Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 31.08.2021 – AN 15 K 20.00927
Titel:

Kein Mietzuschuss bei durch Grundsicherung gedecktem Bedarf

Normenkette:
WoGG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 3 Nr. 2
Leitsatz:
Wenn der Bedarf einer Person durch die tatsächlich geleistete Grundsicherung gedeckt ist, kommt der Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 WoGG nicht zur Anwendung. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohngeld, Mietzuschuss, Bedarf, Grundsicherung
Fundstelle:
BeckRS 2021, 26525

Tenor

1. Soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin ein Zwölftel und die Beklagte elf Zwölftel. Gerichtskosten werden nicht erhoben.  

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Zahlung von Wohngeld in Form eines Mietzuschusses.
2
Mit formblattmäßigen Weiterleistungsantrag vom 11. November 2019, bei der Beklagten eingegangen am 12. November 2019 beantragte der Betreuer der ledigen Klägerin, ihr Vater, für diese die fortgesetzte Bewilligung von Wohngeld in Form eines Mietzuschusses. Die Klägerin, die zu 100 Prozent schwerbehindert und Bezieherin einer Erwerbsminderungsrente ist, bewohnt ein Einzelzimmer in einem Wohnheim der Lebenshilfe … in der … in … Für dieses Zimmer wurden der Klägerin seit dem 1. Januar 2020 ein monatliches Entgelt in Höhe von 494,70 Euro (darin 38,45 Euro allgemeine Betriebskosten, 58,26 Euro Heizkosten, 46,61 Euro Haushaltsstrom und 2,68 Euro Gebühren für Telekommunikation, Rundfunk, TV und Internet) berechnet. Die Klägerin hat überdies für Betreuung und Pflege und für Leistungen des Lebensunterhaltes weitere Entgelte an die Lebenshilfe … zu leisten, so dass sich das Gesamtentgelt auf 189,96 Euro pro Tag summiert (vgl. Bl. 126/127 d. Behördenakte). Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern wurde die Erwerbsminderungsrente der Klägerin mit Wirkung zum 1. Juli 2019 auf 852,56 Euro brutto (Zahlbetrag nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen: 756,66 Euro) festgesetzt. Mit Bescheid des Bezirks Oberfranken vom 13. Januar 2020 wurden der Klägerin Leistungen nach den Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zur Grundsicherung bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis 31. Januar 2020 in Höhe von 949,83 Euro und für die Zeit vom 1. Februar 2020 bis 31. Dezember 2020 in Höhe von 193,17 Euro monatlich gewährt. Aus den Berechnungsbögen zur Grundsicherung nach dem SGB XII, die der Wohngeldstelle der Beklagten vom Bezirk Oberfranken mit Schreiben vom 14. April 2020 übersandt worden waren (Bl. 138 ff. d. Behördenakte), wird ersichtlich, dass bei der Grundsicherungsberechnung für den Monat Januar 2020 das von der Klägerin bei ihrem sozialhilferechtlichen Bedarf in Abzug zu bringende, einzusetzende Einkommen mit „0 Euro“ bemessen war. Dagegen wurde in der Berechnung der Grundsicherung ab dem Monat Februar 2020 hier der Zahlbetrag der Erwerbsminderungsrente der Klägerin in Höhe von 756,66 Euro in Abzug gebracht. Aus den Unterlagen zu den Wohngeldleistungsanträgen, die jeweils vom Bezirk Oberfranken bis zum Bewilligungszeitraum 2019 für die Klägerin von Amts wegen gestellt worden waren, wird ersichtlich, dass der Zahlbetrag der Erwerbsminderungsrente jeweils an den Bezirk übergeleitet worden war (Bl. 14, 40, 68 u. 94 d. Behördenakte). Zuletzt erfolgte die Zahlung der Erwerbsminderungsrente an den Bezirk Ende des Monats Dezember 2019.
3
Bis zum Weiterleistungsantrag vom 11. November 2019 war Wohngeld für die Klägerin jeweils durch den Bezirk Oberfranken gestellt und das bewilligte Wohngeld durch diesen direkt vereinnahmt worden. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2019 teilte der Bezirk Oberfranken dem Betreuer der Klägerin mit, dass diese Möglichkeit aufgrund der 3. Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr bestehe. Weiter teilte der Bezirk in seinem Schreiben mit, dass aufgrund des Nachrangs der Sozialhilfe Wohngeld weiter zu beantragen und auf die gewährten Leistungen nach dem SGB XII anzurechnen sei.
