VG Ansbach, Urteil v. 15.04.2021 – AN 4 K 19.00848
Titel:
Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen und Steuerrückständen
Normenketten:
GewO § 35 Abs. 1
AO § 162
Leitsätze:
1. Die schlichte Behauptung eines Gewerbetreibenden, er habe seine Einkommensteuererklärung eingereicht, obwohl dies weder aktenkundig noch sonst glaubhaft gemacht worden ist, vermag es nicht, die Richtigkeit der einem Gewerbeuntersagungsbescheid zugrunde liegenden Mitteilungen des Finanzamtes in Zweifel zu ziehen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Müssen Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO geschätzt werden, weil der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht hinreichend nachkommt, so ist eine Steuerschuld, die auf diesen Schätzungen basiert, nicht von einer anderen rechtlichen Qualität als eine solche, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergibt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Rechtsmäßigkeit einer erweiterten Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
erweiterte Gewerbeuntersagung, Steuerschätzung, Unzuverlässigkeit, Immobilienmakler, persönliche Gewerbeausübung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 23.08.2021 – 22 ZB 21.1509
Fundstelle:
BeckRS 2021, 24960
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung.
2
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 26. März 1997 (Tätigkeitsbeginn: 1. Januar 1990) mit dem Gewerbe „Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen (keine Tätigkeit gem. § 34c GewO). (66.22.0)“ gemeldet.
3
Mit Bescheid vom 30. Juli 2018 verhängte die Beklagte gegen den Kläger Geldbußen in Höhe von insgesamt 2.620,00 EUR. Darin wurde dem Kläger vorgeworfen, ohne Gewerbeanmeldung und ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 34c GewO das Gewerbe des Immobilienmaklers ausgeübt zu haben. Er habe zumindest ab Februar 2018 unter der Firma … auf der Internetplattform … mehrere Immobilien zum Kauf bzw. zur Miete angeboten.
4
Im Oktober 2018 leitete die Beklagte ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen den Kläger ein, nachdem das Finanzamt … mit Schreiben vom 2. Oktober 2018 über Rückstände (Einkommen- und Umsatzsteuer einschließlich Zinsen, Säumnis- und Verspätungszuschläge) in Höhe von 6.719,32 EUR sowie ausstehende Einkommensteuerklärung für 2016 und Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar und Februar 2018 unterrichtete. Bisherige Forderungspfändungen hätten nicht zum Erfolg geführt. Der Kläger habe einen Vollstreckungstermin am 29. August 2018 nicht eingehalten. Im Rahmen dessen wurde der Kläger schriftlich aufgefordert, sich umgehend mit dem Finanzamt in Verbindung zu setzen, seine Steuererklärungen vollständig abzugeben und die Rückstände zumindest ratenweise zu begleichen sowie Auskunft darüber zu geben, welche Personen bei ihm seit 1. Januar 2017 beschäftigt waren bzw. sind und bei welcher Krankenkasse bzw. Berufsgenossenschaft diese versichert waren bzw. sind. Der Kläger legte am 27. November 2018 einen Beleg über eine Steuerzahlung in Höhe von 3.800,00 EUR vor. Daraufhin sah die Beklagte von der Fortsetzung des Verfahrens vorläufig ab.
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Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 30. Januar 2019 an, am 13. Februar 2019 um 10:30 Uhr in den Geschäftsräumen des Klägers eine Nachschau gemäß § 29 Abs. 4 GewO durchzuführen.
6
Das Finanzamt … teilte am 12. Februar 2019 telefonisch mit, dass die Steuerrückstände des Klägers auf 27.839,29 EUR angestiegen seien. Eine Nachschau im Schuldnerverzeichnis des Vollstreckungsportals am 13. Februar 2019 ergab fünf Eintragungen zwischen 28. November 2016 und 12. Februar 2018, zuletzt aufgrund ausgeschlossener Gläubigerbefriedigung (Az.: …*). Daraufhin wurde dem Kläger mit Schreiben vom 13. Februar 2019 Gelegenheit gegeben, sich zur beabsichtigten erweiterten Gewerbeuntersagung zu äußern. Der Kläger teilte am 7. März 2019 telefonisch mit, dass er mit Herrn … zusammenarbeite, der einen Maklerschein besitze, sodass er selbst keinen brauche.
