Inhalt

OLG Nürnberg, Beschluss v. 12.05.2021 – 12 W 502/21
Titel:

Rechtsmissbräuchlichkeit der Amtsniederlegungen von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern

Normenkette:
GmbHG § 39 Abs. 1, § 46 Nr. 5
Leitsätze:
1. Sind mehrere selbstständige registerfähige Tatsachen zur Eintragung angemeldet (hier: Amtsniederlegungen der beiden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer) und liegen diese zur gemeinsamen Erledigung vor, sind sie gleichzeitig zu vollziehen, selbst wenn verschiedene, getrennt eingegangene Eintragungsanträge vorliegen; ein Teilvollzug ist unzulässig (ebenso BayObLG BeckRS 1994, 7337).  (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die gleichzeitigen Amtsniederlegungen durch sämtliche Gesellschafter-Geschäftsführer sind wegen der daraus folgenden Führungslosigkeit der Gesellschaft rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam, wenn diese Gesellschafter gemeinsam als Mehrheitsgesellschafter anzusehen sind und nicht zugleich ein neuer Geschäftsführer bestellt wird. (Rn. 35 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
GmbH, Gesellschafter-Geschäftsführer, Amtsniederlegung, Rechtsmissbrauch, Führungslosigkeit, Mehrheitsgesellschafter
Vorinstanz:
AG Amberg vom 20.01.2021 – HRB 6494 (Fall 4)
Fundstellen:
FGPrax 2021, 212
GmbH-Stpr 2022, 28
NWB 2022, 230
MittBayNot 2021, 506
LSK 2021, 24984
BeckRS 2021, 24984
NZG 2021, 1552

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Registergericht - Amberg vom 20.01.2021 [Gz. HRB 6494 (Fall 4) ] wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte zu 3) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe

I.
1
1. Die Beteiligte zu 1) ist im Handelsregister des Amtsgerichts Amberg unter HRB 6494 eingetragen. Gegenstand der Gesellschaft sind die für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gesetzlich und berufsrechtlich zulässigen Tätigkeiten gemäß §§ 2, 43a Abs. 4 WPO unter Ausschluss von Handels- und Bankgeschäften.
2
Die Gesellschaft verfügt über ein Stammkapital von 32.750,00 €. Die aktuelle - am 23.07.2018 in den Registerordner aufgenommene - Gesellschafterliste der Beteiligten zu 1) weist folgende Gesellschafter auf:

Gesellschafter

Nominalbetrag

Nummer des Geschäftsanteils

Gesamtbetrag der Geschäftsanteile

Prozentuale Beteiligung

Dipl.-Kfm., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater K.

4.750,00 €

1

9.500,00 €

29,0076%

4.750,00 €

7

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater R. (= Beteiligter zu 3)

4.500,00 €

2

9.500,00 €

29,0076%

4.750,00 €

5

250,00 €

8

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt W.(= Beteiligter zu 2)

4.750,00 €

3

4.750,00 €

14,5038%

Steuerberaterin D.

4.500,00 €

6

4.500,00 €

13,7405%

A. = Beteiligte zu 1)

4.500,00

4

4.500,00 €

13,7405 €

Summe

32.750,00 €

32.750,00 €

100%

3
Der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
§ 6
Geschäftsführung und Vertretung
(1) Geschäftsführung
4
a) Die Gesellschaft muss von Wirtschaftsprüfern verantwortlich geführt werden (§ 1 Abs. 3 WPO).
5
b) Als Geschäftsführer sind Wirtschaftsprüfer zu bestellen (§ 28 Abs. 1 WPO). Neben Wirtschaftsprüfern können auch vereidigte Buchprüfer und Steuerberater als Geschäftsführer bestellt werden. Nach Vorliegen der Genehmigung der jeweils zuständigen Wirtschaftsprüferkammer können auch andere Personen unter Beachtung der Bestimmungen des § 28 Abs. 2 und 3 WPO neben Wirtschaftsprüfern bestellt werden.
6
c) Die Zahl der Geschäftsführer, die nicht Wirtschaftsprüfer sind, darf die Zahl der Geschäftsführer, die Wirtschaftsprüfer sind, nicht erreichen. Hat die Gesellschaft nur zwei gesetzliche Vertreter, so genügt Parität. Bei der Willensbildung innerhalb der Geschäftsführer dürfen Beschlüsse nicht gegen die Stimmen der Wirtschaftsprüfer-Geschäftsführer gefasst werden.
§ 15
Übertragung von Geschäftsanteilen, Erbfolge
7
(3) Verstirbt ein Gesellschafter, so können der/die Erbe/Erben aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden; dies gilt nicht, wenn der oder die Erben eine berufliche Qualifikation besitzen, durch welche der rechtliche Status der Gesellschaft als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nach den Vorschriften der Wirtschaftsprüferordnung nicht gefährdet wird.
8
Bis dahin ruht das Stimmrecht.
9
Als jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind im Handelsregister die Beteiligten zu 2) und zu 3) vermerkt.
10
2. Nach Mitteilung des Amtsgerichts München - Nachlassgericht - (Gz. 616 VI 2749/19) ist der eingetragene Gesellschafter K.am 01.02.2019 verstorben und wurde kraft Gesetzes von E. und von B. (mutmaßlich Ehefrau und Tochter des Verstorbenen) beerbt (Bl. 48ff. d.A.).
11
Eine Änderung der Gesellschafterliste ist nicht erfolgt.
12
3. Der Beteiligte zu 2) erklärte mit Schreiben vom 14.12.2020, er lege sein Amt als Geschäftsführer und Liquidator der Beteiligten zu 1) zum 31.12.2020, frühestens jedoch zum Zeitpunkt seiner Löschung im Handelsregister, nieder. Dieses Schreiben ist dem Beteiligten zu 3) am 29.12.2020 zugegangen.
13
Mit notarieller Urkunde vom 15.12.2020 nebst Ergänzung vom 18.01.2021 meldete der Beteiligte zu 2) seine Amtsniederlegung zur Eintragung in das Handelsregister an; diese Anmeldung wird vom Registergericht als „Fall 3“ des Registerverfahrens geführt.
14
4. Der Beteiligte zu 3) erklärte mit Schreiben vom 17.12.2020, er lege sein Amt als Geschäftsführer und Liquidator der Beteiligten zu 1) zum 31.12.2020, frühestens jedoch zum Zeitpunkt seiner Löschung im Handelsregister, nieder. Dieses Schreiben ist dem Beteiligten zu 2) am 02.01.2021 zugegangen.
15
Mit notarieller Urkunde vom 23.12.2020 nebst Ergänzung vom 15.01.2021 meldete der Beteiligte zu 3) seine Amtsniederlegung zur Eintragung in das Handelsregister an; diese Anmeldung wird vom Registergericht als „Fall 4“ des Registerverfahrens geführt.
16
5. Das Registergericht wies mit inhaltsgleichen Zwischenverfügungen jeweils vom 20.01.2021 (Bl. 58ff., 59ff. d.A.) auf Vollzugshindernisse hin. Die beantragten Anmeldungen seien gleichzeitig zu vollziehen. Im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtwürdigung erschienen die Amtsniederlegungen rechtsmissbräuchlich, da die Beteiligte zu 1) hierdurch handlungsunfähig werden würde und da die Beteiligten zu 2) und zu 3) im Hinblick auf Gesellschafterbestand und -struktur nicht als Minderheitsgesellschafter angesehen werden könnten.
17
6. Mit Schreiben vom 08.02.2021, eingegangen beim Registergericht am 12.02.2021, hat der Beteiligte zu 3) gegen die ihn betreffende Zwischenverfügung vom 20.01.2021 (Fall 4) Beschwerde eingelegt (Bl. 63 d.A.). Seitens des Beteiligten zu 2) wurde die diesen betreffende Zwischenverfügung (Fall 3) nicht angefochten.
18
Das Registergericht hat mit Beschluss vom 19.02.2021 der Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 20.01.2021 nicht abgeholfen (Bl. 64ff. d.A.) und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
19
Die Beschwerde ist zulässig.
20
1. Das Verfahren betrifft eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Es handelt sich um eine Registersache im Sinne des § 374 Nr. 1 FamFG.
21