4
Mit Bescheid vom 27. April 2020, zur Post gegeben am 28. April 2020, lehnte die Beklagte den Wohngeldantrag vom 11. November 2019 für die Zeit ab dem 1. Januar 2020 ab. In den Gründen zum Bescheid führte die Beklagte unter Darlegung einer Wohngeldberechnung aus, dass der ermittelte Mietzuschuss 277,00 Euro monatlich betrage. Nach vorliegender Berechnung würde dem Haushalt der Klägerin Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 949,83 Euro zustehen. Der Bedarf nach dem SGB XII könne durch das eigene Einkommen inklusive Wohngeld nicht gedeckt werden, so dass der Wohngeldantrag nach § 7 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes (WoGG) abzulehnen sei.
5
Mit weiterem Bescheid vom 27. April 2020, ebenfalls am 28. April 2020 zur Post gegeben, wurde auch die Bewilligung von Wohngeld für den Zeitraum ab 1. Februar 2020 abgelehnt. Im Bescheid ging die Beklagte von einer monatlichen Leistungsgewährung nach SGB XII in Höhe von 336,81 Euro aus. Im Übrigen erfolgte die Ablehnung mit derselben Begründung.
6
Mit bei Gericht am 15. Mai 2020 eingegangenem Schriftsatz vom 12. Mai 2020 ließ die Klägerin durch ihren Betreuer gegen die ablehnenden Bescheide der Beklagten Klage erheben. Es wurde unter Vorlage eines Schreibens der Lebenshilfe … mitgeteilt, dass das ab dem 1. März 2020 von der Klägerin zu zahlende Entgelt für die Wohnraumüberlassung monatlich 563,87 Euro betrage, was bei der Berechnung zu berücksichtigen sei. Die Klägerin fühle sich durch die streitbefangenen Bescheide der Beklagten diskriminiert. Die Diskriminierung sei zu beseitigen, auch durch Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,00 Euro an die Lebenshilfe … Weiter ließ die Klägerin mitteilen, dass sich ihre monatlichen Einnahmen aus ihrer Erwerbsminderungsrente in Höhe von 756,55 Euro sowie der Leistung aus der Grundsicherung in Höhe von 193,17 Euro und einem Taschengeld als Barbetrag von 80,78 Euro zusammensetzten. Dem stünden Ausgaben für Miete und Verpflegung in Höhe von 794,45 Euro, Mittagessen in Höhe von 64,69 Euro und Bankgebühren in Höhe von 10,00 Euro monatlich gegenüber.
7
Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2020 erwiderte die Beklagte und teilte mit, dass der Bescheid vom 27. April 2020 für die Zeit ab 1. Februar 2020 aufgehoben und der Klägerin Wohngeld als Mietzuschuss von monatlich 277,00 Euro bewilligt worden sei (vgl. auch Bl. 176, 183 ff. d. Behördenakte). Einer etwaigen Erledigungserklärung der Klägerseite werde vorab zugestimmt. Soweit noch der Zeitraum Januar 2020 streitgegenständlich sei, sei die Klage unbegründet. Die Klägerin habe für diesen Monat aufgrund von Übergangsvorschriften zur 3. Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes einen Leistungsanspruch in Höhe von 949,83 Euro nach dem SGB XII gegenüber dem Bezirk Oberfranken. Damit sei die Klägerin vom Wohngeld gemäß § 7 Abs. 1 WoGG ausgeschlossen gewesen.
8
Mit Schriftsatz vom 10. Juli 2020 nahm der Betreuer der Klägerin hierzu Stellung. Die Klägerin habe im Jahr 2019 Wohngeld bezogen und auch ab Februar 2020. An den Grundlagen des Beziehungsrechts habe sich nichts geändert. Der verbleibende Barbetrag werde im Gegenteil durch das sog. Teilhabegesetz um ca. zehn Prozent durch Gebühren vermindert. Auf Grund der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2020 werde zwischen Pflege und Lebensunterhalt strikt getrennt. Für den Lebensunterhalt sehe das neue Gesetz vor, dass ein eigenes Konto bei einer Bank einzurichten sei, da alle Zahlungen ab dann nicht mehr über den Bezirk abgewickelt würden. Die Erwerbsminderungsrente sei aber noch zum Zahltag 31. Dezember 2019 zum Bezirk geleistet worden, so dass der Bezirk im Januar 2020 nur wie in den Folgemonaten 193,17 Euro gezahlt habe. Das System diskriminiere behinderte Menschen, wofür die Beklagte verantwortlich sei. Die Zahlung eines Schmerzensgeldes werde daher auch weiter beantragt.
9
Nach Hinweis des Gerichts teilte die Klägerin über ihren Betreuer mit Schriftsatz vom 25. Januar 2021 sinngemäß mit, es werde noch die Zahlung von Wohngeld für Januar 2020 begehrt. Der Weiterleistungsantrag sei rechtzeitig gestellt worden. Es sei ersichtlich, dass hier ein Monat als Leistungen eingespart werden solle. Es bestehe eine Lücke in den Wohngeldzahlungen.
10
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung beantragen lassen:
Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2020, mit dem der Wohngeldantrag für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Januar 2020 abgelehnt wurde, wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Wohngeld für diesen Zeitraum in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
11
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
Mit Beschluss der Kammer vom 22. Februar 2021 wurde der Streitgegenstand der Zahlung von 10.000,00 Euro abgetrennt und unter dem Aktenzeichen AN 15 K 21.00315 fortgeführt. Mit weiterem Kammerbeschluss vom 12. Mai 2021 wurde im abgetrennten Verfahren der Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen.
13
Mit Beschluss der Kammer vom 17. Juni 2021 wurde der Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien auf den Einzelrichter übertragen.
14
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien, des Gangs des behördlichen und des gerichtlichen Verfahrens wird auf die Gerichtsakten (AN 15 K 20.00927 und AN 15 K 21.00315) sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Wohngeldakte der Klägerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

15
1. Soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wobei die nicht anwaltlich vertretene Klägerseite dies im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 25. Januar 2021 in Auslegung der dort abgegebenen Stellungnahme erklärt hat (vgl. Clausing, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsgerichtsordnung, 40. EL Februar 2021, VwGO § 161 Rn. 15) und der Klägerbevollmächtigte auch in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts erklärt hat, in Streit stehe nur noch das Wohngeld für den Monat Januar 2020, war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend). Eine Einstellung bei nur teilweiser Erledigung des Rechtsstreits kann dabei auch im Urteilstenor erfolgen und bedarf keines gesonderten Beschlusses (Rennert, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Aufl. 2019, VwGO § 92 Rn. 24).
16
2. Die ansonsten zulässig erhobene Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht für den Monat Januar 2020 kein Wohngeld in Form eines Mietzuschusses zu, so dass die als Versagungsgegenklage statthafte Klage abzuweisen war (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
17
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht auf die Gründe des angefochtenen Bescheids vom 27. April 2020 Bezug und macht sich diese für die Entscheidungsgründe dieses Urteils zu eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
18
Ergänzend ist noch auszuführen, dass die Änderung der Rechtslage aufgrund des Artikels 26 Abs. 4 des Bundesteilhabegesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) mit Wirkung zum 1. Januar 2020 im Hinblick auf die Reformierung des Leistungsrechts für Menschen mit Behinderungen auch rechtliche Auswirkungen bezogen auf Wohngeldleistungen mit sich brachten und nicht lediglich - wie der Klägerbevollmächtigte annimmt - eine Verschiebung der Leistungsmodalitäten, etwa in Bezug auf Auszahlung von Geldleistungen an einen bestimmten Empfänger, erfolgt ist. Die bisher für in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe lebende Menschen mit Behinderungen von den Trägern der Sozialhilfe finanzierten und erbrachten sog. „Komplexleistungen“ nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) werden seit dem 1. Januar 2020 bei erwachsenen Menschen mit Behinderungen in der Regel in behinderungsbedingte Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Teil 2 (sog. Fachleistungen) und in existenzsichernde Leistungen nach dem SGB XII (u.a. Regelsatz, Bedarfe für Unterkunft und Heizung) getrennt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX Teil 2 (bisher im 6. Kapitel SGB XII verankert) werden damit nicht mehr abhängig von der Wohnform, sondern personenzentriert erbracht. Infolgedessen wurde auch die bisherige Aufgliederung in ambulante, teilstationäre und vollstationäre Leistungen zum 1. Januar 2020 aufgegeben (vgl. Bundesministerium der Finanzen, BMF-Schreiben v. 24.3.2020 - Az. III C 3 - S 7172/19/10002 - DStR 2020, S. 658). Im Hinblick auf die Gewährung von Wohngeld ist damit nunmehr zu prüfen, ob ein Wohngeldausschluss aufgrund des Bezugs einer vorrangigen Transferleistung, die auch der Sicherung der Unterkunftskosten dient, gemäß § 7 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) besteht. Soweit der Klägerbevollmächtigte argumentiert, der Klägerin stehe Wohngeld für Januar 2020 schon deswegen zu, weil die Klägerin solches auch zuvor, d.h. im Jahr 2019 erhalten habe, verkennt er insoweit die geänderte Rechtslage. Es mag sein, dass die Klägerin im Jahr 2019 deshalb wohngeldberechtigt war, weil die übrigen ihr zukommenden Leistungen, die durch den Bezirk Mittelfranken verwaltet und ausgezahlt wurden, als „Komplexleistung“ nach früherem Teilhaberecht nicht unter einen der Ausschlusstatbestände des § 7 Abs. 1 WoGG zu fassen waren. Entscheidend ist für den hier noch streitgegenständlichen Monat Januar 2020 aber auf die Rechtslage ab Inkrafttreten der weiteren Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes mit Wirkung zum 1. Januar 2020 abzustellen, da sich aus dem Bundesteilhabegesetz oder dem Wohngeldgesetz keine für die Klägerin im Sinne ihres Klagebegehrens günstigeren Übergangsvorschriften ergeben.
19
Im vorliegenden Fall besteht ein Ausschluss vom Bezug von Wohngeld für die Klägerin im Monat Januar 2020 aufgrund der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WoGG. Nach dieser Vorschrift sind nicht wohngeldberechtigt Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, wenn bei deren Berechnung Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden sind. Das ist ausweislich des vom Bezirk Mittelfranken an die Beklagte übersandten Bogens über die Berechnung von Grundsicherung für den Monat Januar 2020 der Fall (vgl. Bl. 138 - 140 d. Wohngeldakte).
20
Es greift auch nicht zu Gunsten der Klägerin ein „Ausschluss vom Ausschluss“ gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 WoGG. Danach besteht der Ausschluss trotz eines Bezugs einer der in § 7 Abs. 1 Satz 1 WoGG genannten Leistungen nicht, wenn 1. die Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ausschließlich als Darlehen gewährt werden oder 2. durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, des § 19 Abs. 1 und 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder des § 27a des Bundesversorgungsgesetzes vermieden oder beseitigt werden kann und a) die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 7 während der Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung von Grund und Höhe dieser Leistungen noch nicht erbracht worden sind oder b) der zuständige Träger eine der in Satz 1 Nr. 1 bis 7 genannten Leistungen als nachrangig verpflichteter Leistungsträger nach § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch erbringt. Für eine darlehensweise Gewährung der Grundsicherung für den Monat Januar 2020 durch den Bezirk Mittelfranken ist nichts vorgetragen oder ersichtlich. Die Hilfsbedürftigkeit der Klägerin konnte in diesem Monat darüber hinaus bereits vollständig durch die Grundsicherung beseitigt werden, so dass es dazu nicht kumulativ der Wohngeldzahlung für die Beseitigung einer Hilfsbedürftigkeit bedurfte. Wohngeld dient gemäß § 1 Abs. 1 WoGG der Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens, nicht aber der Sicherung sonstiger sozialer Bedürfnisse. Seine Inanspruchnahme erwiese sich als missbräuchlich, wenn seine Gewährung zur wirtschaftlichen Sicherung des angemessenen und familiengerechten Wohnens tatsächlich nicht notwendig ist (BVerwG, U.v. 18.4.2013 - 5 C 21/12 - NVwZ-RR 2013, S. 719). Der Klägerin wurde im Monat Januar 2020 unwidersprochen durch den Bezirk Mittelfranken Leistungen der Grundsicherung in Höhe von 949,83 Euro bewilligt und ausgezahlt. Damit ist der sozialhilferechtliche Bedarf der Klägerin im Monat Januar 2020 vollständig gedeckt. Dieser setzt sich zusammen aus den Kosten für die Unterkunft in Höhe von 494,70 Euro (vgl. Bl. 126/127 d. Wohngeldakte), dem sozialhilferechtlichen Regelsatz für einen volljährigen Menschen in einer Einrichtung im Sinne des SGB XII (Regelbedarfsstufe 2 für das Jahr 2020 in Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes) in Höhe von 389,00 Euro und einem Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII in Höhe von 66,13 Euro (17 Prozent vom Regelbedarf). Dem gegenüber sind die Kosten für die durch die Lebenshilfe … in Rechnung gestellte Verpflegung der Klägerin, ihrer Betreuung und Pflege und für das Führen eines eigenen Bankkontos dem Grunde nach aus dem sozialhilferechtlichen Regelbedarf zu decken, soweit im Hinblick auf die Verpflegung nicht ein Mehrbedarfszuschlag nach § 42b Abs. 2 SGB XII oder ein sonstiger Mehrbedarf nach § 42b Abs. 1 SGB XII zu leisten ist. Ein solcher Mehrbedarf ergibt sich aus dem Berechnungsbogen zur Grundsicherung des Bezirkes Mittelfranken für den Monat Januar 2020 nicht. Da die Mittagsverpflegung der Klägerin ausweislich des vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten Schreibens der Lebenshilfe … ab dem 1. Januar 2020 ein Angebot der Lebenshilfe an die bei ihr wohnenden Menschen darstellt, hätte es insoweit zumindest näheren Sachvortrags der Klägerseite bedurft, dass dieses Angebot auch tatsächlich im Januar 2020 angenommen wurde. Mit der tatsächlich geleisteten Grundsicherung für Januar 2020 in Höhe von 949,83 Euro ist der Bedarf der Klägerin damit gedeckt, so dass der Ausschlussgrund nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 WoGG nicht zur Anwendung kommt.
21
Für den vorliegenden Streitgegenstand gänzlich unerheblich ist, dass zum einen eine Erhöhung des Wohnentgeltes, das die Klägerin an die Lebenshilfe … zu zahlen hat, mit Wirkung zum 1. März 2020 eingetreten ist und zum anderen, dass der Bezirk Mittelfranken auch noch nach dem Januar 2020 Leistungen der Grundsicherung bewilligt hat, die jedoch in der Folge mit Ablauf des Monats Mai 2020 eingestellt wurden (vgl. Bl. 180 d. Wohngeldakte).
22
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich als gemischte Kostenentscheidung (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO) einmal aus § 154 Abs. 1 VwGO, soweit die Klage noch aufrechterhalten wurde und die Klägerin unterlegen ist und zum anderen aus § 161 Abs. 2 VwGO als Ermessensentscheidung des Gerichts, soweit das Verfahren erledigt ist. Hierbei war der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Da sich die Beklagte hinsichtlich der Aufhebung ihres Bescheids vom 27. April 2020 für den Bewilligungszeitraum ab 1. Februar 2020 in die Rolle des Unterlegenen begeben hat und das erledigende Ereignis in ihre Verantwortungssphäre fällt (vgl. Bl. 176 d. Wohngeldakte sowie die Gründe des Aufhebungs- und Bewilligungsbescheides vom 26. Mai 2020), entspricht es billigem Ermessen, sie insoweit mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Ausgehend vom ursprünglich mit der Klage angebrachten Streitgegenstand, der die Leistung von Wohngeld für den regelmäßigen Bewilligungszeitraum über zwölf Monate umfasste, entspricht das Verhältnis von Obsiegen zu Unterliegen daher der ausgeurteilten Kostenquote in Zwölftel-Teilen.
23
Gerichtskosten werden gemäß § 188 VwGO in wohngeldrechtlichen Streitigkeiten nicht erhoben (BVerwG, U.v. 23.4.2019 - 5 C 2/18 - NVwZ-RR 2019, S. 1002).