Inhalt

VG München, Urteil v. 23.07.2021 – M 9 K 20.4909
Titel:

Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum

Normenketten:
ZeS § 7 Abs. 2, Abs. 3
GG Art. 14
Leitsätze:
1. Ein verlässliches Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum liegt vor, wenn sich seine öffentlich-rechtliche Zulässigkeit aus prüfbaren Unterlagen ergibt. Bei der Nutzungsänderung eines Pensionsbetriebs in Wohnnutzung bedeutet prüffähig, dass entweder eine baurechtliche Genehmigung vorliegt oder ein nach der Bauvorlagen-Verordnung erstellter Bauantrag eingereicht wird. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Familiengerechter Wohnraum kann nur durch familiengerechten Wohnraum ersetzt werden. Für eine familiengerechte Wohnung wird das Vorhandensein von Kinderzimmern vorausgesetzt. (Rn. 43 und 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zweckentfremdung, Ersatzwohnraum, familiengerechter Wohnraum, Eigentumsbeschränkung, Nutzungsuntersagung, Pensionsbetrieb
Fundstelle:
BeckRS 2021, 30595

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die zweckentfremdungsrechtliche Verpflichtung, die Nutzung der hier verfahrensgegenständlichen Wohneinheit in der Frauen str.12 zu anderen als Wohnzwecken zu beenden und sie wieder Wohnzwecken zuzuführen.
2
Einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 14.Januar 2021 (M 9 S.20.6832) abgelehnt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diesen Beschluss im Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 19. Juli 2021 (12 CS 21.507) aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
3
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2021 wurde die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2020 abgewiesen. Der Bevollmächtigte des Klägers hat dagegen fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt.
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Der Kläger ist Eigentümer und Vermieter einer Wohneinheit Frauenstr. 12, 1. Obergeschoß rechts, die ausweislich des Gewerbemietvertrags seit dem 1. Dezember 2013 bis zum 31. Dezember 2020 gewerblich als Büro vermietet war und auch so genutzt wurde (Bl.180 BA).
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Nach der Baugenehmigung vom 9. März 1908 handelte es sich bei den verfahrensgegenständlichen Räumen um eine Wohnung, die bis zum 30. November 2012 zu Wohnzwecken vermietet war. Ausweislich der Baugenehmigung vom 6.Juli 2011 wurde die Nutzungsänderung in ein Büro genehmigt.
6
Mit am 27. März 2013 bei der Beklagten eingegangenem Antrag beantragte der Kläger eine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung zur Änderung der Nutzung von Wohnen in Büro und bot Ersatzwohnraum im 1. und 2. Obergeschoß der Frauenhoferstr. 10 an; diese Räume im 2. Obergeschoß Mitte und 1. Obergeschoß links und Mitte waren baurechtlich als Pension genehmigt (Bl.116 BA). Im Zusammenhang mit diesem Angebot legte der Kläger einen Geschäftsraummietvertrag mit der Isar-WG zur gewerblichen Nutzung dieser Räume vor, befristet vom 1. Januar 2011 bis 30. September 2016, 5.130,00 Euro netto (Bl. 129 BA). Als Nutzungszweck wurde die Einrichtung einer gewerblichen Zimmervermietung angegeben. Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Voraussetzung für die Anerkennung als Ersatzwohnraum eine baurechtliche Genehmigung als Wohnraum sei, die gewerbliche Zwischenvermietung zu Wohnzwecken erfolgen müsse und dies durch Vorlage der Mietverträge mit den Nutzern/Bewohner zu belegen sei (Bl.147 BA). Auf Nachfrage der Beklagten und Androhung der Ablehnung als Ersatzwohnraum legte der Kläger einen weiteren Mietvertrag mit der Isar-WG vor, der als Rahmenmietvertrag vom 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2016 befristet war und sich ausdrücklich auf die nach wie vor nicht umgebauten Flächen im 1. Obergeschoß links und Mitte und im 2. Obergeschoß Mitte bezog.
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Der Kläger hat am 23. Juli 2014 eine Baugenehmigung für den Einbau von vier Wohneinheiten in diese ehemalige Pension sowie zur Nutzungsänderung in Wohnraum erhalten (Bl. 196 BA), im 1 OG sollten drei Wohneinheiten mit je drei Zimmern, 77 - 88 qm groß, entstehen (Bl.160 BA). Diese Baugenehmigung wurde bis zur Entscheidung über diese Klage nicht umgesetzt. Ausweislich des beigefügten Plans (Bl. 123/122 BA) und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist ein Umbau der ehemaligen Pensionszimmer nicht erfolgt.
8
Nachdem der Kläger wiederholt darauf hingewiesen worden war, dass die gewerbliche Zimmervermietung in einer ehemaligen Pension kein berücksichtigungsfähiger Ersatzwohnraum sei, wurde mit Bescheid vom 10. März 2016 die Zweckentfremdungsgenehmigung für die Nutzungsänderung für die hier verfahrensgegenständliche Wohnung Frauenstr. 12, 1. Obergeschoß links in ein Büro unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass in der Frauenhoferstr. 10 Ersatzwohnraum mit wenigstens 142,00 m² Wohnfläche neu geschaffen werde, darunter mindestens eine familiengerechte Wohnung. Wie vom Kläger beantragt sei der Wohnraum im 1. Obergeschoß Mitte und 2. Obergeschoß Mitte nach den beigefügten, baurechtlich genehmigten Grundrissplänen zu errichten. Die Wohnnutzung habe auf Dauer zu erfolgen. Die Frist zur Errichtung betrage ein Jahr ab Bestandskraft des Bescheids (Ziff. I Nrn. 1 u. 2 des Bescheids, Bl. 245 BA).
9
Auf weitere Nachfrage und Mahnung der Beklagten legte der Kläger Mietverträge für das 2. Obergeschoß Mitte und das 1. Obergeschoß links und Mitte, Frauenhoferstr. 10 vor. Die Mietverträge wurden mit allen Bewohnern der Zimmer abgeschlossen und waren nach § 2 bis zum 31. Juli 2018 wegen des geplanten Umbaus mit Auflösung des Wohnungsgrundrisses befristet; eine Verlängerung war ausgeschlossen. Im 1. Obergeschoß links und Mitte wurde an sieben Mieter ein Gemeinschaftsraum und sieben Zimmer, ein Bad, Flur, WC etc. für 4.000,00 Euro einschl. 600,00 Euro Nebenkostenpauschale vermietet (Bl. 265 BA). Im 2. Obergeschoß Mitte wurden vier Zimmer und ein Gemeinschaftsraum, ein Bad, Flur, WC etc. an vier Mieter zu einem Mietzins von 2.430,00 Euro inklusive 300,70 Euro Nebenkostenpauschale vermietet (Bl. 275 BA). Ausweislich der Akten und der Angaben des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung waren keinerlei Umbauten vorgenommen worden.
