VG Würzburg, Urteil v. 08.07.2021 – W 5 K 19.784
Titel:

Ablehnung einer beantragten Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften

Normenkette:
BayBO Art. 27, Art. 28, Art. 47, Art. 48, Art. 59 S. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 2
Leitsatz:
Die Bauaufsichtsbehörde kann weitgehend frei entscheiden, ob sie von der Ablehnungsbefugnis, die ihr Art. 68 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BayBO eröffnet, Gebrauch macht oder nicht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung, Rechtsschutzbedürfnis, Ablehnung der Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften, brandschutzrechtliche Anforderungen, Barrierefreiheit, Stellplatznachweis
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 29.11.2021 – 9 ZB 21.2368
Fundstelle:
BeckRS 2021, 25841

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahren.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.  

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die 3. Planänderung betreffend ein Mehrparteienhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. …9 der Gemarkung W., … straße … in W. (Baugrundstück).
2
1. Der Kläger ist Miteigentümer (Rampengeschoss/Rampengalerie) und Vertreter der Eigentümergemeinschaft des Gebäudes auf dem Baugrundstück. Mit Baugenehmigungen vom 14. April 2011, 31. Juli 2012 und 30. Januar 2013 genehmigte die Beklagte dem Kläger das Vorhaben "Umbau und Sanierung mit Nutzungsänderung von Labor- und Büronutzung zu Wohnnutzung (17 Wohneinheiten) und Büronutzung mit Erweiterungsbau im Dachgeschoss und Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems" sowie zwei Planänderungen auf dem Baugrundstück. Der zuletzt genehmigte Stand der Planungen sieht im 1. und 2. Kellergeschoss Kellerabteile und Technik- und Heizungsräume sowie einen Lagerraum mit Fahrradstellplätzen vor. Im Rampengeschoss/Rampengalerie wurden zuletzt sechs Wohnungen genehmigt. Im Erdgeschoss sind acht Wohnungen vorgesehen, im 1. Obergeschoss drei Wohnungen sowie Räume für die Hausverwaltung und im 2. und 3. Obergeschoss jeweils drei Wohnungen sowie Büroräume. Im Dachgeschoss ist nach der Errichtung eines neuen Anbaus eine Nutzung mit drei Wohnungen und Dachterrasse genehmigt. Nach allen drei Bauanträgen des Klägers sollte der Brandschutznachweis des der Gebäudeklasse 5 zuzuordnenden Gebäudes bauaufsichtlich geprüft werden. Der damalige Architekt des Klägers legte der Beklagten - ebenfalls unter Einstufung des streitgegenständlichen Gebäudes in die Gebäudeklasse 5 - jeweils Brandschutzkonzepte vom 20. September 2010, vom 2. Dezember 2012 und vom 26. November 2012 (1. Fortführung) vor. Mit der brandschutztechnischen Stellungnahme des Amtes für Zivil- und Brandschutz vom 14. März 2011 sowie den brandschutztechnischen Kurzprüfungen vom 23. April 2012 und vom 10. Dezember 2012 wurde das Bauvorhaben bei Festsetzung bestimmter Auflagen als brandschutztechnisch unbedenklich gewertet bzw. festgestellt, dass keine gravierenden Mängel bezüglich des Brandschutzes erkennbar sind. Von den insgesamt erforderlichen 23 Pkw-Stellplätzen können nach der zuletzt erteilten Baugenehmigung vom 30. Januar 2013 16 Stellplätze auf dem Baugrundstück selbst nachgewiesen werden, die übrigen sieben Stellplätze werden abgelöst (Ziffer 2052 des Bescheids). Weder für die 1. Planänderung noch für die 2. Planänderung befindet sich die Baubeginnsanzeige oder die Anzeige der Nutzungsaufnahme in den Behördenakten. Eine Schlussbegehung durch die Beklagte erfolgte nicht. Das Baugrundstück befindet sich im Geltungsbereich des Baulinienauflageplans für die …- und A. … straße sowie südl. Teil der R. … Straße vom 8. September 1954 und 25. Februar 1959.
3
Anlässlich einer Baukontrolle am 20. Dezember 2016 stellte die Beklagte fest, dass im streitgegenständlichen Gebäude insgesamt 75 Wohneinheiten errichtet wurden (1. Kellergeschoss: 15 Wohneinheiten; Rampengeschoss/ Rampengalerie: 23 Wohneinheiten und 2 Lagerräume mit einem Deckendurchbruch in das 1. Kellergeschoss; Erdgeschoss: 15 Wohneinheiten; 1. Obergeschoss: plangemäß 3 Wohneinheiten und Büro; 2. Obergeschoss: plangemäß 3 Wohneinheiten und Büro, 3. Obergeschoss: plangemäß 3 Wohneinheiten und Büro; Dachgeschoss: 13 Wohneinheiten). Im Erdgeschoss sei unter anderem der zweite Flucht- und Rettungsweg für die vier Wohneinheiten der westlichen Gebäudehälfte auf Seiten der A. … straße nachzuweisen, weil hier eine vorgesetzte, geschlossene Glasfassade mit einer Durchgangsbreite von 38 cm bis 54 cm verbaut sei und der Durchgang aufgrund von gelagerten Gegenständen nicht nutzbar sei. Zudem sei der Ausgang zum Parkdeck durch ein Fenster mit den Maßen 50 cm x 80 cm nicht ausreichend. Der Kläger habe angegeben, dass der zweite Flucht- und Rettungsweg des 1. Kellergeschosses über eine selbstgebaute Holzleiter durch ein Fenster mit den Maßen 50 cm x 60 cm sichergestellt sei. Das 2. Kellergeschoss sei ebenfalls mittels Stahlblechprofilen und Gipsplatten in zwölf einzelne Räume unterteilt worden. Die Verlegung von Versorgungsleitungen für Wasser, Strom und Heizung sei zu erkennen. Derzeit werde ein Teil der Räume als Schlafzimmer für die Wohneinheiten des 1. Kellergeschosses genutzt. Jeder Raum sei mit einer Zimmertüre über das 2. Kellergeschoss oder/und über eine wohnungsinterne Holztreppe durch den geschaffenen Deckendurchbruch zum 1. Kellergeschoss zu erreichen. Eine Frischluftzufuhr bzw. Tageslichteinfall sei nicht zu erkennen. Der zweite Flucht- und Rettungsweg im 2. und 3. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss sei nachzuweisen, weil zum Teil aufgrund der vorhandenen Brüstung das Anleitern der Feuerwehr nicht gewährleistet sei. Im Übrigen wird auf den Kontrollbericht vom 20. Dezember 2016 verwiesen.