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Die Industrie- und Handelskammer … für … (IHK) teilte mit E-Mail vom 11. März 2019 mit, der Kläger habe bei seiner persönlichen Vorsprache angegeben, dass die Steuererklärungen für 2016 noch im Jahr 2018 eingereicht worden seien. Derzeit stünden die Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar und Februar 2018 sowie für das letzte halbe Jahr noch aus. Diese könnten voraussichtlich innerhalb von vier Wochen erstellt und beim Finanzamt eingereicht werden. Hierdurch sei eine erhebliche Bereinigung der Rückstände um Steuerschätzungen zu erwarten. Sobald die tatsächliche Steuerlast feststehe, werde er sie umgehend in einem Betrag begleichen. Er beschäftige keine Personen. Nach Einschätzung der IHK habe der Kläger konkrete Schritte zur zeitnahen und umfassenden Bereinigung der Vorwürfe aufgezeigt. Bei Umsetzung der diesbezüglichen Ankündigungen könnte das Vorliegen einer positiven Zukunftsprognose hinreichend bejaht werden. Anderenfalls bestünden gegen die Vornahme einer Gewerbeuntersagung keine Bedenken.
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Der Kläger sprach am 13. März 2019 bei der Beklagten persönlich vor und gab an, die Ankündigung der Nachschau aufgrund Abwesenheit nicht gelesen zu haben. Nach Abgabe der nötigen Steuererklärungen werde noch ein Betrag von 3.000,- bis 5.000,- EUR übrig bleiben. Er habe bereits einen Steuerberater beauftragt. Vorab werde er in dieser Woche 2.000,- EUR überweisen. … habe „Kooperationsvereinbarungen“ mit drei bis vier ihm bekannten Maklern geschlossen, welche die Internetanzeigen selbst einstellen würden. Diese wollten aufgrund ihrer Haupttätigkeit nicht selbst auftreten und würden deshalb seine Firma benutzen. Hierfür bekomme … eine Aufwandsentschädigung (Provision). Er sehe ein, dass sein Geschäftsmodell so nicht funktioniere, und wolle keine weiteren Internetangebote veröffentlichen. Die Beteiligten vereinbarten, dass der Kläger der Beklagten bis zum 21. März 2019 eine schriftliche Bestätigung seines Steuerberaters, einen Überweisungsnachweis sowie die „Kooperationsvereinbarungen“ mit den betroffenen Maklern vorlegt. Dies war nicht erfolgt.
9
Das Finanzamt … teilte am 26. März 2019 telefonisch mit, dass die Steuerrückstände des Klägers auf 32.875,29 EUR angestiegen seien. Zwar sei eine Zahlung von 1.500,- EUR eingegangen, die aufgrund neuer Festsetzungen jedoch nicht zur Reduzierung der Rückstände ausreiche. Die Steuererklärungen stünden weiterhin aus.