10
Ein Bescheid vom 28. Juli 2017 mit der Verpflichtung zur Beendigung der Nutzung der Wohnung Frauenstr. 12, 1. Obergeschoß rechts wurde im Zusammenhang mit vom Verwaltungsgericht mitgeteilten Mängeln eines anderen, aber entsprechenden Grundbescheides gegen den Mieter dieser Wohnung von der Beklagten aufgehoben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verfahren M 9 K 18.5751, M 9 S 19.1145, M 9 K 19.5414 und den Bescheid vom 28. Juli 2017 verwiesen.
11
Mit Bescheid vom 3. September 2020 wurde der Kläger nach erneuter Anhörung zur Beendigung der Nutzung der Wohnung Frauenstr. 12, 1. Obergeschoß rechts zu anderen als Wohnzwecken bis zum 31. Dezember2020 verpflichtet (Ziffer I) und die unverzügliche Wiederzuführung zu Wohnzwecken angeordnet (Ziffer II). Ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500,00 Euro wurde für einen Verstoß gegen Ziffer I mit Frist bis 31. Dezember 2020 angeordnet (Ziffer IV). Ein Zwangsgeld ebenfalls in Höhe von 7.500,00 Euro wurde für einen Verstoß gegen Ziffer II unter Fristsetzung von acht Monaten angeordnet (Ziffer V). Es läge kein beachtliches Angebot von Ersatzwohnraum, § 7 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 der Zweckentfremdungssatzung (ZeS) vor, da dieser nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Zweckentfremdung geschaffen wurde. Der Antrag auf Zweckentfremdung sei am 27. März 2013 eingegangen. Der mit Baugenehmigung vom 23. Juni 2014 genehmigte Umbau zu Wohnungen sei bis zum Fristende am 19. Februar 2015 nicht gemacht worden. Mit Bescheid vom 10. März 2016 habe der Antragsteller nochmal Gelegenheit erhalten, innerhalb einer angemessenen Frist den angebotenen Ersatzwohnraum zu erstellen und diese Möglichkeit nicht wahrgenommen. Die vorgelegten neuen Mietverträge seien nur zeitlich befristet abgeschlossen worden. Der Antragsteller sei als Vermieter Zustandsstörer und habe durch die Vermietung rechtswidrige Zustände verursacht. Der derzeitige Mieter ziehe zum 31. Dezember 2020 aus und habe den Mietvertrag nicht verlängert. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Bescheid Bezug genommen.
12
Mit am 6. Oktober 2020 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,
Aufhebung des Bescheids vom 3. September 2020.
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Der Bescheid sei rechtswidrig. Der Kläger habe den mit Ziffer I. des Bescheids vom 10. März 2016 als Bedingung geforderten Ersatzwohnraum geschaffen. Lediglich der Zuschnitt der zwei Wohnungen von jeweils 94,96 m² entspräche nicht der Genehmigung. Beide Wohnungen seien aktuell bis zum 30. Juni 2022 vermietet. Danach könne der Umbau durchgeführt werden. Der Bescheid habe keine Rechtsgrundlage, da formelle Verfassungswidrigkeit des Zweckentfremdungsgesetzes vorläge und damit auch die Satzungskompetenz der Beklagten fehle; Zweckentfremdungsrecht sei Bodenrecht und nicht Wohnungswesen mit der Folge, dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes fehle. Das Zweckentfremdungsrecht in Bayern sei auch materiell rechtlich verfassungswidrig, da gegen das im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. GG enthaltene Übermaßverbote und gegen das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht verstoßen werde. Ungeachtet dessen habe der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung des Ersatzwohnraums, da auch bei einer Vermietung an mehrere Personen als WG eine Vermietung zu Wohnzwecken vorläge. Er habe darüber hinaus auch einen Anspruch auf nachträgliche Anerkennung, da er ansonsten gezwungen wäre, sowohl den Ersatzwohnraum als auch den verfahrensgegenständlichen Wohnraum zu Wohnzwecken zu vermieten.
14
Die Beklagte beantragte am 5. Januar 2021:
Klageabweisung
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Es läge hier eine bis heute fortdauernde Zweckentfremdung der Wohnung im 1. Obergeschoß rechts, Frauenstr. 12, Vordergebäude vor. Der Zuschnitt des Ersatzwohnraums entspräche nicht der aufschiebenden Bedingung in der zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung vom 10. März 2016. Auch die Nutzung zu Wohnzwecken des Ersatzwohnraums sei wegen der als Kurzzeitnutzung abgeschlossenen Mietverträge und dem zugrundeliegenden Wohnungskonzept fraglich, da keine WG vorläge. Der angebotene Ersatzwohnraum falle nicht unter das Zweckentfremdungsrecht, da die ehemalige Pension nie als Wohnraum genutzt worden sei. Zweckentfremdungsrecht sei kein Bodenrecht, da nach Zweckentfremdungsrecht andere Genehmigungen erteilt würden als nach Baurecht. Soweit auf das LStVG Bezug genommen worden sei, handele es sich um ein unschädliches Schreibversehen (VG München B.v.22.8.2019 - M 9 S 18.3233 m.w.N.). Es gelte Art. 14 Abs. 2 GG.
16
Die Klägerseite hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2021 nicht zu einer weiteren Sachaufklärung beigetragen. Ein Mitarbeiter des Klägers war zwar anwesend, aber dazu nicht fähig oder nicht bereit. Weitere Unterlagen und Pläne über die als Ersatzwohnraum angebotene ehemalige Pension und andere Wohneinheiten wurden nicht vorgelegt. Eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Pension in Wohnen ohne den genehmigten Umbau wurde zwar behauptet, aber weder vorgelegt noch nachprüfbar vorgetragen. Ein Umbau des OG links wurde im Widerspruch dazu zwar ebenfalls behauptet, aber nicht schlüssig dargelegt und jegliche zeitliche Eingrenzung des Fertigstellungszeitraums war nicht möglich. Ein konkretes Angebot für einen anderen Ersatzwohnraum, z.B. die in den Akten erwähnte umgebaute Zahnarztpraxis (Bl. 351 BA) oder eine zusätzlich eingebaute Wohneinheit in der Frauenhofer Str.10, 2.OG rechts (Bl.634 BA) wurde auch in der mündlichen Verhandlung nicht gemacht.
17
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte sowie die Akten und den Beschluss im Verfahren M 9 S 20.6832 sowie den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.7. 2021 (12 CS 21.507) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2021 gilt als nicht ergangen, da rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt wurde, § 84 Abs. 3 VwGO.
19
Die Klage hat keinen Erfolg.