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Mit Bescheid vom 23. Juni 2017 untersagte die Beklagte es dem Kläger, die Räume im 1. und 2. Kellergeschoss zum Zwecke des Wohnens selbst zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen. Im Übrigen beantragte der Kläger mit Bauantrag vom 6. Oktober 2017, bei der Beklagten eingegangen am 17. Oktober 2017, die Erteilung einer Baugenehmigung für das planabweichend errichtete bzw. genutzte Rampen-, Erd- und Dachgeschoss (3. Planänderung; 1. Kellergeschoss: 38 weitere Fahrradstellplätze; Rampengeschoss/ Rampengalerie: 23 Einzimmerapartments; Erdgeschoss: 4 WG-Wohnungen mit jeweils 2 Zimmern und 8 Einzimmerapartments; Dachgeschoss: 2 WG-Wohnungen mit 4 und 9 Zimmern).
5
Eine bauaufsichtliche Kontrolle am 12. Oktober 2017 ergab, dass die Wohneinheiten im 1. Kellergeschoss und die Räume im 2. Kellergeschoss geräumt worden waren. Die Wohneinheiten Nrn. .2 bis .3 des 1. Kellergeschosses (Plan Begehung vom 20.12.2017) seien mit einem Zugang mittels Deckendurchbruch (je ca. 1,60 m x 0,70 m bzw. einer im östlichen Gebäudebereich mit den Maßen ca. 3 m x 1 m) ins 2. Kellergeschoss ausgestattet. Der zweite Flucht- und Rettungsweg der Wohnungen im Erdgeschoss seitens der A. … straße, der entlang der Festverglasung führe, sei entrümpelt worden und 38 cm bis 54 cm breit, der Ausgang auf der östlichen Gebäudeseite weise nun eine Größe von 46 cm x 1,43 m auf. Das Dachgeschoss habe nicht begangen werden können, weil die Zugangstüre zum Treppenhaus, die sich im Verlauf des ersten Flucht- und Rettungsweges aus dem Dachgeschoss befinde, verschlossen gewesen sei. Das Treppenhaus besitze keine Rauchableitung an oberster Stelle. Stattdessen habe der Kläger auf eine Fenstertüre, die vom letzten Treppenpodest auf den umlaufenden Balkon des Dachgeschosses führe, verwiesen und versichert, dass diese immer offen stehen würde. Im Übrigen wird auf den Kontrollbericht vom 12. Oktober 2017 verwiesen. Mit Schreiben vom 5. Februar 2018 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass alle Wohnungen des streitgegenständlichen Gebäudes seit langem genutzt würden, ohne dass bislang ein Brandschutznachweis vorliege, der alle erforderlichen Kriterien nach dem Bauordnungsrecht im Sinne eines Gesamtkonzeptes hinsichtlich des Brandschutzes zusammenführe. Solange die Bescheinigungen Brandschutz I und Brandschutz II nicht vorlägen, könne nicht ausgeschlossen werden, dass im Gefahrenfall Leib und Leben und Gesundheit von Menschen gefährdet seien. Ein entsprechendes Schreiben ließ die Beklagte auch den Miteigentümern des streitgegenständlichen Objekts zukommen.
6
Mit Bescheid vom 20. August 2018 verpflichtete die Beklagte den Kläger, die Bescheinigung Brandschutz I als Nachweis eines Prüfsachverständigen über die Prüfung des Brandschutznachweises, welcher die planabweichende, bislang nicht genehmigte Bauausführung der 3. Planänderung abbildet, vorzulegen. Weiter wurde der Kläger verpflichtet, durch schriftliche Erklärung eines Prüfsachverständigen für Brandschutz in Form einer vorläufigen Bescheinigung zur vorzeitigen Aufnahme der Nutzung nachzuweisen, dass die bereits stattfindenden Wohnnutzungen, wie sie mit der 3. Planänderung beantragt sind, zum gegenwärtigen Zeitpunkt in brandschutztechnischer Sicht unbedenklich sind. Der Kläger legte keinen der geforderten Nachweise vor. Die Klage gegen einen zweiten Zwangsgeldbescheid vom 13. November 2018 (Az.: W 5 K 18.1602) wurde aufgrund einer Klagerücknahme am 9. Juli 2020 eingestellt.
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2. Im Bauantrag zur 3. Planänderung vom 6. Oktober 2017, eingegangen bei der Beklagten am 17. Oktober 2017, wurde das streitgegenständliche Gebäude wiederum der Gebäudeklasse 5 zugeordnet; die Angabe, ob der Brandschutznachweis bauaufsichtlich geprüft werden soll oder durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt wird, erfolgte jedoch nicht.