10
Mit Bescheid vom 26. März 2019, dem Kläger am 28. März 2019 zugestellt, erließ die Beklagte - unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 EUR und Auferlegung der Verfahrenskosten - folgende Regelungen:
„I. …, geb. am …1969 in … (Betroffener), wird
a) die Ausübung des Gewerbes „Vermittlung von Versicherungen und Bausparverträgen“ sowie jegliche anderweitige selbständige Tätigkeit im Bereich des stehenden Gewerbes und b) die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person untersagt.“
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II. Der Betroffene hat die Gewerbeausübung bzw. die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter spätestens mit Eintritt der Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) dieses Bescheids einzustellen. Zur Auflösung des Geschäftsbetriebs wird eine Frist von zwei Wochen ab Eintritt der Unanfechtbarkeit eingeräumt.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger sowohl in steuerlicher wie auch in persönlicher Hinsicht unzuverlässig sei und aufgrund der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Führung eines Gewerbebetriebs ungeeignet sei. Aufgrund der teilweisen Weigerung zur Abgabe von Steuererklärungen hätten die Steuerfestsetzungen wiederholt im Schätzungswege erfolgen müssen. Zahlungen seien zwar gelegentlich geleistet worden, hätten jedoch nicht zur Begleichung der laufenden Steuern ausgereicht, sodass die Steuerrückstände kontinuierlich angestiegen seien. Selbst unter dem Druck der drohenden Gewerbeuntersagung sei der Kläger nicht bereit gewesen, zumindest die ausstehenden Steuererklärungen abzugeben bzw. Ratenzahlungen zu vereinbaren. Die Nichtabführung von Umsatzsteuer stelle ein besonders krasses gewerbliches Fehlverhalten dar, da diese Steuer vom Gewerbetreibenden treuhänderisch für den Staat vereinnahmt worden sei. Die persönliche Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich zudem aus der beharrlichen Weigerung, Auskünfte über seinen Gewerbebetrieb zu erteilen bzw. eine Nachschau zu dulden. Auch führe er bereits jahrelang unter Missachtung des § 34c GewO Maklertätigkeiten ohne die erforderliche Erlaubnis durch. Die Steuerrückstände und die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis würden belegen, dass der Kläger seit Jahren vermögenslos sei. Alle anderen denkbaren Maßnahmen seien erfolglos geblieben. Die festgestellten negativen Erkenntnisse seien gewerbeübergreifender Natur und würden auch die Untersagung leitender Tätigkeiten rechtfertigen. Auf den weiteren Inhalt des Bescheids wird ergänzend Bezug genommen.
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Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2019 Klage erhoben.
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Das Finanzamt … teilte der Beklagten mit Schreiben vom 27. Juni 2019 mit, dass die Rückstände des Klägers sich durch Zahlung vollständig erledigt hätten. Die Umsatzsteuervoranmeldungen für 2018 und 2019 seien im April bzw. Mai 2019 eingereicht worden.
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Der Kläger beantragt mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 27. November 2019, den Bescheid der Stadt …, Ordnungsamt, vom 26.03.2019, Aktenzeichen: … aufzuheben.
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Zur Klagebegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einkommensteuererklärung für 2016 bereits im April 2018 eingereicht worden sei. Der Kläger habe vom Finanzamt- … auch einen entsprechenden Bescheid für den Veranlagungszeitraum 2016 erhalten. Dies habe er bereits im Oktober 2018 dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten, Herrn …, mitgeteilt. Unzutreffend sei auch, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar und Februar 2018 nicht eingereicht worden seien. Bei den Steuerrückständen handele es sich um Schätzungen, da der Steuerberater des Klägers die Erklärungen nicht rechtzeitig eingereicht habe. Nach der Steuerberechnung habe sich ergeben, dass Rückstände von lediglich 2.500,- EUR bestanden hätten. Der Kläger habe am 31. März 2019 weitere 1.500,- EUR an das Finanzamt überwiesen. Derzeit sei er mit seinen Steuererklärungen und -voranmeldungen auf dem Laufenden. Der Kläger habe im November 2018 Herrn … mitgeteilt, dass bei ihm keine Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien. Herr … erwiderte, dass diese Thematik nun für ihn erledigt sei. Der Kläger habe Anfang 2019 an einem Sanierungsplan gearbeitet, um sich mit den Gläubigern zu einigen. Dies habe er Herrn … am 13. März 2019 mitgeteilt. Er arbeite an einer derartigen Einigung. Den Termin zur Nachschau am 13. Februar 2019 habe der Kläger nicht einhalten können, da er sich Ende Januar und Februar 2019 im Ausland befunden habe und von dem Termin schlicht nichts gewusst habe. Im Übrigen beziehe sich die Nachschau gemäß § 29 GewO auf Personen, die eine Erlaubnis nach § 34c GewO benötigen. Der Kläger erbringe selbst keine Maklertätigkeit i.S.d. § 34c GewO, sondern vermittle lediglich zwischen Kunden und Maklern i.S.d. § 34c GewO. Er habe bei … einen Account für Makler eingerichtet, die zwar die Erlaubnis nach § 34c GewO hätten, jedoch bei einem Versicherungsunternehmen arbeiteten und deshalb nicht öffentlich in Erscheinung treten wollten. Entsprechende Kooperationsverträge zwischen dem Kläger und diesen Maklern lägen vor.