20
Der Bescheid vom 3. September 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
21
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung der Ausführungen im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.Juli 2021 (12 CS 21.507) sind die Nutzungsuntersagung und die Wiederbelegungsanordnung für die Wohneinheit Frauen str.12, 1.OG rechts rechtmäßig. Der Kläger kann keine Zweckentfremdungsgenehmigung beanspruchen, da diese nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch nicht nachträglich genehmigungsfähig ist. Es fehlen bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein beachtliches Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum, Art.1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZwEWG i.V.m. § 5 Abs. 3, § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 Satz 2, Abs. 3 ZeS.
22
Nach Art. 3 Abs. 2 Zweckentfremdungsgesetz (ZwEWG) i.V.m. § 13 Zweckentfremdungssatzung (ZeS) kann dem Verfügungsberechtigten aufgegeben werden, die Zweckentfremdung in angemessener Frist zu beenden und den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen, wenn eine Zweckentfremdung auch nachträglich nicht genehmigungsfähig ist, § 13 Abs. 2 ZeS. Die Ermessensvorschrift des Art.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZwEWG bestimmt, dass die Genehmigung erteilt werden kann, wenn dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraums durch Ausgleichsmaßnahmen in verlässlicher und angemessener Weise Rechnung getragen wird; dies kann ua durch Bereitstellung von Ersatzwohnraum geschehen. § 7 ZeS regelt die Voraussetzungen einer zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung gegen Ersatzwohnraum und bestimmt in Abs. 1 Satz 1, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums in der Regel entfällt, wenn die Wohnraumbilanz durch ein beachtliches und verlässliches Angebot von Ersatzwohnraum ausgeglichen wird; beachtlich ist nach Abs. 2 Nr.5 ein Angebot, wenn der Ersatzwohnraum dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zu Verfügung steht wie vorher der zweckzuentfremdende und familiengerechter Wohnraum durch ebensolchen Wohnraum ersetzt wird. Verstöße werden nach § 14 Abs. 1 ZeS sanktioniert; wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis 500.000,00 Euro belegt werden kann.
23
Die Beklagte hat ihrer Entscheidung zutreffend und rechtsfehlerfrei diese Voraussetzungen zugrunde gelegt und nach pflichtgemäßen Ermessen die Nutzungsuntersagung angeordnet, nachdem kein Ersatzwohnraum geschaffen wurde. Der im Bescheid vom 10. März 2016 beauflagte Ersatzwohnraum Frauenhoferstr 10, 1.OG Mitte und 2. OG Mitte wurde nicht hergestellt (1.). Der ohne Umbau der ehemaligen Pension angebotene Ersatzwohnraum wurde nicht prüffähig angeboten (2.), stammt aus dem Bestand (3.) und ist nicht als Wohnraum genehmigt oder erkennbar genehmigungsfähig (4.).
24
Unstrittig wurde die Wohneinheit Frauenstr. 12 bei Bescheiderlass gewerblich genutzt, mit Baugenehmigung vom 9. März 1908 zu Wohnzwecken genehmigt und bis zum Auszug der damaligen Mieter am 30.11. 2012 auch durchgehend zu Wohnzwecken genutzt. Die baurechtliche Nutzungsänderung in ein Büro erfolgte mit Baugenehmigung vom 6. Juli 2011. Eine gewerbliche Vermietung seit dem 1.12.2013 als Büro ist seit dem 31. Dezember 2020 beendet.
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1. Der Kläger hat keine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung für die Wohnung Frauenstr. 12, 1. OG rechts aufgrund des Bescheids vom 10.März 2016.
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Eine Zweckentfremdungsgenehmigung liegt nicht vor, weil die aufschiebende Bedingung der Herstellung des angebotenen Ersatzwohnraums nicht eingetreten ist (BayVGH, B.v. 19. Juli 2021 12 CS 21.507). Die Bedingung enthält genau das, was der Kläger als Ersatzwohnraum angeboten hat. Festgelegt wurde - wie im Antrag des Klägers angeboten - Ersatzwohnraum im 1. OG Mitte/ 2. OG Mitte, Frauenhofer Str.10, entsprechend den baurechtlich genehmigten Grundrissplänen. Diese Bedingung hat der Kläger nicht erfüllt. Die weiteren Anforderungen an den zu schaffenden Ersatzwohnraum mit wenigstens 142,00 m² Wohnfläche und mindestens einer familiengerechten Wohnung entspricht § 7 Abs. 1 ZeS in der damals geltenden Fassung, wonach regelmäßig das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums entfällt, wenn die Wohnraumbilanz insgesamt wieder ausgeglichen wird sowie § 7 Abs. 2 Nr. 4 ZeS, wonach der neu zu schaffende Wohnraum nicht kleiner sein darf. Da bis heute kein Umbau erfolgte, erübrigt es sich darauf einzugehen, ob zu irgendeinem Zeitpunkt die Bedingung erfüllt wurde. Der Kläger hat die Zimmer der ehemaligen Pension in der Frauenhofer str.10, 1.OG/2.OG ohne den Umbau in die vier Wohneinheiten vermietet.
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2. Der Kläger hat den von ihm in den Zimmern der ehemaligen Pension angebotenen Ersatzwohnraum nicht prüffähig angeboten.
28
Nach § 7 Abs. 3 ZeS liegt ein verlässliches Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum vor, wenn sich seine öffentlich-rechtliche Zulässigkeit aus prüfbaren Unterlagen ergibt. Die Regelungen des öffentlich-rechtlichen Baurechts sind zweifelsfrei Normen, aus denen sich die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der Errichtung von Wohnraum und damit auch von Ersatzwohnraum ergibt, § 7 Abs. 3 ZeS (a.A. offenbar BayVGH B.v.19.7.2021 - 12 CS 21.507 aber ohne Begründung; andererseits so auch BayVGH B.v.16.12.2020 - 12 N 19.1179 zum Rechtsschutzbedürfnis einer Normenkontrolle). Bei der hier vorliegenden Nutzungsänderung eines gewerblichen Pensionsbetriebs in eine Wohnnutzung bedeutet prüffähig daher zu aller erst, dass entweder eine baurechtliche Genehmigung vorliegt oder ein nach der Bauvorlagen-Verordnung erstellter Bauantrag eingereicht wird, aus dem sich die öffentlich-rechtliche Baugenehmigungsfähigkeit der Nutzungsänderung in Wohnraum in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ergibt. Beides fehlt.
29
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der Einlassung des Mitarbeiters des Klägers gibt es offenbar überhaupt keine prüfbaren Unterlagen, aus denen sich die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des beauflagten oder irgendeines anderen Ersatzwohnraums ergibt oder ergeben könnte, § 7 Abs. 3 ZeS.