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Der Kläger reichte mit den Bauantragsunterlagen eine "Ergänzung zum Brandschutznachweis" des Architekturbüros … (Entwurfsverfasser) vom 6. Oktober 2017 ein, die im Wesentlichen auf dem Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) basiert. Es handele sich demnach um ein Gebäude der Gebäudeklasse 5, weil die Höhe des Fußbodens über dem Gelände im Mittel 16,00 m betrage, keine Sonderbaunutzung vorliege und 49 Nutzungseinheiten mit einer Gesamtfläche größer als 400 m² gegeben seien. Es ändere sich die Anzahl der die Anlage nutzenden Personen, daneben blieben alle anderen Festlegungen aus dem Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) erhalten. Die Überschreitung der Fluchtweglänge von maximal 35 m bei den Wohnungen W17.00 bis W23.00 im Rampengeschoss (Maximallänge beträgt 42 m) stelle eine genehmigungspflichtige Abweichung dar. Gegen die überschrittene Fluchtweglänge bestünden wegen der frühzeitigen Alarmierung der Bewohner durch vernetzte Rauchwarnmelder in allen Wohnungen sowie den notwendigen Fluren keine Bedenken. Darüber hinaus verfügten alle Wohnungen über einen zweiten Rettungsweg in Form eines anleiterbaren Fensters. Die mittige Brandwand sowie die feuerbeständigen Wohnungstrennwände verhinderten die Brandausbreitung ausreichend lange, um alle betroffenen Bewohner rechtzeitig retten zu können.
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Mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 forderte die Beklagte den Kläger unter Verweis auf Art. 65 Abs. 2 Satz 2 BayBO auf, die Bauantragsunterlagen bis zum 22. Dezember 2017 zu vervollständigen und unter anderem das Prüfprotokoll des Prüfsachverständigen über die Prüfung des Brandschutznachweises vorzulegen. Mit Schreiben vom 11. Mai 2018 teilte der Entwurfsverfasser des Klägers mit, dass die Prüfbescheinigungen für Standsicherheit und Brandschutz vom Kläger bzw. direkt von den jeweiligen Sachverständigen vorgelegt würden.
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Eine brandschutztechnische Stellungnahme des Amtes für Zivil- und Brandschutz vom 16. August 2018 ergab bestehende brandschutztechnische Bedenken gegen das Bauvorhaben. Den Bauunterlagen sei eine Ergänzung eines Brandschutznachweises beigelegt worden. Nachdem die Ursprungsversion fehle, sei eine umfassende Prüfung nicht möglich. Die geplante Feuerwiderstandsdauer der Trennwände könne nur erahnt werden, da die Beschriftung in den Bauteilen nur bedingt lesbar sei. Die Anbindung der Nutzungseinheiten an den Treppenraum müsse zwingend über einen notwendigen Flur im Sinne des Art. 34 BayBO erfolgen. Die Bezeichnung Flur in den Eingabeplänen sei zu präzisieren. Im Erdgeschoss bestehende Nutzungseinheiten seien nochmals halbiert und jeweils zwei eigenständige Zimmer eingebaut worden (Zimmer 2). Jedes dieser Zimmer werde als eigenständige Nutzungseinheit angesehen und müsse feuerhemmend abgetrennt und zwei eigenständige Rettungswege besitzen. Hinsichtlich des Verlaufs des zweiten Rettungsweges im Erdgeschoss ist aufgeführt, dass die Fenster an der A. … straße (Zimmer 2) nicht mit tragbaren Leitern erreicht werden könnten, da eine durchgängige Glasfront vorgesetzt worden sei. Die eingezeichneten Öffnungen im Bereich der Apartments 1 bis 7 seien nicht zulässig, da keine direkte Zugänglichkeit bestehe und die vorgebaute Fassade im Brandfall komplett verrauchen könne. Im Rampengeschoss stehe für alle drei Ebenen der Nutzungseinheit nur ein Fenster als zweiter Rettungsweg zur Verfügung. Augenscheinlich liege hier eine Abweichung von Art. 33 Abs. 1 Halbs. 2 Nr. 2 BayBO vor, da nicht in jedem Geschoss ein anderer Rettungsweg erreicht werden könne. Die Wohnungen 2 bis 7 besäßen gegenüberliegende Öffnungen, welche über einen kleinen Vorraum zur A. … straße angebunden würden. In diesem Bereich werde zwischen den einzelnen Nutzungseinheiten die Gefahr des Brandüberschlags gesehen, da die gegenüberliegenden Öffnungen nur 1,5 m voneinander entfernt seien. Da die Nutzungseinheiten nicht direkt erreichbar seien, sei diese Rettungswegführung ebenso unzulässig (Art. 31 Abs. 2 BayBO). Einer Abweichung von Art. 33 Abs. 2 BayBO (Maximallänge Ausgänge Wohnungen 17 bis 23 von 42 m) werde aufgrund der unübersichtlichen Zugänglichkeit der Nutzungseinheiten und dem schwierigen zweiten Rettungsweg nicht zugestimmt. Auf den weiteren Inhalt der brandschutztechnischen Stellungnahme wird verwiesen.
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Mit Schreiben vom 15. April 2019 teilte die Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass der Kläger sich wünsche, dass seitens der Beklagten ein Prüfsachverständiger beauftragt werde, um die brandschutztechnische Unbedenklichkeit der bereits stattfindenden gegenwärtigen Wohnnutzungen im streitgegenständlichen Objekt schriftlich zu erklären. Mit weiteren Schreiben vom 9. Mai 2019 teilte die Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass sich der Kläger auf Art. 62b Abs. 2 BayBO beziehe.
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In der Baubeschreibung vom 9. Mai 2018 ist angegeben, dass eine unbenannte Zahl an Stellplätzen abgelöst werde. Auf den Inhalt des Stellplatznachweises vom 9. Mai 2018 wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 23. Mai 2018 forderte die Beklagte den Kläger dazu auf, den Stellplatznachweis zu überarbeiten, um eine Prüfung des Bauantrags zu ermöglichen. Die geforderte Überarbeitung des Stellplatznachweises wurde der Beklagten nicht vorgelegt.
