Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 06.07.2021 – B 3 E 21.729
Titel:

Präsenzunterricht, Ausgestaltung des Distanzunterrichts, Testpflicht

Normenketten:
VwGO § 123
BaylfSMV § 20 Abs. 2 13.
Schlagworte:
Präsenzunterricht, Ausgestaltung des Distanzunterrichts, Testpflicht
Fundstelle:
BeckRS 2021, 23884

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass der Antragsgegner ihr unverzüglich die Schulunterrichtsteilnahme ermöglicht.
2
Die Antragstellerin besucht die Klasse 6a der …Realschule* … Der Schulunterricht fand ab dem 14.04.2021 - wie auch schon vor den Osterferien - im Wechselunterricht statt. Seit dem 07.06.2021 findet der Unterricht an der Realschule wieder im Präsenzunterricht statt. Seit dem 14.04.2021 darf die Antragstellerin den Präsenzunterricht nicht mehr besuchen, da sie keinen negativen Covid-19-Test nachweisen kann bzw. nicht an den Testungen an der Schule teilnimmt.
3
Mit am 28.06.2021 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenem Schriftsatz vom 25.06.2021 ersuchte die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz und beantragte,
1.
Ich beantrage, der Staatlichen Realschule …, … vertreten durch Herrn … anzuordnen, unverzüglich die Schulunterrichtsteilnahme für die Antragstellerin wieder zu ermöglichen.
2.
Ferner beantrage ich, eine einstweilige Anordnung im Sinne von 1. zu beschließen, bis das Verfahren zum Abschluss gekommen ist.
4
Die Antragstellerin dürfe seit dem 14.04.2021 die Schule nicht mehr betreten, weil sie die Anforderungen eines negativen Covid-Testergebnisses nicht vorweisen könne und an den Testungen der Schule nicht teilnehme. Sie sei weitestgehend vom Kontakt mit der sogenannten Schulfamilie aus Mitschülern und Lehrern abgeschnitten. Es sei lediglich durch eine von der Schulleitung beauftragte Lehrerin dafür gesorgt worden, dass der Antragstellerin eine Mitschülerin zugeordnet worden sei, die ihre Unterrichtsmitschriften fotografiere und der Antragstellerin zusende. Seit dem 24.06.2021 habe die Antragstellerin die Zusage, dass die Lehrkräfte ihr Arbeitsblätter aus dem Unterricht zukommen lassen würden. Der beschriebene Sachverhalt zeige eindeutig auf, dass die Antragstellerin seit dem 14.04.2021 extrem benachteiligt werde und kein Ende dieser Benachteiligung absehbar sei. Der Antragstellerin würden Bildungsangebote und Sozialkontakte verwehrt. Der VGH München sei im Beschluss vom 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 präzise auf dieses Konzept der Benachteiligung der Antragstellerin eingegangen. Es werden die Randnummern 24 bis 27 des Beschlusses vom 14.04.2021 des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Az.: 20 NE 21.1060) zitiert. So wie der der Senat es in Randnummer 27 verstehen würde, so würden die Antragstellerin und ihre Eltern sich eine Umsetzung in der Schulpraxis wünschen. Durch die aktuelle Praxis der Staatlichen Realschule … würde die Antragstellerin in ihren Rechten deutlich beschnitten. Die Familie werde seit mehr als zwei Monaten unter "Druck" gesetzt, die informationelle Selbstbestimmung der Antragstellerin aufzugeben, indem ihr kein adäquates Unterrichtsangebot zur Verfügung gestellt werde. Um die Benachteiligungen unverzüglich zu beenden, solle die beantragte einstweilige Anordnung angemessen sein.
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Mit Schriftsatz vom 01.07.2021 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wird vorgetragen, dass seit dem 07.06.2021 - mit Inkrafttreten der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) - die Unterrichtsgestaltung auf allgemeinen Präsenzunterricht umgestellt worden sei und Home-Unterrichts-Modelle (Distanz- bzw. Wechselunterricht) seit diesem Zeitpunkt nicht mehr allgemein angeboten würden. Entsprechend § 20 Abs. 2 13. BayIfSMV gestatte die Schule den Schülerinnen und Schülern eine Teilnahme am Präsenzunterricht nur unter der Voraussetzung von Corona-Test-Nachweisen zweimal wöchentlich. Für Schülerinnen und Schüler, die aus persönlichen oder sonstigen Gründen keinen Testnachweis erbringen würden und daher nicht am Präsenzunterricht teilnehmen würden, biete die Schule einen sog. "materialgestützten Distanzunterricht" an. Dieser bestehe darin, dass eine zuverlässige Mitschülerin bzw. ein zuverlässiger Mitschüler Fotografien der Tafelanschrift und der Hefteinträge anfertige und an den abwesenden Schüler/die abwesende Schülerin sende. Hiermit sei sichergestellt, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler regelmäßig an das Unterrichtsgeschehen angebunden würden und im Klassenverband verwurzelt blieben. Gleichzeitig halte eine Lehrkraft regelmäßigen telefonischen Kontakt zu der Schülerin bzw. dem Schüler und den Eltern zu Hause. Der Vater der Antragstellerin habe sich mit dem Vorgehen zunächst in einem Telefonat mit der Kontaktlehrerin … einverstanden erklärt. In der weiteren Folge habe der Vater der Antragstellerin deutlich gemacht, dass er diese Form der Beschulung für nicht ausreichend erachte. Daraufhin seien die Lehrkräfte der Klasse 6a durch die Schulleitung gebeten worden, im Rahmen der personellen Möglichkeiten weitergehende regelmäßige Informationen über die Kontaktlehrkraft an die Antragstellerin weiterzugeben. Über die angebotenen regelmäßigen Telefonate, der nach Ansicht der Schulleitung äußerst engagierten Kontaktlehrkraft mit dem Elternhaus und die zusätzlichen Informationen der Fachlehrkräfte solle sichergestellt werden, dass die Antragstellerin im Rahmen der personellen Kapazitäten der Schule ausreichend über das aktuelle Unterrichtsgeschehen in der Klasse informiert werde. Über die Kontaktlehrkraft hätten die Eltern oder die Schülerin stets die Möglichkeit, Nachfragen zu stellen und gegebenenfalls die Kontaktfrequenz zu erhöhen. Die Antragstellerin bzw. ihr Vater würden das dargestellte Unterrichtsangebot der Schule für nicht ausreichend halten und würden der Sache nach die Möglichkeit der Teilnahme am Präsenzunterricht, ohne die Verpflichtung zur Erbringung von Testnachweisen, begehren. Die schulseitigen Angebote bzw. deren Entgegenkommen würden von der Familie der Antragstellerin nur sehr zurückhaltend angenommen. So sei telefonisch angeregt worden, für die Antragstellerin andere geeignete Testmöglichkeiten außerhalb der Schule bzw. des elterlichen Haushalts zu suchen, was zunächst zwar auf Interesse der Familie gestoßen sei, aber worauf nicht wieder zurückgekommen worden sei.
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Der Eilantrag sei bereits unzulässig. Der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt, auch im Zusammenspiel mit der Begründung ergebe sich nicht, welche Maßnahmen begehrt seien. Jedenfalls mangele es dem Antrag am Rechtsschutzbedürfnis. Die Schulunterrichtsteilnahme werde in der vorgeschriebenen Form ermöglicht. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass und warum das Angebot im konkreten Fall unzureichend sei. Der Antrag sei aber auch mangels Anordnungsanspruch unbegründet. Die 13. BayIfSMV sehe gerade keine Befugnis für Ausnahmen von der Testpflicht, außer bei sonderpädagogischem Förderbedarf, vor. Der Schule bliebe kein Spielraum bei der Anwendung der Verordnung. Damit wende sich die Antragstellerin gegen die Verordnung selbst, so dass ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof durchzuführen sei. Den vom VGH München im Beschluss vom 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 gestellten Anforderungen trage die Schule durch das beschriebene Modell des sog. "materialgestützten Distanzunterrichts" Rechnung. Die pauschale Behauptung, dies sei kein adäquates Unterrichtsangebot, genüge nicht, um festzustellen, dass dieses Angebot unzureichend sei.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
10
Der nach Auslegung des Antragsbegehrens im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerin zulässige Antrag (vgl. §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) ist in der Sache unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich ist für einen Erfolg des Antrags, dass die Antragstellerin einen materiellen Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Eilbedürftigkeit) gerade im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Anordnungsgrund) glaubhaft machen kann.
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1. Der Anordnungsgrund liegt vor, da das Begehren der Antragstellerin ohne Weiteres eilbedürftig ist.
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2. Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben, da die Antragstellerin weder einen Anspruch auf Präsenzunterricht ohne vorherigen Test noch auf eine spezifische Ausgestaltung des Distanzunterrichts gegen den Antragsgegner hat.
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2.1 Die Teilnahme am Präsenzunterricht ist nur für Schülerinnen und Schüler zulässig, die zweimal in der Woche mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden.
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Grundlage hierfür ist nunmehr § 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV. Dieser regelt, dass die Teilnahme am Präsenzunterricht und an Präsenzphasen des Wechselunterrichts sowie an der Mittags- und Notbetreuung Schülerinnen und Schülern nur erlaubt ist, wenn sie zwei Mal wöchentlich einen Testnachweis nach § 4 Nr. 1 Buchst. a erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben, wobei die dem Testnachweis zugrundeliegende Testung oder der in der Schule vorgenommene Selbsttest höchstens 48 Stunden vor dem Beginn des jeweiligen Schultags vorgenommen worden ist; § 4 Nr. 2 und 4 findet keine Anwendung. Nach § 20 Abs. 3 Satz 4 13. BayIfSMV kann das Staatsministerium für Unterricht und Kultus für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Ausnahmen bekanntmachen.
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Gründe für eine Ausnahme von der Testpflicht (sonderpädagogischer Förderbedarf) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Damit ist Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht, dass die Antragstellerin einen entsprechenden Testnachweis erbringt. Ohne diesen Testnachweis, ist eine Teilnahme am Präsenzunterricht folglich nicht möglich.
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Es wird darauf hingewiesen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu der § 20 Abs. 3 13. BayIfSMV entsprechenden Vorgängernorm § 18 Abs. 4 der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 9. April 2021 (12. BayIfSMV) entschieden hatte, dass die Regelung voraussichtlich materiell rechtmäßig ist (BayVGH - B.v. 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 - juris Rn. 13 ff.), so dass das erkennende Gericht auch keine Zweifel hinsichtlich § 20 Abs. 3 13. BayIfSMV hat. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass für eine Überprüfung des § 20 Abs. 3 13. BayIfSMV der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zuständig wäre. Ist Gegenstand eines Begehrens, vorläufig festzustellen, dass die Normen einer Verordnung dem begehrten Verhalten nicht entgegenstehen - hier Teilnahme am Präsenzunterricht ohne Test -, ist für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO kein Raum. In diesen Fällen ist ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO statthaft. Anderes ist nur denkbar, wenn der Normadressat - unter Weitergeltung der Norm - lediglich die Feststellung begehrt, ein bestimmter Sachverhalt falle (gegebenenfalls auch nach Auslegung der Norm) nicht in ihren Anwendungsbereich (BayVGH, B.v. 18.6.2020 - 20 CE 20.1388 - juris).
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2.2 Auch ist zu berücksichtigen, dass keine Testpflicht besteht. Es bleibt der Antragstellerin überlassen, ob ein Testnachweis erbracht wird. Die Antragstellerin kann sich also in zumutbarer Weise den Zugang zum Präsenzunterricht eröffnen.
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Entsprechend § 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV ist die Folge eines fehlenden Testnachweises, dass eine Teilnahme am Präsenzunterricht nicht möglich ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (B.v. 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 - juris). Vielmehr wird ausgeführt, dass Schülerinnen und Schüler, welche einen Test nicht durchführen wollen oder können, vom Unterricht zwar nicht ausgeschlossen werden dürfen, diese können jedoch am Distanzunterricht und am Distanzlernen teilnehmen (BayVGH - B.v. 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 - juris Rn. 24) und so letztlich ihrer Schulpflicht nachkommen.
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Prinzipiell ist es der Antragstellerin auch zumutbar, einen entsprechenden Nachweis zu erbringen und sich so den Zugang zum Präsenzunterricht zu eröffnen. Es ist zu berücksichtigen, dass der Testnachweis nicht auf einen bestimmten Test, wie z.B. einen Test mit Nasenabstrich, begrenzt ist. Nach § 4 Nr. 1 a) 13. BayIfSMV ist ein schriftliches oder elektronisches negatives Testergebnis eines PCR- oder POC-Antigentests nachzuweisen, das den Bestimmungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) entspricht. Der Nachweis kann auch durch einen durch die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit einem negativen Ergebnis geführt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV). Die Liste der entsprechenden Antigentests und Selbsttests lässt sich auf der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte abrufen (https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Aufgaben/ Spezialthemen/Antigentests/_node.html,zuletzt abgerufen am: 6.7.2021). Damit können auch sogenannte Spucktests durchgeführt werden, die teilweise durch die Anwender als weniger invasiv empfunden werden als Tests mit einem Nasen- oder Rachenabstrich. Hinsichtlich verschiedener Testmöglichkeiten zeigt sich der Antragsgegner auch offen. Er hat den Vater der Antragstellerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser sich über andere Testmöglichkeiten wie Lollitests informieren kann, die gegebenenfalls beim Kinderarzt durchzuführen wären (vgl. Telefongespräch vom 21.06.2021).
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2.3 Es besteht ebenfalls kein Anspruch der Antragstellerin darauf, dass der Antragsgegner zu einer spezifischen Ausgestaltung des Distanzunterrichts verpflichtet wird.
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Zum einen wurden im Verfahren selbst keine konkreten Forderungen vorgetragen. Zum anderen gibt es aber auch keinen Anspruch darauf, dass bestimmte Forderungen - hier ergibt sich aus der Verwaltungsakte die Bitte, den Präsenzunterricht per Video zu übermitteln - umgesetzt werden.
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Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichthofs vom 14.4.2021 (Az.: 20 NE 21.1060). Unabhängig davon, dass die Begründung eines gerichtlichen Beschlusses keine Bindungswirkung für die Verwaltung aufweist, sondern eine solche sich nur aus dem Urteilstenor ergibt, finden sich in dem angegebenen Beschluss keine Ausführungen dahingehend, dass im Falle der Verweigerung eines Coronatests, mit der Folge, dass nicht an einem Präsenzunterricht teilgenommen werden kann, ein Anspruch auf "einen mit dem Präsenzunterricht gleichartigen Distanzunterricht" bestehen würde. Vielmehr führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass in diesem Fall die Schulpflicht durch die Teilnahme am Distanzunterricht beziehungsweise Distanzlernen erfüllt werde (BayVGH, B.v. 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 - juris Rn. 27). Er trifft dabei aber keinerlei Aussage darüber, wie dieser Distanzunterricht auszugestalten ist.
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Die konkrete Ausgestaltung des Unterrichts liegt im schulorganisatorischen Ermessen (VG Aachen, B.v. 29.4.2021 - 9 L 249/21 - juris Rn 55). Dabei richtet sich die konkrete Ausgestaltung des Unterrichts nach dem Lehrplan. Der Unterricht im Distanzunterricht erfolgt, wie auch der Präsenz- und Wechselunterricht, nach dem Lehrplan. Bei diesem handelt es sich nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayEUG um die Grundlage für Unterricht und Erziehung. Der Gesetzgeber schreibt ihm damit entscheidende Bedeutung für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule (Art. 1, 2 BayEUG) zu. Nach diesem muss sich die Ausgestaltung der individuellen Unterrichtsplanung- und Gestaltung des einzelnen Lehrers richten (Art. 59 Abs. 1 Satz 1 BayEUG; Lindner/Stahl in Das Schulrecht in Bayern Band 1, Stand: November 2020, Art. 45 Rn. 5). Unabhängig davon, ob es sich daher um eine Beschulung im Distanzunterricht oder im Präsenz- und Wechselunterricht handelt, ändert sich der vorgegebene Stoff des Lehrplans nicht.
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Im Rahmen des Distanzunterrichts können nicht die gleichen Lehrmethoden wie im Präsenzunterricht angewendet werden, da es sich bei diesem um eine andere Art des Unterrichts handelt. Nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BaySchO ist Distanzunterricht Unterricht, der in räumlicher Trennung von Lehrkräften und Schülern stattfindet. Dieser wird nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BaySchO grundsätzlich durch elektronische Datenkommunikation unterstützt. Unter einer Lehrmethode ist die Unterweisung und Anleitung im Unterricht zu verstehen. Bereits durch die räumliche Trennung von Lehrkräften und Schülern kann nicht die gleiche Lehrmethode angewendet werden. Je nach Ausgestaltung des Distanzunterrichts, bei dem die Schule nach § 19 Abs. 4 Satz 5 BaySchO die im Rahmen des Distanzunterrichts eingesetzten elektronischen Verfahren festsetzt, die nach Zweck, Umfang und Art den in Anlage 2 Abschnitt 4 und 7 geregelten Vorgaben entsprechen müssen, können die Lehrkräfte nicht auf die gleiche Art und Weise mit den Schülern in Kontakt treten wie bei einem Präsenzunterricht, sodass für das Distanzlernen eigene Konzepte entwickelt und angewendet werden müssen, die bereits denklogisch nicht denen eines Präsenzunterrichts entsprechen können.
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Wie sich aus den Ausführungen des Antragsgegners und den vorgelegten Unterlagen ergibt, wird der Antragstellerin ein Distanzunterricht in dem Umfang gewährt, wie es im Rahmen der sachlichen und personellen Mittel der Realschule möglich ist. Der Antragstellerin wurde eine Kontaktlehrerin zur Verfügung gestellt, die sich um die Belange der Antragstellerin kümmert. Hier besteht über den Schulmanager regelmäßiger Kontakt mit der Antragstellerin. Auch stehen der Vater der Antragstellerin und die Kontaktlehrerin in regelmäßigen Kontakt. Zudem werden der Antragstellerin regelmäßig - zum einen durch eine bestimmte Mitschülerin und zum anderen über die Online-Lernplattformen der Schule - Unterlagen zur Verfügung gestellt. Es mag nicht ausgeschlossen sein, dass diese Art der Distanzbeschulung ein erhöhtes Maß an Eigeninitiative und Disziplin seitens der Antragstellerin und in gewissem Umfang die Unterstützung ihrer Erziehungsberechtigten erfordert, dies erscheint aber im Hinblick auf die begrenzten personellen und sachlichen Ressourcen der Schule, eine geeignete Ausgestaltung des Distanzunterrichts darzustellen, vertretbar. Der Antragsgegner ist soweit ersichtlich auch bereit, auf die Bedürfnisse der Antragstellerin einzugehen. Allerdings ist es auch Aufgabe der Antragstellerin, ihre Bedürfnisse gegenüber der Schule geltend zu machen, indem sie konkreten Lernbedarf bei den jeweiligen Fachlehrerinnen und -lehrern beziehungsweise ihrer Kontaktlehrerin geltend macht. Zudem ist es auch Aufgabe der Antragstellerin, ihren schulischen Pflichten - wie das Übersenden der erledigten Aufgaben über die entsprechenden Lernplattformen an die Lehrerinnen und Lehrer - nachzukommen. Nur so kann der Antragsgegner, der sich soweit ersichtlich stets hilfsbereit gezeigt hat, auf die entsprechenden Bedürfnisse reagieren. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der sozialen Kontakte der Antragstellerin. Der Antragsgegner hat nur begrenzt Einfluss auf die sozialen Kontakte der Antragstellerin. Ein Kontakt mit den Lehrkräften ist regelmäßig möglich. Es liegt an der Antragstellerin diesen gegebenenfalls verstärkt wahrzunehmen. Aber auch der Kontakt zu mindestens einer Mitschülerin ist durch das regelmäßige Versenden der Mitschriften gewährt. Möchte die Antragstellerin weitergehende Kontakte zu Mitschülerinnen und -schülern, so kann sie über soziale Medien beziehungsweise außerhalb des Schulunterrichts auch in Person (unter Berücksichtigung der jeweiligen Corona-Schutzmaßnahmen) diese Kontakte pflegen und erhalten.
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2.4 Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch die Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) gewährleistet. Lediglich wenn eine Beschulung insgesamt entfiele, könnte nicht mehr von einer freien Wahl der Schülerinnen und Schüler bzw. ihrer Erziehungsberechtigten ausgegangen werden. Dann bestünde die Gefahr, dass die Einwilligung gerade nicht aufgrund eines freien Entschlusses erfolgt, sondern nur unter dem "Druck", ansonsten vom Schulunterricht gänzlich ausgeschlossen zu werden und damit womöglich Bildungsnachteile zu erfahren (BayVGH - B.v. 14.4.2021 - 20 NE 21.1060 - juris Rn. 27; VG Aachen, B.v. 29.4.2021 - 9 L 249/21 - juris Rn. 64). Vorliegend wird aber gerade in dem geschilderten Umfang Distanzunterricht gewährt, so dass die Freiwilligkeit gewahrt ist.
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Nach alledem war der Antrag somit abzulehnen.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache abzielt, unterbleibt eine Reduzierung des Streitwerts gegenüber dem Hauptsachverfahren um die Hälfte.