30
a) Unklar ist bereits, ob die Baugenehmigung aus 2014 überhaupt noch gültig is, da sie nicht umgesetzt wurde. Die Baugenehmigung für den angebotenen und im Bescheid vom 10. März 2016 beauflagten Ersatzwohnraum stammt vom Juni 2014 für den Einbau von vier Wohneinheiten im 1. und 2. Obergeschoss in der ehemaligen Pension und die damit verbundene Nutzungsänderung zu Wohnzwecken. Da dies mittlerweile sechs Jahre her ist, bleibt auch nach der mündlichen Verhandlung offen, ob es sich bei dieser alten Baugenehmigung tatsächlich noch um zweckentfremdungsrechtlich ausreichende Unterlagen handelt und ob diese Baugenehmigung bereits ausser Kraft ist. Die Klägerseite hat dazu keine schlüssigen Angaben gemacht und keine Unterlagen vorgelegt.
31
b) Für die aktuelle Nutzung der ehemaligen Pensionsräume wurden bisher ebenfalls keine prüffähigen Unterlagen vorgelegt. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung fehlt eine baurechtlich genehmigte Nutzungsänderung zu Wohnzwecken, da der Umbau nie durchgeführt wurde und bisher baurechtlich nur eine Pension, d. h. eine gewerbliche Nutzung genehmigt war. Die Nutzung ehemaliger Pensionszimmer zum Wohnen bedarf einer baurechtlichen Genehmigung. Nach Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung gibt es nur die Mietverträge über die beiden Einheiten 1. Obergeschoß links mit 7 Bewohnern und das 2. Obergeschoß Mitte mit 4 Bewohnern, zunächst befristet bis 31. Juli 2018 und anschließend verlängert. Ferner sind in den Akten 2 Grundrisspläne (Bl.122 BA), wonach es im 1. OG 10 Zimmer, 1 Frühstücksraum, 1 Bad, 1 Küche und 3 WC gibt und im 2. OG Mitte 8 Zimmer, 3 Bäder 2 WC und 3 Küchen gibt. Die Mietverträge über die vermieteten 7 bzw. 4 Zimmer mit jeweils 1 Gemeinschaftsraum zur Wohngemeinschaftsnutzung stimmen bereits zahlenmäßig nicht mit den Grundrissplänen überein. Die Mietverträge und die darin enthaltenen Angaben sind kein ausreichender Beleg für eine öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der Nutzung. Sonstige Nachweise über eine etwaige bauliche Veränderung des Zuschnitts der Grundrisse wurden nicht vorgelegt und weder nach Aktenlage noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert behauptet.
32
c) Die Angaben der Klägerseite sind darüber hinaus auch nicht geeignet, die Prüffähigkeit nach § 7 Abs. 3 ZeS auf andere Weise im Rahmen der Amtsermittlung festzustellen. Die Klägerseite hat in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, dass das 1. OG entsprechend der Baugenehmigung über den Umbau in 4 Wohneinheiten und die Nutzungsänderung von Gewerbe in Wohnen bereits verwirklicht wurde, jedoch trotz wiederholter Nachfragen des Gerichts weder allgemeine noch nähere Angaben dazu gemacht. Vor dem Hintergrund dieses Verfahrens ist von einer unerklärlichen Erinnerungslücke auszugehen, wenn nicht mal eine ungefähre Zeitangabe der Fertigstellung gemacht werden kann; bereits deshalb sind weitere prüfbare Unterlagen dringend erforderlich. Entsprechendes gilt für die Angabe der Klägerseite, es gebe bereits eine baurechtliche Genehmigung für eine Nutzungsänderung von Gewerbe in Wohnen ohne einen Umbau der Pensionsräume. Es gibt nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass dies überhaupt und in zeitlichem Zusammenhang zutrifft, da die einzige Auskunft auf Nachfrage des Gerichts nur war, dass dies schon lange her sei und früher war. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelung des Zweckentfremdungsrechts als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt ist es nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast im Verwaltungsprozess (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15 Aufl.2019, § 86 Rn.5) Sache des Klägers, die prüffähigen Unterlagen für die Bereitstellung von Ersatzwohnraum vorzulegen, Art. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZwEWG.
33
3. Eine nachträgliche Genehmigung der Zweckentfremdung für die Wohnung Frauenstr 12, 1. OG rechts scheidet ebenfalls aus, da bereits die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 ZeS nicht erfüllt sind, wonach der Ersatzwohnraum im zeitlichen Zusammenhang mit der Zweckentfremdung geschaffen werden muss. Die ehemalige Pension wurde nicht in zeitlichem Zusammenhang als Ersatzwohnraum angeboten, § 7 Abs. 2 Nr. 3 ZeS sondern stammt aus dem Bestand.
34
a) Seit Anfang 2011 wird die ehemalige Pension zimmerweise untervermietet, wobei sich lediglich die Vertragsgestaltung zwischendurch geändert hat, nicht jedoch die Nutzung. Der Kläger hat mit Datum vom 27. März 2013 die Zweckentfremdungsgenehmigung für die hier verfahrensgegenständliche Wohnung Frauen str.12, 1 OG. rechts beantragt (Bl.116 BA). Für den Bestand ohne Umbau in der Frauenhofer str.10, 1.OG Mitte und 2.OG Mitte wurde ein Geschäftsraummietvertrag mit der Isar-WG über die gewerbliche Vermietung der Zimmer vom 23. Februar 2011 vorgelegt, der bis 30. September 2016 befristet war (Bl. 129 BA) und durch einen Rahmenmietvertrag vom 5/17. Januar 2014 mit Wirkung ab 1.1.2013 befristet bis 30.6.2016 geändert wurde (Bl. 230 BA); Ziff. 1 S.4 bestimmt, dass die Nutzung bereits der vorgesehenen Wohngenehmigung entspricht. Da seit Anfang 2011 keine Änderungen baulicher Art oder der Nutzung erfolgte handelt es sich hier um einen Ersatzwohnraum aus dem Bestand und der zeitliche Zusammenhang mit der Zweckentfremdung i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 3 ZeS fehlte bereits bei Antragstellung, die erst zwei Jahre später Anfang 2013 war.
35
b) Im Hinblick auf den Beschluss des BayVGH vom 19.Juli 2021 im Eilverfahren (12 CS 21 507) wird vollständigkeitshalber darauf hingewiesen, dass auch andere Wohneinheiten des Klägers weder im zeitlichen Zusammenhang noch in prüffähiger Form als alternativer Ersatzwohnraum angeboten wurden, weshalb nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung weiterhin die Genehmigungsfähigkeit der Zweckentfremdung fehlt.
