung vor dem Ende der hypothetischen Gesamtmaßnahme ausgegangen werden.
56
Bereits ausgeführt ist, dass Abbruch und Unterbrechung nach § 7 Abs. 4a AFBG a.F. erst mit der entsprechenden Erklärung gegenüber dem Maßnahmeträger wirksam werden. Nach Aktenlage hat allein der Maßnahmeträger mit E-Mail vom 23. März 2020 gegenüber der Beklagten angezeigt, dass der Kläger die Maßnahme unterbrochen habe. Dagegen fehlt eine vom Kläger abgegebene Erklärung. Auch wurde die Erklärung des Maßnahmeträgers nicht etwa im Namen des Klägers abgegeben. Dass der Kläger das Attest vom 20. Februar 2020 auch persönlich bei der Beklagten eingereicht hat, wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, ist zur Überzeugung der Kammer nicht hinreichend belegt. Insofern trug der Kläger zwar vor, er habe das Attest persönlich im 4. Stock der Behörde eingereicht. Der Beklagtenvertreter jedoch erwiderte, dass dies nicht sein könne, da zu diesem Zeitpunkt die Beklagte wegen der Corona-Pandemie keinen Publikumsverkehr mehr gehabt habe. Solchen habe es im Jahr 2020 lediglich dreimal gegeben, wobei er diesen selbst übernommen und die betreffenden Personen einbestellt habe. Nach seiner Erinnerung habe er den Kläger jedoch nicht einbestellt. Zwar erscheint es fraglich, ob die Beklagte tatsächlich bereits im Februar 2020 pandemiebedingt Publikumsverkehr grundsätzlich ausgeschlossen hatte. Allerdings wäre zu erwarten, dass das Attest, hätte es der Kläger persönlich übergeben, zur Akte gelangt wäre und sodann ggf. an die Widerspruchsbehörde weitergeleitet worden wäre. Hierzu ist es indes nicht gekommen.
57
Im Übrigen hat der Kläger auch bis zum faktischen Abbruch im Februar 2020 lediglich an 422 von 646 Stunden teilgenommen, also eine Teinahmequote von 65,3% erzielt. Damit hätte er auch bis dahin nicht regelmäßig an der hypothetischen Gesamtmaßnahme teilgenommen.
58
c) Schließlich führt ein etwaiger Austausch der Begründung der Rückforderung vorliegend nicht dazu, dass sich die Ausgangsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids in ihrem Wesen ändern würden. Eine Wesensänderung eines Verwaltungsakts liegt nach überwiegender Ansicht vor, wenn die von der Behörde ursprünglich angestellten tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen nachträglich ausgewechselt oder neue Tatsachen nachgeschoben werden, sodass in den Kern, die Identität des Verwaltungsakts, eingegriffen wird und der Sache nach ein neuer, anderer Verwaltungsakt entsteht. Mithin wird der Regelungsgegenstand des Verwaltungsakts in seinem Wesen und damit der Streitgegenstand geändert (vgl. hierzu im Ganzen Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 113 Rn. 38 f.). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Denn die Widerspruchsbehörde hat in ihrem Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2020, unter dem Gesichtspunkt der Förderung der „neuen“ Maßnahme, zur Frage der Unterbrechung bzw. eines Abbruchs im Februar 2020 Stellung genommen und ausgeführt, dass es an einer Erklärung fehle.
59
d) Nichts anderes gilt, wollte man die hypothetische Gesamtfortbildungsmaßnahme um solche Unterrichtsstunden bereinigen, bei denen es sich um Wiederholungsstunden handelt. Hierfür könnte sprechen, dass eine Fortbildungsmaßnahme im Sinne des AFBG grundsätzlich keine wiederholenden Unterrichtseinheiten vorsieht, während die Voraussetzungen mit Blick auf die Wiederholung einer Maßnahme in § 7 Abs. 5 AFBG geregelt sind. Auch beim „Herausrechnen“ der Stunden, die der Kläger nach Angaben des Maßnahmeträgers nach seinem Wechsel wiederholte, hätte der Kläger bis zum Ende der mangels Erklärung rechtlich nicht unterbrochenen Maßnahme die erforderliche Teilnahmequote nicht erreicht. Denn im Zeitpunkt des faktischen Wechsels im Mai 2019 hatte der Kläger 278 Stunden besucht. Bezogen auf die Gesamtstundenzahl des Samstags-Intensivkurses fehlten ihm, je nachdem ob von 516 oder 520 Gesamtstunden auszugehen ist, lediglich 123 bzw. 127 Stunden. Bis zum Zeitpunkt der faktischen Unterbrechung im Februar 2020 hatte er die Möglichkeit insgesamt an 646 von 860 Stunden teilzunehmen, sodass dem Kläger im Zeitpunkt der faktischen Unterbrechung noch 214 Stunden fehlten. Der Kläger hatte daher auf Grundlage der Angaben des Maßnahmeträgers bis zum Zeitpunkt der faktischen Unterbrechung lediglich Stunden wiederholt. Damit ergäbe sich unter Nichtberücksichtigung des „Wiederholungsteils“ eine Teilnahme an 278 von 516 bzw. 520 Stunden, mithin eine Teilnahmequote von 53,88 bzw. 53,46%.
60
Nach alledem war die Klage abzuweisen, da sich die streitgegenständliche Rückforderung unter allen rechtlichen Gesichtspunkten als rechtmäßig erweist. Spiegelbildlich bestand im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch kein Anspruch des Klägers auf Fortbildungsförderung, auch nicht für die Zeit nach dem 1. Juli 2019. Einen entsprechenden Verpflichtungsantrag hatte der Kläger im Übrigen auch nicht gestellt.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, §§ 711, 713 ZPO.