2. Beschwerdeführer ist (nur) der Beteiligte zu 3), nachdem die angefochtene Zwischenverfügung gegen die Anmeldung dessen Ausscheidens als Geschäftsführer (aufgrund Amtsniederlegung) zum Handelsregister Vollzugshindernisse aufgeworfen hat. Der diesbezüglichen Bewertung wurde seitens aller Beteiligten nicht widersprochen.
22
3. Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um eine Zwischenverfügung des Registergerichts gemäß § 374 Nr. 1, § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 382 Abs. 4 Satz 2, § 58 Abs. 1 FamFG statthaft.
23
Die Beschwerde ist frist- (§ 63 Abs. 1 FamFG) und formgerecht (§ 64 Abs. 1 und 2 FamFG) eingelegt. Der Beteiligte zu 3) ist gemäß § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdebefugt.
III.
24
Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
25
1. Jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, § 39 Abs. 1 GmbHG. Diese Anmeldung ist durch die Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl zu bewirken, § 78 GmbHG.
26
Eine wirksame Amtsniederlegung eines Geschäftsführers führt zu dessen Ausscheiden und ist deshalb zum Handelsregister anzumelden.
27
2. Die seitens des Geschäftsführers erklärte Amtsniederlegung ist das Spiegelbild zu dessen Abberufung durch die Gesellschafter (§§ 38, 46 Nr. 5 GmbHG). Wie die Abberufung bedarf auch die Amtsniederlegung keiner ausdrücklichen Satzungsregelung, ist grundsätzlich jederzeit und ohne Frist wie auch ohne Einhaltung besonderer Formerfordernisse zulässig und bedarf keines sie rechtfertigenden wichtigen Grundes (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.1993 - II ZR 58/92, BGHZ 121, 257, Rn. 19 bei juris). Allerdings kann (analog § 38 Abs. 2 GmbHG) der Gesellschaftsvertrag das Erfordernis eines wichtigen Grundes wie auch weitere Form- oder Fristerfordernisse aufstellen (vgl. Beurskens in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 38 Rn. 74; Stephan/Tieves in: MüKoGmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 54ff., 56; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1092).
28
Der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1) enthält keine diesbezüglichen Bestimmungen, so dass die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers grundsätzlich zulässig ist.
29
3. Die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers bedarf zu ihrer Wirksamkeit einer diesbezüglichen Erklärung gegenüber dem Bestellungsorgan, also gegenüber den Gesellschaftern, § 46 Nr. 5 GmbHG (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.1993 - II ZR 58/92, BGHZ 121, 257, Rn. 15 bei juris). Hierbei genügt die Erklärung gegenüber einem (von mehreren) Gesellschafter(n) (BGH, Urteil vom 17.09.2001 - II ZR 378/99, BGHZ 149, 28, Rn. 9ff. bei juris).
30
Die Niederlegungserklärungen des Beteiligten zu 2) und des Beteiligten zu 3) sind jeweils einem Gesellschafter - dem jeweils anderen Beteiligten - zugegangen.
31
4. Die Niederlegungserklärung wird mit ihrem Zugang wirksam (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die spätere Eintragung im Handelsregister ist dann lediglich deklaratorisch.
32
Die Amtsniederlegung kann indes auch aufschiebend bedingt oder befristet werden, insbesondere unter der Bedingung der Eintragung der Löschung des Geschäftsführers im Handelsregister erklärt werden. Dies hat zur Folge, dass der Geschäftsführer erst zu diesem späteren Zeitpunkt seine Organstellung verliert, damit bis dahin noch die Befugnisse eines Geschäftsführers ausüben und insbesondere die Anmeldung seines Ausscheidens zum Handelsregister noch selbst vornehmen kann (vgl. Beurskens in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 38 Rn. 75; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1092 f.).
33
Im Streitfall wurde sowohl seitens des Beteiligten zu 2) als auch seitens des Beteiligten zu 3) die Amtsniederlegung unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Löschung des jeweiligen Geschäftsführers im Handelsregister erklärt. Da diese Eintragung bislang nicht erfolgt ist, haben beide Beteiligte noch die Organstellung eines Geschäftsführers inne.
34
5. Die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers wurde dann als rechtsmissbräuchlich und unwirksam angesehen, wenn sie zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führt, etwa wenn der einzige Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter oder maßgeblicher Mehrheitsgesellschafter ist, sein Amt niederlegt, ohne zugleich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Dies verlange das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die anderenfalls vollständig beseitigt würde. Grund für die Missbilligung der Amtsniederlegung sei die Zurückstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter durch den Versuch, sich freiwillig übernommener Verantwortung für die Gesellschaft (§ 43 GmbHG) und aller weiteren Pflichten zu entledigen, die besonders in wirtschaftlich schwierigen Situationen der Gesellschaft an das Amt ihres Geschäftsführers geknüpft sind. Angesichts der Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorganen in der Gesellschaft sei im Interesse der Rechtssicherheit geboten, höhere Anforderungen an die Amtsniederlegung zu stellen; anderenfalls könnte der sein Amt niederlegende Geschäftsführer nach freiem Belieben das Vermögen der Gesellschaft dem Zugriff der Gläubiger entziehen, indem er die Gesellschaft durch seine Amtsniederlegung oder seine Abberufung handlungsunfähig mache (vgl. etwa BayObLG, BayObLGZ 1999, 171; Stephan/Tieves in: MüKoGmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 58; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 1093; jeweils m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur).
35
Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 wurde mit Wirkung zum 01.11.2008 geregelt, dass es im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft möglich ist, Willenserklärungen an diese gegenüber jedem Gesellschafter und an die im Handelsregister eingetragene inländische Geschäftsanschrift der Gesellschaft abzugeben sowie Schriftstücke dorthin zuzustellen, § 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Sätze 2 und 3 GmbHG, wie auch dass im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft auch jeder Gesellschafter verpflichtet ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen Insolvenzantrag zu stellen, § 15a Abs. 3 InsO.
36
Ob im Hinblick hierauf in den oben genannten Fällen weiterhin von der Unwirksamkeit einer Amtsniederlegung wegen Rechtsmissbrauchs auszugehen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich gesehen. Teilweise wird nach wie vor von der Unwirksamkeit einer Amtsniederlegung ausgegangen (OLG Bamberg, GmbHR 2017, 1144; OLG Düsseldorf, GmbHR 2015, 1271; OLG Frankfurt, GmbHR 2015, 363; OLG München, GmbHR 2012, 796); teilweise wird - zumindest ohne die Feststellung eines Missbrauchs im konkreten Einzelfall - die Wirksamkeit der Amtsniederlegung bejaht und auf eine mögliche Schadensersatzhaftung des niederlegenden Geschäftsführers verwiesen (Beurskens in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 38 Rn. 77; Stephan/Tieves in: MüKoGmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 61 m.w.N.).
37
6. Im Streitfall hat nicht der einzige Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter oder maßgeblicher Mehrheitsgesellschafter ist, sein Amt niedergelegt, ohne zugleich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Vielmehr haben die Beteiligten zu 2) und zu 3) - die die einzigen Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) sind - jeweils unabhängig voneinander die Niederlegung ihres Amtes erklärt. Auch würde weder die Amtsniederlegung des Beteiligten zu 2) noch die des Beteiligten zu 3) zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führen; diese würde vielmehr nur bei Wirksamkeit beider Amtsniederlegungen eintreten. Die Beteiligten zu 2) und zu 3) sind zudem weder die alleinigen Gesellschafter noch - für sich betrachtet - jeweils maßgebliche Mehrheitsgesellschafter.
38
Bei der entsprechenden Betrachtung kann allerdings - worauf das Registergericht zutreffend hingewiesen hat - der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben, dass weitere Gesellschaftsanteile von der Gesellschaft selbst - der Beteiligten zu 1) - wie auch vom verstorbenen Gesellschafter Klaus Neugebauer gehalten werden bzw. wurden. Soweit die Beteiligte zu 1) eigene Anteile hält (vgl. § 33 GmbHG), ruhen ihre Gesellschafterrechte (BGH, Urteil vom 30.01.1995 - II ZR 45/94, GmbHR 1995, 291). Die Erben des verstorbenen Gesellschafters K.sind mangels Aufnahme in die Gesellschafterliste gemäß §§ 16, 40 GmbHG bislang nicht legitimiert und zudem nach § 15 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags wohl nicht stimmberechtigt. Von daher geht der Einwand der Beschwerde fehl, die Wirksamkeit der Amtsniederlegung wäre „von der Abarbeitung des Erbfalls“ abhängig; es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine solche „Abarbeitung“ - in deren Rahmen die Erben aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden könnten, kein Stimmrecht haben und nicht zu Geschäftsführern bestellt werden könnten - an der maßgeblichen Gesellschafterstruktur zum Zeitpunkt der Amtsniederlegungen und der registergerichtlichen Entscheidung hierüber etwas ändern würde.
39
Ohne Berücksichtigung der Gesellschaftsanteile der Beteiligten zu 1) und von Klaus Neugebauer verbleibt ein restliches Stammkapital von 18.750,00 €, wovon der Beteiligte zu 2) einen Geschäftsanteil von 4.750,00 € und der Beteiligte zu 3) Geschäftsanteile von insgesamt 9.000,00 € hält. Damit können diese beiden Beteiligten zwar für sich auch insoweit nicht als Mehrheitsgesellschafter bewertet werden, in der Zusammenschau beider Anteile indes schon. Eine derartige Zusammenschau hält der Senat im Hinblick auf die gleichzeitige parallele Amtsniederlegung für geboten.
40
Von daher stellt sich die Problematik einer Rechtsmissbräuchlichkeit der gleichzeitigen Amtsniederlegungen durchaus.
41
7. Im Rahmen der Beschwerde kann auch nicht isoliert die Frage der Wirksamkeit der Amtsniederlegung nur des Beschwerdeführers beurteilt werden (etwa mit dem Argument, dass nur dieser die ihn betreffende Zwischenverfügung angefochten habe und auch nach Amtsniederlegung des Beteiligten zu 3) und dessen Löschung im Handelsregister der Beteiligte zu 2) als weiterer Geschäftsführer verbleibe, die Gesellschaft somit nicht führungslos werde).
42
Wenn mehrere selbständige registerfähige Tatsachen zur Eintragung angemeldet sind und zur gemeinsamen Erledigung vorliegen, dann sind sie gleichzeitig zu vollziehen, selbst wenn verschiedene, getrennt eingegangene Eintragungsanträge vorliegen; ein Teilvollzug (hier: lediglich der Anmeldung der Löschung des Beteiligten zu 3) als Geschäftsführer) ist unzulässig (vgl. BayObLG, GmbHR 1994, 478; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl., Rn. 187).
43
8. Die gleichzeitige Vollziehung beider Eintragungsanträge würde jedoch zur Führungslosigkeit der Gesellschaft führen, nachdem die Beteiligten zu 2) und zu 3) jeweils ihr Geschäftsführeramt niedergelegt haben, ohne dass zugleich ein neuer Geschäftsführer bestellt worden wäre. In Anbetracht der Gesellschafterstruktur der Beteiligten zu 1) und der Satzungsbestimmungen in §§ 6 und 15 des Gesellschaftsvertrags stünden aus dem Gesellschafterkreis auch keine anderen Geschäftsführer zur Verfügung, so dass insoweit lediglich die Bestellung eines Fremdgeschäftsführers in Betracht käme.
44
Die Beteiligten zu 2) und zu 3) - die einzigen Geschäftsführer - sind zudem im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung gemeinsam als maßgebliche Mehrheitsgesellschafter zu werten (siehe oben III 6).
45
Mit dem Registergericht hält deshalb auch der Senat die nahezu zeitgleich erfolgten, gleichzeitig zur Registereintragung angemeldeten Amtsniederlegungen der Beteiligten zu 2) und zu 3) für rechtsmissbräuchlich und unwirksam.
46
Dem stehen die durch das MoMiG erfolgten Rechtsänderungen (siehe oben III 5) nicht entgegen. Zwar sind nunmehr Teilaspekte der führungslosen GmbH geregelt; es fehlen jedoch weiterhin Regelungen der Aktivvertretung einer führungslosen Gesellschaft. Im Hinblick darauf gebietet der Verkehrsschutz weiterhin, die Amtsniederlegungen als unwirksam zu bewerten.
47
9. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist deshalb zurückzuweisen.
IV.
48
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
49
Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat entsprechend §§ 36, 59, 61 GNotKG festgesetzt.
50
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG. Die - bislang höchstrichterlich nicht entschiedene, in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur kontrovers beurteilte - Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit und Unwirksamkeit von Amtsniederlegungen kann sich in vergleichbaren Fallkonstellationen immer wieder stellen. Dies gilt insbesondere in der hier streitgegenständlichen Fallgestaltung, dass die zwei einzigen Geschäftsführer einer GmbH gleichzeitig ihr Geschäftsführeramt niederlegen, ohne dass zugleich ein neuer Geschäftsführer bestellt wird, wobei die beiden Geschäftsführer im Hinblick auf Gesellschafterbestand und -struktur gemeinsam als maßgeblicher Mehrheitsgesellschafter anzusehen sind.