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Eine Nachschau im Schuldnerverzeichnis des Vollstreckungsportals am 16. Dezember 2019 ergab zwei neue Eintragungen vom 29. und 31. Juli 2019, jeweils aufgrund ausgeschlossener Gläubigerbefriedigung (Az.: …*). Das Finanzamt … teilte der Beklagten am 18. Dezember 2019 telefonisch mit, dass der Kläger derzeit keine Rückstände habe.
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Die Beklagte beantragt mit Schreiben vom 15. Januar 2020,
die Klage abzuweisen.
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Zur Klageerwiderung wurde zunächst auf die Gründe des angefochtenen Bescheids und die Stellungnahme des Herrn … vom 8. Januar 2020 Bezug genommen. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine schriftliche Antwort des Klägers auf das Auskunftsersuchen vom 19. November 2018 liege bis heute nicht vor. Inwieweit er eine mündliche Auskunft erteilt habe, sei nicht feststellbar. Die Gesprächsnotiz vom 13. März 2019 enthalte diesbezüglich keine Feststellungen. Aufgrund der Unverbindlichkeit von mündlichen Auskünften würden diese jedoch grundsätzlich nicht akzeptiert. Ein Sanierungsplan sei dem Ordnungsamt bis heute nicht bekannt. Vielmehr weise das Vollstreckungsportal inzwischen sechs Eintragungen auf. Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 GewO seien vorliegend aufgrund der Werbung im Internet erfüllt. Über einen entsprechenden Auslandaufenthalt lägen dem Ordnungsamt keine Informationen vor. Aktuelle Ausdrucke aus der Internetplattform … würden belegen, dass der Kläger weiterhin unter der Firma … auftrete und Immobilien zum Kauf anbiete. Eine Vermittlung i.S.d. § 34c Abs. 1 GewO finde bereits dann statt, wenn die Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen zur Immobilienvermittlung nachgewiesen werde. Dies bestehe vorliegend darin, dass der Kläger seinem Auftraggeber (einem anderen Makler) einen bisher unbekannten Interessenten oder ein Objekt und den künftigen Vertragspartner benenne, sodass der Auftraggeber von sich aus Vertragshandlungen aufnehmen könne. Eine Liste seiner Auftraggeber bzw. die Kooperationsverträge habe der Kläger nicht vorgelegt. Ergänzend führte die Beklagte aus, maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses, sodass die danach erfolgte Zahlung der Steuerschulden allenfalls in einem Wiedergestattungsverfahren nach § 35 Abs. 6 GewO Berücksichtigung finden könnten. Die bei Bescheidserlass bestehenden Steuerschulden seien auch dann fällig gewesen, wenn sie auf Schätzungen beruhten. Zudem würden die zahlreichen aktenkundigen Internetausdrucke belegen, dass der Kläger mit seinen Tätigkeiten zumindest die Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen i.S.d. § 34c Abs. 1 GewO nachweise.
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Auf gerichtliche Aufforderung legte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 4. September 2020 folgende Dokumente vor:
- Muster eines qualifizierten Makler-Allein-Verkaufsauftrags: Als Auftragnehmer wird „Informations- und Dienstleistungszentrum, In Kooperation mit Makler …,
bezeichnet.