36
Ausweislich eines Schreibens des Bevollmächtigten an die Beklagte wurde zwar mit Ergänzungsbescheid vom 30. November 2017 in Abänderung der Baugenehmigung vom 23. Juni 2014 im 2. OG in der Frauenhofer str.10 der zusätzliche Einbau einer Wohnung (Bl. 632 BA) genehmigt. Belege für diese Mitteilung oder prüffähige Unterlagen über einen genehmigten Umbau wurden jedoch weder behauptet noch vorgelegt. Ungeachtet dessen, ob der Kläger diese Umbauten als Ersatzwohnraum für die Büroräumlichkeiten verstanden wissen wollte fehlt ein konkreter Antrag verbunden mit prüffähigen Nachweisen. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung will die Klägerseite auch keinen anderen Wohnraum als Ersatzwohnraum konkret anbieten.
37
Ungeachtet dessen, dass bereits keine prüffähigen Unterlagen für eine andere Wohnung vorliegen fehlt es hier für diese auch an einem zeitlichen Zusammenhang der genehmigten Umbauten mit der Zweckentfremdung, § 7 Abs. 2 Nr.3 ZeS. Soweit durch Nachfragen des Gerichts in Erfahrung zu bringen war sind die mit Baugenehmigungen vom 13. Juli 2017 und vom 30. November 2017 genehmigten Umbauten möglicherweise zumindest teilweise vorgenommen worden, die Angaben der Klägerseite dazu waren wenig konkret. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung sowie der Baumaßnahmen waren jedoch die aufschiebende Bedingung im Bescheid vom 10. März 2016 bestandskräftig und die Jahresfrist von einem Jahr bereits abgelaufen mit der Folge, dass ein Austausch des beauflagten gegen neu angebotenen Ersatzwohnraum mangels Existenz eines Grundverwaltungsakts nicht mehr möglich war. Da hier ein gesetzliches Verbot mit Befreiungsvorbehalt vorliegt war notwendigerweise ein entsprechend geänderter neuer Antrag nötig. Das in den Akten enthaltenen Schreiben vom 25. September 2018 betraf bereits vorhandenen Bestand, weshalb die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte und in der Satzung normierte Voraussetzung eines verlässlichen Angebots von Ersatzwohnraum in zeitlichem Zusammenhang nicht vorlag. Eine nicht näher benannte Wohnung in der Mai straße. wurde nach einem Vermerk in den Akten nicht erstellt (Bl. 165 BA).
38
4. Unabhängig davon ist die jetzige Nutzung der ehemaligen Pension kein Ersatzwohnraum, der dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zu Verfügung steht wie vorher der zweckzuentfremdende Wohnraum, § 7 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 ZeS. Die aktuelle Nutzung der Zimmer der ehemaligen Pension ist keine Wohnnutzung, aufgrund derer von einem beachtlichen Angebot eines Ersatzwohnraums ausgegangen werden kann.
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a) Die Vermietung der Zimmer der ehemaligen Pension erfüllt bereits nicht die Voraussetzung des § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 und Satz 4 ZeS, wonach ein beachtliches Angebot erfordert, dass familiengerechter Wohnraum durch familiengerechten Wohnraum zu ersetzen ist.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, den Angaben der Klägerseite und der klaren Rechtslage kann hier offen bleiben und ist für die Entscheidung unerheblich, ob die befristete Vermietung an einzelne Nutzer als Wohngemeinschaft und damit als Wohnen oder als gewerbliche vorübergehende Unterbringung und damit als Fremdenverkehrsnutzung zu betrachten ist, da in jedem Fall die Untervermietung zimmerweise an Einzelpersonen nicht dem zweckentfremdungsrechtlichen Gebot eines gleichwertigen Wohnraums genügt, der dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zur Verfügung steht wie der zweckentfremdete Wohnraum, § 7 Abs. 2 Nr. 5 Satz1 ZeS. Bei der Wohnung in der Frauenstr 12, 1. OG rechts handelt es sich um eine familiengerechte Vierzimmerwohnung. Bei der als Ersatzwohnraum angebotenen Wohnung in der Fraunhoferstr. 10 handelt es sich um einzelne Zimmer mit einem gemeinsamen Bad, nach den Mietverträgen mit einem Gemeinschaftsraum und ausweislich der Pläne der ehemaligen Pension möglicherweise mit einer Küche, die an sieben bzw. vier Personen vermietet sind. Damit fehlt es an der Eignung als Ersatzwohnraum, zu der als wesentlicher Bestandteil der Beachtlichkeit des Angebots gehört, dass der Ersatzwohnraum dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zur Verfügung stehen muss, wie vorher der zweckentfremdete Wohnraum (BVerfG, U.v.12.3.1982 - 8 C 23/80); d.h. familiengerecht.
41
b) Nicht gefolgt werden kann der Rechtsansicht, dass die Regelung über den Erhalt familiengerechten Wohnraums durch familiengerechten Ersatzwohnraum in § 7 Abs. 2 Nr. 5 Satz 4 ZeS keine Ermächtigungsgrundlage im Zweckentfremdungsgesetz hat und gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verstößt. Sowohl der Wortlaut als auch die Auslegung nach Sinn und Zweck des Zweckentfremdungsgesetzes ergeben unmissverständlich, dass nur der Wohnraumverlust nach Art und Größe auszugleichen ist mit dem Ziel einer gleichwertigen Verfügbarkeit für den Wohnungsmarkt nach den Vorgaben des § 7 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 ZeS. Eine Auslegung dahingehend, dass die durch den Satzungsgeber vorgenommene Zweckbestimmung über die Herstellung einer ausgeglichenen Wohnraumbilanz hinausgeht und nicht mehr von der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gedeckt sein sollte (BayVGH B. v. 19.7.2021 - 12 CS 21.507) übersieht die Wertungen des Art. 14 Abs. 1 Satz1, Satz 2, Abs. 2 GG und entspricht nicht der teilweise Jahrzehnte alten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu angemessenen und verlässlichen Ausgleichsmaßnahmen durch Ersatzwohnraum, die in Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 ZwEWG, § 7 Abs. 1 S.1, Abs. 2 Nr. 5 Satz 4 ZeS ihren Niederschlag gefunden hat.
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5. Die im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach summarischer Prüfung geäußerten Bedenken des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gegen die Rechtsgültigkeit von § 7 Abs. 2 Nr. 5 Satz 4 ZeS haben sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt. Insbesondere ist der Begriff der familiengerechten Wohnung hinreichend bestimmt. Satz 4 konkretisiert den Satz 1 des § 7 Abs. 2 Nr. 5 ZeS, ohne auch nur andeutungsweise gegen Art.14 GG oder sonstiges Verfassungsrecht zu verstoßen. Die Kammer orientiert sich dabei an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach sich das Instanzgericht bei der Anwendung und Auslegung von (auch irrevisiblen) Recht nicht so weit vom zugrunde liegenden Gesetz entfernen darf, dass der Zusammenhang mit dem Gesetz nicht mehr hinreichend erkennbar und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt - auch nicht als richterliche Rechtsfortbildung - verständlich ist (BVerwG, U.v. 18.10.2017 - 4 CN 6.17; B.v. 7. 1. 2008 - 9 B 81.07).
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a) Der Begriff des familiengerechten Wohnraums ist nach dem Wortlaut und im allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig und in der Rechtsprechung seit vielen Jahren geklärt und in sozialrechtlichen Normen gebräuchlich. Traditionell wird unter Familie die Keimzelle der staatlichen Gemeinschaft verstanden (BVerfG, U. v 17.01.1957 - Az.: 1 BvL 4/54). Ausgehend vom traditionellen ebenso wie vom heutigen Begriff der Familie gehören dazu Kinder jeden Alters. Präziser und nach dem allgemeinem Sprachgebrauch ist die Familie eine Lebensgemeinschaft und ein umfassendes Beziehungsverhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern (https://www.juraforum.de/lexikon/familie). Unter Berücksichtigung dieses Familienbegriffs erschließt es sich ohne weiteres, dass eine familiengerechte Wohnung genug Platz und genug Zimmer für eine solche Keimzelle der staatlichen Gemeinschaft haben muss; üblicherweise wird deshalb das Vorhandensein von Kinderzimmern vorausgesetzt. Im Sozial - und Wohnungsrecht ist der Begriff ebenfalls gebräuchlich. § 1 Abs. 1 Wohngeldgesetz und die Wohnstandards im Existenzsicherungsrecht knüpfen für Mehrpersonenhaushalte mit Kindern an die Eignung als familiengerechter Wohnraum an, wonach Wohngeld der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnraums dient (Maurer in MüKo BGB,8. Aufl.2019, § 1578 Rn.573; Berlit/Conradis/Pattar, Existenzsicherungsrecht, 3.Auf. 2019, Rn.47). Zum angemessenen Wohnstandart gehört nach § 22 SGB II auch die Anforderungen an familiengerechten Wohnraum (BVerfG U.v. 6.10.2017 - 1 BvL 2/15 zur Angemessenheit des Bedarfs; Berlit in Münder/Geiger, SGB II,7. Aufl.2021, § 22 Rn. 83). Die Schaffung familiengerechten Wohnraums ist als Vertragsgegenstand städtebaulicher Verträge ausdrücklich genannt (Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, 5.Aufl.2015, Rn.2236) und bei der Quartiersentwicklung im besonderen Städtebaurecht gängig; § 171e BauGB beinhaltet als fehlenden Wohntyp u.a. familiengerechten Wohnraum (Krautzberger/Richter in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2021, § 171e Nr.3.5.). Im Rahmen der Steuerbegünstigung von Wohnraum sind für familiengerechten Wohnraum Mindestgrößen festgesetzt. Begriff und Einzelheiten sind umfangreich in der bis 31. März 2011 geltenden Fassung der VollzBekZwE der Obersten Baubehörde im Bayer Staatsministerium des Innern geregelt, wonach familiengerechte Wohnnutzung 70 qm für zwei und weitere 15 qm für jede weitere Person vorsieht (Vergaberichtlinien der Wohnraumförderungsbestimmungen 2003, Kap.14 Ziff 83 - IMBek v.11.11.2003 Nr.II C 1 - 4700-003/02). Die Tatsache, dass die soziale Wohnraumförderung und Wohnraumversorgung im Laufe der Jahre zurückgedrängt wurde und viele Regelungen deshalb nicht mehr in Kraft sind ändert nichts daran, dass der Begriff des familiengerechten Wohnraums rechtlich weiterhin mit dem eindeutigen Inhalt existiert, dass Platz und ausreichend Zimmer für die als Familieneinheit verbundenen Personen, vor allem für Kinder, vorhanden sein muss.
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b) § 7 Abs. 2 Nr. 5 Satz 4 ZES, wonach familiengerechter Wohnraum nur durch familiengerechten Wohnraum ersetzt werden darf, konkretisiert die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte und in § 7 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 ZeS normierte Voraussetzung, dass Ersatzwohnraum dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zu Verfügung steht wie vorher der zweckzuentfremdende Wohnraum. Die Wohnraumbilanz wird dadurch erhalten, da damit weder eine quantitative noch qualitative überschießende Regelung verbunden ist (BayVGH U.v. 30.5.1990 - 7 B 88.2097; a.A. BayVGH B.v. 19.7.2021 - 12 CS 21.507 aber ohne Begründung, weshalb der Begriff der Wohnraumbilanz in Abweichung zur alten Rechtslage und der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinen qualitativ gleichwertigen Ersatz mehr voraussetzten sollte). Bereits die Auslegung nach dem Wortlaut zeigt durch die doppelte Nennung und grammatikalische Verbindung des familiengerechten Wohnraums als Bestandswohnung und als neue Ersatzwohnung eindeutig, dass bereits wörtlich nur familiengerechter Wohnraum und nichts Anderes gemeint ist.
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c) Eine andere Auslegung dahingehend, dass diese Regelung nicht mehr dem Erhalt des Gesamtwohnraumangebots durch Herstellung einer ausgeglichenen Wohnraumbilanz dient, sondern ein unzulässiges Mittel zur Unterbindung allgemein unerwünschter oder schädlicher Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt darstellt (BayVGH B v.19.7.2021 - 12 CS 21.507), widerspricht bereits dem Wortlaut und ist vermutlich der summarischen Prüfung des Eilverfahrens geschuldet. Es wird vielmehr offensichtlich nur der Status Quo in der Wohnraumbilanz gesichert, wenn familiengerechter Wohnraum wieder nur durch familiengerechten Wohnraum ersetzt werden darf. Eine Wohnraumbewirtschaftung liegt hierbei ersichtlich nicht vor. Eine solche Auslegung ist auch vom Sinn und Zweck des Gesetzes nicht mehr gedeckt, das in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZwEWG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 ZeS nur auf den Ausgleich der Wohnraumbilanz durch ein beachtliches und verlässliches Angebot abstellt. Beachtlich bedeutet anerkennenswert, bedeutsam, nennenswert und ist ein etwas altertümliches Synonym für u.a. beachtenswert, wesentlich, bedeutend („Der deutsche Wortschatz von1600 bis heute“ - DWDS - https://www.dwds.de/wb/beachtlich Stand 8/2021). Unter Berücksichtigung der Bedeutung des Begriffs lassen sich dem Zweckentfremdungsgesetz und der darauf beruhenden Satzung keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Ersatz von familiengerechtem Wohnraum durch familiengerechten Wohnraum nicht mehr dem Ausgleich der ausgeglichenen Wohnraumbilanz dient, sondern darüberhinausgehende Eingriffswirkung in Eigentumsrechte ermöglicht. Die Kriterien für familiengerechten Wohnraum im nicht mehr gültigen Bescheid vom 10. März 2016 (mindesten drei Zimmer, 70 qm, Mindestgröße pro Zimmer 10 qm) sind der Rechtsprechung entnommen, wurden nicht angefochten und haben keinen Niederschlag in den normativen Regelungen der Satzung gefunden.
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d) Der Satzungsgeber war auch berechtigt, im Rahmen der gemeindlichen Gestaltungshoheit beim Erlass von Satzungen eine Konkretisierung des angemessenen und beachtlichen Angebots für Ersatzwohnraum vorzunehmen. Eine solche Konkretisierung ist ohne weiteres vom Ermessensspielraum des Satzungsgebers gedeckt (so bereits BayVGH U.v.30.5.1990 - 7 B 88.2097 zur Vorgängerregelung). Der Gesetzgeber hat es nach dem klaren Wortlaut des Art.1 Abs. 1 Nr. 2 ZwEWG in das Ermessen des Satzungsgebers gestellt, ob er eine Regelung über Ersatzwohnraum als verlässliche und angemessene Ausgleichsmaßnahme trifft. Eine darüber hinaus gehende gesetzliche Vorgabe über die genauere Ausgestaltung des Ersatzwohnraums hat der Gesetzgeber nicht gemacht. Vor dem Hintergrund, dass Art. 1 ZwEWG zu einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt ermächtigt besteht für den Satzungsgeber deshalb ein weiter gestalterischer Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der Befreiungsregelung und darüber, welcher Ersatzwohnraum der gesetzlichen Vorgabe einer angemessenen und verlässlichen Ausgleichsmaßnahme nach Art.2 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 ZwEWG genügt.
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Die Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum unter Berücksichtigung örtlicher Belange gehört auch zu den gemeindlichen Aufgaben, wie z.B. § 171e BauGB für städtebauliche Maßnahmen bei der Quartiersentwicklung anordnet und die Kommunen damit bundesrechtlich verpflichtet, durch bauliche und wohnungswirtschaftliche Maßnahmen das Wohnungsangebot zum Beispiel durch u.a. familiengerechtes und barrierefreies Wohnen zu ergänzen (Krautzberger/Richter in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB § 171e, Stand Feb.2021). Der Erhalt von familiengerechten Wohnraum in Summe bei der bestehenden aktuellen Mangellage gehört deshalb erst recht dazu. Die Bayerische Verfassung normiert in Art. 106 Abs. 1 BV ausdrücklich, dass jeder Bewohner Bayerns Anspruch auf eine angemessene Wohnung hat und Art. 125 Abs. 3 BV enthält als Staatszielbestimmung mit bindendem Charakter für die handlungsbefugten Organe auf Landesebene ein Recht kinderreicher Familien auf „angemessene Fürsorge, insbesondere auf gesunde Wohnungen“ (Burgi: Eigentumsordnung und Wohnungsnot: Spielräume für eine wohnraumbezogene Bodenpolitik NVwZ 2020, 257 mit weiteren Nachweisen).
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e) Auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich verankerten Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art.14 Abs. 2 GG war die Stadt als Satzungsgeber im Rahmen der Erfüllung ihrer kommunalen Aufgaben verpflichtet, den Wohnraumbedarf von Familien zu berücksichtigen, wenn eine Verdrängung vor allem durch irgendwann nicht mehr im Kinderzimmer des Elternhauses wohnende Singles droht.
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Eine solche zweckentfremdungsrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der zur Vermietung bereiten Wohnungseigentümer ist gerechtfertigt. Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt. Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums unterliegt der Gesetzgeber besonderen verfassungsrechtlichen Schranken. Der Eingriff im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Rechte muss durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein (BVerfG B. v. 18.7.2019 - 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18). Der Gesetzgeber muss die Freiheitssphäre der Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der Regelungsauftrag des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG stehen in einem unlösbaren Zusammenhang. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht umso weiter, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung (stRspr BVerfG aaO). Eine solche Inhaltsund Schrankenbestimmung kann durch jede Rechtsnorm, auch durch eine kommunale Satzung erfolgen.
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bestehen unter Berücksichtigung der geringen Intensität, Schwere und Tragweite der Eigentumsbeschränkung keine Zweifel daran, dass die Satzungsregelung, wonach familiengerechter Wohnraum durch solchen zu ersetzen ist, eine Inhalts- und Schrankenbestimmung ist, die durch den Sozialbezug vermieteten Wohnraums gerechtfertigt ist und als marginaler Eingriff in die freie Verfügungsbefugnis über Wohneigentum dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Schließlich wird dem Eigentümer nichts genommen sondern letztlich lediglich eine überschießende Erwerbschance nicht ermöglicht.
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f) Eine Reglung über familiengerechten Wohnraum berücksichtigt das vorbehaltslos gewährleisteten Grundrecht des Art.6 Abs. 1 GG, Schutz der Familie. Der Staat hat die Pflicht, die Familie als Lebensform durch geeignete Maßnahmen zu schützen und zu fördern. Diese Verpflichtung gilt auch für Kommunen, die dies deshalb bei Erlass von Ortsrecht zu berücksichtigen haben. Die Versorgung von Familien mit Wohnraum ist ein Belang, der dem durch das Grundgesetz garantierten Schutz der Familie nach Art. 6 GG als Grundrecht und wertentscheidender Grundsatznorm (Jarass/Pieroth, GG, Art.6 Rn.1,19) dient. Die in der Satzung vorgenommene Regelung über den Ausgleich von Familienwohnraum entzieht kein Eigentum, sondern beschränkt seine Nutzung lediglich inhaltlich in Erfüllung eines verfassungsrechtlichen Gebots.
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6. Ungeachtet dessen, dass die ehemaligen Pensionsräume kein Angebot von familiengerechten Ersatzwohnraum sind ist auch nicht ersichtlich, dass es sich hier bei der zimmerweisen Vermietung an unterschiedliche Personen um eine Wohngemeinschaft oder sonstige gemeinsame Wohnnutzung handelt, auf die das Kriterium einer Heimstatt im Alltag durch gemeinschaftliches Zusammenleben auch nur ansatzweise passen würde.
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Der Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Diese Kriterien müssen diejenigen erfüllen, denen die Unterkunft als Heimstätte dient (BVerwG B. v. 25. 3. 1996 - 4 B 302.95; B. v. 20. 12. 2016 - 4 B 49.16). Maßgeblich für die Erfüllung des Wohnbegriffs sind das Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung (BVerwG a. a. O.). Die Nutzung einer dafür geeigneten Wohnung durch mehrere Personen als Wohngemeinschaft ist eine Wohnnutzung, wenn damit eine gewisse Dauer und eine Verlegung des Lebensmittelpunktes verbunden ist. Davon abzugrenzen ist die Vermietung von einzelnen Zimmern oder Betten, da dann das Gemeinschaftselement fehlt. Bei der davon zu unterscheidenden Fremdenbeherbergung fehlt es an einer Häuslichkeit, die auf Dauer angelegt ist. Denn die Gäste halten sich nach dem Nutzungskonzept und seiner typischen Verwirklichung jeweils allenfalls wenige Wochen in diesen Räumlichkeiten auf (OVG Greifswald U. v. 19. 2. 2014 - 3 L 212/12; OVG Lüneburg U.v.15. 1. 2015 - 1 KN 61/14; VGH Mannheim B. v. 26. 1. 2017 - 5 S 1791/16; Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 24). Maßgeblich ist immer der Einzelfall nach dem Nutzungskonzept des Anbieters und dessen verwirklichter Umsetzung.
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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist trotz eingehender Erörterung und Nachfragen unklar, ob die aktuelle Nutzung durch vier bzw. sieben Mieter die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Wohngemeinschaft erfüllen oder ob es sich um eine Zimmervermietung für einen vorübergehenden Aufenthalt ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes handelt und ob die Räume überhaupt zu einer Eigengestaltung der Haushaltsführung geeignet sind. Die Vermietung erfolgte zunächst durch einen gewerblichen Untervermieter auf der Grundlage von gewerblichen Mietverträgen mit dem Nutzungszweck einer gewerblichen Zimmervermietung und später durch den Kläger selbst durch einen befristeten Mietvertrag für das jeweilige Stockwerk zuerst mit Einzelmietverträgen und dann mit einem gemeinsamen Mietvertrag mit den sieben bzw. vier Mietern der Zimmer. Die Mietdauer ist befristet. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewohner Einfluss auf ihre Mitbewohner haben und ein gemeinschaftliches Leben und Wohnen anstreben oder die Räumlichkeiten dafür haben bestehen keine. Auch der Umstand, dass der Kläger keine Wohnung, sondern alte Pensionszimmer immer wieder befristet mit dem Hinweis auf einen Umbau vermietet, spricht für eine zimmerweise Zwischennutzung und nicht für eine gemeinsame Wohnnutzung. Der mit allen Mietern als Hauptmietern geschlossene Mietvertrag ist ein Indiz, dessen tatsächliche Plausibilität sich in der mündlichen Verhandlung allerdings nicht bestätigt hat. Auf Nachfrage des Gerichts konnte der Mitarbeiter des Klägers keine Angaben zu der Zahl der Zimmer pro Einheit machen und wusste nicht, ob tatsächlich Gemeinschaftsräumlichkeiten vorhanden sind, die ein für die WG - Nutzung typisches Element der gemeinsamen Wohnnutzung darstellen (BayVGH B. v. 5.5.2021 - 12 CS 21.564). Im Lageplan ist zwar im 1. OG ein Frühstückszimmer eingezeichnet, dies galt aber für die Nutzung als Pension. Da der jeweilige Mietvertrag lediglich Gemeinschaftsraum, Bad, Flur, WC und sonstige aufzählt (z.B. Mietvertrag für das 1.OG. links und Mitte, Bl. 265 BA) ist auch nach der mündlichen Verhandlung offen, ob es die im Lageplan der Pension eingezeichneten kleinen Küchen tatsächlich gibt. Nach dieser Sachlage und vor dem Hintergrund einer Vermietung der Pensionszimmer ab 2011 ohne Umbaumaßnahmen hat sich nach Aktenlage, dem Vortrag der Beteiligten und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung die objektive Eignung zu Wohnzwecken durch eine Wohngemeinschaft oder sonstige gemeinsame Wohnformen nicht bestätigt.
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7. Die sonstigen rechtlichen Bedenken des Klägers gegen die Wirksamkeit der zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung teilt die Kammer nicht. Es ist seit Jahrzehnten ständige Rechtsprechung und höchstrichterlich geklärt, dass für Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, Zweckentfremdungssatzungen auf der Grundlage von Gesetzen über Verbote von Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen werden können. Es bedarf keiner Diskussion, dass die Stadt München zu den Großstädten gehört, in denen diese Voraussetzung vorliegt.
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Soweit der Kläger sich in seinem Grundrecht auf Eigentum, Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sieht, wird auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentumes, Art. 14 Abs. 2 GG hingewiesen. Der Einwand des Klägers, die Regelung verstoße gegen das Übermaßverbot und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, ist nicht stichhaltig. Es ist nicht erkennbar, wieso es gegen das Übermaßverbot verstoßen sollte, wenn wie vom Kläger beantragt, im Ergebnis Wohnraum in Gewerbe (Frauenstr. 12 1. Obergeschoß) und Gewerbe in Wohnraum (Frauen str.10, 1. und 2. Obergeschoß) umgeändert und im Grunde getauscht wird. Die aufschiebende Bedingung der Zweckentfremdungsgenehmigung entsprach genau dem Angebot des Klägers, so dass unklar ist, warum das Rechtsstaatsprinzip betroffen sein sollte, wenn der Kläger die beantragte Änderung von Pension zu Wohnungen nicht verwirklicht.
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Soweit vorgetragen wird, dass bereits formelle Verfassungswidrigkeit des Zweckentfremdungsgesetzes und damit auch keine Satzungskompetenz der Beklagten vorliegt, vermengt der Kläger die unterschiedlichen Regelungsgegenstände des Bauplanungsrechts und des Zweckentfremdungsrechts unter Heranziehung verfassungsrechtlicher Bedenken zur Mietpreisbindung. Im Gegensatz zum Baurecht, das verfassungsrechtlich dem Bodenrecht zuzuordnen ist, gehört das Zweckentfremdungsrecht nach der gesamten Systematik sowie der normativ-rezeptiven Zuweisung (Seiler in Etting/Hillgruber, BeckOK GG Art. 70 Rn.15, Stand 15.11.2020) anhand der historischen Entwicklung und Entstehungsgeschichte als Bestandteil der Wohnraumbewirtschaftung auch nach der Föderalismusreform weiterhin zum Wohnungswesen in der Gesetzgebungskompetenz der Länder, Art. 70, 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, da der Verfassungsgeber eine ausgeformte Rechtsmaterie vorgefunden und tatbestandlich aufgegriffen hat. Dies war auch der Wille des Bundesverfassungsgebers, der eine abschließende Aufzählung in Art .74 Abs. 1 Nr. 18 GG vorgenommen hat (Wortlaut und BT-Drs. 16/813, Begründung Besonderer Teil S. 13). Zweckentfremdung ist darüberhinaus bereits begrifflich nicht mit Mietpreisbindung gleichzusetzen.
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8. Die Beklagte hat zurecht den Kläger als Vermieter und Nutzungsberechtigten und damit als Zustandsstörer in Anspruch genommen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Wohnsituation sind die Ausführungen dazu zutreffend. Da der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklicht wurde, ist die Beklagte zutreffend von einem eingeschränkten Entschließungsermessen ausgegangen.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m §§ 708 ff. ZPO.