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Mit Bescheid vom 24. Mai 2019 versagte die Beklagte dem Kläger die Erteilung der Baugenehmigung für die 3. Planänderung. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe sich vorliegend (anders als in den vorherigen Baugenehmigungsverfahren zu dieser Bausache) nicht für eine bauaufsichtliche Prüfung des Brandschutzes ausgesprochen (Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO). Mit schriftlicher Mitteilung vom 2. August 2017, also noch vor der Feststellung der planabweichenden Bauausführung des Gebäudes, habe der Kläger festgelegt, dass die Prüfung der Bausache hinsichtlich des Brandschutzes abschließend durch einen Prüfsachverständigen für Brandschutz vorgenommen werden solle. Gleichlautende Angaben seien nach wiederholter Aufforderung zur Vervollständigung der Bauantragsunterlagen durch den Entwurfsverfasser der 3. Planänderung mit Schreiben vom 11. Mai 2018 erfolgt. Eine abschließend funktionierende Überarbeitung des Brandschutznachweises bzw. die versprochene Prüfung des Brandschutznachweises durch einen Prüfsachverständigen sei vom Bauherrn nicht beauftragt worden. Aufgrund der augenfällig unzureichenden Ausstattung der Bausache hinsichtlich des vorbeugenden Brandschutzes werde die Erteilung der Baugenehmigung vorliegend unter Berufung auf ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse abgelehnt (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO). Gegen das Bauvorhaben bestünden umfassende brandschutztechnische Bedenken. So bestünden Zweifel, ob die Trennwände der einzelnen Wohneinheiten die erforderliche Feuerwiderstandsdauer besäßen. Weiterhin fehle in einzelnen Wohneinheiten ein funktionierender zweiter Rettungsweg (u.a. wegen nicht funktionsfähiger Schleusen vor Notausstiegsfenstern). In Sachen erster Rettungsweg (Art. 33 Abs. 2 BayBO, Maximallänge Ausgänge Wohnungen 17 bis 23 von 42 m) bedürfe es ggf. einer Abweichung, die jedoch im Zusammenspiel mit dem schwierigen zweiten Rettungsweg nicht vertretbar sei. Mängel im vorbeugenden Brandschutz in einer Größenordnung, wie sie hier in Erscheinung träten, seien bei der Entscheidung über die begehrte Erteilung der Baugenehmigung mit einzustellen und abzuwägen. Die Baugenehmigung könne weiterhin nicht erteilt werden, weil die Barrierefreiheit der Wohnungen einer Etage nicht nachgewiesen sei, kein prüffähiger Stellplatznachweis vorliege und ein Großteil der Apartments im Rampen- und Erdgeschoss nicht die Anforderungen an Aufenthaltsräume erfüllten.
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3. Mit Bescheid vom 3. Juni 2019 untersagte die Beklagte es dem Kläger, die Räume im Rampengeschoss/Rampengeschoss Galerie, im Erdgeschoss und im 4. Obergeschoss (Dachgeschoss) im Gebäude auf dem Baugrundstück nach Ablauf von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheids, zum Zwecke des Wohnens selbst zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen (Ziffer I.). Die am Wohneigentum im Rampengeschoss/Rampengeschoss Galerie, im Erdgeschoss und im 4. Obergeschoss (Dachgeschoss) des Gebäudes auf dem Baugrundstück von der Stadt Würzburg aktenkundig ermittelten, betroffenen MiteigentümerInnen wurden verpflichtet, die Durchführung der unter Ziffer I. angeordneten Maßnahme ab sofort zu dulden (Ziffer II.). Die sofortige Vollziehung der unter Ziffern I. und II. genannten Verpflichtungen wurde angeordnet (Ziffer III.). Für den Fall, dass der Kläger die in Ziffer I. dieses Bescheides genannte Verpflichtung nicht erfüllt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 EUR angedroht (Ziffer IV.). Für den Fall, dass die MiteigentümerInnen der in Ziffer II. festgelegten Duldungspflicht zuwiderhandeln, wurde jeweils in der Person des/der Zuwiderhandelnden ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR angedroht (Ziffer V.). Die Kosten des Verfahrens wurden dem Kläger auferlegt; für die Duldungsanordnung (Ziffer II. dieses Bescheides) wurden keine Kosten erhoben (Ziffern VI. und VII.).
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit Schriftsatz vom 27. Juni 2019 (Az. W 5 K 19.774).
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4. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2019 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,
I. Der Bescheid der Stadt Würzburg - FB Baurecht/Bauaufsicht (Az.: 2408-2017) vom 24. Mai 2019 wird aufgehoben.
II. Die Baugenehmigung 3. Planänderung zum Vorhaben Umbau und Sanierung mit Nutzungsänderung des Gebäudes in Würzburg, … straße …, Flurstück …9 Gemarkung Würzburg wird erteilt.
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Zur Begründung der Klage wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die aktuelle Wohnnutzung brandschutztechnisch unbedenklich und mithin genehmigungsfähig sei. Mit Schreiben vom 15. April 2019 und 9. Mai 2019 habe die Bevollmächtigte des Klägers darum gebeten, dass die Beklagte selbst bauaufsichtlich die brandschutztechnische Unbedenklichkeit der bereits stattfindenden Wohnnutzung durch einen Prüfsachverständigen feststellen lasse. Die bauaufsichtliche Überprüfung sei über Art. 62b Abs. 2 BayBO eröffnet, sei von der Beklagten jedoch nicht durchgeführt worden. Stattdessen sei die Baugenehmigung - ohne bauaufsichtliche Einholung der brandschutztechnischen Nachweise - zu Unrecht versagt worden.
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Ferner sei bei einem Bau der Gebäudeklasse 4 nach der BayBO kein Prüfsachverständiger nötig. Selbst wenn jedoch das Gebäude der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen sei, sei nicht zwingend der Nachweis eines Prüfsachverständigen notwendig. Das Bauaufsichtsamt habe dem Kläger unzulässigerweise die in Art. 62b Abs. 2 BayBO aufgeführte Möglichkeit, den Brandschutznachweis bauaufsichtlich prüfen zu lassen, verschwiegen. Nun ziehe es sich darauf zurück, dass ein Prüfsachverständiger vom Kläger zu beauftragen sei.
5. Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verwies die Beklagte auf den Bescheid vom 24. Mai 2019 zur Versagung der Baugenehmigung. Im Übrigen habe die Bevollmächtigte des Klägers ihre Feststellung, es liege eine genehmigungsfähige Wohnnutzung vor, die brandschutztechnisch unbedenklich sei, nicht mit Argumenten oder einer Begründung untermauert. Einzig die fachlich fundierte Aussage eines Prüfsachverständigen für Brandschutz hätte die drohende Versagung der Baugenehmigung und die in der Folge drohende Nutzungsuntersagung entsprechend der Anhörung mit Schreiben der Stadt Würzburg vom 27. Februar 2019 noch abwenden können. Der Kläger habe in den zweieinhalb Jahren von der Feststellung der rechtswidrig eingerichteten zusätzlichen Wohnnutzungen durch die Fachabteilung Bauaufsicht bis zur Versagung der Baugenehmigung über weite Phasen nicht ernsthaft Bereitschaft erkennen lassen, im Baugenehmigungsverfahren in kooperativer und verantwortlicher Weise mitzuwirken. Zum anderen seien andere bauaufsichtliche Anforderungen (gesunde Wohnverhältnisse, Stellplatznachweis u.a.) nicht als prüffähige Vorlagen in das Baugenehmigungsverfahren eingebracht worden. Entsprechend sei im Ergebnis eine in bauordnungsrechtlicher Hinsicht vertretbare und hinsichtlich des vorbeugenden Brandschutzes unbedenkliche Planung mit zusätzlichen Wohnnutzungen nicht in Sicht gewesen.
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6. Am 4. Januar 2021 ging bei der Beklagten ein Bauantrag des Klägers zur einer 4. Planänderung ein. Mit Schreiben der Beklagten vom 5. Januar 2021 wurden von der Beklagten unvollständige bzw. fehlende Unterlagen zum Bauantrag mit Frist bis zum 6. April 2021 nachgefordert. Mit Schreiben vom 27. Mai 2021 an die Bevollmächtigte des Klägers forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf die Rücknahmefiktion gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 2 BayBO erneut auf, bis zum 11. Juni 2021 die Bauantragsunterlagen hinsichtlich des Stellplatznachweises, der Barrierefreiheit und der Betriebsbeschreibung betreffend die Büronutzung zu vervollständigen. Schließlich stellte die Beklagte mit Schreiben an die Klägerbevollmächtigte vom 21. Juni 2021 fest, dass der Bauantrag gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 2 BayBO als zurückgenommen gilt, nachdem keine Unterlagen eingegangen seien und keine Rückmeldung in anderer Weise erfolgt sei. Am 7. Juli 2021 ging bei Gericht eine aktualisierte Fassung des Bauantrags zur 4. Planänderung ein.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich der Gerichtsakten in den Verfahren W 5 K 19.774, W 5 S 19.819, W 5 K 18.1602, W 5 S 18.1603 und W 5 S 18.1156 sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22
Die Klage hat keinen Erfolg.
23
I. Fraglich ist schon, ob die Klage zulässig ist, d.h. konkret ob der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis besitzt. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt im Regelfall vor und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Wenn die Rechtsordnung ein materielles (Abwehr-)Recht gewährt, spricht sie in aller Regel auch demjenigen, den sie als Inhaber dieses Rechts ansieht, das Interesse an einem gerichtlichen Schutz dieses Rechts zu. Das Bedürfnis für einen Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz fehlt aber dann, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts für den Rechtsschutzsuchenden nutzlos erscheint, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BayVGH, U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - juris Rn. 24 m.w.N.).
24
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf die Frage des Gerichts nach der Umsetzung des beantragten Vorhabens ausdrücklich erklärt, dass der Zustand, wie er sich in der hier streitgegenständlichen 3. Planänderung wiederfindet, nicht mehr realisiert werden soll. Vielmehr ist mittlerweile eine geänderte Fassung der Unterlagen zur 4. Planänderung erstellt worden, die dem Gericht im Vorfeld der mündlichen Verhandlung mit Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 6. Juli 2021 übermittelt wurde. Diese Planunterlagen weichen in mehreren Punkten von den Planvorlagen zur 3. Planänderung ab (u.a. Aufteilung der Räume, Umwandlung von Bürozur Wohnnutzung im 1. bis 3. Obergeschoss).
25
Dagegen ist nicht auszuschließen, dass sich der Kläger im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung durch Bescheid vom 3. Juni 2019 und die dort getroffene Feststellung der von ihm bestrittenen materiellen Illegalität weiterhin zu einer Durchsetzung des vorliegenden Klageanspruchs verpflichtet sieht. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen.
26
II. Selbst wenn man nämlich annimmt, dass für die Klage noch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, ist sie jedenfalls unbegründet.
27
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
28
Die Beklagte konnte im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid vom 24. Mai 2019 von der Befugnis, die ihr Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO einräumt, Gebrauch machen (nachfolgend unter 1.). Das Vorhaben des Klägers ist wegen des Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften unzulässig (nachfolgend unter 2.).
29
1. Die Bestimmung des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO ermöglicht es der Bauaufsichtsbehörde, einen Bauantrag auch abzulehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Aus dem Zusammenhang mit Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO geht hervor, dass mit den sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften solche gemeint sind, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind (Art. 59 Satz 1 BayBO). Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. z.B. Wolf in Busse/Kraus, BayBO, 141. EL März 2021, Art. 59 Rn. 106) kann die Bauaufsichtsbehörde weitgehend frei entscheiden, ob sie von der Ablehnungsbefugnis, die ihr Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eröffnet, Gebrauch macht oder nicht. Das gilt unabhängig davon, ob der Wortlaut "dürfen" in dieser Vorschrift lediglich eine schlichte Befugnis zum Ausdruck bringt, einen Bauantrag wegen der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit außerhalb des jeweiligen bauaufsichtlichen Prüfprogramms liegenden Vorschriften abzulehnen, oder eine "echte" behördliche Ermessensentscheidung beinhaltet (vgl. hierzu Greim-Diroll, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Spannowsky/Manssen, Stand: 1.4.2021, Art. 68 Rn. 27). Denn selbst wenn entgegen der wohl herrschenden Meinung letzteres angenommen würde, könnte der Kläger den Entschluss der Beklagten, den Bauantrag wegen der von der Beklagten geltend gemachten bauordnungsrechtlichen Bedenken, insbesondere der brandschutzrechtlichen Verstöße, abzulehnen, als solchen nicht rügen.
30
Ebenso wenig erlaubt es der Wortlaut der Vorschrift, eine irgendwie geartete Evidenz oder Offenkundigkeit des Verstoßes zu verlangen. Es dürfte jedenfalls einer sachgerechten Ermessensausübung entsprechen, einen Bauantrag dann zu versagen, wenn auch ein bauaufsichtliches Einschreiten möglich wäre (Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 7. Aufl. 2017, D. Instrumente des Bauordnungsrechts Rn. 467). Gemessen daran ist das Gebrauchmachen von der Befugnis aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO durch die Beklagte nicht zu beanstanden.
31
2. Die Ablehnung ist auch in der Sache gerechtfertigt, da die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz, an die Barrierefreiheit sowie an Stellplätze nicht eingehalten werden.
32
2.1. Es ist aufgrund der vorgelegten Planunterlagen und der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse davon auszugehen, dass die materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz nicht eingehalten werden. Da die zur Genehmigung stehende Planung im Rahmen der 3. Planänderung im streitgegenständlichen Anwesen weitgehend schon verwirklicht worden ist und die Beklagte anlässlich mehrerer bauaufsichtlicher Kontrollen einen Eindruck von der Situation vor Ort erlangt hat, kann im vorliegenden Verfahren auf die Ausführungen zur parallel mit Bescheid vom 3. Juni 2019 verfügten Nutzungsuntersagung (Gegenstand des Verfahrens W 5 K 19.774) verwiesen werden.
33
Hierzu hat die Kammer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (VG Würzburg, B.v. 9.8.2019 - W 5 S 19.819 - n.v. S. 21 ff.) ausführlich Stellung genommen und Folgendes ausgeführt:
"[…] Die tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung hält den materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz nach Aktenlage nicht stand. Es wird diesbezüglich auf den Inhalt der Kontrollberichte der bauaufsichtlichen Kontrollen vom 20. Dezember 2016, 14. September 2017 und 12. Oktober 2017 verwiesen. Demnach wurde zuletzt festgestellt, dass im Rampengeschoss/ Rampengalerie die beleuchtete Fluchtwegkennzeichnung zu ertüchtigen ist. In die innere Brandwand zur Unterteilung des Rampengeschosses wurde im Bereich des notwendigen Flures eine T30 RS Türe verbaut, wobei die Anschlüsse an die Mauer nicht regelkonform hergestellt wurden; die Türe sei umgehend durch eine fachgerecht eingebaute T90 Türe zu ersetzen. In der Rampengalerie wurde der notwendige Flur, der zu den drei Wohnungen im östlichen Bereich führt, durch eine T30 Türe abgetrennt; in die in den genehmigten Plänen mit F90 betitelte Mauer sei eine Türe zu verbauen, die den brandschutztechnischen Anforderungen einer F90 Wand gerecht werde. Die Durchführungen von Rohren und Leitungen hinter der Türe wurden beidseitig mit Gipsplatten verkleidet. In diesem Bereich sei auch unverzüglich eine beleuchtete Fluchtwegbeschilderung anzubringen. Die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur im Rampengeschoss wurde mittels einer T30 Türe realisiert, die umgehend durch eine T30 RS Türe zu ersetzen bzw. der Nachweis hierfür zu erbringen sei. Im Erdgeschoss führt der zweite Flucht- und Rettungsweg der Wohnungen auf Seiten der A. … straße (Süden) über einen 38 cm bis 54 cm breiten Durchgang und schließlich zu einem 0,46 m x 1,43 m großen Ausgang. Im Dachgeschoss wurde die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur mittels einer T30 Türe realisiert, die umgehend durch eine T30 RS Türe zu ersetzen bzw. der Nachweis hierfür zu erbringen sei. Der zweite Flucht- und Rettungsweg aus den Wohnungen auf Seiten der A. … straße (Süden) und im Osten des Gebäudes sei nachzuweisen, weil hier eine Höhe von OK Brüstung bis OK A. … straße von 20,75 m gemessen wurde. Das Dachgeschoss konnte zuletzt nicht begangen werden, weil die Zugangstüre zum Treppenhaus, die sich im Verlauf des ersten Flucht- und Rettungsweges aus dem Dachgeschoss befindet, verschlossen war; diese müsse zu jeder Zeit geöffnet werden können. Schließlich besitzt das Treppenhaus keine Rauchableitung an oberster Stelle. Stattdessen habe der Antragsteller auf eine Fenstertüre verwiesen, die immer offen stehe. Die Einhaltung der brandschutztechnischen Anforderungen an die raumabschließenden Bauteile der Wohneinheiten im Erdgeschoss und im Rampengeschoss/Rampengalerie sei fraglich. Zudem seien Türen vom notwendigen Flur zu den Wohneinheiten nicht vollwandig. Der bestandskräftigen Verpflichtung aus dem Bescheid vom 20. August 2018 ist der Antragsteller bis heute nicht nachgekommen.
Die seitens des Antragstellers im Baugenehmigungsverfahren zur 3. Planänderung vorgelegte Ergänzung zum Brandschutznachweis vom 6. Oktober 2017, die mithin noch vor der letzten Baukontrolle durch die Antragsgegnerin datiert und im Wesentlichen auf dem Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) basiert, führt hingegen lediglich aus, dass sich die Personenbelastung für das Treppenhaus erhöhe. Ansonsten blieben alle anderen Festlegungen aus dem vorhergehenden Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) vollumfänglich erhalten. Im Übrigen sei hinsichtlich der Überschreitung der Fluchtweglänge von maximal 35 m für die Wohnungen W17.00 bis W23.00 im Rampengeschoss (Planunterlagen 3. Planänderung) eine genehmigungspflichtige Abweichung erforderlich. Diese Ausführungen legen damit gerade nicht dar, dass die tatsächlich ausgeübte und durch den streitgegenständlichen Bescheid untersagte Wohnnutzung den bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz genügt. Die Ergänzung des Brandschutzkonzepts vom 6. Oktober 2017 lässt nämlich, indem sie lediglich das Brandschutzkonzept vom 26. November 2012 (1. Fortführung) fortführt und dessen Inhalt als gegeben an- und übernimmt, die tatsächlich vorhandene bauliche Situation, so wie sie die Antragsgegnerin bei ihren Baukontrollen vorgefunden hat, vollkommen außer Betracht. Das gilt insbesondere in Bezug auf die vor dem Erdgeschoss auf Seiten der A. … straße bestehende Festverglasung und die vorhandene Brüstung ebenso wie die zwischenzeitlich vom Antragsteller vorgenommenen baulichen Veränderungen, wie die geschaffenen Decken- und Wanddurchbrüche, und die fehlenden bzw. nicht lesbaren Kennzeichnungen der verwendeten Bauteile. Sie ist daher zur Behebung oder Ausräumung der durch die Antragsgegnerin bei den Baukontrollen festgestellten und in Bezug auf die tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung bestehenden brandschutztechnischen Mängel schlicht ungeeignet.
Gemäß der brandschutztechnischen Stellungnahme vom 16. August 2018, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, bestehen weiterhin brandschutztechnische Bedenken. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer vorliegend an, weil die tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung den materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen nach summarischer Prüfung aufgrund der Aktenlage nicht standhält. Im Rampengeschoss/Rampengalerie genügt die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur durch eine T30 Türe nicht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 6 Nr. 2 BayBO. Die T30 RS Türe in der inneren Brandwand widerspricht der Vorschrift des Art. 28 Abs. 3 BayBO, zumal auch die Anschlüsse an die Mauer nicht regelkonform hergestellt wurden (vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO Art. 12 Rn. 25). Schließlich hält die T30 Türe in der feuerbeständigen Wand, die den notwendigen Flur abtrennt, der zu den drei Wohnungen im östlichen Bereich der Rampengalerie führt, sowie der dort geschaffene und ohne Kennzeichnung wieder versiegelte Wanddurchbruch die Festlegungen des Brandschutznachweises im Rahmen der 3. Planänderung nicht ein. Die Fluchtweglänge für die Wohnungen W17.00 bis W23.00 (Planunterlagen 3. Planänderung) überschreitet die maximale Entfernung von 35 m nach Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO. Im Erdgeschoss verstößt der vorhandene zweite Flucht- und Rettungsweg in Bezug auf die Wohneinheiten auf Seiten der A. … straße (Süden) gegen die Bestimmungen gemäß Art. 31 i.V.m. Art. 35 Abs. 4 BayBO. Der Durchgang mit einer Breite von 38 cm bis 54 cm ist ersichtlich zu schmal, ebenso wie der 46 cm breite Ausgang. Zudem kann die vorgebaute Fassade im Brandfall komplett verrauchen. Im Dachgeschoss verletzt die Abtrennung des notwendigen Treppenhauses zum notwendigen Flur durch eine T30 Türe wiederum Art. 33 Abs. 6 Nr. 2 BayBO. Zudem ist die Sicherstellung des ersten Rettungsweges aus dem Dachgeschoss gemäß Art. 31 Abs. 1 BayBO fraglich, weil die Zugangstüre zum Treppenhaus, die sich in dessen Verlauf befindet, bei der letzten Baukontrolle verschlossen war. Das notwendige Treppenhaus besitzt im Übrigen keine Rauchableitung an oberster Stelle, womit die Vorschrift des Art. 33 Abs. 8 Satz 3 und 4 BayBO verletzt ist. Schließlich ist das Bestehen einer feuerhemmenden Abtrennung der einzelnen Wohneinheiten fraglich (Art. 27 BayBO). Diese Verstöße hat der Antragsteller auch weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren nach Aktenlage ausgeräumt oder sachlich bestritten. Vielmehr erklärt die Antragstellerseite im streitgegenständlichen gerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit, dass der Antragsgegnerin bereits seit der Begehung am 20. Dezember 2016 die Zustände im Gebäude bekannt seien. Damit wird eine Veränderung dieser Zustände gerade nicht geltend gemacht. […]"
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Der BayVGH hat in seiner Beschwerdeentscheidung die Einschätzung des Verwaltungsgerichts bestätigt, dass aufgrund der aufgezeigten Nichteinhaltung der Anforderungen an den Brandschutz die untersagte Nutzung aller Voraussicht nach nicht genehmigungsfähig ist (BayVGH, B.v. 5.11.2019 - 9 CS 19.1675 - juris Rn. 14). An dieser Feststellung wird im vorliegenden Verfahren festgehalten. Dabei wird nicht verkannt, dass im Rahmen des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung zur 3. Planänderung vornehmlich die Planunterlagen des Klägers und nicht die tatsächlichen Feststellungen der Bauaufsichtsbehörde heranzuziehen sind, soweit es um den Anspruch aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO geht. Hier kommt jedoch hinzu - wie die Beklagte im Ablehnungsbescheid vom 24. Mai 2019 zutreffend ausführt -, dass sich die Auflösung der brandschutztechnischen Probleme, die sich auch aufgrund der bereits verwirklichten Bauausführung gezeigt haben, als komplex darstellt und nicht über die Erteilung von Abweichungen denkbar ist. Der Kläger hat es darüber hinaus bisher versäumt, diesbezüglich die Unbedenklichkeit der vorliegenden Planung nachzuweisen. Dabei wird nicht verkannt, dass der Brandschutznachweis nach Art. 62b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayBO entweder durch einen Prüfsachverständigen für Brandschutz bescheinigt wird oder bauaufsichtlich geprüft wird und der Bauherr diesbezüglich ein Wahlrecht besitzt. Dieses Wahlrecht wurde vom Kläger jedoch ursprünglich im Bauantrag vom 17. Oktober 2017 nicht ausgeübt. Im Weiteren wurde vom Kläger entgegen seiner Ankündigung im Genehmigungsverfahren (vgl. Bl. 55 der Bauakte Az.: 2408/17) keine Bescheinigung eines Prüfsachverständigen vorgelegt. Deswegen verpflichtete die Beklagte den Kläger in der Folge mit Bescheid vom 20. August 2018 (vgl. Akte Az.: 22689-2010 bauaufsichtliches Einschreiten Band II, Bl. 615 ff.), die Bescheinigung Brandschutz I als Nachweis eines Prüfsachverständigen über die Prüfung des Brandschutznachweises, welcher die planabweichende, bislang nicht genehmigte Bauausführung der 3. Planänderung abbildet, vorzulegen (Ziff. I. des Bescheids). Der Bescheid ist bestandskräftig geworden; der Kläger ist seiner Verpflichtung nicht nachgekommen.
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Angesichts dieser Situation konnte die Beklagte unter Berufung auf das Fehlen des Sachbescheidungsinteresses (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO) die Baugenehmigung zur 3. Planänderung versagen, da sich eine Lösung der brandschutzrechtlichen Problematik nicht abzeichnete und die Beklagte ihrerseits als Bauaufsichtsbehörde alles getan hatte, um eine Lösung herbeizuführen.
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2.2. Gleiches gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte das Fehlen eines Nachweises der Barrierefreiheit fordert (Art. 48 Abs. 1 BayBO). Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBO müssen die Wohnungen eines Geschosses in einem Gebäude mit mehr als zwei Wohnungen barrierefrei erreichbar sein (Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBO). In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen und mit nach Art. 37 Abs. 4 Satz 1 BayBO erforderlichen Aufzügen muss ein Drittel der Wohnungen barrierefrei erreichbar sein (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayBO).
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Der Kläger hat diesbezüglich zwar die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO beantragt. Es ist aber nichts gegen die Einschätzung der Beklagten zu besorgen, dass die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO insbesondere hinsichtlich der Räume im Erdgeschoss unter Hinweis auf den wirtschaftlichen Aspekt und den fehlenden Bestandsschutz ermessensfehlerfrei abgelehnt wird.
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Die vorliegende Planung verstößt daher gegen die Anforderungen des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayBO.
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2.3. Unter Bezugnahme auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO konnte die Beklagte den Bauantrag daher ablehnen.
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Es kann im Ergebnis des Weiteren dahinstehen, inwieweit die Räume im Einzelnen die Voraussetzungen an Aufenthaltsräume und Wohnungen nach Art. 45 und 46 BayBO erfüllen (vgl. hierzu VG Würzburg, B.v. 9.8.2019 - W 5 S 19.819 - n.v. S. 25).
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3. Der Erteilung einer Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben steht weiterhin auch entgegen, dass die vom Kläger vorgelegte Berechnung zur Anzahl der Stellplätze nicht den Anforderungen des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO genügt, vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 lit. c), Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO und der Satzung über die Herstellung, Ablösung und Gestaltung von Garagen und Stellplätzen für Kraftfahrzeuge sowie die Herstellung und Bereithaltung von Abstellplätzen für Fahrräder (Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung - SPS vom 25.3.2014, MP und VBl Nr. 73/2014 vom 28.3.2014).
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Die erforderlichen Stellplätze werden nicht hinreichend nachgewiesen. Auf welche Weise die Stellplätze letztlich konkret zu berechnen sind, mag an dieser Stelle offenbleiben, da der Kläger ersichtlich im Rahmen der Nutzungsänderung von einer fehlerhaften Berechnungsgrundlage ausgeht. Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 23. Mai 2018 (Bl. 60 der Bauakte Az.: 2408/17) zutreffend hingewiesen, soweit die Zusammenfassung von mehreren 1-Zimmer-Apartments zu einer Wohnung (vgl. insb. 4. Obergeschoss) und die Anrechnung des Bestands an Stellplätzen betroffen ist.
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Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass der Kläger den erforderlichen Stellplatznachweis nicht geführt hat. Da dieser Nachweis Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung ist, kann die Klage auch aus diesem Grund keinen Erfolg haben.
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4. Aufgrund der aufgezeigten Aspekte konnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung im Rahmen der 3. Planänderung ablehnen. Der Kläger hat dementsprechend keinen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), weshalb die Klage abzuweisen ist.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.