- Vertrag für einen freien Mitarbeiter zwischen Informations- und Dienstleistungszentrum für Immobilien (Geschäftsinhaber: …*) (Auftraggeber) und Herrn … (Auftragnehmer) vom 15. Januar 2020 Mit Beschluss der Kammer vom 24. Juli 2020 ist der Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden.
21
Mit Schreiben jeweils vom 21. Oktober 2020 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
23
Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
24
1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. März 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen, der die Einzelrichterin folgt, und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Im Hinblick auf das klägerische Vorbringen im gerichtlichen Verfahren ist noch ergänzend auszuführen:
26
Die schlichte Behauptung des Klägers, seine Einkommensteuererklärung für 2016 bereits im April 2018 eingereicht zu haben, welche weder aktenkundig ist noch sonst glaubhaft gemacht wurde, vermag es nicht, die Richtigkeit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Mitteilungen des Finanzamtes in Zweifel zu ziehen. Entsprechendes gilt auch für das schlichte Bestreiten, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar und Februar 2018 nicht eingereicht worden seien. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass der Kläger nach Angaben der IHK bei seiner persönlichen Vorsprache am 11. März 2019 selbst eingeräumt hatte, dass diese Umsatzsteuervoranmeldungen noch ausstünden und demnächst nachgereicht würden.
27
Nicht entscheidungserheblich ist, ob die Steuerrückstände des Klägers auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) beruhen. Müssen Besteuerungsgrundlagen nämlich - insbesondere deswegen, weil der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht hinreichend nachkommt - geschätzt werden, so ist eine Steuerschuld, die auf diesen Schätzungen basiert, nicht von einer anderen rechtlichen Qualität als eine solche, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergibt (vgl. VG Gießen, B.v. 26.4.2004 - 8 G 1361/04 - GewArch 2004, 302 - juris Rn. 24 m.w.N.).
28
Nicht entscheidungserheblich ist auch, inwiefern der Kläger nach Wirksamwerden des angefochtenen Bescheides, vorliegend am 28. März 2019 (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG), seinen steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten doch nachgekommen ist und/oder ein tragfähiges Sanierungskonzept ausgearbeitet hat. Für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Rechtsmäßigkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen (stRspr seit BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146/80 - BVerwGE 65, 1 - juris Rn. 13 f.).
29
Es bestehen auch keine begründeten Zweifel an der Feststellung der Beklagten, dass der Kläger unter seiner Firma … bereits jahrelang gewerbsmäßig Immobilienmaklertätigkeiten ohne Gewerbeanmeldung und ohne die nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO erforderliche Erlaubnis ausübt. Unabhängig davon, ob das vom Kläger behauptete Geschäftsmodell noch unter § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO fällt, hat er dieses bereits nicht zur Überzeugung der Einzelrichterin nachgewiesen. Die erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgelegten „Kooperationsverträge“ sind hierzu nicht geeignet. Bei dem qualifizierten Makler-Allein-Verkaufsauftrag handelt es sich um einen bloßen Mustervertrag. Auch der erst am 15. Januar 2020 zwischen* … und Herrn … geschlossene Vertrag für einen freien Mitarbeiter hat keine Aussagekraft hinsichtlich der Frage, welche Rechtsverhältnisse dem Geschäftsbetrieb des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses zugrunde lagen. Schließlich oblag es dem Kläger jedenfalls, bei einem längeren Auslandsaufenthalt ausreichende Vorkehrungen zu treffen, um rechtzeitig von den ihm zugegangenen rechtserheblichen (insb. behördlichen) Erklärungen tatsächlich Kenntnis zu nehmen.
30
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
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Dem Kläger bleibt es unbenommen, zu gegebener Zeit einen Antrag auf Wiedergestattung der persönlichen Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 6 GewO zu stellen, wenn bis dahin Tatsachen eingetreten sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass seine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt.
32
2. Der Kläger trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO).