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LG München II, Urteil v. 15.01.2021 – 2 KLs 380 Js 108323/19
Titel:

Zur Strafbarkeit eines Mediziners wegen Blutdopings

Normenketten:
AMG § 6a Abs. 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2a
AntiDopG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4, Abs. 5
StGB § 70, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AntiDopG ist es verboten, eine Dopingmethode, die in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport aufgeführt ist, zum Zweck des Dopings im Sport bei einer anderen Person anzuwenden. Unter Dopingmethoden sind allgemein auf den menschlichen Körper nicht notwendigerweise stofflich wirkende Verhaltensweisen zu verstehen, die zur Leistungssteigerung unmittelbar oder mittelbar führen können oder sollen. (Rn. 620) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unter Sport ist dabei jegliche sportliche Betätigung erfasst, also sowohl der Leistungs-, Wettkampf-, Freizeit- als auch der Breitensport. Gleichgültig ist auch, ob die Leistungssteigerung auf sportliche Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit gerichtet ist. (Rn. 621) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hinsichtlich möglicher rechtlicher Bewertungseinheiten ist auch bei den Strafvorschriften des Antidopingrechts auf die zum Betäubungsmittelstrafrecht entwickelten Grundsätze zurückzugreifen. (Rn. 642) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei injiziertem getrocknetem Hämoglobin handelt es sich um einen Stoff, der – nicht nur abstrakt, sondern auch in seiner konkreten Verwendung – die Gesundheit zu schädigen geeignet ist, mithin um einen gesundheitsschädlichen Stoff iSv § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB. (Rn. 657) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine grobe Verletzung der mit dem Beruf als Arzt verbundenen Pflichten liegt vor, wenn der Täter durch die Tat den Pflichten gröblich zuwiderhandelt, die ihm für die Ausübung seines Berufes durch Gesetz oder anderweitig auferlegt sind. Es handelt sich um berufstypische Pflichten. Ob eine Pflichtverletzung grober Art ist, beurteilt sich nach dem Grad der Pflichtwidrigkeit und nach der Bedeutung der missachteten Pflichten. Als grob ist danach jede Pflichtwidrigkeit einzustufen, wenn die jeweilige Pflicht in einem besonders schweren Maß verletzt wird oder der Verstoß sich gegen eine besonders gewichtige Pflicht richtet. (Rn. 899) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anti-Do­ping-Ge­set­z, Arzneimittelgesetz, Blutdoping, Winter- und Radsportler, Me­di­zi­ner, Verabreichung nicht zugelassener Präparate, gefährliche Körperverletzung, Be­rufs­ver­bot, Operation Aderlass
Fundstellen:
BeckRS 2021, 198
SpuRt 2021, 344
LSK 2021, 198

Tenor

I. Der Angeklagte Dr. M. Sch., geboren am … …1978, ist schuldig des unerlaubten Inverkehrbringens, Verschreibens oder Anwendens bei anderen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in zwei Fällen und des unerlaubten gewerbsmäßigen Anwendens von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in 24 Fällen sowie der gefährlichen Körperverletzung.
Der Angeklagte Dr. M.Sch. wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 10 Monaten verurteilt.
Gegen den Angeklagten Dr. M. Sch. wird ein Berufsverbot als Arzt für Humanmedizin für die Dauer von 3 Jahren angeordnet.
Gegen den Angeklagten Dr. M. Sch. wird die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 148.000 Euro angeordnet. Der sichergestellte PC iMac (Asservat Nr. 28533/19) und das sichergestellte Mobiltelefon iPhone (Asservat Nr. 17382/19, Ziffern 2 bis 4) werden eingezogen.
II. Der Angeklagte D. Q., geboren am … …1980, ist schuldig der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in elf Fällen.
Der Angeklagte D. Q. wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt.
III. Die Angeklagte D. S., geboren am … …1970, ist schuldig der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in 15 Fällen.
Die Angeklagte D. S. wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die in der Republik Österreich erlittene Freiheitsentziehung wird im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Strafe angerechnet.
IV. Der Angeklagte A. Sch., geboren am … …1952, ist schuldig der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in drei Fällen.
Der Angeklagte A. Sch. wird deshalb zu einer Gesamtgeldstrafe von 280 Tagessätzen zu je 35 Euro verurteilt.
Die in der Republik Österreich erlittene Freiheitsentziehung wird im Verhältnis 1:1 auf die verhängte Strafe angerechnet.
V. Der Angeklagte S. M., geboren am … …1978, ist schuldig der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in vier Fällen.
Der Angeklagte S. M. wird deshalb zu einer Gesamtgeldstrafe von 320 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt.
VI. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewandte Vorschriften:
§§ 95 Absatz 1 Nr. 2a, Absatz 3 Nr. 2 lit. b), 6a Absatz 1, Absatz 2 AMG jeweils in der von 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung, §§ 2 Absatz 2 Nr. 2, 4 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 2 lit. b), Absatz 5 AntiDopG i.V.m. Anlage I zu dem Internationalen Übereinkommen gegen Doping im Sport, §§ 27, 223 Absatz 1, 224 Absatz 1 Nr. 1, 53, 51 Absatz 4 Satz 2, 70, 73, 73c, 74 StGB

Entscheidungsgründe

abgekürzt nach § 267 Absatz 4 Satz 1 StPO
A. Persönliche Verhältnisse der Angeklagten
I. Dr. M. Sch.
1. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse
1
a) Der Angeklagte Dr. M. Sch. wurde am … …1978 in H. an der S. als Kind von Dr. H. Sch. und dem Angeklagten A. Sch. geboren. Es folgten ein Umzug der Familie nach E. und dort Besuch der Kinderkrippe und des Kindergartens. 1984 wurde der Angeklagte in E. eingeschult. Mit 13 Jahren wechselte er an das dortige Sportgymnasium. 1998 erlangte er das Abitur. Im Anschluss daran leistete er seinen Zivildienst beim Malteser Hilfsdienst in der Hauspflege ab. Von Oktober 1997 bis März 2003 studierte er Medizin an der J.-L.-Universität in G.. Er schloss das Studium dort ab, 2002 erfolgte die Promotion. Nach einem Auslandsaufenthalt in den USA verbrachte er sein praktisches Jahr von Oktober 2003 bis Oktober 2004 an der Universität L. am P.krankenhaus.
2
Es folgten mehrere Anstellungen und Arbeitgeberwechsel. Der Angeklagte Dr. M. Sch. arbeitete zunächst als Assistenzarzt für Kardiochirurgie von November 2004 bis April 2005 in der Zentralklinik Bad B.. Vom Mai 2005 bis Dezember 2005 war er als Assistenzarzt für Innere Medizin am Krankenhaus in W.-F. beschäftigt. Von Januar 2006 bis Dezember 2007 arbeitete er in der Praxis für Allgemeinmedizin seiner Mutter Dr. H. Sch.. Von April 2008 bis Januar 2009 war er in der Sportklinik H. L. tätig. Von Juli 2009 bis Dezember 2009 arbeitete er wieder in der Praxis seiner Mutter. Von November 2010 bis Mai 2011 arbeitete er in der Kinderarztpraxis von Frau Dr. H. in E.. Ab Juni 2011 war er wieder in der Allgemeinmedizinpraxis seiner Mutter tätig. Seit Oktober 2011 ist der Angeklagte Facharzt für Allgemeinmedizin. Seit 2012 ist er selbstständig niedergelassener Allgemeinarzt in einer Gemeinschaftspraxis, zusammen mit seiner Mutter. Der Angeklagte bezog aus dieser Tätigkeit zuletzt ein durchschnittliches monatliches Einkommen in Höhe von 12.000 bis 13.000 Euro netto. Er hat Schulden in Höhe von knapp EUR 300.000 aus einer Immobilienfinanzierung.
3
Der Angeklagte ist ledig und lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern in einer Eigentumswohnung in E.. Der gemeinsame Sohn wurde am … …2016 geboren. Außerdem ist noch die 13-jährige Tochter der Lebensgefährtin Mitglied der Familie. Die Familie bewohnt eine Eigentumswohnung in E.. Die Beziehung des Angeklagten zu seiner Lebensgefährtin ist bereits seit 2017 stark belastet.
4
Der Angeklagte ist bereits seit seiner Kindheit sportbegeistert. Beide Elternteile hatten Schwimmen als Leistungssport betrieben. Auch der Angeklagte trieb in seiner Kinder- und Jugendzeit viel Sport, vor allem Schwimmen sowie Alpin-Skifahren und Basketball. Während seines Medizinstudiums absolvierte er eine Trainerausbildung und hatte mehrere kleine Trainerjobs. Von 2003 bis 2005 betreute er darüber hinaus Radrennen in Thüringen. Aufgrund des Besuchs des Sportgymnasiums und der Tatsache, dass der Kontakt zu ehemaligen Mitschülern aus dieser Zeit weiter fortbestand, hatte der Angeklagte vielerlei Kontakte zu Leistungssportlern unterschiedlicher Sportarten. Schließlich wurde er für das Radsportteam „G.“ als Teamarzt angestellt. Als der Sponsor des Teams 2008 sein Engagement beendete, wurde das Team aufgelöst. 2009 und 2010 arbeitete der Angeklagte sodann für das Radsportteam „M.“. Nachdem sich auch hier der Hauptsponsor zurückzog, wurde das Team zum Ende der Saison 2010 ebenfalls aufgelöst. Die Auflösung der beiden Radsportteams erfolgte jeweils nach dem Bekanntwerden von Dopingvorwürfen gegen Fahrer der Teams. Daraus resultierend bleiben weitere Bemühungen des Angeklagten um eine Anstellung als Teamarzt eines anderen Radrennteams erfolglos, obwohl eine konkrete Verwicklung in Vorgänge rund um die Dopingvorwürfe dem Angeklagten nicht nachgewiesen wurde.
5
Im Nachgang zum Dopingfall des österreichischen Radfahrers B. K.l im Team G. lernte der Angeklagte Dr. M. Sch. dessen Sportmanager St. M. kennen. Diesen traf er bei dessen Strafprozess in diesem Zusammenhang in Wien wieder. Nachdem St. M. nach seinem Verfahren seine Geräte, welche er zum Blutdoping verwendet hatte, wieder zurückerhalten hatte, mit der Auflage, diese einer gemeinnützigen Organisation zukommen zu lassen, erwarb der Angeklagte Dr. M. Sch. von St. M. zum Preis von 50.000 Euro dessen Ausrüstung, insbesondere bestehend aus einer Blutzentrifuge „Alyx“, einem Zellverarbeitungssystem „ACP 215“, einem Tiefkühlschrank und einem Bluttemperierer „Sahara“ zum Auftauen tiefgefrorener Blutbeutel. Im Jahr 2011 ergänzte der Angeklagte die für das Blutdoping erforderliche Ausrüstung mittels der Hilfe von G. A., welcher zu dieser Zeit in Slowenien bei einer Herstellerfirma für Produkte für die Transfusionsmedizin arbeitete, und dessen Kontakt er von St. M. erhalten hatte. Spätestens ab 2012 hat der Angeklagte sodann mit dieser Ausrüstung Blutdopingmaßnahmen an Sportlern durchgeführt.
6
b) Forensisch relevante Erkrankungen oder Unfälle des Angeklagten, insbesondere solche mit einer Einwirkung auf den Kopf oder das Gehirn, sind nicht bekannt.
2. Vorstrafen
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Der Angeklagte Dr. M. Sch. ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten; im Bundeszentralregister finden sich keine strafrechtlichen Eintragungen.
3. Haftdaten
Am 27.02.2019 fand die sogenannte „Operation Aderlass“, eine konzertierte Ermittlungsaktion österreichischer und deutscher Ermittlungsbehörden mit mehreren Durchsuchungen in S. in Tirol und in E. statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. wurde im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ in Erfurt festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 26.02.2019, Gz. ER III Gs 1783/19, eröffnet am 28.02.2019, seit dem 05.07.2019 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 27.06.2019, Gz. ER VI Gs 2309/19 und seit dem 04.03.2020 aufgrund Haftbefehls des Landgerichts München II vom selben Tag, Gz. 2 KLs 380 Js 108323/19 in den Justizvollzugsanstalten München-Stadelheim und Hof.
II. D. Q.
1. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse
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a) Der Angeklagte D. Q. wurde am … …1980 in E. geboren und wuchs dort in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Seine ersten drei Lebensjahre verbrachte er bei den Großeltern väterlicherseits. Der Vater des Angeklagten litt an einer Alkoholerkrankung. Die Eltern des Angeklagten D. Q. heirateten im Jahr 1982, ließen sich aber schon im Jahr 1985 wieder scheiden.
9
Der Angeklagte hat zwei Halbbrüder väterlicherseits sowie zwei Vollgeschwister.
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Der Angeklagte D. Q. wurde im Jahr 1987 in E. eingeschult. Aufgrund schlechter schulischer Leistungen, Verhaltensauffälligkeiten und Fehlzeiten im Unterricht wurde im Oktober 1991 eine Heimerziehung angeordnet. Im Jahr 1992 verließ der Angeklagte das Heim in H. bei W. wieder und lebte zunächst bei seiner Mutter. Im Jahr 1996 zog er in eine betreute Wohngemeinschaft. Nach erfolgreicher Beendigung seiner Schulzeit mit dem Hauptschulabschluss 1996 absolvierte er 1997/98 einen Maurerlehrgang. Eine anschließende Ausbildung als Tiefbauarbeiter beendete er im Jahr 2000 mit einem ordnungsgemäßen Abschluss. Ab 1998 wohnte der Angeklagte in einer eigenen Wohnung. Nach mehreren wechselnden Anstellungsverhältnissen folgte 2002 der Wehrdienst bei der Bundeswehr. Im Jahr 2005 wurde eine gemeinsame Tochter mit seiner damaligen Lebensgefährtin geboren. Im selben Jahr erwarb er auch den Führerschein, da er sich selbstständig machen wollte. Mit seinem seither bestehenden Gewerbe (vorwiegend Bauleistungen und erweiterte Hausmeistertätigkeiten) erzielte er zuletzt jährliche Umsatzerlöse von etwa 110.000 Euro. Aufgrund einer Verurteilung durch das Landgericht Erfurt (siehe A.II.2) hat der Angeklagte D. Q. noch Schulden in Höhe von etwa 50.000 Euro.
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Seit dem Jahr 2015 lebt der Angeklagte D. Q. in einer festen Beziehung mit seiner aktuellen Verlobten. Beide brachten jeweils Töchter mit in die Beziehung. Insgesamt hat das Paar drei Töchter im Alter von 19, 18 und 15 Jahren.
12
Der Angeklagte D. Q. und der Angeklagte Dr. M. Sch. kennen sich seit vielen Jahren. Der Angeklagte D. Q. war Patient des Angeklagten Dr. M. Sch.. Über das Arzt-Patienten-Verhältnis hinaus entwickelte sich mit der Zeit eine Freundschaft zwischen ihnen. Der Angeklagte Dr. M. Sch. bediente sich dabei regelmäßig und zunehmend auch der Dienstleistungen des Angeklagten D. Q. und verhalf diesem zu Aufträgen.
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b) Ab dem Alter von elf Jahren begann der Angeklagte, regelmäßig Alkohol zu konsumieren. Seit Alkoholkonsum steigerte sich stetig, und fand im Alter von 17 bis 23 Jahren seinen Höhepunkt mit exzessivem Alkoholkonsum mehrmals pro Woche. Nach dem Vorfall im Jahr 2003, der auch Gegenstand des Urteils des Landgerichts Erfurt, Az. 551 Js 60002/03 2 Ks ist, reduzierte er seinen Alkoholkonsum merklich und nahm nahezu vollständig davon Abstand.
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Der Angeklagte wurde 2008 wegen einer Hautkrebserkrankung am Fuß operiert. Während seiner Untersuchungshaft im hiesigen Verfahren kam es vorübergehend zu dadurch bedingten Komplikationen, eine Fußbeugung war kaum möglich. Diese Beschwerden sind zwischenzeitlich wieder abgeklungen. Im Übrigen ist der Angeklagte gesund. Weitere Erkrankungen oder Unfälle, insbesondere solche mit einer Kopfbeteiligung, sind nicht bekannt.
2. Vorstrafen
Der Angeklagte D. Q. ist strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten. Im Auszug aus dem Bundeszentralregister für den Angeklagten vom 08.09.2020 findet sich die folgende strafrechtliche Eintragung:
1. 19.06.2008 LG Erfurt (Y1100) -551 Js 60002/03 2 Ks - Rechtskräftig seit 10.01.2009 Tatbezeichnung: Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Körperverletzung Datum der (letzten) Tat: 25.01.2003 Angewandte Vorschriften: StGB § 223 Absatz1, § 227 Absatz1, Absatz2, § 230 Absatz1, 2, § 56
2 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit bis 09.01.2011.
Anmerkung: Mitgeteilt unter dem abweichenden Geburtsnamen G. und dem Familiennamen Q… Strafe erlassen mit Wirkung vom 11.02.2011.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
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Der Angeklagte war am 25.01.2003 ab ca. 12.00 Uhr mittags in verschiedenen Gaststätten unterwegs und nahm in erheblichem Umfang Alkohol zu sich. Nach seinen unwiderlegten Angaben trank er im Laufe des Tages etwa 10 bis 15 Biere zu je 0,3 Liter sowie 4 Schnäpse zu je 0,02 Liter. In den Nachmittagsstunden stieß sein Freund A. B. hinzu, mit dem er seine Kneipentour fortsetzte. Gegen 21.15 Uhr begaben sich beide schließlich zu Fuß auf den Weg in Richtung T.straße, wo sie die Gaststätte ”W.s Billard Pub“, T.straße 54 in E., aufsuchen wollten. Der Angeklagte war an diesem Abend mit hellgrauen Sportschuhen, einer Jeans, einem T-Shirt, einer hellen Jacke und einem hellen Baseball-Cap bekleidet.
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Unterwegs kamen sie an dem Gebäude A.weg 35 vorbei. Hier fand in der Wohnung der Zeugen B. und Qu. eine Feier statt, die ebenfalls schon seit den Nachmittagsstunden im Gange war und bei der ebenfalls in größerem Umfang Alkohol getrunken wurde. Teilnehmer an dieser Party waren neben dem Wohnungsinhaber B. und seiner Freundin Bu. u. a. der Zeuge H. (genannt ”E.“) sowie die später Geschädigten Ba. und Qu. und noch einige weitere Personen, die der sogenannten Punkszene angehörten, zum Teil aber namentlich nicht festgestellt werden konnten.
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Nachdem der Angeklagte und der Zeuge B. Feiergeräusche und Stimmen aus der Wohnung gehört hatten, klingelten sie an der Wohnungstür und fragten, ob sie mittrinken bzw. mitfeiern könnten. Dieses Ansinnen wurde von den in der Wohnung Feiernden zurückgewiesen und der Einlass verweigert, wobei einige in der Hauptverhandlung gehörte Zeugen darauf hinwiesen, dass ohnehin kein Alkohol mehr vorhanden gewesen sei und die Gruppe gerade in Richtung ”AJZ“ habe aufbrechen wollen. Ein maßgeblicher Grund für die Einlassverweigerung war jedenfalls auch, dass der Angeklagte und der Zeuge B. schon rein äußerlich nicht zu den Partygästen in der Wohnung passten und von diesen aufgrund ihres Erscheinungsbildes (insbesondere der kurz geschorenen Haare) eher der rechten Szene zugeordnet wurden.
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Nachdem der Angeklagte und der Zeuge B. das Haus verlassen hatten, begaben sich auch die Feiernden aus der Wohnung auf die Straße. Spätestens jetzt kam es zu wechselseitigen Provokationen und im weiteren Verlauf auch zu Tätlichkeiten zwischen den Gruppen, deren Ablauf sich im Einzelnen nicht näher aufklären ließ. Fest steht, dass der Angeklagte und B. in Richtung T.straße liefen und in diese einbogen, dass die Mitglieder der anderen Gruppedarunter auch die bereits stark alkoholisierten Ba. und Qu.- ihnen folgten und dass es im Bereich der T.straße auch zu körperlichen Auseinandersetzungen kam, bei denen sich der Angeklagte eine ca. 1 cm tiefe Stichwunde im Rücken zuzog. Das Geschehen verlagerte sich schließlich bis zum Eingangsbereich des Hauses T.straße 54, in dem sich der ”Pub“ befand. Nachdem nun auch noch zwei weitere Verfolger, die zuvor um den Block gelaufen waren, aus der Gegenrichtung auftauchten (aus Richtung St straße), flüchteten der Angeklagte und B. schließlich in das Haus T.straße 54, in dem der dortige Wirt, R. T., den Tumult von der Straße bereits mitbekommen und sich zur Haustür begeben hatte.
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Zu diesem Zeitpunkt - etwa 21.20 Uhr - hatten erste Anwohner in der T.straße wegen des Lärms bereits die Polizei verständigt. Nachdem der Angeklagte und B. sich in den Hauseingang T.straße 54 geflüchtet hatten, versuchten einige Verfolger zunächst noch, in das Gebäude einzudringen, was u.a. der Angeklagte und der Zeuge T. durch Zuhalten der Tür jedoch verhinderten. Hierbei wurde von außen eine Türscheibe zerstört. Während des Tumultes vor der Gaststätte wurde auch das vor dem Eingang geparkte Auto des Zeugen W. beschädigt und die Alarmanlage ausgelöst, was den Zeugen W. veranlasste, seine Wohnung im Obergeschoss der T.straße 54 zu verlassen und nach unten zu gehen, wo er im Hausflur noch sah, wie der Angeklagte und der Wirt T., bei dem es sich um den Lebensgefährten der Mutter (Zeugin P. Bu.) der Lebensgefährtin des Zeugen W. (Zeugin A. Bu.) handelte, von innen die Haustür zuhielten. Nachdem die Verfolger von der Tür abgelassen hatten, begab sich der Angeklagte in den ”Pub“ und legte dort seine Jacke ab. Durch andere in der Gaststätte Anwesende, u. a. die Zeugin P. Bu., wurde ihm mitgeteilt bzw. bestätigt, dass er eine Stichverletzung am Rücken hatte. Hierüber erbost und aufgeregt, verließ der Angeklagte, jetzt nur noch mit einem T-Shirt bekleidet, nochmals das Gebäude, wobei ihm zumindest der Wirt T. und - dies lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedenfalls nicht ausschließen - auch noch ein oder zwei weitere Personen folgten.
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Die Mehrzahl der Verfolger aus dem A.weg befanden sich zu diesem Zeitpunkt schon wieder auf dem Rückzug. Nur die beiden erkennbar stark alkoholisierten Ba. und Qu. hielten sich noch in der unmittelbaren Nähe des ”Pubs“ auf, und zwar im Bereich der wenige Meter vom Eingang der T.straße 54 in Richtung A.weg gelegenen Straßenlaterne. Die Blutalkoholkonzentration des später verstorbenen Ba. betrug zu diesem Zeitpunkt mindestens 3,1 Promille, die des Nebenklägers Qu. 2,9 Promille. In dieser Situation ging der 1,94 Meter große, damals 90 Kilogramm schwere Angeklagte auf die beiden weiter grölenden Betrunkenen zu, machte eine schulter-lockernde, kreisende Bewegung und schlug zuerst Ba. und gleich danach den Nebenkläger Qu. mit jeweils einem gezielten Faustschlag zu Boden. Die Kammer schließt aus, dass den Faustschlägen des Angeklagten ein körperlicher Angriff des später verstorbenen Ba. unmittelbar vorausgegangen wäre oder dass die Faustschläge des Angeklagten von einem Verteidigungswillen getragen gewesen wären.
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Aufgrund des Schlages fiel der hochgradig betrunkene Ba. ”wie ein Brett“ bzw. ”wie ein nasser Sack“ rücklings um, schlug mit dem Hinterkopf auf den Gehweg auf und war sofort bewusstlos. Durch diesen Sturz zog er sich eine kreisrunde, im Durchmesser etwa 7,0 cm große Kopfschwartenunterblutung im Bereich des Hinterkopfes unterhalb einer gedachten Hutkrempe zu, die in der Folge zu einem schweren Hirnödem führte, an dessen Folgen der Geschädigte am 27.01 .2003 um 14.15 Uhr verstarb.
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Nachdem Ba. und Qu. zu Boden gegangen waren, trat der Angeklagte auch noch auf den am Boden liegenden Nebenkläger Qu. ein. Die Kammer konnte jedoch nicht zweifelsfrei feststellen, dass im weiteren Verlauf nur der Angeklagte auf den am Boden liegenden Qu. eingetreten hätte. Die Beweisaufnahme hat nicht völlig von der Hand zuweisende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass möglicherweise auch noch weitere Personen, die aus dem Gebäude T.straße herausgekommen waren, ebenfalls auf den am Boden liegenden Qu. eingetreten und ihn geschlagen haben.
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Der Geschädigte Qu. erlitt durch die Schläge und Tritte eine zentrolaterale Mittelgesichtsfraktur rechts, eine Nasenbeinfraktur und ein gedecktes Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades. Er musste operiert werden, befand sich über eine Woche in stationärer Behandlung und noch längere Zeit in ambulanter Behandlung. Er hatte noch längere Zeit Schmerzen im Gesicht und hat auch heute noch ein Taubheitsgefühl im Zahnfleisch. Inwieweit diese Verletzungen durch den Angeklagten verursacht wurden, konnte nicht abschließend geklärt werden, da zum einen nicht festgestellt werden konnte, ob die Verletzungen durch Faustschläge oder Tritte verursacht wurden und da zum anderen die Kammer nicht ausschließen konnte, dass nach oder neben dem Angeklagten auch noch andere Personen auf den Geschädigten Qu. eintraten oder einschlugen.
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Nach den Tätlichkeiten gegen Ba. und Qu. ging der Angeklagte zunächst in die Gaststätte zurück. Noch vor dem Eintreffen der Polizei kehrten einige Personen aus dem Umfeld der Geschädigten an den Ort des Geschehens zurück. Die Zeugin Bu. fuhr mit ihrem vor und hielt auf der Straße an. Mit Hilfe einer oder zweier weiterer Personen, wahrscheinlich der Zeugen Be. und H., wurden die bewusstlos am Boden liegenden Verletzten auf den Rücksitz des Pkws verfrachtet. Ob einer der Verletzten bei dem Transport zum Wagen den Helfern aus den Händen glitt und auf die Straße fiel, konnte nicht eindeutig festgestellt, aber auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Auf den Eintritt des Todes des Geschädigten Ba. hat sich ein solcher Sturz jedenfalls nicht maßgeblich ursächlich ausgewirkt. Nach dem Einladen fuhr die Zeugin Bu. die Verletzten ins H. Klinikum E..
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Kurz danach trafen Polizei und Krankenwagen in der T.straße ein. Die Stichwunde des Angeklagten wurde versorgt und er wurde mit dem Krankenwagen zunächst ebenfalls in Richtung H. Klinikum transportiert. Nachdem bekannt wurde, dass dort bereits die Kontrahenten des Angeklagten eingeliefert worden waren, fuhr der Krankenwagen mit dem Angeklagten in das Katholische Krankenhaus, das der Angeklagte jedoch kurz nach seinem Eintreffen wieder eigenmächtig verließ und in welches er erst nach etwa einer Stunde zurückkehrte.
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Eine Blutentnahme zur Alkoholbestimmung wurde bei dem Angeklagten nicht vorgenommen. Nach seinen unwiderlegten Trinkangaben betrug die maximale Blutalkoholkonzentration bei ihm zur Tatzeit gegen 21.30 Uhr 2,037 Promille. Der Angeklagte war jedoch in seiner Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigt.
3. Haftdaten
28
Der Angeklagte D. Q. wurde in dieser Sache am 18.03.2019 in E. festgenommen und befand sich von da an bis zu seiner Entlassung am 18.12.2020 in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 15.03.2019, Gz. ER VI Gs 935/19, eröffnet am 18.03.2019, seit dem 03.07.2019 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 27.06.2019, Gz. ER VI Gs 2307/19 und seit dem 03.03.2020 aufgrund Haftbefehls des Landgerichts München II vom selben Tag, Gz. 2 KLs 380 Js 108323/19, in den Justizvollzugsanstalten Goldlauter, Nürnberg, Würzburg, Augsburg-Gablingen und München-Stadelheim.
III. D. S. 1. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse
29
a) Die Angeklagte D. S. wurde am … …1970 in S. in Thüringen geboren und wuchs dort auch auf. Sie besuchte dort den Kindergarten und anschließend die polytechnische Hochschule in E.. Danach absolvierte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester in der Charité in Berlin. Anschließend schrieb sie sich in Berlin für ein Medizinstudium ein, beendete dieses jedoch nicht, da sie mit ihrer ältesten Tochter schwanger wurde und gesundheitliche Probleme des Kindes auftraten. Nach einem Umzug zurück nach Thüringen heiratete sie dort den Vater ihrer Tochter, einen Arzt. Aus dieser Ehe entstammen insgesamt drei Kinder im Alter von gegenwärtig 29, 25 und 23 Jahren. Aufgrund der beruflichen Orientierung des Mannes zog die Familie im Folgenden durchschnittlich alle zwei Jahre um und hatte ihren Lebensmittelpunkt an verschiedenen Orten innerhalb der Bundesrepublik sowie zuletzt in der Schweiz. Nach einer tiefen Ehekrise entschloss sich die Angeklagte ihren Mann zu verlassen und zog allein mit den drei Kindern zurück nach Thüringen. Sie begann dann selbst wieder beruflich Fuß zu fassen und absolvierte verschiedene Weiterbildungen. Sie nahm eine Stelle beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) als Krankenschwester an und arbeitete sich dort hoch bis zur Abteilungsleiterin. Aufgrund ihrer Inhaftierung und ihrer Verwicklung in das gegenständliche Verfahren wurde ihr vom Arbeitgeber nahegelegt, die heraus-gehobene Position als Abteilungsleiterin aufzugeben, was sie auch tat. Die Angeklagte hat zwischenzeitlich eine andere Anstellung in einer Arztpraxis in E. gefunden.
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Die Angeklagte verdiente in ihrer Stellung als Abteilungsleiterin zwischen 1.800 und 2.000 Euro netto pro Monat inklusive Zulage als Abteilungsleitung und Nachtdienstgeldern. In ihrer neuen Anstellung in einer Arztpraxis verdient die Angeklagte etwa 1.600 Euro netto. Zusätzlich hat sie einen Nebenjob auf 450 Euro-Basis. Die Angeklagte hat Mietkosten in Höhe von 939 Euro monatlich und unterstützt außerdem ihren Sohn finanziell. Sie verfügt über kein wesentliches Vermögen und hat Schulden in Höhe von etwa 16.000 Euro aus laufenden Lebenshaltungskosten.
31
Die Angeklagte D. S. und der Angeklagte Dr. M. Sch. lernten sich Ende 2011 über den Bereitschaftsdienst der kassenärztlichen Vereinigung kennen. Die Angeklagte hatte damals die Aufgabe, neu hinzugekommene Ärzte einzuweisen. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe zunächst - wie sie - viele Dienste übernommen, man habe sich gut verstanden und sich schließlich auch privat zum Essen oder zu Feiern eingeladen. Im Jahr 2014 unterstützte der Angeklagte Dr. M. Sch. die Angeklagte D. S. bei einem Umzug und finanziell bei der Anschaffung eines Kleinkraftrades für ihren Sohn. Im Dezember 2017 wurde die Angeklagte D. S. von dem Angeklagten Dr. M. Sch. angesprochen, ob auch sie ihm bei der Durchführung und Organisation der Dopingmaßnahmen helfen könne. Im Folgenden kam es zu ihrer Mitwirkung bei den verfahrensgegenständlichen Taten.
32
b) Die Angeklagte ist gesund. Es sind keine Krankheiten und keine außergewöhnlichen gesundheitlichen Belastungen bekannt.
2. Vorstrafen
33
Die Angeklagte D. S.r ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten; im Bundeszentralregister finden sich keine strafrechtlichen Eintragungen.
3. Haftdaten
34
Die Angeklagte D. S. wurde in dieser Sache am 27.02.2019 in S. in Österreich festgenommen und befand sich dann zunächst in Auslieferungshaft. Sie wurde am 05.04.2019 nach Deutschland überstellt und befand sich von da an bis zur Entlassung am 16.05.2019 aufgrund Außervollzugsetzung durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 16.05.2019, Gz. ER VI Gs 1765/19, in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 26.02.2019, Gz. ER III Gs 1782/19, eröffnet am 05.04.2019, in der Frauenabteilung der Justizvollzugsanstalt München - Stadelheim.
IV. A. Sch.
1. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse
35
a) Der Angeklagte A. Sch. ist der Vater des Angeklagten Dr. M. Sch. und wurde am … …1952 in L. in Thüringen geboren. Im Jahr 1959 erfolgte der Umzug der Eltern des Angeklagten A. Sch. von dort nach E.. Nach der Grundschule besuchte er bis zur zehnten Klasse die dortige Kinder- und Jugendsportschule. Der Angeklagte betrieb Schwimmen als Leistungssport. Nach der Schule absolvierte er eine Ausbildung zum Bau- und Facharbeiter mit Abitur, welche er 1972 abschloss. Nach einem 18-monatigen Wehrdienst bei der NVA begann der Angeklagte A. Sch. ein Jurastudium an der M.-L.-Universität in H.. Während des Studiums lernte er seine spätere Ehefrau und Mutter des Angeklagten Dr. M. Sch. kennen. Am … …1978 kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Ebenfalls 1978 schloss der Angeklagte A. Sch. das Jurastudium mit Fachrichtung Wirtschaftsrecht mit einem Diplom ab. Nach einem Umzug nach E. arbeitete der Angeklagte A. Sch.bals Justiziar bei einem VEB in E.. Er hatte dort die Stellung eines Fachdirektors mit Generalvollmacht. Nach der Wiedervereinigung wurde der Angeklagte A. Sch. 1990 als Rechtsanwalt zugelassen, was ihm bis dahin verwehrt war. Nach dem positiven Ergebnis einer Überprüfung bei der Gauck-Behörde erhielt er 1994 auch die OLG-Zulassung. Seit der Wiedervereinigung arbeitete er als Rechtsanwalt in einer Partnerschaft. Seit 2018 ist der Angeklagte A. Sch. im Ruhestand.
36
Der Angeklagte ist seit dem Jahr 2001 geschieden und hat einen Sohn. Der Angeklagte hat eine neue Lebenspartnerin, die beiden wohnen jedoch nicht zusammen.
37
Der Angeklagte A. Sch. erhält an Renten und Versorgungswerksleistungen insgesamt monatlich 1.278 Euro. Hinzu kommen Mieteinnahmen in Höhe von monatlich 378 Euro. Seine Beiträge für die Krankenversicherung belaufen sich auf 605 Euro monatlich. Der Angeklagte lebt mietfrei. Schulden hat er keine.
38
b) Der Angeklagte hat trotz einer zeitlebens bestehenden Begeisterung zur Ausübung vielfältiger sportlicher Betätigungen altersbedingt mit zunehmenden gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. So traten in den letzten Jahren Gleichgewichtsbeschwerden und Kurzatmigkeit auf. Etwaige zunehmende Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen befinden sich in gegenwärtiger neuromedizinsicher Abklärung. Dabei wurden bereits Mikroblutungen im Kleinhirn festgestellt, welche von unbemerkten kleinen Schlaganfällen herrühren könnten. Auch ein Verdacht auf eine Parkinsonerkrankung im Anfangsstadium wurde diagnostiziert. Zum Urteilszeitpunkt standen weitere Untersuchungen in W. in der dortigen Neurologie noch aus. Bereits festgestellt wurde im Rahmen der Untersuchungen jedoch auch ein Herzklappenfehler, der wohl im Zusammenhang mit der Kurzatmigkeit steht. Der Angeklagte erhält eine Medikation aufgrund eines Vitamin-B12-Mangels. Unfälle oder andere Verletzungen mit Kopfbeteiligung sind nicht bekannt.
2. Vorstrafen
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Der Angeklagte A. Sch. ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten; im Bundeszentralregister finden sich keine strafrechtlichen Eintragungen.
3. Haftdaten
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Der Angeklagte A. Sch. wurde in dieser Sache am 27.02.2019 in S. in Österreich festgenommen und befand sich zunächst in Auslieferungshaft. Er wurde am 15.03.2019 nach Deutschland überstellt und war von da an bis zur Entlassung am 24.05.2019 aufgrund Außervollzugsetzung durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 22.05.2019, Gz. ER VI Gs 1834/19 in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 26.02.2019, Gz. ER III Gs 1784/19, eröffnet am 15.03.2019 in der Justizvollzugsanstalt München - Stadelheim.
V. S. M.
1. Werdegang und wirtschaftliche Verhältnisse
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a) Der Angeklagte S. M. wurde am … …1978 in Q. in Sachsen-Anhalt geboren. Er wurde 1985 eingeschult und verließ die Schule 1995 mit der Mittleren Reife. Im Anschluss absolvierte er eine Lehre als Landmaschinenmechaniker und arbeitete sodann zwei Jahre in diesem Beruf. Er wechselte dann sein Tätigkeitsfeld und arbeitete als Baumaschinenführer im Baugewerbe bei verschiedenen Firmen, zuletzt bei einem Arbeitgeber in Österreich. Im Jahr 2006 verstarb seine damalige Lebensgefährtin nach einer Krebserkrankung. Nach einer folgenden kurzen Zeit der Erwerbslosigkeit absolvierte der Angeklagte S. M. ab Oktober 2006 eine Ausbildung zum Rettungsassistenten in H.. Diese Ausbildung schloss er nach zwei Jahren erfolgreich ab. Im Jahr 2008 zog der Angeklagte nach Erfurt und arbeitete dort seither bei verschiedenen Arbeitgebern im Rettungsdienst. Seit dem Jahr 2016 arbeitete der Angeklagte für die Johanniter in E., zunächst als Rettungsassistent und später als Notfallsanitäter. Der Angeklagte S. M. ist selbst als Ausbilder in diesem Bereich tätig.
42
Der Angeklagte ist Vater einer 9-jährigen Tochter. Mit deren Mutter war der Angeklagte von 2010 bis 2012 liiert. Seit 2016 führt der Angeklagte eine Beziehung mit seiner aktuellen Lebensgefährtin; diese hat aus einer vorhergehenden Beziehung zwei Kinder. Der Angeklagte lebt mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern zusammen; seine leibliche Tochter hält sich aufgrund der bestehenden Umgangs- und Betreuungsvereinbarung ebenfalls häufig und regelmäßig in seinem Haushalt auf.
43
Der Angeklagte verdient als Notfallsanitäter inklusive Zuschläge etwa 1.800 Euro monatlich. Er leistet Unterhaltszahlungen an die Mutter seiner leiblichen Tochter in Höhe von 350 Euro monatlich. Die Familie lebt in einem Haus, welches der Lebensgefährtin des Angeklagten gehört; der Angeklagte beteiligt sich an den laufenden Lebenshaltungskosten. Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von 20.000 Euro aus einer Kfz-Finanzierung.
44
Der Angeklagte S. M. lernte den Angeklagten Dr. M. Sch. beim kassenärztlichen Bereitschaftsdienst in E. kennen. Beide kennen sich aus gemeinsamen Schichtdiensten seit dem Jahr 2014. Als der Angeklagte 2015 mit seinem damaligen Arbeitgeber unzufrieden gewesen war, bot ihm der Angeklagte Dr. M. Sch. an, in dessen Praxis zu arbeiten. Die damit verbundene schwerpunktmäßige Büroarbeit sagte dem Angeklagten S. M. damals jedoch nicht zu. Ab dem Jahr 2016 arbeitete er dennoch hin und wieder aushilfsweise in der Praxis des Angeklagten Dr. M. Sch.. Ab dem Jahr 2017 half er auch dem Angeklagten Dr. M. Sch. bei der Betreuung von Nachwuchssportlern. Im November 2018 wurde der Angeklagte S. M. von dem Angeklagten Dr. M. Sch. erstmals darauf angesprochen, ihn auch bei den verfahrensgegenständlichen Dopingmaßnahmen zu unterstützen.
45
b) Der Angeklagte S. M. erlitt im Alter von 20 Jahren einen schweren Verkehrsunfall, weshalb er mehrere Wochen stationär im Krankenhaus behandelt werden musste. Langzeitschäden sind wegen dieses Unfalls jedoch keine bekannt. Infolge der Festnahme im gegenständlichen Verfahren erlitt der Angeklagte einen psychosomatischen Zusammenbruch. Aufgrund des diagnostizierten auch psychischen Zusammenbruchs konnte der Angeklagte in Haft zeitweilig nicht auf eigenen Beinen stehen und war auf einen Rollstuhl und später Krücken angewiesen. Die körperlichen Auswirkungen des Zusammenbruchs haben sich bereits im Laufe der Untersuchungshaft wieder vollständig rückgebildet. Darüber hinaus sind bei dem Angeklagten S. M. keine Krankheiten oder außergewöhnlichen Belastungen bekannt.
2. Vorstrafen
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Der Angeklagte S. M. ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten; im Bundeszentralregister finden sich keine strafrechtlichen Eintragungen.
3. Haftdaten
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Der Angeklagte S. M. wurde in dieser Sache am 27.02.2019 in E. festgenommen und befand sich von da an bis zur Entlassung am 27.06.2019 aufgrund Außervollzugsetzung durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 27.06.2019, Gz. ER VI Gs 2305/19 in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 26.02.2019, Gz. ER III Gs 1785/19, eröffnet am 28.02.2019, in den Justizvollzugsanstalten Goldlauter und Bayreuth.
B. Strafbares Verhalten
I. Vorgeschichte
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Nach Auflösung der Radsportteams „G.“ und „M.“ (siehe oben A.I.1.) erhielt der Angeklagte Dr. M. Sch. trotz eigenen Bemühens keine neue Anstellung als Teamarzt. Aufgrund des bekannt gewordenen Doping-Skandals beim Team „G.“ ergab sich auch sonst keine Möglichkeit für eine Anstellung im Bereich des Leistungssports. Im Anschluss an seine Tätigkeit als medizinischer Berater bei dem Radsportteam „G.“ im Jahr 2009 überlegte der Angeklagte Dr. M. Sch. daher als Alternative zu einer beruflichen Zukunft in der Hausarztpraxis seiner Mutter in E., ob er sich im Bereich der Erbringung von Dopingdienstleistungen für Leistungssportler selbständig machen solle, und strebte eine solche Tätigkeit schließlich an. Deswegen wandte er sich 2010 an den anderweitig Verurteilten St. M., den er aus seiner Zeit beim Team „G.“ kannte und der im Oktober 2010 in Wien wegen seiner Blutdopingpraktiken und der Weitergabe verbotener Substanzen zu einer Haftstrafe von 15 Monaten verurteilt worden war. Ende 2010 verkaufte der anderweitig Verurteilten M. dem Angeklagten Dr. M. Sch. sein gesamtes Equipment zum Blutdoping, also insbesondere die Blutzentrifuge „Alyx“, die Auftaumaschine „Sahara“, das Zellverarbeitungssystem „ACP 215“, einen Tiefkühlschrank und ein Handschweißgerät zum sterilen Verschweißen von Schläuchen und Blutbeuteln. Die Maschinen konnten aufgrund der damals in Österreich bestehenden Rechtslage zuvor nicht eingezogen werden. Der Angeklagte Dr. M. Sch. bezahlte für dieses Equipment einen Kaufpreis in Höhe von 50.000 Euro in bar an den anderweitig Verurteilten St. M.
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Zusammen mit den Gerätschaften vermittelte St. M. dem Angeklagten Dr. M. Sch. auch Kontakte zur Gerätewartung und dem Bezug von notwendigem medizinischem Material wie Blutbeuteln oder Glycerin, u.a. auch den Kontakt zu dem anderweitig Verfolgten slowenischen Staatsangehörigen G. A.. Dieser arbeitete als Medizintechniker in L. zunächst bis 2015 für die Medizintechnikfirma M., bevor er sich im Bereich der Medizintechnik als zertifizierter Servicetechniker selbständig machte und u.a. das Transfusionszentrum in L. technisch betreute. Im Jahr 2011 ergänzte der Angeklagte Dr. M. Sch. seine technische Ausstattung für das Blutdoping über den Kontakt zu dem Slowenen G. A.. Um die Jahreswende 2011/12 begann er dann eigenständig mit der Aufnahme der zum Blutdoping erforderlichen Tätigkeiten entsprechend seines zunächst gefassten Plans, sich auf dem Gebiet des Sportdopings selbständig zu machen und seinen Lebensunterhalt vollständig durch Dopingdienstleistungen im Profisport zu verdienen. Bereits ab diesem Zeitpunkt arbeitete er zur Vertuschung seiner Dopingmaßnahmen mit einem slowenischen Prepaid-Handy sowie Tarnnamen für sich und die von ihm betreuten Sportler.
II. Rahmengeschehen
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Die im Folgenden skizzierten Umstände konnten im Rahmen der Hauptverhandlung als Rahmengeschehen herausgearbeitet werden, in welches eingebettet die verfahrensgegenständlichen konkreten Straftaten begangen wurden.
1. Methoden
a) Wirkungsweise des Blutdopings
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Blut besteht aus speziellen Zellen (Hämatokrit, ca. 44%) und Blutplasma (ca. 55%), das wiederum zu 90% aus Wasser besteht. Blut verdankt seine rote Farbe dem Hämoglobin, das mit etwa 34% Hauptbestandteil der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) ist. Neben den Erythrozyten sind die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und die Thrombozyten (Blutplättchen) zelluläre Bestandteile des Blutes. Die Erythrozyten dienen dem Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid.
52
Die Leistungsfähigkeit eines Muskels hängt von seiner Sauerstoffversorgung ab. Das Hämoglobin (abgekürzt Hb), bindet den Sauerstoff, transportiert ihn z.B. zu jenem Muskel, der gerade besonders beansprucht wird, und gibt ihn dort ab. Es ist ein eisenhaltiger Proteinkomplex aus vier Globinen als Untereinheiten (Tetramer) mit sehr guter Löslichkeit in Wasser. Es kann vier Sauerstoffmoleküle binden.
53
Durch Blutdoping wird die Hämoglobinkonzentration im Blut eines Athleten dadurch erhört, dass diesem entweder Vollblut (weniger effektiv) oder ein Erythrozytenkonzentrat (deutlich effektiver) zugeführt wird. Dadurch wird unmittelbar die Sauerstoffaufnahme sowie die Transportkapazität des Blutes erhöht, wodurch eine Steigerung der Ausdauer einhergeht. Die Effekte von Blutdoping sind aber auch wegen des größeren Blutvolumens ein größeres Herzschlagvolumen und ein höherer Blutdruck. Mit der Transfusion von Erythrozyten kann neben der Gefahr einer bakteriellen Infektion oder bei falscher Zuordnung der Gefahr von schweren Immunreaktionen auch das Thromboserisiko steigen (z.B. tiefe Venenthrombose, Lungenembolie, Myokardinfarkt oder zerebrovaskuläre Ereignisse).
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Beim „klassischen Blutdoping“ als Eigenblutdoping werden dem Sportler einige Wochen oder Monate vor der Wettkampfsaison venöses Blut abgenommen und in einer Zentrifuge die Erythrozyten von den restlichen Blutbestandteilen getrennt. Das Erythrozytenkonzentrat wird mit einer speziellen Lösung (ca. 65 ml CPD) und in speziellen Plastikbeuteln gelagert; es ist im Kühlschrank bei 4 Grad Celsius maximal 7 Wochen haltbar. Die Haltbarkeit verlängert sich deutlich durch Ultratiefkühlung bei -80 Grad Celsius. Die restlichen Blutbestandteile werden zuzüglich Citrat in das Gefäßsystem zurückgeleitet. In der folgenden Zeit normalisiert sich der Blutkreislauf des Athleten wieder. Kurz vor dem Wettkampf wird ihm das Erythrozytenkonzentrat wieder infundiert, so dass sich schlagartig die Zahl der Erythrozyten erhöht und mithin das so angereicherte Blut mehr Sauerstoff transportieren kann. Ca. 190 ml Erythrozyten erhöhen den Anteil von Hämoglobin im Blut um ca. 10 g/l. Der Sachverständige Dr. T. schätzt, dass durch Blutdoping eine Leistungssteigerung im Ausdauersport von 10 - 15% erzielt werden kann.
55
Vom „klassischen Blutdoping“ ist insbesondere Blutdoping mittels EPO zu unterscheiden.
56
Blutdoping steht seit 1988 auf der Liste verbotener Methoden der WADA und des IOC.
57
Durch einen längeren Höhenaufenthalt bzw. Höhentraining oder durch Training oder Aufenthalt in einer sogenannten Hypoxie-Kammer kann auf legalem Wege die Masse an Erythrozyten und damit an Hämoglobin vorübergehend erhöht werden.
b) Blutdoping
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Im Regelfall bot der Angeklagte Dr. M. Sch. seine Blutdopingbetreuung in zwei Varianten an, die je nach konkreter Situation zum Einsatz kamen:
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Zunächst sorgte er dafür, dass vor einer Wettkampfsaison ein Blutvorrat angelegt wurde. In der Erholungs- oder Trainingsphase, bereits mehrere Monate vor wichtigen Wettkämpfen, wurde einem Sportler meist in einem Abstand von drei bis vier Wochen und meist zwei bis vier Mal vor jeder Saison Blut abgenommen. Dabei wurde mit einer Blutzentrifuge Vollblut entnommen, die Erythrozyten wurden separiert und in Blutbeutel gefüllt und die übrigen Blutbestandteile wieder in den Körper rückgeführt. Ein normaler Vollblutbeutel kann bei Kühlschranktemperaturen je nach den konkreten Umständen bis zu drei oder vier Wochen lang gelagert werden. Die Erythrozyten, die für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich sind, können als Konzentrat mittels einer Glycerinlösung und Tiefgefrieren für mehrere Jahre haltbar gemacht werden. Vor den Wettkämpfen oder vor speziellen Trainingseinheiten kann das Erythrozytenkonzentrat aufgetaut und gewaschen und dann leistungssteigernd wieder in die Blutbahn des Athleten zurückgeführt werden.
60
In laufenden Wettbewerben kam demgegenüber ab einem bestimmten Zeitpunkt auch die sogenannte „rein-raus“-Methode zum Einsatz. So wurde beispielsweise nach einer Etappe eines mehrtätigen Rennens - regelmäßig nach Rückführung von Erythrozytenkonzentrat oder Vollblut vor dem Rennen - gleich nach der Etappe Vollblut entnommen und dann unmittelbar vor der nächsten Etappe wieder leistungssteigernd zugeführt. Dies erfolgte, um das Risiko einer Entdeckung auffälliger Blutwerte bei Dopingkontrollen zu minimieren, und zur Leistungssteigerung bei den betreffenden Rennen bzw. Etappen mittels der erhöhten Erythrozytenanzahl im Blut und damit einer gesteigerten Sauerstofftransportkapazität des Körperbluts.
61
Während die Blutzentrifuge in Hotelzimmern, Appartements oder Wohnungen zum Einsatz kam, wurde die „rein-raus-Methode“ auch in Kraftfahrzeugen durchgeführt, sofern kein Hotelzimmer verfügbar war. Diese „rein-raus“-Methode diente neben dem Erhalt einer hohen Erythrozytenkonzentration im Blut vor allem auch der Verhinderung der Aufdeckung der Dopingmaßnahmen durch Kontrollen.
62
Der in der Transfusionsmedizin zwingend vorgeschriebene sogenannte „bedside“-Test zur Sicherstellung, dass das infundierte Blut von dem behandelten Sportler stammt bzw. dessen biologische Blutmerkmale besitzt, wurde von dem Angeklagten Dr. M. Sch. in keinem Fall durchgeführt. Dies stellt einen gravierenden ärztlichen Kunstfehler dar und führt im Fall einer Fehltransfusion zu einem 5-10%igen Mortalitätsrisiko. Der Angeklagte Dr. M. Sch. sorgte weiter nicht in ausreichendem Maß für das zur Durchführung einer Bluttransfusion erforderliche medizinische Material, wie sterile Tupfer und Handschuhe, so dass er selbst, die von ihm beauftragten Mitangeklagten und die Sportler zum Teil auf nicht sterile Materialien wie Toilettenpapier zurückgreifen mussten. Weiter beschleunigte der Angeklagte Dr. M. Sch., der bei der Durchführung der Blutdopingmaßnahmen häufig in Zeitnot war und eine Reihe von Sportlern in kurzen Zeitfenstern vor Wettkämpfen mit Blutrückführungen versorgte, die Blutrückführungen, indem er mit Körperkraft das Blut in die Körper der Sportler drückte bzw. die Sportler selbst und die von ihm eingeschalteten Mitangeklagten dazu veranlasste, was zum Teil Kreislaufbeschwerden bei den Sportlern hervorrief.
63
Diese Blutdopingmaßnahmen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. an seinen Sportlerkunden sowohl in Hotelzimmern als auch in Pkws mit abgedunkelten Scheiben an den Wettkampforten wie auch außerhalb der Saison zum Teil an den Wohnorten der Sportler durchgeführt.
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Insgesamt zählte der Angeklagte Dr. Sch im relevanten Tatzeitraum von 2014 bis 2019 mindestens 13 Sportler zu seinem Kundenkreis. Aufgrund der Vielzahl der Wettbewerbe und der beteiligten Sportler war es dem Angeklagten Dr. M. Sch. logistisch nicht möglich, alle Sportlerkunden selbst mit Blutdopingmaßnahmen zu versorgen. Spätestens ab Ende 2016 bediente er sich dazu der Mitangeklagten als Unterstützer, wobei von diesen nur die Angeklagten D. S. und S. M. eine medizinische Ausbildung hatten. Die Mitangeklagten kannten die behandelten Sportler zum großen Teil nicht. Ihnen war lediglich der Tarnname, aber nicht die Identität bekannt. Es war ihnen nicht möglich zu verifizieren, ob im Fall von Blutrückführungen die ihnen von Dr. M. Sch. oder dem Angeklagten A. Sch. übergebenen Blutbeutel tatsächlich von dem behandelten Sportler stammten. Die zwingend vor einer Bluttransfusion erforderlichen sogenannten „bedside“-Tests wurden auch von ihnen nicht durchgeführt, was der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste. Lediglich den Mitangeklagten D. S. und S. M. wäre im Fall des Eintritts einer medizinischen Notsituation auch eine fachgerechte Krisenintervention möglich gewesen. Bevor insbesondere ab Ende 2017 die Mitangeklagte D. S. Blutdopingmaßnahmen im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. übernahm, schulte dieser ab Ende 2016 den Mitangeklagten A. Sch., seinen Vater, einen im Ruhestand befindlichen Rechtsanwalt, sowie den als Bauunternehmer und Hausmeister tätigen Angeklagten D. Q. im Setzen von Transfusionsnadeln. Hierzu bestellte er die Mitangeklagten gesondert nach Praxisschluss der mit seiner Mutter betriebenen Hausarztpraxis in deren Räumlichkeiten und ließ sie dann an Gartenschläuchen und seinem eigenen Arm das „Stechen“ üben. Beide Mitangeklagte behandelten in der Folgezeit Sportler mit Blutentnahmen und -rückführungen, ohne diese Techniken hinreichend gut zu beherrschen, was auch zu Beschwerden von Seiten der Athleten und Trainer führte.
65
Der Angeklagte Dr. Sch stellte sicher, dass er über sein Mobiltelefon mit der slowenischen Tarn-Telefonnummer sowohl für die behandelten Sportler wie auch die von ihm eingesetzten Mitangeklagten ständig erreichbar war und gab während der Behandlungen durch die Mitangeklagten teilweise minütlich Anweisungen zur Vorgehensweise. Dies war auch vor dem Hintergrund erforderlich, dass u.a. die Mitangeklagten D. S. und D. Q. der englischen Sprache nicht ausreichend mächtig waren. Dennoch überließ der Angeklagte Dr. M. Sch. insbesondere der Mitangeklagten D. S. die Bedienung der neuen MSC+-Blutzentrifuge ab Dezember 2017, deren Menüführung ausschließlich in englischer Sprache erfolgt. Die Bedienung dieser Maschine war für die Mitangeklagte nur unter erheblichen Schwierigkeiten und durch die Übermittlung von Screenshots von der Maschine und deren Anzeige möglich, die ihr der Angeklagte Dr. M. Sch., der nicht vor Ort war, so gut wie möglich telefonisch erläuterte und übersetzte.
c) Ganzheitlicher Ansatz der Dopingbetreuung
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Der Angeklagte Dr. M. Sch. bot diversen Athleten seine saisonweise Betreuung als „Doping Doc“ an. Kern der Betreuungsleistung war dabei das Blutdoping. Diese Leistungen wurden abgerundet durch die Gabe weiterer zum Doping geeigneter Mittel wie Wachstumshormonen, durch konkrete Abstimmung mit Trainingsplänen und anvisierten Wettkampferfolgen und durch begleitende Verschleierungsmaßnahmen. Über die Blutwerte der Athleten hielt er sich dazu stets auf dem Laufenden.
67
Die Anbahnung der Geschäftsbeziehungen zur Durchführung von Dopingmaßnahmen erfolgte dabei auf unterschiedliche Art und Weise. Teilweise ging die Initiative von den Sportlern oder Dritten aus, andere Sportler wurden von dem Angeklagten selbst direkt angesprochen. Die von ihm angesprochenen und akquirierten Sportlerkunden motivierte der Angeklagte Dr. M. Sch. zur Anwendung von Dopingmaßnahmen auch mit den Argumenten, dass deren Anwendung in der Leistungssportszene unabdingbar sei, um in Wettbewerben erfolgreich zu sein, und von allen erfolgreichen Sportlern angewandt würden. Einigen der Kunden, insbesondere den Sportlern J. D., Ch. K.-F., K. D. und G. P., erklärte er, dass ihr Talent überragend sei, allein noch die Anwendung von Dopingmaßnahmen zum Erreichen des sportlichen Erfolgs erforderlich sei.
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d) Weitere Dienstleistungen und verbotene Dopingmethoden (i) Der Angeklagte Dr. Sch unterstützte seine Sportlerkunden im Rahmen seiner Betreuungsleistung darüber hinaus bei der erfolgreichen Absolvierung von Dopingtests, indem er sie gezielt medizinisch-fachlich beriet und überwachte. Hierzu ließ er sich von ihnen in und außerhalb der Wettkampfzeit regelmäßig die aufgeschlüsselten Blutwerte, insbesondere den Hämatokritwert, übermitteln und nahm selbst Blut ab, um dieses im Labor darauf hin untersuchen zu lassen. Je nach Höhe der Hämoglobin- und Hämatokritwerte verordnete der Angeklagte den Sportlern die Einnahme von Humanalbumin, EPO und das Trinken bestimmter Mengen von Leitungs- und Salzwasser, insbesondere in den zweistündigen Pausen nach Ende eines Wettbewerbs und der erst anschließenden Dopingkontrollen, und empfahl den Sportlern nach den Blutabnahmen zur Erythrozytengewinnung teilweise „in Urlaub zu fahren“, um für die Dopingkontrolleure in bestimmten ungünstigen Zeiträumen nicht erreichbar zu sein.
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(ii) Über die Blutdopingmaßnahmen und deren Verschleierung hinaus versorgte und beriet der Angeklagte Dr. M. Sch. seine Sportlerkunden und deren Trainer, insbesondere den anderweitig Verurteilten estnischen Trainer M. A., auch im Hinblick auf die Einnahme weiterer unerlaubter Dopingpräparate zur Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit und zur Wettbewerbsverzerrung. Der Angeklagte war stets bemüht, sich neueste Erkenntnisse über aktuelle Dopingmethoden, Dopingmittel und insbesondere Informationen über aktuelle Methoden der Antidopingorganisationen und hier vor allem des Antidopinglabors in Köln als dem wichtigsten europäischen Labor in der Ermittlung von Dopingmaßnahmen zu verschaffen, diese umzusetzen bzw. darauf zu reagieren, seine Sportlerkunden gegebenenfalls zu warnen und auf neue verbotene Präparate umzustellen. Zu diesem Zweck unterhielt der Angeklagte Kontakte zu weiteren Ärzten, die Dopingbehandlungen an Sportlern vornahmen, wohl auch dem Schweizer Arzt D. W., und dem slowenischen Leichtathletiktrainer D. N.. Namen weiterer im Dopingbereich tätiger Mediziner und anderer Akteure, zu denen der Angeklagte Dr. M. Sch. Kontakte unterhielt, blieben im Verfahren unbekannt.
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Zu den von ihm an seine Kunden veräußerten und verabreichten verbotenen Dopingpräparaten gehörten u.a. die folgenden Mittel:
- Die Wachstumshormone Somatropin, Genotropin, Norditropin, IGF, HGH und Lutrelev. Diese bewirken u.a. eine Zunahme der Muskelmasse. Sie werden in der Medizin u.a. zur Behandlung kleinwüchsiger Kinder eingesetzt. Als Nebenwirkungen können sie u.a. das Tumorwachstum fördern und Bluthochdruck auslösen.
- TB 500, TB 1000 sowie Thymosin ß4: Es handelt sich um in der Veterinärmedizin eingesetzte, in der Humanmedizin nicht zugelassene Mittel (u.a. synthetische Peptide) zur Anregung des Muskelwachstums sowie zur schnelleren Wundheilung. Studien im Bereich der Humanmedizin zu diesen Präparaten und deren Nebenwirkungen gibt es nur sehr begrenzt.
- Die HIF-Stabilisatoren Molidustat, Daprodustat und Roxadustat, die in der Humanmedizin zur Behandlung schwer anämischer Patienten u.a. bei Leukämie- und Nierenerkrankungen zur Anwendung kommen. Nebenwirkungen sind u.a. eine Hyperkaliämie, metabolische Azidose sowie eine Hemmung der Cholesterinsynthese.
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Zwei bis drei der vorgenannten Mittel wurden vom Angeklagten Dr. M. Sch. in der Regel kumulativ bei seinen Sportlerkunden eingesetzt. Validierte medizinische Studien zu Wechsel- und Nebenwirkungen der verabreichten Wachstumshormone, Thymosine und HIF-Stabilisatoren auch im Zusammenspiel mit den vom Angeklagten Dr. M. Sch. an seine Kunden veräußerten Insulin-Pens existieren nicht. Dies gilt insbesondere auch für die vom Angeklagten gewählten Dosierungen, was dem Angeklagten bewusst war. Den Sportlerkunden gegenüber nahm der Angeklagte Dr. M. Sch. in Anspruch, diese Mittel aufgrund seines überragenden medizinischen Dopinginsiderwissens zu empfehlen und zu veräußern. Diese nahmen die Mittel im Vertrauen auf die medizinische Dopingkompetenz des Angeklagten zu sich. Zur Verschleierung des Einsatzes dieser verbotenen Substanzen benutzte der Angeklagte Dr. M. Sch. in der Kommunikation mit seinen Kunden nicht das medizinische Fachvokabular, sondern nannte sie etwa das „Pulver“ oder „Vitamin E“.
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(iii) Teil des Leistungspakets von Dr. M. Sch. war auch, dass er den Sportlern nahezu rund um die Uhr über sein slowenisches Prepaid-Handy bei Fragen und Anliegen aus dem Bereich der Dopingmethoden zur Verfügung stand, sogar während er seiner Lebensgefährtin bei der Geburt des gemeinsamen Sohnes im Kreissaal beistand. Mit den meisten seiner Kunden unterhielt der Angeklagte wenigstens in den Wettkampfzeiten mehrfach täglichen Kontakt, verfolgte ihre sportlichen Leistungen während der Wettkämpfe, wenn er nicht vor Ort sein konnte, und passte die medizinischen Maßnahmen stets individuell an. Auch außerhalb der Wettkampfzeiten passte er die Blutdopingmaßnahmen wie auch die Verabreichung von verbotenen Dopingpräparaten (dann häufig zur besseren Regeneration) genau dem physischen Zustand des Sportlers an und beriet ihn zu diesem Zweck selbst oder unmittelbar auch den estnischen Trainer M. A.. Der Angeklagte Dr. M. Sch. war bestrebt, einen Ruf in interessierten Leistungssportlerkreisen als Dopingarzt („Doping Doc“) aufzubauen, der erfolgreich und - aus seiner Sicht - auf hohem Niveau Dopingmaßnahmen durchführt. Zu diesem Zweck unterhielt er zu den von ihm versorgten Dopingkunden ein enges und vertrautes Verhältnis und begriff sich als Teil der Leistungssportszene.
e) Maßnahmen zur Verschleierung
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Neben den Verschleierungsmaßnahmen bei den Sportlern selbst, wie etwa das Trinken von Salzwasser vor einer Blutabnahme durch Dopingkontrolleure, zur Verhinderung von Auffälligkeiten in deren Blutbild, wurden umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um auch die Aktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. selbst vor Aufdeckung und Verfolgung zu schützen. So verwendete der Angeklagte Dr. M. Sch. für die dopingbezogene Kommunikation ein eigenes Mobiltelefon mit einer slowenischen Prepaid-Nummer, dessen SIM-Karte nicht auf seinen Namen registriert war. Auch vergab er allen Sportlern, die seine Dienstleistungen in Anspruch nahmen, Tarnnamen, die er sowohl für die Kommunikation mit diesen als auch mit den Helfern und zur Beschriftung der entnommenen Blutbeutel verwendete. Sich selbst gab er den Tarnnamen „D. N.“, so dass ein Teil der Beteiligten seinen echten Namen gar nicht kannte. Das Material für das Blutdoping wurde stets nur im Ausland besorgt und immer selbst oder von einem Helfer dort abgeholt, so dass keine Postsendungen mit relevantem Inhalt an den Angeklagten adressiert waren oder mit ihm in Verbindung gebracht werden konnten. Zahlungen erfolgten grundsätzlich in bar, so dass möglichst keine Zahlungsströme oder Leistungen nachvollzogen werden konnten. In diesem Zusammenhang wies der Angeklagte seine Helfer stets an, das verbrauchte medizinische Material in dunkle Plastiktüten verpackt unter Entfernung aller Aufkleber in Mülleimern von Autobahnrastplätzen zu entsorgen. Durch dieses Vorgehen beabsichtigte der Angeklagte Dr. M. Sch. die Verschleierung seiner Dopingtätigkeiten und den Schutz der Beteiligten vor Entdeckung und Strafverfolgung.
2. Die Rollen der Helfer
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Zur Unterstützung bei seinen Blutdopingaktivitäten bediente sich der Angeklagte Dr. M. Sch. unter anderem auch der Hilfe der vier weiteren Angeklagten.
75
Während der Angeklagte Dr. M. Sch. die durchaus komplexe Organisation der Dopingaktivitäten alleine durchführte, wurde er von den anderen vier Angeklagten mit der Ausführung einzelner ihnen von ihm zugewiesenen Handlungen dabei jeweils unterstützt. Während die Angeklagten D. Q., D. S. und S. M. jeweils nicht voneinander wussten, bzw. sich zwar persönlich kannten, jedoch nicht wussten, dass die jeweils anderen auch in die Dopingaktivitäten des Dr. M. Sch. eingebunden waren, wusste der Angeklagte A. Sch. auch jeweils zumindest dem Grunde nach von den Aktivitäten der anderen drei Beteiligten.
a) D. Q.
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Seit einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2014 unterstützte der Angeklagte D. Q. den Angeklagten Dr. M. Sch., zunächst nur mit Logistikleistungen und von 2015 bis Sommer 2018 mit der zur Verfügungstellung von Lagerkapazitäten, später - jedenfalls ab Juli 2016 - auch mit Blutabnahmen und -rückführungen bei Athleten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. entsandte den Angeklagten Q., der über keinerlei ausgeprägte Fremdsprachen- oder medizinische Kenntnisse verfügte, auch zu teilweise wochenlangen Wettkampfdopingbetreuungen von Sportlern ins Ausland (u.a. zu den Olympischen Winterspielen in Pjöngjang 2018). Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte den Angeklagten D. Q. während dieser Aufenthalte sehr eng und gab ihm teilweise minütlich Anweisungen über WhatsApp-Nachrichten oder SMS zum genauen Vorgehen bei den einzelnen Sportlern (Infusionsmengen von Blut und Verschleierungsmitteln, Geschwindigkeit der Verabreichung u.a.).
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Die Unterstützungstätigkeiten durch den Angeklagten D. Q. dauerten bis Oktober 2018 an. Im Folgenden bestand zwar noch Kontakt zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem Angeklagten D. Q., jedoch beteiligte dieser sich nicht mehr an den Dopingaktivitäten.
b) D. S.
78
Dafür bediente sich der Angeklagte Dr. M. Sch. seit Dezember 2017 der Hilfe der Angeklagten D. S.. Diese unterstützte die Blutdopingaktivitäten des Dr. M. Sch., indem sie Blutbeutel und Dopingmittel zu Athleten fuhr und Blutabnahmen sowie -rückführungen durchführte sowie darüber hinaus u.a. Kurierfahrten unternahm und in einem Fall das Konto ihrer Tochter für Überweisungen zur Bezahlung medizinischer Geräte zur Verfügung stellte.
c) A. Sch.
79
Der Angeklagte A. Sch. unterstützte die Blutdopingaktivitäten seines Sohnes Dr. M. Sch., indem er für diesen vor allem Logistikleistungen übernahm sowie Lagerkapazitäten zur Verfügung stellte. So unterstützte er die Dopingaktivitäten jedenfalls seit Mai 2018, indem er insbesondere bei Abwesenheit des Angeklagten Dr. M. Sch. Fahrzeuge und Doping-Ausrüstung für die Angeklagten D. Q., D. S. und S. M. bereit hielt, diesen übergab und von ihnen wieder zurück übernahm. Die Lagerung fand dabei - jedenfalls vorübergehend - auch in der Garage des Angeklagten A. Sch. statt. Er teilte das Interesse seines Sohnes Dr. M. Sch. an Blutdopingmaßnahmen und nahm u.a. mit ihm die neue MSC+-Maschine im Dezember in Empfang und probierte sie zusammen mit seinem Sohn aus. Darüber hinaus stand er für Botenfahrten zur Verfügung, wenn etwa Trockeneis zu besorgen war, oder einzelne Ausrüstungsgegenstände fehlten oder vergessen worden waren. Auch übernahm er selbst Fahrten zu Wettkampforten und stand vor Ort jedenfalls mit logistischer Unterstützung zur Verfügung, indem er etwa die von ihm genutzten Unterkünfte oder Fahrzeuge für die Blutdoping-Aktivitäten zur Verfügung stellte. In der von dem Angeklagten A. Sch. im August 2018 angemieteten Garage im Lager- und Garagenpark am R. Berg in E. stellte er dem Angeklagten Dr. M. Sch. Lagerkapazitäten zur Verfügung, damit dieser die zum Blutdoping erforderliche Ausrüstung dort auch langfristig lagern konnte und insbesondere wieder einen sicheren Standort für einen Tiefkühlschrank hatte, in welchem die Blutbeutel tiefgefroren gelagert wurden. Die gesamte Ausrüstung befand sich mit Wissen und Wollen des Angeklagten A. Sch. in einem separaten Verschlag, welchen der Angeklagte Dr. M. Sch. in der von dem Angeklagten A. Sch. angemieteten Garage mit dessen Einverständnis errichtet hatte. Der Kaufpreis für die MSC+-Maschine wurde von dem Angeklagten Dr. M. Sch. über das Konto des Anklagten A. Sch. überwiesen.
d) S. M.
80
Der Angeklagte S. M. wurde erst im Jahr 2018 von dem Angeklagten Dr. M. Sch. zur Unterstützung bei den Dopingaktivitäten hinzugezogen und wurde im Januar und Februar 2019 dahingehend aktiv, dass auch durch ihn Blutabnahmen und Blutrückführungen bei verschiedenen Athleten durchgeführt wurden.
81
3. Weitere Unterstützer
a) G. A.
82
Der Angeklagte arbeitete ab 2010 mit der Übernahme der für das Blutdoping benötigten Gerätschaften von St. M. bis zu seiner Festnahme im Februar 2019 geschäftlich eng mit dem anderweitig Verfolgten G. A. zusammen. Dieser sorgte für die regelmäßige Wartung der Geräte, die Beschaffung der benötigten Blutbeutel und speziell auf die Maschinen abgestimmten -sets sowie weiteren medizinischen Materials und war in der späteren Folge der Zusammenarbeit auch bereit und in der Lage, kurzfristig ein Ersatzgerät für den Fall eines Geräteausfalls zu organisieren. Für sämtliche Tätigkeiten erhielt der anderweitig Verfolgte A. durch den Angeklagten Dr. M. Sch. oder in dessen Auftrag jeweils eine Bargeldentlohnung, in der Regel 10% der Auftragssumme.
83
Nach Auftrag durch den Angeklagten Dr. M. Sch. vom 01.12.2014 bestellte der anderweitig Verfolgte G. A. u.a. einen neuen Spezialtiefkühlschrank für die Aufbewahrung und ordnungsgemäße Lagerung der Blutbeutel der Leistungssportler, die die Dienstleistungen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. in Anspruch nahmen. Um seine Tätigkeit als Dopingarzt zu verschleiern, veranlasste der Angeklagte Dr. M. Sch., dass der anderweitig Verfolgte A. diesen Tiefkühlschrank Modell HEF U410 bei dem deutschen Laborausrüster Eppendorf bestellte und auf seinen Namen nach Slowenien liefern ließ. Der Tiefkühlschrank wurde auf Veranlassung des Angeklagten Dr. M. Sch. von dem anderweitig Verfolgten österreichischen Langlaufsportler J. D. zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt um den 11.02.2015 in L. abgeholt und zunächst zu dem anderweitig Verfolgten österreichischen Langlaufsportler H. W. nach V. in Österreich und anschließend von dem Angeklagten D. Q. zum Angeklagten Dr. M. Sch. nach E. gebracht, wo dieser ihn zunächst in seinem Garten, dann in einer Lagerhalle des Angeklagten D. Q. und zuletzt in einer von dem Angeklagten A. Sch. am 30.08.2018 dafür angemieteten Garage Nr. 30- … im Lager- und Garagenpark Am R. Berg 16 in E. aufstellte. Den Kaufpreis in Höhe von 13.076,57 Euro zuzüglich Lager- und Nebenkosten (letztere inklusive einer 10%igen Provision für den anderweitig Verfolgten G. A.) bezahlten die anderweitig Verfolgten Sportler J. D., H. W. und E. M..
84
Der anderweitig Verfolgte A. beschaffte im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. über seinen Schwager, einen Tierarzt in Slowenien, für diesen ferner im Dezember 2017 die neue Blutzentrifuge „MSC+“ samt hierfür erforderlicher Blutbeutelsets als gebrauchtes Gerät zum Preis von ca. 40.000 Euro. Der Kaufpreis wurde von dem Angeklagten Dr. M. Sch. über das Konto des Anklagten A. Sch. überwiesen. Am 18.12.2017 wurde das Gerät von dem Angeklagten D. Q. in Slowenien abgeholt. Beide hofften, dass die neue Maschine auch das Blutdopinggeschäft des Angeklagten Dr. M. Sch. belebt und äußerten in der schriftlichen Kommunikation ihre besondere Freude über dieses Geschäft (Nachricht des anderweitig Verfolgten G. A. an den Angeklagten Dr. M. Sch. vom 23.12.2017: „let the business run 110%“).
85
Der anderweitig Verfolgte G. A. führte auch sämtliche erforderlichen Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Maschinen des Angeklagten Dr. M. Sch. durch. So brachte zuletzt beispielsweise der Angeklagte Dr. M. Sch. am 09.02.2019 dem anderweitig Verfolgten G.r A. die Zellverarbeitungsmaschine ACP 215 aufgrund eines Defekts zur Reparatur, welche dann am 18.02.2019 von dem Angeklagten A. Sch. wieder abgeholt wurde.
86
Auf Initiative des Angeklagten Dr. M. Sch. entnahm der anderweitig Verfolgte A. medizinisches Material wie Blutbeutel und Gerätschaften, u.a. ein für die Blutentnahme benötigtes Handschweißgerät zum Verschließen der Blutbeutel aus dem Transfusionszentrum in L., zu dem der anderweitig Verfolgte G. A. Zutritt hatte, was der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste. Dieses Schweißgerät wurde im Rahmen der Durchsuchung im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beschlagnahmt. Außerdem veranlasste der Angeklagte Dr. M. Sch. den anderweitig Verfolgten A. am 14.02.2019 sein defektes Auftaugerät gegen ein intaktes des Transfusionszentrums für das folgende Wochenende auszutauschen und anschließend wieder zurückzutauschen, damit er es am Wochenende für einen Blutdopingkunden in Mailand nutzen konnte (Kommunikation zwischen Dr. M. Sch. und dem anderweitig verfolgten A. vom 14.02.2019 ff.).
87
Der anderweitig Verfolgte G. A. übernahm des Weiteren die regelmäßige Aufladung des slowenischen Prepaidhandys des Angeklagten Dr. M. Sch., über das dieser die Organisation aller von ihm erbrachten Dopingdienstleistungen für Leistungssportler sowie die Kommunikation mit den Sportlern, dem estnischen Trainer M. A., seinen Helfern, den Mitangeklagten D. Q., D. S. und S. M. und den anderweitig Verfolgten G. A. und D. N. führte.
88
Der anderweitig Verfolgte A. handelte jeweils in Kenntnis der Blutdopingmaßnahmen des Angeklagten, die dieser an internationalen Leistungssportlern bei internationalen Sportwettbewerben durchführte.
b) D. N.
89
Der anderweitig Verfolgte D. N. verfügt zur Überzeugung der Kammer über langjährige Dopingkontakte. Bereits 2008/09 hat er nach eigenen Angaben im Auftrag des österreichischen Langlauftrainers W. M. diverse Dopingmittel besorgt, u.a. auch EPO und Wachstumshormone. Den anderweitig Verfolgten D. N. lernte der Angeklagte Dr. M. Sch. 2010 zu Beginn der Aufnahme seiner selbständigen Dopingtätigkeiten kennen und behandelte in verjährter Zeit zunächst dessen Ehefrau, die Marathonläuferin L. N.. In der Folgezeit intensivierten der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte D. N. ihre gemeinsamen Dopingaktivitäten. Auf Initiative des Angeklagten Dr. M. Sch. besorgte der anderweitig Verfolgte kroatische Staatsangehörige D. N. insbesondere verbotene Dopingpräparate für diesen wie Wachstumshormone, IGF-1 und EPO und war insgesamt für die Beschaffung verbotener Dopingpräparate im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. zuständig. Die Dopingpräparate bestellte D. N. im Auftrag von Dr. M. Sch. in slowenischen Apotheken oder über die slowenische Firma Biovit, die insbesondere auch innovative Medizinprodukte der Firma Sigma-Aldrich vertrieb, an denen der Angeklagte Dr. M. Sch. und sein Kundenkreis aus Sportlern und Trainern besonders interessiert waren. Der Angeklagte Dr. M. Sch. veräußerte diese sodann an seine Sportlerkunden sowie den estnischen Trainer M. A. gewinnbringend weiter. Der Zeuge D. N. führte darüber hinaus dem Angeklagten Dr. M. Sch. weitere Sportlerkunden zu, u.a. den anderweitig Verfolgten G. P.r, den er zunächst durch die unentgeltliche Übergabe verbotener Dopingpräparate anwarb. Des Weiteren stellte der anderweitig Verfolgte D. N. den Kontakt zu M. E., dem slowenischen Teamleiter des Radsportteams B., her. Dieser fragte u.a. nach der Durchführung von Blutdopingmaßnahmen an Kamelen bei dem Angeklagten Dr. M. Sch. an. Eine solche Zusammenarbeit kam nicht zustande, da sich der Angeklagte Dr. M. Sch. auf dem Gebiet der Veterinärblutdopingmaßnahmen nicht kompetent fühlte. Der Angeklagte Dr. M. Sch. und der anderweitig verfolgte D. N. betrachteten sich als „Partner“ im Dopinggeschäft (Nachricht des anderweitig verfolgten D. N. vom 28.10.2017: „Kein Problem! Wir sind Partner.. wir helfen uns einander!“).
c) M. A.
90
Eine besonders enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Dopings verband den Angeklagten Dr. M. Sch. mit dem estnischen Langlauftrainer M. A.. M. A. kommunizierte mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. unter verschiedenen Namen, u.a. per E-Mail unter dem Decknamen „Roger Federer“. Für den anderweitig Verurteilten M. A. entwickelte der Angeklagte Dr. M. Sch. im Tatzeitraum ein umfassendes Dopingprogramm zur Anwendung bei den estnischen Langlaufsportlern K. T., A. V. und A. K. sowie dem kasachischen Langläufer A. P.. Dieses umfasste in der Regel neben der Anwendung von Blutdopingmaßnahmen auch die Verabreichung von Wachstumshormonen, IGF-, HGH- und Insulinpräparaten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. gab jeweils die genauen Zeitpunkte und Mengen der Dopingmaßnahmen vor und passte sie mit dem anderweitig Verurteilten M. A. auf die Trainings- und Wettkampfpläne der Sportlerkunden an (u.a. E-Mail vom 10.10.2017).
91
Der anderweitig Verurteilte M. A. trat gegenüber dem Angeklagten Dr. M. Sch. sehr fordernd auf, indem er ihn immer wieder zur Anwendung von neuen Mitteln aufforderte, die die neuesten Entwicklungen im Ausdauersport abbildeten, und auch zum Einsatz von Stammzellen- und Gentechnologie, Blutkrebs- und Anämiemedikamenten (E-Mail vom 16.03.2017). Gendoping lehnte der Angeklagte Dr. M. Sch. in einer E-Mail vom 06.06.2017 unter Verweis darauf, dass er „immer noch Mediziner sei“ und „möchte, dass alle Sportler am Ende ihrer Karriere auch ein normales gesundes Leben führen können“, ab.
M. A. wurde in Estland mit Urteil des Landgericht Harju vom 14.11.2019, Az. 1-19-8262 (19700000014) rechtskräftig wegen wiederholter Anstiftung zur Nutzung eines Arzneimittels zu Dopingzwecken bei den Skilangläufern K. T., A. K., A. V. und A. P. zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, welche zur Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Geldstrafe verurteilt.
d) St. M.
92
Der anderweitig Verurteilte St. M. hat dem Angeklagten nach seiner eigenen Entdeckung und Verurteilung seine Ausrüstung verkauft. Außerdem hat er seine Kontakte zur Ausrüstungsbeschaffung und technischen Unterstützung an den Angeklagten weitergegeben. St. M. hat Dr. M. Sch. aber wohl keine Kontakte zu Athleten vermittelt.
4. Finanzierung
93
Doping ist teuer. Auch in finanzieller Hinsicht war mit den Dopingmaßnahmen und insbesondere mit dem Blutdoping ein nicht unerheblicher Aufwand verbunden. Während die Aufwendungen etwa für Hormone und Insulin-Pens auch eine vierstellige Summe pro Sportler und Saison erreichen konnten, lagen die Aufwendungen für das Blutdoping regelmäßig noch darüber. Für die Abnahme von Erythrozytenkonzentraten, deren Einfrieren und ihr Wiederauftauen sind neben in Anschaffung und Unterhalt relativ teuren Maschinen auch teure Verbrauchsmaterialien erforderlich. So ist für ein Blutbeutelset für eine Abnahme mittels Blutzentrifuge ein Preis von 250 bis 400 Euro zu veranschlagen. auch für das Auftauen von tiefgefrorenen Blutbeuteln und für die sogenannte „rein-raus“-Methode sind entsprechende spezielle Sets und weitere Blutbeutel erforderlich. Nicht zuletzt bedarf auch die erforderliche Logistik der Refinanzierung, soll aus dem gesamten Unterfangen kein Verlustgeschäft werden.
a) Dr. M. Sch.
94
Der Angeklagte Dr. M. Sch. ließ sich für seine Dopingdienstleistungen und -beratungen von den Sportlern bezahlen. Die Behandlungen wurden jeweils für eine Wettkampfsaison inklusive Vorbereitungszeit vereinbart. Seine Dienstleistungen in Form von Blutdopingmaßnahmen, Anwendung von Verschleierungstechniken zum Bestehen von Dopingkontrollen und Verabreichung von verbotenen medizinischen Mitteln zur verbotenen Leistungssteigerung bot der Angeklagte seinen Sportlerkunden im Tatzeitraum zum Basispreis von regelmäßig 5.000 Euro pro Saison an. Teilweise konnte er auch höhere Saisonpreise durchsetzen und teilweise wurden darüber hinaus als „Leistungsprämien“ weitere Zahlungen bei besonderen sportlichen oder finanziellen Erfolgen der Athleten vereinbart. Die Bezahlung erfolgte dabei durch Übergabe von Bargeld in Teilbeträgen sowie teilweise auch durch Überlassung hochwertiger Sportausrüstung. Überdurchschnittlicher Aufwand für die Betreuung wurde extra vergütet.
95
Der neuere der beiden Tiefkühlschränke aus der Garage in E. wurde auch von den Zeugen J. D., H. W. und E. M., Kunden des Angeklagten Dr. Sch, besorgt und vorfinanziert. Von einzelnen Sportlern wurde dem Angeklagten auch hochwertige Sportausrüstung überlassen.
96
Während der Angeklagte Dr. M. Sch. zu Beginn seiner Dopingtätigkeiten 2011 plante, seinen Lebensunterhalt vollständig durch seine Dopingdienstleistungen im Profisport zu verdienen, beabsichtigte er im Tatzeitraum, seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen durch die Tätigkeit in der Hausarztpraxis mit seiner Mutter zu sichern und darüber hinaus ständige Einkünfte durch seine Dopingleistungen zu generieren. Die Höhe dieser Einkünfte war seinen Einnahmen aus dem Praxisbetrieb insgesamt untergeordnet und wechselte je nach Sportler, dessen sportlichem Erfolg und der Anzahl der Wettkampfeinsätze pro Saison.
b) Helfer
97
Die Angeklagten D. Q., D. S. und S. M. erhielten für ihre Unterstützungsleistungen von dem Angeklagten Dr. M. Sch. bei Entnahmen oder Rückführungen von Blut bei den Athleten jeweils eine Tagespauschale in Höhe von 200 Euro zuzüglich einer Auslagenerstattung. Der Angeklagte D. Q. erhielt diese Vergütung auch für andere Unterstützungsleistungen wie rein logistische Tätigkeiten. Während der Angeklagte A. Sch. hauptsächlich aufgrund der emotionalen, familiären Bindung an seinen Sohn Dr. M. Sch. handelte, handelten der Angeklagte Dr. M. Sch. sowie die Angeklagten D. Q., D. S. und S. M. jedenfalls auch, um sich dadurch jeweils eine fortlaufende Einnahmequelle von nicht nur unerheblicher Dauer und nicht nur unerheblichem Umfang zu verschaffen.
98
Allen Angeklagten war dabei bewusst, dass es sich bei den Tätigkeiten um Maßnahmen des Blutdopings handelte und dass Blutdoping an Sportlern verboten und strafbar ist.
99
Im Einzelnen kam es dabei zu den nachgenannten Handlungen, wobei die Reihenfolge der der jeweils erstmaligen Nennung einer Tathandlung zu den entsprechenden Athleten in der Anklageschrift entspricht.
III. Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers J. D.
1. Saison 2013/14
100
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
101
Am 05.02.2014, kurz vor der Abreise des österreichischen Nationalteams zu den Olympischen Winterspielen (07.02.2014 bis 23.02.2014) nach Sotschi in Russland, führte der Angeklagte Dr. M. Sch. dem österreichischen Skilangläufer J. D. im Zimmer … des Hotels R. International in der O.straße 41 in I. zumindest einen Beutel mit Erythrozyten-Konzentrat zur Leistungssteigerung bei den olympischen Wettkämpfen zurück.
102
Am 19.02.2014 infundierte sich der österreichische Skilangläufer J. D. - wie der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste - im Hotel R. International in der O.straße 41 in I. den Inhalt zumindest eines von Dr. M. Sch. zuvor entnommenen und gelagerten und aufbereiteten Beutels mit Erythrozyten-Konzentrat. J. D. war während der Olympischen Winterspiele in Sotschi nach Österreich zu diesem Zweck zurückgereist. Am nächsten Tag trat er wieder die Reise nach Sotschi an, um dort unter Einfluss der unerlaubten Dopingmaßnahmen am 50 Kilometer-Skilanglaufwettbewerb teilzunehmen.
103
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte J. D. dem Angeklagten Dr. M. Schm. 5.000 Euro.
104
Der Angeklagte wusste, dass das Eigenblutdoping eine verbotene Dopingmethode und strafbar war und handelte bewusst in Kenntnis aller Umstände.
2. Saison 2018/19
105
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. beteiligt.
106
Am 20.10.2018 führte die Angeklagte D. S. mit Wissen und Wollen und im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. auf einem nicht genauer bekannten Parkplatz bei R. in Österreich dem österreichischen Langläufer J. D. in dem von Dr. M. Sch. ihr hierfür zur Verfügung gestellten Pkw mindestens einen Beutel mit Vollblut zur Leistungssteigerung zurück. Die Angeklagte D. S. wollte den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivität unterstützen und führte deswegen die Vorgaben des Angeklagten Dr. M. Sch. gewissenhaft aus. Ihr war bewusst, dass es sich um eine verbotene und strafbare Dopingmaßnahme handelte. Dr. M. Sch. betraute die Angeklagte D. S. mit der Dopingmaßnahme vor Ort in Kenntnis aller Umstände. Er stand telefonisch mit der Angeklagten und dem Langläufer J. D. in Kontakt und koordinierte das Treffen.
107
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte J. D. dem Angeklagten Dr. M. Sch. kein Geld. J. D. hatte sich stattdessen bereits 2015 an der Finanzierung des neuen Tiefkühlschranks beteiligt sowie dessen Finanzierung und die Lieferung aus Slowenien organisiert, womit die Dopingleistung nun verrechnet werden sollte. Ferner war eine Beteiligung an etwaigen Preisgeldern angedacht, jedoch konnte das für diese Saison vorgesehene Comeback des J. D. nicht wie geplant stattfinden.
IV. Taten hinsichtlich des österreichischen Straßenradfahrers St. D.
1. Saison 2015
108
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
109
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Mai oder Juni 2014 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in einem nicht genauer bestimmbaren Hotel in der Umgebung von München mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Radsportler St. D. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrats zur Anlage eines Blutvorrats zur Vorbereitung auf die Rennsaison 2015 die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas durch.
110
Zu einem weiteren nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Zeitraum Mai 2014 bis November 2014 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände ebenfalls in einem Hotel in der Umgebung von München, ebenfalls mittels einer Blutzentrifuge, bei dem österreichischem Radsportler St. D. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten zur Anlage eines Blutvorrats zur Vorbereitung auf die Rennsaison 2015 nochmals die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas durch.
111
Vom 13.06.2015 bis 21.06.2015 fand die Tour de Suisse 2015 statt. Am 12.05.2015 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. anlässlich des Starts der Tour de Suisse an einem nicht näher bestimmbaren Ort in der Nähe von Donaustauf bei Regensburg wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zumindest einen Beutel der zuvor im Jahr 2014 entnommenen Erythrozyten-Konzentrate dem österreichischen Radsportler St. D. zur Leistungssteigerung wieder zurück. St. D. gewann unter dem Einfluss dieser leistungssteigernden und nicht erlaubten Methode bei dieser Rundfahrt das Bergtrikot.
112
Vom 04.07.2015 bis 12.07.2015 fand die Österreich-Rundfahrt 2015 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte St. D. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zur Leistungssteigerung am 08.07.2015 im Hotel S., K.straße 8 in G. sowie am 10.07.2015 im Hotel T., A. Straße 46 in K. in Tirol, jeweils vor dem dortigen Etappenstart zumindest einen Beutel mit Blut zu und entnahm dieselbe Menge jeweils nach dem Rennen wieder, und zwar am 08.07.2015 im Hotel Sch., S.straße 40 in V. und am 10.07.2015 wieder im Hotel T.. St. D. wurde bei dieser Österreichrundfahrt bester Österreicher im Klassement.
113
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte St. D. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß 5.000 Euro in bar.
2. Saison 2016
114
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. beteiligt.
115
Zu zwei nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkten im Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2015 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände jeweils in einem nicht genauer bestimmbaren Hotel in der Umgebung von München mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Radsportler St. D. zur Gewinnung von jeweils mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats zur Vorbereitung auf die Rennsaison 2016 durch.
116
Von 06.05.2016 bis 29.05.2016 fand der Giro d‘Italia 2016 statt. Zur Vorbereitung auf den und während des Giro d‘Italia führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Zeitraum März 2016 bis Mai 2016 entweder an einem nicht näher bestimmbaren Ort in München oder auf dem Parkplatz des Cineplexx Kinos in B. in Österreich sowie am 27.05.2016 im Hotel N. in der Viale G. 9 in A. in Italien jeweils zumindest einen Beutel der im Jahr 2015 zuvor entnommenen Erythrozyten-Konzentrate dem österreichischen Radsportler St. D. wieder zurück. Der so gedopte St. D. erreichte bei einer Etappe dieses Giro d‘Italia den 6. Platz.
117
Vom 11.06.2016 bis zum 19.06.2016 fand die Tour de Suisse 2016 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände St. D. bei der am 15.06.2016 in Brig-Glis beginnenden Bergetappe zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt am 14.06.2016 in seinem in der Nähe des Hotels La Porte d’O., Route du G.-S.-B. 5 in M.-C. in der Schweiz zumindest einen Beutel mit Blut zur Leistungssteigerung zu.
118
Am 13.07.2016 führte der Angeklagte D. Q. wissentlich und im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dessen Wissen und Wollen an einem nicht näher bestimmbaren Ort in Österreich zumindest einen Beutel der im Jahr 2015 entnommenen Erythrozyten-Konzentrate dem österreichischen Radsportler St. D. wieder zurück. Dabei erhielt er hinsichtlich des Stechens mit der Nadel in die Armbeuge des Athleten Unterstützung durch eine weitere Hilfsperson, vermutlich M. S., die Lebensgefährtin von St. D.. St. D. nahm unter dem Einfluss dieser leistungssteigernden Methode im Folgenden an der Polenrundfahrt (12.07.2016 bis 18.07.2016), der Tour of Britain (04.09.2016 bis 11.09.2016) sowie den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (05.08.2016 bis 21.08.2016) teil. Der Angeklagte D. Q. wollte den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivität behilflich sein und ihn unterstützen.
119
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte St. D. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß 5.000 Euro.
3. Saison 2017
120
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. beteiligt.
121
Zu insgesamt drei nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkten von Oktober 2016 bis Januar 2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zweimal im Autobahnmotel I. Süd, W.11 in I. und einmal im Hotel Der H.hof, B. 6 in K. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Radsportler S. D. zur Gewinnung von jeweils mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats zur Vorbereitung auf die Rennsaison 2017 durch.
122
Während der Wettkampfsaison 2017 führten wissentlich und in Kenntnis aller Umstände der Angeklagte Dr. M. Sch. und der Angeklagte D. Q. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. mit Unterstützung einer Hilfsperson, vermutlich M. S., zu fünf Zeitpunkten im Zeitraum Juli 2017 bis September 2017 an zum Teil nicht näher bestimmbaren Orten in Oberbayern und in Österreich jeweils zumindest einen Beutel der im Jahr 2016 entnommenen Erythrozyten dem österreichischen Radsportler St. D.wieder zurück. Am 02.07.2017 brachte der Angeklagte D. Q. zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr in das Zimmer Nr. … eines nicht näher bestimmbaren Hotels in der Nähe des Startortes des Prologes der Österreich-Rundfahrt (02.07.2017 bis 08.07.2017) in Graz St. D. jedenfalls einen Blutbeutel, dessen Inhalt dem Athleten dort infundiert wurde, wobei das Setzen der Nadel in die Armbeuge durch St. D. selbst oder die weitere Hilfsperson erfolgte. Nach dem Rennen wurde St. D. dieselbe Menge nach 16:15 Uhr desselben Tages ebendort wieder entnommen und der Angeklagte D. Q. nahm das Vollblut wieder mit. Am 03.07.2017 brachte der Angeklagte D. Q. zwischen 17:30 Uhr und 21:40 Uhr in ein Zimmer des von St. D. Team bewohnten nicht näher bekannten Hotels in Wien jedenfalls einen Blutbeutel, welcher St. D. wie beschrieben infundiert wurde. Am 04.07.2017 zwischen 19:30 Uhr und 19:50 Uhr wurde dem Athleten dieselbe Menge wieder in dem vom Angeklagten D. Q. genutzten Pkw des Angeklagten Dr. M. Sch. an einem nicht näher bestimmbaren Ort in Wien wie beschrieben entnommen. Am 06.07.2017 brachte der Angeklagte D. Q. zwischen 09:30 Uhr und 10:45 Uhr in ein Zimmer des von St. D. Team bewohnten nicht näher bestimmbaren Hotels in der Nähe des Startortes zur sechsten Etappe von Salzburg zum Kitzbüheler Horn mindestens einen Blutbeutel, dessen Inhalt dem Athleten wie beschrieben infundiert und dieselbe Menge am 06.07.2017 zwischen 22:30 Uhr und 23:00 Uhr im Zimmer Nr. … des von St. D. Team bewohnten Hotels an einem nicht näher bestimmbaren Ort in der Nähe des Zielortes der sechsten Etappe von Salzburg zum Kitzbüheler Horn im Raum Kitzbühel wieder entnommen wurde. Am 07.07.2017 zwischen 07:45 Uhr und 08:45 Uhr brachte der Angeklagte D. Q. in dieses Zimmer vor dem Start der siebten Etappe von Kitzbühel nach St. Johann wieder mindestens einen Blutbeutel, dessen Inhalt St. D. wieder wie beschrieben infundiert und dieselbe Menge, nachdem ein zunächst vereinbarter Termin im Zimmer Nr. … in einem Hotel in der Nähe des Zielortes in St. Johann nicht geklappt hatte, spätestens am 08.07.2017 nach 16:20 Uhr an einem nicht genauer bestimmbaren Ort in der Nähe des Zielortes in Wels ebenso wieder entnommen wurde. St. D. gewann unter dem Einfluss der leistungssteigernden Methode die Österreich-Rundfahrt 2017 und eine Etappe bei der Spanien-Rundfahrt Vuelta a España 2017 (19.08.2017 bis 10.09.2017).
123
Der Angeklagte Q. wollte dabei den Angeklagten Dr. M. Sch. in seinen Dopingaktivitäten unterstützen. Er hielt sich jeweils an die konkreten Anweisungen des Angeklagten Dr. M. Sch.. Die Treffen wurden dabei nach Vorgabe des Dr. M. Sch. teilweise zwischen dem Angeklagten Q. und dem Radsportler oder dessen Lebensgefährtin M. S. vereinbart.
124
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte St. D. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß zwischen 12.000 und 13.000 Euro.
4. Saison 2018
125
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. beteiligt.
126
Zu zwei nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkten im Zeitraum von Oktober 2017 bis Dezember 2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch.t wissentlich und in Kenntnis aller Umstände jeweils in einem Hotel im Süden von München - am Irschenberg oder im deutsch-österreichischen Grenzgebiet - mittels seiner Blutzentrifuge beim österreichischen Radsportler St. D.zur Gewinnung von einmal zwei und einmal drei Beuteln Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Vorbereitung auf die Rennsaison 2018 durch.
127
Vom 16.05.2018 bis 20.05.2018 fand die Tour of Norway 2018 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 01.05.2018 und 16.05.2018 wissentlich und in Kenntnis aller Umstände an einem nicht näher bestimmbaren Ort in Österreich zumindest einen Beutel des im Jahr 2017 entnommenen Erythrozyten-Konzentrats dem österreichischen Radsportler D. zum Zweck der Leistungssteigerung bei der Tour of Norway wieder zurück.
128
Zwischen dem 09.06.2018 und dem 17.06.2018 fand die Tour de Suisse 2018, ein über neun Etappen gehendes Radrennen beginnend in Frauenfeld und endend in Bellinzona, statt. Die Angeklagte D. S. führte mit Wissen und Wollen und im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. zum Zweck der Leistungssteigerung am 13.06.2018 vor der anstehenden Etappe im Team-Hotel der österreichischen Mannschaft in Gstaad dem österreichischen Radsportler St. D. mindestens zwei Blutbeutel zu und entnahm die gleiche Menge nach Ende der Etappe am Zielort in Leukerbad wieder. Aufgrund eines Sturzes von St. D. bei dieser Etappe musste ein weiterer zunächst geplanter Termin zur Reinfusion ausfallen. Die Angeklagte D. S. begab sich daraufhin zunächst nach E. zurück und reiste dann auf Anweisung des Angeklagten Dr. M. Sch. am Nachmittag des 14.06.2018 wieder in die Schweiz. Dort führte sie vereinbarungsgemäß St. D. in ihrem Hotelzimmer in E. zum Zweck der Leistungssteigerung bei der für den Folgetag angesetzten siebten Etappe zwischen Eschenbach und Arosa zwei Beutel Vollblut wieder zu. Diese entnahm sie St. D. am Abend des 15.06.2018 im Hotelzimmer von St. D. in A. nach der Etappe vereinbarungsgemäß wieder, bei welcher St. D. den 25. Platz erreichte. St. D. erreichte - sturzbedingt nur - den 91. Platz in der Gesamtwertung.
129
Am 24.07.2018 führte die Angeklagte D. S. dem Radrennfahrer St. D. gemäß vorheriger Absprache mit Dr. M. Sch.t in D. Wohnung im Z. mindestens zwei Beutel Erythrozyten zum Zweck der Leistungssteigerung bei kommenden Rennen (jedenfalls Tour de Wallonie vom 28.07.2018 bis 01.08.2017 und Tour du Limousin vom 15.08.2018 bis 18.08.2018) zu.
130
Die Angeklagte D. S. wollte damit jeweils die Dopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. unterstützen. Sie hielt sich jeweils genau an die Vereinbarungen mit Dr. M. Sch.. Dieser organisierte im Einzelnen die Treffen und stand jeweils in Kontakt zur Angeklagten D. S. und dem Radrennfahrer D. bzw. dessen Lebensgefährtin.
131
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte St. D. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß 5.000 Euro.
V. Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers D. B.
1. Saison 2016/17
132
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
133
Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände am 01.04.2016 im Motel I. Süd, W. 11 in I. mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer D. B. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2016/17 durch.
134
Zu einem weiteren nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Sommer 2016 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Motel I. Süd, W. 11 in I. ebenfalls mittels der Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer D. B. zur Gewinnung von mindestens zwei Blutbeuteln Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrates in Vorbereitung auf die Wintersaison 2016/17 durch.
135
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt kurz vor dem Langlaufrennen der Herren anlässlich des Weltcups in Davos in der Schweiz am 11.12.2016 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände ebenfalls im Motel I. Süd, W. 11 in I. dem österreichischen Skilangläufer D. B. einen Beutel der zuvor entnommenen Erythrozyten-Konzentrate wieder zurück. D. B. nahm unter dem Einfluss der leistungssteigernden Methode an dem Sprintrennen teil und wurde 43ster.
136
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt vor dem Beginn der Tour de Ski 2017 am 31.12.2016 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Motel I. Süd, W. 11 in I. dem österreichischen Skilangläufer D. B. einen Beutel der zuvor entnommenen Erythrozyten wieder zurück. D. B. nahm unter dem Einfluss der leistungssteigernden Methode an dem Etappenrennen teil, kam in der Gesamtwertung jedoch nicht unter die ersten 40.
137
Am 15.02.2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände auf dem Parkplatz des in der Nähe des Münchener Flughafens befindlichen Hotels B. W. München-Airport, R.-K.-Straße 10 in E., dem österreichischen Skilangläufer D. B. vor dem Beginn der Weltmeisterschaften 2017 in Lahti in Finnland, an deren Weltcuprennen am 18.02.2017 in Otepää in Estland der Skilangläufer D. B. teilnahm, einen Beutel des zuvor entnommenen Erythrozyten-Konzentrats zurück. D. B. nahm unter dem Einfluss der leistungssteigernden Methode an den Wettbewerben teil und wurde in Otepää im Sprintrennen 37ster, In Lahti im Sprintrennen und im Teamsprint jeweils 18ter.
138
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte D. B. vereinbarungsgemäß dem Angeklagten Dr. M. Sch. 6.000 Euro. Außerdem sollte der von J. D. im Jahr 2015 organisierte neue Tiefkühlschrank teilweise mit diesen Behandlungen verrechnet werden.
2. Saison 2017/18
139
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
140
Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt im April 2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Motel I. Süd, W. 11 in I. mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer D. B. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2017/18 durch.
141
Am 07.07.2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Zimmer Nr. … des A. Sporthotels, H.-K.-Straße 7 in St. J. im P. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer D. B. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2017/18 durch.
142
Am 02.12.2017 und am 03.12.2017 fand die österreichische Staatsmeisterschaft im Skilanglauf in Seefeld in Österreich statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte dem österreichischen Skilangläufer D. B. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände am Tag des Wettbewerbs in Seefeld mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Beim Sprintrennen am 02.12.2017 belegte D. B. den 1. Platz und beim 15 km-Rennen am 03.12.2017 den 2. Platz.
143
Vom 09.12.2017 bis 10.12.20217 fand der Langlaufweltcup 2017 in Davos in der Schweiz statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Skilangläufer D. B. zur Leistungssteigerung in dem Wettbewerb in Apartment Nr. … der B. Lodge, B.straße 13 in D. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach den Wettbewerben wieder, auch um das Blut dann für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. D. B. erreichte bei dem Sprintrennen am 09.12.2017 den 34. Rang und am 10.12.2017 über 15 Kilometer den 26. Rang.
144
Am 16.12.2017 und am 17.12.2017 fand der Langlaufweltcup Toblach 2017 in Toblach in Italien statt. Der österreichische Skilangläufer D. B. nahm am 15 Kilometer-Rennen am 16.12.2017 und am Verfolgungsrennen am 17.12.2017 teil. Die Angeklagte D. S. führte ihm wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten zur Leistungssteigerung bei diesen Wettbewerben im Hotel R., P. Straße 15 oder im Hotel M., St. J.straße 33 jeweils in T. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. D. B. erreichte am 16.12.2017 beim Rennen über 15 Kilometer den 55. Platz und am 17.12.2017 beim Verfolgungsrennen den 63. Platz.
145
Vom 30.12.2017 bis 07.01.2018 fand die Tour de Ski 2017/18 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zur Leistungssteigerung dem österreichischen Skilangläufer D. B. zwischen dem 29.12.2017 und dem 01.01.2018 im L. Lifestyle Hotel L., Voa P. 19 in O. in der Schweiz Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettkampf wieder, auch um das Blut dann für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Am 03.01.2018 und am 04.01.2018 führte der Angeklagte D. Q. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten dem österreichischen Skilangläufer D. B. in einem Pkw abgestellt in der Nähe der K.straße 3 in O. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampftermin verwenden zu können. Am 06.01.2018 und am 07.01.2018 führte der Angeklagte D. Q. erneut wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten dem österreichischen Skilangläufer D. B. im Hotel Al C., Via IV N. 18 in T. in Italien in der Nähe der Wettkampforte im Val di Fiemme Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampftermin verwenden zu können. D. B. schied beim Freistil-Sprint in Lenzerheide am 30.12.2017 im Viertelfinale aus, aber erreichte beim 15 Kilometer-Rennen am 31.01.2017 in Lenzerheide den 54. Rang, beim Verfolgungsrennen am 01.01.2018 in Lenzerheide den 49. Rang und beim 15 Kilometer-Rennen am 04.01.2018 in Oberstdorf den 51. Rang.
146
Am 13.01.2018 und am 14.01.2018 fand der Langlaufweltcup 2018 in Dresden statt. Der österreichische Skilangläufer D. B. nahm dabei am Freistil-Sprint am 13.01.2018 teil. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände ihm zur Leistungssteigerung bei diesem Wettbewerb am 13.01.2018 an einem nicht genauer bestimmbaren Ort in Dresden mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. D. B. schied beim Freistil-Sprint im Viertelfinale aus.
147
Am 27.01.2018 und am 28.1.2018 fand der Langlaufweltcup 2018 in Seefeld in Österreich statt. Der österreichische Skilangläufer D. B. nahm am 27.01.2018 beim Freistil-Sprint und am 28.01.2018 beim 15 Kilometer-Rennen teil. Die Angeklagte D. S. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten D. B. zur Leistungssteigerung bei diesen Wettbewerben auf einem Parkplatz in Seefeld in einem Pkw oder im Hotel D. K., O.straße 101 in S. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. D. B. schied am 27.01.2018 beim Freistil-Sprint im Viertelfinale aus, beim 15 Kilometer-Rennen am 28.01.2018 erreichte er den 33. Platz.
148
Vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 fanden die Olympischen Winterspiele in Pjöngjang in Südkorea statt. Dort sollte auch der österreichische Skilangläufer D. B. an den Start gehen. Wie alle beteiligten Angeklagten wussten, waren in Pjöngjang an dem österreichischen Skilangläufer D. B. Blutmanipulationen zur Leistungssteigerung bei den von diesem zu bestreitenden Rennen vorgesehen. Die detaillierte Planung und konkrete Koordination der Einsätze seiner Helfer hatte der Angeklagte Dr. M. Sch. allein übernommen. Die Mitangeklagten D. S. und D. Q. wurden entsprechend diesen Planungen eingesetzt und handelten jeweils wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten. Dazu begab sich der Angeklagte D. Q. auf Geheiß und somit mit Wissen und Wollen des Angeklagten Dr. M. Sch. am 01./02.02.2018 bereits vorab nach Pjöngjang und transportierte die zum Blutdoping erforderliche Ausrüstung wie leere Blutbeutel und das zur Blutverdünnung und zur Vorbeugung gegen Thrombose bei längeren Flügen eingesetzte Medikament Clexane von Deutschland aus nach Südkorea, um den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Blutdopingaktivitäten zu unterstützen. Kurz vor dem Abflug des D. B. zu den Olympischen Winterspielen Anfang Februar 2018 begab sich die Angeklagte D. S. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch.und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten zum Autobahnrastplatz Bad Wörishofen. Dort infundierte sie D. B. absprachegemäß den Inhalt von mindestens zwei Blutbeuteln, die dieser im Anschluss in seinem Körper, nebst dem Inhalt von zwei ihm von D. S. übergebenen Clexane-Pens, nach Pjöngjang in Südkorea brachte. Kurz nachdem D. B. in Pjöngjang angekommen war, wurden ihm durch den Angeklagten D. Q. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten mittels des von diesem von Deutschland aus nach Südkorea zuvor eingeführten Equipments die der in Deutschland zugeführten Menge entsprechende Menge Vollblut entnommen. Vor zumindest einem Wettkampf wurde dem Athleten durch den Angeklagten D. Q. dem Tatplan folgend wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten wieder das entnommene Eigenblut zur Leistungssteigerung zugeführt. Nach Beendigung des Wettbewerbs wurde neuerlich wieder dem Athleten Vollblut zur Weiterverwendung entnommen. D. B. lief im Sprint- und im Teamsprintwettbewerb; über 15 Kilometer erreichte er dabei am 13.02.2018 den 35. und in der Staffel am 16.02.2018 den 42. Platz.
149
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte D. B. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß 10.000 Euro.
3. Saison 2018/19
150
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
151
Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt im April 2018 entnahmen die Angeklagten Dr. M. Sch .und D. S. in Obertauern in Österreich arbeitsteilig mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer D. B. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2018/19. Die Angeklagte D. S. brachte dabei die Maschine und zwei kurz zuvor in L. in Slowenien abgeholte Kartons mit Glycerin mit dem Pkw VW Passat des Angeklagten Dr. M. Sch. nach Obertauern und fuhr danach mit dem Pkw Audi A5 des Angeklagten Dr. M. Sch. zurück nach E..
152
Die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. handelten wissentlich in Kenntnis sämtlicher Umstände. Die Angeklagte D. S. wollte dabei die Dopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. unterstützen und hielt sich dabei jeweils streng an dessen Weisungen.
153
Zu einem weiteren nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt im Juli 2018 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Hotel V. Haus, M.park, M.straße 2 in der Innenstadt von D. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge beim Skilangläufer D. B. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2018/2019 durch. Die Angeklagte D. S. hatte im Vorfeld dieses Treffens eine entsprechende Mitteilung von Dr. M. Sch. an D. B. übermittelt, um damit den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten wissentlich zu unterstützen.
154
Vor einem Trainingslager in Saariselkä in Finnland führte der Angeklagte Dr. M. Sch. im B& B Hotel am Flughafen München, M.straße 1 in H. im dortigen Zimmer Nr. … am 04.11.2018 wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Skilangläufer D. B. vor dessen Training zum Zweck der Leistungssteigerung und auch im Hinblick auf die im anstehenden Winter geplanten Rennen einen Beutel der im Jahr 2018 entnommenen Erythrozyten-Konzentrate wieder zurück.
155
Am 15.12.2018 und am 16.12.2018 fand der Langlauf-Weltcup Davos 2018 in der Schweiz statt. Der österreichische Skilangläufer D. B. nahm dort am 15.12.2018 am Sprintwettbewerb und am 16.12.2018 am 15 Kilometer-Rennen teil. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Skilangläufer D. B. am Tag des Wettbewerbs in einem Hotel nahe der Wettkampfstrecke in Davos zwei Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder. D. B. wurde dort im Sprint 32ster und im Rennen über 15 Kilometer belegte er den 43. Platz.
156
Weitere derartige Rückführungen und Entnahmen fanden zwischen dem 29.12.2018 und dem 06.01.2019 während der Tour de Ski 2019 statt. Dabei wurden dem österreichischen Skilangläufer D. B. durch die Angeklagte D. S. in einem Hotel in Bahnhofsnähe in T. in Italien wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten drei Beutel Vollblut zugeführt und zwei Beutel Vollblut entnommen. Eine weitere Rückführung bei D. B. von mindestens einem Blutbeutel erfolgte durch den Angeklagten Dr. M. Sch. in einem Pkw an einem nicht genauer ermittelbaren Ort in Val Müstair. D. B. belegte bei der Tour de Ski in Toblach am 29.12.2018 im Sprint den 27. Platz und am 30.12.2018 über 15 km den 25. Platz. Beim Sprint in Val Müstair in der Schweiz am 01.01.2019 wurde er 8er.
157
Am 12.01.2019 und 13.01.2019 erfolgte eine weitere derartige Rückführung und Entnahme von mindestens einem Blutbeutel anlässlich des Langlauf-Weltcups in Dresden (12.01.2019 bis 13.01.2019) im Hotel H., An der F. 5 in D. durch den Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zur Leistungssteigerung bei den dortigen Rennen. D. B. erreichte daraufhin im Sprint am 12.01.2019 den 49. und im Teamsprint am 13.01.2019 den 9. Rang.
158
Am 16.02.2019 führte der Angeklagte S. M. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt nach 12:47 Uhr in dem Pkw VW Passat des Angeklagten Dr. M. Sch. auf dem Parkplatz des Cineplexx Kinos in H. in Österreich dem D. B. den Inhalt von mindestens einem Blutbeutel im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. zur Leistungssteigerung bei den in Kürze beginnenden Weltmeisterschaften zu. Die Rückführung war aufgrund einer Erkrankung des Athleten erforderlich geworden.
159
Zwischen dem 20.02.2019 und dem 03.03.2019 fanden die nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld in Tirol in Österreich statt. Anlässlich und während dieser Wettkämpfe waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S. und A. Sch. in verschiedener Art und Weise an den Anwendungen der nach dem Anti-Doping-Gesetz verbotenen Methode beteiligt. Der Angeklagte A. Sch. hatte bereits im September 2018 eine Garage in E. zur Kühlung und Lagerung der Blutpräparate angemietet und diese dem Angeklagten Dr. M. Sch. hierfür zur Verfügung gestellt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hatte in Vorbereitung für die Skiweltmeisterschaft zwei Objekte in Seefeld, das Apartment Nr. … in der Villa E. zum See, I. Straße 116 in S. und ein Zimmer im Wellnesshotel S. in der R.straße 356 in Se. gebucht. Das Apartment Nr. … in der Villa E. zum See sollte dem Plan entsprechend neben der Unterbringung insbesondere den beabsichtigten Blutdopingbehandlungen dienen. Dieses Apartment ließ die Angeklagte D. S. kurz vor Anreise in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. auf ihren Namen umschreiben. Das Zimmer im Wellnesshotel S. sollte primär von dem Angeklagten A. Sch. genutzt werden, welcher dieses jedoch der Angeklagten D. S. auch nochmal ausdrücklich zur Durchführung von Blutdopingmaßnahmen zur Verfügung stellte. Der Angeklagte A. Sch. belud mit der Angeklagten D. S. in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. den Pkw unter anderem mit den für die Blutmanipulationen erforderlichen Gerätschaften und den dazu nötigen Präparaten und reiste zusammen mit der Angeklagten D. S. am 20.02.2019 gegen 21:30 Uhr in Seefeld an um auf diese Weise weiter den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen.
160
Bei den Aktivitäten der Angeklagten im Rahmen der nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld handelte der Angeklagte Dr. M. Sch. jeweils in Kenntnis aller Tatumstände. Er übernahm die vollständige Planung und teilte die Mitangeklagten auf der Basis dieser Planung ein, um so den Zeitraum der Weltmeisterschaft vom 20.02.2019 bis 03.03.2019 abzudecken. Die Mitangeklagten D. S. und A. Sch. handelten jeweils auf der Basis der konkreten Anweisungen des Dr. M. Sch. in enger Abstimmung mit diesem mit dem Ziel, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen.
161
Am 21.02.2019 zwischen 09:00 Uhr und 09:20 Uhr führte die Angeklagte D. S. wissentlich gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem österreichischen Skilangläufer D. B. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Pension Villa E. zum See, I. Straße 161 in S. den Inhalt zumindest eines Beutels Erythrozyten-Konzentrats mit dem Ziel der Leistungssteigerung zurück. An diesem Tag nahm D. B.an der Qualifikation zum 1,6 Kilometer-Langlauf-Sprintwettbewerb teil.
162
Ebenfalls am 21.02.2019, nach diesem Wettkampf, zwischen 16:30 Uhr und 16:58 Uhr entnahm die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem Skilangläufer D. B. ebenfalls in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See zumindest einen Beutel Vollblut.
163
Am 24.02.2019 zwischen 06:58 Uhr und 07:24 Uhr behandelte der Angeklagte Dr. M. Sch. den österreichischen Skilangläufer D. B. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See, indem er dem D. B.zum Zweck der Leistungssteigerung für den anstehenden Wettkampf mindestens einen Blutbeutel von dem zuvor entnommenen Blut rückführte. Im unmittelbaren Anschluss daran nahm D. B. an einem Teamsprint-Wettbewerb teil und wurde Sechster.
164
Ebenfalls am 24.02.2019, nach diesem Wettkampf, zwischen 13:56 Uhr und 14:48 Uhr behandelte der Angeklagte Dr. M. Sch. den österreichischen Skilangläufer D. B. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. …5 der Villa E. zum See und entnahm diesem wieder zwei Beutel Vollblut, um diese vor dem nächsten Wettbewerb wieder zuzuführen.
165
Am 27.02.2019 fanden im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ die Durchsuchungen und Festnahmen in Seefeld in Österreich statt.
166
Am 09.04.2019 wurden in einem in der Wohnung des Angeklagten A. Sch. in E. befindlichen Kühlschrank drei Beutel mit Vollblut bzw. 180 Gramm Erythrozyten-Konzentrat sichergestellt. Diese gehörten zu einem Vorrat, der sämtlich für D. B. zur Vorbereitung auf anstehende Wettkämpfe und zum Zweck der Leistungssteigerung angelegt und zur zukünftigen Verwendung vorgehalten worden war. Konkret hatte diese Beutel der Angeklagte Dr. M. Sch. aus dem Tiefkühlschrank in der Garage, welche von seinem Vater, dem Angeklagten A. Sch., angemietet worden war, geholt und aufgetaut, um damit nach dem 27.02.2019 - dem Tag, an dem er selbst in E. festgenommen worden war - nach Seefeld zu fahren und dort diese Beutel dem D. B. vor dem nächsten anstehenden Wettkampf bei der Weltmeisterschaft rückzuführen. Der Inhalt der Beutel konnte jeweils zweifelsfrei D. B. zugeordnet werden.
167
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte D. B. dem Angeklagten Dr. M. Sch. bis zur Festnahme vereinbarungsgemäß 7.500 Euro.
VI. Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers M. H.
1. Saison 2016/17
168
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
169
Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände am 01.04.2016 im Motel I. Süd, W. 11 in I. mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer M. H. zu Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2016/17 durch.
170
Zu einem weiteren nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Sommer 2016 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. ebenfalls im Motel I. Süd wissentlich und in Kenntnis aller Umstände mittels einer Blutzentrifuge bei M. H. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats ebenfalls in Vorbereitung auf die Wintersaison 2016/17 durch.
171
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt kurz vor den Langlaufrennen der Herren anlässlich des Weltcups in Davos in der Schweiz am 11.12.2016 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. ebenfalls im Motel I. Süd wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Skilangläufer M. H. einen Beutel der zuvor entnommenen Erythrozyten-Konzentrate wieder zurück. M. H. nahm unter dem Einfluss der leistungssteigernden Methode an dem 30 Kilometer-Wettbewerb teil und erreichte den 47. Platz.
172
Am 15.02.2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. vor dem Beginn der Weltmeisterschaft in Lahti in Finnland wissentlich und in Kenntnis aller Umstände auf dem Parkplatz des in der Nähe des Münchener Flughafens befindlichen Hotels B. W. München-Airport, R.-K.-Straße 10 in E. dem Skilangläufer M. H. einen Beutel der zuvor entnommenen Erythrozyten-Konzentrate wieder zurück. M. H. nahm unter dem Einfluss der leistungssteigernden Methode an dem Wettbewerb teil und erreichte in Otepää den 51. Platz über 15 Kilometer im klassischen Stil.
173
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte M. H. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß zwischen 5.000 und 7.500 Euro. Außerdem sollte der von J. D. organisierte neue Tiefkühlschrank teilweise mit diesen Behandlungen verrechnet werden.
2. Saison 2017/18
174
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
175
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im April 2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Motel I. Süd, W. 11 in I. mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer M. H. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2017/2018 durch.
176
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im November 2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände an der Raststätte Aistersheim bei Wels in Österreich dem Skilangläufer M. H. mindestens einen Beutel Erythrozyten-Konzentrats zur Leistungssteigerung in Vorbereitung auf das anstehende Training zurück.
177
Am 02.12.2017 und am 03.12.2017 fand die österreichische Staatsmeisterschaft im Skilanglauf in Seefeld in Österreich statt. Mittels der zur Umgehung etwaiger Blutpasskontrollen angewendeten von den Beteiligten sogenannten „rein-raus-Methode“ führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Skilangläufer M. H. am Tag des Wettbewerbs in Seefeld mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, unter anderem auch, um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Beim Sprintrennen am 02.12.2017 belegte M. H. den 29. Platz und beim 15 km-Rennen am 03.12.2017 den 1. Platz.
178
Vom 09.12.2017 bis 10.12.20217 fand der Langlaufweltcup 2017 in Davos in der Schweiz statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte dem österreichischen Skilangläufer M. H. zur Leistungssteigerung in dem Wettbewerb wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Apartment Nr. … der B. Lodge, B.straße 13 in D. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach den Wettbewerben wieder, auch um das Blut dann für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. M. H. erreichte am 10.12.2017 über 15 Kilometer den 15. Rang.
179
Am 16.12.2017 und am 17.12.2017 fand der Langlaufweltcup Toblach 2017 in Toblach in Italien statt. Der österreichische Skilangläufer M. H. nahm am 15 Kilometer-Rennen am 16.12.2017 und am Verfolgungsrennen am 17.12.2017 teil. Die Angeklagte D. S. führte ihm wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten zur Leistungssteigerung bei diesen Wettbewerben im Hotel R., P. Straße 15 oder im Hotel M., St. J.straße 33 jeweils in T. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. M. H. erreichte am 16.12.2017 beim Rennen über 15 Kilometer den 24. Platz und am 17.12. beim Verfolgungsrennen den 35. Platz.
180
Am 27.01.2018 und am 28.1.2018 fand der Langlaufweltcup 2018 in Seefeld in Österreich statt. Der österreichische Skilangläufer M. H. nahm am 27.01.2018 beim Freistil-Sprint und am 28.01.2018 beim 15 Kilometer-Rennen teil. Die Angeklagte D. S. führte dem M. H. in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Veranlassung hin zur Leistungssteigerung bei diesen Wettbewerb auf einem Parkplatz in Seefeld in einem Pkw oder im Hotel Das K., O.straße 101 in S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. M. H. erreichte über die Distanz von 15 Kilometer den 14. Platz.
181
Vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 fanden die Olympischen Winterspiele in Pjöngjang in Südkorea statt (ausführlich hierzu unter B.V.2). Dort sollte auch der österreichische Skilangläufer H. an den Start gehen. Am 04.02.2018 führte die Angeklagte D. S. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. dem österreichischen Skilangläufer M. H. in der Pension E. J., V. 1 in R. am Dachstein in Österreich zum Zweck des Transports nach Südkorea und deren leistungssteigernde Verwendung während der Olympischen Spiele dort zwei Beutel Blut oder Erythrozyten-Konzentrat zu. Kurz nachdem M. H. in Pjöngjang angekommen war, wurde ihm durch den Angeklagten D. Q. mittels des von diesem von Deutschland aus nach Südkorea zuvor eingeführten Equipments der Inhalt von zwei Beuteln Vollblut entnommen. Vor zumindest einem Wettkampf wurde dem Athleten durch den Angeklagten D. Q. dem Tatplan folgend wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten wieder das entnommene Eigenblut zur Leistungssteigerung zugeführt. Nach Beendigung des Wettbewerbs wurde neuerlich wieder dem Athleten Vollblut zur Weiterverwendung entnommen. M. H. erreichte in Pjöngjang beim 30 km Skiathlon am 11.02.2018 den 27. Platz, beim 15 km-Rennen am 16.02.2018 den 29. Platz und beim 50 km-Rennen am 24.02.2018 den 36. Platz.
182
Zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt zwischen dem 04.03.2018 und dem 16.03.2018 entnahm die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten an einem nicht genau bekannten Ort im Raum Berchtesgaden dem österreichischen Skilangläufer M. H. zwei Beutel Vollblut zur Verwendung bei den anstehenden Rennen und führte diesem anschließend die von ihm mitgebrachten zwei Beutel zum Zweck der Leistungssteigerung zum Saisonabschluss wieder zu. Dieser Wechsel fand auch statt, da das gelagerte Vollblut nicht unbrauchbar werden sollte.
183
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte M. H. dem Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbarungsgemäß 10.000 Euro.
3. Saison 2018/19
184
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
185
Die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. entnahmen zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im April 2018 in Obertauern in Österreich arbeitsteilig mittels einer Blutzentrifuge bei dem österreichischen Skilangläufer M. H. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2018/19. Die Angeklagte D. S. brachte dabei die Maschine und zwei kurz zuvor in L. in Slowenien abgeholte Kartons mit Glycerin mit dem Pkw VW Passat des Angeklagten Dr. M. Sch. nach Obertauern und fuhr danach mit dem Audi A5 des Angeklagten Dr. M. Sch. zurück nach E.. Beide Angeklagte handelten wissentlich und in Kenntnis aller Umstände. Die Angeklagte D. S. ging dabei in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten vor.
186
Am 29.08.2018 führte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. in einem nicht genauer bekannten Hotel am Chiemsee in Oberbayern wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten dem österreichischen Skilangläufer M. H. einen Beutel der zuvor entnommenen Erythrozyten-Konzentrate zum Zweck der Leistungssteigerung im Training und Rennen und zur Verschleierung etwaiger ausschließlich im Rennen schwer zu erklärender Leistungssteigerungen zurück.
187
Am 04.11.2018 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände vor dem Trainingslager in Saariselkä in Finnland im B& B Hotel am Flughafen München, M.straße 1 in H. im dortigen Zimmer Nr. … dem österreichischen Skilangläufer M. H. vor dessen Training zum Zweck der Leistungssteigerung und auch im Hinblick auf die im anstehenden Winter geplanten Rennen einen Beutel der im Jahr 2018 entnommenen Erythrozyten-Konzentrate wieder zurück.
188
Am 15.12.2018 und am 16.12.2018 fand der Langlauf-Weltcup Davos 2018 in der Schweiz statt. Der österreichische Skilangläufer M. H. nahm dort am 16.12.2018 am 15 Kilometer-Rennen teil. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Skilangläufer M. H. am Tag des Wettbewerbs in einem Hotel nahe der Wettkampfstrecke in Davos zwei Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder. M. H. erreichte bei dem Rennen in Davos den 35. Platz.
189
Am Langlauf-Weltcup in Dresden vom 12.01.2019 bis 13.01.2019 nahm M. H. nicht teil. Am 13.01.2019 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in seinem Pkw VW Passat auf dem Parkplatz der Raststätte Irschenberg bei dem Skilangläufer M. H. deshalb einen Bluttausch durch, weil der alte Vollblutbeutel zur Steigerung der Leistungsfähigkeit sonst nicht mehr zu gebrauchen gewesen wären. Es wurde zunächst ohne Zentrifuge ein Liter Vollblut abgenommen und in der Folge das alte Blut aus dem Beutel rückgeführt.
190
Am 19.01.2019 und am 20.01.2019 fand der Langlauf-Weltcup in Otepää in Estland statt. Am 20.01.2019 infundierte der Angeklagte S. M. im Auftrag von und gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem M. H. in der vom Angeklagten Dr. M. Sch. für den Angeklagten S. M. angemieteten Unterkunft Väe Villa, K. 5 in Otepää den Inhalt eines 500 ml-Beutels Eigenblut, um den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen. Nach dem Rennen entnahm der Angeklagte S. M. am 20.01.2019 in seiner Unterkunft in enger Absprache mit Dr. M. Sch. auf dessen Anweisung hin M. H. dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch damit das Blut für den nächsten Wettkampf wiederverwendet werden konnte. M. H. wurde unter Einfluss der leistungssteigernden Methode 23ster in dem Rennen über 15 Kilometer.
191
Zwischen dem 20.02.2019 und dem 03.03.2019 fanden die nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld in Tirol in Österreich statt (ausführlich hierzu unter B.V.3). Dabei kam es unter anderem zu folgenden Handlungen:
192
Am 21.02.2019 zwischen 09:00 Uhr und 09:20 Uhr führte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem österreichischen Skilangläufer M. H. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See den Inhalt zumindest eines Blutbeutels Erythrozyten-Konzentrats zurück.
193
Ebenfalls am 21.02.2019, nach diesem Wettkampf, zwischen 16:30 Uhr und 16:58 Uhr entnahm die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem österreichischen Skilangläufer M. H. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See mindestens einen Beutel Vollblut.
194
Am 24.02.2019 zwischen 06:58 Uhr und 07:24 Uhr behandelte der Angeklagte Dr. M. Sch. den österreichischen Skilangläufer M. H. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See, indem er zum Zweck der Leistungssteigerung für den anstehenden Wettkampf mindestens einen Blutbeutel von dem zuvor entnommenen Blut rückführte. Im unmittelbaren Anschluss daran nahm M. H. zusammen mit D. B. an einem Teamsprintwettbewerb teil und erlangte dort den 6. Platz.
195
Ebenfalls am 24.02.2019, nach diesem Wettkampf, zwischen 13:56 Uhr und 14:48 Uhr behandelte der Angeklagte Dr. M. Sch. den österreichischen Skilangläufer M. H. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See. Dabei entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. dem M. H. wieder zwei Beutel Vollblut, um diese vor dem nächsten Wettbewerb wieder zurückzuführen.
196
Am 27.02.2019 gegen 10:00 Uhr behandelte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. den Skilangläufer M. H. in dem zu diesem Zweck angemieteten Apartment Nr. … der Villa E. zum See, indem sie bereits begonnen hatte, M. H. zum Zweck der Leistungssteigerung für den anstehenden Wettkampf den Inhalt von zunächst einem Blutbeutel von dessen zuvor entnommenem Blut rückzuführen. Zwei weitere Beutel befanden sich zum Aufwärmen und zur anschließenden Anwendung im Waschbecken. M. H. hatte geplant, an dem 15 Kilometer-Langlaufwettbewerb an diesem Tag teilzunehmen. Infolge der Festnahme der beiden im Rahmen der sogenannte „Operation Aderlass“ konnten weder die beiden übrigen Blutbeutel reinfundiert werden, noch konnte M. H. das Rennen wie geplant bestreiten.
197
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte M. H. dem Angeklagten Dr. M. Sch. bis zur Festnahme 7.500 Euro.
VII. Taten hinsichtlich des österreichischen Triathleten E. M.
198
Die Tathandlungen hinsichtlich des Triathleten E. M. wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
1. Saison 2016
199
Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem österreichischen Triathleten E. M. vor dem Ironman Klagenfurt am 26.06.2016 am 23.06.2016 in einem Pkw auf dem Besucherparkplatz des Ingolstadt Village, Otto-Hahn- Straße 1 in Ingolstadt mindestens einen Beutel Erythrozyten-Konzentrats zum Zweck der Leistungssteigerung bei diesem Rennen zu. Diesen Beutel hatte er zuvor zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt, vermutlich im Jahr 2015 oder 2016 und wahrscheinlich im Autobahnmotel I. Süd, W. 11, I. mittels einer Blutzentrifuge zur Vorbereitung auf das Rennen entnommen.
200
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte E. M. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 1.000 Euro. Außerdem hatte E. M. zur Finanzierung des von J. D. organisierten neuen Tiefkühlschranks einen Betrag von 6.000 bis 7.000 Euro beigesteuert, der mit der Dopingleistung verrechnet wurde. E. M. stellte auch den Kontakt zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und der anderweitig Verurteilten Ch. K.-F. her.
2. Saison 2018
201
Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte dem österreichischen Triathleten E. M. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände unmittelbar vor dem Ironman Klagenfurt am 01.07.2018 in Klagenfurt mindestens einen Beutel Erythrozyten-Konzentrat zum Zweck der Leistungssteigerung bei diesem Rennen zu. Diese Beutel hatte er zu zumindest zwei verschiedenen Zeitpunkten im Jahr 2017 in Ried im Innkreis in Österreich und im Motor-Hotel L. am Rasthof V. in S. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf das Rennen entnommen. E. M. nahm am lronman Klagenfurt teil, erreichte aber nicht das Ziel.
202
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte E. M. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 1.000 Euro.
VIII. Taten hinsichtlich des estnischen Skilangläufers K. T.
1. Saison 2017/18
203
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
204
Zu vier Zeitpunkten zwischen der Wintersaison 2016/17 und der Wintersaison 2017/18, nämlich am 10.04.2017 in einem Hotelzimmer mit der Nummer … eines Hotels in der Nähe des Flughafens Frankfurt am Main, am 09.05.2017 im A. Hotel W. Chaussee 2 in Berlin in der Nähe des Flughafens Schönefeld, am 30.06.2017 ebenfalls im A. Hotel W. Chaussee 2 in Berlin in der Nähe des Flughafens Schönefeld und am 24.08.2017 im Hotel M. Munich Airport, E.straße 1 in O. entnahm der Angeklagte D. Q. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. mittels einer Blutzentrifuge dem estnischen Skilangläufer K. T. zur Gewinnung von jeweils mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrats Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die kommende Wintersaison.
205
Vom 09.12.2017 bis 10.12.20217 fand der Langlaufweltcup 2017 in Davos in der Schweiz statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte dem estnischen Skilangläufer K. T. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zur Leistungssteigerung in den Wettbewerben in Apartment Nr. … der B. Lodge, B.strasse 13 in D. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach den Wettbewerben wieder, auch um das Blut dann für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. K. T. nahm am 09.12.2017 am Sprintrennen teil. Am 10.12.2017 erreichte er beim 15 Kilometer-Rennen den 13. Platz.
206
Vom 30.12.2017 bis 07.01.2018 fand die Tour de Ski 2017/18 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis aller Umstände zur Leistungssteigerung dem estnischen Skilangläufer K. T. zwischen dem 29.12.2017 und dem 01.01.2018 im G. Hotel P., H.straße 22 in P. in der Schweiz mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettkampf wieder, auch um das Blut dann für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Der Angeklagte D. Q. führte K. T. am 03.01.2018 bzw. am 04.01.2018 im Hotel Restaurant K., R.straße 1 in I. im Allgäu wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb in Oberstdorf wieder. Der Angeklagte D. Q. führte K. T. außerdem am 06.01.2018 bzw. am 07.01.2018 im Hotel E., L. Stava 1 in Stava in Italien wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb im Val di Fiemme wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Bei dem 15 Kilometer-Rennen am 31.01.2017 in Lenzerheide erreichte K. T. den 49. Platz, beim Verfolgungsrennen am 01.01.2018 ebenfalls in Lenzerheide den 39. Platz, beim 15 Kilometer-Rennen am 04.01.2018 in Oberstdorf den 31. Platz, beim 15 km-Rennen am 06.01.2018 im Val di Fiemme den 19. Platz und beim Verfolgungsrennen am 07.01.2018 auch im Val di Fiemme den 24. Platz. In der Gesamtwertung der Tour de Ski erreichte K. T. den 24. Platz.
207
Vom 27.01.2018 bis 28.01.2018 fand der Langlaufweltcup 2018 in Seefeld in Österreich statt. Am 28.01.2018 führte die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen dem estnischen Skilangläufer K. T. in Seefeld auf einem Parkplatz im Pkw oder im Hotel Das K., O.straße 101 in S. jedenfalls einen Beutel Vollblut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb auftragsgemäß wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Beim 15 Kilometer-Rennen am 28.01.2018 erreichte K. T. den 54. Platz.
208
Vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 fanden die Olympischen Winterspiele in Pjöngjang in Südkorea statt (ausführlich hierzu unter B.V.2). Dort sollte auch K. T. an den Start gehen. Kurz vor dem Abflug des K. T. zu den Olympischen Winterspielen Anfang Februar 2018 führten die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. in einem Hotel in der Nähe des Flughafens Frankfurt dem Athleten mindestens zwei Beutel Erythrozyten - unter gleichzeitiger Aushändigung des Blutverdünnungsmittels Clexane zum Thromboseschutz - zu. Kurz nachdem K. T. in Pjöngjang angekommen war, wurde ihm durch den Angeklagten D. Q. mittels des von diesem von Deutschland aus nach Südkorea zuvor eingeführten Equipments am 03.02.2018 im Hotel D. E. Guesthouse in Pjöngjang im Zimmer Nummer … die der in Deutschland zugeführten Menge entsprechende Menge Vollblut entnommen. Den Skilangläufer K. T. dopte der Angeklagte D. Q. dem Tatplan folgend wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten in seiner jeweiligen Unterkunft im Zusammenhang mit fünf Wettbewerben am 11.02., am 16.02., am 18.02., am 21.02. und am 24. oder 23.02.2018, indem er diesem jeweils vor dem Start zwei Beutel Blut zuführte und nach dem Wettkampf wieder zwei Beutel entnahm. Nach dem letzten Wettkampf verblieb der Blutspiegel erhöht. K. T. wurde für die Rückreise mit dem vom Angeklagten D. Q. nach Südkorea gebrachten Blutverdünnungsmittel Clexane zum Thromboseschutz ausgestattet, um das Blut ungehindert und unentdeckt wieder nach Europa mitnehmen zu können. In einem nicht genauer bestimmbaren Hotel in Tallinn in Estland entnahm die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen K. T. dann wieder zwei Beutel Eigenblut. K. T. erreichte beim 30 km-Skiathlon am 11.02.2018 den 32. Platz, beim Sprint Rennen am 13.02.2018 den 53. Platz und beim 15 km-Rennen am 16.02.2018 den 22. Platz.
209
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte K. T. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 8.000 Euro.
2. Saison 2018/19
210
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
211
Während des Aufenthalts des Angeklagten Dr. M. Sch. in den USA anlässlich der Teilnahme des K. D. an der Kalifornien-Rundfahrt (13.05.2018 bis 19.05.2018) - siehe B.XIII.2 - entnahm die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und, um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen, im M. Hotel Berlin City West, O.straße 2 - 6 in Berlin dem estnischen Skilangläufer K. T. zur Gewinnung von mindestens zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentrats zumindest einen Liter Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Saison 2018/19. Die Angeklagte D. S. stand dabei telefonisch mit dem in den USA weilenden Angeklagten Dr. M. Sch. in Verbindung und holte sich auf diesem Wege Anweisungen zur Bedienung der Blutzentrifuge. Der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste, dass die Angeklagte S. der englischen Sprache nicht mächtig war, im Display der Maschine die Bedienungsanweisungen aber nur in englischer Sprache erschienen. Trotz der Verbindung zu dem Angeklagten Dr. M. Sch. war die Bedienung der Maschine für die Angeklagte S. mit großen Problemen verbunden. Die für diese Abnahme erforderlichen Utensilien hatte die Angeklagte D. S. sich zuvor mit einer Kiste aus der Garage des Angeklagten A. Sch. in E. in dessen Gegenwart abgeholt, wo diese Kiste - neben mehreren für den Angeklagten D. Q. und dessen Reise zum Blutdoping nach Italien - siehe B.XIV - vom Angeklagten Dr. M. Sch. bereitgestelltem und mit einem Zettel versehenen Kisten - von dem Angeklagten A. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und, um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen, für seinen abwesenden Sohn aufbewahrt wurden.
212
An vier verschiedenen nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkten im ersten Halbjahr 2018, nämlich am 18.03.2018 im M. Airport Hotel Tegel, K. S. Damm 202 in Berlin, am 10.04.2018 in einem M. Hotel, Zimmer Nr. … und am 31.05.2018 sowie an einem weiteren, nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2018, entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände jeweils in einem Hotel in Flughafennähe in Frankfurt oder Berlin mittels einer Blutzentrifuge dem K. T. zur Gewinnung von jeweils mindestens einem Blutbeutel Erythrozyten Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die kommende Wintersaison 2018/19.
213
Am 15.12.2018 und 16.12.2018 fand der Langlauf-Weltcup 2018 in Davos in der Schweiz statt. In einem Hotel in der Nähe der Wettkampfstecke in Davos nahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände eine Rückführung mit dem Ziel der Leistungssteigerung und eine Entnahme von zwei Blutbeuteln bei dem estnischen Skilangläufer K. T. vor bzw. nach dem Wettkampf vor. K. T. belegte beim Langlauf-Weltcup in Davos am 15.12.2018 im Sprint den 40. Platz und beim 15 km-Rennen am 16.12.2018 den 37. Platz.
214
Vom 29.12.2018 bis zum 06.01.2019 fand die Tour de Ski 2018/19 in Toblach in Italien, Val Müstair in der Schweiz, Val di Fiemme in Italien und Oberstdorf in Deutschland statt. Die Angeklagte D. S. führte im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. dem estnischen Skilangläufer K. T. vor den Wettbewerben am 29.12.2018 wissentlich und in Kenntnis aller Umstände und, um Dr. M. Sch. in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen, in einem Hotel in Bahnhofsnähe in Toblach in Italien zwei Beutel Blut zum Zwecke der Leistungssteigerung zu und entnahm dieselbe Menge nach den Wettbewerben wieder. Am 02.01.2019 und am 03.01.2019 führte die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Auftrag des Dr. M. Sch. und, um diesen in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen, dem K. T. in einem Hotelzimmer in Oberstdorf, welches der Angeklagte Dr. M. Sch. für sie gebucht hatte, jeweils zwei Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach den Wettbewerben wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. K. T. belegte bei der Tour de Ski in Toblach am 29.12.2018 im Sprint den 44. Platz, am 30.12.2018 beim 15 Kilometer-Rennen den 40. Platz, am 01.01.2019 in Val Müstair beim Sprint den 69. Platz, am 02.01.2019 beim Massenstart in Oberstdorf den 36. Platz und am 03.02.2019 beim 15 Kilometer-Rennen mit Handicap den 28. Platz.
215
Am 19.01.2019 und am 20.01.2019 fand der Langlauf-Weltcup 2019 in Otepää in Estland statt. Am 19.01.2019 und am 20.01.2019 infundierte der Angeklagte S. M. zur Leitungssteigerung gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände dem estnischen Skilangläufer K. T. jeweils morgens vor dem Rennen in einer Wohnung in einem nicht genauer bestimmbaren Mehrfamilienhaus in Otepää jeweils den Inhalt eines 500 ml-Beutels Eigenblut, um den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen. Nach dem jeweiligen Rennen am 19.01.2019 und am 20.01.2019 entnahm der Angeklagte S. M. in enger Absprache mit Dr. M. Sch. dem K. T. in dieser Wohnung wieder jeweils dieselbe Menge Blut, auch damit das Blut dann für den nächsten Wettkampf wiederverwendet werden konnte. Bei den Langlaufwettbewerben in Otepää wurde K. T. unter Einfluss der leistungssteigernden Methode am 19.01.2019 16ter im Sprint und am 20.01.2019 18ter über 15 Kilometer.
216
Am 01.02.2019 führte die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Toblach in Italien eine weitere Blutentnahme im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. bei K. T. durch. Die Angeklagte D. S. entnahm K. T. dazu in ihrem Pkw auf einem Parkplatz Blut, welches für eine Blutbildprobe zur Überprüfung und gegebenenfalls zur Nachsteuerung der doping-begleitenden Verschleierungsmaßnahmen hinsichtlich des Blutbildpasses des Athleten diente.
217
Zwischen dem 20.02.2019 und dem 03.03.2019 fanden die nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld in Tirol in Österreich statt (ausführlich hierzu unter B.V.3). Dabei kam es unter anderem zu folgenden Handlungen:
218
Am 20.02.2019 zwischen 22:05 Uhr und 22:30 Uhr führte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem estnischen Staatsangehörigen K. T. in einem Apartment des Hauses R. in der O.straße 495 in S. den Inhalt von zumindest einem Beutel Erythrozyten-Konzentrats zur Leistungssteigerung zurück. Am 21.02.2019 nahm K. T. an der Qualifikation zum 1,6 Kilometer-Langlauf-Sprintwettbewerb teil.
219
Am 23.02.2019 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. dem estnischen Skilangläufer K. T. in einem Apartment des Hauses R. in der O.straße in S. zum Zweck der Leistungssteigerung am Vormittag den Inhalt von zumindest einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat zurück und entnahm am Nachmittag zwischen 15:15 Uhr und 15:51 Uhr dem K. T. wieder das zuvor zugeführte Blut.
220
Am 27.02.2019 zwischen 09:00 Uhr und 10:00 Uhr behandelte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem estnischen Staatsangehörigen K. T. in einem Apartment des Hauses R. in der O.straße 495 in S., indem sie zum Zweck der Leistungssteigerung für den anstehenden Wettkampf mindestens zwei Blutbeutel von dem zuvor entnommenen Blut rückführte. K. T. hatte dabei geplant, an dem 15 Kilometer-Langlaufwettbewerb teilzunehmen. Auf diese Teilnahme musste er aufgrund seiner Festnahme im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ verzichten.
221
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte K. T. dem Angeklagten Dr. M. Sch. bis zur Festnahme 5.000 Euro.
IX. Taten hinsichtlich des estnischen Skilangläufers A. K. in der Saison 2017/18
222
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
223
Am 09.05.2017 entnahm der Angeklagte D. Q. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände dem estnischen Skilangläufer A. K. im A. Hotel, W. Chaussee 2 in Berlin in der Nähe des Flughafens Schönefeld mittels einer Blutzentrifuge zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrats Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die kommende Wintersaison.
224
Vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 fanden die Olympischen Winterspiele in Pjöngjang in Südkorea statt (ausführlich hierzu unter B.V.2). Dort sollte auch A. K. an den Start gehen. Kurz vor dem Abflug des A. K. zu den Olympischen Winterspielen Anfang Februar 2018 führten die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. in einem Hotel in der Nähe des Flughafens Frankfurt dem Athleten mindestens zwei Beutel Erythrozyten - unter gleichzeitiger Aushändigung des Blutverdünnungsmittels Clexane zum Thromboseschutz - zu. Kurz nachdem A. K. in Pjöngjang angekommen war, wurde ihm durch den Angeklagten D. Q. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten mittels des von diesem von Deutschland aus nach Südkorea zuvor eingeführten Equipments die der in Deutschland zugeführten Menge entsprechende Menge Vollblut entnommen. A. K. dopte der Angeklagte D. Q. dem Tatplan folgend wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten in seiner jeweiligen Unterkunft im Zusammenhang mit zwei Wettbewerben, der Langlaufstaffel und dem 50 km-Wettbewerb im klassischen Stil, indem er diesem jeweils vor dem Start zwei Beutel Blut zuführte und nach dem Wettkampf wieder zwei Beutel entnahm. Nach dem letzten Wettkampf verblieb der Blutspiegel erhöht. A. K. wurde für die Rückreise mit dem vom Angeklagten D. Q. nach Südkorea gebrachten Blutverdünnungsmittel Clexane zum Thromboseschutz ausgestattet, um das Blut ungehindert und unentdeckt wieder nach Europa mitnehmen zu können. In einem nicht näher bestimmbaren Hotel in Tallinn in Estland entnahm die Angeklagte D. S. A. K. dann wieder weisungsgemäß zwei Beutel Eigenblut. Die A. K. abgenommenen Blutbeutel wurden nicht ausschließbar am 27.02.2019 in einem auf -80 Grad kühlenden Tiefkühlschrank in der von dem Angeklagten Dr. A. Sch. für den Angeklagten Dr. M. Sch. gemieteten Garage in E. sichergestellt. Beim 50 km-Rennen am 24.02.2018 erreichte A. K. den 17. Platz.
225
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte K. T. für A. K. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 8.000 Euro.
X. Taten hinsichtlich der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F.
1. Saison 2017
226
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
227
An zwei nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkten im November und/oder Dezember 2016 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im Autobahnmotel I. Süd, W. 11, I. mittels einer Blutzentrifuge bei der österreichischen Mountainbikerin Ch. K.-F. zur Gewinnung von einmal mindestens zwei Beuteln und einmal mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrats die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Sommersaison 2017 durch.
228
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Januar 2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände im M.-Hotel Landzeit am Rasthof V. in S. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge bei der österreichischen Mountainbikerin Ch. K.-F. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Sommersaison 2017 durch.
229
Zwischen dem 12.05.2017 und dem 14.05.2017 fand ein Mountainbike-Etappenrennen in den belgischen Ardennen im französischsprachigen Landesteil der Wallonie statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich und in Kenntnis aller Umstände der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F. vor Beginn zumindest einer Etappe in deren in der Nähe des Etappenstarts gelegenen Apartment mindestens einen Beutel Blut zu und nahm ihr dieselbe Menge nach dem Rennen wieder ab. Ch. K.-F. erreichte den 2. Platz.
230
Zwischen dem 08.06.2017 und dem 11.06.2017 fand die Mountainbike Marathon Alpentrophy, ein viertägiges Etappenrennen in Schladming in Österreich, statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich und in Kenntnis aller Umstände der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F. am Abend vor Beginn des Rennens in deren nahegelegenem Apartment „Zur G.“, V. 10 in A. in Österreich mindestens einen Beutel Blut zu und nahm ihr dieselbe Menge nach dem Rennen wieder ab. Ch. K.-F. gewann drei von vier Etappen. Bei einer Etappe belegte sie den zweiten Platz. Ch. K.-F. gewann die Gesamtwertung.
231
Am 24.06.2017 und am 25.06.2017 fand die Mountainbike Marathon Weltmeisterschaft in Singen statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich und in Kenntnis aller Umstände der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F. am Abend vor Beginn des Rennens am 25.06.2017 in deren Zimmer im Apartment am S., S.straße 16 in E. mindestens einen Beutel Blut zu und nahm ihr dieselbe Menge nach dem Rennen wieder ab. Ch. K.-F. belegte den 5. Platz.
2. Intravenöse Verabreichung einer Lösung mit einem Hämoglobinpräparat
232
Aus dem Kreis nicht näher bekannter Trainer, Betreuer und Sportärzte hatte der Angeklagte Dr. M. Sch. wohl im Frühjahr 2017 vom Hörensagen von einer völlig neuen Methode eines leistungssteigernden Blutdopings erfahren und war begierig, diese neue Methode zu testen. Es sollte sich dabei um ein Pulver handeln, dessen Zusammensetzung und Aufbereitung ihm nicht bekannt war. Er hatte die Vermutung, dass es sich dabei um sogenannten „HBOC‘s“ (HBOC = hemoglobin-based oxygen carrier - artifizieller Blutersatzstoff zum Sauerstofftransport) handeln könnte, von dem er in dem medizinischen Forschungsartikel „Development of Recombinant Hemoglobin-Based Oxygen Carriers” der Autorengruppe Varnado, Mollan, Birukou, Smith, Henderson und Olson in englischer Sprache in einem frei im Internet zugänglichen Forschungsbericht zur Transfusionsmedizin gelesen hatte. Er hatte die Hoffnung, dass dieser Stoff das personell aufwendige und damit kostenintensive Eigenblutdoping überflüssig machen könnte. Konkrete Informationen über Wirkungsweise und Verabreichung hatte er keine.
233
Um an das vermeintliche „Wundermittel“ zu gelangen nahm er zunächst Kontakt zu dem anderweitig Verfolgten D. N. auf, der für ihn in der Regel die verabreichten Dopingpräparate in kroatischen Apotheken oder über die kroatische Firma B. beschaffte. Der Angeklagte wusste, dass das Mittel als Laborbedarf über die Firma Sigma-Aldrich beziehbar war. Um keinen Verdacht auf sich zu lenken, veranlasste er den anderweitig Verfolgten D. N., ihm zwei Dosen „Hemoglobin human lyophilized powder“, also gefriergetrocknetes menschliches Hämoglobin-Pulver, über die Firma B. in Zagreb zu bestellen. Die Bestellung erfolgte durch den anderweitig Verfolgten N. am 06.04.2017 zu einem Kaufpreis in Höhe von 671,58 Euro.
234
Entsprechend der Bestellung lieferte der anderweitig Verfolgte D. N. zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt nach dem 06.04.2017 dem Angeklagten Dr. M. Sch. zwei weiße Plastikdosen mit gefriergetrocknetem menschlichem Hämoglobin („Hemoglobin human lyophilized powder“) von der Firma Sigma-Aldrich, das ausdrücklich als Laborbedarf gekennzeichnet und nicht zur Einnahme von Menschen geeignet war. Hämoglobin ist die Hauptkomponente der Erythrozyten und findet sich in den Erythrozyten in einer Konzentration von ca. 34%. Es ist für den Sauerstofftransport und die Abgabe verantwortlich, kann diese Aufgabe jedoch nicht außerhalb der Erythrozyten wahrnehmen. Gefriergetrocknetes Hämoglobin hat nichts mit sogenannten HBOC’s zu tun, was angesichts der eindeutigen Aufschrift auf der Dose auch erkennbar war. Diese Aufschrift hat der Angeklagte Dr. M. Sch. gelesen. Aufgrund seiner medizinischen Ausbildung weiß er um den Unterschied.
235
Sein Plan war, rechtzeitig zur Wintersaison der von ihm betreuten Langläufer ein erstes Testergebnis zu haben. Er sah sich deshalb nach einem „Sommerathleten“ um, der noch Wettbewerbe zu bestreiten hatte. Dabei fiel seine Wahl auf die österreichische Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F.. In mehreren Telefonaten überzeugte er die zunächst sehr skeptische Athletin, ihre Zustimmung zu geben, dass er dieses Mittel an ihr ausprobieren könne. In diesen Telefonaten behauptete er bewusst wahrheitswidrig, das Präparat sei „ungefährlich“ und schon an mehreren Athleten in den USA getestet worden. Er gab an, dass durch dieses Präparat aufwendiges Eigenblutdoping mit den damit einhergehenden hohen Kosten überflüssig würde und der Athlet kostengünstig dopen könne. Wenn sich das Mittel als Dopingmedikament durchsetze, sei dies „der Untergang des Sports“. Er sicherte zu, dass das Mittel steril sei, obwohl er wusste, dass es sich in einer einfachen Plastikdose mit Ringschraubverschluss befand. Auf explizite Frage der Zeugin, ob infolge der Einnahme des Medikaments mit Gesundheitsschäden zu rechnen sei, verneinte er dies.
236
Der englischen Aufschrift „For R& D use only. Not for drug, household, or other uses.“ hatte er entnommen, dass das Präparat, das er in Händen hielt, nur für Forschungs- und Entwicklungszwecke als Labormittel eine Zulassung hatte. Diesen Hinweis hatte er gelesen und verstanden. Ihm war auch klar, dass er über keinerlei Kenntnisse verfügte, ob und an wem das „Pulver“ schon mit welcher Wirkung getestet worden war. Auf der Packung stand, dass es sich um gefriergetrocknetes Hämoglobin handle. Erfahrungen in der Anwendung von Hämoglobinplättchen oder sog. HBOC‘s hatte der Angeklagte nie zuvor gesammelt. Dennoch bot er das Mittel bereits im August 2017 unter anderem mit E-Mail vom 07.08.2017 dem Zeugen M. A. für die von diesem trainierten Sportler an „wenn er sicher ist, dass es gut funktioniert und sicher ist bei Test“. Der Angeklagte war sich daher vor der Verabreichung des Mittels weder im Klaren, ob das Mittel „sicher“ im Sinne einer möglichen gesundheitlichen Schädigung ist noch darüber, ob es bei den Sportlern den gewünschten Zweck erfüllt. Um Beides auszuprobieren und entsprechende Kenntnisse zu gewinnen, hatte er die Zeugin Ch. K.-F. als „Testsportlerin“ ausgewählt.
237
Am Abend des 13.09.2017 gegen 18:30 Uhr begab sich der Angeklagte Dr. M. Sch. zur Wohnung von Ch. K.-F. im B.weg 6c im Ortsteil B. in N. im Innkreis in Österreich. Er hatte eine Packung mit getrocknetem humanem Hämoglobin der Firma Sigma-Aldrich für den Laborbedarf dabei, die er von dem kroatischen Staatsangehörigen D. N. bekommen hatte und die er vor den Augen der Geschädigten erstmals öffnete.
238
Die Geschädigte Ch. K.-F. vertraute den Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. als Arzt und erklärte sich auf der Grundlage seiner Angaben zu dem Humanexperiment bereit. Dies hätte sie nicht getan, wenn der Angeklagte Dr. M. Sch. sie wahrheitsgemäß darüber informiert hätte, dass er noch keinerlei Erfahrungen mit diesem Präparat - bzw. dem vermeintlichen Präparat - vorzuweisen hatte und ihm weder die Substanz in ihrer chemischen Zusammensetzung noch deren Wirkungsweise bekannt war.
239
Der Angeklagte zog sodann zwei Spritzen mit insgesamt ca. 60 ml Kochsalzlösung und darin ca. 5 g aufgelöstem Pulver aus getrocknetem Humanhämoglobin auf und injizierte die Lösung in die Armbeuge von Ch. K.-F.. Wie der Angeklagte Dr. M. Sch. vorhersehen konnte und im Hinblick auf seine Absicht, die Verträglichkeit und Verwendbarkeit des Präparates zu Dopingzwecken zu prüfen, zumindest billigend in Kauf nahm, verschlechterte sich der Gesundheitszustand von Ch. K.-F. nach etwa einer halben Stunde deutlich. Sie hatte ein extremes Kältegefühl am ganzen Körper und bekam Durchblutungsstörungen, hatte einen um das Doppelte erhöhten Puls, musste sich hinlegen und war eine Zeit lang „wie weggetreten“. Der Angeklagte vermutete einen allergischen Schock und veranlasste, dass die Zeugin Ch. K.-F. ihre Beine hochlegte. Trotz der bei allen Beteiligten erkennbaren Besorgnis ob des veränderten Gesundheitszustands der Geschädigten Ch. K.-F. brach der Angeklagte Dr. M. Sch. - nicht ohne zuvor die Vitalfunktionen bei Ch. K.-F. ohne weitere Auffälligkeiten überprüft zu haben - nach etwa einer Stunde auf, um einen weiteren vereinbarten Termin bei dem Athleten E. M. ebenfalls in Österreich noch wahrnehmen zu können. In Folge der Behandlung verfärbte sich der Urin von Ch. K.-F. in den nächsten Stunden und bis zum nächsten Tag beim Wasserlassen tiefrot bis braun. Auch hatte sie noch Schweißausbrüche während der Nacht. Nachdem die Geschädigte Ch. K.-F. das Präparat über Nieren und Urin wieder vollkommen ausgeschieden hatte, normalisierte sich ihr Gesundheitszustand wieder. Bleibende gesundheitliche Schäden sind keine bekannt.
240
Das von dem Angeklagten der Ch. K.-F. intravenös verabreichte Hämoglobin war als Dopingmittel objektiv ungeeignet, da humanes Hämoglobin zwar zum Sauerstofftransport im Blut des Menschen zwingend erforderlich ist, jedoch isoliert und außerhalb der Erythrozyten den Sauerstoff nur binden, aber nicht mehr abgeben kann. Auch dies hätte der Angeklagte Dr. M. Sch. als ausgebildeter Mediziner wissen können und müssen, da dies im Medizinstudium bereits vor dem Physikum gelehrt wird. Tatsächlich hatte die geschädigte Zeugin K.-F. auch keinen anaphylaktischen Schock erlitten, sondern infolge der Hämoglobingabe eine Blutdruckerhöhung, die einherging mit Gefäßverengungen sowie dem Zerfall des Hämoglobins in Bestandteile, die in den Nieren filtriert und sodann ausgeschieden wurden. Die Gefahr einer irreversiblen körperlichen Schädigung bestand zu keinem Zeitpunkt.
3. Saison 2018
241
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. beteiligt.
242
Zu drei verschiedenen, nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkten im Zeitraum Oktober 2017 bis Anfang des Jahres 2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F. bei dieser zu Hause in N. im Innkreis in Österreich mittels der von ihm mitgeführten Blutzentrifuge unter gleichzeitiger Rückführung des Blutplasmas wissentlich in Kenntnis aller Umstände jeweils zwei - mithin insgesamt sechs - Beutel Erythrozyten zur Vorbereitung auf die Saison 2018.
243
Vom 19.03.2018 bis 23.03.2018 fand das Cape Epic Mountainbike-Etappenrennen 2018 in Südafrika statt. Die Angeklagte D. S. führte im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich und in Kenntnis aller Umstände bei diesem Rennen Ch. K.-F. vor deren Abreise nach Südafrika in einem Zimmer des Hotels K. am Flughafen München mindestens einen Beutel Blut zu oder übergab einen Beutel der Mountainbike-Fahrerin, damit diese sich den Beutel selbst zuführte oder durch einen Dritten zuführen ließ. Damit wollte die Angeklagte D. S. den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten unterstützen. Die Angeklagte D. S. übergab Ch. K.-F. außerdem vor Antritt der Reise neben einer Packung Schmerzmittel auch Nadeln, Kanülen und zwei Clexane-Pens zur Thromboseprophylaxe. Ch. K.-F. musste das Rennen in Südafrika nach einer Etappe krankheitsbedingt abbrechen.
244
Vom 07.06.2018 bis 10.06.2018 fand die Mountainbike-Marathon Alpentrophy 2018, ein viertätiges Etappenrennen in Schladming in Österreich, statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich in Kenntnis aller Tatumstände der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F. am Abend vor Beginn des Rennens in deren Apartment „Zur G.“, V. 10 in A. in Österreich zwei Beutel Blut zu oder übergab ihr die Beutel, damit diese sich die Beutel selbst infundierte oder durch einen Dritten infundieren ließ. Ch. K.-F. gewann drei von vier Etappen. Bei einer Etappe belegte sie den zweiten Platz. In der Gesamtwertung belegte sie den ersten Platz.
245
Am 15.09.2018 fand die Mountainbike-Marathon-Weltmeisterschaft 2018 in Auronzo di Cadore in Italien statt. Am 08.09.2018 abends im Hotel La T. in der Via M. 2a in P. und am Vorabend des Rennens führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich in Kenntnis aller Umstände Ch. K.-F. zwei Beutel Blut zum Zweck der Leistungssteigerung zurück oder übergab ihr diese, damit sie sich den Inhalt selbst wieder zuführte. Ch. K.-F. wurde Vizeweltmeisterin.
4. Entgelt
246
Für das Blutdoping bezahlte Ch. K.-F. dem Angeklagten Dr. M. Sch. für die zwei Saisonen insgesamt 12.000 bis 15.000 Euro.
XI. Taten hinsichtlich des estnischen Skilangläufers A. V.
1. Saison 2017/18
247
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
248
Am 13.06.2017 an einem nicht genauer bestimmbaren Ort in Berlin führte der Angeklagte D. Q. wissentlich im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. und in Kenntnis der Umstände mittels einer Blutzentrifuge bei dem estnischen Skilangläufer A. V. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrats die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2017/18 durch.
249
Zu einem weiteren, nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Sommer 2017 führte der Angeklagte D. Q. wieder gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände an einem derzeit nicht genauer bestimmbaren Ort in Berlin an dem estnischen Skilangläufer A. V. eine Blutmanipulation durch, indem er diesem zur Gewinnung von zumindest einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat mit der Blutzentrifuge des Angeklagten Dr. M. Sch. zur Anlage eines Blutdepots und zur Vorbereitung auf die Wintersaison 2017/18 zumindest einen Liter Eigenblut entnahm und das Blutplasma sodann wieder rückführte.
250
Am 09.12.2017 und am 10.12.2017 fand der Langlaufweltcup 2017 in Davos in der Schweiz statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis der Tatumstände dem estnischen Skilangläufer A. V. vor dem Wettbewerb in Zimmer Nr. … der B. Lodge, B.strasse 13 in D. mindestens einen Beutel Blut zum Zwecke der Leistungssteigerung zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können.
251
Vom 30.12.2017 bis 07.01.2017 fand die Tour de Ski 2017/18 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich und in Kenntnis der Tatumstände zum Zwecke der Leistungssteigerung am 29.12.2017 bzw. am 01.01.2018 dem estnischen Skilangläufer A. V. vor den Wettbewerben in Lenzerheide in der Schweiz in seinem Pkw, welcher in der Nähe des G. Hotel P., H.straße 22 in P. in der Schweiz abgestellt war, mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach den Wettbewerben wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Der Angeklagte D. Q. brachte entsprechend der Weisung des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Tatumstände zum Zwecke der Leistungssteigerung dem A. V. am 03.01.2018 bzw. am 04.01.2018 im Hotel Restaurant K., R.straße 1 in I. im Allgäu mindestens einen Beutel Blut zur Rückführung und anschließend entnahm er derselben Menge nach dem Wettbewerb in Oberstdorf. Der Angeklagte D. Q. brachte A. V. außerdem am 06.01.2018 bzw. am 07.01.2018 entsprechend der Weisung des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Tatumstände zum Zwecke der Leistungssteigerung im Hotel E., L. S. 1 in S. in Italien mindestens einen Beutel Blut zur Rückführung und anschließenden Entnahme derselben Menge nach dem Wettbewerb im Val di Fiemme, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Der Angeklagte D. Q. wollte dabei jeweils die Dopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. unterstützen. Bei dem 15 Kilometer-Rennen am 31.01.2017 in Lenzerheide erreichte A. V. den 69. Platz, beim Verfolgungsrennen am 01.01.2018 ebenfalls in Lenzerheide den 72. Platz. Beim 15 Kilometer-Rennen am 04.01.2018 in Oberstdorf erreichte er den 50. Platz.
252
Vom 27.01.2018 bis 28.01.2018 fand der Langlaufweltcup 2018 in Seefeld in Österreich statt. Am 28.01.2018 entnahm die Angeklagte D. S. entsprechend der Weisung des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Tatumstände zum Zwecke der Leistungssteigerung dem estnischen Skilangläufer A. V.in Seefeld auf einem Parkplatz im Pkw oder im Hotel Das K., O.straße 101 in S. jedenfalls einen Beutel Vollblut, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Die Angeklagte D. S. wollte dabei die Dopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch.t unterstützen. Beim 15 Kilometer-Rennen am 28.01.2018 erreichte A. V. den 69. Platz.
253
Vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 fanden die Olympischen Winterspiele in Pjöngjang in Südkorea statt (ausführlich hierzu unter B.V.2). Dort sollte auch der estnische Skilangläufer A. V. an den Start gehen. Kurz vor dem Abflug von A. V. zu den Olympischen Winterspielen Anfang Februar 2018 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. oder die Angeklagte D. S. in einem Hotel in der Nähe des Flughafens Frankfurt dem Athleten mindestens zwei Beutel Erythrozyten - unter gleichzeitiger Aushändigung des Blutverdünnungsmittels Clexane zum Thromboseschutz - zu. Kurz nachdem A. V. in Pjöngjang angekommen war, wurden ihm durch den Angeklagten D. Q. mittels des von diesem von Deutschland aus nach Südkorea zuvor eingeführten Equipments die der in Deutschland zugeführten Menge entsprechende Menge Vollblut entnommen. Vor zumindest einem Wettkampf wurde dem Athleten durch den Angeklagten D. Q. dem Tatplan folgend wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten wieder das entnommene Eigenblut zugeführt. Nach dem letzten Wettkampf der Olympischen Winterspiele verblieb der Blutspiegel erhöht. Der Athlet A. V. wurde mit dem von dem Angeklagten D. Q. nach Südkorea gebrachten Blutverdünnungsmittel Clexane zum Thromboseschutz ausgestattet, um das Blut ungehindert und unentdeckt wieder nach Europa einführen zu können. In einem nicht genau bestimmbaren Hotel in Tallinn in Estland entnahm die Angeklagte D. S. weisungsgemäß dem A. V. dann wieder zwei Beutel Eigenblut. A. V. erreichte beim 30 km-Skiathlon am 11.02.2018 den 47. Platz und beim 50 km-Rennen am 24.02.2018 den 38. Platz.
254
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte A. V. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 8.000 Euro.
2. Saison 2018/19
255
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., D. So. und A. Sch. beteiligt.
256
Während des Aufenthalts des Angeklagten Dr. M. Sch. in den USA (siehe hierzu unten B.XIII.2) im Mai 2018 entnahm die Angeklagte D. S. wissentlich in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und um die Dopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. unterstützen in einem Hotel, etwa fünf Kilometer von einem Flughafen in Berlin entfernt, dem estnischen Langläufer A. V. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat zumindest einen halben Liter Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Saison 2018/2019. Die Angeklagte D. S. kam mit der neuen Blutzentrifuge jedoch nicht zurecht und verbrauchte sämtliche mitgeführte Entnahmesets. Die Bedienungsanweisungen dieser Maschine erfolgten in englischer Sprache auf dem Display. Die Angeklagte S. war, wie bereits ausgeführt, der englischen Sprache nicht mächtig, was der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste. Eine im Anschluss geplante Blutentnahme bei dem österreichischen Skilangläufer D. B. in der Nähe von München konnte deshalb nicht durchgeführt werden. Es wurde zwar auf Initiative des Angeklagte Dr. M. Sch. verabredet, dass der Angeklagte A. Sch. der Angeklagten D. S. auf deren Weg von Berlin nach München an der Esso Tankstelle am H. Kreuz in Thüringen weitere Sets übergeben sollte, jedoch überbrachte dieser dorthin nur ein zur alten Maschine passendes Set als Ersatz.
257
Zu einem weiteren nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Sommer 2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich in Kenntnis der Umstände in einem Hotel in Flughafennähe, entweder in München oder in Berlin, mittels einer Blutzentrifuge dem estnischen Skilangläufer A. V. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat Vollblut unter anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Wintersaison 2018/19.
258
Am 20.03.2018 entnahm die Angeklagte D. S. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände und um den Angeklagten Dr. M. Sch. in dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen im Zimmer Nr. … des M. Hotel Flughafen Berlin-Tegel, K.-S.-Damm 202 in Berlin mittels einer Blutzentrifuge A. V. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die kommende Wintersaison 2018/19.
259
Am 15.12.2018 und 16.12.2018 fand der Langlauf-Weltcup Davos 2018 statt. In einem Hotel nahe der Wettkampfstecke in Davos in der Schweiz nahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände eine Rückführung zum Zwecke der Leistungssteigerung und eine Entnahme von jeweils zwei Blutbeuteln bei dem estnischen Skilangläufer A. V. vor bzw. nach dem Wettkampf vor. Der estnische Skilangläufer V. erreichte bei dem 15 km-Rennen am 16.12.2018 den 90. Platz.
260
Zwischen dem 20.02.2019 und dem 03.03.2019 fanden die nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld in Tirol in Österreich statt (ausführlich hierzu unter B.V.3). Dabei kam es unter anderem zu folgenden Handlungen:
261
Am 20.02.2019 zwischen 22:05 Uhr und 22:30 Uhr führte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem estnischen Skilangläufer A. V. in einem Apartment des Hauses R. in der O.straße 495 in S. den Inhalt von zumindest einem Beutel Erythrozyten-Konzentrats zur Leistungssteigerung zurück. Dies geschah zur Vorbereitung auf das 30 Kilometer-Rennen am 23.02.2019. A. V. belegte bei dem Skiathlon am 23.02.2019 den 57. Platz.
262
Am 27.02.2019 zwischen 09:00 Uhr und 10:00 Uhr behandelte die Angeklagte D. S. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. den estnischen Skilangläufer A. V. in einem Apartment des Hauses R. in der O.straße 495 in S., indem sie ihm zum Zweck der Leistungssteigerung für den anstehenden Wettkampf jedenfalls zwei Blutbeutel von dem zuvor entnommenen Blut wieder rückführte. A. V. hatte geplant, an diesem Tag an dem 15 Kilometer-Langlaufwettbewerb teilzunehmen. Von dieser Teilnahme musste er jedoch aufgrund seiner Verhaftung im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ Abstand nehmen.
263
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte A. V. dem Angeklagten Dr. M. Sch. bis zur Festnahme 5.000 Euro.
XII. Taten hinsichtlich des kasachischen Skilangläufers A. P.
1. Saison 2017/18
264
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
265
Am 16.12.2017 und am 17.12.2017 fand der Langlaufweltcup 2017 in Toblach in Italien statt. Der kasachische Skilangläufer A. P. nahm am 15 Kilometer-Rennen am 16.12.2017 und am Verfolgungsrennen am 17.12.2017 teil. Die Angeklagte D. S. führte ihm in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich in Kenntnis der Tatumstände zur Leistungssteigerung bei diesen Wettbewerben und mit dem Willen, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen, im Hotel R., P. Straße 15 oder im Hotel M., St. J.straße 33 jeweils in T. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. A. P. erreichte beim Rennen über 15 Kilometer den 15. Platz und beim Verfolgungsrennen den 3. Platz.
266
Vom 30.12.2017 bis 07.01.2018 fand die Tour de Ski 2017/18 statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. führte wissentlich in Kenntnis der Umstände zur Leistungssteigerung dem kasachischen Skilangläufer A. P. zwischen dem 29.12.2017 und dem 01.01.2018 im Lai Lifestyle Hotel L., Voa P. 19 in O. in der Schweiz mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettkampf wieder, auch um das Blut dann für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Am 03.01.2018 und am 04.01.2018 führte der Angeklagte D. Q. dem A. P. in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich in Kenntnis der Tatumstände zur Leistungssteigerung bei diesem Wettbewerb und mit dem Willen, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen im Hotel H., J.-A.-Straße 6 in S. mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb in Oberstdorf wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampftermin verwenden zu können. Am 06.01.2018 und am 07.01.2018 führte der Angeklagte D. Q. dem kasachischen Skilangläufer A. P. in Absprache mit dem Angeklagten Dr. Ma. Sch. wissentlich in Kenntnis der Tatumstände zur Leistungssteigerung bei diesem Wettbewerb und mit dem Willen, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen, im Hotel Al C., Via IV N. 18 in T. in Italien in der Nähe der Wettkampforte im Val di Fiemme mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampftermin verwenden zu können. Beim 15 km-Rennen am 31 .01 .2017 in Lenzerheide erreichte A. P. den 2. Platz, beim Verfolgungsrennen am 01.01.2018 in Lenzerheide den 5. Platz, beim 15 km-Rennen am 04.01 .2018 in Oberstdorf den 26. Platz, beim 15 km-Rennen am 06.01.2018 im Val die Fiemme den 1. Platz und beim Verfolgungsrennen am 07.01 .2018 in Val di Fiemme den 4. Platz. In der Gesamtwertung der Tour de Ski erreichte A. P. den 4. Platz.
267
Vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 fanden die Olympischen Winterspiele in Pjöngjang in Südkorea statt (ausführlich hierzu unter B.V.2). Dort sollte auch der kasachische Skilangläufer A. P. an den Start gehen. Kurz vor dem Abflug der Sportler zu den Olympischen Spielen Anfang Februar 2018 führte die Angeklagte D. S. im Hotel K. am Flughafen München A. P. mindestens zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrats - unter gleichzeitiger Aushändigung des Blutverdünnungsmittels Clexane zum Thromboseschutz - zu. Kurz nachdem A. P. in Pjöngjang angekommen war, wurden ihm durch den Angeklagten D. Q. wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten mittels des von diesem von Deutschland aus nach Südkorea zuvor eingeführten Equipments die der in Deutschland zugeführten Menge entsprechende Menge Vollblut entnommen. Vor zumindest einem Wettkampf wurde dem Athleten durch den Angeklagten D. Q. dem Tatplan folgend wissentlich und in Kenntnis aller Umstände in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und auf dessen Weisung mit dem Ziel der Unterstützung von dessen Dopingaktivitäten wieder das entnommene Eigenblut zur Leistungssteigerung zugeführt. Nach Beendigung des Wettbewerbs wurde neuerlich wieder dem Athleten Vollblut zur Weiterverwendung entnommen. Nach dem letzten Wettkampf blieb der Blutspiegel erhöht. Die Athleten wurden mit dem von dem Angeklagten D. Q. nach Südkorea geschmuggelten Blutverdünnungsmittel Clexane zum Thromboseschutz ausgestattet, um das Blut ungehindert und unentdeckt wieder nach Europa einführen zu können. In einem Hotel in Tallinn in Estland entnahm die Angeklagte D. S. dem A. P. dann wieder zwei Beutel Eigenblut. Beim Sprint-Rennen am 13.02.2018 erreichte A. P. den 13. Platz, beim 50 km-Rennen am 24.02.2018 den 15. Platz.
268
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte A. P. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 5.000 Euro.
2. Saison 2018/19
269
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
270
Am 18.03.2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich in Kenntnis der Umstände in einem nicht näher bestimmbaren Hotel in der Nähe eines Flughafens in Berlin dem grippekranken kasachischen Skilangläufer A. P., der gerade mit der Angeklagten D. S. über Stockholm aus V. eingetroffen war, zur Anlage eines Blutdepots mittels seiner neuen Blutzentrifuge mindestens drei Beutel Erythrozyten-Konzentrat zu je 450 ml. Die Angeklagte D. S. unterstützte den Angeklagten Dr. M. Sch. dabei wissentlich dabei in dessen Dopingaktivitäten, in dem Sie das zum Einfrieren des Blutes benötigte Glyzerin zuführte.
271
Zu einem weiteren, nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Herbst des Jahres 2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. in einem nicht näher bestimmbaren Hotel am Flughafen in München mittels seiner Blutzentrifuge dem kasachischen Skilangläufer A. P. wissentlich in Kenntnis der Umstände zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat mindestens einen halben Liter Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Saison 2018/19.
272
Vom 29.12.2018 bis zum 06.01.2019 fand die Tour de Ski 2018/19 in Toblach in Italien, Val Müstair in der Schweiz, Val di Fiemme in Italien und in Oberstdorf in Deutschland statt. Die Angeklagte D. S. führte wissentlich in Kenntnis der Tatumstände im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. dem kasachischen Skilangläufer A. P. vor den Wettbewerben am 29.12.2018 in einem Hotel in Bahnhofsnähe in Toblach in Italien zum Zwecke der Leistungssteigerung zwei Beutel Blut zu, um dabei den Angeklagten Dr. M. Sch.bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen.. Auch am 02.01.2019 führte die Angeklagte D. S. wissentlich in Kenntnis der Tatumstände im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. dem A. P., diesmal in einem Hotel in Oberstdorf im dortigen Hotelzimmer des A. P., den Inhalt von zwei Blutbeuteln zum Zwecke der Leistungssteigerung zu und entnahm dieselbe Menge nach dem Wettbewerb wieder, auch um das Blut für den nächsten Wettkampf verwenden zu können. Sie handelte auch dabei mit dem Willen, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen. A. P. belegte bei der Tour de Ski in Toblach am 29.12.2018 im Sprint den 78. Platz, am 30.12.2018 beim 15 Kilometer-Rennen den 22. Platz, am 01.01.2019 in Val Müstair beim Sprint den 64. Platz und am 02.01.2019 beim Massenstart in Oberstdorf den 17. Platz.
273
Am 01.02.2019 führte die Angeklagte D. S. in Toblach in Italien an dem kasachischen Skilangläufer A. P. weitere Blutmanipulationen im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich in Kenntnis der Umstände durch, um den Angeklagten Dr. M. Sch. auch hierbei bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hatte der Angeklagten D. S. mit Blick auf die anstehenden Weltmeisterschaften in Seefeld zwei Beutel mit dem Eigenblut des A. P. mitgegeben, die sie diesem vereinbarungsgemäß in dessen Ferienwohnung zum Zwecke der Leistungssteigerung infundierte. Zuvor hatte sie A. P. zwei neue Beutel Eigenblut zur Verwendung bei den kommenden Rennen im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. abgenommen.
274
Vom 16.02.2019 bis 17.02.2019 fand der Langlauf-Weltcup in Cogne in Italien statt. Am 17.02.2019 führte der Angeklagte S. M. wissentlich in Kenntnis der Umstände gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt vor dem Rennstart um 12:30 Uhr in einem Zimmer des Hotels St., Rue Des C., 21 in C. in Italien an dem kasachischen Skilangläufer A. P. die Rückführung des Inhalts von mindestens einem Blutbeutel zur Leistungssteigerung durch. Der Angeklagte S. M. wollte dabei den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingaktivitäten unterstützen. A. P. wurde am 17.02.2019 über 15 Kilometer Vierter. Nach dem Rennen entnahm der Angeklagte S. M. dem A. P. absprachegemäß mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich im gleichen Hotel eine kleine Menge Blutes zur Laborauswertung und anschließend etwa 300 ml Blut, welches bei weiteren Rennen Verwendung finden sollte.
275
Zwischen dem 20.02.2019 und dem 03.03.2019 fanden die nordischen Skiweltmeisterschaften in Seefeld in Tirol in Österreich statt (ausführlich hierzu unter B.V.3). Dabei kam es unter anderem zu folgenden Handlungen:
276
Am 23.02.2019 zwischen 07:56 Uhr und 09:50 Uhr führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände dem A. P. in einem Apartment des Hauses E., Am K. 688 in S. den Inhalt von zumindest einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat zum Zwecke der Leistungssteigerung zurück. Am Vortag, dem 22.02.2019, zwischen 12:00 Uhr und 20:00 Uhr hatte sich hierzu der Angeklagte A. Sch. in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. als Kontaktperson in die Mannschaftsunterkunft des kasachischen Nationalteams begeben und diesen Behandlungstermin und die Örtlichkeit jedenfalls mit einem Betreuer des A. P. abgestimmt, um auf diese Weise seinen Sohn, den Angeklagten Dr. M. Sch., bei dessen Dopingaktivitäten zu unterstützen. Am 23.02.2019 nahm A. P. unter Einfluss der unerlaubten Leistungssteigerungsmethode am den Skiathlon-Wettbewerb über 30 Kilometer teil und belegte dabei den 11. Platz.
277
Am 23.02.2019, nach dem genannten Wettkampf, entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. zwischen 16:02 Uhr und 17:07 Uhr dem A. P. wissentlich und in Kenntnis der Umstände in dem genannten Apartment des Hauses E. in S. wieder mindestens einen Beutel Vollblut, auch um diesen bei einem späteren Wettbewerb zur Leistungssteigerung wieder zuführen zu können.
278
Zu einer weiteren für den 27.02.2019 angedachten Rückführung von drei Blutbeuteln kam es nicht mehr, da diese drei Blutbeutel bei der Angeklagten D.S. in deren Apartment in S. bei ihrer Festnahme im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ sichergestellt worden waren. Im Zuge dieser Aktion wurde auch das Hoteilzimmer des anderweitig Verfolgten A. P. durchsucht und dabei eine erhebliche Menge an medizinischen Produkten sichergestellt.
279
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte A. P. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 5.000 Euro.
XIII. Taten hinsichtlich des kroatischen Straßenradfahrers K. D.
1. Saison 2017
280
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. beteiligt.
281
Zwischen dem 18.04.2017 und dem 23.04.2017 fand die Kroatien-Rundfahrt der Radprofis statt. Gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. führte der Angeklagte D. Q. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem kroatischen Radrennfahrer K. D. zum Zweck der Leistungssteigerung bei mehreren Etappen dieses Rennens am 14.04.2017 im Hotel S. Inn Salzburg Airport, F.-B.-Straße 15 in W. in Österreich zumindest einen Beutel mit Erythrozyten zu. K. D. schied aufgrund eines Sturzes bei der dritten Etappe aus dem Rennen aus.
2. Saison 2018
282
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
283
Am 10.11.2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände im M.-Hotel L. am Rasthof V. in S. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge bei dem kroatischen Radrennfahrer K. D. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten-Konzentrat die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Saison 2018 durch.
284
Am 23.12.2017 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. im Autobahnmotel I. Süd, W. 11 in I. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mittels einer Blutzentrifuge bei dem kroatischen Radrennfahrer K. D. zur Gewinnung von mindestens einem Beutel Erythrozyten die Entnahme von Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die Saison 2018 durch.
285
Vom 16.04.2018 bis 20.04.2018 fand die Tour of the Alps 2018, ein über fünf Etappen führendes Radrennen mit Start am Gardasee, statt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. traf sich dazu wissentlich und in Kenntnis der Umstände am 13.04.2018 mit K. D. auf dem Parkplatz des Schnellrestaurants Burger King, F. Straße 78 in G. in Österreich, um diesem zum Zweck der Leistungssteigerung bei diesem Rennen einen Beutel mit Erythrozyten-Konzentrats zu infundieren. K. D. belegte auf der ersten Etappe am 16.04.2018 den 51. Platz, auf der zweiten Etappe am 17.04.2018 den 96. Platz, auf der dritten Etappe am 18.04.2018 den 78. Platz, auf der vierten Etappe am 19.04.2018 den 67. Platz, auf der fünften Etappe am 20.04.2018 den 72. Platz und im Gesamtergebnis den 67. Platz.
286
Vom 24.04.2018 bis 29.04.2018 fand die Tour de Romandie 2018, ein über fünf Etappen führendes Radrennen in der Schweiz, statt. Am 25.04.2018 gegen 09:30 Uhr führte der Angeklagte D. Q. in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, in Zimmer Nr. … des Grand Hotels C. T., Avenue des B. 22 in Y.-les-B. in der Schweiz mindestens einen Beutel mit Erythrozyten-Konzentrat dem Radrennfahrer K. D. zu. Dieselbe Menge nahm er ihm in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, gegen 20:30 Uhr in einem Pkw in der Nähe des Hotels F., A.weg 25 in St. in der Schweiz wieder ab. Am 27.04.2018 führte der Angeklagte D. Q. nach wie vor in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem K. D. an einem nicht genauer bestimmbaren Ort in der Nähe des Startortes der dritten Etappe in Ollon mindestens einen Beutel Blut zu und entnahm dieselbe Menge nach 18:25 Uhr am Zielort der dritten Etappe in Villars-sur-Ollon oder dem Startort der vierten Etappe in Sitten wieder. Am 28.04.2018 führte der Angeklagte D. Q. erneut in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen dem K. D. in einem Pkw in der Nähe des Startortes der vierten Etappe in Sitten mindestens einen Beutel Blut wieder zu. K. D. belegte im Prolog am 24.04.2018 den 121. Platz, auf der ersten Etappe am 25.04.2018 den 29. Platz, auf der zweiten Etappe am 26.04.2018 den 29. Platz, auf der dritten Etappe am 27.04.2018 den 15. Platz, auf der vierten Etappe am 28.04.2018 den 18. Platz, auf der fünften Etappe am 29.04.2018 den 42. Platz, im Gesamtergebnis dem 15. Platz und in der Gesamtpunktewertung den 54. Platz.
287
Zwischen dem 13.05.2018 und dem 19.05.2018 fand die Kalifornien-Rundfahrt, ein über sieben Etappen gehendes Radrennen, in den USA statt, bei dem der kroatische Radrennfahrer K. D. „auf eigene Rechnung“ und nicht nur als „Helfer“ fahren sollte. K. D. waren vor Beginn der Rundfahrt daher durchaus Siegeschancen eingeräumt worden. Der Angeklagte D. Q., der sich ohnehin zu diesem Zeitpunkt immer wieder nach Italien begab (siehe hierzu unter B.XIV), infundierte K. D. auf Geheiß des Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, kurz vor dem Abflug von K. D. in die USA am 09.05.2018 in Zimmer Nr. … des Hotels i. Verona, Via E. F.11/C in Verona zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrat und übergab K. D. das Blutverdünnungsmittel Clexane zum Thromboseschutz. Dabei wusste der Angeklagte D. Q., dass K. D. kurz nach der Landung in den USA durch den Angeklagten Dr. M. Sch. die von ihm zugeführte Menge Blutes in Form von Vollblut wieder entnommen und dann nach der „rein-raus-Methode“ bei mehreren Etappen dort verwendet werden sollte. Nach Ankunft des K. D. in Los Angeles entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände im Team-Hotel in Los Angeles dem K. D. zwei Beutel mit Vollblut und führte diese vor Beginn der Bergetappe am 14.05.2018 im Hotel V. Beach M., H. Boulevard in V. wieder zu. Nach der Etappe entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. ebenfalls im V. Beach M. Hotel wieder zwei Beutel Blut und reinfundierte diese im Hotel H. Regency M., 1 O. G. C. Road in M. vor dem Zeitfahren am 16.05.2018 wieder. Nach dem Zeitfahren wurden im F. Inn & Suites, 2 O. L. Lane in E. G. zwei Beutel Vollblut entnommen und diese vor Beginn der Bergetappe am 18.05.2018 in Folsom im F. Inn & Suites in E. G. wieder zugeführt. Den Inhalt dieser beiden Beutel verbrachte K. D. in seinem Körper wieder nach Italien, wo sie durch den Angeklagten D. Q nach Ankunft von K. D. an einem nicht näher bekannten Ort in Italien auf Anweisung des Angeklagten Dr. M. Sch. und entsprechend dessen Planung wieder entnommen wurden. Der Angeklagte D. Q. handelte auch hier in enger Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen. K. D. belegte auf der ersten Etappe am 13.05.2018 den 56. Platz, auf der zweiten Etappe am 14.05.2018 den 6. Platz, auf der dritten Etappe am 15.05.2018 den 27. Platz, auf der vierten Etappe am 16.05.2018 den 36. Platz, auf der fünften Etappe am 17.05.2018 den 21. Platz, auf der sechsten Etappe am 18.05.2018 den 12. Platz, auf der siebten Etappe am 19.05.2018 den 34. Platz und im Gesamtergebnis den 9. Platz.
288
Am 29.05.2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. im Hotel i. b., J.-L.-Straße 8 in S. wissentlich und in Kenntnis der Umstände dem K. D. bei den anstehenden Rennen zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrats, die eingefroren werden sollten, und führte ihm anschließend zwei, sich dem Haltbarkeitsende nähernde Beutel Vollblut, die der Angeklagte D. Q. dem K. D. in Italien zuletzt entnommen hatte (s.o.), zur Leistungssteigerung zurück.
289
Am 01.07.2018 führte die Angeklagte D. S. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem kroatischen Radrennfahrer K. D. gemäß Weisung des Angeklagten Dr. M. Sch. in einem Pkw des Angeklagten Dr. M. Sch. auf einem Parkplatz der Rastanlage Irschenberg mindestens zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrat zum Zweck der Leistungssteigerung bei der anstehenden Tour de France 2018 zu.
290
Vom 07.07.2018 bis 29.07.2018 fand die Tour de France 2018, ein über 21 Etappen führendes Radrennen mit Start in Noirmoutier-en-l'Ile in Frankreich statt. Auf Weisung des Angeklagten Dr. M. Sch. führte der Angeklagte D. Q. zum Zweck der Leistungssteigerung wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem Radrennfahrer K. D. am 17.07.2018 in Zimmer Nr. … des Hotel & Spa G. T., 16 Avenue C. de G. in A.-les-B. in Frankreich vor Beginn einer Bergetappe einen Beutel Erythrozyten-Konzentrat zu und entnahm dort abends nach der Etappe zwei Beutel Vollblut wieder. Am 18.07.2018 infundierte der Angeklagte D. Q. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, erneut in Abstimmung mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. dem K. D. vor der anstehenden Etappe in ebenjenem Hotel wiederum zwei Beutel und entnahm die gleiche Menge spät abends nach der Etappe in der Residence Les Ch., 7 D1090 in M.. Am 19.07.2018 infundierte der Angeklagte D. Q. wiederum absprachegemäß wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem K. D. vor der anstehenden Etappe in Montvalezan wiederum zwei Beutel, die dann nicht neuerlich wieder entnommen werden konnten, da die Straßen zum Ort des Etappenziels gesperrt waren und der Angeklagte D. Q. deshalb nicht zu K. D. gelangen konnte. Zwei weitere Blutrückführungen waren für 25.07.2018 in Vielha in Spanien und für 27.07.2018 in Pau in Frankreich geplant. Während die Beteiligten für den 25.07.2018 kein Quartier fanden und der Angeklagte D. Q. daher sowohl die Rückführung vor der Etappe als auch die Entnahme nach der Etappe in Abstimmung mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. auf dessen Weisung hin wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, im Pkw auf einem Parkplatz an einer jeweils nicht mehr genau feststellbaren Stelle an den Orten von Etappenstart und -ende durchführten musste, konnte der Angeklagte D. Q. K. D. am Morgen des 27.07.2018 in dem Team-Hotel M. Palais des Sports in P. zwei Beutel Blut zuführen. Auch hier handelte er in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen. Am Abend des 27.07.2018 entnahm der Angeklagte D. Q. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, den Inhalt von zwei Beuteln an einer nicht genauer bestimmbaren Stelle am Ort des Etappenziels in Pau in erneuter Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. ebenfalls wieder im Pkw, der ihm von dem Angeklagten Dr. M. Sch. hierfür zur Verfügung gestellt worden war. K. D. war als „Helfer“ für seinen Teamkollegen D. M. zuständig, der die Gesamtwertung der Tour de France als Achter abschloss; K. D. selbst belegte an nennenswerten Ergebnissen auf der zehnten Etappe am 17.07.2018 den 51. Platz, auf der elften Etappe am 18.07.2018 den 90. Platz, auf der zwölften Etappe am 19.07.2018 den 66. Platz, auf der 17. Etappe am 25.07.2018 den 26. Platz, auf der 19. Etappe am 27.07.2018 den 34. Platz und im Gesamtergebnis den 40. Platz.
291
Am 04.08.2018 fand das Eintagesrennen San Sebastián 2018 in Spanien statt. Vor Beginn dieses klassischen Eintagesrennens führte der Angeklagte D. Q. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. am Morgen des 04.08.2018 im Hotel A. P., Pio XII. A. P. 7 in D.a in Spanien wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, K. D. zwei Beutel Eigenblut zur Leistungssteigerung zu und entnahm ebendort abends nach der Etappe dieselbe Menge wieder. K. D. belegte am 04.08.2018 den 35. Platz.
292
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte K. D. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 10.000 Euro.
XIV. Taten hinsichtlich des österreichischen Straßenradfahrers G. P. in der Saison 2018
293
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., und A. Sch. beteiligt.
294
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt im Dezember 2017 entnahm der Angeklagte D. Q. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, in einer Wohnung in dem Anwesen S.kai 102 in G. in Österreich dem österreichischen Radrennfahrer G. P. mit Unterstützung einer weiteren Hilfsperson, bei der es sich vermutlich um die Lebensgefährtin des G. P., Frau N. D. handelt, zur Anlage eines Blutdepots und zur leistungssteigernden Verwendung bei den in der Saison 2018 anstehenden Radrennen mit Hilfe einer Blutzentrifuge mindestens einen Beutel mit Erythrozyten-Konzentrat.
295
Am 24.02.2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände ebenfalls in der Wohnung S.kai 102 in G. in Österreich dem Radrennfahrer G. P. zur Gewinnung von zwei weitere Beuteln Erythrozyten-Konzentrat Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutdepots und zur leistungssteigernden Verwendung bei den in der Saison 2018 anstehenden Radrennen.
296
Zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 23.12.2017 und März 2018 entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände im Motor-Hotel L. am Rasthof V. in S. in Österreich mittels einer Blutzentrifuge bei G. P. zur Gewinnung von mindestens vier Beuteln Erythrozyten-Konzentrat zumindest zwei Liter Vollblut mit anschließender Rückführung des Blutplasmas zur Anlage eines Blutvorrats in Vorbereitung auf die anstehenden Wettkämpfe.
297
Vom 16.04.2018 bis 20.04.2018 fand die Tour of the Alps 2018, ein über fünf Etappen führendes Radrennen mit Start am Gardasee, statt. Der Angeklagte D. Q. brachte zum Zweck der Leistungssteigerung in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem G. P. etwa drei Tage vor Beginn des Rennens in dessen Wohnung in G. einen Beutel Erythrozyten-Konzentrat, welcher G. P.r dort durch ihn selbst oder durch eine weitere Hilfsperson, vermutlich seine Lebensgefährtin N. D., infundiert wurde. G. Ps. Team gewann mit T. Pi. bei dieser Rundfahrt die Gesamtwertung; G. P. selbst belegte auf der ersten Etappe am 16.04.2018 den 46. Platz, auf der zweiten Etappe am 17.04.2018 den 23. Platz, auf der dritten Etappe am 18.04.2018 den 37. Platz, auf der vierten Etappe am 19.04.2018 den 69. Platz, auf der fünften Etappe am 20.04.2018 den 29. Platz und im Gesamtergebnis den 33. Platz.
298
Vom 04.05.2018 bis 27.05.2018 fand der Giro d’Italia 2018 statt. Der Angeklagte D. Q. brachte zum Zweck der Leistungssteigerung in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem österreichischen Rennradfahrer G. P. vor Beginn der Etappe auf den Ätna am 10.05.2018 am 07.05.2018 in das Hotel B& B E. A., Via P. 262 in A. C. in Italien einen Beutel Erythrozyten-Konzentrat, welcher ihm dort von ihm selbst oder durch eine weitere Hilfsperson, vermutlich N. D., rückgeführt wurde. Der von G. P. unterstützte Teamkollege T. Pi. wurde Dritter, G. P. selbst wurde 35ster. Im weiteren Verlauf des Giro d’Italia brachte der Angeklagte D. Q. zwischen dem 19.05.2018 und dem 25.05.2018 zum Zweck der Leistungssteigerung in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem G. P. am Tag vor der 14. Etappe zwischen San Vito al Tagliamento und Monte Zoncolan am 19.05.2018 gegen 07:00 Uhr im Hotel D. in Piazza G. M. in P., am Tag vor der 16. Etappe des Giro d’Italia am 22.05.2018 zwischen Trient und Rovereto im Hotel B. W. A. in der Via P. 10 in M. und an zwei weiteren darauf folgenden Tagen, nämlich am 24.05.2018 und am 25.05.2018, an einem jeweils nicht mehr genau bestimmbaren Ort in der Nähe von G. P. Team-Quartier nicht allzu weit entfernt von Abbiategrasso, dem Startort der 18. Etappe am 24.05.2018, bzw. von Venaria Reale, dem Startort der 19. Etappe am 25.05.2018, jeweils einen oder zwei Beutel Vollblut, welches dem Athleten durch diesen selbst oder durch eine weitere Hilfsperson, vermutlich N. D., jeweils infundiert wurde und nach der Etappe jeweils wieder ein Beutel bzw. nach der vorletzten Etappe am 25.05.2018 zwei Beutel Vollblut entnommen wurden. G. P. wurde in der Gesamtwertung des Giro d’Italia 29ster.
299
Die für den Giro d’Italia benötigten Utensilien hatte D. Q. sich in Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. zuvor in einer oder mehreren mit einem Zettel mit seinem Namen versehenen Kiste(n) aus der Garage des Angeklagten A. Sch. in E. abgeholt, wo diese Kiste(n) - neben zumindest einer für die Angeklagte D. S. und deren Reise zum Blutdoping nach Berlin vom Angeklagten Dr. M. Sch. bereitgestellten Kiste - von dem Angeklagten A. Sch. für seinen abwesenden Sohn absprachegemäß wissentlich in Kenntnis der Umstände aufbewahrt und gemeinsam mit A. Sch. in den von Qh benutzten Pkw des Angeklagten Dr. M. Sch. verladen wurden. Der Angeklagte A. Sch. wusste hierbei, dass mit dem Inhalt der Kisten Blutdoping betrieben werden würde und billigte das in dem Bestreben, seinen ortsabwesenden Sohn (vgl. unter B.XIII.2, Kalifornien-Rundfahrt) dabei zu unterstützen.
300
Im Juni und Juli 2018 fanden in Wien die österreichischen Meisterschaften im Straßenrennen statt. Vor dem Zeitfahren am 29.06.2018 übergab der Angeklagte Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände in Wien wohl in der Nähe des Austragungsortes dem Radrennfahrer G. P. zwei Beutel Erythrozyten, damit G. P. oder eine nicht ermittelte Person diese dem G. P. zum Zwecke der Leistungssteigerung infundierte. Nach dem Zeitfahren entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch. dem G. P. in seinem Pkw Mercedes V-Klasse in Wien wissentlich in Kenntnis der Umstände zwei Beutel Vollblut zur Verschleierung und damit dieses bei dem Straßenrennen am übernächsten Tag erneut eine Verwendung zur Leistungssteigerung erfahren könne. Dementsprechend führte diese zwei Vollblutbeutel entweder der Radrennfahrer G. P. oder eine unbekannte Person, dem Dopingplan mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. folgend, am Morgen des 01.07.2018 vor dem Straßenrennen dem G. P. in Wien in der Nähe des Team-Hotels zum Zwecke der Leistungssteigerung wieder zu. Nach dem Straßenrennen entnahm der Angeklagte Dr. M. Sch.t in Anwesenheit seines Sohnes J. dem G. P. in einem Hotel in K. nördlich von Wien wissentlich und in Kenntnis der Umstände zwei (maximal drei) Beutel Vollblut zur Verschleierung der durchgeführten Blutmanipulation und um es erneut zur Leistungssteigerung zu verwenden. G. P. gewann das Zeitfahren und beendete die österreichische Meisterschaft als Dritter.
301
Vom 04.08.2018 bis 10.08.2018 fand die Polenrundfahrt im Radfahren statt. Anlässlich dieses Radrennens brachte der Angeklagte D. Q. gemäß Absprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, dem G. P. vor Beginn der Rundfahrt in Wels in Österreich einen Beutel Erythrozyten-Konzentrat, welcher diesem durch ihn selbst oder durch eine weitere Hilfsperson, vermutlich N. D., dort zurückgeführt wurde. Anschließend transportierte der Angeklagte D. Q. absprachegemäß wissentlich und in Kenntnis der Umstände mit dem Zweck, den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dessen Dopingpraktiken zu unterstützen, zumindest zwei mit Eigenblut gefüllte Blutbeutel nach Polen, um deren Inhalt G. P. dort - ggf. wieder mit Unterstützung einer Hilfsperson beim Setzen der Nadeln - während der Rundfahrt zuführen zu können.
302
Für das Blutdoping in dieser Saison bezahlte G. P. dem Angeklagten Dr. M. Sch. 12.000 Euro.
C. Beweiswürdigung
I. Persönliche Verhältnisse
303
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf deren insoweit jeweils glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung, den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister zu allen fünf Angeklagten sowie hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten D. Q. auch auf den Erkenntnissen aus dem Urteil des Landgerichts Erfurt, Az. 551 Js 600002/03 - 2 KLs vom 19.06.2008, welches ebenfalls in der Beweisaufnahme verlesen wurde. Insbesondere hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten Dr. M. Sch. und A. Sch. beruhen die Feststellungen zum Teil auch auf den - übereinstimmenden - Angaben des jeweils anderen Angeklagten, soweit sich ihr Werdegang jeweils berührt. Anhaltspunkte für Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten haben sich in der Hauptverhandlung bezüglich der persönlichen Verhältnisse nicht ergeben.
II. Sachverhalte
304
Die verfahrensgegenständlichen Sachverhalte stehen fest aufgrund der glaubhaften Geständnisse und Einlassungen aller Angeklagten in der Hauptverhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme.
305
Die Angeklagten haben die Sachverhalte, wie sie die Staatsanwaltschaft ihnen in ihrer Anklageschrift zu Last legte, zum Teil umfassend, zum Teil in weiten Bereichen in der Hauptverhandlung eingeräumt.
306
Bereits im Ermittlungsverfahren hat der Angeklagte Dr. M. Sch. sehr weitreichende und umfassende Angaben gemacht und dadurch Aufklärungshilfe geleistet. Sehr weite Teile der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 sind von den geständigen Einlassungen aus dem Ermittlungsverfahren geprägt. Dabei ist zu differenzieren zwischen den Vorwürfen im Zusammenhang mit Blutdoping und dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung zulasten der Geschädigten Ch. K.-F.. Im Zusammenhang mit den Vorwürfen des Blutdopings ist ein weitreichendes und frühes Geständnis bereits im Ermittlungsverfahren gegeben, das allerdings im Regelfall nicht die konkrete Tiefe in den einzelnen Handlungsabläufen aufweist und sich allgemein auf die jeweiligen Sportler und die jeweilige Wettkampfsaison und nur ausnahmsweise auf konkrete Wettbewerbe und das konkrete Verhalten vor Ort bezieht. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung ist nur der äußere Sachverhalt ohne Bezugnahme auf das konkrete „Pulver“, welches verabreicht wurde, eingeräumt. Wegen „Einwilligung“ der Geschädigten wurde jedoch kein schuldhaftes Handeln erkannt. In seiner mündlich vorgetragenen schriftlichen Stellungnahme in der Hauptverhandlung vom 29.09.2020 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. über seine Verteidiger aus, dass die ihm in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Blutdoping sich weitestgehend auch so ereignet hätten. Er legte den Ablauf der Blutdopingmaßnahmen dar, schilderte, wie er zunächst allein und später mit Hilfe der Mitangeklagten Sportler „betreut“ habe und legte dar, allein die Vorgänge organisiert zu haben und den jeweilig eingeschalteten Helfern Anweisungen gegeben zu haben. Gegliedert nach Sportlern äußerte er sich dabei zu den Anklagepunkten und hob jene Punkte gesondert hervor, bei welchen er Abweichungen in der Einlassung zum Anklagevorwurf sah. In mehreren weiteren Erklärungen präzisierte und modifizierte er seine früheren Einlassungen.
307
Der Angeklagte D. Q. hat sich im Ermittlungsverfahren nicht eingelassen. In der Hauptverhandlung gab er in seiner mündlich von seinen Verteidigern vorgetragenen schriftlichen Einlassung vom 24.11.2020 an, dass einige der Sachverhalte der Anklage, die ihn beträfen, so richtig seien, andere würden jedoch so nicht zutreffen. Insgesamt bestritt der Angeklagte D. Q. dabei vor allem bezüglich einzelner Blutrückführungen diese selbst durchgeführt zu haben; nach seiner Einlassung hatte er oftmals nur den Transport der Blutbeutel übernommen.
308
Die Angeklagte D. S. hat sich bereits im Ermittlungsverfahren umfassend und überschießend eingelassen und rückhaltlos die Vorwürfe eingeräumt. Dieses umfassende Geständnis wiederholte sie in einer ausführlichen Einlassung zu Beginn der Hauptverhandlung und machte sehr detailreiche Angaben zu allen Vorkommnissen.
309
Der Angeklagte A. Sch. hat sich zu Teilen der Vorwürfe bereits im Ermittlungsverfahren geständig eingelassen. In der Hauptverhandlung gab er über seinen Verteidiger eine mündlich vorgetragene schriftliche Stellungnahme zur Sache ab, in welcher er die ihn betreffenden Vorwürfe im Wesentlichen einräumte, jedoch bestritt, dass er auch zur Erlangung wirtschaftlicher Vorteile seinen Sohn unterstützt habe.
310
Der Angeklagte S. M. hat sich bereits im Ermittlungsverfahren geständig eingelassen. Gleich zu Beginn der Hauptverhandlung räumte er die ihm zur Last gelegten Sachverhalte vollumfänglich ein und machte detailreiche Angaben zu seinen Einsätzen, aber auch insbesondere zur Vorgeschichte sowie den Folgen der Tat nach seiner Festnahme.
311
Die geständigen Angaben der Angeklagten wurden durch die in der Hauptverhandlung durchgeführte Beweisaufnahme, und hier insbesondere durch die Angaben der betreuten Athleten, die Angaben der polizeilichen Ermittlungsbeamten und Auswertungen der Kommunikation zwischen den Angeklagten und zwischen ihnen und den Athleten bestätigt. Soweit hinsichtlich einzelner Sachverhalte das Geständnis oberflächlich war oder spezifische Punkte nicht umfasst waren, führte die durchgeführte Beweisaufnahme dazu, dass der Sachverhalt wie oben unter B. dargestellt festgestellt werden konnte.
312
Zentraler Angelpunkt der Ermittlungen waren die gutachterlichen Auswertungen der diversen sichergestellten Mobiltelefone, Notebooks, Laptops usw. der Angeklagten Dr. M. Sch. (FA-190326-03), D. Q. (FA-190326-07), D. S. (FA-190326-08) und S. M. (FA-190326-06). Hier ist von besonderer Bedeutung die Auswertung des konspirativ genutzten Mobiltelefons des Angeklagten Dr. M. Sch. mit der slowenischen SIM-Karte. Sämtliche dieser Auswertungen erfolgten durch die forensische IT-Sachverständige Dipl.-Ing. M. von der Firma F. D. GmbH. Sämtliche Gutachten wurden durch die Sachverständige M. erläutert, kamen in Auszügen zur Verlesung und wurden im Übrigen vollständig durch das Selbstleseverfahren in den Prozess eingeführt. Ausnahmslos jede verurteilte Tathandlung findet in den Gutachten ihren Widerhall. Der Angeklagte Dr. M. Sch. räumte ein, mit dem slowenischen Mobiltelefon unter dem Tarnnamen „D. N.“ kommuniziert zu haben.
313
Die polizeilichen Erkenntnisse aus der sogenannte „Operation Aderlass“ wurden unter anderem durch die polizeilichen Sachbearbeiter ZI G. vom Zollfahndungsamt München und CI Sch. vom LKA Wien berichtet, die die Einlassungen der Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte, jeweils stützten. Von den betreuten Sportlern machten der anderweitig Verurteilte österreichische Skilangläufer J. D., der ehemalige deutsche Straßenradfahrer D. H. und die anderweitig Verurteilte österreichische Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F. in der Hauptverhandlung als Zeugen jeweils umfassende Angaben zu ihrer Betreuung, welche durch den Angeklagten Dr. M. Sch. und teilweise auch durch dessen Helfer erfolgte. Hinsichtlich der übrigen Athleten aus den unter B. abgehandelten Sachverhalten wurden im allseitigen Einvernehmen jeweils deren Angaben bei polizeilichen Vernehmungen verlesen, da diese - allesamt Auslandszeugen - ihren jeweiligen Ladungen nicht Folge leisteten, teilweise dies auch gegenüber dem Gericht ankündigten oder unter Verweis auf die aktuelle Pandemielage um einen Vernehmungstermin nach Erledigung der Gefahren durch das Covid19-Virus baten. In der Hauptverhandlung als Zeugen vernommen wurden auch die anderweitig Verfolgten G. A. und D. N.. Der Slowene G. A. bestätigte seine Lieferungen von medizinischem Material für das Blutdoping und seine weiteren Dienstleistungen für den Angeklagten Dr. M. Sch.. Auch der Kroate D. N. machte bei seiner Vernehmung umfangreiche Angaben zu seiner Zusammenarbeit mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. im Doping.
314
Die beiden Sachverständigen Prof. Dr. J. und Dr. T. begleiteten die Hauptverhandlung aus medizinischer bzw. toxikologischer Sicht und erstatteten ihre mündlichen Gutachten in der Hauptverhandlung, wodurch die Kammer in die Lage versetzt wurde, auch die jeweiligen medizinischen und toxikologischen Hintergründe zu den verschiedenen Dopingmaßnahmen und Behandlungen, aber auch zur gefährlichen Körperverletzung zu verstehen und nachzuvollziehen. Die sachverständige Zeugin R. St. von der Herstellerfirma Sigma-Aldrich lieferte mit ihren Angaben zu dem der Geschädigten Ch. K.-F. intravenös verabreichten Präparats aus dem Labor-Sortiment der Firma dazu weitere wertvolle Erkenntnisse. Zur Verlesung gekommene Spurengutachten, daktyloskopische Gutachten, Wirkstoffgutachten und Gutachten zum DNA-Vergleich im Zusammenhang mit den aufgefundenen Blutbeuteln rundeten das Bild.
315
Schließlich konnte sich die Kammer anhand der in die Hauptverhandlung eingeführten Ton- und Videoaufnahmen und zahlreichen Lichtbilder ein noch konkreteres Bild von den verfahrensgegenständlichen Sachverhalten machen, als dies anhand von übereinstimmenden Angeklagten- und Zeugenangaben ohnehin bereits der Fall war.
316
Im Einzelnen sind die folgenden Umstände dabei besonders hervorzuheben.
1. Vorgeschichte und Rahmengeschehen
317
Die Feststellungen zu Vorgeschichte und Rahmengeschehen, die sich inhaltlich teilweise mit den Feststellungen zu den Personen der Angeklagten überschneiden, stehen fest aufgrund glaubhafter Angaben der Angeklagten, vor allem der des Angeklagten Dr. M. Sch.. Der Angeklagte Dr. M. Sch. erläuterte anhand des sichergestellten Maschinenparks Herkunft und Funktionsweise der einzelnen für seine Dopingpraktiken genutzten medizinischen Geräte und veranschaulichte dabei nachvollziehbar seine Vorgehensweise.
318
Die Einlassungen der Angeklagten wurden insbesondere bestätigt durch die Angaben der Zeugen G. A., D. N. und D. H. sowie die Kommunikation zwischen den Beteiligten, wie sie sich aus den Gutachten der IT-Sachverständigen M. ergab. Aus der ausgewerteten Kommunikation ergibt sich nicht nur die Planung und Beauftragung der Helfer des Angeklagten Dr. M. Sch. zum Blutdoping bei den verschiedenen Athleten, sondern auch die intensive Beratung und Betreuung von Sportlern durch den Angeklagten Dr. M. Sch. auch über das eigentliche Blutdoping hinaus, also beispielsweise hinsichtlich ergänzenden Dopings mit Wachstumshormonen, HIF-Stabilisatoren, Thymosinen aus der Veterinärmedizin und Genpräparaten oder die Planung und Abstimmung von Trainings- und Dopingplänen. Ausweislich des mündlich erläuterten Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. konnte anhand der Auswertung des konspirativen Mobiltelefons des Angeklagten Dr. M. Sch. mit der slowenischen SIM-Karte klar der modus operandi des Angeklagten Dr. M. Sch. herausgearbeitet werden, den der Angeklagte in seiner Einlassung als solchen auch bestätigt hat. Ferner konnten insgesamt mindestens 24 Personen festgestellt werden, die - auch über den verfahrensgegenständlichen Zeitraum hinaus - sachverhaltsrelevante Dienstleistungen des Angeklagten Dr. M. Sch. in Anspruch genommen oder weitervermittelt haben. Trotz der verwendeten Tarnnamen konnte nahezu vollständig eine Entschlüsselung der Klarnamen erfolgen, wozu auch die Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. wesentlich beigetragen haben. Außerdem konnten dadurch viele einzelne Beschaffungs- und Instandhaltungsaktivitäten detailliert nachvollzogen und dadurch auch wiederum die Angaben der Zeugen G. A. und D. N. überprüft werden. Es zeigte sich dadurch ein Bild der Aktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch., der auf ein differenziertes Netzwerk zurückgreifen konnte, wenn es um Beschaffung von Maschinen und Material, Dopingmittel, Medikamente und Hilfsstoffe ging. Ausweislich des mündlich erläuterten Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. konnten insgesamt neun Personen festgestellt werden, die den Angeklagten Dr. M. Sch. hinsichtlich seiner Dopingaktivitäten konkret unterstützt haben. Ausweislich des mündlich erläuterten Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. wurde die bestellten Waren auch stets in bar bezahlt und persönlich - im Regelfall durch Helfer - abgeholt. Insbesondere aus der gutachterlich erläuterten konspirativen Kommunikation des Angeklagten Dr. M. Sch. und mit anderweitig Verurteilten estnischen Trainer M. A. geht eine konkrete auf die betreuten Sportler bezogene Analyse der Leistungen und der Leistungssteigerungsmöglichkeiten hervor, die in enger Abstimmung mit den Trainingsplänen erfolgte.
319
Die Funktionsweise des Blutdopings als biochemischer Vorgang im menschlichen Körper, seine Abläufe und die Gefährlichkeit für den blutdopenden Athleten ergeben sich vor allem aus den von tiefer Sachkunde getragenen gutachterlichen Erläuterungen der Sachverständigen Dr. T. und Prof. Dr. J., deren Ausführungen der Angeklagten Dr. M. Sch. sich explizit anschloss. Beiden gelang es dabei, sowohl aus der Warte eines Mediziners als auch der eines Toxikologen klar das Potential und die Risiken der Vorgehensweisen herauszuarbeiten.
320
Der ganzheitliche Ansatz der Dopingbetreuung durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ist nur in Ansätzen durch die Einlassungen des Angeklagten herausgearbeitet worden. Im Wesentlichen war hierfür die Auswertung der Kommunikation der Sachverständigen Dr. M. von Bedeutung. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Auswertung des konspirativen Mobiltelefons des Angeklagten Dr. M. Sch. mit der slowenischen SIM-Karte im Gutachten FA-190326-03. Explizit spiegelt der ganzheitliche Ansatz der Dopingbetreuung durch den Angeklagten Dr. M.Sch. sich in der Kommunikation des Angeklagten Dr. M. Sch. mit dem estnischen Trainer M. A. wider. Aber auch im Austausch mit den Athleten D., K.-F., D. und P. sind weite Teile der Kommunikation davon geprägt, dass Blutwerte übermittelt werden und Optimierungen ins Auge gefasst werden (bspw. Gutachten FA-190326-03 SA8 Bl. 27 ff., Bl. 98 ff., SA9 Bl. 28 ff.).
321
Über die Anbahnung der Geschäftsbeziehungen berichtete der Angeklagte lediglich, dass die Initiative nicht von ihm ausgegangen sei, sondern vielmehr der Markt ihm gewissermaßen die Sportlerkunden zugetrieben habe. Dies hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt; das Bild nach Beweisaufnahme war deutlich heterogener: Der Zeuge D. gab glaubhaft an, vom Angeklagten Dr. M. Sch. angesprochen worden zu sein. Der Zeuge P. berichtete gar, dass er über D. N., der ihn dem Angeklagten Dr. Sch zugeführt hat, geradezu angefixt worden sei. Übereinstimmend schilderten die Zeuge D., K.-F., Du. und P. die Behauptung des Angeklagten Dr. M. Sch. von der Allgegenwärtigkeit des Dopings im Spitzensport einerseits und von ihrem jeweiligen überragenden Talent andererseits, so dass sie nur seine Dienste in Anspruch zu nehmen bräuchten, um den verdienten Lohn für ihre Mühen und ihr Talent einfahren zu können. Systematisch wurden zunächst noch vorhandene Skrupel aufgelöst und eine höhere Form der Gerechtigkeit stilisiert, da sie doch eigentlich den Erfolg verdient hätten.
322
Die konkreten Abläufe der Blutdopingmaßnahmen einschließlich der Vorbereitungshandlungen mit der Anlage eines Blutvorrates für die jeweiligen Athleten schilderte eindringlich und nachvollziehbar der Angeklagte Dr. M. Sch.. Die Einlassungen der dopenden Sportler und die Geständnisse der Mitangeklagten zeichnen ein klares Bild der Abläufe und damit des Geschäftsmodells. Es deckt sich auch umfassend mit der Kommunikationsauswertung insbesondere der Mobiltelefone der Angeklagten, so dass hier nicht nur die beiden Methoden der Anlage eines Vorrates an Erythrozyten-Konzentrat und anschließender Infusion vor den Wettkämpfen einerseits und der „rein-raus-Methode“ andererseits herausgearbeitet werden konnten, sondern es wurde auch plastisch, in welchen Situationen welche Methode zum Einsatz kam und warum.
323
Die hygienischen Standards, unter welchen im Einzelfall die Blutdopingmaßnahmen ergriffen wurden, stehen insbesondere fest aufgrund der rückhaltlosen Einlassung der Angeklagten D. S., der plausiblen Schilderungen der Zeugen und nicht zuletzt auch aufgrund der ausgewerteten Kommunikation. Immer wieder gibt es hier Hilferufe oder Erklärungen der an den Blutdopingmaßnahmen beteiligten Personen, wonach ein Hotelzimmer nicht aufgetrieben werden konnte, ein Parkplatz als ruhig beschrieben worden ist und ausdrücklich das konkrete Fahrzeug, das nun kommen werde, beschrieben wird. Schließlich sollte der dopingwillige Athlet nicht in ein falsches Fahrzeug steigen, in dem die gewünschte Dienstleistung nicht angeboten wird.
324
Die Verschleierungsmaßnahmen stehen insbesondere fest aufgrund der ausgewerteten Kommunikation insbesondere im Zusammenhang mit dem konspirativen slowenischen Mobiltelefon des Angeklagten Dr. M. Sch., aber auch aufgrund der Einlassungen der Sportlerzeugen und schlussendlich auch aufgrund der zögerlichen teilgeständigen Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch.. Zur konkreten Benennung der Mittel und ihrer Gefährlichkeit gab insbesondere der Sachverständige Dr. T.e seine sehr ausführliche Expertise ab, die begleitet und ergänzt wurde von den sachkundigen Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. J.. Auf diese Weise war es der Kammer möglich, deutlich umfassender das Bild der Dopingpraktiken des Angeklagten Dr. M. Sch. und seines Netzwerkes herauszuarbeiten.
325
Das Geschäftsmodell des Angeklagten Dr. M. Sch. konnte anhand der Auswertung der Kommunikation aber auch anhand der geständigen Einlassungen der Angeklagten sowie der Angaben der Sportlerzeugen klar herausgearbeitet werden. Es handelt sich um ein Geschäftsmodell auf einem lukrativen Markt, wie dies insbesondere auch der Zeuge H. im Bereich des Profiradsports beschrieben hat. Es geht nicht um „Liebe zum Sport“, sondern um Geld. Freundschaftliche Verbundenheit und Vertrauen wurden dem Angeklagten Dr. M. Sch. insbesondere von den jüngeren Sportlerkunden des Angeklagten entgegengebracht. Die Kammer kam aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass dies zum einen der Kit des besonderen Geschäftsmodells ist, zum anderen aber auch das Geschäftsmodell als solches übertünchen soll.
326
Die jeweiligen Rollen der Helfer des Angeklagten Dr. M. Sch. stehen fest aufgrund der übereinstimmenden Angaben sämtlicher Angeklagter, die sich teilweise auch in der Kommunikation widerspiegeln. Entscheidendes Moment war die volle Übernahme der Verantwortung des Angeklagten Dr. M. Sch. als alleinig bestimmende Kraft in dem Geschäftsmodell Doping, bei dem die Mitangeklagten als weisungsabhängige „Beschäftigte“ erscheinen.
327
Die Rollen der Zeugen G. A. und D. N. stehen demgegenüber in erster Linie aufgrund der ausgewerteten Kommunikation der Sachverständigen M. zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. auf dem konspirativen slowenischen Mobiltelefon mit den anderweitig Verfolgten G. A. und D. N. fest. In seinen Einlassungen hat der Angeklagte Dr. M. Sch. deren Rollen zwar nicht beschönigt, aber ihnen offensichtlich eher untergeordnete Funktionen zugeordnet. Wie wichtig für das Gelingen des Geschäftsmodells diese Personen jedoch waren, zeigte sich neben der Kommunikation vor allem auch in deren Zeugenaussagen. Beide waren jeder für sich unverzichtbar.
328
Die Rolle des estnischen Trainers M. A. spiegelt sich vor allem in der Auswertung der Kommunikation zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem anderweitig Verurteilten M. A. wieder, in welcher unverblümt über einen mehrjährigen Zeitraum Dopingmaßnahmen zur Leistungssteigerung aufgeschlüsselt auf die einzelnen Athleten T., V., K. und P. diskutiert werden.
329
Die Rolle des anderweitig Verurteilten St. M. folgt aus der geständigen Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch., die durch die Aussage des Zeugen St. M. bestätigt wird.
330
Die Feststellungen zur finanziellen Seite des Dopings basieren auf den diversen Einlassungen und Aussagen, aber auch zu einem geringen Teil auf der Kommunikationsauswertung.
331
Die Feststellungen zu den jeweiligen Tatorten und Tatzeiten stehen fest zum einen aufgrund der sehr ausführlichen Angaben insbesondere der Angeklagten S. und M., aber auch aufgrund der fundierten Ermittlungen der deutschen und österreichischen Ermittler, deren Basis die Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch. im Ermittlungsverfahren war. Im Zusammenspiel mit der Kommunikationsauswertung konnten die einzelnen Wettkämpfe und die Platzierung der betroffenen Sportler ermittelt werden. Auf der Basis der Wettkampforte konnten dann auch die genauen Tatorte und Tatzeiten insbesondere mittels der Kommunikationsauswertung fixiert werden. Lediglich in Ausnahmefällen gelang die konkrete Fixierung nicht und es verblieb in diesen Fällen dann bei den eher allgemein gehaltenen Angaben.
332
Anlässlich der Durchsuchung der durch den Angeklagten A. Sch. für seinen Sohn angemieteten Garage in E. wurden in einem auf -80 Grad Celsius kühlenden Tiefkühlschrank 45 tiefgefrorene Beutel mit Blut sichergestellt. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme konnte insbesondere auf der Basis des verlesenen molekulargenetischen Spurengutachtens der Sachverständigen Dr. H. vom Kriminaltechnischen Institut des Bayerischen Landeskriminalamts vom 15.04.2019 und des verlesenen Gutachtens der Sachverständigen K. vom Schweizer Labor für Dopinganalytik an der Rechtsmedizinischen Fakultät der Universität der R. zum DNA-Vergleich vom 24.06.2019, der in Augenschein genommenen Lichtbilder und der Aussage des polizeilichen Ermittlers G. eine eindeutige Zuordnung der Blutkonserven zu insgesamt zehn Sportlern vorgenommen werden, die neben den sonstigen Beweismitteln die Verstrickung der jeweiligen Sportler in die Dopingaktivitäten des Angeklagten nachweisen. Dabei handelt es sich um folgende Blutbeutel folgender Sportler:
- vier Beutel des anderweitig Verfolgten M. („Lance“)
- vier Beutel der anderweitig Verfolgten L. N. („Girl/Slowenien“ - Ehefrau des anderweitig Verfolgten D. N.)
- ein Beutel des anderweitig Verfolgten H. („Moritz“)
- ein Beutel des anderweitig Verfolgten V. („Andrej“)
- ein Beutel des anderweitig Verfolgten P. („Einstein“)
- sechs Beutel des anderweitig Verfolgten K. („Maxi“)
- fünf Beutel des anderweitig Verfolgten D. („…“, „Triple X“)
- zehn Beutel der anderweitig Verfolgten K.-F. („Astrid“, „Hugo“)
- sieben Beutel des anderweitig Verfolgten D. („No Name“)
- sechs Beutel des anderweitig Verfolgten P. („Franzose“)
2. Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers J. D.
333
Die unter B.III abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund des Geständnisses des Angeklagten Dr. M. Sch., des Geständnisses der Angeklagten D. S., den Angaben des Zeugen J. D., den Aussagen der Ermittler - hier insbesondere der Zeugen G. und Sch. - und des Ergebnisses der Kommunikationsauswertung zwischen den Beteiligten. Aufgrund übereinstimmender Angaben steht ferner fest, dass der österreichische Skilangläufer J. D. den Tarnnamen „L“ führte.
a) Saison 2013/14
334
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
335
In der am 04.04.2019 den polizeilichen Ermittlern übergebenen und in der Hauptverhandlung verlesenen und in Augenschein genommenen handschriftlichen Stellungnahme des Angeklagten Dr. M. Sch. führt dieser in seiner Aufstellung unter der Überschrift D./W. unter der Überschrift Saison 2013/14 die festgestellten Taten in dieser Saison auf. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in der Hauptverhandlung bestätigt, dass er diese Auflistung während der Untersuchungshaft nach seinen Erinnerungen selbst erstellt habe und sie inhaltlich seinen Erinnerungen entsprächen. Dies gelte hinsichtlich aller Sportler. In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung vom 29.09.2020 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. aus, dass die ihm in der Anklageschrift vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte sich weitestgehend auch so ereignet hätten. Zu den vorgeworfenen Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers J. D. gab er in der Hauptverhandlung mündlich konkretisierende Erklärungen ab.
336
Ausweislich der Angaben der mit der Ermittlung betrauten Zeugen ZI G. und ZAM K. in der Hauptverhandlung von der Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten Dr. M. Sch. am 13.03.2019 durch die beiden Vernehmungsbeamten bestätigte der Angeklagte Dr. M. Sch. dort die Vorwürfe ebenfalls und auch im Detail.
337
Der Zeuge J. D. konnte bei seiner Vernehmung am sechsten Hauptverhandlungstag die Sachverhalte so bestätigen. Den Tarnnamen „Lucky Luke“ habe er sich selbst ausgesucht. Neben umfangreichen Angaben zu seinem sportlichen Werdegang und seinen zunehmenden Kontakten zu erlaubten und unerlaubten leistungssteigernden Methoden sowie dem Zustandekommen des ARD-Fernsehinterviews mit ihm gab der Zeuge J. D. an, dass die letzte Rückführung in der Saison 2013/14 vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi stattgefunden habe. Die auch ihm vorgehaltenen Rechnungen des Hotels R., welche in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden, passten nach seinen Angaben vom Datum her zu den Abläufen rund um die Olympischen Winterspiele. Der Zeuge J. D. konnte sich auch erinnern, dass es sich bei der Rückführung um „rote Blutkörperchen“ gehandelt habe, also eine Rückführung von Erythrozyten-Konzentrat.
338
Drei Rechnungen des Hotels R. in I. für Aufenthalte des J. D. dort wurden in Augenschein genommen. Eine Rechnung ist adressiert an die österreichische Skiveranstaltungs GmbH für eine Übernachtung des J. D. vom 19.02.2014 bis zum 20.04.2014. Eine Rechnung ist adressiert an den Landesskiverband Niederösterreich für eine Übernachtung des J. D. vom 20.02.2014 bis zum 21.02.2014. Die dritte Rechnung ist adressiert an den österreichischen Skiverband für eine Übernachtung von J. D. vom 05.02.2014 auf den 06.02.2014. Diese Rechnungen passen zu dem Sachverhalt, wie er festgestellt wurde. Dass für den Aufenthalt am 05.02.2014 keine Rechnung vorliegt, steht dem nicht entgegen.
339
Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der IT-Sachverständigen M. konnten auf dem konspirativen slowenischen Mobiltelefon des Angeklagten Dr. M. Sch. mehrere SMS mit dem Kontakt „Lucky Luke“ am 04.02.2014 und am 05.02.2014 festgestellt werden. Unter anderem schrieb am 05.02.2014 um 20:32 Uhr der Angeklagte Dr. M. Sch. unter dem Tarnnamen David Novak „Bin jetzt Bregenz durch. 180km noch. Also gegen 22 Uhr.“. Der unter „Lucky Luke“ im Telefonbuch des Mobiltelefons des Angeklagten Dr. M. Sch. mit einer slowenischen Handynummer gespeicherte Kontakt antwortet daraufhin „Passt gut, hotel r., ausfahrt ibk mitte. Zi. Nr. … Gute Fahrt u bis gleich.“. „Lucky Luke“ - nach dem positiven Testergebnis 2014 auf EPO nur noch „Luke“ - war nach den übereinstimmenden Angaben aller der Codename von J. D.. Daraus ergibt sich, dass die beiden sich am Abend des 05.02.2014 auf Zimmer Nr. …des Hotels in I. verabredet hatten. Die Nachrichten zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und J. D. können mit den geschilderten Sachverhalten zwanglos in Einklang gebracht werden.
340
Der Zeuge J. D. bestätigte auch, dass er zu dieser Zeit auch sowohl Hormone als auch EPO eingenommen habe, und zwar zum Muskelaufbau und zur Regeneration. Er habe das in der angewendeten Dosierung für völlig unbedenklich gehalten. Weiter gab er an, dass diese leistungssteigernden Methoden „eher nicht“ er erfunden habe; der Angeklagte Dr. M. Sch. habe sich dabei durchaus ausgekannt und ihm genau gesagt, wie viel und wie oft er etwas nehmen solle.
341
Der Zeuge J. D. gab hinsichtlich der Behandlung mit Wachstumshormonen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. an, dass er persönlich nicht wisse, um was es sich dabei genau gehandelt habe. Wachstumshormone seien von dem Angeklagten Dr. M. Sch. immer extra abgerechnet worden. Sie seien nicht ganz günstig gewesen: Soweit er sich erinnern könne, habe das zwischen 300 und 500 Euro pro Saison gekostet; man habe pro Saison maximal zwei oder drei Pens gebraucht. Das Betreuungsprogramm des Angeklagten Dr. M. Sch. habe, soweit er sich erinnern könne, insbesondere das Blutdoping und die Wachstumshormone umfasst; außerdem habe der Angeklagte Dr. M. Sch. Tipps für Kontrollen gegeben und Trainings- und Dopingpläne mit aufeinander abgestimmt, sowie die Blutwerte mit ihm besprochen. Bei den Blutwerten habe man sich ganz bewusst an die Grenzen im Blutpass herangetastet. Humanalbumin sei zur Verschleierung verwendet worden, da keine Ausreißer im Blutpassprofil erscheinen sollten.
342
Insgesamt stehen die Sachverhalte zur Saison 2013/14 zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. und der Zeugen J. D., ZI G. und ZAM K.r fest, welche insbesondere durch die Kommunikationsauswertung und die Hotelrechnungen bestätigt werden.
b) Saison 2018/19
343
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. beteiligt. Außerdem fanden Dopinghandlungen durch den anderweitig verfolgten Zeugen D. N. statt.
344
Ausweislich der Angaben der beiden Vernehmungsbeamten der Zeugen ZI G. und ZAM K. habe der Angeklagte Dr. M. Sch. bei seinen polizeilichen Vernehmungen auch die Rückführung an J. D. im Oktober 2018 eingeräumt. Es habe sich um Rückführungen von Blut gehandelt, welches ohnehin schon bei ihm gelagert gewesen sei. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe ihnen gegenüber weiter angegeben, dass vor der Blutzuführung durch die Angeklagte D. S. in der Ramsau im Jahr 2018 hinsichtlich des Zeugen J. D. keine Dopingaktivitäten stattgefunden hätten. Er habe sich zwar mit ihm auch vor Oktober im Jahr 2018 am Irschenberg getroffen, dabei hätten sie jedoch nur gesprochen. Es sei dabei um eine Jahresplanung und das Aufstellen einer Dopingstrategie gegangen.
345
Die Angeklagte D. S. bestätigte den Sachverhalt der Rückführung eines Blutbeutels an J. D. am 20.10.2018. Sie führte dazu glaubwürdig aus, dass auf der Fahrt in die Ramsau - eigentlich nur zu einem anderen Sportler - der Angeklagte Dr. M. Sch. ihr am Telefon gesagt habe, dass sich bei ihr jemand melden würde, der noch Blut bekomme. Nach der Behandlung von K. T. alias „PC“ in der Ramsau ebenfalls am 20.10.2018 (siehe unter B.VIII.2) sei sie dann mit ihrem Hund spazieren gegangen; es sei dann ein Anruf von dem Angeklagten Dr. M. Sch. gekommen, dass ein „Luke“ ihr einen Standort schicken werde, wo sie ihn treffen könne. Sie sei dann, nachdem diese Nachricht gekommen sei, mit dem Hund im Auto zu diesem Treffpunkt gefahren. Es habe sich dabei um einen Parkplatz außerhalb bebauten Gebiets gehandelt. Der „Luke“ sei dann etwas später nach ihr dort angekommen. Sie habe dann zunächst den Hund von der Rücksitzbank nach vorne in den Fußraum des Beifahrersitzes geräumt. Auf der Rücksitzbank des PKW habe sie dann den „Luke“ gestochen und ihm einen Blutbeutel zugeführt. Der Athlet sei dabei nach ihrer Ansicht sehr nervös gewesen und habe viel geredet.
346
Der Zeuge J. D. gab dazu an, dass er von 2015 bis 2018 keinen Kontakt zu dem Angeklagten Dr. M. Sch. gehabt habe. Im Jahr 2018 habe der Angeklagte Dr. M. Sch. ihn dann angerufen und ihm gesagt, dass er mitverfolgt habe, dass er, der Zeuge J. D., ein Comeback plane. Er habe ihm angeboten, ihn dabei zu unterstützen. Eingefrorene Blutbeutel mit dem alten Blut aus 2014/2015 sei ja noch da gewesen. In der Saison 2018/2019 habe es bei ihm deshalb keine Abnahmen mehr gegeben, nur noch eine Rückführung. Diese eine Rückführung habe nach seiner Erinnerung im Frühherbst 2018 stattgefunden. Dies sei einige Wochen nach dem genannten Telefonat mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. gewesen. Weitere Rückführungen 2018 habe dann der Kroate D. N. durchgeführt bei ihm, da der Angeklagte Dr. M. Sch. keine Zeit mehr gehabt habe. Diese Rückführungen seien jedoch mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. abgesprochen gewesen. Die eine Rückführung im Herbst 2018 habe eine Frau bei ihm durchgeführt. Man habe sich auf einem Parkplatz in der Nähe von Ramsau am Dachstein getroffen. Das Prozedere sei das Altbekannte gewesen. Die Rückführung habe auf der Rücksitzbank eines Pkw stattgefunden. Der Zeuge J. D. gab weiter an, dass er sich auch bei der Rückführung durch die Frau sicher gefühlt habe, besser als bei den Rückführungen durch D. N.. Darauf angesprochen gab der Zeuge J. D. auch an, dass ihm durchaus bewusst sei, dass ein „krasser Widerspruch“ darin liege, dass er mehr oder weniger zeitgleich mit der Rückführung durch die Angeklagte D. S. die ersten Interviews für die ARD-Dokumentation gab, welche dann im Januar 2019 ausgestrahlt wurde. Er habe sich in dieser Zeit auch innerlich aufgerieben und zerrissen. Es hätten in diesem Zeitraum bei ihm Entscheidungsprozesse stattgefunden, die sehr lange gedauert hätten. Der Traum von der WM in Seefeld 2019 sei für ihn jedoch immer noch eine Perspektive und Hoffnung gewesen.
347
Der Zeuge J. D. wurde mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27.01.2020, AZ: 24 HV 96/19 k, welches in der Hauptverhandlung verlesen wurde, wegen hier verfahrensgegenständlicher und anderer Sachverhalte wegen Vergehen nach § 22a Absatz 1 Ziffer 2 ADBG 2007, § 12 3. Fall ÖStGB und wegen Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Absatz 1 a, Absatz 2, 148 2. Fall 12 3. Fall ÖStGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe sowie zu einer Geldstrafe verurteilt. Ein Geldbetrag in Höhe von 52.000 Euro wurde für verfallen erklärt.
348
Der Zeuge J. D. hat in der Hauptverhandlung ruhig und ohne jeglichen Belastungseifer seine Angaben gemacht. Die Kammer hält die Angaben des Zeugen D. insgesamt für sehr glaubhaft und zieht diesen Schluss auch aus dem Umstand, dass der Zeuge J. D. viele Tätigkeiten und Eigenschaften des Angeklagten Dr. M. Sch. auch als sehr positiv beschrieben hat, trotz der Mutmaßung, dass viele andere Anwesende einschließlich der Presse ihm dies durchaus zum persönlichen Nachteil auslegen würden.
c) Entgelte
349
In seiner Einlassung über die Verteidigung vom 29.09.2020 gab der Angeklagte Dr. M. Sch. an, dass er von dem Zeugen J. D. alias „Lucky Luke“ keine Zahlungen erhalten habe. Dieser habe 2014 „das Geschäft“ von ihm übernehmen wollen, zu dieser Übernahme sei es aber nie gekommen.
350
Diese Angabe steht im Widerspruch zu Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. in seiner polizeilichen Vernehmung vom 12.03.2019, als er gegenüber den polizeilichen Vernehmungsbeamten ZI G. und ZAM K. - die in der Hauptverhandlung als Zeugen von den Vernehmungen des Angeklagten Dr. M. Sch. berichteten - nach deren Erinnerung angab, von J. D. für 2014 mindestens 5.000 Euro erhalten zu haben, obwohl die Saison nach der Positivtestung auf EPO bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi „gelaufen gewesen“ sei. Eigentlich hätte er auch an Siegprämien beteiligt werden sollen. Für 2018 habe der Zeuge J. D. ihm nichts bezahlen müssen; es habe sich um Rückführungen von Blut gehandelt, welches ohnehin noch bei ihm gelagert gewesen sei.
351
Der Zeuge J. D. gab dazu an, dass es grundsätzlich um ein Gesamtpaket pro Saison gegangen sei, welches 5.000 Euro gekostet habe. Für die Saison 2013/14 habe er dem Angeklagten Dr. M. Sch. insgesamt 5.000 Euro in bar in mehreren Einzeltranchen jeweils anlässlich der Treffen für die Anwendungen übergeben. Für den Fall eines guten Sponsorings oder einer ähnlichen zusätzlichen Einnahmequelle hätte es eine extra Prämie geben sollen. Der Zeuge J. D. gab weiter an, dass er für den neuen Kühlschrank etwa 13.000 Euro in bar bezahlt habe. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe den neuen Kühlschrank organisiert und er selbst ihn dann in Slowenien in der Nähe von L. abgeholt. Der Kühlschrank sei dann zunächst bei H. W. in dessen Garage untergestellt worden. Nach der Durchsuchung bei H. W. sei der Kühlschrank dann ein paar Tage später weg gewesen, er selbst habe ihn jedoch nicht mehr gesehen und wisse auch nicht, wer ihn abgeholt habe. Die Finanzierung des Kühlschrankes habe er mit weiteren Sportlern ohne den Angeklagten Dr. M. Sch. organisiert; das meiste davon habe E. M. bezahlt.
352
Die Rückführung für das Comeback 2018 sei für ihn ohne Kosten gewesen; das sei sozusagen die Unterstützung des Angeklagten Dr. M. Sch. für das geplante Comeback gewesen.
353
Auch hinsichtlich der Angaben zu geflossenen Zahlungen und den Entgelten für Dopingleistungen schenkt die Kammer den Angaben des Zeugen J. D. Glauben. Die Kammer hält die Angaben des J. D. diesbezüglich auch insbesondere deshalb für belastbar, da der Zeuge an vielen anderen Punkten, bei denen er sich nicht mehr sicher war, dies so dargelegt hat oder angab, sich einfach nicht mehr erinnern zu können. Die Angaben des Zeugen D. stehen darüber hinaus in Einklang mit den Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. in seiner polizeilichen Vernehmung nach den Erinnerungen der Vernehmungsbeamten. Hinsichtlich der Tatsache, dass für die Saison 2018 keine Zahlungen mehr erfolgten, stimmen sämtliche Angaben überein. Die Kammer ist aufgrund der übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Zeugen D., ZI G. und ZAM K. entgegen der Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch. in der Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. von J. D. für die Betreuung mit Blutdopingdienstleistungen in der Saison 2013/14 mindestens 5.000 Euro in bar erhalten hat. In Übereinstimmung mit den Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. und der übrigen Beteiligten wurde zur Überzeugung der Kammer für die Betreuung in der Saison 2018/19 keine Zahlung geleistet.
3. Taten hinsichtlich des österreichischen Straßenradfahrers St. D.
354
Die unter B.IV abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund der Geständnisse der Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. sowie den Angaben der Zeugen St. D., ZI G. und ZAM K. und den Ergebnissen der Kommunikationsauswertung zwischen den Beteiligten.
355
In seiner Einlassung über die Verteidigung vom 29.09.2020 räumte der Angeklagte Dr. M. Sch. in der Hauptverhandlung ein, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Dies hat auch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung im Übrigen zur Überzeugung der Kammer so ergeben. Tarnname des Zeugen D. ist nach übereinstimmenden Angaben „No Name“, wobei die Angeklagte S. den Sportler auch als „den Verrückten“ bezeichnete.
a) Saison 2015
356
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
357
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat die ihm mit der Anklage vorgeworfenen Taten dem Grunde nach eingeräumt und in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 04.04.2019, welche auch in Augenschein genommen wurde, hinsichtlich des St. D. folgende Anmerkungen handschriftlich getätigt:
Saison 2015 (M.)
- Abnahmen Ende 2014 (wie 2013)
- Rück ??? Verletzungssaison ??? Da der Zeuge St. D. nicht in der Hauptverhandlung selbst vernommen werden konnte, wurde dessen polizeiliche Beschuldigtenvernehmung vom 01.03.2019 durch CI Sch. in Niederschrift in der Hauptverhandlung im allseitigen Einverständnis verlesen. Darin gab dieser an, den Angeklagten Dr. M. Sch. glaublich bei einem Radrennen in Belgien 2014 kennengelernt zu haben. Dort habe er von anderen Radprofis erfahren, dass dieser Arzt ihm beim Doping helfen könne. Er habe von dem Angeklagten Dr. M. Sch. eine Telefonnummer bekommen, die jedoch keine deutsche Vorwahl gehabt habe. Auf seine Empfehlung hin habe er sich auch selbst ein Wertkartenhandy besorgt und nur über dieses mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. Kontakt aufgenommen. Erstmalig habe ihm der Angeklagte Dr. M. Sch. im Mai oder Juni 2014 in einem Hotel in der Umgebung von München Blut mit Hilfe einer Blutzentrifuge abgenommen. Er sei zu diesem Zeitpunkt verletzt und nicht einsatzfähig gewesen. Es seien ihm insgesamt zwei oder drei Beutel Erythrozyten-Konzentrat abgenommen worden. Die Abnahmen seien in der Folge auch im Zeitraum Mai/Juni bis Oktober/November 2014 immer im Bereich München in verschiedenen Hotels durchgeführt worden. Die Hotels seien jeweils von dem Angeklagten Dr. M. Sch. gebucht und bezahlt worden. An eine konkrete Zahl könne er sich nicht erinnern, gehe jedoch davon aus, dass in diesem Zeitraum noch ein oder zwei weitere Abnahmen stattgefunden hätten. Die Abnahmen seien immer von dem Angeklagten Dr. M. Sch. selbst durchgeführt worden.
358
In der Wettkampfsaison 2015 sei er dann aufgrund einer Knieverletzung erst im Mai in die Wettkämpfe eingestiegen. Seine ersten Wettbewerbe in dieser Saison seien anlässlich der Bayern-Rundfahrt 2015 gewesen, soweit er sich erinnern könne, sei ihm bei diesen Rennen jedoch keine Bluttransfusion verabreicht worden. Im Juni 2015 habe er dann bei der „Tour de Suisse“ teilgenommen. Vor dem Start dieses Rennens sei ihm dann durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ein Blutbeutel rückgeführt worden, möglicherweise auch in dessen Fahrzeug, das wisse er jedoch nicht mehr genau. Soweit er sich erinnern könne, habe er bei dieser Rundfahrt das Bergtrikot gewonnen. Danach habe er noch bei der Polen-Rundfahrt, der „Tour of Britain“ und kleineren Eintagesrennen in Italien und Frankreich teilgenommen. In Vorbereitung zu diesen Rennen seien ihm glaublich noch weitere Blutbeutel durch den Angeklagten Dr. M. Sch. zugeführt worden. Diese Rückführungen hätten meistens im Grenzbereich zwischen Deutschland und Österreich im PKW des Angeklagten Dr. M. Sch. stattgefunden. Nach dem Ende der Rennsaison im Oktober 2015 bis Ende des Jahres 2015 seien wiederum zwei oder drei Abnahmen für die nächste Saison durchgeführt worden. Diese Abnahmen hätten wieder in Hotels im Raum München stattgefunden und seien ausschließlich durch den Angeklagten Dr. M. Sch. durchgeführt worden.
359
Diese Angaben der Beteiligten werden gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen, so dass sich die Sachverhalte so, wie unter B.IV.1 dargestellt, zur Überzeugung der Kammer auch ereignet haben.
b) Saison 2016
360
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q.i beteiligt.
361
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 04.04.2019, welche auch in Augenschein genommen wurde, hinsichtlich des St. D. folgende Anmerkungen handschriftlich getätigt:
362
Saison 2016 - Abnahmen evtl. keine oder nur 1x wegen Saison 2015 - Rück ??? war 2016 Bergtrikot TdS (Anm.: = Tour de Ski) und Ö-Tour ??? (hier wohl erstmals D.)
363
In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. die Vorwürfe gegen ihn im Grundsatz vollumfänglich eingeräumt. In der Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten Dr. M. Sch. vom 25.04.2019 äußerte der Angeklagte Dr. M. Sch. auch gegenüber den Vernehmungsbeamten ZAM K., dass die Österreich-Rundfahrt der erste Einsatz des Angeklagten D. Q. im Radsport gewesen sei.
364
Der Angeklagte D. Q. gab in seiner erstmaligen Einlassung am 24.11.2020 an, dass er seinen ersten Einsatz „mit der Nadel“ im Juli 2016 gehabt habe. Es handelt sich hierbei um die letzte der unter B.IV.2 in der Saison 2016 zusammengefassten Tathandlungen. Nach der Erinnerung des Angeklagten D. Q. habe der Angeklagte Dr. M. Sch. ihm Blutbeutel gegeben, auf denen „No Name“ gestanden habe. An die genaue Anzahl der Blutbeutel könne er sich nicht mehr erinnern, er habe von dem Angeklagten Dr. M. Sch. auch die Anweisung erhalten, wo er hinfahren sollte und eine Telefonnummer. Im Nachhinein habe er erfahren, dass es sich dabei um die Telefonnummer der Lebensgefährtin des Zeugen St. D., M. S., gehandelt habe. Da er sich aber so gut wie sicher sei, dass er über das Telefon mit einem Mann gesprochen habe, gehe er davon aus, dass der Zeuge St. D. wohl das Mobiltelefon seiner Freundin hierfür genutzt habe. Er habe sich dann mit „No Name“ an einen ihm nicht mehr näher erinnerlichen Ort in Österreich getroffen. Da er den Sportler zuvor nie gesehen habe und ihn auch nicht aus dem Fernsehen gekannt habe, hätte er sich einen kleinen Zettel mit „No Name“ angefertigt. Als ihm dann ein Mann entgegengekommen sei, auf den die Beschreibung zugetroffen habe, habe er diesen Zettel hochgehalten. Der andere habe genickt, und dann habe er gewusst, dass dies sein Ansprechpartner sei. Weiter gab der Angeklagte D. Q. an, dass er nicht mehr wisse, ob er das Blut auf dem Zimmer oder im Auto zurückgeführt habe. Er sei sehr aufgeregt gewesen, sodass er mehrmals vergeblich habe ansetzen müssen. Irgendwann habe ihm St. D. dann signalisiert, dass er es sein lassen solle. Wer die Behandlung dann zu Ende geführt habe, könne er nur vermuten.
365
Der Zeuge St. D.gab dazu in seiner einvernehmlich zur Verlesung gekommenen Beschuldigtenvernehmung gegenüber der österreichischen Polizei an, in der Saison 2016 sei ihm zur Vorbereitung auf den Giro d’Italia erinnerlich in München durch Dr. M. Sch. in dessen PKW ein Blutbeutel rückgeführt worden. Er gehe auch davon aus, dass er während des Giro d’Italia weitere Blutrückführungen in Italien durch den Angeklagten Dr. M. Sch. erhalten habe. Es sei sein Ziel gewesen, Etappensiege zu erreichen, er habe jedoch auch Helferaufgaben gehabt. Seine beste Etappenplatzierung sei ein 60. Rang bei einer Bergetappe im Friaul gewesen. Nach dem Giro d’Italia sei er relativ lange krank gewesen. Danach habe er noch mehrere internationale Rennen bestritten. St. D. gibt an, er glaube, es hätten in diesem Jahr auch die Olympischen Spiele in Rio stattgefunden, bei welchen er gestartet sei. Zwischen all diesem Rennen hätten mit Sicherheit wieder Rückführungen stattgefunden. Diese Rückführungen habe er zum Teil selbst gemacht, einmal sei eine Rückführung auch durch einen „D.“ durchgeführt worden. Den Angeklagten D. Q. erkannte der Zeuge St. D. dabei auf einer Lichtbildvorlage als diesen wieder. Der D. habe schlecht gestochen und die beiden seien nie richtig zusammengekommen. Aus seiner Sicht sei der Angeklagte D. Q. mehr für den Transport der Blutbeutel zuständig gewesen.
366
Diese Angaben der Beteiligten werden gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen, so dass sich die Sachverhalte so, wie unter B.IV.2 dargestellt, zur Überzeugung der Kammer auch ereignet haben.
c) Saison 2017
367
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. beteiligt.
368
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 04.04.2019, welche auch in Augenschein genommen wurde, hinsichtlich des St. D. folgende Anmerkungen handschriftlich getätigt:
Saison 2017 - Abnahmen Ende 2016 (wie oben)
- Rück Training Norway Tour of Alps ??? → in Österreich
- Rück + Wechsel Ö-Tour (oder hier erstmals D.)
- Rück + Wechsel Vuelta (D.)
(M.) (Spanien)
369
Hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Taten im Juli 2017 gab der Angeklagte D. Q. an, dass er daran insofern beteiligt gewesen sei, als dass er die Blutbeutel hin- und wieder zurücktransportiert habe.
370
Der Zeuge St. D. gab an, für die Saison 2017 hätten dann zwischen Oktober 2016 bis Jahresende 2016 wiederum zwei bis drei Blutabnahmen stattgefunden. Diese habe wiederum alle der Angeklagte Dr. M. Sch. im Bereich München an ihm durchgeführt. In der Saison 2017, welche er als sein erfolgreichstes Jahr als Radprofi bezeichnete, sei er für das Team Aqua Blue Sports gestartet und habe in diesem Jahr die Österreich-Rundfahrt und eine Etappe bei der Vuelta in Spanien gewonnen. Dabei habe er in regelmäßigen Abständen, abhängig von seinem Blutbild, Blutrückführungen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. und durch den Angeklagten D. Q. und teilweise auch durch sich selbst erhalten. Die Rückführungen seien wiederum größtenteils im Bereich München oder in der Grenzregion zwischen Deutschland und Österreich durchgeführt worden.
371
Die Angaben der Beteiligten werden zum Großteil auch gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen, insbesondere die Chatnachrichten zwischen dem Angeklagten D. Q. und der Freundin des Zeugen St. D., der Zeugin M. S., die größtenteils verlesen wurden (Gutachten FA-190326-07 der Sachverständigen M. zum Angeklagten Q., Anlage SA3).
372
Soweit der Zeuge St. D. in seiner polizeilichen Vernehmung angab, auch in dieser Saison Blutrückführungen durch den Angeklagten D. Q. erhalten zu haben, folgt die Kammer dem. Der Sachverhalt ergibt sich u.a. aus den zitierten Chatverläufen mit der Zeugin M. S, die belegen, dass der Angeklagte D Q sich mit der Zeugin S u.a. im Zeitraum vom 29.07.- 07.08. und 04.09.-08.09.2017 täglich morgens und abends in Hotelzimmern zu Blutdopingmaßnahmen verabredete, was lediglich für die einmalige Aushändigung zuzuführender Blutbeutel nicht erforderlich gewesen wären, zumal die Zeugin S. vor Ort war. Dies folgt weiter aus den glaubhaften Angaben der Angeklagten S., die berichtete, wie verschreckt und angsterfüllt ihr der anderweitig Verfolgte St. D. von den Blutdopingmaßnahmen durch den Angeklagten Q. berichtet habe. Dieser wurde auch ausweislich der eigenen Einlassung sowie der Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. und ausweislich der Kommunikation zwischen den Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. (Gutachten FA-190326-07, SA1) bestätigt. Aufgrund der Kommunikation geht die Kammer im Übrigen aber auch davon aus, dass entsprechend der Einlassung des Angeklagten D. Q. auch Zuführungen durch Dritte stattgefunden haben.
d) Saison 2018
373
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S. beteiligt.
374
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 04.04.2019, welche auch in Augenschein genommen wurde, hinsichtlich des St. D. folgende Anmerkungen handschriftlich getätigt:
Saison 2018 (M. + D. + D. ???)
- Abnahmen Ende 2017 (wie oben)
- Rück kaum wegen Verletzung + Psyche TdS und Ö-Meisterschaft (Abbruch)
D. M.
375
Auch die Angeklagte D. S. räumte in ihrer Einlassung am zweiten und dritten Hauptverhandlungstag die Behandlungen von St. D. im Juni und Juli 2018 durch sie ein. Die Angeklagte D. S. gab an, dass sie zur „Tour de Suisse“ nach Gstaad gefahren sei. Am Abend sei St. D., der ihr gegenüber von Dr. M. Sch. auch als der „Verrückte“ bezeichnet worden sei, zu ihr zur Blutrückführung gekommen. Er habe ihr erzählt, dass er Angst vorm Stechen habe und mit dem Angeklagten D. Q. schon „Sachen“ erlebt hätte. Am Tag darauf hätte sie St. D. wieder zwei Beutel Blut rückgeführt. St. D. sei dann bei dem Rennen gestürzt und ausgefallen; es seien ursprünglich weitere Behandlungen geplant gewesen. Bei der zweiten Behandlung in Arosa sei sie schon morgens zum Zielort, da die Strecke danach gesperrt gewesen sei. Im Zimmer des St. D. sei auch seine Frau mit Kind anwesend gewesen. Man habe dann dort zusammen gewartet, dass St. D. nach der Etappe käme. Sie habe ihm dann zwei Beutel Vollblut wieder abgenommen. Die Frau und das Kind seien in diesem Zeitraum im Raum nebenan gewesen.
376
Der Zeuge St. D. gab dazu an, für die Saison 2018 hätten wiederum von Oktober 2017 bis Ende 2017 Blutabnahmen ausschließlich durch den Angeklagten Dr. M. Sch. stattgefunden. Es habe sich dabei um die gleichen Örtlichkeiten wie im Vorjahr gehandelt. Aufgrund von Knieproblemen sei er dann sein erstes Rennen dann erst im Mai 2018 bei der „Tour of Norway“ gefahren. Die Österreich-Rundfahrt habe er aufgrund eines Sturzes nicht bestreiten können. Vor der „Tour of Norway“ habe eine Rückführung stattgefunden, er könne sich aber nicht mehr erinnern wo und wer diese vollzogen habe. Aufgrund der kurzen Saison seien noch Blutbeutel übriggeblieben.
377
Dennoch habe ihm im Oktober 2018 die Angeklagte D. S., welche er auf einem vorgelegten Lichtbild ebenfalls eindeutig wiedererkannte, in der Wohnung seiner Freundin M. S. im Zillertal besucht und ihm dabei mit einer Blutzentrifuge zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrate abgenommen. Diese Abnahme habe länger gedauert, da die Maschine ständig Fehlermeldungen gehabt habe. Er könne sich auch noch daran erinnern, dass er die Maschine in die Wohnung und zurück in den Pkw der Angeklagten D. S., erinnerlich einen VW Passat, getragen habe.
378
Diese Angaben der Beteiligten werden gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen, so dass sich die Sachverhalte so, wie unter B.IV.4 dargestellt, zur Überzeugung der Kammer auch ereignet haben.
e) Entgelte
379
In seiner Einlassung über die Verteidigung vom 29.09.2020 gab der Angeklagte Dr. M. Sch. an, von St. D. zu Beginn der Zusammenarbeit im Jahr 2014 etwa 5.000 Euro erhalten zu haben. In der darauffolgenden Saison 2015 habe sich St. D. dann verletzt. Er habe in diesem Zeitraum dennoch den Grundbetrag für die Blutabnahme und -aufbewahrung in Höhe von etwa 5.000 Euro bezahlt. Ebenso habe er diese Summe im Jahr 2016 bezahlt. Im Jahr 2017 sei es zu einer höheren Zahlung gekommen, da St. D. eine Etappe bei der Vuelta gewonnen habe. In diesem Jahr habe er einen Betrag in Höhe von 12.000 Euro bis 13.000 Euro bezahlt. Da im Jahr 2018 wieder kaum Behandlungen durchgeführt wurden, habe er im Jahr 2018 wieder den Grundbetrag in Höhe von etwa 5.000 Euro erhalten.
380
In seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 01.03.2019 gab der anderweitig Verfolgte St. D. an, für die Behandlungen etwa 2.000 Euro bis 4.000 Euro in Teilbeträgen und in bar für das Jahr 2014 an den Angeklagten Dr. M. Sch. bezahlt zu haben. Diese Blutreserven seien für die darauffolgende Wettkampfsaison 2015 bestimmt gewesen. Im Jahr 2015 habe er etwa 5.000 Euro in Teilbeträgen an den Angeklagten Dr. M. Sch. bezahlt. Für die Saison 2016 machte er hinsichtlich der Bezahlung keine Angaben. Im Jahr 2017 habe er an den Angeklagten Dr. M. Sch. etwa 5.000 Euro in Teilbeträgen bezahlt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe die Bezahlung auch vom Einkommen abhängig gemacht. Konkrete Zahlen für das Jahr 2018 und gegebenenfalls 2019 nannte St. D. in der Vernehmung nicht.
381
Die Kammer ist nach alledem zu der Überzeugung gelangt, dass den Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. hier im Wesentlichen gefolgt werden muss, soweit sie auch mit den Angaben des Zeugen St. D. in Einklang stehen. Hinsichtlich der Saison 2014 sieht die Kammer davon ab, eine konkretes Entgelt in Ansatz zu bringen, da die Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. und die Angaben des Zeugen St. D. bezüglich dieser Saison nicht übereinstimmen und nicht aufgeklärt werden konnte, ob nicht jedenfalls Teile der Zahlungen bereits zu einem Zeitpunkt außerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraums geleistet wurde. Insgesamt geht das Gericht deshalb von geleisteten Entgeltzahlungen des Zeugen St. D. an den Angeklagten Dr. M. Sch. in Höhe von jedenfalls 5.000 Euro für 2015, 5.000 Euro für 2016, 12.000 Euro für 2017 und 5.000 Euro für 2018 - also insgesamt 27.000 Euro - aus.
4. Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers D. B.
382
Die unter B.V abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund der Geständnisse der Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. sowie den diese bestätigenden Angaben der Zeugen D. B., M. H. und E. M. bei deren polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen, der Auswertung der Kommunikation (Gutachten der Sachverständigen M. FA-190326-03 Anlage SA8) zwischen den Beteiligten und den Erkenntnissen aus den Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 in E. und in S. in Österreich. Im Nachgang dazu konnten aus dem Küchenkühlschrank in der Wohnung des Angeklagten A. Sch. in E. am 09.04.2019 noch drei Blutbeutel sichergestellt werden, deren Inhalt eindeutig dem Zeugen D. B. zugeordnet werden konnte. Nach den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. und des Zeugen B. trägt letzterer den Tarnnamen „Peer“, „Per“ bzw. „Pierre“. In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. am 29.09.2020, erklärt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 zu Last gelegten Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Dies hat die Beweisaufnahme hinsichtlich der Taten bezüglich des Athleten D. B. wie folgt bestätigt.
a) Saison 2016/17
383
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
384
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 unter der Überschrift B./H. für diese Saison die folgenden Handlungen vermerkt:
Saison 2016/2017 - Abnahmen ???
- Rück ??? → jeweils einmal vor WM Lahti
385
Der anderweitig Verfolgte D. B. wurde im Rahmen der Ermittlungen zur sogenannten „Operation Aderlass“ durch die österreichischen Ermittler insgesamt zweimal polizeilich als Beschuldigter vernommen. Beide polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen vom 27.02.2019 und vom 28.02.2019 wurden in der Hauptverhandlung in allseitigem Einvernehmen verlesen, da der Zeuge selbst nicht in der Hauptverhandlung vernommen werden konnte. Der Zeuge D. B. hat in seiner zweiten Beschuldigtenvernehmung seine Angaben aus der ersten Beschuldigtenvernehmung größtenteils revidiert. Er tat dies, nachdem ihm die Vernehmungen des Zeugen M. H. vorgehalten worden waren. Der Zeuge D. B. räumte dazu in seiner Vernehmung vom 28.02.2019 gegenüber dem Vernehmungsbeamten CI Sch. ein, dass die Angaben des Zeugen M. H. den Tatsachen entsprechen würden, und nicht seine eigenen aus der Vernehmung vom 27.02.2019. Der Kontakt zu dem Angeklagten Dr. M. Sch. sei danach über Vermittlung des Zeugen J. D. zu Stande gekommen. Ein erstes Treffen zwischen dem Angeklagten Dr. Sch, M. H. und ihm habe im April 2016 an der Raststätte I. stattgefunden. Dort sei ihm das erste Mal mit einer Blutzentrifuge Blut abgenommen worden. Soweit er sich erinnern könne, seien ihm zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrat abgenommen worden. Eine weitere Abnahme zwischen April und Sommer 2016 sei glaublich erfolgt, jedoch ohne Beisein des Zeugen M. H.. Auch diese Abnahme sei vermutlich im Motel am Rasthof I. erfolgt. Im Sommer 2016 sei dann eine weitere solche Abnahme erfolgt, glaublich ein Liter Vollblut, wiederum in dem Motel am I.. All diese Abnahmen seien von dem Angeklagten Dr. M. Sch. durchgeführt worden.
386
Die Feststellungen zu den Taten hinsichtlich des anderweitig Verfolgten D. B. werden auch bestätigt von dessen Angaben hinsichtlich der jeweiligen Tatzeiten und Tatorte.
387
Die Angaben des anderweitig Verfolgten B. decken sich - soweit sie beide betreffen - mit denen des anderweitig Verfolgten M. H., der ebenfalls nicht in der Hauptversammlung als Zeuge vernommen werden konnte, weshalb auch seine polizeilichen Vernehmungen im allseitigen Einverständnis in der Hauptverhandlung verlesen wurden.
388
Die festgestellten Sachverhalte ergeben sich ferner auch aus der Kommunikationsauswertung in den Gutachten der Sachverständigen M.. Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. schrieb beispielsweise der Angeklagte D. Q. dem Angeklagten Dr. M. Sch. am 22.02.2017 um 16:08 Uhr eine SMS mit dem Inhalt: „Also welches Essen muss ich aufwärmen?“. Der Angeklagte Dr. M. Sch. antwortete darauf um 16:10 Uhr: „Per. Die melden sich auf welche Uhrzeit!!“. Und weiter der Angeklagte D. Q. an den Angeklagten M. Sch. um 16:11 Uhr: „Ok, lauwarm? Ab wann muss ich aufwärmen und telefonieren wir vorher nochmal?“. Durch diesen Nachrichtenwechsel lässt sich nicht nur eine von den Beteiligten auch eingeräumte Behandlung am 22.02.2017 bei der Ski-WM in Lahti in Finnland belegen, sondern auch, dass die Angeklagten Dr. Sch und D. Q. mittels Codewörtern kommunizierten, um ihr Tun zu verschleiern.
389
Der anderweitig Verfolgte D. B. gab bei seiner zweiten Vernehmung weiter an, dass er von dem Angeklagten Dr. M. Sch. außer Blutdoping auch eine geringe Menge Wachstumshormone erhalten und diese teilweise auch konsumiert habe.
390
Der anderweitig Verfolgte E. M., dessen polizeiliche Vernehmungen im allseitigen Einverständnis in der Hauptverhandlung verlesen wurden, gab dazu an, dass er ab der Saison 2016/17 damit begonnen habe, „Pulver“, welches er von dem Angeklagten Dr. M. Sch. bekommen habe, an die Athleten D. B. und M. H. weiterzugeben. Zweimal habe er das „Pulver“ auch von einem „D.“ übergeben bekommen. Es sei zunächst ein grün-gelbliches Pulver und später ein weißes Pulver gewesen. Dieses Pulver habe er von dem Angeklagten Dr. M. Sch. immer in einem Druckverschlusstütchen übergeben bekommen und es auch so weitergereicht. Auch Pens mit Wachstumshormonen habe er von dem Angeklagten Dr. M. Sch. übernommen und weitergegeben.
391
Insgesamt stehen die Sachverhalte so, wie sie unter B. abgehandelt sind, zur Überzeugung der Kammer aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
b) Saison 2017/18
392
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
393
In seiner Einlassung über die Verteidigung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. am fünften Verhandlungstag, dem 29.09.2020, erklärt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 zu Last gelegten Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 unter der Überschrift B. H. für diese Saison die folgenden Handlungen vermerkt:
394
Saison 2017/2018 - Abnahmen ??? (M.)
- 1x Rück vor Reise? Finnland? (M.)
- Davos (M.)
- TdS wie oft ??? (M. + D. ??)
- jeweils 1x Rück vor Olympia (M.? D.?)
- jeweils 1x Rück vor ?Wasalauf? (M.? D.?)
395
Diese Angaben decken sich mit den übrigen Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme zu diesen Sachverhalten. Dabei ist es unschädlich, dass in den Aufzeichnungen des Dr. M. Sch. teils noch weitere Ereignisse genannt sind - wie hier der „Wasalauf“ in Schweden -, die nicht zu den unter B. festgestellten Sachverhalten zählen, da diese alle Sachverhalte in solchen Ländern betreffen, in welchen das Blutdoping für die Verfahrensbeteiligten nicht strafbar ist. (siehe dazu D.II).
396
Der Zeuge D. B. bestätigte in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 28.02.2019, dass im April 2017 ein neuerliches Treffen im Motel am I. stattgefunden habe. Ihm sei dabei von dem Angeklagten Dr. M. Sch. wieder mit der Blutzentrifuge Vollblut für zwei oder drei Beutel Erythrozyten-Konzentrat entnommen worden. Im Juli 2017 habe eine weitere Abnahme in Sankt Johann im Pongau in einem ihm nicht mehr erinnerlichen Hotel für zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrat stattgefunden. Auch diese Abnahme sei durch den Angeklagten Dr. M. Sch. erfolgt.
397
Aus den Gutachten FA-190326-03 der Sachverständigen M. ergibt sich, dass im Vorfeld dieser Saison am 10.08.2017 um 21:43 Uhr von der konspirativen E-Mail-Adresse p.2* …@gmail.com, die den Zeugen D. B. und M. H. nach dem Ergebnis der Ermittlungen zugerechnet wird, an die von dem Angeklagten Dr. M. Sch. verwendete konspirative E-Mail-Adresse d* …@googlemail.com eine E-Mail mit dem Wettkampfkalender für Saison 2017/2018 als Anlage verschickt wurde. Im Text der E-Mail werden die farblichen Hervorhebungen im Wettkampfkalender erklärt und es wird auf einzelne, besonders bedeutende Wettkämpfe hingewiesen. Es ließ sich im Rahmen der Hauptverhandlung nicht abschließend klären, ob diese E-Mail von D. B. alias „Peer“ oder von M. H. alias „Moritz“ oder von beiden zusammen versendet wurde; fest steht jedoch, dass die E-Mail-Adresse p.2* …@gmail.com zur Kommunikation mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. angelegt und von beiden hierfür auch genutzt wurde.
398
Ausweislich der Angaben des Zeugen D. B. habe er im November 2017 vor dem Trainingskurs in Finnland im dortigen Flughafenhotel, in welchem er mit der Mannschaft übernachtet habe, von dem Angeklagten Dr. M. Sch. einen Blutbeutel mit Erythrozyten-Konzentrat zurückgeführt bekommen. Anfang Dezember 2017 hätten dann in Seefeld die österreichischen Meisterschaften im Skilanglauf stattgefunden. Auf Vorschlag des Angeklagten Dr. M. Sch. sei dabei zum ersten Mal die so genannte „rein-raus-Methode“ angewendet worden. Damit sei gemeint, dass vor dem Wettbewerb Blut zugeführt und nach dem Wettbewerb dieselbe Menge wieder entnommen wird. Dies solle den Zweck haben, dass bei eventuellen Blutpasskontrollen die Vorgänge nicht nachvollziehbar seien.
399
Der Zeuge D. B. gab weiter an, dass weitere „rein-raus-Vorgänge“ im Dezember 2017 in Davos am Tag des Sprintwettbewerbs durch den Angeklagten Dr. M. Sch. im Teamhotel der Österreicher, wo er auch selbst ein Zimmer bewohnt habe, in L. in der Schweiz während der „Tour de Ski“ im Auto durch den Angeklagten Dr. M. Sch., in Dresden, Mitte Januar 2018, im Teamhotel neben der Strecke durch den Angeklagten Dr. M. Sch., in Seefeld, Ende Januar 2018, im Hotel Alpenhotel F. im Zimmer der Angeklagten D. S., Anfang Februar 2018 für die bevorstehende Olympiade in Südkorea in der Nähe von Memmingen auf einem Parkplatz in einem Fahrzeug durch die Angeklagte D. S., Mitte März in Falun in Schweden durch die Angeklagte D. S. durchgeführt worden.
400
Hinsichtlich ihres ersten Einsatzes bei D. B. gab die Angeklagte D. S. in ihrer Einlassung an, dass sie für einen Einsatz am 16.12.2017/17.12.2017 von dem Angeklagten Dr. M. Sch. nach Toblach geschickt worden sei. Es habe sich dort vor Ort um ein großes Hotel gehandelt. Bei der Abfahrt habe sie nicht gewusst, dass der Rucksack bereits fertig gepackt schon im Auto gewesen sei. Sie habe sich keine Gedanken darüber gemacht, ob es dabei von Anfang an der Plan gewesen sei, dass sie bei diesem Einsatz schon stechen sollte. Auch später sei immer schon alles fertig gepackt im Auto gewesen, wenn sie dieses übernommen habe. Als sie dann in Toblach angekommen sei, sei sie noch der Meinung gewesen, sie stelle das für das Blutdoping erforderliche Equipment ab und fahre gleich wieder los. Telefonisch habe sie sich jedoch dann von dem Angeklagten Dr. M. Sch. überreden lassen, selbst zu stechen. Sie habe ihm ja schließlich auch gesagt, dass sie ihm helfe. Sie habe dann insgesamt Behandlungen bei „Einstein“, „Peer“ und „Moritz“ - also den Athleten A. P., D. B. und M. H. - durchgeführt. Am Abend noch habe sie Blut bei „Einstein“ rückgeführt. Sie habe währenddessen sehr viel telefoniert mit dem Angeklagten Dr. M. Sch.. Dieser habe sie jedoch via Telefon sehr gut beruhigt. Nach den Rückführungen habe sie abermals der Angeklagte Dr. M. Sch. angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie gleich von einer Handynummer aus angerufen werden würde, da „Peer“ ein Problem habe. Kurz darauf habe sie ein junger Mann angerufen und ihr gesagt, dass er ihr etwas übergeben müsse. Am vereinbarten Treffpunkt, einer große Kreuzung in Toblach, habe „Peer“ ihr dann mitgeteilt, dass eine Dopingkontrolle avisiert worden sei. Er habe ihr Nadeln und zwei Pens - also Fertigspritzen - ohne Beschriftung übergeben. Sie könne sich aber noch erinnern, dass die Spitzenstempel unterschiedliche Farben gehabt hätten. Sie sei dann mit diesen Gegenständen wieder zurück in ihr Hotel gegangen. Die Angeklagte D. S. gab weiter an, dass bei diesem Einsatz D. B. und M. H., welche sie nur als „Pierre“ und „Moritz“ gekannt habe, am nächsten Morgen gemeinsam zu ihr ins Hotel gekommen seien. Sie habe zuerst M. H. und dann D. B. gestochen, das heißt eine Nadel gelegt und ans System angeschlossen. Die Nadeln habe sie mit einem Rollenpflaster fixiert. Beide hätten immer zwei Beutel bekommen. Sie habe auch den Auftrag von dem Angeklagten Dr. M. Sch. gehabt, den Müll immer möglichst weit entfernt zu entsorgen. Auch habe sie den Auftrag gehabt, Aufkleber mit Namen immer von den Beuteln abzutrennen und getrennt zu entsorgen. Auf dem Beuteln hätten aber grundsätzlich immer nur die Tarnnamen gestanden, keine weiteren Daten.
401
Die Angeklagte D. S. führte in Bezug auf die medizinische Ausstattung der von ihr geleisteten Betreuung der drei Sportler B. H. und P. aus, den Angeklagten Dr. M. Sch. wegen fehlender Ausrüstungsgegenstände an jenem Tag angesprochen zu haben. Dieser habe geantwortet, dass dies ja viel zu teuer sei. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe ihr jedenfalls gesagt, dass es sonst zu teuer sei und sie nicht von der Klinik als Standard ausgehen solle. Er mache das schon länger und es werde nichts passieren.
402
Der Angeklagte D. Q. hat in seiner Einlassung in der Hauptverhandlung am 24.11.2020 eingeräumt, für die Rückführungen anlässlich der „Tour de Ski“ in Oberstdorf und in Val di Fiemme 2018 den Transport der Blutbeutel übernommen zu haben; an der Rückführung selbst bei D. B. sei er jedoch nicht aktiv beteiligt gewesen.
403
Soweit der Angeklagte Dr. M. Sch. in seiner ersten Einlassung vom 29.09.2020 angibt, er habe sich bei den Doping-Handlungen am 06.01.2018 bzw. 07.01.2018 bei der „Tour de Ski“ nicht in Val di Fiemme in Italien befunden, so hat dies lediglich klarstellenden Charakter, da dies lediglich in der ursprünglichen Fassung der Anklageschrift vom 12.12.2019 aufgeführt war, jedoch, wie auch aus dem Hinweis im Eröffnungsbeschluss der Kammer ersichtlich ist, bereits in der zur Hauptverhandlung zugelassenen Fassung der Anklageschrift korrigiert war. Vor Ort befand sich lediglich der Angeklagte D. Q..
404
Der Zeuge D. B. gab an, eine weitere Behandlung habe in Obersdorf im Rahmen der „Tour de Ski“ Anfang Januar 2018 in einem dortigen Hotel stattgefunden. Diese Behandlung sei nach der „rein-raus-Methode“ durch den Angeklagten D. Q. durchgeführt worden. Der Zeuge D. B. hat den Angeklagten D. Q. auf einer Lichtbildvorlage eindeutig wiedererkannt.
405
Zu den Behandlungen am 26.01.2018 bzw. 28.01.2018 in Seefeld gab die Angeklagte D. S. an, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. ihr von Problemen mit seiner Lebensgefährtin berichtet habe und sie dann gefragt habe, ob sie ihm nicht helfen könne, wenn er beispielsweise seinen Sohn bei sich hätte. Irgendwie habe es der Angeklagte Dr. M. Sch. hinbekommen, dass sie selbst sich schlecht gefühlt habe, wenn sie im Falle einer Absage der Mithilfe einem Zusammensein mit dem Sohn im Weg gestanden wäre., Er habe ihr ja schließlich in der Vergangenheit auch geholfen und außerdem habe sie jedes Geld sehr gut brauchen können. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe ihr dann in seinem Haus in der R.straße in E. eine kleine Schweißmaschine erklärt. Außerdem habe er ihr gesagt, er würde es nicht immer schaffen, alles so vorzubereiten, wie beim letzten beziehungsweise ersten Mal. Die Sportler seien sehr zufrieden mit ihr gewesen. Das Auto für die folgende Fahrt sei wieder fertig gepackt gewesen, als sie es übernommen habe. Alles weitere habe sie dann wieder unterwegs telefonisch von dem Angeklagten Dr. M. Sch. erfahren. In Seefeld selbst sei im Hotel K. ein Zimmer auf ihren Namen gebucht gewesen. In Seefeld haben sie noch am Abend eine Rückführung bei „PC“ (K. T., vgl. B.VIII.1) durchgeführt. Am nächsten Morgen seien dann wieder „Moritz“ und „Pierre“ zu ihr gekommen. Beide hätten das Drücken auf die Blutbeutel selbst übernommen, da sie zu schwach gewesen sei, um dadurch die Rückführungen in der gewünschten Geschwindigkeit hinzubekommen. Es seien bei beiden hier wieder jeweils zwei Beutel gewesen. Sie ergänzte hierzu, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. ihr auf ihre Handys Infos geschickt habe, auch beispielsweise, wer von den Athleten wen nicht sehen durfte. Sowohl sie selbst als auch die Athleten hätten während der Behandlung häufig direkt mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. telefoniert. Im Prinzip seien dann alle Einsätze gleich abgelaufen, nämlich so, dass vor dem Rennen Blut rückgeführt und nach dem Rennen Blut wieder entnommen wurde. Sie habe auf dem Heimweg zurück nach E. immer auf einem Rastplatz große Müllbeutel entsorgen sollen. Sie habe den Müll jedoch oft auch einfach im Auto gelassen, da sie nur noch heim gewollt habe. Die Angeklagte D. S. gab in ihrer Einlassung weiter an, dass sie im Februar 2018 auf einer größeren Runde - es handelte sich um die „Befüllung“ der „Bodypacker“ für die Olympischen Winterspiele in Südkorea - nach Ramsau und München weiter zum Autobahnparkplatz über Wörishofen gefahren sei. Dort habe sie dem „Peer“ zwei Beutel verabreicht und zwei Clexane-Pens zur Thromboseprophylaxe übergeben. Bei dieser Rückführung sei es zu Komplikationen gekommen, da der Filter des Systems dicht gemacht habe. Sie habe den Filter dann wechseln müssen. Sie vermute, dass dies geschehen sei, da das Blut recht „dick“ gewesen sei, da es direkt aus dem Auto gekommen und nicht ausreichend warm gewesen sei. Dies sei ihre erste Tour vor Olympia gewesen; sie habe noch ein zweites Mal nach Frankfurt fahren müssen.
406
Der Angeklagte D. Q. bestätigte sein Mitwirken an den Dopingaktivitäten bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Südkorea im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch.. Er habe allein die Anweisungen des Angeklagten Dr. M. Sch. ausgeführt. In Südkorea habe er sich dann mit dem „General“ - dem estnische ehemaligen Skilanglauftrainer M. A. - treffen sollen und der Angeklagte Dr. M. Sch. habe ihm jeweils übermittelt, wann und wo er sich vor Ort treffen solle. Konkret vor Ort behandelt habe er nur „Einstein“ (A. P.) und „Andrej“ (A. V.). Das Stechen von Athleten in Südkorea habe ihn „total gestresst“. Bei A. V. sei das Blut einmal nicht durchgegangen. Zwischendurch habe sich auch ab und zu der „General“ (M. A.) eingemischt, der andere Dinge gewollt habe, als die, die der Angeklagte Dr. M. Sch. ihm gesagt habe, und er habe dann teils überhaupt nicht mehr gewusst, wie er sich verhalten solle. Die gesamten Umstände in Südkorea, die aus seiner Sicht fürchterliche Unterkunft, das Heimweh, das für ihn merkwürdige Essen, der Umstand, niemanden um sich zu haben, mit dem man mal reden könne, die Langeweile, da ihn die Olympischen Spiele selbst eigentlich gar nicht interessierten, hätten ihn danach veranlasst, dem Angeklagten Dr. M. Sch. zu sagen, er solle sich einen anderen Helfer suchen.
407
Alle die Sachverhalte, wie sie unter B.V.2. festgestellt wurden, bestätigenden Angaben der Beteiligten werden schließlich wiederum gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen, insbesondere durch die Chats zwischen den Angeklagten Dr. M. Sch. und Q. während der Wettkämpfe in Südkorea, die in der Hauptverhandlung verlesen wurden (Gutachten FA-190326-07, SA1 Bl. 120 ff). in den Gutachten der Sachverständigen M.. Einzig hinsichtlich der Rückführungen in Oberstdorf und in Val di Fiemme bleibt offen, ob der Angeklagte D. Q. neben dem Transport der Blutbeutel auch an der Rückführung selbst direkt beteiligt war.
c) Saison 2018/19
408
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
409
In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. erklärt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 zu Last gelegten Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 unter der Überschrift B./H. für diese Saison die folgenden Handlungen vermerkt:
Saison 2018/2019:
- 1x Abnahme Ramsau beide (D. + M.)
- 1x Abnahme nähe B. Zuhause (D. ??)
- 1x Abnahme ??? nach Saison direkt (2017/18)
- Lillehammer (D.) für beide
- Davos (M.) für beide
- TdS Italien + Schweiz (D. + M.) für beide
- Dresden (M.) für B.
- Granska (Anm.: Kranjska) G. (M.) für H.
- B. zu Hause (Nähe - H.) (S.)
- Seefeld (D. + M.)
- Otepää S. für H. + Ulricahamm (Anm.: Ulricehamn in Schweden) S. für H.
410
Bestätigt werden diese Angaben auch durch die Kommunikationsauswertung in den Gutachten der Sachverständigen M.. Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. schrieb etwa am 03.04.2018 „Peer“ an den Angeklagten Dr. M. Sch.: „Hallo, ich soll von Moritz fragen ob er wieder den halben rein machen kann und dann wieder zwei raus. Also 1,5 im Minus… Bzw. ob du wieder Eisen mitnehmen kannst. Danke und LG“. Um 21:03 Uhr folgt eine Nachricht mit der Adresse Hotel T., R.straße 74, in O.. Daraus ergibt sich die Bestätigung für die erste Abnahme in dieser Saison im April 2018 in O..
411
Die Angeklagte D. S. gab dazu an, im April 2018 habe sie zwei Kisten Glyzerin für den Angeklagten Dr. M. Sch. in L. abholen sollen. Außerdem habe sie die Blutzentrifuge mit dabeigehabt. Auf dem Rückweg aus Slowenien habe sie in Obertauern in Österreich D. B. getroffen. D. B. habe die Maschine vom Parkplatz ins Hotel hochgetragen. Es sei dann der Angeklagte Dr. M. Sch. hinzugekommen mit dem Audi. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe dann bei D. B. und auch bei M. H. Blut abgenommen, sie hätten Fahrzeuge getauscht und sie sei dann mit dem Audi zurück nach E. gefahren.
412
Der Zeuge D. B. gab dazu an, im April 2018 habe eine weitere Abnahme von zwei Beuteln Erythrozyten-Konzentraten in Obertauern mit der Blutzentrifuge durch den Angeklagten Dr. M. Sch. stattgefunden.
413
Die Angeklagte D. S. führte aus, bei einem weiteren Auftrag - wohl erstmalig mit der neuen Blutzentrifuge - sei sie auftragsgemäß nach der Durchführung von Abnahmen in Berlin weiter nach München gefahren, um sich dort mit D. B. für eine Abnahme zu treffen. Da es bereits in Berlin Probleme gegeben habe mit der neuen Maschine habe sie mehr Blutbeutelsets für diese Maschine verbraucht als vorgesehen. Es sei deshalb unter Vermittlung durch den Angeklagten Dr. M. Sch. vereinbart worden, dass sie sich auf dem Weg von Berlin nach München mit dem Angeklagten A. Sch. am Parkplatz am Hermsdorfer Kreuz treffe, und dieser ihr neue Sets mitbringe. In München habe sie dann jedoch zusammen mit D. B. feststellen müssen, dass es sich um die falschen Sets gehandelt habe, die ihr der Angeklagte A. Sch. übergeben habe. Es seien solche für die alte Zentrifuge gewesen, die in die neue Blutzentrifuge nicht passten. Sie sei dann nach Hause gefahren und habe den PKW des Angeklagten Dr. M. Sch. bei dem Angeklagten A. Sch. vor dem Haus wieder abgestellt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. sei in den USA und „nicht glücklich“ über den Verbrauch an Blutbeutelsets gewesen. Der Aufenthalt des Angeklagten Dr. M. Sch. in den USA erfolgte anlässlich der Kalifornien-Rundfahrt, welche vom 13.05.2018 bis 19.05.2018 stattfand (vgl. dazu auch unter B.XIII.2 und C.II.12).
414
Der Zeuge D. B. bestätigte darüber hinaus, dass im Juli 2018 eine weitere Abnahme in Dornbirn in einem Innenstadthotel durch den Angeklagten Dr. M. Sch. stattgefunden habe.
415
Der Zeuge B. ließ sich auch noch dahingehend ein, dass er im November 2018 wieder vor dem Trainingskurs in Finnland von dem Angeklagten Dr. M. Sch. einen Beutel rückgeführt bekommen, diesmal im B& B Hotel am Flughafen München.
416
Die Angeklagte D. S. gab weiter an, dass sie dann danach im November 2018 unter anderem dem österreichischen Skilangläufer D. B. in Lillehammer in Norwegen behandelt habe.
417
Der Zeuge D. B. gab dazu an, Ende November 2018 sei dann eine weitere Behandlung durch die Angeklagte D. S. nach der „rein-raus-Methode“ in Lillehammer in Norwegen im Teamhotel S. vor dem Weltcup-Sprint erfolgt. Die Entnahme sei im Apartment der Angeklagten D. S. in Anwesenheit von dem Angeklagten A. Sch. erfolgt. Eine Woche später sei in Beitostølen in Norwegen im dortigen Teamhotel durch den Angeklagten A. Sch. eine Behandlung nach der „rein-raus-Methode“ vorgenommen worden. Dabei habe der Angeklagte A. Sch. die falschen Nadeln verwendet. Dadurch habe die Rückführung viel länger gedauert und es seien nur etwa 80% der Menge zurückgeflossen, da das System verstopft gewesen sei.
418
Auch ausweislich der Angaben des Zeugen D. B. hat eine Woche später in Davos in einem Hotel nahe der Wettkampfstrecke eine weitere Behandlung nach der „rein-raus-Methode“ durch den Angeklagten Dr. M. Sch. stattgefunden.
419
Die Angeklagte D. S. gab an, ihr nächster Einsatz sei danach der in Toblach 2018 gewesen. Sie habe recht kurzfristig nach Toblach fahren müssen. Am Morgen nach ihrer Ankunft sei „Peer“ (D. B.) zu ihr ins Hotel gekommen. Bei dieser Rückführung habe eine Menge nicht funktioniert und sie habe mehrfach stechen müssen. Am Abend desselben Tages habe sie bei „Peer“ dieselbe Menge Blut wieder entnommen. Sie könne sich außerdem noch erinnern, dass sie an diesem Tag für alle Sportler als Präsent Stollen aus Thüringen dabeigehabt habe, den der Angeklagte Dr. M. Sch. besorgt habe.
420
Der Zeuge D. B. erklärte in seiner Vernehmung vom 28.02.2019 dazu ebenfalls, während der „Tour de Ski“ in Toblach abermals nach der „rein-raus-Methode“ in einem Hotel in der Nähe zum Bahnhof durch die Angeklagte D. S. behandelt worden zu sei. Auch während der „Tour de Ski“ sei es zu einer weiteren Behandlung durch den Angeklagten Dr. M. Sch. in Val Müstair in der Schweiz im Auto des Angeklagten Dr. M. Sch. gekommen.
421
Hinsichtlich einer Behandlung des D. B. durch den Angeklagten Dr. M. Sch. im Januar 2019 (Ziffer I.174 der Anklage) ließ sich der Angeklagte Dr. M. Sch. in seiner Einlassung vom 29.09.2020 dahingehend ein, dass die Annahme in der Anklage nicht richtig sei, dass er mit einer Maschine eine Blutabnahme auf dem Cineplexx Parkplatz in H. durchgeführt habe. Dies sei schon tatsächlich nicht möglich. Die Kammer ist dieser Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch. gefolgt. Aufgrund des Zeitpunkts der Behandlung würde eine Abnahme hier mitten in der Saison auch keinen Sinn ergeben, allenfalls eine Rückführung vor der anstehenden nordischen Ski WM in Seefeld. Die Anklage stützt ihre Annahme auf die Angaben des Zeugen D. B. bei dessen erster Beschuldigtenvernehmung am 27.02.2019 gegenüber dem Vernehmungsbeamten KI N., welche auch durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, wonach dieser angab, das am 21.02.2019 durch die Angeklagte D. S. rückgeführte Blut sei ihm im Januar 2019 am Parkplatz Cineplexx in H. im Fahrzeug des Dr. Sch abgenommen worden. Er habe ihm zwei Beutel abgenommen und sie mit dem Namen „Peer“ beschriftet. Diese Einlassung muss als Schutzbehauptung gewertet werden, durch die der hiesige Zeuge D. B. bei der ersten Vernehmung noch versuchte, das tatsächliche zeitliche Ausmaß seiner Dopingaktivitäten zusammen mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dessen Helfern über die letzten Monate vor der Festnahme hinaus zu verbergen. Da der Zeuge D. B. bereits bei einer Vernehmung am nächsten Tag große Teile seiner Angaben aus der ersten Vernehmung wiederrufen und weitere Angaben jetzt auch zu davor liegenden Dopinghandlungen gemacht hat, kann auch allein auf dieser Angabe zu diesem Fall aus der ersten Vernehmung basierend keine tragfähige Überzeugungsbildung erfolgen.
422
Hinsichtlich der Behandlung des D. B. anlässlich des Rennens in Dresden am 12.01.2019/13.01.2019 konnte die Angeklagte D. S. berichten, dass sie am 11.01.2019 eine Nachricht an „Peer“ weiterleitete, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. nun auf dem Zimmer sei. Der Zeuge D. B. selbst gab - bei seiner inhaltlich vollumfänglich nachvollziehbaren und bestätigten zweiten Vernehmung - an, Mitte Januar 2019 sei er abermals in Dresden im dortigen H. Hotel durch den Angeklagten M. Sch. behandelt worden nach der „rein-raus-Methode“.
423
Der Angeklagte S. M. gab in seinem Geständnis am vierten Verhandlungstag am 23.09.2020 an, dass er auf seiner dritten Fahrt nach Österreich in H. einen Blutbeutel an einen „Peer“ rückgeführt habe. Er habe dem Athleten den Blutbeutel trotz Krankheit nach Rücksprache mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. gegeben. Nach seiner Kenntnis sei dies zur besseren Gesundung erfolgt und da der Blutbeutel sonst „abgelaufen“ wäre. Er sei sich außerdem sicher, dass es sich um einen Samstag gehandelt habe, da seine Lebensgefährtin an dem Freitag zuvor einen Verkehrsunfall gehabt habe und er sie deshalb nach Hause gefahren und dann am Samstagmorgen zunächst zum Auto und dann zur Arbeit gefahren habe. Dann sei er nach Österreich gefahren.
424
Der Zeuge D. B. erklärte dazu übereinstimmend bei seiner zweiten Vernehmung, dass vor der WM in Seefeld am 16.02.2019 am Parkplatz beim Cineplexx Kino in H. eine Rückführung von einem Beutel durch den Angeklagten S. M. erfolgt sei. Der Zeuge D. B. erkannte den Angeklagten S. M. dabei auf einer Lichtbildvorlage.
425
Soweit sich der Angeklagte Dr. M. Sch. in seiner Einlassung vom 29.09.2020 hinsichtlich der vorgeworfenen Rückführung von einem Beutel am 16.02.2019 durch den Angeklagten S. M. in seinem Auftrag dahingehend einlässt, dass diese Rückführung nicht in direktem Zusammenhang mit einem Wettkampf gestanden habe, sondern lediglich aufgrund einer Erkrankung notwendig gewesen sei, und das Blut entgegen der Angaben des Angeklagten S. M. auch nicht „weggemusst“ habe, ist dies hinsichtlich der Strafbarkeit der Handlungen grundsätzlich unerheblich. Die Strafbarkeit dieser Handlung wird nicht dadurch aufgehoben, dass, wie der Angeklagte Dr. M. Sch. weiter ausführt, hier durch die Angeklagte D. S. für den Wettkampf am 21.02.2019 eine - weitere - Rückführung unmittelbar vor dem Wettkampf vorgenommen worden ist. Letztendlich hatte der Angeklagte Dr. M. Sch. mit diesen Angaben beide Tathandlungen nochmals explizit bestätigt.
426
Hinsichtlich der Handlungen in Seefeld 2019 gab die Angeklagte D. S. an, dass sie dem Angeklagten Dr. M. Sch. im Vorfeld gesagt habe, dass sie nach Seefeld nicht mehr mitmachen wolle. Sie habe aufgrund eines neuen Arbeitsverhältnisses weniger Zeit gehabt, bereits im August gesundheitliche Probleme gehabt und der damit verbundene Stress sei für sie zu viel gewesen.
427
Kurz vor der Abfahrt nach Seefeld habe sie dann von Dr. M. Sch. erfahren, dass sein Vater, der Angeklagte A. Sch., mitfahren solle und die ganze Zeit in Seefeld bleiben werde. Sie beide sollten zusammen die erste Tour machen. Die Fahrt nach Seefeld von E. aus sei sehr anstrengend und lang gewesen. Am Morgen nach der Ankunft sei D. B. dann zu ihr gekommen und habe von ihr zwei Blutbeutel rückgeführt bekommen. Danach sei sie spazieren gegangen und habe dabei die Aufkleber von den Blutbeuteln entsorgt. Nach dem Rennen habe sie „Peer“ die gleiche Menge Blut wieder entnommen. Anschließend habe ihr A. Sch. das Auto gebracht und sie sei dann allein nach E. zurückgefahren. Am Wochenende sei dann der Angeklagte Dr. M. Sch. selbst runtergefahren. Am Montag habe der Angeklagte Dr. M. Sch. zu ihr dann gesagt, dass sie nun wieder fahren solle; der Angeklagte A. Sch. sei ja auch vor Ort, so dass das gehen würde. Während der Behandlung von D. B. und M. H. am 27.02.2019 in Seefeld sei dann die Festnahme erfolgt. In dem Moment habe sie gar nicht gewusst, was passiert. Sie sei in dem Moment in dem Zimmer wie unter Schock gestanden.
428
Der Angeklagte A. Sch. gab in seiner Einlassung am 3. Verhandlungstag an, dass ihm klar gewesen sei, dass sein Sohn Blutdoping praktiziere und sowohl die Angeklagte D. S. als auch zuvor der Angeklagte D. Q. daran beteiligt seien. Die Anreise zur nordischen Skiweltmeisterschaft in Seefeld/ Tirol 2019 habe er jedoch schon 2018 aus ausschließlich privatem Interesse geplant. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe ihm dann erinnerlich Ende 2018 mitgeteilt, dass es ihm gelungen sei, für die Zeit der nordischen Skiweltmeisterschaft eine Ferienwohnung und ein Einzelzimmer in einem Hotel in Seefeld zu reservieren. Bei dem Hotelzimmer handelte es sich um das später tatsächlich von ihm bezogene Zimmer im Wellnesshotel Sch.. Erst in einem Telefonat am 20.02.2019 mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. habe der Angeklagte A. Sch. sich bereit erklärt, anlässlich der Anreise die Angeklagte D. S. mitzunehmen. Aufgrund anderweitiger Verpflichtungen der Angeklagten D. S. habe er diese erst um 15:00 Uhr an ihrer Wohnung abholen können. Der benutzte Pkw VW Passat sei voll beladen gewesen. Bei der Abholung habe die Angeklagte D. S. einen Trolley, ihre Handtasche und den ihm bereits seit Mai 2018 bekannten Rucksack dabeigehabt. Der Angeklagte A. Sch. räumte ein, dass er der Angeklagten D. S. auf der Fahrt anbot, notwendigenfalls auch sein Hotelzimmer für die Durchführung von Blutdopingmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Der Angeklagte A. Sch. habe gewusst, dass die Angeklagte D. S. für seinen Sohn Blutdoping-Maßnahmen bei D. B. und M. H. und weiteren Sportlern durchführen werde.
429
Alle die Sachverhalte, wie sie unter B.V.3 festgestellt wurden, bestätigenden Angaben der Beteiligten werden schließlich wiederum gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten der Sachverständigen M. (Chats zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem Zeugen M. H., Gutachten FA-190326-03, SA8 Bl 7 ff).
d) Entgelte
430
Der Angeklagte Dr. M. Sch. erklärte in seiner Einlassung vom 29.09.2020 hinsichtlich der Athleten D. B. und M. H., dass er in den Jahren 2016 und 2017 für die Betreuung der beiden Athleten keinerlei Zahlungen erhalten habe, weil J. D. und H. W. auf eigene Kosten einen Tiefkühlschrank zur Lagerung der Blutbeutel besorgt und ihm überlassen hätten, weswegen im Gegenzug u.a. eine kostenfreie Behandlung der Athleten B. und H. vereinbart worden sei. Etwaige Verrechnungen zwischen den Athleten untereinander und wer den Gefrierschrank tatsächlich zu welchen Anteilen bezahlt habe, seien ihm nicht bekannt. Im Jahr 2018 hätten D. B. und M. H. ihm jeweils einen Grundbetrag in Höhe von 5.000 Euro bezahlt.
431
Der Zeuge D. B. gab bei seiner (zweiten) polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 28.02.2019 auf Nachfrage an, dass er für die Saison 2016/17 nach seiner Erinnerung um die 6.000 Euro in bar an den Angeklagten Dr. M. Sch. übergeben habe. Im Sommer 2017 habe er an den Angeklagten Dr. M. Sch. für die Saison 2017/18 im Vorhinein bei einer Abnahme am Irschenberg 10.000 Euro in bar übergeben. Im letzten Jahr habe er an den Angeklagten Dr. M. Sch. quartalsweise jeweils 2.500 Euro, insgesamt also 7.500 Euro, übergeben; das letzte Quartal sei noch offen.
432
Die Kammer folgt hier den Angaben des Zeugen D. B. und geht dementsprechend von einer Summe von insgesamt 23.500 Euro aus, die der Angeklagte Dr. M. Sch. von D. B. für das Blutdoping erhalten hat. Die Einlassung, dass der von J. D. organisierte Tiefkühlschrank auch mit den Behandlungen von D. B. und M. H. verrechnet worden sei, wurde auch von dem Zeugen J. D. nicht bestätigt und ist insofern als Schutzbehauptung zu werten, noch dazu, wo sich die jeweils unabhängigen Angaben der Zeugen D. B. und M. H. hinsichtlich der jeweils gezahlten Beträge an den Angeklagten Dr. M. Sch. decken oder jedenfalls sehr ähneln (vgl. C.II.5.d)) und auch aus diesem Grund als glaubhaft anzusehen sind.
5. Taten hinsichtlich des österreichischen Skilangläufers M. H.
433
Die Sachverhalte betreffend den österreichischen Skilangläufer M. H. stehen zumeist in direktem Zusammenhang mit den Sachverhalten betreffend den österreichischen Skilangläufer D. B., so dass sich die jeweiligen Erkenntnisse hierzu und deren Quellen gegenseitig decken bzw. ergänzen. Die unter B.VI abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund der Geständnisse der Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. sowie den diese bestätigenden Angaben der Zeugen D. B., M. H. und E. M. bei deren polizeilichen Vernehmungen, der Auswertung der Kommunikation zwischen den Beteiligten und den Erkenntnissen aus den Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ vor dem und am 27.02.2019 in E. und in S. in Österreich, bei welchen unter anderem in E. im Tiefkühlschrank des Angeklagten Dr. M. Sch. Blutbeutel sichergestellt werden konnten, von denen einer auf Basis des verlesenen molekulargenetischen Spurengutachtens der Sachverständigen Dr. H. vom Kriminaltechnischen Institut des Bayerischen Landeskriminalamts vom 15.04.2019 und des verlesenen Gutachtens der Sachverständigen K. vom Schweizer Labor für Dopinganalytik an der Rechtsmedizinischen Fakultät der Universität der R. zum DNA-Vergleich vom 24.06.2019 auch dem Zeugen M. H. eindeutig zugeordnet werden konnte. In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. erklärt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 zu Last gelegten Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Dies hat die Beweisaufnahme hinsichtlich der Taten bezüglich des Athleten M. H. wie folgt bestätigt. Nach allen übereinstimmenden Angaben war „Moritz“ der Tarnname des M. H..
a) Saison 2016/17
434
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
435
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 unter der Überschrift B./H. für diese Saison die folgenden Handlungen vermerkt:
Saison 2016/2017 - Abnahmen ???
- Rück ??? → jeweils einmal vor WM Lahti
436
Der Zeuge M. H. wurde insgesamt zweimal polizeilich als Beschuldigter vernommen. Beide polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen vom 27.02.2019 und vom 28.02.2019 wurden in der Hauptverhandlung in allseitigem Einvernehmen verlesen, da der Zeuge selbst nicht in der Hauptverhandlung vernommen werden konnte. Der Zeuge M. H. machte dabei umfängliche Angaben und bestätigte die einzelnen Blutdopingmaßnahmen soweit und so genau wie offensichtlich erinnerlich. Auch zur Behandlung mit Wachstumshormonen machte er geständige Angaben.
437
Diese Angaben des Zeugen M. H. decken sich - soweit sie beide betreffen - auch im Ergebnis mit denen des Zeugen D. B., der ebenfalls nicht in der Hauptversammlung als Zeuge vernommen werden konnte, weshalb auch seine polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen im allseitigen Einverständnis in der Hauptverhandlung verlesen wurden.
438
Die festgestellten Sachverhalte ergeben sich ferner auch aus der Kommunikationsauswertung in den Gutachten der Sachverständigen M. (Gutachten FA-190326-07, SA4 Bl. 29 ff. und Gutachten FA-190326-03, SA8 Bl. 110 ff.).
439
Insgesamt stehen die Sachverhalte so, wie sie unter B.VI.1 abgehandelt sind, zur Überzeugung der Kammer aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
b) Saison 2017/18
440
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
441
In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. am fünften Verhandlungstag, dem 29.09.2020, erklärt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 zu Last gelegten Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 unter der Überschrift B. H. für diese Saison die folgenden Handlungen vermerkt:
Saison 2017/2018 - Abnahmen ??? (M.)
- 1x Rück vor Reise? Finnland? (M.)
- Davos (M.)
- TdS wie oft ??? (M. + D. ??)
- jeweils 1x Rück vor Olympia (M.? D.?)
- jeweils 1x Rück vor ?Wasalauf? (M.? D.?)
442
Diese Angaben decken sich mit den übrigen Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme zu diesen Sachverhalten.
443
Der Angeklagte D. Q. machte in seiner Einlassung vom 24.11.2020 hinsichtlich der Behandlung von M. H. bei den Olympischen Winterspielen 2018 keine expliziten Angaben. Er ließ sich jedoch dahingehend ein, dass er dort lediglich die Athleten A. P. und A. V. selbst auch gestochen hätte. Die Angeklagte D. S. bestätigte jedoch nicht nur die Behandlung des M. H. durch sie in Toblach bei der Tour de Ski 2018, sondern auch die Rückführung von zwei Blutbeuteln in Ramsau am Dachstein für die Reise zu den Olympischen Winterspielen in Südkorea sowie eine Entnahme - mit anschließender Rückführung weiterer Beutel - durch sie Anfang März im Berchtesgadener Land.
444
Der Zeuge M. H. hat ausweislich seiner polizeilichen Vernehmungen die Sachverhalte im Wesentlichen bestätigt. Während der Tour de Ski habe er in diesem Jahr keine Rückführungen erhalten, da er krank gewesen sei und daher nicht habe teilnehmen können. Auch die Angaben des Zeugen D. B. stützten wesentliche Teil der dargestellten Sachverhalte noch zusätzlich.
445
Alle die Sachverhalte, wie sie unter B.VI.2 festgestellt wurden, bestätigenden Angaben der Beteiligten werden schließlich wiederum gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten der Sachverständigen M., insbesondere die Chatauswertungen zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem Zeugen M. H. (GA FA-190326-03, SA8, Bl. 113 ff.) und den Chatauswertungen zwischen den Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. (FA-190326-07, SA1 Bl. 53 ff.). Zur Überzeugung der Kammer haben sich die Sachverhalte daher so, wie unter B.VI.2 dargestellt, auch tatsächlich zugetragen. Insbesondere ist die Kammer auch davon überzeugt, dass der Angeklagte D. Q. auch in Südkorea in die Dopingbetreuung von M. H. eingebunden war, wenngleich der genaue Umfang von dessen Tätigkeiten dort nicht abschließend geklärt werden konnte.
c) Saison 2018/19
446
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
447
In seiner Einlassung in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. am 29.09.2020 erklärt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 zu Last gelegten Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner schriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 unter der Überschrift B./H. für diese Saison die folgenden Handlungen vermerkt:
Saison 2018/2019:
- 1x Abnahme Ramsau beide (D. + M.)
- 1x Abnahme nähe B. Zuhause (D. ??)
- 1x Abnahme ??? nach Saison direkt (2017/18)
- Lillehammer (D.) für beide
- Davos (M.) für beide
- TdS Italien + Schweiz (D. + M.) für beide
- Dresden (M.) für B.
- Granska (Anm.: Kranjska) G. (M.) für H.
- B. zu Hause (Nähe - H.) (S.)
- Seefeld (D. + M.)
- Otepää S. für H. + Ulricahamm (Anm.: Ulricehamn in Schweden) S. für H.
448
Die Angeklagte D. S. machte zu ihren Einsätzen hinsichtlich der Behandlung des M. H. in der Saison 2018/19 umfangreiche und detailreiche Angaben, welche die Kammer vollumfänglich für glaubhaft hält. Darin bestätigte sie jeweils die Behandlungen des Athleten unter ihrer Beteiligung, wie sie unter B.VI.3 abgehandelt sind.
449
Der Angeklagte A. Sch. hat in seiner Einlassung am 22.09.2020 eingeräumt, dass er die Angeklagte D. S. samt Dopingausrüstung nach Seefeld transportierte, dass er der Angeklagten D. S. auf der Fahrt anbot, falls es notwendig werden würde, auch sein Hotelzimmer für die Durchführung von Blutdopingmaßnahmen zur Verfügung zu stellen und dass er gewusst habe, dass die Angeklagte D. S. Blutdoping-Maßnahmen im Auftrag von Dr. M. Sch. an dem Athleten M. H. und an weiteren Sportlern durchführen würde.
450
Der Angeklagte S. M. räumte in seinem Geständnis am vierten Verhandlungstag am 23.09.2020 ein, dass er auch M. H. am 20.01.2019 in Otepää in Estland behandelt habe.
451
Bestätigt werden diese Angaben auch durch die Kommunikationsauswertung (Gutachten FA-190326-03, SA8 Bl. 114 ff.) in den Gutachten der Sachverständigen M..
452
M. H. wurde mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30.10.2019, AZ: 24 HV 79/19 k wegen hier verfahrensgegenständlicher und anderer Sachverhalte wegen des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Absatz 1 a, Absatz 2, 15 ÖStGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten Dauer sowie zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.
453
Insgesamt ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die Sachverhalte so, wie unter B.VI.3 dargestellt, auch ereignet haben.
d) Entgelte
454
Der Angeklagte Dr. M. Sch. erklärte in seiner Einlassung über die Verteidigung vom 29.09.2020 hinsichtlich der Athleten D. B. und M. H., dass er in den Jahren 2016 und 2017 für die Betreuung der beiden Athleten keinerlei Zahlungen erhalten habe. Vielmehr sei die Behandlung in diesen beiden Saisons kostenfrei gewesen, wie oben im Zusammenhang mit dem Sportler B. näher dargelegt wurde (C.II.4.d)). Im Jahr 2018 hätten D. B. und M. H. ihm jeweils einen Grundbetrag in Höhe von 5.000 Euro bezahlt.
455
Der Zeuge M. H. gab bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 27.02.2019 auf an, dass er für die Saison 2016/17 nach seiner Erinnerung insgesamt 5.000 Euro, möglicherweise auch 7.500 Euro, an den Angeklagten Dr. M. Sch. übergeben habe. In der zweiten Saison habe er an den Angeklagten Dr. M. Sch. in Teilbeträgen insgesamt 10.000 Euro in bar bezahlt. Im letzten Jahr habe er an den Angeklagten Dr. M. Sch. quartalsweise jeweils 2.500 Euro, insgesamt also 7.500 Euro, übergeben; eine vereinbarte letzte Zahlung in Höhe von 2.500 Euro sei noch offen.
456
Die Kammer folgt hier den Angaben des Zeugen M. H. und geht dementsprechend von einer Summe von insgesamt 22.500 Euro aus, die der Angeklagte Dr. M. Sch. von M. H. für das Blutdoping erhalten hat. Die Einlassung, dass der von J. D. organisierte Tiefkühlschrank auch mit den Behandlungen von D. B. und M. H. verrechnet worden sei, wurde auch von dem Zeugen J. D. nicht bestätigt und ist insofern als Schutzbehauptung zu werten, noch dazu, wo sich die jeweils unabhängigen Angaben der Zeugen D. B. und M. H. hinsichtlich der jeweils gezahlten Beträge an den Angeklagten Dr. M. Sch. decken oder jedenfalls sehr ähneln (vgl. C.II.4.d)) und auch aus diesem Grund als glaubhaft anzusehen sind.
6. Taten hinsichtlich des österreichischen Triathleten E. M.
457
Die unter B.VII abgehandelten Sachverhalte stehen fest insbesondere aufgrund des insoweit glaubhaften Geständnisses des Angeklagten Dr. M. Sch., der Angaben des anderweitig Verfolgten E. M., der Mobiltelefonauswertung des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. und der vier im Tiefkühlschrank des Angeklagten Dr. M. Sch. in E. aufgefundenen Blutbeutel, welche dem Athleten E. M. zugeordnet werden konnten. Die Tathandlungen hinsichtlich des Triathleten E. M. wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen. Nach übereinstimmenden Angaben führte der Zeuge M. den Tarnnamen „Lance“.
a) Saison 2016
458
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner Einlassung vom 29.09.2020 eingeräumt, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte sich auch in Bezug auf den österreichischen Sportler M. so weitestgehend ereignet hätten.
459
E. M. konnte als Zeuge in der Hauptverhandlung nicht persönlich vernommen werden. Im allseitigen Einvernehmen aller Beteiligten wurden jedoch seine polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen vom 15.04.2019, 16.04.2019 und 23.05.2019 in der Hauptverhandlung am 25.11.2020 verlesen. Darin bestätigte der Zeuge E. M. die dargestellten Sachverhalte. So gab der Zeuge E. M. in den Vernehmungen ausweislich der Vernehmungsprotokolle an, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. ihm insgesamt viermal Blut abgenommen und rückgeführt habe. Es sei jedes Mal mit Hilfe einer Blutzentrifuge pro Behandlung ein Beutel Blut abgenommen worden. Den Blutbeutel habe der Angeklagte Dr. M. Sch. mit dem Codenamen „Lance“ versehen. Die Abnahmen hätten im Frühjahr 2015 in Innsbruck in einem Hotel im Zentrum, im Frühjahr 2016 in einem Hotel bei der Autobahnraststätte in I., im Herbst 2017 in E. in einer Wohnung, dessen Inhaber er nicht gekannt habe, und im Herbst 2018 in Ried im Innkreis im Hotel K. stattgefunden. Die Rückführungen seien bei ihm ausschließlich durch den Angeklagten Dr. M. Sch. selbst durchgeführt worden. Er habe den Blutbeutel dabeigehabt und ihm das Blut zurück in die Vene gedrückt. Das habe etwa 15 - 20 Minuten gedauert. Im Frühjahr 2015 habe er das Blut von dem Angeklagten Dr. M. Sch. gleich nach der Abnahme mitbekommen und hätte es sich selbst rückführen sollen. Das habe er jedoch nicht gemacht, da er sich nicht getraut habe. Deshalb habe er das Blut weggeleert. Im Sommer 2016 sei es dann auf einem Parkplatz des Einkaufszentrums Ingolstadt Village bei Ingolstadt im Auto des Angeklagten Dr. M. Sch. zu einer Rückführung gekommen, ebenso im Sommer 2018 auf der Autobahnraststätte in Sankt Valentin im Auto des Angeklagten Dr. M. Sch.. Eine weitere Rückführung sei für den Sommer 2019 geplant gewesen. Beim Ironman in Klagenfurt sei er einmal mit dem Fahrrad gestürzt und einmal habe er aufgegeben. Preisgelder habe er keine erhalten.
460
Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. zwar der Mobiltelefonauswertung des Angeklagten Dr. M. Sch. fand zwischen diesem und E. M. anlässlich der Rückführung am 23.06.2016 in Ingolstadt anlässlich des Ironman in Klagenfurt am 26.06.2016 die folgende Kommunikation zwischen den beiden statt. Am 13.06.2016 um 17:00 Uhr schrieb E. M. an den Angeklagten Dr. M. Sch., bei welchem er unter seinem Tarnnamen „Lance“ im Telefonbuch des konspirativen slowenischen Mobiltelefons abgespeichert war, „Hallo, ich wollte dich fragen wie wir für mich am besten tun wenn der Ironman jetzt am 26.06. ist?“. Am 15.06.2016 um 08:05 Uhr schrieb der Angeklagte Dr. M. Sch. an „Lance“ zurück: „Wie schaut es morgen Abend bei dir aus. Dann hättest du auch noch ein bissl Zeit dich an die neue Geschwindigkeit zu gewöhnen und das hält locker bis zum 26. an. Und da du ja keine Kontrolle hast. Ist das auch mit den Retis und BB egal!!“. Darauf antwortet „Lance“ um 13:27 Uhr: „Ich muss schauen ob ich es irgendwie schaffe weil ich bin gerade am Stelvio zum Ski testen! Wenns nicht geht finden wir dann einen anderen Tag?“. Im weiteren Verlauf schreibt dann der Angeklagte Dr. M. Sch. unter anderem am 16.06. um 07:49 Uhr: „(…) schau ob es heute Abend eventuell funktioniert. Ich mache alle fertig und habe es dabei. Sonst die Tage danach!!! Grüße“. Am 16.06.2016 um 07:51 Uhr schreibt dann wiederum „Lance“: „Ok ich melde mich später!“ und um 15:33 Uhr: „Können wir es so machen dass ich zu dir komme, bei mir wird’s heute ein bisschen zu kompliziert“. Worauf um 16:08 Uhr der Angeklagte Dr. M. Sch. antwortet: „Das geht immer. Lass uns mal telefonieren die Tage. Vielleicht klappts und wir treffen uns irgendwo in der Mitte. Wie lange bist du noch am Stelvio“. Aus dem weiteren Nachrichtenverlauf ergibt sich dann, dass offensichtlich am 20.06.2016 ein Telefonat zwischen den beiden stattgefunden hat. Am 22.06.2016 um 12:17 Uhr schreibt dann unter anderem der Angeklagte Dr. M. Sch. an „Lance“: „Bei mir ist es deutlich ruhiger mit meiner Krankenhausfamilie. Wollen wir uns morgen Ingolstadt Village treffen. Da kann ich gleich was shoppen gehen. Denke bin so ab 17:30 da und dann bis Ladenschluss 20:00 Uhr.“. Darauf antwortet „Lance“ um 16:34 Uhr: „Das hört sich ja noch perfekter an! Wenn das geht dann komme ich nach Ingolstadt:-)“. Der Angeklagte Dr. M. Sch. schreibt daraufhin um 16:39 Uhr: „Von mir aus gerne. Auto rein geht immer!! Mache ich auch bei Rennen früh so. Schick einfach nen Text wann du ungefähr da bist oder wenn du da bist. Die Parkplatzanlagen an der Outlet Mall sind riesig!!!“. In weiteren Nachrichten vom 23.06.2016 zwischen 13:49 Uhr und 18:07 Uhr versuchen die beiden Kommunikationsteilnehmer sodann ihre Ankunft jeweils zeitlich aufeinander abzustimmen. Um 18:07 Uhr schreibt schließlich der Angeklagte Dr. M. Sch. an E. M. die Nachricht: „So ich hatte auch gut Stau. Gerade angekommen. Du stehst bestimmt noch im Verkehr nachdem was die Nachrichten sagen. Habe nur mein normales Tel dabei. Lass bitte da anklingeln. Stehe auf dem Parkplatz relativ weit auf der rechten Seite vom Eingang. Ganz alleine. Bin mit dem Audi da.“.
461
Wie bereits im Zusammenhang mit der Strafbarkeit betreffend die Sportler B. und H. dargelegt, hat eigenen Angaben zufolge der Zeuge E. M. „Pulver“ unterschiedlicher Farbe, Ampullen und Pins mit Wachstumshormonen im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. an die Athleten D. B. und M. H. weitergegeben. Zu einem diesbezüglichen Eigenkonsum machte er keine Angaben. Einmal hatte der Angeklagte Dr. M. Sch. ihm eine Fertigspritze Insulin geschenkt. Diese Spritze habe er aber weggeworfen.
462
Hinsichtlich des Zeugen E. M. hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck Strafantrag bei dem Landesgericht Innsbruck gestellt. Auch dieser Strafantrag vom 23.10.2019 wurde in der Hauptverhandlung durch Verlesung eingeführt. Ausweislich der allgemein zugänglichen Berichterstattung wurde der Zeuge E. M. vom Landesgericht Innsbruck im Juli 2020 wegen Vergehens nach dem Anti-Doping-Bundesgesetz und Beitrags zum Sportbetrug zu 12 Monaten bedingter Haft sowie einer Geldstrafe verurteilt. Außerdem wurde E. M. von der NADA gesperrt.
463
Auch wenn es sich bei den Angaben des Zeugen E. M., welche in der Hauptverhandlung verlesen werden konnten, um solche aus Beschuldigten- und nicht aus Zeugenvernehmungen handelt, so ist die Kammer dennoch davon überzeugt, dass, jedenfalls hinsichtlich der für dieses Verfahren relevanten Teile, aufgrund der Schlüssigkeit der Angaben in sich, ihres Detailreichtums und ihrer Übereinstimmung mit den übrigen Erkenntnissen, insbesondere den ausgewerteten zitierten Chatnachrichten zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem Zeugen E. M. im Gutachten FA190326-03, SA8 Bl 83 ff., die Angaben inhaltlich richtig sind und ihnen gefolgt werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der anderweitig Verfolgte E. M. bewusst die Unwahrheit gesagt habe, konnte das Gericht nicht erkennen.
b) Saison 2018
464
Auch für die Saison 2018 für den Sportler M. hat der Angeklagte Dr. M. Sch. in seiner Einlassung vom 29.09.2020 eingeräumt, dass die Vorwürfe aus der Anklage weitgehend stimmen. Hinsichtlich der Behandlung des E. M. am 01.07.2018 in Klagenfurt gab er in Ergänzung dazu an, E. M. keinesfalls vier Blutbeutel auf einmal reinfundiert zu haben. Er habe zu keinem Zeitpunkt einen Athleten vier Blutbeutel auf einmal verabreicht.
465
In der schriftlichen Auflistung vom 04.04.2019 des Angeklagten Dr. M. Sch. führte dieser unter der Überschrift „M.“ handschriftlich aus:
- Abnahmen ?? Österreich (Ried, Voralpenkreuz)
- Rück 1x für ??? oder nicht stattgefunden wegen krank
- Rück für Ironman Klagenfurt
→ Sommer 2018
→ Abnahme danach wieder Ried Aber zurück immer in Österreich Der Zeuge E. M. hat in seinen Beschuldigtenvernehmungen auch die Abnahmen und die Rückführung für den Ironman Klagenfurt 2018 eingeräumt. Lediglich zur Anzahl der rückgeführten Beutel machte er keine Angaben.
466
Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. steht auch fest, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. und der anderweitig Verfolgte E. M. sich ab dem 26.06.2018 mittels Nachrichten auf ihre Mobiltelefone für ein Treffen am 29.06.2018 abstimmen. Dieser Abschnitt der Kommunikation beginnt mit einer Nachricht nach etwa zwei Wochen ohne Nachrichtenverkehr von E. M. an den Angeklagten Dr. M. Sch. am 26.06.2018 um 15:49 Uhr: „Hallo, wollte mal kurz durchfunken ob du schon einen Zeitplan für Freitag hast?“. Darauf antwortet der Angeklagte Dr. M. Sch. am 27.06.2018 um 07:17 Uhr mit der Nachricht: „Versuche zwischen 12 und 13:00 Uhr loszufahren und dann auf wenig Stau hoffen… Aber Freitag sollte noch gehen. Fangen zwar Ferien an aber gibt ja Zeugnisse ja erst am Freitag“ und am 28.06.2018 um 11:56 Uhr: „Lass uns heute Abend nochmal gegen 21:00 Uhr telefonieren. Bei dir alle fit für die nächste Ausbaustufe deines Körpers“. Vier Minuten später antwortet E. M.: „Ja machen wir! Ich freue mich schon sehr auf die nächste Ausbaustufe!; -)“ . Am 29.06.2018 tauschen die beiden mehrere Nachrichten über die Widrigkeiten des Straßenverkehrs an diesem Tag und voraussichtliche Ankunftszeiten aus. Um 16:30 Uhr schreibt der Angeklagte Dr. M. Sch.: „So… Bin jetzt Tankstelle Donautal. Die letzte auf deutscher Seite vor der Grenze. Also bei Passau. Jetzt stehe ich erstmal an dass ich tanken kann. Sag mal an wo ich dann hinfahren soll“, worauf „Lance“ sieben Minuten später antwortet: „Ok! Würde Haag am Hausruck für dich passen? Das ist die Ausfahrt die du letztens ausgefahren bist Richtung A.“. Um 16:41 Uhr antwortet der Angeklagte Dr. M. Sch.: „Machen wir ich denke 30 min für mich“ und um 16:56 Uhr wiederum E. M.: „Bin da! Stehe bei der Shell auf dem Parkplatz ganz links unten! Rechts neben mir habe ich für dich frei gelassen“. Im Nachgang zu dem Ironman Klagenfurt am 01.07.2018 schreibt E. M. dann am 05.07.2018 um 20:37 Uhr dem Angeklagten Dr. M. Sch.: „Wollte dir kurze Rückmeldung vom Wochenende geben! Leider hatte ich von Schwimmen weg Krämpfe in den Beinen die den ganzen Tag nicht mehr weggegangen sind! Trotzdem konnte ich beim Radfahren richtig Gas geben und fuhr die 67 Zeit von 3000 Starter! Aber die Schmerzen wurden immer mehr! Beim Marathon war ich auf Kurs 3:15 bis nach Halbzeit wo ich dann aufhören musste weil ich kein Bein mehr vor das Andere brachte! Alles in allem körperlich wahnsinnig gut nur muskulär ein Desaster! Bin aber voll zufrieden weil es wäre eine Topzeit in ungefähr 9:30 drinnen gewesen ohne die Probleme!“.
467
Zur Überzeugung der Kammer hat daher auch der Sachverhalt im Jahr 2018 wie unter B.VII.2 festgestellt stattgefunden. Hinsichtlich der Anzahl der Blutbeutel bei der Rückführung ließ sich der Sachverhalt nur insoweit aufklären, dass es sich um mindestens einen und wahrscheinlich weniger als vier Beutel gehandelt hat, wobei auch die genaue Füllmenge der Beutel unsicher bleibt.
c) Entgelte
468
Der Zeuge E. M. gab in seiner in der Hauptverhandlung allseitig im Einverständnis verlesenen Vernehmung vom 15.04.2019 gegenüber dem Vernehmungsbeamten KI St. an, er habe dem Angeklagten Dr. M. Sch. für die Blutabnahmen bzw. -rückführungen insgesamt zweimal je 1.000 Euro in bar bezahlt. Außerdem habe der Angeklagte Dr. M. Sch. von ihm drei oder vier Paar Alpin-Ski bekommen, die er als Angestellter der Firma Fischer aus einem Testkontingent der Firma Fischer herausgekauft habe. Ein Paar habe für ihn dabei zwischen 350 Euro und 400 Euro gekostet.
469
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat die Angaben des Zeugen M., dass er von ihm zweimal 1.000 Euro in bar erhalten habe, sowie die Tatsache, dass er jedenfalls ein Paar Alpinski von ihm erhalten habe, bestätigt. Die Sportausrüstung blieb wegen Schwierigkeiten bei der konkreten Wertermittlung zum Übergabezeitpunkt bei der Vermögensabschöpfung unberücksichtigt.
470
Die Kammer folgt den insoweit übereinstimmenden Angaben und geht davon aus, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. für die Behandlung des anderweitig Verfolgten E. M. jedenfalls zweimal 1.000 Euro in bar an Zahlungen erhalten hat.
7. Taten hinsichtlich des estnischen Skilangläufers K. T.
471
Die unter B.VIII abgehandelten Sachverhalte stehen fest insbesondere aufgrund des insoweit glaubhaften Geständnisse aller Angeklagten, der Angaben des Zeugen K. T. bei seinen Vernehmungen als Beschuldigter am 28.02.2019 in Innsbruck in Österreich und am 09.09.2019 in Tartu in Estland sowie der Mobiltelefonauswertungen der Gutachten der Sachverständigen M. (Chat- und Mailverkehr zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem Zeugen T., Gutachten FA 190326-03, SA5). Nach übereinstimmenden Angaben führt der estnische Skilangläufer K. T. den Tarnnamen „PC“ oder „Prince Charles“.
a) Saison 2017/18
472
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
473
Die einzelnen Tathandlungen für die Saison 2017/18 stehen fest insbesondere aufgrund der Einlassungen der Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. hierzu, soweit ihnen jeweils gefolgt werden konnte. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner Einlassung vom 29.09.2020 eingeräumt, dass auch für die Saison 2017/18 betreffend den estnischen Skilangläufers K. T. die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte sich so weitestgehend ereignet hätten. In seiner handschriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 führt er unter der Überschrift P. + T. + V. + K. unter 1. Saison Winter 2016/2017 auch die gegenständlichen Handlungen auf, soweit er sich an sie erinnern konnte.
474
Auch der Angeklagte D. Q. hat seine Beteiligung an der Behandlung des K. T., welche insbesondere aus der Übernahme von Aufträgen bei der Tour de Ski 2018 in Immenstadt und in Tesero in Italien sowie bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Südkorea bestand, eingeräumt mit der Maßgabe, dass er entgegen der Annahme in der Anklagte jeweils lediglich für den Transport der Blutbeutel zuständig gewesen sei und bei den genannten Fällen nicht gestochen habe. Die Angeklagte D. S. hat die ihr zur Last gelegten Tatbeiträge vollumfänglich und detailliert eingeräumt.
475
Der Zeuge K. T. konnte in der Hauptverhandlung nicht persönlich vernommen werden. Im allseitigen Einvernehmen aller Beteiligten wurden jedoch seine polizeiliche Beschuldigtenvernehmung vom 28.02.2019 und seine Vernehmung im Rechtshilfewege vom 09.09.2019 in der Hauptverhandlung verlesen. Darin bestätigte der Zeuge K. T. die dargestellten Sachverhalte jeweils. Insgesamt wurden von K. T. alle in der Anklage vorgeworfenen Handlungen an ihm einzeln und vollumfänglich bestätigt, inklusive der Beratung hinsichtlich der Medikamenten- und Hormoneinnahmen durch den Angeklagten Dr. M. Sch.. Von wem er die Hormone bekommen hatte, war ihm nach seinen Angaben nicht mehr erinnerlich. Der Zeuge K. T. hat alle fünf Angeklagten auf Lichtbildvorlagen erkannt und sie benennen können.
476
Hinsichtlich der Rückführungen und Entnahmen bei der Tour de Ski 2018 und bei den Olympischen Winterspielen 2018 gab der Zeuge K. T. im Widerspruch zu der Einlassung des Angeklagten D. Q. an, dass dieser jeweils die Behandlungen durchgeführt habe. Auch ließ er sich am 09.09.2019 dahingehend ein, dass „D.“ die „Prozedur“ nicht sehr gut durchführen habe können und die Vene nicht immer gefunden habe. Der Angeklagte D. Q. hat selbst jedenfalls Rückführungen während der Winterspiele in Südkorea durchgeführt. Dies ergibt sich aus der verlesenen Chatkommunikation zwischen den Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. (Gutachten FA-190326-07, SA1 Bl. 93 ff.). Im Übrigen stehen die übereinstimmenden Angaben auch im Einklang mit den weiteren Erkenntnissen aus der Kommunikationsauswertung, so dass die Sachverhalte wie unter B.VIII.1 dargestellt zur Überzeugung der Kammer auch stattgefunden haben.
b) Saison 2018/19
477
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
478
Die einzelnen Tathandlungen für die Saison 2018/19 stehen fest aufgrund der Einlassungen der Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M.. Diese wurden inhaltlich bestätigt durch die Angaben des Zeugen K. T. sowie die Kommunikationsauswertungen in den Gutachten der IT-Sachverständigen M..
479
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat auch für diese Saison betreffend den estnischen Skilangläufer K. T. die ihm vorgeworfenen Sachverhalte grundsätzlich eingeräumt, jedoch bestritten, K. T. im Zeitraum vom 29.12.2018 bis 06.01.2019 in Val Müstair in der Schweiz Blut in einem PKW zugeführt zu haben. Auch habe es sich bei der Entnahme am 01.02.2019 in Toblach nur um eine Blutbildkontrolle mit einem Blutbildröhrchen gehandelt. Es habe dabei keine Dopinghandlung stattgefunden. Weiter sei es unzutreffend, dass er am 23.02.2019 abends K. T. Blut rückgeführt habe.
480
Die Angeklagte D. S. hat die Handlungen, soweit sie daran beteiligt war, vollumfänglich und detailreich eingeräumt, ebenso der Angeklagte S. M.. Auch der Angeklagte A. Sch. hat seine Unterstützungshandlungen hinsichtlich der Dopingaktivitäten in Seefeld 2019 eingeräumt.
481
In seinen Beschuldigtenvernehmungen bestätigte der anderweitig Verfolgte K. T. die dargestellten Sachverhalte jeweils. K. T. hat alle fünf Angeklagten auf Lichtbildvorlagen erkannt und sie benennen können. Allerdings gab er dazu auch an, von dem Angeklagten A. Sch. nie selbst direkt behandelt worden zu sein.
482
Hinsichtlich der Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch., er habe am Abend des 23.02.2019 keine Blutrückführung bei K. T. vorgenommen, kommt die Kammer aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung, dass an diesem Tag vor dem Rennen am Vormittag eine Rückführung stattgefunden hat. Nachdem die Entnahme nach dem Rennen zwischen 15:15 Uhr und 15:51 Uhr stattgefunden hat, kann eine Rückführung nur davor gelegen haben.
483
Diese Feststellungen stehen jeweils in Einklang mit den Ergebnissen der Auswertung der Kommunikation durch die Sachverständige M. in ihrem Gutachten.
484
Insgesamt ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die Sachverhalte so, wie unter B.VIII.2 dargestellt, auch ereignet haben.
c) Entgelte
485
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat sich dahingehend eingelassen, für die Betreuung des Zeugen K. T. in der Saison 2017/18 und in der Saison 2018/19 jeweils 5.000 Euro erhalten zu haben.
486
Der Zeuge K. T. selbst gab dazu an, es habe insgesamt drei Saisonen gegeben. Das Geld, das er immer in bar übergeben habe, sei von privaten Sponsoren gekommen. Grundsätzlich würde Blutdoping für eine Saison 4.500 bis 10.000 Euro kosten. Er habe für die Saison 2017 4.500 Euro, 2018 vermutlich 8.000 Euro und 2019 mit 5.000 Euro etwa bereits die Hälfte der geplanten Summe bezahlt. Das Geld für die letzte Saison habe der Angeklagte Dr. M. Sch. somit nicht in vollem Umfang von ihm erhalten.
487
Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M. schrieb der Angeklagte Dr. M. Sch. am 21.08.2017 um 15:04 Uhr an seinen Kontakt „Prince Charles“, bei welchem es sich um K. T. handelt, im Anschluss an die Vereinbarung eines Abnahmetermins in der Nähe von München: „Bitte bringen Sie 2500 mit. Dann haben Sie schon 8000 für Maxi (Anm.: = A. K.) Andrej (Anm.: = A. V.) und Sie bezahlt. Dann ist ein Drittel bezahlt. Das nächste Ziel bis zwei Drittel wird Ende Januar sein, und drei Drittel dann Ende der Saison nach dem letzten Rennen.“ Ausweislich der weiteren Kommunikation stimmt „Prince Charles“ diesem Vorgehen zu und schreibt später am selben Tag: „Ich bringe 2500 mit.“ Zur Überzeugung der Kammer steht auch aufgrund dieser Kommunikation fest, dass für die Saison 2017/18 nur für das Blutdoping an den drei estnischen Skilangläufern K. T., A. K. und A. V. pro Person und gerade nicht als Gesamtrechnung für alle drei Athleten insgesamt jedenfalls 8.000 Euro gezahlt wurden. Dem steht auch nicht - wie von dem Angeklagten angeführt - entgegen, dass ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der in einer E-Mail des Angeklagten Dr. M. Sch. vom 05.06.2015 an den anderweitig Verfolgten M. A. genannte Preis in Höhe von 11.500 Euro für alle drei estnischen Athleten gemeinsam gedacht gewesen sein soll; dies ergibt sich zum einen daraus, dass die in dieser E-Mail die genannte Summe explizit nur als Basispreis verstanden sein will für maximal zwei bis drei Abnahmen und drei bis fünf „Auslieferungen“ („…> 11.500Euro (für Deutschland, Österreich, Schweiz, Tschechei, Slovenien, Italien…) für weitere Strecken muss dann jeweils geschaut werden was extra… (zusätzliche Kosten wegen erhöhten Zeit + Kilometeraufwand..) …> für jeden weiteren „Wechsel“ Früh rein abends raus musst du nochmal ca. 2000 Euro kalkulieren wenn es wieder eingefroren werden muss, ohne einfrieren ca 600 Euro weniger, wenn mehrere Wechsel hintereinander ohne An und Abreise zwischendurch muss mann individuell bereden…), wobei im Folgenden auch die ebenfalls exklusiven Preise für die Dopingmittel „HIF 1 Alpha“, „Novonordisk der 15mg Pen“, „TB 1000“, Insulin, „Synacten“, „GRF 1-29“ und „GHRP“ noch aufgezählt werden, und zum anderen daraus, dass diese Nachricht aus einem ganz anderem als dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum stammt und dieses Preisangebot mutmaßlich für die Saison 2015/16 keine Rückschlüsse auf die geleisteten Zahlungen für die Saisonen 2017/18 und 2018/19 zulässt.
488
Die Kammer kommt nach alledem unter Berücksichtigung der Einlassung und Angaben zu der Überzeugung, dass für die beiden hier verfahrensgegenständlichen Wettkampfsaisonen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. von K. T. jedenfalls eine Summe in Höhe von 13.000 Euro in bar vereinnahmt wurde. Dies steht insofern auch mit den Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. im Einklang, dass 5.000 Euro jeweils nur der Grundbetrag pro Saison war; nachdem in dem vorliegenden Betrag auch Großereignisse, wie die Olympischen Winterspiele 2018 enthalten sind, wäre ein Ansatz von 10.000 Euro für zwei Saisonbetreuungen auch danach zu wenig.
8. Tat hinsichtlich des estnischen Skilangläufers A. K.
489
Die unter B.IX abgehandelten Sachverhalte stehen fest insbesondere aufgrund der insoweit glaubhaften Geständnisse des Angeklagten Dr. M. Sch., des Angeklagten D. Q. und der Angeklagten D. S.. Die festgestellten Sachverhalte werden bestätigt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen durch die Sachverständige M. sowie die Angaben des A. K. in seiner eigenen Beschuldigtenvernehmung am 09.09.2019 in Tartu in Estland. Außerdem konnten bei der Durchsuchung am 27.02.2019 in dem Tiefkühlschrank in E. insgesamt sechs Blutbeutel sichergestellt werden, die eindeutig dem anderweitig Verfolgten A. K. zugeordnet werden können. Nach übereinstimmenden Angaben führt der estnische Skilangläufer K. den Tarnnamen „Maxi“.
a) Saison 2017/18
490
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
491
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner Einlassung vom 29.09.2020 in der Hauptverhandlung eingeräumt, dass auch in Bezug auf den estnischen Skilangläufer K. die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte sich weitestgehend so ereignet hätten. Auch die Angeklagten D. Q. und D. S. zeigten sich umfänglich geständig, wobei der Angeklagte D. Q. angibt, hinsichtlich der Behandlungen des A. K. lediglich logistische, jedoch keine medizinische Unterstützung geleistet zu haben, also insbesondere nicht selbst gestochen und Nadeln gelegt zu haben.
492
Der Zeuge A. K. konnte in der Hauptverhandlung nicht persönlich vernommen werden. Im allseitigen Einvernehmen der Beteiligten wurde jedoch seine im Rechtshilfeweg erfolgte Vernehmung vom 09.09.2019 verlesen. Darin zeigte sich auch der Zeuge A. K. umfänglich geständig hinsichtlich der hier verfahrensgegenständlichen Sachverhalte und hat diese bestätigt. Er gab dabei aber an, dass glaublich „D.“ ihm Anfang Mai Blut in Berlin abgenommen habe. Er sei sich dabei jedoch nicht mehr sicher. Wenn es Angaben gäbe, dass er im Mai mit K. - gemeint ist K. T. - zusammen bei einer Behandlung gewesen sei, und „D.“ ihm Blut entnommen habe, dann sei es möglicherweise auch so gewesen. Vor der Abreise nach Pjöngjang zu den Olympischen Winterspielen habe jedenfalls „D.“ die Blutzuführung in der Nähe des Frankfurter Flughafens durchgeführt. Dieses Mal sei er dabei der einzige Sportler gewesen. In Südkorea habe ihm dann „D.“ gleich am ersten Abend zwei Beutel Blut wieder entnommen. Entgegen der Angaben des Angeklagten D. Q. habe dieser ihm dort bei zwei Wettkämpfen jeweils Blut rückgeführt und wieder entnommen. Vor dem Rückflug habe ihm „D.“ wieder zwei Beutel Blut zusammen mit einem Blutverdünner rückgeführt. Nach dem Rückflug habe er sich in der estnischen Hauptstadt Tallinn mit „D.“ getroffen, welche ihm dort wieder zwei Beutel Blut entnommen habe. Aufgrund gesundheitlicher Probleme habe er im Übrigen in der Saison 2018/19 nicht an Wettkämpfen teilnehmen können.
493
Diese Angaben stehen im teilweisen Widerspruch zur Einlassung des Angeklagten D. Q., der angab, in Südkorea anlässlich der dortigen Olympischen Winterspiele lediglich die Athleten A. P. und A. V. selbst gestochen und ihnen Nadeln gelegt zu haben. Nach der Beweisaufnahme hat der Angeklagte D. Q. dem anderweitig Verfolgten A. K. nach seiner Anreise drei Beutel eingefüllt und zwei Beutel entnommen (Gutachten FA-190326-07, SA1 Bl. 93).
494
Die Einlassungen und Angaben werden im Übrigen bestätigt durch die Kommunikationsauswertung aus den Gutachten der Sachverständigen M. oder stehen mit den Ergebnissen dieser Auswertungen jedenfalls nicht in Widerspruch.
b) Entgelt
495
Zu den Feststellungen hinsichtlich der erlangten Entgelte für die Betreuung des A. K. gelten die Ausführungen unter C.II.7.c) entsprechend.
9. Taten hinsichtlich der österreichischen Mountainbike-Fahrerin Ch. K.-F.
496
Die unter B.X abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund des insoweit glaubhaften Geständnisses des Angeklagten Dr. M. Sch. betreffend die Vorwürfe im Zusammenhang mit Blutdopingmaßnahmen, des glaubhaften Geständnisses der Angeklagten D. S., der Angaben der Zeugin Ch. K.-F., der Angaben der Zeugen A. F. und E. M., der Kommunikationsauswertungen aus den Gutachten der Sachverständigen M. (Chatverläufe zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und der Zeugin Ch. K.-F. alias „Astrid“, Gutachten FA-190326-03, SA8 Bl. 13 ff.) sowie der zehn am 27.02.2019 im Tiefkühlschrank des Angeklagten Dr. M. Sch. in E. aufgefundenen Blutbeutel, welche der Athletin Ch. K.-F. eindeutig zugeordnet werden können. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. lediglich tatbestandliches Handeln eingeräumt, sich jedoch auf eine Einwilligung der Geschädigten berufen. Nach übereinstimmenden Angaben führt die österreichische Mountainbikerin K.-F. den Tarnnamen „Hugo“ bzw. „Astrid“.
a) Saison 2017
497
Die dieser Saison zugerechneten Tathandlungen wurden durch den Angeklagten Dr. M. Sch. ohne Beteiligung der anderen Angeklagten vorgenommen.
498
In seiner Einlassung vom 29.09.2020 räumte der Angeklagte Dr. M. Sch. pauschal ein, dass die ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München I vom 12.12.2019 vorgeworfenen Sachverhalte sich so weitestgehend ereignet hätten. Hinsichtlich der Betreuung von Ch. K.-F. bis einschließlich August 2017 erfolgte keine weitere konkretisierende Einlassung seitens des Angeklagten Dr. M. Sch. in der Hauptverhandlung.
499
In der handschriftlichen Auflistung des Angeklagten Dr. M. Sch. vom 04.04.2019 führte er hierzu unter der Überschrift „K.“ handschriftlich aus:
1. Saison 2017 - Abnahmen Ende 2016 (zu Hause - I.)
- Rück/Wechsel → alles M.
→ Belgien
→ Österreich (Schladming, Sölden ???)
→ Italien ???
→ WM nähe Bodensee
500
Diese Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. werden gestützt durch die Angaben der Zeugin Ch. K.-F. in der Hauptverhandlung. Dabei gab diese unter anderem an, den Angeklagten Dr. M. Sch. im November 2016 kennengelernt zu haben. Ab diesem Zeitpunkt sei es auch zu den Dopingpraktiken gekommen. Sie habe den Angeklagten über E. M. kennengelernt. Der Zeuge E. M. sei eng mit ihrem Ehemann befreundet und ein Arbeitskollege. Die Kammer geht davon aus, dass die Zeugin K.-F. von dem anderweitig Verfolgten M. angeworben wurde. Die Zeugin Ch. K.-F. bestätigte die einzelnen Sachverhalte, wie sie unter B.X.1 festgestellt wurden. Mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. sei auch eine Abstimmung der Doping-Maßnahmen auf Renn- und Trainingspläne erfolgt. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe immer alles sehr gut erklärt, weshalb sie auch in die Blutdopinghandlungen eingewilligt habe. Sie habe immer ein großes Vertrauen gehabt, dass alles passe. Bei ihr sei immer nur das Erythrozyten-Konzentrat rückgeführt worden; zu einer Rückführung von Vollblut sei es bei ihr nie gekommen. Für die Kommunikation mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. habe sie sich ein Prepaid-Handy mit einer österreichischen Nummer zugelegt. Dieses habe sie ausschließlich hierfür verwendet. Auf Nachfrage gab die Zeugin weiter an, einmal einen Pen mit Wachstumshormonen von dem Angeklagten Dr. M. Sch. erhalten zu haben; nach diesem hätte sie erinnerlich nicht gefragt, es hätte sich „halt so ergeben“.
501
Der Zeuge E. M. bestätigte in seiner in der Hauptverhandlung verlesenen polizeilichen Vernehmung, dass er den Kontakt zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und Ch. K.-F. mit hergestellt habe.
502
Diese Angaben der Beteiligten werden gestützt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen, so dass sich die Sachverhalte so, wie unter B.X.1 dargestellt, zur Überzeugung der Kammer auch ereignet haben.
b) Injektion getrockneten humanen Hämoglobins am 13.09.2017
503
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht die Kammer davon aus, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. der Geschädigten K.-F. am 13.09.2017 ca. 5 g in Kochsalz gelöstes gefriergetrocknetes menschliches Hämoglobin injiziert hat, ohne dass er zum Tatzeitpunkt wusste, um was für ein Präparat es sich handelt, und ohne ausreichend vorher die Geschädigte informiert zu haben. Die Kammer geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ferner davon aus, dass auf der Basis der konkreten Darreichung für die Geschädigte keine Gefahr von Langzeitschäden und keine Gefahr für das Leben bestanden hat.
504
Insbesondere aufgrund der Angaben des Zeugen D. N., der Auswertung der Kommunikation zwischen D. N. und dem Angeklagten Dr. M. Sch. über das slowenische Mobiltelefon des Angeklagten und der in Augenschein genommenen Rechnung der Firma B.vom 06.04.2017 geht die Kammer davon aus, dass über den Zeugen D. N. der Angeklagte das pulverförmige gefriergetrocknete Hämoglobin („lyophilized human hemoglobin“) der Firma Sigma-Aldrich bezog, das er am 13.09.2017 der Geschädigten verabreichte.
505
In seiner Einlassung behauptete der Angeklagte Dr. Sch, D. N. habe ihm die Auskunft gegeben, auf dem neuartigen Produkt seien keine Blutgruppenmerkmale vorhanden. Es handele sich quasi um Spenderblut für jedermann. D. N. gab jedoch in seiner Zeugenaussage an, nichts dergleichen behauptet zu haben. Der Angeklagte Dr. M. Sch. sei der erste gewesen, der auf das „Pulver“ gekommen sei. Er habe nach Weisung des Angeklagten die Produktbestellung vorgenommen. Er verwies darauf, dass schließlich der Angeklagte Dr. M. Sch. der Arzt sei und schon wissen würde, was er wolle. Aus der Kommunikationsauswertung des slowenischen Mobiltelefons des Angeklagten Dr. M. Sch. geht hervor, dass er sich mit D. N. im Sommer 2017 - deutlich nach der Bestellung bei N., aber vor dem Experiment mit der Geschädigten K.-F. - über HBOC´s ausgetauscht hat.
506
Das Produkt wurde durch die Staatsanwaltschaft bestellt und konnte in Augenschein genommen werden. Aufgrund dessen steht fest, dass das Produkt rostbraun und feinpulverförmig ist. Die Plastikverpackung mit Drehverschluss ist nicht steril und leicht zu öffnen. Die englischsprachige Aufschrift beschreibt das Produkt als gefriergetrocknetes humanes Hämoglobin und weist darauf hin, dass es nur für Forschung und Entwicklung zugelassen ist.
507
Ausweislich einer Internetrecherche steht fest, dass es Packungsgrößen in 1g, 5g und 10 g gibt. Das Sicherheitsdatenblatt des Produktes, das auch in deutscher Sprache zur Verfügung steht und in Augenschein genommen wurde, kann durch eine einfache Internetrecherche leicht gefunden werden.
508
Aufgrund der näheren Erläuterungen des Laborproduktes durch die Sachverständige Zeugin St. der Firma Merck, der Konzernmutter der Fa. Sigma-Aldrich, und der ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. steht fest, dass es sich bei dem Produkt um eine reine Laborchemikalie handelt, die zur menschlichen Aufnahme weder geeignet, noch bestimmt ist. Hämoglobin ist die Hauptkomponente der Erythrozyten und findet sich in den Erythrozyten in einer Konzentration von ca. 34%. Hämoglobin ist für den Sauerstofftransport verantwortlich; aufgrund der Fähigkeit des Transportes von Sauerstoff von der Lunge zu den Organen, Muskeln usw. und des Austauschs des Kohlenstoffdioxids ist es das zentrale Protein aller Wirbeltiere.
509
Prof. Dr. J. erläuterte im Einzelnen die Wirkungsweise des Hämoglobins, als ein tetrameres Protein aus vier Globinen mit je einer Hämgruppe, beschrieb die hohe Sauerstoffaffinität des Hämoglobins und die Lipidperoxidation durch ionisiertes Eisen und Hämin und damit die zentrale Rolle des Eisens bei der Abgabe des Sauerstoffs am Ort, an dem er gebraucht wird, wie z.B. im Muskel eines Athleten.
510
Die Tathandlung als solche wird übereinstimmend von dem Angeklagten Dr. M. Sch., der Geschädigten K.-F. und ihrem Ehemann A. F., dessen Aussage einvernehmlich in der Hauptverhandlung durch Verlesung eingeführt wurde, beschrieben, so dass insoweit davon ausgegangen werden kann, dass der Angeklagte am 13.09.2017 ca. 5 g der Laborchemikalie der Geschädigten in ca. 60 ml Kochsalzlösung injizierte.
511
Übereinstimmend schildern sowohl der Angeklagte als auch die Geschädigte und ihr Ehemann, dass im Vorfeld über die Verabreichung des Produktes gesprochen worden sei und als Ergebnis dieser Gespräche sich die Geschädigte damit einverstanden erklärte, dass ihr das „Pulver“ injiziert werden könne. Der äußere Sachverhalt wurde von beiden auch hinsichtlich des zeitlichen Horizontes ähnlich beschrieben, so dass die Kammer davon ausgeht, dass sich wie im Sachverhalt dargestellt das Experiment auch gestaltete.
512
Der Angeklagte Dr. M. Sch. behauptet, einem Irrtum über die Eigenschaften des „Pulvers“ aufgesessen zu sein, da er davon ausgegangen sei, dass es sich um HBOC´s gehandelt habe. Dieser angebliche Irrtum ist für die Kammer nur schwer nachvollziehbar:
513
Da der Angeklagte mit vielen Athleten und Betreuern in durchaus passablem Englisch kommunizierte, wie die Sprachmittlerin, beeidigte Dolmetscherin und Übersetzerin für die englische Sprache C. G. konstatierte, geht die Kammer davon aus, dass er auch die Aufschrift auf der Dose mit dem gefriergetrocknetem menschlichen Hämoglobin verstand. Dies räumte er darüber hinaus im Anschluss an die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. auch ein. Er konnte angesichts der klaren Beschreibung auf der Verpackung nicht erklären, wie er diesem Irrtum aufgesessen sei, zumal er einräumte, tatsächlich auch die Packungsaufschrift gelesen zu haben. Selbstverständlich wisse er eigentlich, dass freies Hämoglobin im Körper nicht zum Sauerstofftransport geeignet sei. Wie ein Arzt quasi die Begriffe Hämoglobin und Erythrozyten verwechselt, obwohl sein Metier als „Doping-Doc“ gerade die Wirkungsweise des in Erythrozyten eingebundenen Hämoglobins ist, mithin die Erythrozyten als solche zwingend gebraucht werden, erschließt sich der Kammer nicht. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. J., wonach dieses Wissen als medizinisches Grundwissen bei jedem Medizinstudenten im 4./5. Semester vorauszusetzen sei.
514
Unabhängig von dem behaupteten Irrtum steht aufgrund der Einlassung der Geschädigten K.-F. jedenfalls fest, dass die Aufklärungsleistung des Angeklagten völlig unzureichend war.
515
Die Kammer geht aufgrund der glaubwürdigen Einlassung der Zeugin davon aus, dass er die Geschädigte täuschte, wonach es bereits Tests mit anderen Sportlern gegeben habe. Die Zeugin hat schlüssig dargelegt, nie als „Versuchskaninchen“ hätte fungieren zu wollen. Sie habe absolutes Vertrauen zum Angeklagten als Arzt gehabt und habe seiner Aussage vertraut, dass alles ungefährlich sei. Auf die näher erläuterte körperliche Reaktion sei keiner von ihnen vorbereitet gewesen. Eindringlich schilderte sie ihre Ängste, als ihr nach polizeilicher Vernehmung klar geworden war, Opfer eines Experiments mit ungewissem Ausgang geworden zu sein.
516
Der körperliche Zustand der Geschädigten K.-F. nach der Injektion steht fest aufgrund der Zeugenaussage der Geschädigten, der zur Verlesung gekommenen Aussage ihres Mannes A. F. und den insoweit übereinstimmenden Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch., sowie auch der Chatkommunikation zwischen dem Angeklagten und der Zeugin Ch. K.-F., in der die wesentlichen Nebenwirkungen der Präparatsverabreichung (Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Ausscheiden roten Urins) durch die Zeugin beklagt werden (Gutachten FA-190326-03, SA8 Bl. 28 ff.). Aufgrund der medizinischen Erläuterungen des Sachverständigen Prof. Dr. J. geht die Kammer davon aus, dass die körperliche Reaktion darauf zurückzuführen ist, dass das freie Hämoglobin im Blutplasma aufgrund des Stickstoffverbrauchs zu Durchblutungsstörungen mit der Folge einer kalten, blassen Haut insbesondere an den Gliedmaßen und starkem Frösteln, einer Erhöhung des Blutdrucks und letztlich zu einer Filtration in den Nieren führte mit der Folge, dass roter Urin ausgeschieden wurde.
517
Aufgrund der Auswertung der Kommunikation des Angeklagten Dr. M. Sch. mit dem slowenischen Mobiltelefon mit einzelnen Wintersportlern und mit dem Trainer M. A. steht für die Kammer fest, dass der Angeklagte das Experiment mit der Geschädigten schon viele Wochen vorher plante und sich beizeiten darum bemühte, einen „Versuchsteilnehmer“ im Bereich des Sommersports zu finden, damit rechtzeitig für die Wintersaison 2017/18 Erkenntnisse vorliegen würden. Dies ergibt sich u.a. aus einer E-Mail des Angeklagten an den Trainer A. vom 06.06.2017, in der er ihm „recombinant human hemoglobin“ anbietet unter der Voraussetzung,,,dass es bei noch durchzuführenden Tests funktioniere“ und „sicher sei“. Darauf bezugnehmend hat der anderweitig Verfolgte A. auch mit E-Mail vom 07.08. 2017 „Sigma Humanes Hämoglobin“ bei dem Angeklagten bestellt und hier ausdrücklich Bezug genommen auf „Dein Eksperiment mit Testsportler“. Auch dem Zeugen K. T., mit dem er unter dem Decknamen „PC“ kommunizierte, hat der Angeklagte mit E-Mail vom 14.07.2014 das Mittel „Human Hämoglobin“ von Sigma angeboten. Gleichzeitig wies er ihn darauf hin, dass das Mittel teuer sei und eine Ampulle EUR 1.800 kosten würden. Sein Einkaufspreis über die Firma B. belief sich laut Rechnung vom 06.04.2017 hingegen auf EUR 671,58 für 2 Dosen.
518
Dass der Angeklagte sich wegen eines Anschlusstermins vorzeitig von der Geschädigten verabschiedete, nicht abwartete, bis sie sich wieder stabilisiert hatte und das zerfallene Hämoglobin ausgeschieden war, ergibt sich insbesondere aus der Kommunikationsauswertung des slowenischen Mobiltelefons des Angeklagten, in dem die Kommunikation mit „Lance“, also mit E. M. vom 13.09.2017. Hier wies der Angeklagten den Sportler M. darauf hin, dass er sich um 15 Minuten verspäten würde.
519
Die Kammer ist aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Zeugin K.-F. nach Ausscheiden der zerfallenen Hämoglobinmoleküle keine weiteren Schäden zu befürchten hatte. Die Zeugin selbst schilderte, dass sie bereits am nächsten Tag fit genug für einen Wettkampf war. Der Sachverständige Prof. Dr. J. legte gutachterlich nachvollziehbar dar, dass aufgrund der körperlichen Vorgänge nach Injektion auch vor dem Hintergrund der Menge des zugeführten Hämoglobins nicht mit langfristigen Schäden oder Dauerschäden zu rechnen sei. Zerfallenes Hämoglobin werde auch im natürlichen Verlauf ausgeschieden - wenn auch in geringerem Umfang. Der Sachverständige Dr. T. führte hierbei aus, dass die verabreichte Menge hinsichtlich ihrer toxikologischen Relevanz wohl zu gering gewählt worden war. Auch er legte wie Prof. Dr. J. dar, dass ein Mensch von Natur aus freies Hämoglobin im Plasma habe. Er führte aus, dass einige Gramm täglich als natürlicher Prozess auch abgebaut werden. Ab etwa 60% Methämoglobin sei die Konzentration tödlich, was hier jedoch nicht in Ansätzen zu erreichen gewesen wäre.
520
Die Zeugin Ch. K.-F. machte in der Hauptverhandlung ihre Angaben nachvollziehbar und in sich schlüssig. Dabei legte sie keinerlei Belastungseifer an den Tag, sondern nahm den Angeklagten Dr. M. Sch. vielmehr an mehreren Stellen hinsichtlich des Blutdopings auch in Schutz. Die Angaben der Zeugin Ch. K.-F. erschienen insgesamt als sehr glaubhaft. Die Angaben der Zeugin Ch. K.-F. stehen darüber hinaus in Einklang mit den polizeilichen Angaben des Zeugen A. F.. Die Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch., soweit sie davon abweichen, sind hingegen nach Überzeugung der Kammer als bloße Schutzbehauptungen zu werten. Dies auch deshalb, da der Angeklagte Dr. M. Sch. in der Hauptverhandlung angab, dass ihm dieser Vorfall - im Gegensatz zu den Blutdopingmaßnahmen im Übrigen - tatsächlich auch sehr nahe gehe, da er dabei seine sonst gewohnten ärztlichen Standards und seine Qualität in der medizinischen Betreuung nicht habe halten können. Es finden sich darüber hinaus aber auch weitere Unstimmigkeiten in den Angaben des Angeklagten, so wie beispielsweise die Behauptung, es hätten 2 bis 3 Stunden nach der Injektion mittels eines Teströhrchens Blutwerte von Ch. K.-F. gemessen werden sollen - dies steht im Widerspruch zu der erfolgten Kommunikation mit E. M., wonach der Angeklagte Dr. M. Sch. schon viel früher mit diesem einen Folgetermin vereinbart hatte. Auch die Angaben zu etwaigen erfolgten Internetrecherchen sind in sich nicht schlüssig. Bei solchen hätte man unmittelbar auf die veröffentlichten Daten und das online verfügbare Sicherheitsdatenblatt der Herstellerfirma zu dem Produkt stoßen müssen - was unter anderem auch die Kammer getan hat -, woraus der sachkundige Leser ohne Probleme erkennen konnte, um was es sich bei dem Inhalt der Dose gehandelt hat und dass HOBC’s damit rein gar nichts zu tun haben. Dass die entsprechenden Recherchen auch bereits 2017 so möglich gewesen sein müssen, hat die Zeugen R. St. von der Herstellerfirma Sigma-Aldrich bzw. Merck in der Hauptverhandlung bestätigt.
521
Hinsichtlich der medizinischen Hintergründe und der biochemischen und toxikologischen Zusammenhänge beruhen die Feststellungen auf den in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten der Sachverständigen Dr. T. und Prof. Dr. J. hierzu.
522
Nach alledem und aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme haben sich die Sachverhalte so, wie unter B.X.2 dargestellt, zur Überzeugung der Kammer auch ereignet.
c) Saison 2018
523
Insbesondere aufgrund der Einlassungen der Angeklagten Dr. M. Sch. und D. S., der Aussage der Zeugin K.-F. und der Auswertung der Kommunikation (Chatverläufe zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und der Zeugin Ch. K.-F. im Gutachten FA-190326-03 SA8 Bl. 11 ff.) steht fest, dass bei der Mountainbikerin K.-F. für die Saison 2018 Vorbereitungen und Durchführungen von Dopinghandlungen wie oben unter B.X.3 beschrieben, stattfanden.
524
Zwar hat der Angeklagte Dr. M. Sch. zum einen die weitgehende Richtigkeit der Vorwürfe der Anklage in seiner Einlassung vom 29.09.2020 bestätigt. Ergänzend führte er für die Saison 2018 aus, dass nicht er selbst Ch. K.-F. im Februar 2018 in einem Zimmer des K.-Hotels am Flughafen München mindestens einen Blutbeutel zugeführt habe, und zum anderen habe er nicht im Juni 2018 am Abend vor Beginn des Rennens der Mountainbike-Marathon Alpentrophy Ch. K.-F. in Aich zwei Beutel Blut zugeführt. Die Zuführungen seien durch die Athletin selbst erfolgt. Fest steht jedoch ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen M., dass die anderweitig Verfolgte Ch. K.-F. nach Anleitung durch den Angeklagten Dr. M. Sch. spätestens seit Juli 2017 jedenfalls auch dazu in der Lange war, Blutrückführungen an sich selbst durchzuführen (Chat vom 12.08.2017:“.. das war mit Abstand die krasseste Erfahrung in meinem Leben“, Antwort Dr. M. Sch.: “.. schön zu hören, dass es gleich funktioniert hat. Aber ist doch im Prinzip auch nichts anderes als wenn ich das mache…grinns“).
525
In der handschriftlichen Auflistung des Angeklagten Dr. M. Sch. vom 04.04.2019 führt er hinsichtlich dieser Saison handschriftlich aus:
K.
(…)
2. Saison 2018 - Abnahmen Ende 2017 (zuHause oder Voralpenkreuz)
- Rück/Wechsel → oft/meistens selber rein!!! Rennen
→ vor Südafrika rein (krank)
→ dann Belgien???
→ Österreich (Schladming Sölden??)
→Italien
→ WM Italien
→ meistens raus nach Rennen zu Hause bei
K. / WM Italien M. vor Ort (…)
526
Die Angeklagte D. S. hat sich hinsichtlich ihrer Beteiligung auch an der Betreuung der Ch. K.-F. in der Saison 2018 vollumfänglich geständig und detailliert eingelassen. Zur Last gelegt wird ihr ein Einsatz im Februar 2018 in München. Sie sei damals im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. von der Ramsau aus - wo sie dem „Moritz“ (Tarnname von M. H.) zwei Blutbeutel rückgeführt und ihm zwei Clexane-Spritzen übergeben habe - nach München zum K. Airport Hotel gefahren. Nach der Behandlung von „Einstein“ (Tarnname von A. P.) dort habe sie dann die „Astrid“ (Tarnname von Ch. K.-F. neben „Hugo“) das erste Mal gesehen. Diese sei in das Hotel gekommen. Sie habe nach Südafrika gewollt. Ch. K.-F. habe den Rucksack, den sie dabeihatte, bereits gekannt. Sie habe ihr dann Pens, Tabletten und Kanülen übergeben. Ob Ch. K.-F. an diesem Tag von ihr auch Blut infundiert bekommen habe, daran könne sie sich nicht mehr sicher erinnern. Sie sei dann als nächstes auftragsgemäß weitergefahren zu einem Parkplatz bei Wörishofen, wo „Peer“ (Tarnname von D. B.) dann ebenfalls von ihr für den Flug nach Südkorea zwei Blutbeutel infundiert und zwei Clexane-Pins erhalten habe.
527
Diese Angaben wurden auch durch die Zeugin Ch. K.-F. bei ihrer Einvernahme in der Hauptverhandlung zu den einzelnen Treffen bestätigt, soweit sie sich auf sie selbst beziehen. Hinsichtlich der Ausstattung für die Cape Epic Mountainbike-Rundfahrt in Südafrika gab die Zeugin Ch. K.-F. an, dies sei damals das erste Rennen gleich im Frühjahr gewesen. Die Rückführung habe vor Abflug durch die Angeklagte D. S. stattgefunden. Nach dem Flug hätte es keine Entnahme mehr gegeben. Glaublich habe sie auch ein Thrombosemittel vor Abflug genommen. Hinsichtlich der Rückführung am 06.06.2018 anlässlich des Mountainbike-Marathons Alpentrophy gab sie dazu an, dass glaublich der Angeklagte Dr. M. Sch. in ihrem Apartment „Zur G.“ in A. ihr Blut rückgeführt habe. Auf jeden Fall sei er aber da gewesen.
528
Die Kammer folgt den insoweit übereinstimmenden Angaben, wobei sie davon ausgeht, dass bei dem Treffen im Februar 2018 am Flughafen München tatsächlich eine Rückführung durch die Angeklagte D. S. stattgefunden hat, während die genauen Umstände der Rückführung am 06.06.2018 in A. nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden konnten. Fest steht auch, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. mit den Blutbeuteln in A. angereist war mit dem Vorsatz, dass diese der Zeugin Ch. K.-F. dort zugeführt werden sollten. Ebenso verhält es sich bei der Rückführung am 15.09.2018 in Italien, bezüglich der der genaue Ablauf der Rückführung anhand der erinnerlichen Angaben der Beteiligten nicht mehr sichergestellt werden kann. Die Erkenntnisse aus der Kommunikationsauswertung legen jedoch nahe, dass jedenfalls angedacht war, dass dieses Mal Ch. K.-F. die Rückführung ohne den Angeklagten Dr. M. Sch. erhält: So schrieb ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Angeklagte Dr. M. Sch. am 05.09.2018 um 07:53 Uhr „Willst du eigentlich am Freitag gleich im Auto rein machen… Oder am Samstag Abend selber..!! (…)“ und die anderweitig Verfolgte Ch. K.-F. antwortet um 19:00 Uhr „samstag abend selber, panzertape haben wir jetz ja immer dabei:-) aber bitte 2 bestecke mitnehmen… butterfly haben wir genug…“.
529
Ch. K.-F. wurde mit Urteil des österreichischen Landesgerichts Ried im Innkreis vom 02.08.2019, AZ: 7 Hv 61/19m wegen hier verfahrensgegenständlicher Sachverhalte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Absatz 1 a, Absatz 2, 148 2. Fall ÖStGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten Dauer verurteilt. Ein Geldbetrag in Höhe von 8.791 Euro wurde für verfallen erklärt.
d) Entgelt
530
Die Kammer geht auf der Basis der Beweisaufnahme und hier maßgeblich der glaubhaften Aussage der Zeugin K.-F. davon aus, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. für die Behandlung der Ch. K.-F. insgesamt jedenfalls 12.000 Euro erhalten hat, auch wenn er selbst in seiner Einlassung pro Saison lediglich einen Betrag von 4.000 Euro eingenommen haben will. Während die Kammer keinerlei Veranlassung sieht, an den Angaben der Zeugin Ch. K.-F. hierzu zu zweifeln, weil ihre Angaben stets valide waren und sich mit den Erkenntnissen aus der Telekommunikationsauswertung decken, geht die Kammer hinsichtlich der Angaben des Angeklagten M. Sch. hierzu von einer Schutzbehauptung aus. Aus der Gesamtheit von dessen Angaben zu seinen Einnahmen durch das Blutdoping ergibt sich, dass er sich sehr bemüht darin zeigte, nicht nur einen möglichen Gewinn heraus-, sondern auch die Einnahmen insgesamt herunterzurechnen. Auch vor dem Hintergrund der Angaben der übrigen Sportler erscheint die Größenordnung von 12.000 - 15.000 Euro für die beiden Saisonen - wobei auch für die Saison 2019 ja bereits die Abnahmen stattgefunden hatten - als sehr realistisch.
10. Taten hinsichtlich des estnischen Skilangläufers A. V.
531
Die unter B.XI abgehandelten Sachverhalte stehen fest insbesondere aufgrund der weitgehend geständigen Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch., der Geständnisse der Mitangeklagten D. Q. und D. S., der Auswertung der Telekommunikation insbesondere im Zusammenhang mit dem konspirativen slowenischen Mobiltelefon, der Angaben des Zeugen V. sowie einen im Tiefkühlschrank des Angeklagten Dr. M. Sch. in E. aufgefundenen Blutbeutel, welcher dem Athleten A. V. auf Basis des molekulargenetischen Spurengutachtens der Sachverständigen Dr. H. vom Kriminaltechnischen Institut des Bayerischen Landeskriminalamts vom 15.04.2019 und des Gutachtens der Sachverständigen K. vom Schweizer Labor für Dopinganalytik an der Rechtsmedizinischen Fakultät der Universität der R. zum DNA-Vergleich vom 24.06.2019 eindeutig zugeordnet werden kann. Nach übereinstimmenden Angaben führte der Zeuge V. den Tarnnamen „Andrej“.
a) Saison 2017/18
532
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
533
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat in seiner Einlassung vom 29.09.2020 die ihm diesbezüglich vorgeworfenen Sachverhalte vollständig eingeräumt mit der Maßgabe, dass in der Anklageschrift betreffend die Tathandlung vom 13.06.2017 keine Rückführung gewesen sei. In seiner handschriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 führte der Angeklagte Dr. M. Sch. unter der Überschrift P. + T. + V. + K. auch bereits die gegenständlichen Handlungen auf. Auch die Kammer geht wegen des zeitlichen Ablaufs im Rahmen einer Wintersportsaison von einer Abnahme als erster verfahrensgegenständlicher Einsatz der Saison 2017/18 aus.
534
Auch der Angeklagte D. Q. hat in seiner Einlassung vom 24.11.2020 seine Beteiligung an den Taten grundsätzlich und umfänglich eingeräumt. Während der Angeklagte D. Q. hinsichtlich der genannten Behandlung in Berlin am 13.06.2017 keine näheren Angaben machte, ließ er sich hinsichtlich der Behandlungen zur Tour de Ski 2018 dahingehend ein, dass er jeweils nur den Transport der Blutbeutel übernommen habe, jedoch A. V. nicht selbst gestochen habe. Hinsichtlich seines Einsatzes bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang in Südkorea räumt der Angeklagte D. Q. ein, dass er neben „Einstein“ (A. P.) auch „Andrej“, also A. V., in Südkorea selbst behandelt habe. Vor Ort sei aber auch An. V., der Vater des A. V., gewesen. Der Angeklagte Dr. M. Sch. habe ihm glaubhaft versichert, dass der Vater, der auch als Trainer tätig gewesen sei, auch aktiv am Blutdoping beteiligt gewesen sei. Er führte dazu weiter aus, dass sein ständiger Einsatz insoweit dann wohl gar nicht nötig gewesen wäre.
535
Die Angeklagte D. S. räumte ihre Tatbeteiligung rund um die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang in Südkorea ebenfalls ein und machte dazu detaillierte Angaben. Sie räumte auch ein, bei ihrem Einsatz in Seefeld im Januar 2018 auch einmal dem A. V. Blut abgenommen zu haben. Hinsichtlich der darauf folgenden Rückführung vor den Olympischen Winterspielen bleibt unklar, ob die erfolgte Rückführung von Blut vor dem Flug nach Südkorea durch den Angeklagten Dr. M. Sch. selbst oder durch die Angeklagte D. S. durchgeführt wurde; die Angaben der Angeklagten D. S. beziehen sich insofern eindeutig lediglich auf die Rückführungen bei den Sportlern D. B., M. H., K. T., A. Kä. und A. P.. Eine Rückführung diesbezüglich bei dem Zeugen A. V. war ihr nicht mehr erinnerlich; der Angeklagte M. Sch. machte hierzu keine konkreten Angaben, außer dass er einräumte, dass die Vorwürfe dem Grunde nach richtig wären. Es bleibt somit offen, wer von den beiden die Rückführung durchgeführt hat; dass sie durchgeführt wurde steht auch fest aufgrund der festgestellten Tatsache, dass durch den Angeklagten D. Q. bei der Ankunft des A. V. in Südkorea diesem ja zwei Beutel Vollblut entnommen wurden.
536
Der Zeuge A. V. selbst konnte in der Hauptverhandlung nicht als Zeuge vernommen werden, weil er trotz förmlicher Ladung der Hauptverhandlung fernblieb. A. V. wurde sowohl von den österreichischen Behörden unmittelbar nach der sogenannten „Operation Aderlass“ sowie später von den estnischen Behörden im Wege der Rechtshilfe vernommen. Bei beiden Vernehmungen machte er jeweils zur Sache keine Angaben. Die Einlassung des Angeklagten D. Q., er habe bei der Tour de Ski 2018 lediglich die Blutbeutel des V. transportiert, diesem jedoch selbst kein Blut zugeführt oder abgenommen, lässt sich weder anhand der Kommunikationsauswertungen noch anhand der Angaben weiterer Beteiligter widerlegen.
537
Die ausgewertete Kommunikation zwischen den Beteiligten stützt jeweils die Sachverhalte, so wie sie unter B.XI.1 festgestellt wurden. Die Sachverhalte haben sich zur Überzeugung der Kammer so, wie dort ausgeführt, zugetragen.
538
b) Saison 2018/19 An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., D. S. und A. Sch. beteiligt.
539
Wie zur Saison 2017/18 dargelegt, hat der Angeklagte Dr. M. Sch. lediglich allgemein eingeräumt, dass die Vorwürfe zuträfen.
540
Die Angeklagte D. S. machte zu ihren Einsätzen hinsichtlich der Behandlung des A. V. in der Saison 2018/19 umfangreiche und detailreiche Angaben, welche die Kammer vollumfänglich für glaubhaft hält. Darin bestätigte sie jeweils die Behandlungen des A. V. unter ihrer Beteiligung, wie sie unter B.XI.2 abgehandelt sind.
541
Auch der Angeklagte A. Sch. räumte in einer Erklärung in der Hauptverhandlung ein, wie unter B.XI.2 dargestellt, in die Dopinghandlungen in Seefeld im Februar 2019 eingebunden gewesen zu sein.
542
Mangels Angaben zur Sache durch den Zeugen A. V. konnten die in sich übereinstimmenden Angaben der drei Angeklagten nicht mit einer Einlassung des Sportlers A. V. abgeglichen werden. Die Kammer ist dennoch von ihrer Richtigkeit überzeugt und hat sie auch bezüglich der Betreuung der anderen estnischen Skilangläufer und auch anhand der vorliegenden Kommunikationsauswertung aus den Gutachten der Sachverständigen M., insbesondere den Chats zwischen den Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. im Gutachten FA-190326-07, SA1 Bl. 52 ff., überprüft. Zur Überzeugung der Kammer haben sich die Sachverhalte so wie unter B.XI.2 dargestellt auch ereignet.
c) Entgelte
543
Zu den Feststellungen hinsichtlich der erlangten Entgelte für die Betreuung des A. K. gelten die Ausführungen unter C.II.7.c) entsprechend.
11. Taten hinsichtlich des kasachischen Skilangläufers A. P.
544
Die unter B.XII abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund der insoweit glaubhaften Geständnisse der Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q., des glaubhaften Geständnisses der Angeklagten D. S. und der glaubhaften Geständnisse der Angeklagten A. Sch. und S. M.. Die im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Angeklagten werden bestätigt durch die Angaben des anderweitig Verfolgten A. P. gegenüber den österreichischen Polizeibehörden sowie durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten der Sachverständigen M.. Bei der Durchsuchung im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 wurde im Tiefkühlschrank des Angeklagten Dr. M. Sch. in E. auch ein Blutbeutel sichergestellt, der eindeutig dem Zeugen A. P. zuzuordnen ist. Nach übereinstimmenden Angaben führte der Zeuge P. den Tarnnamen „Einstein“.
a) Saison 2017/18
545
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. beteiligt.
546
Zur Saison 207/18 im Zusammenhang mit dem Sportler P. machte der Angeklagte Dr. M. Sch. über seine allgemeine Einlassung, wonach die Vorwürfe der Anklage im Wesentlichen zuträfen, keine konkreten Angaben. In seiner handschriftlichen Aufstellung vom 04.04.2019 führt er die gegenständlichen Taten jedoch im Wesentlichen unter der Überschrift P. + T. + V. + K. auf, soweit und so konkret er sich an sie erinnern konnte.
547
Der Angeklagte D. Q. räumt seine Beteiligung an den Taten ebenfalls dem Grunde nach umfänglich ein, wobei er insbesondere zugab, dass er bei seinem Einsatz während der Tour de Ski 2018 hinsichtlich „Einstein“ - also A. P. - auch „aktiv an einer Rückführung beteiligt war“, mithin nicht nur den Transport, sondern auch das Stechen und die Rückführung bzw. Entnahme bei dem Athleten übernommen hat. Auch hinsichtlich seines Einsatzes bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang in Südkorea räumte der Angeklagte D. Q. ein, „Einstein“ - also A. P. - dort behandelt zu haben.
548
Die Angeklagte D. S. räumte ihre Beteiligung, die aus einem Einsatz bei der Tour de Ski 2018 in Toblach und zwei Einsätzen vor und nach den Olympischen Winterspielen 2018 bestand, vollumfänglich und mit großem Detailreichtum geschildert ein. Sowohl zur Rückführung des Blutes vor der Abreise in Frankfurt als auch zur Entnahme nach der Rückkehr in Tallinn in Estland jeweils durch sie selbst machte die Angeklagte D. S. dabei umfangreiche Angaben.
549
Der anderweitig Verfolgte A. P. machte hierzu keine Angaben.
550
Die im Wesentlichen übereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten werden bestätigt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten der Sachverständigen M..
551
Den Angaben der Angeklagten, soweit sie übereinstimmen, ist hier zu folgen, welche auch durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten gestützt werden. Zur Überzeugung der Kammer haben sich die Sachverhalte so wie unter B.XII.1 abgehandelt dargestellt stattgefunden.
b) Saison 2018/19
552
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. S., A. Sch. und S. M. beteiligt.
553
Hinsichtlich der Saison 2018/19 gilt im Wesentlichen das zur Saison 2017/2018 gesagte ebenfalls. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat zu seinem grundsätzlichen Einräumen der Taten keine weiteren konkretisierenden Angaben hinsichtlich einzelner Handlungen der Betreuung des Zeugen A. P. in der Saison 2108/19 gemacht. Die Angeklagte D. S. hat ihre Beteiligung auch hinsichtlich dieser Saison vollumfänglich in der Hauptverhandlung eingeräumt. Auch der Angeklagte A. Sch. hat in seiner Erklärung in der Hauptverhandlung eingeräumt, dass er am 22.02.2019 in Seefeld zur Vorbereitung eines Termins zur Rückführung von Blut durch den Angeklagten Dr. M. Sch. bei dem Zeugen A. P. telefonisch wie mit einem physischen Treffen aktiv geworden sei. Dass der Vorgang mit einer Blutdopingmaßnahme zu tun haben könnte, habe er dabei jedenfalls für möglich gehalten. Nachdem der Angeklagte A. Sch. zuvor bereits eingeräumt hatte, über das Blutdoping seines Sohnes sowie die Beteiligung unter anderem der D. S. daran im Bilde gewesen zu sein, welche er zeitweilig zuvor mit nach Seefeld genommen hatte und ihr angeboten hatte, für etwaige Blutdopingmaßnahmen auch seine Unterkunft zur Verfügung stellen zu können, ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte A. Sch. auch hier positiv wusste, dass er dadurch die Blutdopingaktivitäten seines Sohnes, des Angeklagten Dr. M. Sch., aktiv unterstützte. Schließlich hat auch der Angeklagte S. M. eingeräumt, am 17.02.2019 den A. P. bei einem Einsatz in Italien behandelt zu haben.
554
Die im Wesentlichen übereinstimmenden Einlassungen der Angeklagten werden bestätigt durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten der Sachverständigen M. sowie durch die Angaben des Zeugen A. P., welcher im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.11.2019 in Seefeld in Tirol ebenfalls festgenommen und sodann am 27.02.2019 und am 28.02.2019 durch die österreichischen Behörden vernommen wurde. Da der Zeuge A. P. in der Hauptverhandlung nicht persönlich angehört werden konnte, wurden die Protokolle dieser Vernehmungen im allseitigen Einverständnis in der Hauptverhandlung verlesen. Die Kammer ist sich dabei des Umstands bewusst, dass der Zeuge A. P., nachdem er Österreich verlassen hatte und wieder in seiner Heimat bzw. in der russischen Föderation angekommen war, ausweislich der einschlägigen Presseberichterstattung angegeben hat, seine Angaben bei den österreichischen Behörden zum Großteil widerrufen zu wollen, da er dort misshandelt und gefoltert worden sei und die dortigen Angaben nicht aufgrund seines freien Willens gemacht worden seien. Belege für diese These ließen sich nicht ermitteln. Der Zeuge A. P. hat in seinen Vernehmungen die Behandlungen in Seefeld 2019, in Toblach um den Jahreswechsel 2018/19 sowie eine Abnahme in München im Herbst 2018 eingeräumt. Die Anwendung von Doping vor der Saison 2018/19 hat er darin nicht bestätigt. Angesichts der insgesamt sehr lückenhaften und wenig glaubhaften Einlassungen des Zeugen A. P., der noch dazu weder vom Gericht selbst noch von einem beauftragten Richter vernommen werden konnte, ist die Kammer hier zur Überzeugung gelangt, dass vor allem den Angaben der Angeklagten hier zu folgen ist, welche auch durch die Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen in den Gutachten gestützt werden.
555
Aus einer Gegenüberstellung der Kommunikation des Angeklagten Dr. M. Sch. mit dem anderweitig Verurteilten M. A. (Gutachten FA-190326-03 SA4, hier u.a. E-Mails vom 11.07.2017, 05.09.2017, 19.09.,2017 und 30.09.2017), den Chats mit dem Zeugen K. T. (Gutachten FA-190326-03 SA5) und den Chats mit dem Mitangeklagten D. Q. (Gutachten FA-190326-07 SA1)) lassen sich sowohl im Hinblick auf die Tatzeitpunkte als auch die Tatorte klar die Tathandlungen so herausarbeiten, wie sie unter B.XII.2 geschildert werden. Insbesondere folgt aus der Kommunikation mit dem anderweitig Verurteilten M. A., dass der Zeuge P. als erfolgreichster Sportler des Trainers A. gegenüber Dopingmitteln besonders aufgeschlossen war. So fragte A. gezielt für den Sportler „Einstein“ nach dem „weltbesten Dopingprogramm“ an, mahnte nachdrücklich die Gabe von „Gen-Epo“ an (E-Mail vom 01.10.2017) und schickte eigens dessen Trainings- und Wettkampfpläne zur genauen Abstimmung von Dopingmaßnahmen (E-Mail vom 10.10.2017).
c) Entgelte
556
Der Angeklagte Dr. M.Sch. hat eingeräumt, für die Betreuung des A. P. in den Saisonen 2017/18 und 2018/19 jeweils 5.000 Euro erhalten zu haben. Diese Einlassung wird dem Grunde nach von den Angaben des Zeugen A. P. bei dessen polizeilicher Vernehmung am 27.02.2019 in Österreich bestätigt, welcher - unter Bestreiten sämtlicher Blutdopingaktivitäten vor der Saison 2018/19 - angibt, dem Angeklagten Dr. M. Sch. insgesamt 5.000 Euro bezahlt zu haben. Er relativiert dies dadurch, dass er weiter ausführt, dass dies der Preis für vier Blutabnahmen und Rückführungen sowie die Begleitung bzw. Betreuung während der ganzen WM gewesen sei. Die 5.000 Euro seien als Pauschbetrag vereinbart worden. Zur Überzeugung der Kammer steht damit fest, dass, den übereinstimmenden Angaben insoweit folgend, der Angeklagte Dr. M. Sch. für die Betreuung des A. P. pro Saison jedenfalls 5.000 Euro und damit insgesamt 10.000 Euro für diese beiden Saisonen erhalten hat.
12. Taten hinsichtlich des kroatischen Straßenradfahrers K. D.
557
Die unter B.XIII abgehandelten Sachverhalte stehen fest aufgrund des insoweit glaubhaften Geständnisses des Angeklagten Dr. M. Sch. und den ebenfalls insoweit glaubhaften Geständnissen des Angeklagten D. Q. und der Angeklagten D. S.. Bei der Feststellung der Sachverhalte konnte sich die Kammer jedoch insbesondere auch auf die vorliegende umfangreiche Kommunikation aus den Gutachten der Sachverständigen M. stützen (Chatkommunikation zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem Zeugen D. Gutachten FA-190326-03 SA9 Bl. 20 ff. und Kommunikation mit dem Angeklagten D. Q. Gutachten FA-190326-07 SA4 Bl. 43 ff.). Bei den Durchsuchungen im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ wurden in dem Tiefkühlschrank in E. auch fünf Blutbeutel sichergestellt, die eindeutig dem kroatischen Straßenradfahrer K. D. zuzuordnen sind. Der anderweitig Verfolgte K. D.selbst konnte weder in der Hauptverhandlung vernommen noch konnten inhaltlich fundierte Zeugenaussagen aus seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Varazdin in Kroatien vom 25.02.2020 durch Verlesung eingeführt werden. In der genannten staatsanwaltschaftlichen Vernehmung hat sich der Zeuge in weiten Bereichen auf angebliche Erinnerungslücken berufen. Doch auch ohne konkrete Angaben war eine ausreichende Überzeugungsbildung der Kammer möglich. Nach übereinstimmenden Angaben führte der Zeuge D. den Tarnnamen „…“ bzw. „Triple X“.
a) Saison 2017
558
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. beteiligt.
559
Für die Blutdopinghandlungen im Zusammenhand mit dem Straßenradfahrer D. und der Saison 2017 hat der Angeklagten Dr. M. Sch. keine konkretisierten Angaben getätigt, sondern lediglich sein allgemein gehaltenes Geständnis bezogen auf die Vorwürfe aus der Anklageschrift abgegeben.
560
Das allgemein gehaltene Geständnis wird bestätigt durch die Beweisaufnahme und insbesondere durch die Auswertung der Kommunikation mit dem konspirativen slowenischen Mobiltelefon des Angeklagten Dr. M. Sch. und der Kommunikation mit D. Q. und dem Sportler D. Am 12.04.2017 um 16.23 Uhr schrieb danach der Angeklagte Dr. M. Sch. von seinem Mobiltelefon mit der slowenischen Prepaid-Nummer an den Angeklagten D. Q.: „… für Freitag. +38* …“. Bei der Zahlenkombination handelt es sich um eine slowenische Mobiltelefonnummer, die K. D. - dessen Tarnname „Triple X“, bzw. „…“ ist - zugeordnet wurde. Bei dem 14.04.2017 handelt es sich um einen Freitag. Aus der weiteren Kommunikation zwischen dem Angeklagten D. Q. und „Triple X“ sowie aus der weiteren Kommunikation zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und „Triple X“ (Gutachten FA-190326-03) ergibt sich, dass es sich hierbei um die erste Dopinghandlung in einer Reihe von Maßnahmen anlässlich der Kroatienrundfahrt handelte, wobei die übrigen Handlungen in Slowenien durchgeführte wurden und es bei der dritten Etappe aufgrund eines Sturzes zum Abbruch des Rennens für K. D. und damit auch das Ende der geplanten weiteren Dopinghandlungen kam.
b) Saison 2018
561
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. Sbeteiligt.
562
Nachdem auch diese Tat durch den Angeklagten Dr. M. Sch. grundsätzlich eingeräumt wurde, gab der Angeklagte Dr. M. Sch. in der Hauptverhandlung hierzu an, dass es nach seiner Erinnerung am 01.07.2018 nicht zu einer Zuführung von Erythrozyten bei K. D. kam, da dessen Hämoglobinwert zu hoch gewesen sei. In seiner handschriftlichen Stellungnahme vom 04.04.2019 führt der Angeklagte Dr. M. Sch. zu K. D. hierzu unter 1. Saison 2018 aus:
- Abnahmen Ende 2017 (Graz Kleinarl, Voralpenkreuz)
- Rück/Wechsel
→ Tour de Romandie (D.)
→ Tour de France (D.)
→ Türkei Rundfahrt (D.)
563
Der Angeklagte D. Q. hat sich hierzu dahingehend eingelassen, dass die Fälle aus der Anklageschrift, in denen er K. D. behandelt haben soll, allesamt so zutreffen würden. Der Angeklagte D. Q. räumte dabei explizit auch ein, bei dem kroatischen Radrennfahrer K. D. selbst „gestochen“ zu haben. Die Angeklagte D. S. räumte ein, K. D. am 01.07.2018 in Irschenberg zu Leistungssteigerung bei der Tour de France 2018 Blut rückgeführt zu haben. Sie habe damals im Juli 2018 sehr kurzfristig an einem Samstag nach Irschenberg fahren müssen, um dort dem Fahrer eines Audi Q7 aus Kroatien auf dem Autorücksitz Blut rückzuführen. Die Scheiben an dem Fahrzeug seien verdunkelt gewesen. Auch die Sachverhalte hinsichtlich der Betreuung in der Saison 2018 werden durch die umfangreiche Kommunikation bestätigt.
564
Hinsichtlich der Blutrückführung vor der Tour de France 2018 am 01.07.2018 am Irschenberg steht der Sachverhalt fest aufgrund der umfangreichen Angaben der Angeklagten D. S. sowie der Ergebnisse der Kommunikationsauswertungen. Im Widerspruch zur Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch., der diese Rückführung bestritten hat, ergibt sich diese aus der Zusammenschau der Angaben der Angeklagten D. S. sowie der SMS-Nachrichten des Angeklagten Dr. M. Sch. an K. D. (Gutachten FA-190326-03). Die Angaben der Angeklagten Diana Sommer sind in diesem Punkt besonders deshalb sehr glaubwürdig, da es sich um die einzige Behandlung des K. D. handelt, bei der sie selbst anwesend war. Auch war sie in der Lage, das Treffen sehr detailliert zu beschreiben und erwähnt dabei Eigenschaften des Kroaten K. D., wie das Fahrzeug, mit dem er vorfuhr, so dass das Gericht auch deshalb von einer Erlebnisbasiertheit der Angaben der Zeugin ausgeht. Die Einlassung der Angeklagten D. S. wird insbesondere auch bestätigt durch folgende SMS-Nachrichten von Dr. M. Sch. und K. D.: Am 30.06.2018 um 21:03 Uhr schrieb der Angeklagte Dr. M. Sch. an K. D. (Übersetzung aus dem Englischen): „Musste eine Lösung für morgen finden. D. kann nicht kommen. Also wird mein zweiter Mitspieler da sein. D. wird zwischen 12:30 Uhr da sein. Sie muss bis Mitternacht in der Notaufnahme arbeiten. Dann schläft sie sich aus und wird dann morgen früh losfahren. Treffpunkt. Rastplatz Irschenberg. Wo wir uns früher schon getroffen haben… Ist das ok für Sie?“ Darauf antwortet K. D. alias „Triple X“ um 21:56 Uhr: „Für mich ist das in Ordnung, danke!“ Und kurz danach weiter: „Wenn sie eintrifft schicken sie mir einfach eine Zimmernummer.“ Am 01.07.2018 um 10:46 Uhr schrieb sodann wieder der Angeklagte Dr. M. Sch. an „Triple X“: „Es gibt keinen Platz mehr an diesem Ort. Urlaubsreiszeit… Aber es gibt einen guten Ort, vorbei an Burger King und an der Shell Tankstelle. Dann wenden sie sich nach links und dass gleich hinter McDonalds links rein und direkt rechts auf den Parkplatz des D. Cafes und Restaurants. Dann einfach den ganzen Parkplatz runter. Dort ist niemand und sie können es dort ganz einfach machen. D. kommt mit silbernem VW Passat. Telefonnummer: 0049-173- …“, K. D. antwortet daraufhin um 13:19 Uhr: „Alles ok!“. Ebenfalls am 01.07.2018 um 16:57 Uhr schreibt der Angeklagte Dr. M. Sch. dem K. D. dann noch im Nachgang: „Gut!! Ich hoffe, sie hatten eine sichere Heimreise. Bis bald…Wenn sie Tour-Hotelplan bekommen. Sagen sie mir bitte Bescheid.“.
565
Nach alledem haben sich die unter B.XIII.1 und B.XIII.2 dargestellten Sachverhalte zur Überzeugung der Kammer wie dort dargestellt zugetragen.
c) Entgelte
566
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat sich dahingehen eingelassen, dass er für die Behandlung des K. D. im Jahr 2017 nichts und im Jahr 2018 5.000 Euro erhalten habe. Angaben des K. D. hierzu liegen nicht vor. Ausweislich des Gutachtens FA-1903267-03 der Sachverständigen M. schrieb der Angeklagte Dr. M. Sch. an den unter „Triple X“ gespeicherten anderweitig Verfolgten K. D. am 10.04.2018 um 18:35 Uhr in einer Nachricht unter anderem (Übersetzung aus dem Englischen) „(…) es wäre perfekt, wenn du die erste Hälfte für dieses Jahr mitbringen könntest.. 5000 Kalifornien ist von meiner Seite bereits alles bezahlt und Romandie wird bald folgen. (…)“. Ausweislich desselben Gutachtens schrieb der Angeklagte Dr. M. Sch.am 17.10.2018 um 22:52 Uhr in einer Nachricht an K. D. „Ok, das wäre perfekt, wenn sie mir jetzt nur 10000 geben. Ich war mir nicht sicher, ob sie mir 10 oder 15 gegeben hätten…Und wenn sie 5 bekommen und sie waren sich nicht sicher, ob sie es schon haben. Dann ist es in Ordnung, wenn sie sie noch bekommen. Für das Fahrrad muss ich sehen, wie voll das Auto (Passat) wird, wenn morgen früh alles für D. eingepackt ist. Wenn er voll ist, sage ich ihnen Bescheid. Damit wir das nächste Mal das Fahrrad mitnehmen.“. Aufgrund dieser Kommunikation steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. für die Betreuung des K. D. in der Saison 2018 an Geldleistungen jedenfalls 10.000 Euro in bar erlangt hat.
„13Tat hinsichtlich des österreichischen Straßenradfahrers G. P.
567
Die unter B.XIV abgehandelten Sachverhalte stehen fest aufgrund der insoweit glaubhaften Geständnisse der Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und A. Sch.. Die Sachverhalte werden weiter bestätigt durch die Angaben der Zeugen G. P. und N. D., die Lebensgefährtin des Zeugen G. P.. Außerdem hat das Gericht zur Feststellung des Sachverhalts die ausgewertete Kommunikation aus dem Gutachten der Sachverständigen M. herangezogen und überprüft, dass diese nicht im Widerspruch zum festgestellten Sachverhalt steht. Außerdem wurden bei der Durchsuchung am 27.02.2019 in dem Tiefkühlschrank des Angeklagten Dr. M. Sch. in E. sechs Blutbeutel sichergestellt, welche G. P. eindeutig zugeordnet werden können. Nach übereinstimmenden Angaben führte der Zeuge P. den Tarnnamen „Franzose“.
a) Saison 2018
568
An den dieser Saison zugerechneten Tathandlungen waren die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q., und A. Sch. beteiligt.
569
Grundsätzlich räumte der Angeklagte Dr. M. Sch. die Richtigkeit der in der Anklage geschilderten Sachverhalte ein. Hinsichtlich der Taten bezüglich G. P. führte er weiter lediglich aus, dass die Blutrückführung am 01.07.2018 durch den Sportler G. P. selbst erfolgt sei; er, der Angeklagte Dr. M. Sch., habe nur die anschließende Abnahme durchgeführt. In der handschriftlichen Auflistung des Angeklagten Dr. M. Sch. vom 04.04.2019 sind unter den Überschriften P. und Saison 2018 folgende Punkte genannt:
- Abnahmen Ende 2017 bis Anfang 2018 ???
→ war kompliziert weil neue Maschine nicht da Erst mit Vollblutbeuteln dann Maschine
- Alles Hotel V. + zu Hause bei P.
- M. oder D.
- Tour of the Alpes 1 Beutel wer rein ????
- Giro de Italia 1x Zizilien D.
dann Berge Ende vom Giro D.
(siehe Vernehmung 19.03.19)
- Polen Rundfahrt (D.)
570
Der Angeklagte D. Q. hat in seiner Einlassung vom 24.11.2020 die ihm hinsichtlich G. P. zur Last gelegten Beteiligungen an den Sachverhalten dem Grunde nach ebenfalls eingeräumt, jedoch hat er angegeben, er habe bei diesem Sportler keine einzige Behandlung selbst durchgeführt, sondern nur Transportleistungen erbracht. G. P. sei der einzige Athlet gewesen, den er über den Angeklagten M. Sch. persönlich kennen gelernt habe. Danach sei es im April 2018 zu einem Schlüsselerlebnis für ihn gekommen. Bei dem Treffen in einer Wohnung in G. sei auch die Freundin von G. P. anwesend gewesen. Als G. P. ihn gefragt habe, ob er das mit den Spritzen beherrschen würde und er ihm ehrlicherweise gesagt habe, er hätte das schon mal gemacht, könne aber für nichts garantieren, habe sich die Freundin den Blutbeutel genommen und ihn in Gegenwart des Angeklagten D. Q. dem G. P. verabreicht.
571
Auch der Angeklagte A. Sch. hat in seiner Einlassung vom 17.09.2020 seine Beteiligung an der Betreuung des G. P. in der Saison 2018 eingeräumt. Aufgrund der Abwesenheit seines Sohnes, des Angeklagten Dr. M. Sch., anlässlich der Kalifornien-Rundfahrt im Mai 2018 sei er damit beauftragt gewesen, die Kartons mit der Ausrüstung für das Blutdoping an die Ausführenden D. Q. und D. S. auszuhändigen. Die Kartons hätten unter anderem Blutabnahmesets sowie Desinfektionsmittel enthalten. Der Angeklagte A. Sch. räumte auch ein, dass er darüber informiert gewesen sei, dass der Angeklagte D. Q. noch während des Aufenthaltes des Angeklagten Dr. M. Sch. in den USA zur Italienrundfahrt (Giro d’Italia) reisen sollte. Es sei ihm zum damaligen Zeitpunkt schon klar gewesen, dass Blutdoping praktiziert werde, auch wenn er nicht gewusst habe, welcher Sportler jeweils konkret behandelt werden sollte.
572
Der anderweitig Verfolgte G. P. meldete sich von sich aus nach Bekanntwerden der Durchsuchungsaktionen im Rahmen der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 bei den österreichischen Strafverfolgungsbehörden. Nach telefonischer Kontaktaufnahme übersandte er an die Staatsanwaltschaft Graz eine „Selbstanzeige wegen Vergehen nach dem Antidopinggesetz (Blutdoping)“, datiert auf den 03.03.2019, welche in der Hauptverhandlung verlesen und in Augenschein genommen wurde. Datiert auf den 05.03.2019 fertigte G. P. außerdem ein handschriftliches Dokument „Mein Geständnis zu Doping“ an, welches auf mehreren Seiten bereits detaillierte Angaben auch zu verfahrensgegenständlichen Sachverhalten enthält. Auch dieses Dokument wurde verlesen und in Augenschein genommen. Der Zeuge schildert hier eindrucksvoll seine Anwerbung durch den anderweitig verfolgten N., der ihn durch die kostenlose Abgabe von Dopingmitteln in die Dopingszene einführe und dann an den Angeklagten Dr. M. Sch. weitervermittelte. Da der Zeuge G. P. trotz formeller Ladung nicht zur Hauptverhandlung erschienen ist, wurden außerdem der Amtsvermerk des Ermittlungsbeamten CI Sch. vom 08.03.2019 zu diesem Vorgang, sowie die Beschuldigtenvernehmungen des G. P. vom 15.03.2019 und vom 26.03.2019 verlesen. Der Zeuge G. P. zeigte sich darin weiterhin vollumfänglich geständig und erkannte auch die Angeklagten Dr. M. Sch., D. Q. und D. S. auf einer Lichtbildvorlage eindeutig wieder. Auch die österreichische Beschuldigtenvernehmung von N. D., der Lebensgefährtin von G. P., die ebenfalls nicht in der Hauptverhandlung vernommen werden konnte, wurde im allseitigen Einvernehmen durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt. Darin bestätigte diese nochmals die Angaben des G. P. hinsichtlich der übrigen Beteiligten, bestritt jedoch, in das Setzen der Nadeln eingegriffen zu haben; dies sei ausschließlich durch Dritte oder durch G. P. selbst erfolgt.
573
G. P. wurde mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 22.07.2020, Az: 33 Hv 33/19m wegen hier verfahrensgegenständlicher und anderer Sachverhalte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Absatz 1 a, Absatz 2, 148 2. Fall, 15 ÖStGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 720 Tagessätzen verurteilt.
574
Hinsichtlich der Angaben des Angeklagten Dr. M. Sch. zur Behandlung von G. P. anlässlich der österreichischen Meisterschaft im Straßenrennen am 01.07.2018 geht die Kammer mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon aus, dass die Rückführung an diesem Tag entweder durch G. P. selbst oder durch eine dritte Person erfolgte, und nur die anschließende Abnahme von Dr. M. Sch. durchgeführt wurde. Auch im Übrigen sieht die Kammer die Sachverhalte, wie sie sich aus den Angaben der Beteiligten ergeben und unter B.XIV festgestellt wurden, in Einklang mit den Ergebnissen aus der Auswertung der Kommunikation in den Gutachten der Sachverständigen M. stehen. Die Einlassung des Angeklagten D. Q., den Athleten P. nicht selbst gestochen zu haben, lässt sich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht widerlegen.
b) Entgelt
575
Ausweislich der Einlassung des Angeklagten Dr. M. Sch. habe dieser für die Behandlung des G. P. für die Jahre 2018 und 2019 12.000 Euro erhalten. Dies lässt sich in Übereinstimmung bringen mit den Angaben des Zeugen G. P. in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung, er habe insgesamt in Raten für 2018 10.000 Euro an den Angeklagten Dr. M. Sch. bezahlt. Die Kammer geht nach alledem von einer Erlangung von Geldbeträgen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. in Höhe von insgesamt 12.000 Euro aus.
III. Rechtswidrigkeit und Schuld
576
Das Vorliegen etwaiger Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe für die vorstehenden Taten konnte die Kammer jeweils für keinen der Angeklagten feststellen. Auch wenn von einzelnen Verteidigern und dem Angeklagten Dr. M. Sch. „mantraartig“ behauptet wurde, Doping sei im Leistungssport allgegenwärtig bzw. Doping würden doch alle machen, hat die Beweisaufnahme und hier insbesondere die Feststellungen im Zusammenhang mit den Sachverständigen Dr. T. und Prof. Dr. J. klar ergeben, dass dies definitiv nicht der Fall ist. Hinsichtlich des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung zu Lasten der Geschädigten K.-F. erstreckte sich die Beweisaufnahme auch auf die Frage einer wirksamen Einwilligung als Rechtfertigung für das Injizieren des in Kochsalz gelösten gefriergetrockneten Hämoglobinpulvers und ist oben unter C.II.9.b) dargelegt.
577
Die Beweisaufnahme hat bei keinem der Angeklagten Anzeichen zu Tage gefördert, wonach eine Beeinträchtigung der Einsichts- oder Schuldfähigkeit im Zusammenhang mit den §§ 20, 21 StGB gegeben sein könnte.
D. Rechtliche Würdigung
578
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat sich aufgrund der unter B.III bis B.XIV festgestellten Sachverhalte des unerlaubten Inverkehrbringens, Verschreibens oder Anwendens bei anderen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in zwei Fällen (bis zum 17.12.2015) und (ab dem 18.12.2015) des unerlaubten gewerbsmäßigen Anwendens von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in 24 Fällen und der gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 95 Absatz 1 Nr. 2a, Absatz 3 Nr. 2 lit. b), 6a Absatz 1, Absatz 2 AMG in der von 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung, §§ 2 Absatz 2 Nr. 2, 4 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG in Verbindung mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport, §§ 223 Absatz 1, 224 Absatz 1 Nr. 1, 53 StGB strafbar gemacht.
579
Der Angeklagte D. Q. hat sich aufgrund der unter B.IV.2, B.IV.3, B.V.2, B.VI.2, B.VIII.1, B.IX, B.XI.1, B.XII.1, B.XIII.1, B.XIII.2 und B.XIV festgestellten Sachverhalte der unerlaubten Beihilfe zum gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in elf Fällen gemäß §§ 2 Absatz 2 Nr. 2, 4 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG in Verbindung mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport, §§ 27, 53 StGB strafbar gemacht.
580
Die Angeklagte D. S. hat sich aufgrund der unter B.III.2, B.IV.4, B.V.2, B.V.3, B.VI.2, B.VI.3, B.VIII.1, B.VIII.2, B.IX, B.X.3, B.XI.1, B.XI.2, B.XII.1, B.XII.2 und B.XIII.2 festgestellten Sachverhalte der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in 15 Fällen gemäß §§ 2 Absatz 2 Nr. 2, 4 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG in Verbindung mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport, §§ 27, 53 StGB strafbar gemacht.
581
Der Angeklagte A. Sch. hat sich aufgrund der unter B.V.3, B.VI.3, B.VIII.2 und B.XI.2 (jeweils dieselbe Beihilfehandlung) sowie B.XII.2 und B.XIV festgestellten Sachverhalte der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in drei Fällen gemäß §§ 2 Absatz 2 Nr. 2, 4 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG in Verbindung mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport, §§ 27, 52, 53 StGB strafbar gemacht.
582
Der Angeklagte S. M. hat sich aufgrund der unter B.V.3, B.VI.3, B.VIII.2 und B.XII.2 festgestellten Sachverhalte der Beihilfe zum unerlaubten gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in vier Fällen gemäß §§ 2 Absatz 2 Nr. 2, 4 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG in Verbindung mit der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport, §§ 27, 53 StGB strafbar gemacht.
I. Gerichtliche Zuständigkeit
583
Das Landgericht München II ist für das Verfahren sachlich wie örtlich wie funktionell zuständig.
584
Das Landgericht München II ist örtlich gemäß §§ 7 Absatz 1, 13 Absatz 1 StPO zuständig. Eine (primäre) Zuständigkeit des Landgerichts München II ergibt sich daraus, dass ein wesentlicher Teil der von der Anklage umfassten im Inland durchgeführten Blutrückführungen und -entnahmen in dessen Zuständigkeitsbezirk (83737 Irschenberg) erfolgt ist. Die Zuständigkeit für alle weiteren angeklagten Sachverhalte ergibt sich daraus, dass es sich um damit zusammenhängende Strafsachen handelt. Ein Zusammenhang ist gemäß § 3 StPO vorhanden, wenn eine Person mehrerer Straftaten beschuldigt wird oder wenn bei einer Tat mehrere Personen als Täter, Teilnehmer oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beschuldigt werden. Dies ist in diesem Verfahren unzweifelhaft gegeben.
585
Sind wie vorliegend mehrere Gerichtsstände begründet, hat die Staatsanwaltschaft ein Wahlrecht, das nicht willkürlich ausgeübt werden darf (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage 2020, vor § 7 StPO Rn. 10). Die Wahl des Landgerichts München II als zuständiges Gericht beruht vorliegend auf überzeugenden sachlichen Erwägungen und ist als geeignet anzusehen, ein zügiges Fortschreiten des Strafverfahrens zu sichern. Die - gemäß §§ 143 Absatz 4, 147 Nr. 2 GVG in Verbindung mit Organisationsakten des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 25.02.2009, 26.07.2010 und 16.02.2017, Gz. 4201 - II - 2213/2009 als Schwerpunktstaatsanwaltschaft zuständige - Staatsanwaltschaft München I führt dazu in ihrer Anklageschrift vom 12.12.2019 aus, dass die umfangreichen Ermittlungen sämtlich durch die Schwerpunktstaatsanwaltschaft München I - allenfalls neben der Staatsanwaltschaft Innsbruck - geleitet worden seien. Die Übertragung von Anklageerhebung und Sitzungswahrnehmung auf eine andere - deutsche - Staatsanwaltschaft wäre daher schon wegen des Umfangs des Verfahrens nicht sachgerecht und zielführend. Hinzu käme, dass die polizeiliche Sachbearbeitung durch das Zollfahndungsamt München mit Dienstsitz in Lindau wahrgenommen wird und eine Vielzahl von möglichen Zeugen zur Hauptverhandlung aus Österreich anreisen muss. Die Erhebung der Anklage zum Landgericht München II sei daher einer Anklageerhebung etwa zum Landgericht Erfurt wegen der (Zwischen-)Lagerung der Blutbeutel oder des Wohnsitzes der Angeschuldigten, zum Landgericht Landshut wegen Blutdopings im Bereich des Flughafens München oder zum Landgericht Traunstein wegen der Auslieferung der Angeklagten D. S. und A. Sch. über den Grenzübergang Kiefersfelden vorzuziehen. Diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft München I begegnet keinerlei rechtlicher Bedenken von Seiten der Kammer.
II. Anzuwendendes Recht
586
Gemäß § 3 StGB gilt das deutsche Strafrecht für Taten, die im Inland begangen werden. Das deutsche Strafrecht gilt gemäß § 7 Absatz 2 Nr. 1 StGB außerdem für Taten, die im Ausland begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist und wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher war.
1. Staatsangehörigkeit
587
Die Angeklagten sind alle fünf deutsche Staatsangehörige gemäß § 1 StAG und damit auch Deutsche i.S.d. § 7 Absatz 2 StGB.
2. Österreich
a) Blutdopinghandlungen
588
Die verfahrensgegenständlichen in Österreich begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht. Ausweislich des Gutachtens von Privatdozent Dr. H.-G. K. vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg i. Br. vom 28.08.2020 sei Blutdoping durch Entnahme und Rückführung im autologen System durch § 22a des österreichischen Anti-Doping-Gesetzes aus dem Jahr 2007 erfasst. Gemäß § 22a Absatz 1 Nr. 2 sei mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 300 Tagessätzen zu bestrafen, wer „zu Zwecken des Dopings im Zusammenhang mit jeglicher sportlichen Aktivität verbotene Methoden zur künstlichen Erhöhung des Sauerstofftransfers (Blutdoping) bei Sportlern oder anderen anwendet“. Blutdoping in der hier praktizierten Form sei ausweislich des Gutachtens seit 2012 in der konkret anzuwendenden Verbotsliste aufgeführt.
589
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung des Sachverständigen an.
b) Körperverletzungshandlung (B.X.2)
590
Gerichtsbekannt kennt das österreichische Strafgesetzbuch (ÖStGB) den Tatbestand der Körperverletzung. Gemäß § 83 Absatz 1 ÖStGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Ebenso ist gemäß § 83 Absatz 2 ÖStGB zu bestrafen, wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Grundsätzlich erkennt das Gericht auf gewöhnliche Körperverletzung und bestraft in Abhängigkeit ihrer Folgen. Liegt die Schuld lediglich in einer Unterlassung, so gilt dennoch das volle Strafmaß.
591
Gemäß § 90 Absatz 1 ÖStGB in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung ist eine Körperverletzung nicht rechtswidrig, wenn der Verletzte in sie einwilligt und die Verletzung als solche nicht gegen die guten Sitten verstößt. Wie unten näher ausgeführt, ist auch nach österreichischen Recht keine Rechtfertigung gegeben.
592
Auch hinsichtlich der Strafbarkeit einer Körperverletzung aufgrund des unter B.X.2 abgehandelten Sachverhalts sind daher die Voraussetzungen des § 7 Absatz 2 Nr. 1 StGB gegeben.
3. Italien
593
Die verfahrensgegenständlichen in Italien begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht. Ausweislich des Gutachtens von Privatdozent Dr. H.-G. K. vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg i. Br. vom 28.08.2020 sei in Italien bereits am 24.12.2000 ein „Gesetz zum Schutz der Gesundheit von Sportlern und zur Bekämpfung des Dopings“ erlassen worden, welches am 02.01.2001 in Kraft getreten sei. Es enthalte in Artikel 1 neben einem generellen Dopingverbot und einem Verweis auf die Anti-Doping-Konvention des Europarates eine allgemeine Dopingdefinition. Als Doping gelte demnach „die Verabreichung oder Einnahme von Arzneimitteln oder biologisch oder pharmakologisch wirksamen Substanzen, sowie die Anwendung von oder das Unterziehen unter nicht durch pathologische Zustände gerechtfertigte medizinische Praktiken, die geeignet sind, die psychophysischen oder biologischen Bedingungen des Organismus mit dem Ziel zu verändern, die Wettkampfleistungen von Sportlern zu verfälschen“. Dem Doping im Sinne dieses Gesetzes sei gleichgestellt „das Verabreichen von Dopingmitteln oder biologisch oder pharmakologisch wirksamen Substanzen sowie die Anwendung von nicht durch pathologische Zustände gerechtfertigten medizinischen Praktiken, die darauf abzielen und jedenfalls geeignet sind, die Ergebnisse der Kontrollen über den Gebrauch der Arzneimittelsubstanzen und Praktiken zu verändern“. Verboten seien demnach sowohl das Doping selbst als auch die Manipulation von Dopingtests. Die einzelnen verbotenen Substanzen und Methoden würden in einer Ministerialverordnung in Klassen eingeteilt, welche regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werde. Gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Anti-Doping-Gesetzes, welches bis 06.04.2018 in Kraft gewesen sei, werde mit Gefängnisstrafe von 3 Monaten bis zu 3 Jahren und Geldstrafe von 2.582 Euro bis 51.645 Euro bestraft, wer die in den in Artikel 2 Absatz 1 vorgesehenen Klassen enthaltenen Arzneimitteln oder biologisch oder pharmakologisch wirksamen Substanzen anderen verschafft, verabreicht, einnimmt oder jedenfalls deren Verwendung fördert, wenn sie nicht durch pathologische Zustände gerechtfertigt und geeignet sind, die psychophysischen oder biologischen Bedingungen des Organismus zu verändern, um die Wettkampfleistung von Sportlern zu verfälschen, oder wenn sie dazu bestimmt sind, die Ergebnisse der Kontrollen über den Gebrauch solcher Arzneimitteln oder Substanzen zu verändern, sofern die Tat keine schwerere Straftat darstellt. 2018 sei dann der Grundsatz des Vorrangs des Strafgesetzbuchs eingeführt worden. In diesem Zusammenhang sei Artikel 9 des Anti-Doping-Gesetzes aufgehoben und unter der Überschrift „Gebrauch oder Verabreichung von Arzneimitteln oder anderen Substanzen, um die Wettkampfleistung von Athleten zu verfälschen“ ein praktisch wortgleicher Straftatbestand in das Strafgesetzbuch eingeführt worden. Es handle sich hierbei um Artikel 586-bis des italienischen Strafgesetzbuches, in Kraft getreten am 06.04.2018. Ausweislich des genannten Gutachtens werden die Methoden des Blutdopings und des Eigenblutdopings bereits seit der Einführung des Anti-Doping-Gesetzes als typisches Beispiel für verbotene medizinische Praktiken im Sinne des Artikel 1 Absatz 2 und 3, Artikel 9 Absatz 2 des italienischen Anti-Doping-Gesetzes und des heutigen Artikel 586-bis Absatz 2 des italienischen Strafgesetzbuches angesehen, da sie geeignet seien, die psycho-physischen oder biologischen Bedingungen des Organismus zu verändern. Bereits in der ersten Ministerialverordnung von 2002 sei unter den verbotenen medizinischen Praktiken an erster Stelle das „Blutdoping, das heißt Verabreichung von Blut, roten Blutkörperchen und/oder verwandten Produkten“ genannt worden. Seit 2005 nähmen die italienischen Verordnungen Bezug auf die von der NADA jährlich herausgegebene Liste der verbotenen Substanzen und Methoden. Die italienische Verordnung von 2005 bis 2013 nenne dementsprechend als verbotene Methode „Blutdoping, einschließlich der Verwendung von autologen, homologen oder heterologen Blut oder Produkten, die rote Blutkörperchen jeglicher Herkunft enthalten“. Seit dem Jahr 2014 - also hinsichtlich des hier relevanten Zeitraums - sei unter den verbotenen Methoden die „Verabreichung oder Wiedereinführung einer beliebigen Menge von autologen, allogenen (homologen) oder heterologen Blut oder Produkten, die rote Blutkörperchen beliebiger Herkunft enthalten, in das Kreislaufsystem“ genannt.
594
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung des Sachverständigen an.
4. Schweiz
595
Die verfahrensgegenständlichen in der Schweiz begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht. Ausweislich des Gutachtens von Privatdozent Dr. H.-G. K. vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg i. Br. vom 28.08.2020 sei die Strafbarkeit Dritter, die Sportlern unerlaubte leistungsfördernde Mittel zur Verfügung stellen oder verabreichen bzw. unerlaubte leistungsfördernde Methoden praktizieren, in der Schweiz in Artikel 22 des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport (Sportförderungsgesetz - SpoFöG) vom 17.06.2011 geregelt. Gemäß Artikel 22 Absatz 1 werde mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer zu Dopingzwecken Mittel nach Artikel 19 Absatz 3 herstellt, erwirbt, einführt, ausführt, durchführt, vermittelt, vertreibt, verschreibt, in Verkehr bringt, abgibt oder besitzt. Methoden nach Artikel 19 Absatz 3 SpoFöG seien durch den schweizerischen Bundesrat in der Verordnung über die Förderung von Sport und Bewegung (Sportförderungsverordnung - SpoFöV) vom 23.05.2012 festgelegt worden. Deren Artikel 74 Absatz 2 verweise diesbezüglich auf den Anhang. Dort würden in Abschnitt II verbotene Methoden aufgelistet. An erster Stelle sei dort die Erhöhung der Transportkapazität für Sauerstoff als sogenanntes „Blutdoping“ genannt, „einschließlich der Verwendung von autologen, homologen oder heterologen Blut oder Produkten auf der Basis von roten Blutzellen, unabhängig von deren Herkunft, sowie die künstliche Erhöhung der Sauerstoffaufnahme, des Sauerstofftransports oder der Sauerstoffabgabe, (…)“.
596
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung des Sachverständigen an.
5. Belgien
597
Die verfahrensgegenständliche in Belgien begangene Tat war zum Tatzeitpunkt auch am Tatort mit Strafe bedroht. Es handelt sich dabei um die Rückführung durch den Angeklagten Dr. M. Sch. zum Zweck der Leistungssteigerung bei der österreichischen Mountainbike Fahrerin Ch. K.-F. bei dem Mountainbike Etappenrennen in den belgischen Ardennen am 12./14.05.2017 (Ziffer I. 37 der Anklage). Ausweislich des Gutachtens von Prof. D. S., Professor an der Freien Universität Brüssel, und L. D., Rechtsanwältin und Doktorandin an der Freien Universität Brüssel, vom 15.09.2020 sei aufgrund des Tatortes und der innerstaatlich föderal geregelten Gesetzgebung das einschlägige Dekret der „französischen Gemeinschaft“ anzuwenden. Die belgischen Ardennen als Teil der Wallonie seien geographisch gesehen dem Territorium der „französischen Gemeinschaft“ zuzuordnen. Die „Gemeinschaften“ seien nach belgischem innerstaatlichem Recht zuständig, um kulturelle Angelegenheiten zu regeln, wozu auch der Sport gehöre. Ausweislich dieses Gutachtens ist auf den Zeitpunkt und Tatort das Dekret von 20.10.2011 über die Bekämpfung des Dopings anzuwenden. Dieses Dekret sei in Zusammenhang zu sehen mit den Ministererlassen, die jedes Jahr veröffentlicht werden, und die die Liste der verbotenen Substanzen und Methoden festlegten. Für die verfahrensgegenständliche Tat sei dies der Ministererlass vom 08.12.2016, der die Listen der verbotenen Substanzen und Methoden für das Jahr 2017 festlege. Dieser Ministererlass sei am 01.01.2017 in Kraft getreten. Gemäß Artikel 6 des Dekretes vom 08.03.2001 sei unter Doping grundsätzlich das Vorhandensein einer verbotenen Substanz, ihrer Metaboliten oder ihrer Marker in einer von einem Sportler gelieferten (Doping-)Probe zu verstehen. Ein Verstoß gegen eine Anti-Doping-Regel werde gemäß Artikel 1 festgestellt. Die Verwendung oder der Versuch der Verwendung einer verbotenen Substanz oder einer verbotenen Methode reiche aus für die Feststellung, dass ein Verstoß gegen die Anti-Doping-Regeln vorliegt. Das vorliegend einschlägige Dekret bestimme dort beschriebene Verstöße mit dem Strafrecht. Grundsätzlich vorliegend einschlägig seien Verstöße gegen die Gesetze über verbotene Produkte, die verbotenen Methoden und die kriminelle Vereinigung oder das organisierte Verbrechen. Dabei definiere das Gesetz - das Dekret von 2011 - eine verbotene Methode als „jede Methode, die als solche in der Verbotsliste beschrieben ist“. Artikel 1 § 3 Nr. 6 des Ministererlasses vom 08.12.2016, der die Liste der verbotenen Substanzen und Methoden für das Jahr 2017 festlege, besage, dass verboten sind „die folgenden Methoden: a) Manipulation von Blut und Blutbestandteilen: 1.) Verabreichung oder erneute Zuführung von jedweder Menge Eigenblut oder Spenderblut (homologes Blut) oder heterologes Blut oder roten Blutkörperchen jedweder Herkunft in das Kreislaufsystem“. Somit werde auch das Verhalten, wie es in der Anklageschrift darstellt sei, durch Artikel 6 Absatz 6 des Dekrets vom 20.10.2011, das auf verbotene Methoden verweise, inkriminiert. Gemäß Artikel 22 des Dekrets vom 20.10.2011 werde mit einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von 50 Euro oder nur einer dieser Strafen bestraft, wer die Bestimmungen in Artikel 6 § 6 Absatz 2 - § 10 verletze. Dies gelte unbeschadet der Anwendung von Disziplinarstrafen, die von den Sportorganisationen verhängt werden und anderen Strafen gemäß Strafgesetzbuch oder Sondervorschriften.
598
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung der Sachverständigen an.
6. Estland
599
Die verfahrensgegenständlichen in Estland begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht. Bei den Handlungen in Estland handelt es sich zum einen um solche in Zusammenhang mit Blutdopingmaßnahmen bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Korea vom 09.02.2018 bis 25.02.2018 sowie um die Handlungen in Zusammenhang mit den Langlaufwettbewerben am 19.01.2019 und am 20.01.2019 in Otepää in Estland (Ziffern I. 79 bis I. 84 und I. 180 bis I. 182 der Anklage). Ausweislich des Gutachtens von PhD A. S., Juniorprofessorin an der Universität Tartu in Estland, vom 26.08.2020 stellt § 195 des estnischen Strafgesetzbuches Doping grundsätzlich unter Strafe. Bei der Auslegung der in den Jahren 2018 und 2019 geltenden Fassung des § 195 des estnischen Strafgesetzbuches kommt das Gutachten auch unter Heranziehung von Bestimmungen des estnischen Arzneimittelgesetzes und des estnischen Blutgesetzes sowie unter Berücksichtigung der Begründung des Gesetzgebers zur Änderung der Strafbestimmungen im Jahr 2020 zu dem Ergebnis, dass auch Blut und Blutbestandteile, wie sie im Rahmen von Blutdopingmaßnahmen eingesetzt werden, unter den Arzneimittelbegriff im Sinne dieser Vorschrift fallen. Diese Ansicht entspräche dabei der herrschenden Meinung in der Literatur und stehe im Einklang mit der estnischen Rechtsprechung, welche in dem Verfahren gegen den Skilanglauftrainer M. A. in Zusammenhang mit auch hier verfahrensgegenständlichen Vorgängen im Urteil des Landgerichts Harju vom 14.11.2019, Az. 1-19-8262 (19700000014) ebenfalls davon ausgehe, dass die angewandte Methode des verbotenen Blutdopings als Arzneimittel in diesem Sinne anzusehen sei. Das Gutachten kommt weiter zu dem Ergebnis, dass die verfahrensgegenständlichen Rückführungen von Blut bei Sportlern strafbare Handlungen nach estnischem Recht darstellten, da sie jeweils als Übergabe eines Arzneimittels zur Verabreichung zu Dopingzwecken zu qualifizieren seien.
600
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung der Sachverständigen an.
7. Frankreich
601
Die verfahrensgegenständlichen in Frankreich begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht. Es handelte sich dabei um die in Zusammenhang mit der Tour de France 2018 begangenen Handlungen hinsichtlich des Radrennfahrers K. D. (Tatzeiten 17.07.2018 bis 27.07.2018, Ziffern I. 121 bis I. 125 der Anklage). Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. J. L.-H. von der Universität Strasbourg vom 18.09.2020 sei für das in der Anklage beschriebene Verhalten der Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. festzustellen, dass die Verabreichung von (einer beliebigen Menge) eigenem Blut oder von roten Blutkörperchen an einen Sportler ohne medizinischen Grund mit 5 Jahren Gefängnisstrafe und 75.000 Euro Geldstrafe bestraft werde gemäß Artikel L.232-10, 1˚, L.232-26 Absatz II, Satz 1 des Sportgesetzbuches (Code du sport) und Artikel 1 des darauf basierenden Erlasses vom 23.02.2018. Es handle sich nach französischem Recht um eine Straftat als Vergehen, was unter anderem auch bedeute, dass die Teilnahme, welche Beihilfe und Anstiftung einschließe, ebenfalls stets strafbar sei. Artikel L.232-10 des Code du sport bestimme, dass es jedermann untersagt ist, ohne triftig begründeten medizinischen Grund eine oder mehrere der in Artikel L.232-9 Code du sport genannten Substanzen oder Methoden an Sportler zu verschreiben, zu verabreichen, anzuwenden, zu übertragen oder anzubieten (Nr. 1), oder deren Verwendung zu erleichtern oder zu deren Verwendung anzuregen, eine oder mehrere Substanzen oder Methoden, die auf der im letzten Absatz des Artikels L.232-9 genannten Liste aufgeführt sind, herzustellen, zu fabrizieren, zu importieren, zu exportieren, zu transportieren, zu besitzen oder zu erwerben, um von einem Sportler ohne triftig begründeten medizinischen Grund verwendet zu werden (Nr. 2). Bei der hierbei Bezug genommenen Liste nach Artikel L.232-9 Code du sport handle es sich um die Liste aus dem Anhang des internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport. Die Bezugnahme entspricht somit der vieler anderer und auch des deutschen Gesetzgebers. Nach dem Erlass des Sportministers vom 23.02.2018 über die Liste der Substanzen und Methoden, deren Besitz durch den Sportler nach Artikel L.232/26 des Sportgesetzbuches verboten sei, seien verbotene Methoden unter anderem „die Handhabung von Blut oder Blutbestandteilen Nr. 1 die Verabreichung oder Wiedereinführung einer beliebigen Menge von autologem, allogenem (homologem) oder heterologem Blut oder roten Blutkörperchen beliebiger Herkunft in das Kreislaufsystem, (…)“.
602
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung der Sachverständigen an.
8. Spanien
603
Die verfahrensgegenständlichen in Spanien begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht. Es handelt sich hierbei um die den Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q. vorgeworfenen Handlungen am 25.07.2018 während der Tour de France und am 04.08.2018 hinsichtlich des Eintagesrennens in San Sebastián im spanischen Baskenland (Ziffern I. 124 und I. 126 der Anklage). Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. W. P. und Dr. T. M. P. von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. vom Oktober 2020 regelt das spanische Strafgesetzbuch in Kapitel III des Titels XII (Straftaten gegen die kollektive Sicherheit) des zweiten Buches die Straftaten gegen die öffentliche Gesundheit in Artikel 359 bis 378 des spanischen Strafgesetzbuches. Gemäß Artikel 362 quinquies, welcher diverse Formen des Dopings erfasse, werde nach dessen Absatz 1 unter anderem derjenige, der ohne therapeutische Rechtfertigung Verbandssportlern, die sich nicht im Wettkampf befinden, oder Sportlern, die nicht in einem Verband organisiert sind und den Verbandssport zum Vergnügen ausüben, oder Sportlern, die an von Sportverbänden organisierten Wettkämpfen in Spanien teilnehmen, verbotene Substanzen oder pharmakologische Gruppen, sowie nicht regelkonforme Methoden, die zur Steigerung der körperlichen Leistung oder zur Änderung von Wettkampfergebnissen dienen, verschreibt, für diese bereitstellt, aufgibt, liefert, verabreicht, anbietet oder zugänglich macht, die aufgrund ihres Inhalts, der wiederholten Aufnahme oder anderen zusammentreffenden Bedingungen das Leben oder die Gesundheit derselben gefährden, mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 2 Jahren, einer Geldstrafe zwischen 6 und 18 Monaten und einer Sondersperre für die Berufsausübung oder die Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes, Berufes oder Amtes über einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren bestraft. Vorliegend seien insbesondere die Tatbestandsmerkmale eines Wettbewerbs, der von einer Sportorganisation in Spanien organisiert wird, eine Anwendung oder Verabreichung einer nicht regelkonformen Methode zur Steigerung der körperlichen Leistung und der Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des betroffenen Sportlers erfüllt. Eine konkrete Gefährdung der Gesundheit des Sportlers werde von der spanischen Rechtsprechung bereits aufgrund der Risiken, die allgemein mit einer Ausführung von Blutdoping unter Verstoß gegen die strengen Vorschriften über Bluttransfusionen verbunden sind, unterstellt.
604
Die Kammer schließt sich aufgrund eigener Überzeugungsbildung der Einschätzung der Sachverständigen an.
9. Zwischenergebnis positive Auslandsstrafbarkeiten
605
Die verfahrensgegenständlichen Taten mit einem Tatort im Ausland sind damit bei den (möglichen) Tatorten in Österreich (Ziffern 1, 2, 5, 8, 9, 14, 18.1, 20.1, 26, 33, 38, 41, 49, 50, 50.1, 50.2, 50.3, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 61, 62, 63, 74, 75, 76, 77, 83, 85, 87, 95, 96, 97, 98, 100, 112,, 112.1, 113, 114, 116, 117, 120, 127, 146, 174, 188, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205 und 206 der Anklage), Italien (Ziffern 15, 66, 67, 68, 71, 71.1, 71.2, 71.3, 101, 107, 108, 109, 110, 138, 166, 167, 168, 185, 186, 189 der Anklage), der Schweiz (Ziffern 5, 18, 64, 65, 65.1, 65.2, 69, 69.1, 69.2, 69.3, 99, 99.1, 99.2, 114, 115, 162, 163, 164, 165 und 169 der Anklage), Belgien (Ziffer 37 der Anklage), Estland (Ziffern 84, 180, 181 und 182 der Anklage), Frankreich (Ziffern 121, 122, 123 und 125 der Anklage) und Spanien (Ziffern 124 und 126 der Anklage) auch am Tatort mit Strafe bedroht, so dass sie dem deutschen Strafrecht unterliegen.
10. weitere Tatorte
606
Unabhängig von einer etwaigen privatrechtlichen oder dem Recht der Ordnungswidrigkeiten entsprechenden Sanktionierungsmöglichkeit der verfahrens-gegenständlichen Sachverhalte als „Dopingverstöße“ konnte die Kammer für weitere in der Anklageschrift aufgeführte Handlungen keine Strafbarkeit am jeweiligen Tatort feststellen, soweit es sich um Handlungen in Finnland (Ziffern 29, 30, 31, 32, 32.1, 32.2, 57, 58.1, 58.2, 89, 90, 91, 153.1, 153.2 der Anklage), Slowenien (Ziffern 34, 59, 73, 73.1, 73.2, 73.3, 73.4, 187), der Slowakei (Ziffer 42), Schweden (Ziffern 93, 183, 184), Polen (Ziffern 128, 129, 129.1, 129.2), der Türkei (Ziffer 139) und Norwegen (Ziffern 154, 155, 156, 157, 158, 159, 160 und 161 der Anklage) handelt.
607
Eine fehlende Strafbarkeit von Blutdopinghandlungen in Russland hinsichtlich der Fälle 1 und 2 der Anklage (Olympische Winterspiele in Sotschi vom 07. bis 23.02.2014), in Kalifornien/USA hinsichtlich der Fälle 102, 103 und 104 der Anklage (Kalifornien-Rundfahrt vom 13. bis 19.05.2018) und in Südkorea hinsichtlich der Fälle 79, 80, 81, 82, 83 und 84 der Anklage (Olympische Winterspiele in Pyeongchang vom 09. bis 25.02.2018) steht einer Anwendbarkeit deutschen Rechts grundsätzlich nicht entgegen, soweit jeweils auf die Zuführung von Eigenblut vor dem Hinflug bzw. auf die Entnahme des Blutes nach der Rückkehr und/oder die Organisation der gesamten Taten und dies jeweils in einer Rechtsordnung, in der diese Handlungen als Straftaten verfolgt werden können, abgestellt wird. So liegt es hier.
III. Strafbarkeit nach dem AMG (Ziffern I. 1 - I. 9 der Anklage)
608
1. Gemäß § 6a Absatz 1 AMG in der von 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung ist es verboten, Arzneimittel nach Absatz 2 Satz 1 zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr zu bringen, zu verschreiben oder bei anderen anzuwenden, sofern ein Doping bei Menschen erfolgt. § 6a Absatz 2 Satz 1 AMG verweist hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Norm auf die jeweils geltende Fassung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping (Gesetz vom 2. März 1994 zu dem Übereinkommen vom 16. November 1989 gegen Doping, BGBl. 1994 II S. 334), in der Gruppe von verbotenen Wirkstoffen oder Stoffe aufgeführt sind, die, in Arzneimitteln enthalten, zur Verwendung bei den dort aufgeführten verbotenen Methoden bestimmt sind. Die Verbotsliste der Anlage I dieses Anti-Doping-Übereinkommens enthält unter Ordnungsnummer M1 der aufgeführten stets verbotenen Methoden unter dortiger Ziffer 1 die „Verabreichung oder Wiederzufuhr jeglicher Menge von autologem, allogenem (homologem) oder heterologem Blut oder Produkten aus roten Blutkörperchen jeglicher Herkunft in das Kreislaufsystem“. Diese Formulierung ist Bestandteil der Liste seit der ab 01.01.2013 geltenden Fassung der Liste.
609
Gemäß § 95 Absatz 1 Nr. 2a AMG in der ab 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer entgegen § 6a Absatz 1 AMG Arzneimittel zu Dopingzwecken im Sport in den Verkehr bringt, verschreibt oder bei anderen anwendet.
610
2. Die Kammer ist im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung trotz einzelner immer wieder geäußerter Bedenken im Schrifttum davon überzeugt, dass sowohl die Vorschriften des AMG als auch deren Nachfolgevorschriften im AntiDopG - wie auch das AntiDopG grundsätzlich als Ganzes - im Einklang mit den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben stehen (vgl. etwa zuletzt BGH, Urteil vom 27.11.2019 - 3 StR 233/19, BGH, Beschluss vom 14.02.2019 - 4 StR 37/18 und BGH, Beschluss vom 07.08.2018 - 3 StR 345/17); insbesondere begegnet die Bezugnahme auf die Wirkstoff- und Methodenliste des Übereinkommens gegen Doping in der konkreten Ausgestaltung keinen durchgreifenden rechtsstaatlichen Bedenken.
611
3. In zeitlicher Hinsicht können diese Bestimmungen gemäß § 2 Absatz 1 StGB hinsichtlich der Ziffern I. 1. - 9. der Anklage zur Anwendung kommen, also hinsichtlich der Bewertungseinheit bezüglich des Skilangläufers J. D. in der Saison 2013/2014 mit den Olympischen Winterspielen in Sotschi (Ziffern 1 und 2 der Anklageschrift) und hinsichtlich der Bewertungseinheit bezüglich des Straßenradfahrers St. D. in der Saison 2015 (Ziffern 3, 4, 5, 8 und 9 der Anklageschrift). Mit Inkrafttreten des Gesetzes gegen Doping im Sport (AntiDopG) am 18.12.2015 wurden zugleich die genannten Regelungen im AMG aufgehoben und inhaltlich durch das neue Gesetz neu geregelt. Gemäß § 2 Absatz 3 i.V.m. Absatz 1 StGB sind dennoch für die genannten Fälle mit Tatzeiten vor dem 18.12.2015 die Vorschriften des AMG und nicht des nachfolgend in Kraft getretenen AntiDopG heranzuziehen, da sich das AntiDopG im konkreten Fall jedenfalls nicht als das mildere Gesetz darstellt und es somit bei dem Grundsatz des Absatz 1 bleibt: Der Strafrahmen des § 95 Absatz 1 Nr. 2a AMG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ist der gleiche wie der des Grundtatbestands des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG; auch das AMG in der zu den genannten Tatzeiten geltenden Fassung kannte mit § 95 Absatz 3 Nr. 2 lit. b) AMG eine der Regelung des § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG entsprechende Qualifikation, wenngleich diese im AMG noch als Regelbeispiel, aber dennoch mit dem gleichen Strafrahmen von Freiheits straße von einem Jahr bis zu zehn Jahren ausgestaltet war.
612
4. Sowohl das zur Rückführung verwendete Vollblut als auch das Erythrozytenkonzentrat fallen unter den Arzneimittelbegriff des § 2 AMG. Es handelt sich dabei jeweils um Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die im menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, § 2 Absatz 1 Nr. 2 lit. a) AMG. Die rückgeführten Inhalte der Blutbeutel fallen auch jeweils nicht unter einen der Ausschlusstatbestände des § 2 Absatz 3 AMG, insbesondere handelt es sich weder um Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetzes (Nr. 7) noch um Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes (Nr. 8).
613
5. Die Entnahme und anschließende Rückführung des Eigenblutes des Sportlers bzw. des Erythrozytenkonzentrats daraus ist jeweils eine aufgeführte verbotene Methode aus der Anlage I des Anti-Doping-Übereinkommens, da dabei Blut oder Produkte aus roten Blutkörperchen in das Kreislaufsystem verabreicht und auch wiederzugeführt werden.
614
Die Anwendung dieser Behandlungen erfolgte dabei jeweils bei anderen als den Angeklagten als ausführende bzw. ausführen lassende Personen.
615
Die Behandlungen wurden zu Dopingzwecken im Sport vorgenommen, da damit jeweils eine Leistungssteigerung eines Sportlers in einem Wettkampf bezweckt wurde, wobei der hierzu erforderliche Wettkampfbezug - möglicherweise anders als für den österreichischen Straftatbestand des schweren Betrugs oder „Sportbetrugs“ nach § 147 Absatz 1a des ÖStGB - sehr weit gefasst werden kann. So fallen hier zwanglos auch Maßnahmen, die zunächst primär der Unterstützung der Leistung im Training dienen unter den Tatbestand, sofern das Training auch der Vorbereitung einer Teilnahme an einem Wettkampf dient. Weiter ist es nicht zwingend erforderlich, dass es sich um eine Teilnahme an einem Wettkampf als Profisportler handelt, da auch Amateure einen Sport ausüben und an Sportwettkämpfen teilnehmen können; das mögliche Bestreiten des Lebensunterhaltes durch die Ausübung des Sports oder die Existenz oder Höhe von etwaigen Preisgeldern ist für die Tatbestandsmäßigkeit zunächst einmal irrelevant.
616
Es handelt sich dabei auch um Doping bei Menschen.
617
6. Neben der Verwirklichung des Grundtatbestands des § 95 Absatz 1 Nr. 2a AMG hat der Angeklagte Dr. M. Sch. hinsichtlich des Sportlers J. D. in der Saison 2013/14 und hinsichtlich des Sportlers St. D. in der Saison 2015 jeweils auch das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit der Qualifikation des § 95 Absatz 3 Nr. 2 lit. b) AMG - jeweils in Verbindung mit § 6a Absatz 1, Absatz 2 AMG und jeweils in der von 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung - verwirklicht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (st. Rspr.; vgl. bspw. BGH, Beschluss vom 19.12.2007 - 5 StR 543/07). Für die Betreuung von J. D. in der Saison 2013/14 erlangte der Angeklagte Dr. M. Sch. eine Vergütung in Höhe von 5.000 Euro; außerdem hatte sich J. D. wesentlich an der Finanzierung und Besorgung des neuen Tiefkühlschranks beteiligt. St. D. zahlte an den Angeklagten Dr. M. Sch. für die Saison 2015 ebenfalls einen Betrag in der Größenordnung von 5.000 Euro. Mit jährlichen Einnahmen pro Sportler in einem mittleren vierstelligen Bereich und einer jeweils auch auf längere Zeit angelegten „Geschäftsbeziehung“ ist daher jeweils von einem gewerbsmäßigen Handeln auszugehen. Die Gewerbsmäßigkeit ergäbe sich darüber hinaus hier auch unabhängig von der Höhe der einzelnen, der konkreten Saison zuordenbaren Zahlungen, aus der Gesamtschau der Blutdopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. und der zusammenhängenden Saisonbetreuungen und der dafür geleisteten Zahlungen insgesamt. Bei dem gesamten Unterfangen der Blutdopingaktivitäten war stets und von Anfang an auch in finanzieller Hinsicht auf eine solide Basis geachtet worden. Das System - oder der Businessplan - war darauf angelegt, damit auch Gewinn zu erwirtschaften. Entsprechend hoch waren die jährlichen Umsätze, in denen Deckungsbeiträge enthalten waren oder sein sollten.
618
7. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes konnte jeweils nicht festgestellt werden. Insbesondere liefert die Behauptung des Angeklagten Dr. M. Sch., dass „Doping im Leistungssport doch alle machen“ würden, keine Basis für eine Rechtfertigung oder Entschuldigung. Durch die klare tatsachenbasierte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. T. konnte anhand von validen Zahlen einwandfrei herausgearbeitet werden, dass auch unter der Annahme eines Dunkelfeldes lediglich ein kleiner Teil der Athleten im Spitzensport sich illegaler Mittel zur Leistungssteigerung bedient. Die Behauptung der Verteidigung liefert eine klassische Selbstrechtfertigung, die vom Gesetzgeber nicht geteilt wird. Denn selbst wenn es anders wäre, wenn das Doping gewissermaßen ubiquitär wäre, hat der Gesetzgeber mit dem früheren AMG und nun dem Antidopinggesetz ein klares Signal für die Strafverfolgung und die Rechtsprechung ausgesandt, Doping im Sport zu sanktionieren.
619
Der Angeklagte Dr. M. Sch. war zu den Tatzeitpunkten jeweils voll schuldfähig. Eine erhebliche Verminderung oder eine Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit ist nicht ersichtlich.
IV. Strafbarkeit nach dem AntiDopG (Ziffern I. 10 - I. 208 der Anklage)
1. Grundtatbestand § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG i.V.m. § 2 Absatz 2 Nr. 2 AntiDopG
620
a) Das Gesetz gegen Doping im Sport (AntiDopG) vom 10.12.2015 ist gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport ebenfalls vom 10.12.2015 am 18.12.2015 in Kraft getreten. Es entfaltet ab diesem Tag Wirkung und ist gemäß § 2 Absatz 1 StGB auf Taten, die ab diesem Tag begangen wurden, anzuwenden. Gemäß § 2 Absatz 2 Nr. 2 AntiDopG ist es verboten, eine Dopingmethode, die in der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport aufgeführt ist, zum Zweck des Dopings im Sport bei einer anderen Person anzuwenden. Unter Dopingmethoden sind allgemein auf den menschlichen Körper nicht notwendigerweise stofflich wirkende Verhaltensweisen zu verstehen, die zur Leistungssteigerung unmittelbar oder mittelbar führen können oder sollen (Erbs/Kohlhaas/Wußler, 232. EL August 2020, AntiDopG § 2 Rn. 16). Die Verbotsliste der Anlage I des Internationalen Übereinkommens gegen Doping im Sport enthält unter Ordnungsnummer M1 der aufgeführten stets verbotenen Methoden unter Ziffer 1 die „Verabreichung oder Wiederzufuhr jeglicher Menge von autologem, allogenem (homologem) oder heterologem Blut oder Produkten aus roten Blutkörperchen jeglicher Herkunft in das Kreislaufsystem“. Gemäß § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer entgegen § 2 Absatz 2 AntiDopG ein Dopingmittel oder eine Dopingmethode bei einer anderen Person anwendet.
621
b) Verboten ist gemäß § 2 Absatz 2 Nr. 2 AntiDopG die Anwendung einer Dopingmethode bei einer anderen Person zu Dopingzwecken im Sport. Unter Sport ist dabei jegliche sportliche Betätigung erfasst, also sowohl der Leistungs-, Wettkampf-, Freizeit- als auch der Breitensport. Gleichgültig ist auch, ob die Leistungssteigerung auf sportliche Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit gerichtet ist (BT-Drs. 13/9996, 13 zu § 6a AMG a. F.; Erbs/Kohlhaas/Wußler, 232. EL August 2020, AntiDopG § 2 Rn. 6, 7).
2. Qualifikationstatbestände nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG
622
Gemäß § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 oder Nummer 2 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. Es handelt sich dabei um zwei alternative Tatbestandvarianten, welche zur Verwirklichung des Qualifikationstatbestands nicht kumulativ erfüllt sein müssen.
a) Gewerbsmäßigkeit
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Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (st. Rspr.; vgl. bspw. BGH, Beschluss vom 19.12.2007 - 5 StR 543/07).
(i) Dr. M. Sch.
624
Für die Betreuung der Sportler erlangte der Angeklagte Dr. M. Sch. von diesen Vergütungen in Höhe von zusammen mindestens 148.000 Euro, nämlich von St. D. für die Saison 2016 5.000 Euro, für die Saison 2017 jedenfalls 12.000 Euro und für die Saison 2018 5.000 Euro, von D. B. für die Saison 2016/17 6.000 Euro, für die Saison 2017/18 10.000 Euro und für die Saison 2018/19 7.500 Euro, von M. H. für Saison 2016/17 zumindest 5.000 Euro, für die Saison 2017/18 10.000 Euro und für die Saison 2018/19 7.500 Euro, von E. M. für die Saison 2016 und für Saison 2018 jeweils 1.000 Euro, von K. T. für die Saison 2017/18 8.000 Euro und für die Saison 2018/19 5.000 Euro, von A. K. für die Saison 2017/18 8.000 Euro, von Ch. K.-F. insgesamt jedenfalls 12.000 Euro, von A. V. für die Saison 2017/18 8.000 Euro und für die Saison 2018/19 5.000 Euro, von A. P. für die Saison 2017/18 und für die Saison 2018/19 jeweils 5.000 Euro, von K. D. für die Saison 2018 10.000 Euro und von G. P. für die Saison 2018 12.000 Euro. Daneben erhielt er von einzelnen Sportlern Sachleistungen, wie den von J. D. organisierten zweiten Tiefkühlschrank und hochwertige Sportausrüstung. Mit jährlichen Einnahmen pro Sportler durchschnittlich in einem mittleren vierstelligen Bereich und einer jeweils auch auf längere Dauer angelegten Geschäftsbeziehung ist jeweils von einem gewerbsmäßigen Handeln auszugehen. Dem steht nicht entgegen, dass für einzelne Saisonen oder Sportler keine oder geringere als die als durchschnittlich angenommenen Zahlungen festgestellt wurden. Selbst im Falle eines E. M., welcher nur für eine einzelne Rückführung anlässlich der Teilnahme an einem einzigen Ironman-Wettbewerb pro Saison 1.000 Euro an den Angeklagten Dr. Sch bezahlte, bewegt sich der umgesetzte Betrag auch unter Berücksichtigung der allgemeinen finanziellen und Vermögensverhältnisse des Angeklagten Dr. M. Sch. nicht am unteren Grenzbereich des für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit erforderlichen Umfangs der Einnahmequelle. Hinsichtlich der Ch. K.-F. ist es in diesem Zusammenhang auch unschädlich, wenn einzelne, von dieser geleisteten Teilbeträge im Nachhinein nicht mehr eindeutig einer bestimmten Saison zugeordnet werden können. Entscheidend ist insofern die Leistung von Zahlungen im Rahmen einer „fortlaufenden Geschäftsbeziehung“. Der gleiche Gedanke trägt ihm Falle des K. D.: die Tatsache, dass für die Betreuung in der Saison 2017 keine Zahlungen festgestellt wurden, steht der Annahme der Gewerbsmäßigkeit hier nicht entgegen, da im Rahmen der fortlaufenden Betreuung für das Jahr 2018, also die folgende Saison, Zahlungen in Höhe von insgesamt 10.000 Euro festgestellt wurden. Gleiches gilt für die Betreuung des J. D. in der Saison 2018/19: Auch hier konnten für diese eine Saison zwar Blutdopinghandlungen aber keine Zahlungen festgestellt werden; es gab jedoch Zahlungen für die Behandlung im Rahmen von Blutdoping in vorausgegangenen Saisonen und es bestand noch eine offene Verrechnungsmöglichkeit auf Grund der Organisation von Finanzierung und Lieferung des zweiten Tiefkühlschranks durch J. D.. Dieser hatte somit „noch etwas gut“ bei dem Angeklagten Dr. M. Sch., so dass eine anteilige Befreiung von bestehender Verbindlichkeit hier einer Einnahme im Sinne eines geldwerten Vorteils gleichgestellt werden kann. Die Gewerbsmäßigkeit ist somit hinsichtlich des Angeklagten Dr. M. Sch. durchgehend zu bejahen.
625
Die Gewerbsmäßigkeit ergäbe sich darüber hinaus hier auch unabhängig von der Höhe der einzelnen, der konkreten Saison zuordenbaren Zahlungen, aus der Gesamtschau der Blutdopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. und der zusammenhängenden Saisonbetreuungen und der dafür geleisteten Zahlungen insgesamt. Bei dem gesamten Unterfangen der Blutdopingaktivitäten war stets und von Anfang an auch in finanzieller Hinsicht auf eine solide Basis geachtet worden. Das System - oder der Businessplan - war darauf angelegt, damit auch Gewinn zu erwirtschaften. Entsprechend hoch waren die jährlichen Umsätze, in denen Deckungsbeiträge enthalten waren oder sein sollten.
626
Der Annahme von Gewerbsmäßigkeit steht nicht die vom Angeklagten Dr. M. Sch. im Prozess behauptete „Liebe zum Sport“ als Leitmotiv für sein Handeln entgegen. Ob diese „Liebe“ tatsächlich Handlungsmotiv war, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durchaus angezweifelt werden, weil der Angeklagte Dr. M. Sch. im Zusammenhang mit der gefährlichen Körperverletzung zu Lasten der Geschädigten K.-F. bereit war, den „Tod des Leistungssports“ in Kauf zu nehmen. Im Ergebnis hat sich der Angeklagte stets kostenbewusst verhalten, auch im Kleinen Sparsamkeit bei seinen Helfern angemahnt und stets darauf geachtet, dass für ihn „etwas hängen bleibt“. Dass sein Verdienst als niedergelassener Allgemeinmediziner in der Praxis der Mutter in E. höher gewesen sein mag, als die „Nebeneinkünfte“ aus den Dopingaktivitäten, steht der Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen, da nicht erforderlich ist, dass das inkriminierte Verhalten die Haupteinnahmequelle bildet.
(ii) D. Q.
627
Der Angeklagte Dirk Q. erhielt von dem Angeklagten Dr. M. Sch. für jeden Einsatz, bei dem er tätig wurde, eine Tagespauschale in Höhe von 200 Euro. Eigene Aufwendungen des Angeklagten D. Q. (z.B. für Pkw-Maut oder fürs Tanken) wurden daneben gesondert ersetzt. Nach den Angaben des Angeklagten D. Q. entspricht diese Pauschale der Höhe nach dem, was er auch sonst üblicherweise im Rahmen seiner Gewerbstätigkeit an Tagessatzhöhe in Ansatz bringt. Der Angeklagte D. Q. betrachtete die Tätigkeit für den Angeklagten Dr. M. Sch. im Rahmen von dessen Blutdopingaktivitäten als alternative Einkommensquelle zu seinem selbständigen Gewerbe. Als solche ist sie der regulären Erwerbstätigkeit des Angeklagten D. Q. - auch der Höhe pro Arbeitstag nach - gleichzustellen. Der Angeklagte D. Q. handelte somit in allen Fällen auch gewerbsmäßig.
(iii) D. S.
628
Die Angeklagte D. S. erhielt von dem Angeklagten Dr. M. Sch. für ihre Einsätze für jeden Tag, an dem sie konkret für den Angeklagten Dr. M. Sch. im Zusammenhang mit seinen Blutdopingaktivitäten eine Tätigkeit entfaltete, eine Tagespauschale in Höhe von 200 Euro. Dieser Zusatzverdienst war für die Angeklagte D. S. angesichts ihrer übrigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine maßgebliche Einkommensquelle. Auch sie handelte gewerbsmäßig. Dem steht nicht entgegen, dass sie, anders als der Angeklagte D. Q., reine Reisetage nicht vergütet bekam.
(iv) A.nSch.
629
Bei dem Angeklagten A. Sch. handelt es sich um den Vater des Angeklagten Dr. M. Sch.. Es haben sich keine Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass auch er, so wie die anderen Angeklagten, für seine Tätigkeiten von dem Angeklagten Dr. M. Sch. finanziell entlohnt wurde. Vielmehr ist entsprechend seiner eigenen Angaben davon auszugehen, dass er insbesondere aufgrund seiner emotionalen und familiären Verbundenheit mit seinem Sohn gehandelt hat. Der Angeklagte A. Sch. kam durch seine Unterstützungstätigkeit beim Blutdoping in den Genuss mehrerer Reisen zu großen Sportveranstaltungen und konnte dort teilweise auch unentgeltlich übernachten. Dies allein reicht nach Ansicht der Kammer jedoch nicht aus, um von einem gewerbsmäßigen Handeln zu sprechen, insbesondere da offensichtlich andere Interessen die weitaus stärkeren Motivationsgeber waren. Bei dem Angeklagten A. Sch. liegt das Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit nicht vor.
(v) S. M.
630
Wie hinsichtlich der Angeklagten D. S., so verhält es sich auch hinsichtlich des Angeklagten S. M.. Auch dieser erhielt eine Tagessatzpauschale in Höhe von 200 Euro von dem Angeklagten Dr. M. Sch.. Auch bei ihm handelt es sich angesichts seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse hierbei um Einnahmen von nicht nur unerheblichem Umfang. Der Angeklagte S. M. war auch im Januar und Februar 2019 bereits mehrfach, auch mit Übernachtungen im Ausland, im Rahmen der Blutdopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. tätig, weitere Einsätze waren bereits geplant. Auch in zeitlicher Hinsicht ist daher von der Absicht der Erschließung einer nachhaltigen Einnahmequelle auszugehen. Auch der Angeklagte S. M. handelte gewerbsmäßig.
b) Begehung als Bande
631
Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Eine Bande können auch ein Haupttäter und zwei Gehilfen bilden (BGH NStZ 2008, 570 (571)). Ein „gefestigter Bandenwille“ oder ein „Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse“ ist nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 22.03.2001 - GSSt 1/00). Es ist außerdem nicht erforderlich, dass wenigstens zwei Bandenmitglieder örtlich und zeitlich die Tathandlung(en) zusammen begehen. Es reicht aus, wenn ein Bandenmitglied als Täter und ein anderes Bandenmitglied bei der Ausführung einer Tathandlung in irgendeiner Weise zusammenwirken. Die tatbestandliche Handlung selbst kann auch durch eine bandenfremde Person ausgeführt werden (so auch, zum Tatbestand des § 244 Absatz 1 Nr. 2 StGB, BGH, Beschluss vom 22.03.2001 - GSSt 1/00).
632
Für eine erforderlich Bandenabrede sprechen indiziell die Anzahl der Täter, die Vielzahl der verübten Taten und ein beträchtlicher Tatzeitraum (so auch vergleichbar BGHSt 50, 160 (163) = NStZ 2006, 174 (175); BGH NStZ 2006, 574). Eine Willensbildung erfolgte hier jedoch nicht „in der Tätergruppierung“, sondern allein bei dem Angeklagten Dr. M. Sch.. Allein eine eingespielte Vorgehensweise oder ein planvolles Vorgehen sind keine Indizien, die den Schluss auf eine bandenmäßige Tatbegehung zulassen. Die strafschärfende abstrakte Gefährlichkeit einer Bandenabrede folgt aus der engen Bindung, die die Mitglieder für die Zukunft und für eine gewisse Dauer eingehen, und die einen ständigen Anreiz zur Fortsetzung der kriminellen Tätigkeit bildet. Für eine Verbindung als Bande zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch., A. Sch. und D. Q. und/oder der Angeklagten D. S. verbleiben nur wenig tatsächliche Hinweise. Der Angeklagte D. Q. und die Angeklagte D. S. haben beim Abholen von Paketen und Fahrzeugen den Angeklagten A. Sch. als „Vertreter“ oder „Statthalter“ des Angeklagten Dr. M. Sch. wahr- und in Kauf genommen; ein darüber hinausgehendes jeweiliges gegenseitiges gemeinsames Interesse ist für die Kammer nicht erkennbar. Hinsichtlich einer bandenmäßigen Verbindung unter Beteiligung der Angeklagten D. S. und des Angeklagten D. Q. zu gemeinsamer Tatausführung steht darüber hinaus fest, dass die beiden Angeklagten sich zwar persönlich kannten, jedoch jeweils nicht wussten, dass der jeweils andere auch für den Angeklagten Dr. M. Sch. im Rahmen von Dopingaktivitäten tätig war. Vorliegend hat die Beweisaufnahme keine Hinweise für Absprachen eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens zwischen der Angeklagten D. S. und dem Angeklagten A. Sch. einerseits und dem Angeklagten D. Q. und dem Angeklagten A. Sch. andererseits ergeben; zwischen dem Angeklagten D. Q. und der Angeklagten D. S. gab es so etwas mangels Kenntnis ohnehin nicht. Hinsichtlich der für eine Bandenabrede relevanten Frage, welche der Beteiligten von den Aktionen jeweils profitierten, bleibt festzuhalten, dass Hauptprofiteur der Angeklagte Dr. M. Sch. war.
633
Im Ergebnis ist bei Berücksichtigung und Bewertung aller und insbesondere der hier genannten Umstände eine bandenmäßige Begehungsweise hinsichtlich sämtlicher verfahrensgegenständlicher Taten nicht nachweisbar.
V. Täterschaft und Teilnahme
634
Als Täter wird bestraft, wer die Tat selbst oder durch einen anderen begeht, § 25 Absatz 1 StGB. Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat, § 27 Absatz 1 StGB. Die Rechtsprechung nimmt die Abgrenzung der Beteiligungsformen anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung des jeweiligen Einzelfalles vor. Sie bezieht dabei sowohl objektive als auch subjektive Kriterien in die Gesamtschau mit ein. Zu den in die Abgrenzung einfließenden objektiven Kriterien gehören insbesondere die Tatherrschaft und der Umfang der Beteiligung an der Tatbestandsverwirklichung. In subjektiver Hinsicht sind das Tatinteresse und der Wille zur Tatherrschaft bzw. der Täterwille von besonderer Bedeutung.
635
1. Der Angeklagte Dr. M. Sch. ist hinsichtlich aller ihm hier vorgeworfenen Taten als Täter im Sinne des § 25 StGB anzusehen. Er hatte umfassende Tatherrschaft inne, er verfügte über das medizinische und organisatorische Wissen, über die erforderlichen Kontakte und über die notwendigen Gerätschaften und Ressourcen, um die Dopingaktivitäten, so wie sie stattfanden, auch durchführen zu können. Der Angeklagte führte die Blutabnahmen und -rückführungen nicht nur zum Teil selbst bei den Sportlern aus, sondern übernahm in allen Fällen die vorherige Organisation der Dopingvorhaben, teilweise von der Mitplanung der abgestimmten Trainingspläne der Sportler über die Bestimmung der Örtlichkeiten für die Blutabnahmen und -rückführungen bis zur Anmietung von Hotelzimmern hierfür und zeitlichen Abstimmung der Treffen der Sportler mit ihm oder einem der anderen Angeklagten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. wollte die Taten auch als eigene.
636
2. Eine solche Tatherrschaft vermag das Gericht bei dem Angeklagten D. Q. nicht zu erkennen. Auch wenn eine solche grundsätzlich auch unterhalb der zentralen Tatherrschaft des Mitangeklagten Dr. M. Sch. möglich ist und auch wenn eine solche grundsätzlich auch neben der zentralen Tatherrschaft des Mitangeklagten denkbar ist, so kann dem Angeklagten D. Q. eine solche Position nach dem Ergebnis der durchgeführten Hauptverhandlung nicht zugeschrieben werden. Vielmehr ist zur Überzeugung der Kammer hier davon auszugehen, dass auch der Angeklagte Q. nicht als Mittäter des Angeklagten Dr. M. Sch. agierte und seine Rolle auch selbst nicht so sah. Vielmehr sprechen die fehlende Einbindung in strategische Entscheidungen, der einseitige Informationsfluss auch zwischen den Angeklagten Dr. M. Sch. und D. Q., das nachweislich nur im Einzelfall tatsächliche Tätigwerden des Angeklagten D. Q. und das fehlende Wissen in medizinischer wie organisatorischer Hinsicht bei dem Angeklagten Q. für seine Gehilfenrolle, auch wenn dabei nicht verkannt werden darf, dass der Angeklagte D. Q. bei einzelnen Reisen und Unternehmungen sehr wohl viele einzelne Entscheidungen in eigener Zuständigkeit und Verantwortung traf und auch treffen sollte, dabei jedoch immer auch die Möglichkeit hatte und regelmäßig auch nutzte, mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. fernmündlich Rücksprache zu halten, und zwar nicht nur zur reinen Information, sondern insbesondere auch zur Abholung weiterer Anweisungen von Dr. M. Sch.. Der Angeklagte D. Q. wollte jeweils in Kenntnis aller relevanter Umstände seinen Beitrag zu den Taten des Angeklagten Dr. M. Sch. leisten, hatte dabei jedoch nicht vor, die Taten auch als eigene zu begehen.
637
3. Die Rollen der Angeklagten D. S., A. Sch. und S. M. sind als die von „klassischen“ Gehilfen anzusehen, womit sie sich - soweit tätig geworden - jeweils der Beihilfe zu den entsprechenden Haupttaten des Angeklagten Dr. M. Sch. strafbar gemacht haben. Alle drei hatten weder selbst Tatherrschaft inne, noch leisteten sie wesentliche, unersetzbare Tatbeiträge. Sie handelten jeweils im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch., und dieser wie sie selbst gingen auch subjektiv davon aus, dass sie Beträge zu einer Tat des Angeklagten Dr. M. Sch. leisteten, jedoch nicht als eigene Tat eine eigene Dopinghandlung bei einem der Sportler vornehmen wollten.
VI. Rechtswidrigkeit und Schuld
638
Das Vorliegen der Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes konnte auch im Rahmen der Prüfung der Strafbarkeit der Angeklagten nach dem Antidopinggesetz jeweils nicht festgestellt werden. Alle Angeklagte waren zu den Tatzeitpunkten jeweils voll schuldfähig. Eine erhebliche Verminderung oder eine Aufhebung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit ist bei keinem der Angeklagten ersichtlich.
VII. Abgrenzung einzelner Taten und Bildung von Bewertungseinheiten (Taten im Rechtssinn)
1. Abgrenzung für den Täter
639
a) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt, § 52 Absatz 1 StGB. In allen anderen Fällen ist Tatmehrheit i.S.d. § 53 StGB anzunehmen. Vorliegend sind eine Vielzahl einzelner Teilhandlungen und Sachverhalte Gegenstand des Verfahrens, die immer wieder miteinander in Verbindung stehen. Als Vorfrage für die anschließende Strafzumessung ist daher zunächst festzustellen, für welche Sachverhalte und Handlungen jeweils überhaupt Einzelstrafen gebildet werden können bzw. müssen.
640
b) Die den Dopingsachverhalten zu Grunde liegenden Gesamtumstände im Wettkampfsport allgemein und im Spitzensport im Speziellen orientieren sich an jährlichen Wettkampfsaisonen mit Trainings- und Regenerationsphasen dazwischen. Diese Zeiträume sind je nach Sportart verschieden, insbesondere gibt es Winter- und Sommersportarten, bei denen die Wettkampfsaison jeweils im entsprechenden Halbjahr liegt. Diese Grundstrukturen setzen sich auch in den Dopingaktivitäten des Angeklagten Dr. M. Sch. fort. Grundlage der Dopingbetreuung eines Sportlers war stets die Vereinbarung von „Behandlungsplänen“ für einen Sportler für eine bestimmte Saison. Auch die Abrechnung erfolgte grundsätzlich auf Basis eines Grundbetrags für eine ganze Wettkampfsaison, etwaige Zusatzleistungen und -zahlungen kamen dann gegebenenfalls noch dazu. Auch den Absprachen zwischen dem Angeklagten Dr. M. Sch. und dem anderweitig Verfolgten Trainer M. A. lag eine jährliche Planung für jeden der betreffenden Sportler zu Grunde, was an Wettkämpfen ansteht, was erforderlich sein dürfte an „Zusatzmitteln“ und welche Perspektiven der Entwicklung gegeben seien. Soweit bekannt, erfolgten alle Vorschläge und schriftlichen Zusammenstellungen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. immer pro Sportler und pro Saison.
641
c) Aufgrund der verfahrensgegenständlichen Sachverhalte wurden die einschlägigen Tatbestände aus dem AMG bzw. dem AntiDopG objektiv jeweils vielfach verwirklicht, insbesondere, wenn man die einzelnen Sachverhalte isoliert betrachten möchte. Aber auch bei einer saisonweisen Betrachtung je Sportler folgt daraus eine mehrfache Verwirklichung der Tatbestände aus AMG bzw. AntiDopG. Sowohl den objektiven Gegebenheiten als auch der inneren Willensrichtung des Täters widerspräche jedoch eine rechtliche Zerlegung der verfahrensgegenständlichen Sachverhalte in Einzelakte, die jeweils für sich und unabhängig von ihren Beziehungen und Verknüpfungen zueinander mittels der jeweils betroffenen Sportler und Saisonen betrachtet würden. Dies entspräche der rechtlichen Bewertung bei einer „klassischen“ Serientat, würde aber vorliegend den festgestellten Tatsachen nicht gerecht. Der umfassende Betreuungscharakter des Angebots des Angeklagten Dr. M. Sch. an die einzelnen Athleten zeigt jeweils in Richtung eines „Gesamtplans“ für eine ganze Saison, der dann auch Basis für die Verknüpfung der Einzelakte zu einer einzigen Tat im Rechtssinn sein muss. Hierbei ist jedoch nochmals klarzustellen, dass - unabhängig von dieser rechtlichen Einordnung - die bloße Blutentnahme zum Anlegen eines Blutvorrats zur Überzeugung der Kammer noch keine abschließende Tatbestandsverwirklichung darstellt, sie aber bei folgender Vollendung - regelmäßig durch unmittelbares Ansetzen zur Rückführung - dennoch Teil der Dopingbehandlung ist.
642
d) Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat wiederholt bestätigt, dass - über die gleichzulaufende Auslegung des Tatbestandsmerkmals des Handeltreibens hinaus - sowohl hinsichtlich der Mindestfeststellungen als auch mit Blick auf mögliche rechtliche Bewertungseinheiten auch bei den Strafvorschriften des Antidopingrechts auf die zum Betäubungsmittelstrafrecht entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ist (zuletzt: BGH, Beschluss vom 14.02.2019 - 4 StR 37/18, Rn. 7 m.w.N.). Diese Grundsätze lassen sich wie folgt skizzieren: Zwei Teilakte eines einzigen auf den vollständigen Umsatz von aus einem einheitlichen Erwerbsvorgang stammenden Betäubungsmitteln gerichteten Handeltreibens werden von dem umfassenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst und tatbestandlich im Sinne einer Bewertungseinheit zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst, weil sie sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen. Dagegen scheidet eine Bewertungseinheit zwischen dem in zwei unterschiedlichen Einkaufsgeschäften erworbenen Rauschgift aus, weil diese Betäubungsmittel jeweils eine eigene Handelsmenge bilden und die ihren Vertrieb fördernden Tätigkeiten hinsichtlich der Einzelmengen jeweils nicht denselben Güterumsatz betreffen (BGH, Beschluss vom 13.2.2020 - 1 StR 9/20 m.w.N.). Allerdings können diese an sich selbständigen Taten konkurrenzrechtlich zur Tateinheit im Sinne des § 52 Absatz 1 Alternative 2 StGB verknüpft werden, wenn beide Taten sich in ihren Ausführungshandlungen teilweise überschneiden (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.2.2020, Az. 1 StR 9/20, BGH, Beschluss vom 05.12. 2017 - 4 StR 562/17, BGH, Beschluss vom 21.08.2018 - 3 StR 615/17, BGH, Beschluss vom 27.06.2018, Az. 4 StR 116/18, BGH, Beschluss vom 08.05.2019 - 4 StR 203/19). Mit einer vergleichbaren Konstellation ist die Kammer vorliegend konfrontiert.
643
Auch aus anderen Bereichen der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung lassen sich Grundsätze ableiten, die der Einordnung der gegenständlichen Sachverhalte zu Grunde gelegt werden können. Hinsichtlich des Tatbestands des § 129 StGB führt der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 09.07.2015 - 3 StR 537/14 unter dortiger Rn. 27 aus, dass bei dem Tatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen die grundsätzliche Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit sich aus der pauschalisierenden Handlungsbeschreibung des § 129 Absatz 1 Variante 2 StGB rechtfertige. Der Tatbestand selbst, der vorrangig die Allgemeinrechtsgüter öffentliche Sicherheit und staatliche Ordnung schütze und daher strukturbedingt keine Tatbestandsmerkmale enthalte, die unmittelbar auf Individualrechtsgüter bezogene Angriffsobjekte, Angriffsarten oder Taterfolge umschrieben, lasse es angezeigt erscheinen, mehrere Tatbestandsverwirklichungen rechtlich zu einer Tat zusammenzufassen, um so zu einer sinnstiftenden Bestimmung des Einzeldelikts zu kommen. Ähnlich liegt die Sache hier: Doping im Sport beseitigt den ehrlichen und fairen Wettkampf und gefährdet die wichtige Vorbildfunktion des Leistungssports und -gedankens für die Gesellschaft. Seine konsequente und effektive Bekämpfung dient daher nicht nur dem Schutz der Gesundheit der Sportler, der Chancengleichheit und der kommerziellen, gerechten Verwertung des Spitzensports, sondern auch der Bewahrung der ethischen Werte in der Gesellschaft (Hauptmann/Klarmann in SpuRt 2019, 190). Gemäß § 1 AntiDopG dient das Gesetz der Bekämpfung des Einsatzes von Dopingmitteln und Dopingmethoden im Sport, um die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler zu schützen, die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu sichern und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen. Da sich der Schutzzweck der Norm hier jedenfalls in seinem Schwerpunkt auch auf kollektive Rechtsgüter bezieht, kann ebenfalls zur sinnstiftenden Bestimmung des Einzeldelikts der Grundgedanke aus der Begründung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs daher vorliegend herangezogen werden und abermals zur Anwendung kommen.
644
Eine Tatbestandsverwirklichung enthält nicht nur eine Handlung, sondern auch einen Erfolg. Die Identität des Erfolges kann zeitlich weit auseinanderliegende Handlungen, die ein und denselben Tatbestand erfüllen, zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit kraft Erfolgseinheit verbinden (NK-StGB/Ingeborg Puppe, 5. Aufl. 2017, StGB § 52 Rn. 18). Höchstrichterlich wurde dies bereits für Fälle der Steuerhinterziehung (BGH, Urteil vom 01.02.1989 - 3 StR 179/88) der Erpressung (BGH, Urteil vom 30.11.1995 - 5 StR 465/95) oder des (Subventions-)Betrugs (BGH, Beschluss vom 01.02.2007 - 5 StR 467/06) so entschieden. Anlässlich eines sog. „Stalking“-Falles hat der Bundesgerichtshof weiter festgehalten, dass einzelne Handlungen eines Täters, die erst in ihrer Gesamtheit zu der erforderlichen Beeinträchtigung des Opfers - also zum tatbestandlichen Erfolg - führen, zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammenzufassen sind, wenn sie einen ausreichenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufweisen und von einem fortbestehenden Willen des Täters getragen werden (BGH, Beschluss vom 19.11.2009 - 3 StR 244/09). Auch wenn es sich vorliegend bei den Tatbeständen nach AMG und AntiDopG um keine Erfolgsdelikte handelt, kann der auch dieser Konstellation zu Grunde gelegte Gedanke hier beim Betreten von rechtlichem Neuland entsprechend mit herangezogen werden.
645
e) Bei der Zusammenfassung einzelner Handlungen, die sich jeweils auf einen bestimmten Sportler und eine bestimmte Wettkampfsaison - inklusive Vor- und Nachbereitungszeiten - beziehen zu rechtlich einer Tat, sind sowohl ein die Tat weiter konkretisierender räumlicher und zeitlicher Zusammenhang als auch ein einziger Wille zum Tatentschluss (zur „Betreuung“ des Sportlers für die entsprechende Saison) gegeben.
646
Es liegt somit hinsichtlich des Angeklagten Dr. M. Sch. bezüglich einer Wettkampfsaison eines Sportlers - von welcher jedes Kalenderjahr von 12 Monaten jeweils eine enthalten kann - jeweils nur eine Handlung im Rechtssinn vor. Diese Betrachtungsweise lässt sich vorliegend nach Ansicht der Kammer zwanglos mit dem objektiven Erscheinungsbild der vorgeworfenen Handlungen in Einklang bringen und genügt den Anforderungen an den erforderlichen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang einer Tat. Ein Anwendungsfall der Bewertungseinheit (sogenannte rechtliche Handlungseinheit) ist auch dann gegeben, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinn eine sukzessive (fortlaufende) Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen Erfolges darstellen (BGH, Beschluss vom 1. 2. 2007 - 5 StR 467/06). Auch die festgestellten, den Taten zu Grunde liegenden Zahlungsströme, mit ihren saisonweise vereinbarten Zahlungsabreden und den diesen immanenten Absichten auch hinsichtlich der jeweiligen subjektiven Seite des Tatbestandes, stehen nicht im Widerspruch mit dieser, sondern stützen diese Betrachtungsweise.
2. Abgrenzung im Fall der Beihilfe
647
Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22.08.2019 - 1 StR 267/19, BGH, Beschluss vom 27.03.2018 - 4 StR 75/17, BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - 3 StR 302/16 und BGH, Urteil vom 17.06.2004 - 3 StR 344/03). Maßgeblich ist hierbei der Umfang der Tatbeiträge des jeweiligen Beteiligten (BGH, Beschluss vom 22.08.2019 - 1 StR 267/19).
648
a) Ob bei einer akzessorischen Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt sowohl von der Anzahl der Beihilfehandlungen als auch von der Zahl der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit ist danach anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbständige Haupttaten unterstützt werden. Dagegen liegt nur eine einzige Beihilfe vor, wenn der Gehilfe mit seiner Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines Anderen Hilfe leistet (BGH, Beschluss vom 22.08.2019 - 1 StR 267/19). Handlungseinheit liegt ferner vor, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 05.09.2018 - 2 StR 31/18, BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - 3 StR 302/16, BGH, Urteil vom 17.06.2004 - 3 StR 344/03). Fördert der Gehilfe durch seine Tatbeiträge im Vorfeld gleichzeitig mehrere rechtliche selbständige Taten des Haupttäters, so liegt für ihn nur eine Tat vor (BGH, Beschluss vom 28.07.2020 - 2 StR 594/19 m.w.N.) Die - durch die Identität der Ausführung begründete - Annahme von Tateinheit (§ 52 Absatz 1 StGB) setzt voraus, dass der Täter die maßgeblichen Tatbestände wenigstens teilweise durch ein und dieselbe Handlung verwirklicht. Bloße Gleichzeitigkeit voneinander unabhängiger Handlungen reicht dazu grundsätzlich nicht aus (BGH, Urteil vom 07.07.2020 - 1 StR 242/19).
649
b) Unter Zugrundelegung dieser Annahmen kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass hinsichtlich der Angeklagten D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. hier grundsätzlich akzessorisch zu der Bewertung bei dem Haupttäter vorgegangen werden kann. Soweit es sich um eine saison-umfassende Haupttat bei einem Sportler handelt, stellen auch die Beihilfehandlungen jeweils eine gemeinsame Beihilfe zu einer einzelnen Haupttat dar. Soweit Beihilfehandlungen zu mehreren Haupttaten in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen - etwa weil, wie des Öfteren geschehen, mehrere Sportler im Rahmen einer Fahrt oder gar bei demselben Rennen behandelt wurden - geht die Kammer davon aus, dass die unmittelbaren Dopinghandlungen bei dem einzelnen Sportler jeweils einen voneinander abgrenzbaren Schwerpunkt der jeweiligen Handlungen bilden und sie daher zueinander in Tatmehrheit stehen und nicht durch gemeinsame Vor- oder Nachbereitungshandlungen tateinheitlich verbunden werden können. Fuhr also der Angeklagte D. Q., die Angeklagte D. S. oder der Angeklagte S. M. im Auftrag des Angeklagten Dr. M. Sch. zu einem Einsatz, bei welchem mehrere Sportler nacheinander behandelt wurden, so handelt es sich bei den Behandlungen um eigenständige Tatbeiträge zu den jeweiligen Haupttaten des Angeklagten Dr. M. Sch..
650
c) Zu einer abweichenden Bewertung gelangte die Kammer bei der Fahrt des Angeklagten A. Sch. am 20.02.2019 von E. nach S. mit der Angeklagten D. S. und dem Doping-Equipment für die dortigen nordischen Skiweltmeisterschaften. Während die Angeklagte D. S. im Folgenden die Sportler K. T., A. V., D. B. und M. H. am 20. und am 21.02.2019 jeweils sukzessive behandelte und bei Ihnen Blutrückführungen und -entnahmen durchführte, besteht hier die relevante Beihilfehandlung des Angeklagten A. Sch. überhaupt und im Schwerpunkt in der Vorbereitung und Durchführung der Fahrt nach S. und dem damit verbundenen Transport des Materials und der Angeklagten D. S. zum Einsatzort. Da sich diese Handlungen nicht sukzessive aufbauen und sich weder räumlich noch zeitlich trennen lassen, geht hier die Kammer von einer tateinheitlichen Begehungsweise der Beihilfe aus, so dass bezüglich des Angeklagten A. Sch. hinsichtlich der als Haupttaten zusammengefassten Saisonbetreuungen der Sportler K. T., A. V., D. B. und M. H. in der Saison 2018/19 von einer einzigen Beihilfe - zu vier Haupttaten - auszugehen ist.
651
Hinsichtlich der (Haupt-)Tat bezüglich des A. P. in der Saison 2018/19 nimmt die Kammer dies jedoch nicht an, da zwischen der Fahrt am 20.02.2019 und den Blutrückführungen und -entnahmen am 23.02.2019 durch den Angeklagten Dr. M. Sch. selbst kein nachweislicher Förderungszusammenhang hergestellt werden kann. Zwar kann es nicht ausgeschlossen werden, dass auf der Fahrt am 20.02.2019 von E. nach S. bereits auch Material für die Behandlung des A. P. transportiert wurde. Allerdings reicht dieser Umstand nicht aus, um einen Tatnachweis dahingehend gegen den Angeklagten A. Sch. zu führen. Die von ihm gefahrene Angeklagte D. S. führte nicht mehr die Behandlung durch und war zwischenzeitlich wieder abgereist. Der am Sportler handelnde Angeklagte Dr. M. Sch. war selbständig und ohne die Unterstützung des Angeklagten A. Sch. nach Seefeld gekommen.
652
Auch wenn somit die Handlungen des Angeklagten A. Sch. am 20.02.2019 keine Verbindung zur Behandlung des A. P. haben, so förderte er diese dennoch dadurch, dass er am 22.02.2019 sich weisungsgemäß in die Mannschaftsunterkunft des kasachischen Nationalteams in Seefeld begab und dort Behandlungstermine und -örtlichkeiten für den nächsten Tag mit abstimmte. Zusammengefasst ergibt sich daher für den Angeklagten A. Sch., dass er in den verfahrensgegenständlichen Sachverhalten Beihilfehandlungen zur Förderung von sechs Haupttaten des Angeklagten Dr. M. Sch. (P. 2018, T. 2018/19, V. 2018/19, B. 2018/19, H. 2018/19 und P. 2018/19) leistete, sich dabei aber aufgrund der teilweisen Handlungsidentität i.S.d. § 52 StGB insgesamt der Beihilfe in nur drei Fällen strafbar machte.
653
Hinsichtlich der übrigen Handlungen des Angeklagten A. Sch. sowie der verfahrensgegenständlichen Handlungen der Angeklagten D. Q., D. S. und S. M. bleibt es bei einer Bewertung hinsichtlich §§ 52, 53 StGB akzessorisch zu den Haupttaten (hinsichtlich des Angeklagten Q.: S. D. Saisonen 2016 und 2017, K. D. Saisonen 2017 und 2018, D. B., M. H., K. T., A. K., A. V. und A. P. jeweils Saison 2017/18 und G. P. Saison 2018; hinsichtlich der Angeklagten D. S.: D. B., M. H., K. T., A. V. und A. P. jeweils Saisonen 2017/18 und 2018/19, A. K., Saison 2017/18, St. D., Ch. K.-F. und K. D. jeweils Saison 2018 und J. D. Saison 2018/19; hinsichtlich des Angeklagten S. M.: D. B., M. H., K. T. und A. P. jeweils Saison 2018/18).
VIII. Strafbarkeit gemäß §§ 223 Absatz 1, 224 Absatz 1 Nr. 1 StGB (Ziffer II der Anklage)
654
Dem Angeklagten Dr. M. Sch. liegt darüber hinaus zur Last, sich durch die Behandlung der Ch. K.-F. am 13.09.2017 mit getrocknetem Human-Hämoglobin der gefährlichen Körperverletzung strafbar gemacht zu haben.
655
1. Das Injizieren einer Lösung mit dem Hämoglobinpräparat mit einer Spritze stellt nach Ansicht der Kammer sowohl eine körperliche Misshandlung als auch eine Schädigung der Gesundheit dar. Das Stechen mittels der Spritze in die Unterarmbeuge ist eine üble unangemessene Behandlung, durch die die Geschädigte Ch. K.-F. in ihrem körperlichen Wohlbefinden durch Zufügung von Schmerzen mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wurde. Es handelt sich dabei auch um eine Gesundheitsschädigung, da es sich um das Hervorrufen eines krankhaften Zustandes handelt. Bei den körperlichen Reaktionen auf die Injektion - zu nennen sind insbesondere Durchblutungsstörungen, Kreislaufstörungen und Rotfärbung des Urins - handelt es sich um einen vom Normalzustand negativ abweichenden, mithin krankhaften und damit tatbestandlichen Zustand.
656
2. Durch dieselbe Handlung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. auch den Tatbestand der Körperverletzung gemäß § 83 Absatz 1 ÖStGB des österreichischen Tatortrechts verwirklicht, da er dadurch einen anderen - ausreichend und vom Sinn der Regelung auch umfasst eine andere - am Körper verletzt oder - hier wohl sogar und - an der Gesundheit geschädigt hat. Es ergeben sich insoweit keine vorliegend relevanten Unterschiede zwischen der Rechtslage in Österreich und der Rechtslage in Deutschland.
657
3. Neben dem Grundtatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Absatz 1 StGB hat der Angeklagte Dr. M. Sch. dadurch darüber hinaus zur Überzeugung der Kammer auch die Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Absatz 1 Nr. 1 StGB verwirklicht. Bei dem injizierten getrockneten Hämoglobin handelt es sich um einen Stoff, der - nicht nur abstrakt, sondern auch in seiner konkreten Verwendung - die Gesundheit zu schädigen geeignet war, mithin einen gesundheitsschädlichen Stoff. Dem steht nicht entgegen, dass das verabreichte Hämoglobin auch natürlich im Körper vorkommt - allerdings als Bestandteil von Erythrozyten, und nicht getrocknet und isoliert. Der injizierte Stoff war geeignet, einen erheblichen Gesundheitsschaden zu verursachen. Erheblich ist eine Körperverletzung schon dann, wenn sie nach Intensität oder Dauer überdurchschnittlich ist. Vorliegend beruhte die Körperverletzung nicht - wie regelmäßig - vor allem auf einer Einwirkung von außen auf den Körper, sondern in ihrem Schwerpunkt auf der Reaktion des Körpers auf den in das Blutsystem und damit in den Körper selbst injizierten Stoff; der schädigende Eingriff findet also viel tiefer als regelmäßig üblich statt. Die Schädigung der Gesundheit konkretisierte sich vorliegend in der körperlichen Reaktion der Versuchsperson mit massiven Durchblutungs- und Kreislaufstörungen und einem erkennbaren Ausscheiden des Hämoglobins bzw. von dessen Abbauprodukten aus dem Organismus über die Nieren und den Urin im weiteren Verlauf. Der Urin verfärbte sich dadurch braun bis tiefrot. Durch die Injektion in die Unterarmbeuge und damit in den Körper wurde der gesundheitsschädliche Stoff beigebracht. Unabhängig von dem konkreten Verlauf des bei der Geschädigten Ch. K.-F. hervorgerufenen, vorübergehenden pathologischen Zustandes - einer erheblichen Schädigung der Gesundheit - war diese Behandlung geeignet, grundsätzlich noch erheblichere Gesundheitsschäden bei einem Menschen zu verursachen, auch jenseits des realisierten Grads der Gefahr, was von dem Sachverständigen Prof. Dr. J. in der Hauptverhandlung zutreffend mit der Abwandlung einer rheinischen Sentenz beschrieben wurde: “Et hätt noch emol jot jejange.“ Vertrauen auf den Verlauf, so wie er sich realisierte, konnte man jedoch mitnichten. Die Eignung zu einer erheblichen Gesundheitsschädigung genügt.
658
4. Der Angeklagte Dr. M. Sch. handelte dabei jedenfalls mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich aller relevanten Tatumstände und in deren Kenntnis. Dies gilt unabhängig von der Tatsache, dass sich der Angeklagte darüber irrte bzw. gar nicht wusste, welchen Stoff er Ch. K.-F. tatsächlich infundierte. Nach seiner eigenen Einlassung ging er davon aus, es handle sich dabei um HBOC's, tatsächlich handle es sich jedoch um gefriergetrocknetes humanes Hämoglobin. Das Gericht geht nicht von einem error in objecto aus, da sich hier der Irrtum nicht auf das Objekt der Rechtsgutverletzung bezieht, sondern lediglich auf die Benennung bzw. Zusammensetzung des Stoffes. Der Angeklagte Dr. M.Sch. wollte den von ihm besorgten Stoff infundieren, und dies hat er auch getan. Genau dieser Stoff, welchen er infundierte, hat die körperlichen Reaktionen bei Ch. K.-F. hervorgerufen, die er zumindest billigend in Kauf genommen hat. Der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste, dass auf der Verpackung des Stoffes stand, dass der Inhalt nur zu Forschungszwecken in Laboren vorgesehen war. Er hatte vom anderweitig Verfolgten D. N., einem kroatischen Leichtathletiktrainer, das Pulver ohne weitere Unterlagen oder Informationen bekommen. Als Mediziner war ihm klar, dass auf dieser Grundlage mit einer Fülle von körperlichen Reaktionen und/oder Nebenwirkungen zu rechnen war. Auch dies nahm er billigend in Kauf.
659
5. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines rechtlich anerkannten Rechtfertigungsgrundes sind nicht gegeben.
660
a) Das Handeln des Angeklagten Dr. M. Sch. ist nicht als ärztliche Heilbehandlung gerechtfertigt. Zwar handelt es sich bei dem Angeklagten Dr. M. Sch. um einen Arzt. Die Behandlung war aber nicht zu Heilzwecken indiziert.
661
b) Das Handeln des Angeklagten Dr. M. Sch. war auch nicht nach § 228 StGB durch eine wirksame Einwilligung gerechtfertigt. Eine von Ch. K.-F. abgegebene Einwilligung war nicht wirksam. Die Unwirksamkeit der Einwilligung ergibt sich bereits daraus, dass Ch. K.-F. nicht umfassend und hinsichtlich aller relevanten Umstände aufgeklärt worden war. Der Angeklagte Dr. M. Sch. wusste ja selbst noch nichts über Wirkung und genaue Zusammensetzung weder des konkreten noch des vermeintlichen Stoffes. Auf Grund der fehlenden eigenen Erkenntnisgrundlange konnte auch eine wirksame Aufklärung nicht erfolgen. Der Angeklagte behauptete gegenüber der Geschädigten K.-F. wahrheitswidrig, sein mitgebrachter Stoff sei absolut ungefährlich und befinde sich bereits in einer humanen Testphase. Dies ist in jeglicher Beziehung unzutreffend, weil es entsprechende Tests an Menschen für keines der beiden Laborprodukte gibt. Für gefriergetrocknetes Hämoglobin würde ein „Menschentest“ auch keinen Sinn machen; es wird als Forschungschemikalie in Laboren eingesetzt. Für HBOC’s - wie er sie sich vorgestellt hat - gibt es experimentelle Ansätze, die wegen der enormen Kostenlast nicht weiterverfolgt worden sind. Sie sind also überhaupt nicht auch nur in die Nähe einer Testphase an Menschen gelangt. Darüber hinaus wusste Ch. K.-F. nicht, dass der Angeklagte den Stoff noch nie ausprobiert hatte. Sie wurde auch nicht darüber aufgeklärt, dass der Angeklagte selbst über keinerlei objektivierte Informationen verfügte, sondern allenfalls von Hören und Sagen. Schließlich wusste Ch. K.-F. auch nicht, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. einer Verwechslung aufgesessen war, und es sich um einen anderen Stoff handelte, als den, welchen der Angeklagte ihr zu infundieren gedachte. Der vorliegende Stoff war dopingtechnisch wirkungslos und konnte nicht als Mittel zur Leistungssteigerung funktionieren.
662
c) Nach österreichischem Strafrecht hat sich der Angeklagte M. Sch. der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 83 Absatz 1 und 2 ÖStGB strafbar gemacht (s.o.). Dies war rechtswidrig auch nach österreichischen Recht, weil der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung gemäß § 90 ÖStGB nicht eingreift. Die Geschädigte K.-F. hat nicht wirksam eingewilligt in die Verletzung, weil ihre Einwilligung auf falscher Tatsachenbasis erschlichen worden ist. Im Übrigen verstößt die Einwilligung auch gegen die guten Sitten, weil hier ein Menschenexperiment durch einen Arzt jenseits ethischer Maßstäbe durchgeführt worden ist. Im Ergebnis ergibt sich auch hier ein Gleichlauf mit der rechtlichen Bewertung nach deutschem Recht.
663
6. Ein rechtlich relevanter Irrtum über die Rechtfertigung durch eine Einwilligung ist vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Es handelte sich schon von der Grundkonstellation her um kein ethisch gerechtfertigtes oder rechtfertigbares Experiment, was dem Angeklagten Dr. M. Sch. auch bewusst war. Selbst wenn der Angeklagte Dr. M. Sch. sich vorliegend über eine mögliche Rechtfertigung durch eine vermeintlich wirksame Einwilligung geirrt habe sollte, so wäre dies ein unbeachtlicher, weil vermeidbarer Verbotsirrtum. Den für Laborchemikalien typischen Hinweis „for R& D use only“ (for research and develompent use only - Verwendung nur für Forschungs- und Entwicklungszwecke) auf der Packung hat der Angeklagte Dr. M. Sch. nach seinen eigenen Angaben gelesen und die Bedeutung dieses Hinweises war ihm bekannt. Er wusste, dass seine „Aufklärung“ unzutreffend und vor allem auch unzureichend war.
664
7. Auch nach österreichischem Recht wäre ein rechtlich relevanter Irrtum i.S.d. §§ 8, 9 ÖStGB ebenfalls nicht gegeben. Wäre ein Irrtum vorzuwerfen, so wäre, wenn der Täter vorsätzlich handelt, die für die vorsätzliche Tat vorgesehene Strafdrohung anzuwenden, § 9 Absatz 3 ÖStGB.
665
8. Hinsichtlich der Körperverletzungshandlung zu Lasten der Ch. K.-F. am 13.09.2017 (B.X.2) wird im Verhältnis zu den übrigen Handlungen Tatmehrheit (§ 53 StGB) angenommen. Dies ist in zeitlicher Hinsicht unproblematisch möglich, da diese Handlung in dieser Hinsicht nach allen Handlungen, die der Saison 2017 zuzurechnen sind, und vor allen Handlungen, die der Saison 2018 zuzurechnen sind, stattgefunden hat und somit genau dazwischen liegt. Zwar ist ein grundsätzlicher Zusammenhang mit der Blutdopingbetreuung durch den Angeklagten Dr. M. Sch. gegeben, da sich die beiden ja aufgrund dieser Geschäftsbeziehung kannten, jedoch fehlen sämtliche darüber hinausgehende Verknüpfungen, die bei den einzelnen Blutdopinghandlungen einer Saison diese jeweils zu verbinden vermögen: So fehlt eine dieses Experiment einschließende Abrede zur Saisonbetreuung; es wurde im Gegenteil bewusst ein Zeitpunkt gewählt, zu dem die vergangene Saison bereits praktisch abgeschlossen war. Es fehlt auch an einer Zahlungsvereinbarung und -leistung, die diese Handlung mit abgelten sollte.
E. Strafzumessung
666
Der Strafzumessung legt die Kammer die folgenden Erwägungen zu Grunde.
I. Dr. M. Sch.
1. Allgemeine Strafzumessungsgesichtspunkte
667
Gemäß § 46 Absatz 1 Satz 1 StGB ist die Schuld des Angeklagten die Grundlage für die Zumessung der Strafe. Bei dieser Strafzumessung im engeren Sinne sind alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen, § 46 Absatz 2 Satz 1 StGB. Aus pragmatischen Gründen werden die allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte für den Angeklagten Dr. M. Sch. hier vor die Klammer gezogen. Die nun folgenden Gesichtspunkte finden hinsichtlich aller Fälle eines verwirklichten Tatbestandes Anwendung.
a) Zu Gunsten
668
Zu Gunsten des Angeklagten Dr. M. Sch. sind - bei allen verfahrens-gegenständlichen Taten - folgende Umstände zu berücksichtigen:
669
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat sich bereits im Ermittlungsverfahren (teil-) geständig eingelassen und in mehreren Beschuldigtenvernehmungen weitreichende Angaben insbesondere auch zu betroffenen Sportlern und Wettkämpfen gemacht. Auf der Basis dieser Angaben sind in mehreren Ländern zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen dopingverdächtige Sportler, aber auch gegen Trainer und weitere Beteiligte eingeleitet und teilweise schon erfolgreich abgeschlossen worden. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat auch dadurch wertvolle Aufklärungshilfe geleistet, dass er unter anderem sein konspiratives zweites Mobiltelefon mit einer slowenischen SIM-Karte durch seine Lebensgefährtin an die Ermittler übergeben ließ, welches ausgelesen werden konnte und tiefe Einblicke in die Taten und ihre Organisation ermöglichte.
670
Der Angeklagte hat gezeigt, dass er sich mit seinen Dopingaktivtäten auseinandergesetzt hat und nun einen Schlussstrich ziehen möchte. Davon zeugen nicht nur die intensiven Aussagen im Ermittlungsverfahren und die Übergabe des slowenischen Handys, sondern auch die Übergabe der drei Blutbeutel aus dem Kühlschrank in der Wohnung seines Vaters, die Präsentation des „Maschinenparks“ mit konkreter Erklärung in der Hauptverhandlung und insbesondere auch die Ausführungen des Angeklagten in seinem letzten Wort.
671
Der Angeklagte steht dazu, die bestimmende Kraft gewesen zu sein, welche den alleinigen Überblick über die durchzuführenden Handlungen hatte. Er übernimmt damit ausdrücklich die Verantwortung für die Taten.
672
Die Sportler fühlten sich von dem Angeklagten als Arzt gut betreut. Die verwendeten Maschinen waren auf dem aktuellen technischen Stand, die Anwendung der Maschinenausstattung erfolgte durch ihn „de lege artis“. Auch wenn grundlegende Regeln des Transfusionsgesetzes hier missachtet wurden, insbesondere bei den Transfusionen auf einen „bedside-Test“ verzichtet wurde, erfolgten jedenfalls die Behandlungen durch den Angeklagten Dr. M. Sch. selbst ohne besondere zusätzliche Risiken. Es sind keine bleibenden wesentlichen Gesundheitsschäden bei den behandelten Sportlern bekannt oder bekannt geworden, weder im Zusammenhang mit den Straftaten aus dem Tatkomplex I (Blutdopinghandlungen) noch in Tatkomplex II (B.X.2 gefährliche Körperverletzung zu Lasten der Geschädigten Ch. K.-F.) der Anklage.
673
Maßvoll zugunsten des Angeklagten Dr. M. Sch. kann gewertet werden, dass Blutmanipulationen an Wettkampforten durch die Organisation und Ausführung der Wertbewerbe oftmals wenig Hindernisse entgegengebracht wurden. Dies gilt insbesondere dann, wenn in Rekreationszeiten ungehindert ein Sportler in Kontakt mit seinem „Doping-Doc“ treten konnte, wenn er Zugang zu Salzwasser oder anderer Mittel zu Verschleierung hatte oder lediglich Urinkontrollen vorgenommen wurden, bei welchen Blutmanipulationen von vornherein nicht erkennbar sind.
674
Ebenfalls maßvoll zu Gunsten des Angeklagten ist seine Belastung durch das Presseinteresse, auch an seinem Privatleben und seiner Familie, zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen ist insbesondere auch eine gewisse Vorverurteilung durch Teile der Presse, die mit erheblichen Beeinträchtigungen auch für unbeteiligte Familienmitglieder und Praxisangehörige einherging. Das teilweise durchaus aggressive Auftreten von Pressemitarbeitern, teilweise auch gegenüber am Verfahren Unbeteiligten und sogar Kindern, und die teilweise aggressive und verzerrende Berichterstattung gingen im gegenwärtigen Fall in Teilen über das durch das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedeckte erforderliche Maß hinaus.
675
Der Angeklagte Dr. M. Sch. ist besonders haftempfindlich, was zu seinen Gunsten Berücksichtigung findet, zumal es sich um die erste Hafterfahrung des Angeklagten handelt. Die Untersuchungshaft des Angeklagten Dr. M. Sch. war ferner mit außergewöhnlichen Belastungen verbunden, zum einen durch den mehrmaligen Wechsel der Haftanstalt, aber zum anderen auch durch die allgemeinen pandemiebedingten Einschränkungen - insbesondere auch der Besuchsmöglichkeiten - in der Haft, sowie die zeitweilige Quarantäne während der Untersuchungshaft.
676
Das Verwaltungsgericht München hat in seinem Urteil vom 24.09.2020, Az. M 10 K 20.222 - unter Abweisung der Klage im Übrigen - festgestellt, dass die Staatsanwaltschaft München I zur Veröffentlichung ihrer Pressemitteilung am 19.12.2019 um 14:04 Uhr so nicht berechtigt war. Aufgrund der von der Staatsanwaltschaft München I im Zusammenhang mit der Anklageerhebung veröffentlichen Presseerklärung, welche jedenfalls um Stunden zu früh erfolgte, liegt ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren („Fair Trial“) und damit auch gegen Art. 6 EMRK vor. Dieser Verstoß ist zwar so gering, dass er die Rechtmäßigkeit des Verfahrens insgesamt als solche nicht beeinflusst, er ist jedoch bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen.
677
Der Angeklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens unter dem Eindruck der Covid-19-bedingten Sondersituation ein besonders verantwortungsvolles Verhalten gezeigt. Die Berücksichtigung der pandemiebedingten besonderen Umstände zeigt sich etwa durch die Abgabe von Verzichtserklärungen hinsichtlich ausländischer Zeugen, die nicht auf erste Ladung erschienen sind, sodass deren polizeiliche Vernehmungen verlesen werden konnten.
678
Darüber hinaus hat sich der Angeklagte weitgehend mit der formlosen Einziehung sichergestellter bzw. beschlagnahmter inkriminierter Gegenstände einverstanden erklärt.
679
Zu Gunsten des Angeklagten ist weiter zu berücksichtigen, dass er strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist und sich im Bundeszentralregister keine strafrechtliche Eintragung findet.
680
Zu berücksichtigen ist weiter, dass gegen den Angeklagten die Nebenstrafe eines zeitig befristeten Berufsverbots (§ 70 StGB) verhängt wurde (dazu unten unter F).
681
Der Angeklagte hat auch seine weitere Bereitschaft zur Aufklärungshilfe angekündigt, indem er sich bereit erklärte, in Zukunft sein Wissen mit Aufklärern und Anti-Doping-Organisationen teilen zu wollen.
b) Zu Lasten
682
Zu Lasten des Angeklagten Dr. M. Sch. sind bei allen Taten folgende Umstände zu berücksichtigen:
683
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat bei der Tatausführung seine Position als Arzt missbraucht. Er hat in dieser Funktion besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dieses sodann ausgenützt. Dieses bewusste Handeln in Kenntnis seiner besonderen, auch mit besonderer Verantwortung verbundenen Position zeigt sich auch in seiner gerne verwendeten Beschreibung seiner eigenen Rolle als „Doping-Doc“, was eine besonders weitreichende Wirkung dieser Umstände auch bei der über das Blutdoping selbst hinausgehenden Betreuung von Athleten darstellt.
684
Der Angeklagte war Kopf und spiritus rector eines kriminellen Dopingsystems. Die Betreuung und Behandlung mit Dopingmaßnahmen fanden bei einer Vielzahl von Sportlern und in einer Vielzahl von Fällen über einen erheblichen Zeitraum von mehreren Jahren hinaus statt. Der modus operandi bestand dabei aus einem konspirativen Vorgehen mit Anwendung von Verschleierungstechniken (Tarnnamen für sich und die beteiligten Sportler und Trainer; konspirative Sprache) und zunehmend ausgefeilteren Techniken, von der Verwendung ausländischer Prepaid SIM-Karten in Mobiltelefonen über nicht auslesbare oder sich selbst löschende Chatprogramme bis zur Verabreichung von Substanzen wie Humanalbumin zur Kaschierung von Auffälligkeiten in Blutbildern. Der Angeklagte Dr. M. Sch. setzte teilweise medizinisch nicht hinreichend vorgebildete Helfer wie die Mitangeklagten D. Q. und A. Sch. und den Zeugen D. N. zu relativ risikoreichen medizinischen Behandlungen ein. Das Blutdoping war eingebunden in weitere Betreuungsleistungen wie die Gabe von Wachstumshormonen, Verschleierungsmitteln und anderem mehr: Der Angeklagte bot den Sportlern und ihren Betreuern Doping-Leistungen weit über das Blutdoping hinaus an. Es kann in diesem Zusammenhang von einem „Rundum-sorglos-Paket“ gesprochen werden: Über die reine Doping-Dienstleistung hinaus leistete der Angeklagte auch den Service der Überwachung der Sportler und ihre Vorbereitung auf Dopingkontrollen. Dabei wurden auch experimentelle Mittel und Arzneien, unter anderem Hormone und Mittel aus der Veterinärmedizin, verwendet, die teilweise vollständig andere Indikationen und unbekannte Neben- und Wechselwirkungen hatten.
685
Eine entsprechende Aufklärung der Sportler über die genauen Bestandteile und Wirkungen der verwendeten Mittel ist dabei regelmäßig nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist auch der Hinweis, wonach der Angeklagte Dr. M. Sch. sein Fachwissen zu Gunsten der Sportler eingesetzt habe, kritisch zu sehen.
686
Der Angeklagte war der Kopf eines kriminellen Doping-Systems, das Beziehungen in verschiedene Ländern pflegte, sowohl zu Sportlern und deren Umfeld als auch zur Material- und Dopingmittelbeschaffung und zum Austausch mit Gleichgesinnten. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat dieses ausgeklügelte System mit D. N. als „Zulieferdealer“, G. A. als Medizintechniker mit einem Transfusionszentrum im Hintergrund, welches auch als Ersatzteillager diente, Logistikern - wie vor allem den Angeklagten D. Q. oder A. Sch. - und medizinischem Hilfspersonal - die Mitangeklagten allesamt - aufgebaut.
687
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat auch zur Durchführung der verfahrensgegenständlichen Aktivitäten sein soziales Umfeld instrumentalisiert, um Gehilfen für seine Sache anwerben zu können: So nutzte er aus, dass der Angeklagte D. Q. glaubte, es dem Angeklagten Dr. M. Sch. schuldig zu sein, für diesen noch Gefallen zu erledigen, unter anderem weil sich dieser in einer medizinischen Notlage für die ehemalige Lebensgefährtin eingesetzt hat. Die Angeklagte D. S. unterstützte ihn in dem Glauben, bei dem Angeklagten Dr. M. Sch. ihre Schulden abzuarbeiten bzw. abarbeiten zu müssen. Auch rief er bei der Angeklagten D. S. Schuldgefühle hervor, indem er ihr, der alleinerziehenden Mutter, vorgab, sie müsse ihm helfen, damit er Zeit für seinen Sohn - der auch noch den gleichen Vornamen wie der der Angeklagten D. S. trug - habe. Auch seinen Vater, dem Angeklagten A. Sch., konnte er in die Doping-Aktivitäten einbinden, da dieser sich aufgrund familiärer Bande zur Hilfe verpflichtet fühlte.
688
Der Austausch der eigenen, defekten Sterilschweißpistole sowie des eigenen defekten Auftaugeräts über G. A. mit einem jeweils intakten Gerät aus dem Transfusionszentrum in L. zeigt, dass der Angeklagte die eigenen Dopinginteressen über die Interessen von Patienten der Klinik, die auf eine hygienische Bluttransfusion zwingend angewiesen sind, stellte.
689
Die Dopingmittel waren - über die Selbstgefährdung des Einnehmenden hinaus - auch zu Wettkampfzwecken bestimmt, wodurch auch Chancengleichheit und Fairness im Sport beeinträchtigt sein konnten.
690
2. Strafbarkeit nach AMG: B.III.1 (D. Saison 2013/14) und B.IV.1 (D. Saison 2015)
691
Es bedarf zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
a) Strafrahmen
692
Die Kammer wendet in beiden Fällen den Strafrahmen des § 95 Absatz 3 AMG von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren an.
(i) Grundtatbestand des § 95 Absatz 1 Nr. 2a AMG
693
Hinsichtlich der Betreuung der Sportler J. D. in der Saison 2013/14 und St. D. in der Saison 2015 ist zunächst von dem Normalstrafrahmen des § 95 Absatz 1 Nr. 2a AMG in der ab 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auszugehen.
(ii) Besonders schwerer Fall nach § 95 Absatz 3 Nr. 2 lit. b) AMG
694
Da vorliegend in beiden Fällen jeweils auch die Voraussetzungen zur Annahme eines besonders schweren Falls wegen Gewerbsmäßigkeit gegeben sind, erhöht sich der Strafrahmen auf den des Qualifikationstatbestandes nach § 95 Absatz 3 Nr. 2 lit. b) AMG in der ab 13.08.2013 bis 17.12.2015 geltenden Fassung von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
695
Gewerbsmäßig handelt ein Täter, wenn er die Absicht hat, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Dass der Angeklagte Dr. M. Sch. auch als niedergelassener Arzt tätig war, steht der Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht entgegen, da ausreichend ein Nebenerwerb ist, sofern er - wie hier - von einiger Dauer und einigem Umfang angelegt ist. Dies gilt insbesondere unter der Berücksichtigung, dass mit jährlichen Beträgen im mittleren vierstelligen Euro-Bereich pro Sportler das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit vorliegend nicht nur am unteren Rand der Erheblichkeit erfüllt wurde, sondern im Gegenteil nicht unerhebliche Geldsummen im Spiel waren. Schon vor dem Hintergrund der erheblichen Investitionen in den „Maschinenpark“ des Angeklagten war klar, dass sich mit Doping und Doping-Betreuung ein Geschäftsfeld etablieren sollte, dass dem Angeklagten ein weiteres Standbein seiner beruflichen Entfaltung ermöglicht. Dies war dem Angeklagten auch bekannt.
696
Der Gewerbsmäßigkeit steht nicht entgegen, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. nach eigenen Angaben als niedergelassener Arzt deutlich mehr verdient hat, wenn man das Engagement als „Doping-Doc“ auf Stunden umlegt.
697
Die Kammer sieht dabei jeweils keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die ein Abweichen von der indiziellen Wirkung des erfüllten Regelbeispiels rechtfertigen könnten, so dass auf den Normalstrafrahmen zurückzugreifen wäre. Auch aus einer Gesamtschau von Taten und Täter sind solche besonderen Umstände nicht herzuleiten.
(iii) Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung, § 46a StGB
698
Eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 46a, 49 Absatz 1 StGB findet nicht statt, weil der Angeklagte weder mit St. D. noch mit J. D. einen Ausgleich gesucht oder eine „Schadenswiedergutmachung“ angestrebt hat.
(iv) Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
699
Eine Strafrahmenverschiebung aus dem Gesichtspunkt der Aufklärungs- und Präventionshilfe findet nicht statt. Eine dem § 31 BtMG nachgebildete Spezialnorm im AMG gibt es nicht. Die Anwendung des § 46b StGB scheitert vorliegend daran, dass keine erforderliche Katalogtat nach § 100a Absatz 2 StPO im Raum steht. § 100a Absatz 2 StPO nennt in Nr. 3 Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b AntiDopG, jedoch kommen als solche vorliegend nur die Taten des Angeklagten Dr. M. Sch. selbst in Betracht und weder solche seiner Helfer, noch solche der - im Ausland verfolgten - Athleten. Eine Aufklärungs- und Präventionshilfe zu begangenen eigenen Taten erfüllt nicht die gesetzlichen Voraussetzungen des § 46b StGB. Eine Strafrahmenverschiebung kommt daher schon mangels Katalogtat nicht in Betracht. Darüber hinaus wären jedoch auch die materiellen Voraussetzungen des § 46b StGB hier nicht gegeben.
b) Strafzumessung i.e.S.
700
Neben den unter E.I.1 genannten Gesichtspunkten sind hinsichtlich des Angeklagten Dr. M. Sch. die folgenden Umstände zu berücksichtigen.
(i) Zu Gunsten
701
Zu Gunsten des Angeklagten Dr. M. Sch. sind folgende weitere Umstände neben den allgemeinen Erwägungen (E.1.a) zu berücksichtigen:
702
Es handelt sich bei beiden Taten um solche mit vergleichsweise wenigen Einsätzen und damit wenigen strafbaren Handlungen. Der Zeitablauf seit Begehung der Taten ist relativ lang; es handelt sich um die ältesten in der Anklage enthaltenen Vorwürfe. Der Angeklagte handelte jeweils im Einvernehmen mit den beteiligten Sportlern D. und D..
(ii) Zu Lasten
703
Zu Lasten des Angeklagten Dr. M. Sch. sind folgende Umstände zu berücksichtigen:
704
Hinsichtlich der Bewertungseinheit „D. Saison 2013/14“ ist zu Lasten des Angeklagten zu sehen, dass diese aus zwei Teilakten (Innsbruck 05.02.2014 und 19.02.2014) besteht. Hinsichtlich der Bewertungseinheit „D. Saison 2015“ ist zu Lasten zu werten, dass diese aus drei Teilakten, einem im Zusammenhang mit der Tour des Suisse und zweien im Zusammenhang mit der Österreich-Rundfahrt, steht.
(iii) Rechtsordnungen am Tatort
705
Das Tatgericht muss bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95 m.w.N.). Hinsichtlich der Taten, welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten (siehe D.II.2 bis D.II.8) für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in den jeweiligen Rechtsordnungen sanktioniert werden würden.
- Österreich
706
Sachverständig beraten durch den Gutachter Privatdozent Dr. H.-G. K. vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg i. Br. kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass Blutdoping durch Entnahme und Rückführung im autologen System auch in Österreich durch die spezielle Strafbestimmung des § 22a des österreichischen Anti-Doping-Gesetzes von 2007 erfasst wird (D.II.2.a)). Gemäß § 22a Absatz 1 Nr. 2 des österreichischen Anti-Doping-Gesetzes werde danach mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft, wer unter anderem Blutdoping bei Sportlern anwendet; gemäß Absatz 6 sei ein Täter danach nur zu bestrafen, wenn die Tat nicht nach anderen Bestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Als solche kämen vorliegend insbesondere die des Betrugs nach § 146 ÖStGB (Freiheitsstrafe bis zu 6 Monate oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze) und des schweren Betrugs gemäß § 147 ÖStGB (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren, bei einem 300.000 Euro übersteigenden Schaden Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren) in Betracht. Im Unterschied zum deutschen Strafrecht gelte in Österreich das sogenannte Einheitstäterprinzip, § 12 ÖStGB: nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beiträgt. An Stelle von Beihilfe wird demzufolge von „Beitragstäterschaft“ gesprochen. Beitragstäter ist, wer durch einen physischen oder psychischen Beitrag eine andere für den Tatablauf zumindest mitkausale Handlung setzt. Die Unterstützung eines Sportlers bei dessen Betrugshandlung im Sinne von § 147 ÖStGB könne daher nicht nur als Straftat nach § 22a österreichischem Anti-Doping-Gesetz, sondern auch als Beitragstäterschaft für diesen Betrug gewertet werden. In Österreich wurden bereits mehrere Sportler, die Kunden des Angeklagten Dr. M. Sch. waren, wegen Betrugs verurteilt, sodass insbesondere auch eine Beihilfe zu diesen Taten vorliegend in Betracht kommt. Mangels Rechtskräftigkeit dieser Entscheidungen und/oder fehlender Tatsachengrundlage in den getroffenen Feststellungen hierzu geht die Kammer jedoch zu Gunsten des Angeklagten von dem Strafrahmen des § 22a österreichischem Anti-Doping-Gesetz am Tatort aus.
707
Das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen sei in § 28 ÖStGB geregelt. Danach sei auf eine einzige Freiheitsstrafe oder Geldstrafe zu erkennen, hat jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen und wird über diese strafbaren Handlungen gleichzeitig erkannt. Diese Strafe sei nach dem Gesetz zu bestimmen, dass die höchste Strafe androht. Es dürfe jedoch, von außerordentlichen Strafmilderungen abgesehen, keine geringere Strafe als die Höchste der in dem Zusammentreffen angesetzten vorgesehen Mindeststrafen verhängt werden. Ist in einem der zusammentreffenden Gesetze Freiheitsstrafe, in einem Anderen Geldstrafe, oder sind auch nur in einem von ihnen Freiheits- und Geldstrafen nebeneinander angedroht, so sei, wenn beide Strafen zwingend vorgeschrieben sind, auf eine Freiheitsstrafe und auf eine Geldstrafe zu erkennen, § 28 Absatz 2 ÖStGB. Der österreichische Gesetzgeber folgte damit dem sogenannten Absorptions-Prinzip, wobei Ideal- und Realkonkurrenz grundsätzlich gleich zu behandeln sind. Die Strafe sei nach dem Gesetz zu bestimmen, dass die strengste Strafe androht; eine Strafrahmenerweiterung finde nicht statt.
708
Nach den Ausführungen des Sachverständigen führen die allgemeinen Regeln über die Strafzumessung der §§ 32 ff. ÖStGB mit den dort enthaltenen besonderen Erschwerungs- bzw. Milderungsgründen nicht zu einer Strafrahmenverschiebung, sondern sind innerhalb des von der jeweiligen Straftat vorgesehenen Strafrahmens zu berücksichtigen. Sie sind somit entsprechend der Umstände, die für und gegen den Täter sprechen nach § 46 Absatz 2 StGB, zu behandeln. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Überzeugungsbildung vollumfänglich an.
- Schweiz
709
Blutdoping ist auch in der Schweiz strafbar (D.II.4). Ausweislich des Gutachtens von Privatdozent Dr. H.-G. K. vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg i. Br. sähe Art. 22 SpoFöG als Normalstrafrahmen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. In schweren Fällen sei die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren; mit der Freiheitsstrafe werde eine Geldstrafe verbunden.
710
Ein schwerer Fall läge unter anderem namentlich vor, wenn der Täter durch gewerbsmäßiges Handeln einen großen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt. Für die Frage, ob ein schwerer Fall im Sinne des Art. 22 SpoFöG gegeben ist, verhalte es sich so, dass auch das schweizerische Recht hier von der Technik der Regelung mittels Regelbeispielen Gebrauch mache, sprich das Tatgericht auch in anderen Fällen zu dem Ergebnis kommen kann, dass ein schwerer Fall vorliege. Hinsichtlich der Möglichkeit der bandenmäßigen Begehungsweise verträte die herrschende Meinung im Recht der Schweiz die Auffassung, dass bereits zwei Personen, die sich zur fortgesetzten Verübung des Delikts zusammengefunden haben, eine Bande darstellen könnten. Gewerbsmäßiges Handeln, durch das großer Umsatz oder erheblicher Gewinn gemacht wurde, werde angenommen, wenn der Täter bereits mehrfach derelinquiert hat, in der Absicht handelt, ein Erwerbseinkommen zu erzielen und die Bereitschaft zeigt, eine Vielzahl von Delikten der fraglichen Art zu begehen.
711
Sachverständig beraten geht die Kammer davon aus, dass - analog zu der inländischen Rechtslage - auch bei Verurteilung nach schweizerischem Recht hier aufgrund der Vielzahl von Fällen und der umgesetzten Summen das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit als erfüllt anzusehen wäre und somit der Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren und Geldstrafe betrüge.
712
Für Fälle von Tatmehrheit regle Art. 49 Absatz 1 des schweizerischen Strafgesetzbuches (SStGB), dass, wenn der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, ihn das Gericht zu einer Strafe der schwersten Straftat verurteilt und diese angemessen erhöht. Es dürfe jedoch das Höchstmaß der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Demnach läge die Obergrenze einer Freiheitsstrafe im vorliegenden Fall bei 7 Jahren und 6 Monaten (bzw. hinsichtlich des Normalstrafrahmens bei 4 Jahren und 6 Monaten).
713
Bei der Strafzumessung sei im Übrigen nach Art. 47 ff. SStGB das Folgende zu berücksichtigen: das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Absatz 1 SStGB). Nach Art. 47 Absatz 2 SStGB wird das Verschulden nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handels, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äußeren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Gemäß Art. 48 SStGB mildert ein Gericht die Strafe, wenn unter anderem gemäß lit. a Nr. 1 der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat, lit. b der Täter durch das Verhalten der verletzten Person ernsthaft in Versuchung geführt worden ist, lit. d der Täter aufrichtige Reue betätigt, namentlich den Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat, oder lit. e das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Zeit verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl verhalten hat. In diesen Fällen wäre das Gericht gemäß Art. 48a Absatz 1 SStGB nicht an die angedrohte Mindeststrafe gebunden. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Überzeugungsbildung vollumfänglich an.
714
Die Kammer hat die vorstehenden Rechtslagen - und insbesondere deren Grenzen hinsichtlich der Straferwartung und ihre Strafzumessungserwägungen - hinsichtlich der Handlungen an ausländischen Tatorten bei der Strafzumessung jeweils nochmals gesondert berücksichtigt.
(iv) Einzelstrafen
715
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung des Skilangläufers J. D. in der Saison 2013/14 gebildeten Bewertungseinheit nur Handlungen in Österreich und in der für die Betreuung des Radrennfahrers St. D. in der Saison 2015 gebildeten Bewertungseinheit auch Handlungen in Österreich und der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die unter B.III.1 abgehandelte Tat (J. D. Saison 2013/14) die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 3 Monaten und für die unter B.IV.1 abgehandelte Tat (St. D. Saison 2015) die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 6 Monaten jeweils tat- und schuldangemessen sind.
3. Strafbarkeit nach AntiDopG: B.III.2, B.IV.2 bis B.X.1 und B.X.3 bis B.XIV
716
Aufgrund ihrer insoweit hinreichenden Vergleichbarkeit und Ähnlichkeit in Art und Weise der Tatbegehung, im Tatumfang und in ihrer Ausführung sowie der identischen gesetzlichen Grundlagen zur rechtlichen Bewertung kann für die in Taten zusammengefassten Handlungen der Blutdopingbetreuung des J. D. in der Saison 2018/19, des St. D. in den Saisonen 2016, 2017 und 2018, des D. B., des M. H., des E. M., des K. T., des A. K., der Ch. K.-F. - ohne B.X.2 -, des A. V., des A. P., des K. D. sowie des G. P. hier gemeinsam zunächst der jeweils anzuwendende Strafrahmen bestimmt werden.
a) Strafrahmen
717
Bei der Bemessung der Einzelstrafen ist jeweils vom Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG auszugehen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vorsieht.
(i) Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG
718
Hinsichtlich der genannten unter B.III.2, B.IV.2 bis B.X.1 und B.X.3 bis B.XIV abgehandelten Taten ist zunächst von dem Normalstrafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auszugehen.
(ii) Gewerbsmäßiges Handeln nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG
719
Neben dem Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG hat der Angeklagte Dr. M. Sch. in allen genannten Fällen auch den Qualifikationstatbestand der Gewerbsmäßigkeit des § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG verwirklicht. Der Strafrahmen erhöht sich daher auf den des § 4 Absatz 4 AntiDopG von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(iii) Handeln als Mitglied einer Bande nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG
720
Das weitere Qualifikationsmerkmal der bandenmäßigen Begehungsweise nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG hat der Angeklagte Dr. M. Sch. vorliegend bei allen Taten nicht verwirklicht. Da § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG die Varianten der gewerbsmäßigen und der bandenmäßigen Begehungsweise als Alternativen nebeneinander stellt, wirkt sich dies auf die Bestimmung des Strafrahmens hier nicht aus, so dass dennoch vom Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG auszugehen ist.
(iv) Minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG
721
§ 4 Absatz 5 AntiDopG sieht für minder schwere Fälle des Absatzes 4 eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Die Kammer ist bei Gesamtwürdigung der Umstände der jeweiligen Fälle insbesondere unter Abwägung der oben unter E.I.1 genannten Zumessungsgesichtspunkte bei keinem der hier behandelten Fälle zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen zur Annahme eines minder schweren Falls vorliegen:
722
Zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
723
Zu Gunsten des Angeklagten sprechen hier die unter E.I.1.a) genannten Umstände sowie, dass seit der Begehung der Taten ein teilweise nicht unerheblicher Zeitablauf von bis zu fünf Jahren erfolgt ist. Insbesondere hat die Kammer auch berücksichtigt, dass bei keinem der Fälle ernsthafte gesundheitliche Probleme der Sportler bislang bekanntgeworden sind.
724
Demgegenüber sprechen jedoch entscheidende Gründe gegen die Annahme eines minder schweren Falls. Hierzu zählen die unter E.I.1.b) aufgeführten Umstände und dabei insbesondere, dass eine nicht unerhebliche kriminelle Energie durch den Angeklagten aufgebracht werden musste, um sein komplexes Blutdopingsystem mit seiner aufwändigen Logistik und materialintensiven medizinischen Betreuung aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Hinzu tritt die erforderliche gezielte Umgehung von Dopingkontrollen und die Vermeidung von Auffälligkeiten im Blutpass von Athleten durch gezielte Verschleierungsmaßnahmen. Insbesondere hat die Kammer jedoch auch gewertet, dass der Angeklagte hier als Arzt tätig geworden und explizit auch aufgetreten ist und dadurch das damit verbundene Renommee und Vertrauen ausgenutzt hat. Straferschwerend fallen schließlich die große Anzahl an tatbestandlichen Handlungen und die Dauer des Blutdopings insgesamt ins Gewicht.
725
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände ist daher nach Überzeugung der Kammer die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 4 Absatz 5 AntiDopG nicht geboten.
(v) Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung, § 46a StGB
726
Ebenso wenig eröffnet § 46a StGB eine Strafrahmenverschiebung.
727
Nach § 46a Nr. 1 StGB müsste der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem oder der Verletzten zu erreichen, seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt haben. Dabei setzt § 46a Nr. 1 StGB neben einem Geständnis einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einem umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muss und den das Opfer als friedensstiftend akzeptiert (BGH, Urteil vom 19.12.2002 - 1 StR 405/02). Unabhängig von der möglicherweise berechtigten Frage, ob denn der dopende Sportler hier überhaupt das „Opfer“ sein könne, oder nicht vielmehr allenfalls seine Konkurrenten in Wettkampf als die Geschädigten anzusehen seien, soweit neben denen der Allgemeinheit auch individuelle Rechtsgüter betroffen sind, konnte die Kammer ausreichende Widergutmachungsbestrebungen nicht feststellen. Eine Entschuldigung gegenüber einem Sportler als Dopingkunden kann allenfalls hinsichtlich Ch. K.-F. in dem Brief des Angeklagten vom 06.12.2020 festgestellt werden, jedoch beziehen sich die Ausführungen allein und ausschließlich auf die Injektion der Hämoglobinlösung am 13.09.2017. Auch gegenüber Dritten wurden keine wie auch immer gearteten Wiedergutmachungsbestrebungen unternommen. Insbesondere die alleinige Ankündigung in der Hauptverhandlung, in Zukunft bei Bedarf mit Antidopingagenturen wie NADA und WADA zusammenarbeiten zu wollen, reicht hierfür nicht aus.
728
Für einen Fall des § 46a Nr. 2 StGB müsste der Täter in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt haben. Ein kommunikativer Prozess wie für die Fallvariante § 46a Nr. 1 StGB wäre hier nicht erforderlich. Nichtsdestotrotz liegt eine erforderliche Leistung materiellen Schadensersatzes nicht vor.
(vi) Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
729
Eine Strafrahmenverschiebung aus dem Gesichtspunkt der Aufklärungs- und Präventionshilfe findet nicht statt. Eine dem § 31 BtMG nachgebildete Spezialnorm im AntiDopG gibt es nicht. Die Voraussetzungen des § 46b StGB liegen auch in den hier zu beurteilenden Fällen nicht vor.
b) Strafzumessung i.e.S.
730
Neben den unter E.I.1 genannten Gesichtspunkten sind hinsichtlich des Angeklagten Dr. M. Sch. die folgenden Umstände zu berücksichtigen.
(i) Zu Gunsten
731
Zu Gunsten des Angeklagten Dr. M. Sch. sind folgende Umstände zusätzlich zu berücksichtigen:
732
Seit der Begehung der Taten ist ein nicht unerheblicher Zeitablauf von fast zwei bis zu fünf Jahren erfolgt. Bei keinem der Sportler sind bislang ernsthafte gesundheitliche Probleme in Zusammenhang mit den Dopingaktivitäten bekanntgeworden.
(ii) Zu Lasten
733
Zu Lasten des Angeklagten Dr. M. Sch. sind - neben den unter E.I.1.b) genannten - folgende Umstände zu berücksichtigen:
734
Zu Lasten den Angeklagten fiel jeweils ins Gewicht, aus wie vielen Einzelakten die jeweilige Straftat sich zusammensetzt. Zu berücksichtigen ist auch die kriminelle Energie, die durch die gezielte Umgehung von Kontrollen und die Vermeidung von Auffälligkeiten in Blutbildern zu Tage tritt.
(iii) Rechtsordnungen am Tatort
735
Das Tatgericht muss bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95). Hinsichtlich der Taten welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in der jeweiligen Rechtsordnung sanktioniert werden würden.
- Österreich
736
Die Rechtlage in Österreich hat die Kammer auch hier entsprechend der Ausführungen unter E.I.2.b)(iii) berücksichtigt.
- Italien
737
Die verfahrensgegenständlichen in Italien begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort gemäß Artikel 9 des italienischen Anti-Doping-Gesetzes bzw. gemäß Artikel 586-bis des italienischen Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht (D.II.3). Gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Anti-Doping-Gesetzes - bzw. Artikel 586-bis des Strafgesetzbuches - umfasse nach den Ausführungen des Gutachtens von Privatdozent Dr. H.-G. K. vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht in Freiburg i. Br. der dortige Strafrahmen Gefängnisstrafe von 3 Monaten bis zu 3 Jahren und Geldstrafe von 2.582 Euro bis 51.645 Euro. Sachverständig beraten hat die Kammer weiter festgestellt, dass gemäß Artikel 9 Absatz 4 des Anti-Doping-Gesetzes auf die Verurteilung zwingend ein zeitiges Verbot der Berufsausübung folgt, wenn die Tat von einem Angehörigen eines medizinischen Berufs begangen wurde.
738
Anders als in Deutschland, wo nach dem dualistischen System zwischen Täterschaft und Teilnahme unterschieden wird, gelte in Italien ausweislich des von der Kammer eingeholten Gutachtens das Einheitstätermodell. Danach seien grundsätzlich alle an derselben Straftat Beteiligten gleicher-maßen für diese verantwortlich. Liegt eine strafbare Beteiligung vor, so seien zunächst alle Angeschuldigten gleichermaßen verantwortlich.
- Schweiz
739
Die Rechtlage in der Schweiz hat die Kammer auch hier entsprechend der Ausführungen unter E.I.2.b)(iii) berücksichtigt.
- Belgien
740
Die verfahrensgegenständliche in Belgien begangene Tat war zum Tatzeitpunkt auch am Tatort mit Strafe bedroht (D.II.5). Ausweislich des von der Kammer hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens von Prof. D. S. und L. D. werde gemäß Artikel 22 des Dekrets vom 20.10.2011 mit einer Gefängnisstrafe von 5 Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von 50 Euro oder nur einer dieser Strafen bestraft, wer die Bestimmungen in Artikel 6 § 6 Absatz 2 - § 10 verletze. Dies gelte unbeschadet der Anwendung von Disziplinarstrafen, die von den Sportorganisationen verhängt werden und anderen Strafen gemäß Strafgesetzbuch oder Sondervorschriften. Im Falle der Rückfälligkeit innerhalb von 2 Jahren nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der obigen Straftat können die Strafen verdoppelt werden. Daraus ergibt sich eine konkrete Sanktionierungsmöglichkeit als erste Sanktion von Gefängnisstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren. Eine Geldstrafe als zweite Sanktion bewegt sich zwischen 50 Euro und 5 Euro. Die Strafen werden mit einem bestimmten Koeffizienten multipliziert. Dieser belaufe sich gegenwärtig auf 8. Eine Geldstrafe würde somit zwischen 40 Euro und 400 Euro liegen. Beide Strafen könnten kumuliert werden.
741
Die Kammer schließt sich diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Gutachtens aufgrund eigener Überzeugungsbildung an.
- Estland
742
Die verfahrensgegenständlichen in Estland begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht (D.II.6). Die Kammer hat sich auch hinsichtlich der Rechtslage in Estland durch Gutachterin PhD A. S. von der Universität Tartu sachverständig beraten lassen und sich aufgrund eigener Überzeugung die in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen zu eigen gemacht. Gemäß § 195 des estnischen Strafgesetzbuches in der von 01.01.2015 bis 01.03.2020 geltenden und somit auf die gegenständlichen Handlungen anzuwendenden Fassung sei nach dessen Absatz 1 die Verschreibung eines Arzneimittels zur Verwendung als Doping im Sport, Anstiftung zur Verwendung eines Arzneimittels als Doping oder Übergabe eines Arzneimittels zu dessen Verabreichung als Doping strafbar. Der Strafrahmen für diesen Grundtatbestand beträgt dabei Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 1 Jahr; die Qualifikation, etwa im Wiederholungsfall, wird mit Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bedroht. Hervorzuheben ist, dass die Anwendung von Doping durch die Sportler selbst nicht strafbar ist, auch nicht nach der neuen Gesetzesnovellierung ab dem 01.03.2020. Der Gesetzgeber habe dies damit begründet, dass es zur Bestrafung des Sportlers selbst hinreichend andere Mittel und Wege gebe.
- Frankreich
743
Die verfahrensgegenständlichen in Frankreich begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort mit Strafe bedroht (D.II.7). Sachverständig beraten durch Prof. Dr. J. L.-H. als Gutachterin stellte die Kammer fest, dass die Verabreichung von (einer beliebigen Menge) eigenem Blut oder von roten Blutkörperchen an einen Sportler ohne medizinischen Grund mit 5 Jahren Gefängnisstrafe und 75.000 Euro Geldstrafe gemäß Artikel L.232-10, 1˚, L.232-26 Absatz II, Satz 1 des Sportgesetzbuches (Code du sport) und Artikel 1 des darauf basierenden Erlasses vom 23.02.2018 bestraft wird. Ausweislich des Gutachtens werde die Strafe auf 7 Jahre Gefängnisstrafe und 150.000 Euro Geldstrafe erhöht, wenn die Tat durch eine organisierte Bande begangen wird, Artikel L.232-26, Absatz II, Satz 2 Code du sport. Es handle sich nach französischem Recht um eine Straftat als Vergehen, was unter anderem auch bedeute, dass die Teilnahme, welche Beihilfe und Anstiftung einschließe, ebenfalls stets strafbar sei. Die Kammer schließt sich diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Gutachtens aufgrund eigener Überzeugungsbildung an.
- Spanien
744
Auch die verfahrensgegenständlichen in Spanien begangenen Taten waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten auch am Tatort gemäß Artikel 362 quinquies des spanischen Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht (D.II.8). Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. W. P. und Dr. T. M. P. ist dabei ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 2 Jahren sowie einer Geldstrafe zwischen 6 und 18 Monaten und einer Sondersperre für die Berufsausübung oder die Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes, Berufes oder Amtes über einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren anzuwenden. Da es sich bei Artikel 362 quinquies des spanischen Strafgesetzbuches um eine Straftat gegen die öffentliche Gesundheit handele, würden sukzessive Dopinghandlungen an einem einzigen Sportler von den spanischen Gerichten als eine einzige Tat angesehen. Das spanische Strafrecht kenne als Täterschaftsformen die Einzeltäterschaft, die Mittäterschaft und die mittelbare Täterschaft. Als Teilnahmeformen seien Anstiftung, notwendige Beihilfe und einfache Beihilfe bekannt. Anstiftung und notwendige Beihilfe würden jedoch als Täterschaft angesehen und wie diese bestraft. Für eine Täterschaft selbst sei es nicht unbedingt notwendig, dass ein Täter bei der Ausführung anwesend sei. Im Ergebnis sei eine ähnliche wie der deutschen Strafrechtswissenschaft ausgestaltete „Tatherrschaft“ entscheidend. Da vorliegend nach spanischem Recht sukzessive Dopinghandlungen an einem einzelnen Sportler als eine einzige Straftat zu bestrafen seien, sei grundsätzlich von dem einfachen Strafrahmen des Artikels 362 quinquies Absatz 1 spanisches Strafgesetzbuch auszugehen, welcher als kumulativ zu verhängende Strafen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 2 Jahren, Geldstrafe von 6 Monaten bis 18 Monaten und ein Berufsverbot von 2 Jahren bis 5 Jahren vorsehe. Eine banden- oder gewerbsmäßige Begehung erfasse das spanische Strafrecht nicht als Strafschärfungsgrund. Sei der Täter jedoch Arzt, so verschärfe sich der Strafrahmen für das Berufsverbot gemäß Artikel 372 des spanischen Strafgesetzbuches auf eine Dauer von 3 Jahren bis 10 Jahren.
745
Die Kammer schließt sich diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Gutachtens aufgrund eigener Überzeugungsbildung an.
(iv) Einzelstrafen
746
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von J. D. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit nur eine tatbestandliche Handlung enthalten ist, welche in Österreich stattfand, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.III.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich hierbei um nur eine Rückführung von ohnehin noch bei dem Angeklagten gelagerten Blutbeuteln des J. D. für dessen geplantes Comeback handelte.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von St. D. in der Saison 2016 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen möglicherweise in Österreich und eine Handlung in Italien und eine Handlung in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.IV.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. in dieser Saison zunächst noch allein gehandelt hat und erst bei der letzten Rückführung an St. D. im Juli 2016 den Angeklagten D. Q. in die Betreuung des Athleten mit eingebunden hat.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von St. D. in der Saison 2017 gebildeten Bewertungseinheit fünf, möglicherweise auch sechs Handlungen in Österreich enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.IV.3B.IV.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. zu insgesamt der Hälfte der Handlungen den medizinisch nicht ausgebildeten Angeklagten D. Q. schickte, diese jedoch wiederum alle in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb der Österreichrundfahrt 2017 stehen.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von St. D. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit drei, möglicherweise auch fünf Handlungen in Österreich und zwei Handlungen in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.IV.4 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer neben dem relativ geringen Zeitablauf seit der Tat andererseits auch besonders berücksichtigt, dass mehrere Handlungen in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb der Tour de Suisse 2018 und diese alle durch die Angeklagte D. S. ausgeführt stattfanden.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die unter B.V.1 abgehandelte Betreuung von D. B. in der Saison 2016/17 die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. in dieser Saison noch allein gehandelt hat und dass sich teilweise Synergien mit der Dopingbetreuung des M. H. ergaben.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von D. B. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch drei Handlungen in Österreich, eine Handlung in Italien und zwei Handlungen in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.V.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass hier sowohl der medizinisch nicht ausgebildete Angeklagte D. Q. als auch die Angeklagte D. S. eingesetzt wurden. Auch die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von M. H. hat die Kammer gesehen, ebenso wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von D. B. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch neun Handlungen in Österreich, eine Handlung in Italien und eine Handlung in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.V.3 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von M. H. ergaben, der Angeklagte Dr. M. Sch., soweit er die Behandlungen nicht selbst durchführte, dafür die medizinisch vorgebildete Krankenschwester D. S. einsetzte und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die unter B.VI.1 abgehandelte Betreuung von M. H. in der Saison 2016/17 die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. in dieser Saison noch allein gehandelt hat und dass sich teilweise Synergien mit der Dopingbetreuung des D. B. ergaben.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von M. H. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch fünf Handlungen in Österreich, eine Handlung in Italien und eine Handlung in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.VI.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass hier sowohl der medizinisch nicht ausgebildete Angeklagte D. Q. als auch die Angeklagte D. S. eingesetzt wurden. Auch die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von D. B. hat die Kammer gesehen, ebenso wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von M. H. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch sechs Handlungen in Österreich, eine Handlung in der Schweiz und eine Handlung in Estland enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.VI.3 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von D. B. ergaben, der Angeklagte Dr. M. Sch., soweit er die Behandlungen nicht selbst durchführte, dafür die medizinisch vorgebildete Krankenschwester D. S. einsetzte und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die unter B.VII.1 abgehandelte Betreuung von E. M. in der Saison 2016 die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 3 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich nur um eine Rückführung für den Ironman Klagenfurt handelte, andererseits fand diese in einem Pkw auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums statt.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von E. M. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit nur eine tatbestandliche Handlung enthalten ist, welche in Österreich stattfand, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.VII.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich nur um eine Rückführung für den Ironman Klagenfurt handelte.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. T. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung in Österreich, eine Handlung in Italien, zwei Handlungen in der Schweiz und eine Handlung in Estland enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.VIII.1 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass hier sowohl der medizinisch nicht ausgebildete Angeklagte D. Q. als auch die Angeklagte D. S. eingesetzt wurden. Auch die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von weiteren estnischen Skilangläufern hat die Kammer gesehen, ebenso wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. T. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch drei Handlungen in Österreich, zwei Handlungen in Italien, eine Handlung in der Schweiz und zwei Handlungen in Estland enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.VIII.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von anderen estnischen Skilangläufern ergaben, der Angeklagte Dr. M. Sch., soweit er die Behandlungen nicht selbst durchführte, dafür die medizinisch vorgebildete Krankenschwester D. S. und den ebenfalls medizinisch qualifizierten Rettungssanitäter S. M. einsetzte und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Langlaufwettbewerbe in Otepää und innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. K. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung in Estland enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.IX abgehandelte Betreuung die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass hier sowohl der medizinisch nicht ausgebildete Angeklagte D. Q. als auch die Angeklagte D. S. eingesetzt wurden. Auch die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von weiteren estnischen Skilangläufern hat die Kammer gesehen, ebenso wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea. Auch war zu berücksichtigen, dass verfahrensgegenständlich hier ausschließlich die Betreuung anlässlich der Olympischen Winterspiele - inklusive Entnahme, Rückführung vor Abreise, Betreuung in Südkorea und abermalige Entnahme nach der Rückreise nach Europa - war.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von Ch. K.-F. in der Saison 2017 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen in Österreich und eine Handlung in Belgien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.X.1 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass die Injektion der Hämoglobinlösung nicht als Teil der Wettkampfsaison anzusehen ist, sondern erst nach den Wettkämpfen, jedoch vor den Entnahmen für die folgende Saison und damit zwischen den Saisonen 2017 und 2018 erfolgte, und dass der Angeklagte Dr. M. Sch. in dieser Saison alleine gehandelt hat.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von Ch. K.-F. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit auch vier Handlungen in Österreich und eine Handlung in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.X.3 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 3 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. entweder selbst gehandelt hat oder sich der Hilfe der medizinisch geschulten Angeklagten D. S. bediente.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. V. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung in Österreich, eine Handlung in Italien, zwei Handlungen in der Schweiz und eine Handlung in Estland enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XI.1 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass hier sowohl der medizinisch nicht ausgebildete Angeklagte D. Q. als auch die Angeklagte D. S. eingesetzt wurden. Auch die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von weiteren estnischen Skilangläufern hat die Kammer gesehen, ebenso wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. V. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen in Österreich und eine Handlung in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XI.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von anderen estnischen Skilangläufern ergaben, der Angeklagte Dr. M. Sch., soweit er die Behandlungen nicht selbst durchführte, dafür die medizinisch vorgebildete Krankenschwester D. S. einsetzte und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen in Italien, eine Handlung in der Schweiz und eine Handlung in Estland enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XII.1 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass hier sowohl der medizinisch nicht ausgebildete Angeklagte D. Q. als auch die Angeklagte D. S. eingesetzt wurden. Auch die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea hat die Kammer beachtet.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen in Österreich und drei Handlungen in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XII.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch., soweit er die Behandlungen nicht selbst durchführte, dafür die medizinisch vorgebildete Krankenschwester D. S. und den ebenfalls medizinisch qualifizierten Rettungssanitäter S. M. einsetzte und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. D. in der Saison 2017 gebildeten Bewertungseinheit nur eine tatbestandliche Handlung enthalten ist, welche in Österreich stattfand, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XIII.1 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich lediglich um die Betreuung zur der Kroatienrundfahrt handelte, welche der Athlet nach einem Sturz abbrechen musste.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. D. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit auch drei Handlungen in Österreich, zwei Handlungen in Italien, drei Handlungen in der Schweiz, vier Handlungen in Frankreich und zwei Handlungen in Spanien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XIII.1 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich jeweils mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Tour de Romandie und innerhalb der Tour de France abspielten.
- Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von G. P. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit sieben Handlungen in Österreich und fünf Handlungen in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.XIV abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 4 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte Dr. M. Sch. den in medizinischen Fragen unbedarften Angeklagten D. Q. einsetzte, wenn er nicht selbst die Handlungen vornahm, andererseits sich jeweils mehrere der Taten in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb des Giro d’Italia und innerhalb der Österreichischen Straßenmeisterschaften abspielten.
4. Körperverletzung (B.X.2)
a) Strafrahmen
747
Hinsichtlich der als gefährliche Körperverletzung qualifizierten Injektion der Lösung bei Ch. K.-F. am 13.09.2017 in N. im Innkreis (B.X.2) wendet die Kammer den Strafrahmen von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren an, § 224 Absatz 1 StGB.
(i) §§ 223, 224 Absatz 1 StGB; minder schwerer Fall nach § 224 Absatz 1 StGB
748
Zunächst ausgehend von dem Regelstrafrahmen des § 223 Absatz 1 StGB für eine vorsätzliche Körperverletzung von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe kommt die Kammer aufgrund des vorliegend erfüllten Qualifikationstatbestandes des § 224 Absatz 1 Nr. 1 StGB zu dem Qualifikationsstrafrahmen des § 224 Absatz 1 für eine gefährliche Körperverletzung von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
749
Gemäß § 224 Absatz 1 ist in minder schweren Fällen der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Absatz 1 ein geminderter Strafrahmen von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzuwenden. Zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
750
Zu Gunsten des Angeklagten sprechen hier insbesondere, dass der Angeklagte strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist und objektiv den Tatbestand der Körperverletzung eingeräumt hat. Die Kammer wertet zu seinen Gunsten auch, dass der Angeklagte, nachdem es der Geschädigten Ch. K.-F. nach der Injektion zusehends schlechter ging, ihre Vitalfunktionen überprüfte. Der Angeklagte hat sich in seinem Schreiben vom 06.01.2021 an die Geschädigte bei dieser entschuldigt. Zu Gunsten ist ferner zu berücksichtigen, dass das gefriergetrocknete Hämoglobin im Körper der Geschädigten keine mittel- oder längerfristigen Schäden anrichten konnte: es bestand weder die Gefahr von Langzeit- noch von Dauerschäden. Nach der kurzfristigen körperlichen Reaktion und nach Ausscheiden mit dem Urin war die Wirkung auf den Körper beendet.
751
Demgegenüber sprechen jedoch entscheidende Gründe gegen die Annahme eines minder schweren Falls. Der Angeklagte Dr. M. Sch. injizierte der Athletin eine Lösung mit einem Inhaltsstoff, über dessen Eigenschaften und Wirkungsweise er - und zwar völlig unabhängig und losgelöst von der einher gehenden Irrtumsproblematik - nicht ausreichend sicher Bescheid wusste. Er tat dies, um an einer Sommersportlerin eine vermutete Wirkungsweise zu testen, die im positiven Verlauf dann bereits für die von ihm betreuten Sportler der Wintersaison zum Einsatz kommen sollte. Er missbrauchte den sportlichen Ehrgeiz der Geschädigten K.-F. zu Testzwecken und instrumentalisierte so die Sportlerin zu einem „Versuchskaninchen“. Der Versuchsaufbau dieses Menschenexperiments war dilettantisch und entsprach in keinerlei Hinsicht ethischen Standards. Außerdem ist negativ zu berücksichtigen, dass der Angeklagte die Geschädigte Ch. K.-F. nach der Injektion zu Hause zurückließ, um noch einen weiteren Termin mit einem anderen Sportler wahrzunehmen, nachdem sich deren Zustand zwar stabilisiert, aber bei weitem noch nicht wieder normalisiert hatte. Seinen geschäftlichen Interessen als „Doping-Doc“ hat er damit Vorrang eingeräumt. Schließlich wertet die Kammer zulasten des Angeklagten, dass die Geschädigte nach ihrer Vernehmung durch die österreichischen Ermittler massiv unter Ängsten litt wegen der Ungewissheit, was am 13.09.2017 überhaupt mit ihr geschah und ob dieses Experiment nicht doch Folgeschäden insbesondere im Zusammenhang mit der Niere nach sich ziehen würde. Noch während ihrer Zeugeneinvernahme durch die Kammer waren diese Ängste, die die Zeugin massiv verunsicherten, mit Händen zu greifen.
752
Die Kammer konnte nach alldem nicht zu der Überzeugung gelangen, dass vorliegend die Voraussetzungen für die Annahme eines minder schweren Falls gegeben sind. Es ist daher der normale Qualifikationsstrafrahmen des § 224 Absatz 1 StGB für eine gefährliche Körperverletzung von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren anzuwenden.
(ii) Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung, § 46a StGB
753
Zur Überzeugung der Kammer sind die Voraussetzungen des § 46a StGB nicht gegeben. Eine materielle Entschädigung wurde nicht geleistet. Auch die schriftliche Entschuldigung des Angeklagten Dr. M. Sch. bei Ch. K.-F. mit dem Schreiben vom 06.01.2021 genügt für sich allein den Anforderungen an einen für die Anwendung des § 46a StGB hinreichenden Ausgleich mit der Verletzten nicht.
754
Nach § 46a Nr. 1 StGB müsste der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem oder der Verletzten zu erreichen, seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt haben. Dabei setzt § 46a Nr. 1 StGB neben einem Geständnis einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein muss und den das Opfer als friedensstiftend akzeptiert (BGH, Urteil vom 19.12.2002 - 1 StR 405/02). Dazu gehört auch, dass der Täter die Verantwortung für das Geschehene in Anerkennung der Opferrolle des Geschädigten übernimmt (BGH, Beschluss vom 04.08.2009 - 1 StR 297/09). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Zunächst fehlt es an einem Geständnis in dem erforderlichen Umfang. Der Angeklagte hat das Geschehen um die Injektion selbst zwar objektiv eingeräumt, doch gibt er an, die Athletin umfangreich aufgeklärt und sie nicht nur überredet zu haben, dem Versuch zuzustimmen. Wie oben unter D.VII. dargelegt liegt keine wirksame Einwilligung vor. Selbst wenn der Angeklagte Dr. M. Sch. gewusst hätte, was er überhaupt der Geschädigten injiziert, genügten die Gespräche im Vorfeld mit der Sportlerin und ihrem Ehemann, die von Lügen über angebliche Testungen durchsetzt waren, nicht den Anforderungen. Mit den Lügen räumte er nicht gänzlich in seinem Schreiben vom 06.12.2020 an die Geschädigte auf. Neben einem kurzen „Sorry“ erklärte er vor allem die Wirkungsweise des getrockneten Hämoglobins im Körper und begründete damit die Ungefährlichkeit seines Tuns. Das Schreiben setzt keinen kommunikativen Prozess in Gang; bis zum Schluss der Hauptverhandlung ist eine echte Kommunikation mit der Geschädigten, gar ein Ausgleich nicht in Gang gesetzt worden. Insbesondere auch bei der Vernehmung von Ch. K.-F. in der Hauptverhandlung am 24.11.2020 kam es zu keinem derartigen, wie auch immer gearteten Austausch. Auch wenn das Schreiben des Angeklagten vom 06.12.2020 als strafmindernd im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen ist, so sind doch die Voraussetzungen für einen Täter-Opfer-Ausgleich i.S.d. § 46a StGB vorliegend nicht gegeben.
(iii) Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
755
Eine Strafrahmenverschiebung aufgrund von § 46b StGB kommt vorliegend mangels Katalogtat nicht in Betracht (vgl. E.I.2.a)(iv)). Darüber hinaus wären jedoch auch die materiellen Voraussetzungen des § 46b StGB hier ebenfalls nicht gegeben.
b) Strafzumessung i.e.S.
(i) Zu Gunsten
756
Zu Gunsten des Angeklagten Dr. M. Sch. hat die Kammer auch hier berücksichtigt, dass der Angeklagte bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Die äußeren Umstände des objektiven Tatbestandes hat er ferner eingeräumt. Die Kammer wertet ferner zu Gunsten des Angeklagten, dass der Angeklagte, nachdem es Ch. K.-F. nach der Injektion zusehends schlechter ging, ihre Vitalfunktionen überprüfte und damit ihr zunächst ärztlichen Beistand leistete. Der Angeklagte hat sich in seinem Schreiben vom 06.01.2021 an die Geschädigte bei dieser entschuldigt, was ebenfalls positiv zu bemessen ist. Schließlich fließt in die Zumessung ein, dass das injizierte Hämoglobin im Körper der Geschädigten keine mittel- oder längerfristigen Schäden, insbesondere auch keine Dauerschäden verursacht hat.
(ii) Zu Lasten
757
Der Angeklagte Dr. M. Sch. injizierte der Athletin eine Lösung mit einem Inhaltsstoff, über dessen Eigenschaften und Wirkungsweise er nicht ausreichend sicher Bescheid wusste. Er hatte die Vorstellung eines Inhaltsstoffes, der sich in einer experimentellen Phase befand und über keinerlei Zulassung verfügte, verabreichte aber tatsächlich - wie es gut lesbar auf der Verpackung stand - gefriergetrocknetes humanes Hämoglobin, eine Laborchemikalie, die für die Einnahme nicht geeignet war. Mit beidem hatte er sich nicht auseinandergesetzt. Massiv zu Lasten des Angeklagten musste sich dabei auswirken, dass es sich um ein Menschenexperiment gehandelt hat: Er verabreichte der Sommersportlerin Ch. K.-F. unter Vorspiegelung falscher Tatsachen auf der Basis der Behauptung, das Mittel sei getestet, eine Laborchemikalie mit dem Hintergrund, dass für den Fall, dass sein Experiment erfolgreich verlaufen würde, er „das Pulver“ den von ihm betreuten Wintersportlern dann ruhigen Gewissens anbieten konnte. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte die Geschädigte Ch. K.-F. nach der Injektion zu Hause zurückließ, um noch einen weiteren Termin mit einem Sportler wahrzunehmen, nachdem sich deren Zustand zwar stabilisiert, aber noch nicht wieder normalisiert hatte. Wie oben bereits dargelegt, waren für ihn geschäftliche Interessen als „Doping Doc“ vorrangig vor der ärztlichen Zuwendung. Schließlich fließt zulasten des Angeklagten in die Strafzumessung ein, dass die Geschädigte K.-F. nach ihrer Vernehmung durch die österreichischen Ermittler massiv unter Ängsten litt wegen der Ungewissheit, was am 13.09.2017 überhaupt mit ihr geschah und ob dieses Experiment nicht doch Folgeschäden insbesondere im Zusammenhang mit der Niere nach sich ziehen würde. Diese Ängste verunsicherten die Zeugin noch in ihrer Zeugeneinvernahme im November 2020 stark.
(iii) Rechtsordnung am Tatort
758
Das Tatgericht muss bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95). Hinsichtlich der Taten welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in der jeweiligen Rechtsordnung sanktioniert werden würden.
759
Da die gegenständliche Tat in B. in Österreich begangen wurde, hat die Kammer auch die dortige, insoweit gerichtsbekannte Rechtslage (siehe dazu unter D.II.2.b)) bei der Strafzumessung berücksichtigt. Gemäß § 83 ÖStGB ist dort die gewöhnliche Körperverletzung mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen bedroht. Eine dem Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung entsprechende Qualifikation gibt es in Österreich nicht; die Voraussetzungen eines der Tatbestände der schweren Körperverletzung gemäß § 84 ÖStGB sind vorliegend - genauso wie die nach § 226 StGB - nicht gegeben. Hinsichtlich der Strafzumessung gilt das unter E.I.2.b)(iii) zu der Rechtslage in Österreich im letzten Absatz zu den §§ 32 ff. ÖStGB Ausgeführte.
(iv) Einzelstrafe
760
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass die Handlung in Österreich stattgefunden hat, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.X.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
2 Jahren 6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist.
5. Gesamtstrafe
761
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Bildung der Gesamtstrafe ein eigenständiger und zu begründender Strafzumessungsakt, der gemäß § 54 Absatz 1 Satz 2 StGB durch die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe (sog. Einsatzstrafe) erfolgt und sich nicht an der Summe der Einzelstrafen oder an rechnerischen Grundsätzen zu orientieren hat, sondern an gesamtstrafenspezifischen Kriterien (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.10.2018 - 1 StR 140/18, vom 5.8.2010 - 2 StR 340/10 und vom 13.11.2008 - 3 StR 485/08). Dabei sind bei der erforderlichen Gesamtschau der Taten namentlich das Verhältnis der einzelnen Straftaten zueinander, insbesondere ihr Zusammenhang, ihre größere oder geringere Selbständigkeit, ferner die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweise sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen. Ferner ist in einer Würdigung der Person des Täters seine Strafempfindlichkeit, seine größere oder geringere Schuld im Hinblick auf das Gesamtgeschehen und seine innere Einstellung zu den Taten zu erörtern (BGH, Beschluss vom 12.11.2019 - 1 StR 415/19).
762
Unter nochmaliger Abwägung aller im einzelnen geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer danach gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren 9 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 10 Monaten als tat- und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass es sich zum Großteil um im Wesentlichen gleichgelagerte Taten handelt.
II. D. Q.
763
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
1. Strafrahmen
764
Bei der Bemessung der Einzelstrafen ist jeweils vom Strafrahmen des § 4 Absatz 5 AntiDopG auszugehen, wonach Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre jeweils in Frage kommt.
a) Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG
765
Der Angeklagte D. Q. hat sich aufgrund der elf unter B.IV.2, B.IV.3, B.V.2, B.VI.2, B.VIII.1, B.IX, B.XI.1, B.XII.1, B.XIII.1, B.XIII.2 und B.XIV festgestellten Sachverhalte der unerlaubten Beihilfe zum gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in elf Fällen strafbar gemacht. Es ist daher zunächst von dem Normalstrafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auszugehen.
b) Gewerbsmäßiges Handeln nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG
766
Neben dem Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG hat der Angeklagte D. Q. in allen genannten Fällen auch den Qualifikationstatbestand der Gewerbsmäßigkeit des § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG verwirklicht. Der Strafrahmen erhöht sich daher auf den des § 4 Absatz 4 AntiDopG von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
c) Handeln als Mitglied einer Bande nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG
767
Das weitere Qualifikationsmerkmal der bandenmäßigen Begehungsweise nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG hat der Angeklagte D. Q. vorliegend bei allen Taten nicht verwirklicht. Da § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG die Varianten der gewerbsmäßigen und der bandenmäßigen Begehungsweise als Alternativen nebeneinander stellt, wirkt sich dies auf die Bestimmung des Strafrahmens hier nicht aus, so dass dennoch vom Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG auszugehen ist.
d) Minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG
768
§ 4 Absatz 5 AntiDopG sieht für minder schwere Fälle des Absatzes 4 eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist - wie hier gemäß §§ 27 Absatz 2 Satz 2, 49 Absatz 1 StGB (siehe unten E.II.1.e)) - auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtwürdigung zunächst geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falls tragen (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 20.12.2016 - 1 StR 590/16, Urteil vom 07.03.2017 - 2 StR 567/16). Die Kammer ist bei allen der hier behandelten Fälle zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen zur Annahme eines minder schweren Falls vorliegen.
769
Zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
770
Im Ergebnis kann in keinem Fall ein minder schwerer Fall angenommen werden.
(i) Zu Gunsten
771
Zu Gunsten des Angeklagten D. Q. sind folgende Umstände in die Gesamtwürdigung einzustellen:
772
Der Angeklagte hat sich in der laufenden Hauptverhandlung geständig eingelassen. Er hat dabei insbesondere Rahmenumstände im Zusammenhang mit von ihm betreuten Sportlern näher beleuchtet, so dass die konkrete Tätigkeit des Angeklagten für den Mitangeklagten Dr. M. Sch. plastischer wurde. Hierbei wurde deutlich, dass so mancher Sportler durchaus selber oder durch ihm nahestehende Personen sich Blut zuführen lassen konnte und damit nicht darauf angewiesen war, dass der Angeklagte Q. ihm die Nadel setzte. Sein Geständnis war getragen von Schuldeinsicht und Reue. Der Angeklagte D. Q. hat sich aus Dankbarkeit und Verbundenheit gegenüber dem Angeklagten Dr. M. Sch. von diesem zu dem verfahrensgegenständlichen kriminellen Verhalten bestimmen lassen. Der Angeklagte hat sich in allen Fällen nur der Beihilfe i.S.d. § 27 StGB schuldig gemacht. Der Angeklagte D. Q. hat als einziger der Angeklagten von sich aus bereits im Herbst 2018 seine Unterstützungsmaßnahmen für das Blutdoping vollumfänglich eingestellt. Auch der Angeklagte D. Q. sowie sein direktes Umfeld sind durch das starke mediale Interesse an dem Fall und seiner Person überdurchschnittlich beeinträchtigt. Die Untersuchungshaft des Angeklagten D. Q. war mit außergewöhnlichen Belastungen verbunden, zum einen durch den mehrmaligen Wechsel der Haftanstalt, aber zum anderen auch durch die allgemeinen pandemiebedingten Einschränkungen - insbesondere auch der Besuchsmöglichkeiten - in der Haft, sowie die zeitweilige Quarantäne während der Untersuchungshaft, während der der Angeklagte erneut verlegt worden ist. Der Angeklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens unter dem Eindruck der Covid-19-bedingten Sondersituation ein besonders verantwortungsvolles Verhalten gezeigt und im Laufe der Hauptverhandlung auf die wiederholte Ladung diverser erscheinungsunwilliger ausländischer Zeugen verzichtet. Der Angeklagte hat sich mit der formlosen Einziehung sichergestellter bzw. beschlagnahmter inkriminierter Gegenstände einverstanden erklärt.
773
Das Verwaltungsgericht München hat - wie bereits oben für den Angeklagten Dr. M. Sch. dargelegt - in seinem Urteil vom 24.9.2020, Az. M 10 K 20.222 festgestellt, dass ein geringfügiger Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren („Fair Trial“)und damit auch gegen Art. 6 EMRK durch die um Stunden verfrühte Veröffentlichung der Anklageschrift vorliegt. Dieser Verstoß ist jedoch bei der Strafzumessung - und bei der vorliegenden Abwägung - zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen.
(ii) Zu Lasten
774
Zu Lasten des Angeklagten D. Q. sind die folgenden Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen:
775
Es handelt sich um eine Vielzahl einzelner Handlungen über einen längeren Zeitraum von Juli 2016 bis Oktober 2018 hinweg. Der Angeklagte D. Q. hat für den Angeklagten Dr. M. Sch. nicht nur bspw. logistische Unterstützung geleistet, sondern auch medizinische Tätigkeiten wie das Legen eines intravenösen Zugangs und die Entnahme oder Zuführung von Blut oder dessen Bestandteilen übernommen, obwohl er dazu keinerlei medizinische Ausbildung hatte. Die Hauptverhandlung hat jedoch auch ergeben, dass dies tatsächlich in geringerem Umfang erfolgt ist, als in der Anklageschrift von der Staatsanwaltschaft noch angenommen worden war. Andererseits umfassten die Tätigkeiten des Angeklagten D. Q. verglichen mit denen der anderen Angeklagten um den Angeklagten Dr. M. Sch. ein viel breiteres Spektrum an - vor allem nichtmedizinischen - Hilfstätigkeiten.
776
Die Dopingmittel waren - über die Selbstgefährdung des Einnehmenden hinaus - auch zu Wettkampfzwecken bestimmt, wodurch auch Chancengleichheit und Fairness im Sport beeinträchtigt sein konnten.
777
Schließlich ist der Angeklagte D. Q. strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten (A.II.2), wenn auch nicht einschlägig. Er hat sich seit der Tat der Vorverurteilung im Januar 2003 jedoch lange Zeit vollkommen straffrei geführt.
(iii) Gesamtbetrachtung
778
Der Angeklagte D. Q. war in allen Taten als Gehilfe des Mitangeklagten Dr. M. Sch. tätig.
779
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände unter zusätzlicher Berücksichtigung der Milderung wegen der Beihilfe aus §§ 27 Absatz 2, 49 Absatz 1 StGB kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass ein minder schwerer Fall gemäß § 4 Absatz 5 AntiDopG angenommen werden kann, weil eine deutliche Abweichung nach unten gegeben ist. Der Angeklagte D. Q. hat sich in allen elf Fällen der Beihilfe strafbar gemacht. Er ist - entgegen der Annahme noch in der Anklageschrift - nicht als Mittäter anzusehen. Gemäß § 27 Absatz 2 Satz 2 StGB ist die Strafe deshalb grundsätzlich nach § 49 Absatz 1 StGB zu mildern. Ohne die Heranziehung des vertypten Milderungsgrunds der Beihilfe gemäß §§ 27, 49 Absatz 1 StGB hätte jedoch ein minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG nicht bejaht werden können, da nur unter Einschluss auch dieses Umstandes die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich in einem Maß von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
780
Der Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG betrüge in Verbindung mit §§ 27, 49 Absatz 1 StGB Freiheitsstrafe von drei Monate bis sieben Jahre sechs Monate, der des § 4 Absatz 5 AntiDopG geht von Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre und stellt somit den für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen dar. Es ist geboten, den für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen zu wählen.
e) Zwingende vertypte Milderungsgründe - Beihilfe, § 27 StGB
781
Gemäß § 50 StGB steht der vertypte Milderungsgrund aus §§ 27 Absatz 2, 49 Absatz 1 StGB nicht mehr zur Verfügung, da er bei der Strafrahmenwahl bereits verbraucht worden ist.
f) Fakultative vertypte Milderungsgründe - Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
782
Das Gericht kann die Strafe auch nach § 49 Absatz 1 StGB mildern, wenn es feststellt, dass unter den Voraussetzungen des § 46b StGB Hilfe zur Aufklärung oder zur Verhinderung von schweren Straftaten geleistet wurde. Vorliegend wurde mit der Einlassung in der Hauptverhandlung Aufklärungshilfe geleistet, jedoch nur hinsichtlich des Umfangs und der Umstände der verfahrensgegenständlichen Taten, welche bereits bekannt waren. Gemäß § 46b Absatz 3 StGB ist eine Milderung darüber hinaus ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgt ist. Die Voraussetzungen des § 46b StGB sind vorliegend nicht gegeben. Der Umstand der begrenzten Aufklärungshilfe findet dennoch bei der Frage nach einem minder schweren Fall (s.o.) sowie bei der Strafzumessung i.e.S. (folgt) Beachtung.
2. Strafzumessung i.e.S.
a) Zu Gunsten
783
Zu Gunsten des Angeklagten D. Q. finden die unter E.II.1.d)(i) genannten Umstände abermals Berücksichtigung.
b) Zu Lasten
784
Zu Lasten des Angeklagten D. Q. sind die unter E.II.1.d)(ii) genannten Umstände nochmals zu berücksichtigen.
c) Rechtsordnungen am Tatort
785
Wie bereits für den Angeklagten Dr. M. Sch. dargelegt, muss das Tatgericht bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95 m.w.N.). Hinsichtlich der Taten, welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten (siehe D.II.2.a), D.II.3 bis D.II.4 und D.II.6 bis D.II.8) für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in den jeweiligen Rechtsordnungen sanktioniert werden würden.
786
Hinsichtlich der mit Handlungen des Angeklagten D. Q. in Österreich, der Schweiz, Italien, Estland, Frankreich und Spanien begangenen Taten finden die unter E.I.2.b)(iii) zu Österreich und der Schweiz und unter E.I.3.b)(iii) zu Italien, Estland, Frankreich und Spanien gemachten jeweiligen Ausführungen zu Strafmaß und Strafzumessungserwägungen der jeweiligen Tatortrechtsordnungen auch hinsichtlich des Angeklagten D. Q. Anwendung.
d) Einzelstrafen
787
(i) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von St. D. in der Saison 2016 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung des Angeklagten D. Q. möglicherweise in Österreich enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.IV.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte D. Q. erst bei der letzten Rückführung der Saison an St. D. im Juli 2016 eingebunden wurde.
788
(ii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von St. D. in der Saison 2017 gebildeten Bewertungseinheit vier Handlungen des Angeklagten D. Q. in Österreich enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.IV.3 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass die Handlungen des Angeklagten D. Q. alle in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb der Österreichrundfahrt 2017 stehen.
789
(iii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von D. B. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung des Angeklagten D. Q. in Italien enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.V.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea gesehen.
790
(iv) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu der unter B.VI.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea gesehen.
791
(v) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. T. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung des Angeklagten D. Q. in Italien enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.VIII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung der Skilangläufer A. K., A. V. und A. P. hat die Kammer dabei ebenso gesehen wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
792
(vi) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu der unter B.IX abgehandelte Betreuung von A. K. in der Saison 2017/18 die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung der Skilangläufer K. T., A. V. und A. P. hat die Kammer dabei ebenso gesehen wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
793
(vii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. V. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung des Angeklagten D. Q. in Italien enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XI.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung der Skilangläufer K. T., A. K. und A. P. hat die Kammer dabei ebenso gesehen wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
794
(viii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung des Angeklagten D. Q. in Italien enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung der Skilangläufer K. T., A. K. und A. V. hat die Kammer dabei ebenso gesehen wie andererseits die besonders aufwändige Betreuung und die dafür erforderliche Logistik vor, während und nach den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang in Südkorea.
795
(ix) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. D. in der Saison 2017 gebildeten Bewertungseinheit nur eine tatbestandliche Handlung des Angeklagten D. Q. enthalten ist, welche in Österreich stattfand, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XIII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich lediglich um die Betreuung zur der Kroatienrundfahrt handelte, welche der Athlet nach einem Sturz abbrechen musste.
796
(x) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. D. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen des Angeklagten D. Q. in Italien, drei Handlungen in der Schweiz, vier Handlungen in Frankreich und zwei Handlungen in Spanien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XIII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 3 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich jeweils mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Tour de Romandie und innerhalb der Tour de France abspielten.
797
(xi) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von G. P. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit zwei Handlungen des Angeklagten D. Q. in Österreich und fünf Handlungen in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XIV abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 2 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich jeweils mehrere der Taten in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb des Giro d’Italia abspielten.
3. Gesamtstrafe
798
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung der unter E.I.5 im Einzelnen ausgeführten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu und unter nochmaliger Abwägung aller im einzelnen geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 1 Jahr 3 Monate auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 4 Monaten als tat- und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass der Angeklagte D. Q. dezidiert auch zu einzelnen Sportlern im Rahmen seines Geständnisses Stellung genommen hat.
III. D. S.
799
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
1. Strafrahmen
800
Bei der Bemessung der Einzelstrafen ist jeweils vom Strafrahmen des § 4 Absatz 5 AntiDopG auszugehen, wonach Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre jeweils in Frage kommt.
a) Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG
801
Die Angeklagte D. S. hat sich aufgrund der 15 unter B.III.2, B.IV.4, B.V.2, B.V.3, B.VI.2, B.VI.3, B.VIII.1, B.VIII.2, B.IX, B.X.3, B.XI.1, B.XI.2, B.XII.1, B.XII.2 und B.XIII.2 festgestellten Sachverhalte der unerlaubten Beihilfe zum gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in 15 Fällen strafbar gemacht. Es ist daher zunächst von dem Normalstrafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auszugehen.
b) Gewerbsmäßiges Handeln nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG
802
Neben dem Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG hat die Angeklagte D. S. in allen genannten Fällen auch den Qualifikationstatbestand der Gewerbsmäßigkeit des § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG verwirklicht. Der Strafrahmen erhöht sich daher auf den des § 4 Absatz 4 AntiDopG von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
c) Handeln als Mitglied einer Bande nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG
803
Das weitere Qualifikationsmerkmal der bandenmäßigen Begehungsweise nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG hat die Angeklagte D. S. vorliegend bei allen Taten nicht verwirklicht. Da § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG die Varianten der gewerbsmäßigen und der bandenmäßigen Begehungsweise als Alternativen nebeneinander stellt, wirkt sich dies auf die Bestimmung des Strafrahmens hier nicht aus, so dass dennoch vom Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG auszugehen ist.
d) Minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG
804
§ 4 Absatz 5 AntiDopG sieht für minder schwere Fälle des Absatzes 4 eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist - wie hier gemäß §§ 27 Absatz 2 Satz 2, 49 Absatz 1 StGB (siehe unten E.III.1.e)) oder gemäß §§ 46b, 49 Absatz 1 StGB (siehe unten E.III.1.f)) - auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtwürdigung zunächst geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falls tragen (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 20.12.2016 - 1 StR 590/16, Urteil vom 07.03.2017 - 2 StR 567/16). Die Kammer ist bei allen der hier behandelten Fälle zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen zur Annahme eines minder schweren Falls vorliegen.
805
Zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
(i) Zu Gunsten
806
Zu Gunsten der Angeklagten D. S. sind dabei die folgenden entscheidenden Umstände zu werten, die für die Annahme eines minder schweren Falls sprechen:
807
Die Angeklagte hat sich von Anfang an geständig gezeigt, ohne irgendetwas zu relativieren, und mit den Ermittlungsbehörden vollumfänglich kooperiert. Sie hat dadurch bereits zu einem sehr frühen Verfahrensstadium sehr wertvolle Aufklärungshilfe geleistet. Die Angeklagte D. S. zeigte glaubhaft Schuldeinsicht und Reue; eine sehr klare Reflexion über ihr eigenes Handeln ist gut erkennbar. Die Angeklagte D. S. ließ sich von dem Angeklagten Dr. M. Sch. zu dem verfahrensgegenständlichen kriminellen Verhalten bestimmen, da sie große finanzielle Probleme hatte, bei dem Angeklagten Dr. M. Sch. Schulden hatte und dem Angeklagten Dr. M. Sch. helfen wollte. Sie wurde dabei immer wieder „überrumpelt“ und ihre Hilfsbereitschaft durch Dr. M. Sch. ausgenutzt. Die Angeklagte ist medizinische Fachkraft und handelte als solche bei den Blutdopingmaßnahmen umsichtig und unter bestmöglicher Beachtung medizinischer Standards. Die Angeklagte hat sich in allen Fällen nur der Beihilfe i.S.d. § 27 StGB schuldig gemacht. Auch die Angeklagte D. S. sowie ihr direktes Umfeld sind durch das starke mediale Interesse an dem Fall und ihrer Person überdurchschnittlich beeinträchtigt. Die Angeklagte D. S. wurde im Ausland festgenommen und befand ich neben der inländischen Untersuchungshaft auch in Auslieferungshaft im Ausland. Die Angeklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens unter dem Eindruck der Covid-19-bedingten Sondersituation von Anfang an ein besonders verantwortungsvolles Verhalten gezeigt. Die Berücksichtigung der pandemiebedingten besonderen Umstände zeigt sich etwa durch die frühe Abgabe von Verzichtserklärungen hinsichtlich ausländischer Zeugen, die nicht auf erste Ladung erschienen sind, sodass deren polizeiliche Vernehmungen verlesen werden konnten. Die Angeklagte hat sich mit der formlosen Einziehung sichergestellter bzw. beschlagnahmter inkriminierter Gegenstände einverstanden erklärt.
808
Wie oben bereits bei der Strafrahmenwahl beim Mitangeklagten Dr. M. Sch. dargelegt hat das Verwaltungsgericht München hat in seinem Urteil vom 24.9.2020, Az. M 10 K 20.222, auf einen geringfügigen Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren („Fair Trial“)und damit auch gegen Art. 6 EMRK erkannt, dadurch dass die Staatsanwaltschaft um Stunden verfrüht die Anklageschrift bekannt gab. Auch bei der Anklagten D. S. fließt dies in die Zugunstenbetrachtung ein.
809
Die Angeklagte D. S. hat in Folge der Aufdeckung der verfahrensgegenständlichen Sachverhalte ihre bisherige Arbeitsstelle in einer herausgehobenen Position verloren. Die Angeklagte D. S. ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
(ii) Zu Lasten
810
Zu Lasten der Angeklagten D. S. sind die folgenden Umstände zu berücksichtigen:
811
Es handelt sich um eine Vielzahl einzelner Handlungen über einen längeren Zeitraum von Dezember 2017 bis Februar 2019 hinweg. Die Angeklagte D. S. hat dem Angeklagten Dr. M. Sch. umfassende, über den medizinischen Bereich hinausgehende Hilfe zum Blutdoping geleistet, etwa durch die Übernahme auch von Transporttätigkeiten oder die Abwicklung einer Zahlung unter Zuhilfenahme eines Kontos ihrer Tochter zur Verschleierung.
812
Die Dopingmittel waren - über die Selbstgefährdung des Einnehmenden hinaus - auch zu Wettkampfzwecken bestimmt, wodurch auch Chancengleichheit und Fairness im Sport beeinträchtigt sein konnten.
(iii) Gesamtbetrachtung
813
Die Angeklagte D. S. war in allen Taten als Gehilfin des Mitangeklagten Dr. M. Sch. tätig.
814
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände unter zusätzlicher Berücksichtigung der Milderung wegen der Beihilfe aus §§ 27 Absatz 2, 49 Absatz 1 StGB kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass ein minder schwerer Fall gemäß § 4 Absatz 5 AntiDopG angenommen werden kann, weil eine deutliche Abweichung nach unten gegeben ist.
815
Die Angeklagte D. S. hat sich in allen 15 Fällen der Beihilfe strafbar gemacht. Gemäß § 27 Absatz 2 Satz 2 StGB ist die Strafe deshalb grundsätzlich nach § 49 Absatz 1 StGB zu mildern. Ohne die Heranziehung des vertypten Milderungsgrunds der Beihilfe gemäß §§ 27, 49 Absatz 1 StGB hätte jedoch ein minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG nicht bejaht werden können, da nur unter Einschluss auch dieses Umstandes die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich in einem Maß von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Der Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG betrüge in Verbindung mit §§ 27, 49 Absatz 1 StGB Freiheitsstrafe von drei Monate bis sieben Jahre sechs Monate, der des § 4 Absatz 5 AntiDopG geht von Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre und stellt somit den für die Angeklagte günstigeren Strafrahmen dar. Es ist geboten, den für die Angeklagte günstigeren Strafrahmen zu wählen.
e) Zwingende vertypte Milderungsgründe - Beihilfe, § 27 StGB
816
Der vertypte Strafmilderungsgrund der Beihilfe gemäß §§ 27 Absatz 2, 49 Absatz 1 StGB steht gemäß § 50 StGB für eine weitere Strafrahmenverschiebung in keinem der Fälle mehr zur Verfügung, weil er in allen zur Verurteilung anstehenden Fällen bereits bei der Strafrahmenwahl des § 4 Absatz 5 AntiDopG Anwendung gefunden hat.
f) Fakultative vertypte Milderungsgründe - Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
817
Da die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 46b, 49 Absatz 1 StGB trotz der umfänglichen und rückhaltlosen Aufklärungshilfe der Angeklagten D. S. nicht vorliegen, findet diesbezüglich keine Strafrahmenverschiebung statt.
818
Hinsichtlich ihrer umfänglichen Einlassungen zum Mitangeklagten Dr. M. Sch. wegen dessen Verstößen gemäß § 4 Absatz 4 Nr. 2b AntiDopG ist im Zusammenhang mit der Kalifornienrundfahrt und dem Radrennfahrer D. zwar eine Katalogtat im Sinne der §§ 46b Absatz 1 Nr. 1 StGB, 100a Absatz 2 Nr. 3 StPO gegeben. Ihre Einlassung erfolgte zeitlich jedoch nach der handschriftlichen Aufzählung von Taten des Mitangeklagten Dr. M. Sch., der ausdrücklich auch den Sportler D. und die Saison 2018 mitumfasst (wenn auch ohne konkrete Nennung des betreffenden Wettbewerbs). Die Tat war mithin durch die geständige Einlassung des Dr. M. Sch. bereits aufgedeckt.
2. Strafzumessung i.e.S.
a) Zu Gunsten
819
Es werden alle unter E.III.1.d)(i) bereits genannten Umstände vom Gericht zu Gunsten der Angeklagten D. S. berücksichtigt.
b) Zu Lasten
820
Es werden alle unter E.III.1.d)(ii) bereits genannten Umstände vom Gericht zu Lasten der Angeklagten D. S. berücksichtigt.
c) Rechtsordnungen am Tatort
821
Das Tatgericht muss bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95 m.w.N.). Hinsichtlich der Taten, welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten (siehe D.II.2.a), D.II.3 bis D.II.4 und D.II.6) für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in der jeweiligen Rechtsordnungen sanktioniert werden würden.
822
Hinsichtlich der mit Handlungen der Angeklagten D. S. in Österreich, der Schweiz, Italien und Estland begangenen Taten finden die unter E.I.2.b)(iii) zu Österreich und der Schweiz und unter E.I.3.b)(iii) zu Italien und Estland gemachten jeweiligen Ausführungen zu Strafmaß und Strafzumessungserwägungen der jeweiligen Tatortrechtsordnungen auch hinsichtlich der Angeklagten D. S. Anwendung.
d) Einzelstrafen
823
(i) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von J. D. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit nur eine tatbestandliche Handlung der Angeklagten D. S. enthalten ist, welche in Österreich stattfand, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.III.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich hierbei um nur eine Rückführung von ohnehin noch gelagerten Blutbeuteln des J. D. für dessen geplantes Comeback handelte.
824
(ii) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von St. D. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit eine Handlung der Angeklagten D. S. in Österreich und zwei Handlungen in der Schweiz enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.IV.4 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass mehrere Handlungen in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb der Tour de Suisse 2018 stattfanden.
825
(iii) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von D. B. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung der Angeklagten D. S. in Österreich und eine Handlung in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.V.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von M. H. hat die Kammer gesehen.
826
(iv) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von D. B. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch fünf Handlungen der Angeklagten D. S. in Österreich und eine Handlung in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.V.3 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von M. H. ergaben und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
827
(v) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von M. H. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen der Angeklagten D. S. in Österreich und eine Handlung in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.VI.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von D. B. hat die Kammer gesehen.
828
(vi) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von M. H. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch vier Handlungen der Angeklagten D. S. in Österreich enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.VI.3 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von D. B. ergaben und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
829
(vii) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. T. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung der Angeklagten D. S. in Österreich und eine in Estland enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.VIII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von weiteren estnischen Skilangläufern hat die Kammer gesehen.
830
(viii) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. T. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen der Angeklagten D. S. in Österreich und zwei Handlungen in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für diese unter B.VIII.2 abgehandelte Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 1 Monat
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von anderen estnischen Skilangläufern ergaben und dass sich mehrere der Taten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
831
(ix) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. K. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung der Angeklagten D. S. in Estland enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.IX abgehandelten Betreuung die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von weiteren estnischen Skilangläufern hat die Kammer gesehen. Auch war zu berücksichtigen, dass verfahrensgegenständlich hier ausschließlich die Betreuung anlässlich der Olympischen Winterspiele - inklusive Entnahme, Rückführung vor Abreise, Betreuung in Südkorea und abermalige Entnahme nach der Rückreise nach Europa - war.
832
(x) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hinsichtlich der für die Betreuung von Ch. K.-F. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.X.3 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
6 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich bei der Beihilfe durch die Angeklagte D. S. auch insgesamt nur um ein Treffen am Flughafen in München handelte.
833
(xi) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. V. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung der Angeklagten D. S. in Österreich und eine in Estland enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe dieser unter B.XI.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Die gehobenen Synergien durch teilweise zeitnahe Parallelbehandlung von weiteren estnischen Skilangläufern hat die Kammer gesehen.
834
(xii) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. V. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen der Angeklagten D. S. in Österreich enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XI.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 1 Monat
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich auch hier weiterhin Synergien mit der Dopingbehandlung von anderen estnischen Skilangläufern ergaben und dass sich die Handlungen in Österreich alle im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
835
(xiii) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2017/18 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung der Angeklagten D. S. in Italien und eine in Estland enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
10 Monaten
tat- und schuldangemessen ist.
836
(xiv) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch zwei Handlungen der Angeklagten D. S. in Italien enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XII.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
1 Jahr 1 Monat
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass sich mehrere der Taten in engem zeitlichem Zusammenhang im Vorfeld der Nordischen Ski-WM in Seefeld abspielten. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
837
(xv) Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hinsichtlich der für die Betreuung von K. D. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XIII.1 abgehandelten Tat die Verhängung einer Freiheitsstrafe von
9 Monaten
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich bei der Beihilfe durch die Angeklagte D. S. auch insgesamt nur um ein Treffen am Rasthof Irschenberg handelte.
3. Gesamtstrafe
838
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung der unter E.I.5 im Einzelnen ausgeführten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu und unter nochmaliger Abwägung aller im einzelnen geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von ein Jahr und ein Monat auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von
1 Jahr 4 Monaten
als tat- und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass die Angeklagte D. S. durchgängig während des gesamten Verfahrens stets zu ihren Tatbeiträgen und den Auswirkungen ihrer Tatbeiträge gestanden hat.
4. Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung
839
Die Vollstreckung dieser Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 4 Monate konnte zur Bewährung ausgesetzt werden, weil die Voraussetzungen des § 56 Absatz 1, Absatz 2 und Absatz 3 StGB vorliegen.
840
Die Kammer hegt die begründete Erwartung, dass die Angeklagte künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, § 56 Absatz 1 StGB. Die Angeklagte hat ein gefestigtes familiäres Umfeld und somit stabilisierte Lebensverhältnisse. Sie geht einer regelmäßigen Beschäftigung nach. Auch ist sie bislang strafrechtlich nie in Erscheinung getreten. Da sie auch geständig und schuldeinsichtig ist, geht das Gericht davon aus, dass sie bereits durch die Verhängung der Strafe nachhaltig beeindruckt ist und mithin eine positive Sozialprognose gestellt werden kann.
841
Die gemäß § 56 Absatz 2 StGB erforderlichen besonderen Umstände nach Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit der Angeklagten sieht die Kammer vor allem in ihrem frühen, rückhaltlosem Geständnis, das von einer massiven Aufklärungshilfe begleitet war. Stets und in allen Phasen des Verfahrens stand die Angeklagte rückhaltlos zu den Vorwürfen und stellte sich umfassend dem Verfahren. Nie beschönigte sie ihre Taten, nie relativierte sie die Vorwürfe. Dabei schonte sie weder sich noch andere Beteiligte. Daneben fließt in die Erwägungen ein, dass bedingt durch Hafterfahrung in Österreich, Arbeitsplatzverlust und Krise in Ihrer Familie wegen der Inhaftierung der Mutter, sie gleichwohl bis zum Schluss an Reue und Einsicht es nicht mangeln ließ.
842
Auch die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet vorliegend nicht die Vollstreckung der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe, § 56 Absatz 3 StGB.
IV. A. Sch.
843
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
1. Strafrahmen
844
Bei der Bemessung der Einzelstrafen ist jeweils gemäß § 28 Absatz 2 StGB von dem gemäß §§ 27, 49 Absatz 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG auszugehen, welcher Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre drei Monate oder Geldstrafe beinhaltet.
a) Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG
845
Der Angeklagte A. Sch. hat sich aufgrund der unter B.V.3, B.VI.3, B.VIII.2, B.XI.2, B.XII.2 und B.XIV festgestellten Sachverhalte der unerlaubten Beihilfe zum Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in drei Fällen strafbar gemacht. Es ist daher zunächst von dem Normalstrafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auszugehen.
b) Gewerbsmäßiges Handeln nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG
846
Der Angeklagte A. Sch. hat das Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit des Qualifikationstatbestands des § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG selbst nicht erfüllt. Für die Haupttaten des Angeklagten Dr. M. Sch. liegt dieses Qualifikationsmerkmal jeweils vor. Bei der Gewerbsmäßigkeit handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal (§ 14 StGB). Ein Merkmal wirkt strafbegründend, wenn die weiteren Merkmale des betreffenden Tatbestandes ohne dieses kein straftatbestandsmäßiges Geschehen mehr beschreiben. Ein Merkmal wirkt hingegen strafmodifizierend, wenn auch ohne dieses ein Tatbestand erfüllt ist und sein Hinzutreten lediglich bewirkt, dass die Strafe nicht mehr dem für diesen anderen Tatbestand gültigen Strafrahmen entnommen werden soll. Vorliegend handelt es sich bei der Gewerbsmäßigkeit um ein strafschärfendes Merkmal. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 4 Absatz 1 AntiDopG im Wortlaut des § 4 Absatz 4 AntiDopG. Es kann auch ohne Gewerbsmäßigkeit ein als Straftat strafbares Tun vorliegen. Dies beruht vorliegend auch nicht nur auf der Existenz des Straftatbestandes des § 4 Absatz 1 AntiDopG, sondern auch auf der alternativen Ausgestaltung der beiden Tatbestandsvarianten des § 4 Absatz 4 AntiDopG, wonach sogar der Tatbestand des Absatz 4 und nicht nur der von Absatz 1 erfüllt sein kann, ohne dass Gewerbsmäßigkeit vorliegt. Schließlich war der gewerbsmäßige Tatbestand nach alter Rechtslage im AMG als Regelbeispiel und damit auch schon strafschärfend ausgestaltet; es sind keine Anhaltspunkte für eine diesbezügliche Änderungsabsicht des Gesetzgebers bei der Neuregelung durch das AntiDopG ersichtlich. Da es sich vorliegend um ein strafschärfendes besonderes persönliches Merkmal handelt, gilt es gemäß § 28 Absatz 2 StGB nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem es vorliegt. Hinsichtlich des Angeklagten A. Sch. kommt es daher zu keiner strafverschärfenden Strafrahmenverschiebung, sondern es bleibt - zunächst - bei dem Normalstrafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG.
c) Handeln als Mitglied einer Bande nach § 4 Absatz4 Nr. 2 b) AntiDopG
847
Das weitere Qualifikationsmerkmal der bandenmäßigen Begehungsweise nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG hat auch der Angeklagte A. Sch. vorliegend bei allen Taten nicht verwirklicht.
d) Zwingende vertypte Milderungsgründe - Beihilfe, § 27 StGB
848
Der Angeklagte A. Sch. hat sich in allen drei Fällen der Beihilfe strafbargemacht. Gemäß § 27 Absatz 2 Satz 2 StGB ist die Strafe deshalb nach § 49 Absatz 1 StGB zu mildern. Der Strafrahmen beträgt danach Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre drei Monate oder Geldstrafe.
e) Fakultative vertypte Milderungsgründe - Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
849
Das Gericht kann die Strafe auch nach § 49 Absatz 1 StGB mildern, wenn es feststellt, dass unter den Voraussetzungen des § 46b StGB Hilfe zur Aufklärung oder zur Verhinderung von schweren Straftaten geleistet wurde. Vorliegend hat der Angeklagte A. Sch. im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung Angaben gemacht. Diese betrafen jedoch praktisch ausschließlich Teile verfahrensgegenständlicher Taten, an denen er beteiligt war. Die Voraussetzungen des § 46b StGB sind vorliegend nicht gegeben. Der Umstand dieser begrenzten Aufklärungshilfe findet jedoch bei der Strafzumessung i.e.S. Berücksichtigung.
2. Strafzumessung i.e.S.
a) Zu Gunsten
850
Zu Gunsten des Angeklagten A. Sch. sind folgende Umstände zu berücksichtigen:
851
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung wie auch schon im Ermittlungsverfahren weitgehend geständig eingelassen. Er hat durch seine Einlassung auch schon im Ermittlungsverfahren Aufklärungshilfe geleistet. Sein Geständnis war getragen von Schuldeinsicht und Reue.
852
Der Angeklagte handelte aus familiärer Verbundenheit gegenüber dem Angeklagten Dr. M. Sch. heraus und wollte seinem Sohn helfen, der ihm zusehends überlastet schien. Auch der Angeklagte A. Sch. sowie sein direktes Umfeld sind durch das starke mediale Interesse an dem Fall und seiner Person überdurchschnittlich beeinträchtigt. Der Angeklagte A. Sch. wurde im Ausland festgenommen und befand ich neben der inländischen Untersuchungshaft auch in Auslieferungshaft im Ausland. Der Angeklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens unter dem Eindruck der Covid-19-bedingten Sondersituation im Laufe der Hauptverhandlung ein besonders verantwortungsvolles Verhalten gezeigt. Die Berücksichtigung der pandemiebedingten besonderen Umstände zeigt sich etwa durch die Abgabe von Verzichtserklärungen hinsichtlich ausländischer Zeugen, die nicht auf erste Ladung erschienen sind, sodass deren polizeiliche Vernehmungen verlesen werden konnten. Der Angeklagte hat sich mit der formlosen Einziehung sichergestellter bzw. beschlagnahmter inkriminierter Gegenstände - unter ihnen auch ein werthaltiger Pkw - einverstanden erklärt.
853
Auch im Zusammenhang mit dem Angeklagten A. Sch. kann auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 24.9.2020, Az. M 10 K 20.222, und den dort festgestellten geringfügigen Verstoß gegen Art. 6 EMRK abgestellt werden, der zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen ist.
854
Der Angeklagte A. Sch. ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
b) Zu Lasten
855
Zu Lasten des Angeklagten A. Sch. sind folgende Umstände zu berücksichtigen:
856
Er hat seinen Sohn kritiklos bei dessen Dopingaktivitäten unterstützt.
857
Die Dopingmittel waren - über die Selbstgefährdung des Einnehmenden hinaus - auch zu Wettkampfzwecken bestimmt, wodurch auch Chancengleichheit und Fairness im Sport beeinträchtigt sein konnten.
c) Rechtsordnungen am Tatort
858
Das Tatgericht muss bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95 m.w.N.). Hinsichtlich der Taten, welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten (siehe D.II.2.a)) für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in den jeweiligen Rechtsordnungen sanktioniert werden würden.
859
Hinsichtlich der mit Handlungen des Angeklagten A. Sch. in Österreich begangenen Taten finden die unter E.I.2.b)(iii) zu Österreich gemachten jeweiligen Ausführungen zu Strafmaß und Strafzumessungserwägungen der Tatortrechtsordnung auch hinsichtlich des Angeklagten A. Sch. Anwendung.
d) Einzelstrafen
860
(i) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte hinsichtlich der für die Betreuung von G. P. in der Saison 2018 gebildeten Bewertungseinheit kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XIV abgehandelten Tat die Verhängung einer Geldstrafe von
180 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte A. Sch. nur logistische Unterstützung leistete und nur andere direkten Kontakt zum Sportler hatten. Die Taten spielten sich in engem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang innerhalb des Giro d’Italia ab.
861
(ii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in den für die Betreuung von D. B., M. H., K. T. und A. V. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheiten auch die Handlungen des Angeklagten A. Sch. in Österreich enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu diesen unter B.V.3, B.VI.3, B.VIII.2 und B.XI.2 abgehandelten Taten die Verhängung einer Geldstrafe von
180 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich um Beihilfe zu mehreren Haupttaten gleichzeitig handelt, der Schwerpunkt der Beihilfehandlungen bei dem Tun in Österreich liegt und dieses sowie mehrere der Haupttaten im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang innerhalb der Nordischen Ski-WM in Seefeld stattfanden. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganzen Saisonen handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet waren.
862
(iii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit eine Handlung des Angeklagten A. Sch. in Österreich enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XII.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Geldstrafe von
120 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte A. Sch. nur organisatorische Aufgaben für seinen zu diesem Zeitpunkt ortsabwesenden Sohn, den Angeklagten Dr. M. Sch., übernahm. Auch diese Unterstützungshandlungen fanden im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang der Nordischen Ski-WM in Seefeld statt. Zu beachten ist auch, dass es sich um keine ganze Saison handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannten „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
3. Gesamtstrafe
863
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung der unter E.I.5 im Einzelnen ausgeführten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu und unter nochmaliger Abwägung aller im einzelnen geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 180 Tagessätzen auf eine Gesamtgeldstrafe von
280 Tagessätzen
als tat und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass nicht zuletzt auch aufgrund seines angegriffenen Gesundheitszustands das Verfahren den Angeklagten A. Sch. wegen seiner Doppelrolle als Angeklagter und als Vater eines angeklagten Sohnes erkennbar beansprucht und beeinträchtigt hat.
864
Unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten A. Sch. und ausgehend von der Nettorente des Angeklagten war gemäß § 40 Absatz 2, Absatz 3 StGB auf eine Tagessatzhöhe von 35 Euro zu erkennen.
V. S. M.
865
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
1. Strafrahmen
866
Bei der Bemessung der Einzelstrafen ist jeweils vom Strafrahmen des § 4 Absatz 5 AntiDopG auszugehen, wonach Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre jeweils in Frage kommt.
a) Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG
867
Der Angeklagte S. M. hat sich aufgrund der vier unter B.V.3, B.VI.3, B.VIII.2 und B.XII.2 festgestellten Sachverhalte der unerlaubten Beihilfe zum gewerbsmäßigen Anwenden von Dopingmethoden bei anderen Personen zum Zweck des Dopings im Sport in vier Fällen strafbar gemacht. Es ist daher zunächst von dem Normalstrafrahmen des § 4 Absatz 1 AntiDopG von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auszugehen.
b) Gewerbsmäßiges Handeln nach § 4 Absatz4 Nr. 2 b) AntiDopG
868
Neben dem Grundtatbestand des § 4 Absatz 1 Nr. 2 AntiDopG hat der Angeklagte S. M. in allen genannten Fällen auch den Qualifikationstatbestand der Gewerbsmäßigkeit des § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG verwirklicht. Der Strafrahmen erhöht sich daher auf den des § 4 Absatz 4 AntiDopG von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
c) Handeln als Mitglied einer Bande nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 b) AntiDopG
869
Das weitere Qualifikationsmerkmal der bandenmäßigen Begehungsweise nach § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG hat der Angeklagte S. M. - auch bereits nach Anklage - vorliegend bei allen Taten nicht verwirklicht. Da § 4 Absatz 4 Nr. 2 lit. b) AntiDopG die Varianten der gewerbsmäßigen und der bandenmäßigen Begehungsweise als Alternativen nebeneinander stellt, wirkt sich dies auf die Bestimmung des Strafrahmens hier nicht aus, so dass dennoch vom Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG auszugehen ist.
d) Minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG
870
§ 4 Absatz 5 AntiDopG sieht für minder schwere Fälle des Absatzes 4 eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Sieht das Gesetz einen minder schweren Fall vor und ist - wie hier gemäß §§ 27 Absatz 2 Satz 2, 49 Absatz 1 StGB (siehe unten E.V.1.e)) - auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtwürdigung zunächst geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falls tragen (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 20.12.2016 - 1 StR 590/16, Urteil vom 07.03.2017 - 2 StR 567/16).
871
Zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
872
Die Kammer ist bei allen der hier behandelten Fälle zu der Überzeugung gelangt, dass die Voraussetzungen zur Annahme eines minder schweren Falls unter Mitberücksichtigung der Beihilfe vorliegen.
(i) Zu Gunsten
873
Zu Gunsten des Angeklagten S. M. sind dabei die folgenden entscheidenden Umstände zu werten, die für die Annahme eines minder schweren Falls sprechen:
874
Der Angeklagte hat sich von Anfang an geständig gezeigt und mit den Ermittlungsbehörden kooperiert. Er hat dadurch wertvolle Aufklärungshilfe geleistet und sich dem Verfahren gestellt. Der Angeklagte S. M. zeigte glaubhaft Schuldeinsicht und Reue und hat sich klar von den Blutdopinghandlungen distanziert. Der Angeklagte ist eine medizinische Fachkraft und handelte als solche bei den Blutdopingmaßnahmen umsichtig und unter bestmöglicher Beachtung medizinischer Standards. Der Angeklagte hat sich in allen Fällen nur der Beihilfe i.S.d. § 27 StGB schuldig gemacht. Auch der Angeklagte S. M. sowie sein direktes Umfeld sind durch das starke mediale Interesse an dem Fall und seiner Person überdurchschnittlich beeinträchtigt. Der Angeklagte S. M. hat sich als überdurchschnittlich haftempfindlich erwiesen mit massiven körperlichen Reaktionen als Ausdruck der damit verbundenen extremen seelischen Belastung. Die Angeklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens unter dem Eindruck der Covid-19-bedingten Sondersituation ein besonders verantwortungsvolles Verhalten gezeigt. Die Berücksichtigung der pandemiebedingten besonderen Umstände zeigt sich von Anfang an etwa durch die Abgabe von Verzichtserklärungen hinsichtlich ausländischer Zeugen, sodass deren polizeiliche Vernehmungen verlesen werden konnten. Der Angeklagte hat sich mit der formlosen Einziehung sichergestellter bzw. beschlagnahmter inkriminierter Gegenstände einverstanden erklärt.
875
Auch im Zusammenhang mit dem Angeklagten S. M. kann auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 24.9.2020, Az. M 10 K 20.222, und den dort festgestellten geringfügigen Verstoß gegen Art. 6 EMRK abgestellt werden, der zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen ist Der Angeklagte S. M. hat in Folge der Aufdeckung der verfahrensgegenständlichen Sachverhalte seine bisherige Arbeitsstelle verloren. Der Angeklagte S. M. ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.
(ii) Zu Lasten
876
Zu Lasten des Angeklagten S. M. ist zu berücksichtigen, dass die Dopingmittel - über die Selbstgefährdung des Einnehmenden hinaus - auch zu Wettkampfzwecken bestimmt waren, wodurch auch Chancengleichheit und Fairness im Sport beeinträchtigt sein konnten.
877
Der Angeklagte S. M. hat seine weitere Beteiligung an den Blutdopingmaßnahmen auch dadurch gefördert, dass er dem Angeklagten Dr. M. Sch. seinen Dienstplan aktiv übersandte und aktiv weitere Dopingeinsätze angefragt hat mit der Begründung, dass er Geld benötige.
(iii) Gesamtbetrachtung
878
Der Angeklagte S. M. war in allen ihn betreffenden Taten als Gehilfe des Mitangeklagten Dr. M. Sch. tätig.
879
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände unter zusätzlicher Berücksichtigung der Milderung wegen der Beihilfe aus §§ 27 Absatz 2, 49 Absatz 1 StGB kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass jeweils ein minder schwerer Fall gemäß § 4 Absatz 5 AntiDopG angenommen werden kann, weil eine deutliche Abweichung nach unten gegeben ist.
880
Der Angeklagte S. M. hat sich in allen vier Fällen der Beihilfe strafbar gemacht. Gemäß § 27 Absatz 2 Satz 2 StGB ist die Strafe deshalb grundsätzlich nach § 49 Absatz 1 StGB zu mildern. Ohne die Heranziehung des vertypten Milderungsgrunds der Beihilfe gemäß §§ 27, 49 Absatz 1 StGB hätte jedoch ein minder schwerer Fall des § 4 Absatz 4 AntiDopG nach § 4 Absatz 5 AntiDopG nicht bejaht werden können, da nur unter Einschluss auch dieses Umstandes die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich in einem Maß von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Der Strafrahmen des § 4 Absatz 4 AntiDopG betrüge in Verbindung mit §§ 27, 49 Absatz 1 StGB Freiheitsstrafe von drei Monate bis sieben Jahre sechs Monate, der des § 4 Absatz 5 AntiDopG geht von Freiheitsstrafe von drei Monate bis fünf Jahre und stellt somit den für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen dar. Es ist geboten, den für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen zu wählen. Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände ist daher nach Überzeugung der Kammer die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 4 Absatz 5 AntiDopG angezeigt.
e) Zwingende vertypte Milderungsgründe - Beihilfe, § 27 StGB
881
Der vertypte Strafmilderungsgrund der Beihilfe gemäß §§ 27 Absatz 2, 49 Absatz 1 StGB steht gemäß § 50 StGB für eine weitere Strafrahmenverschiebung in keinem der Fälle mehr zur Verfügung, weil er in allen zur Verurteilung anstehenden Fällen bereits bei der Strafrahmenwahl des § 4 Absatz 5 AntiDopG Anwendung gefunden hat.
f) Fakultative vertypte Milderungsgründe - Aufklärungs- und Präventionshilfe, § 46b StGB
882
Eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 46b, 49 Absatz 1 StGB kommt vorliegend nicht in Betracht, weil der Angeklagte S. M. in seiner geständigen Einlassung keine geeigneten Angaben gemacht hat.
2. Strafzumessung i.e.S.
a) Zu Gunsten
883
Es werden alle unter E.V.1.d)(i) bereits genannten Umstände vom Gericht zu Gunsten des Angeklagten S. M. berücksichtigt.
b) Zu Lasten
884
Zu Lasten des Angeklagten S. M. werden alle unter E.V.1.d)(ii) bereits genannten Umstände vom Gericht berücksichtigt.
c) Rechtsordnungen am Tatort
885
Das Tatgericht muss bei der Strafzumessung regelmäßig Rücksicht auf Art und Maß des Tatortrechts nehmen (BGH, Beschluss vom 03.05.2016 - 3 StR 449/15 und Urteil vom 23.10.1996 - 5 StR 183/95 m.w.N.). Hinsichtlich der Taten, welche ganz oder teilweise an Tatorten im Ausland begangen wurden, ist nach der Feststellung der Strafbarkeit der Handlungen an den Tatorten (siehe D.II.2.a), D.II.3 und D.II.6) für die Strafzumessung auch zu berücksichtigen, wie die entsprechenden Handlungen in der jeweiligen Rechtsordnungen sanktioniert werden würden.
886
Hinsichtlich der mit Handlungen des Angeklagten S. M. in Österreich, Italien und Estland begangenen Taten finden die unter E.I.2.b)(iii) zu Österreich und unter E.I.3.b)(iii) zu Italien und Estland gemachten jeweiligen Ausführungen zu Strafmaß und Strafzumessungserwägungen der jeweiligen Tatortrechtsordnungen auch hinsichtlich des Angeklagten S. M. Anwendung.
d) Einzelstrafen
887
(i) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von D. B. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit eine Handlung des Angeklagten S. M. in Österreich enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.V.3 abgehandelten Tat die Verhängung einer Geldstrafe von
180 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber kommt nicht in Betracht und die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist auch nicht unerlässlich, § 47 Absatz 2 Satz 1 StGB. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich um keine ganze Saison des Athleten handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannte „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
888
(ii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von M. H. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit eine Handlung des Angeklagten S. M. in Estland enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.VI.3 abgehandelten Tat die Verhängung einer Geldstrafe von
250 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber kommt nicht in Betracht und die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist auch nicht unerlässlich, § 47 Absatz 2 Satz 1 StGB. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich um keine ganze Saison des Athleten handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannte „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
889
(iii) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von K. T. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit zwei Handlungen des Angeklagten S. M. in Estland enthalten sind, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.VIII.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Geldstrafe von
250 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber kommt nicht in Betracht und die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist auch nicht unerlässlich, § 47 Absatz 2 Satz 1 StGB. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich um keine ganze Saison des Athleten handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannte „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
890
(iv) Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass in der für die Betreuung von A. P. in der Saison 2018/19 gebildeten Bewertungseinheit auch eine Handlung des Angeklagten S. M. in Italien enthalten ist, kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass für die Beihilfe zu dieser unter B.XII.2 abgehandelten Tat die Verhängung einer Geldstrafe von
250 Tagessätzen
tat- und schuldangemessen ist. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber kommt nicht in Betracht und die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist auch nicht unerlässlich, § 47 Absatz 2 Satz 1 StGB. Dabei hat die Kammer auch besonders berücksichtigt, dass es sich um keine ganze Saison des Athleten handelt, da diese für die Beteiligten mit der sogenannte „Operation Aderlass“ am 27.02.2019 beendet war.
3. Gesamtstrafe
891
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung der unter E.I.5 im Einzelnen ausgeführten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu und unter nochmaliger Abwägung aller im einzelnen geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 250 Tagessätzen auf eine Gesamtgeldstrafe von 300 Tagessätzen als tat und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass der Angeklagte S. M. insgesamt nur über einen relativ kurzen Zeitraum an den Blutdopingaktivitäten beteiligt war. Die Kammer hat hierbei auch § 47 StGB beachtet und berücksichtigt, dass danach kurze Freiheitsstrafen nur in Ausnahmefällen zu verhängen sind. Anhaltspunkte für eine solche Ausnahme sind nicht ersichtlich.
892
Unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten S. M. und ausgehend von seinem Nettoverdienst und der Unterhaltszahlung war gemäß § 40 Absatz 2, Absatz 3 StGB auf eine Tagessatzhöhe von 20 Euro zu erkennen.
F. Berufsverbot
893
Gegen den Angeklagten Dr. M. Sch. war gemäß § 70 Absatz 1 StGB ein zeitiges Berufsverbot zu verhängen, da die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
894
Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines Berufs oder unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt, so kann ihm das Gericht gemäß § 70 Absatz 1 Satz 1 StGB die Ausübung des Berufs für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, dass die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht, § 70 Absatz 1 Satz 2 StGB. Vorliegend kommt ein zeitliches Berufsverbot für den Angeklagten Dr. M. Sch. in Betracht. Hinsichtlich der weiteren Mitangeklagten liegen die Voraussetzungen für die Anordnung eines Berufsverbots nach § 70 Absatz 1 StGB nicht vor.
I. Qualifizierte Begehung einer rechtswidrigen Tat
895
Voraussetzung für die Anordnung eines Berufsverbot für den Angeklagten Dr. M. Sch. ist zunächst, dass eine rechtswidrige Tat entweder unter Missbrauch des Berufs oder unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten begangen wird.
1. Missbrauch des Berufs
896
Der Angeklagte Dr. M. Sch. ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Bis zu seiner Inhaftierung am 27.02.2019 war er in einer Gemeinschaftspraxis mit seiner Mutter als selbständiger niedergelassener Arzt tätig.
897
Eine Begehung unter Missbrauch des Berufs liegt vor, wenn ein Arzt unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Erforderlich ist ein berufstypischer Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 20.04.1983 - 2 StR 175/83). Ein solcher besteht regelmäßig bei der Begehung der Straftat im Rahmen der beruflichen Tätigkeit als Arzt.
898
Der Angeklagte Dr. M. Sch. trat gegenüber allen Sportlern als Arzt auf und hat gerade das Renommee eines Arztes ausgespielt und eine auch medizinisch qualitative Versorgung angeboten im herausgestellten Gegensatz zum Blutdoping durch medizinische Laien wie Trainer oder Betreuer. Durch ihn wurden Sportler auch zur Einnahme medizinisch nicht indizierter und für den Menschen nicht zugelassener Präparate, wie etwa Wachstumshormone (TB500, TB1000, etc.) bestimmt. Die Verabreichung von einzelnen Wirkmitteln bis zu ganzen „Wirkmittelcocktails“ war im Zusammenspiel mit den Blutdopingmaßnahmen Bestandteil der auf die Trainingspläne der Sportler abgestimmten Dopingpläne. In diesem Rahmen gab der Angeklagte Dr. M. Sch. entgeltlich Abgaben von sogenannten Insulinpens (Fertigspritzen mit Insulin) an nicht erkrankte Personen zur Leistungssteigerung im Sport ab. Er nutzte seine Eigenschaft als Arzt, um Präparate über Apotheken beziehen zu können, welche dann von ihm zur dopingmäßigen Verwendung an Sportler weitergegeben wurden. Der Angeklagte Dr. M. Sch. beging rechtswidrige Taten somit unter Missbrauch seines Berufs als Arzt, indem er die ärztlichen Fähigkeiten und Tätigkeiten zum Doping einsetzte und damit die gesundheitliche Schädigung gesunder Sportler zur Wettbewerbsverzerrung in Kauf nahm.
2. Grobe Verletzung der Pflichten
899
Eine grobe Verletzung der mit dem Beruf als Arzt verbundenen Pflichten liegt vor, wenn der Täter durch die Tat den Pflichten gröblich zuwiderhandelt, die ihm für die Ausübung seines Berufes durch Gesetz oder anderweitig auferlegt sind. Es handelt sich um berufstypische Pflichten. Ob eine Pflichtverletzung grober Art ist, beurteilt sich nach dem Grad der Pflichtwidrigkeit und nach der Bedeutung der missachteten Pflichten. Als grob ist danach jede Pflichtwidrigkeit einzustufen, wenn die jeweilige Pflicht in einem besonders schweren Maß verletzt wird oder der Verstoß sich gegen eine besonders gewichtige Pflicht richtet. Bei verantwortungsvollen Berufen, die eine besondere Zuverlässigkeit voraussetzen, kann schon ein nicht allzu schwerwiegender Verstoß ausreichend sein (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.12.1999 - 2 Ss 259/9917). Bei dem Beruf des Arztes bzw. Humanmediziners handelt es sich um einen äußerst verantwortungsvollen Beruf.
900
a) Bezüglich der Tatvorwürfe des Blutdopings selbst ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Blutentnahmen und -rückführungen essenzielle medizinische Standards der Bluttransfusion - wie sie auch etwa im deutschen Transfusionsgesetz (TFG) festgeschrieben sind und den internationalen Standards auf diesem Gebiet entsprechen - nicht eingehalten wurden.
901
Als beispielhafte, jedoch keineswegs abschließende Nennung der Vorschriften für die lege artis durchgeführte Blutentnahme und -rückführung seien die folgenden Bestimmungen genannt: Gemäß § 13 Absatz 1 TFG sind Blutprodukte nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik anzuwenden. Es müssen die Anforderungen an die Identitätssicherung, die vorbereitenden Untersuchungen, einschließlich der vorgesehenen Testung auf Infektionsmarker und die Rückstellproben, die Technik der Anwendung sowie die Aufklärung und Einwilligung beachtet werden. Ärztliche Personen, die im Zusammenhang mit der Anwendung von Blutprodukten Laboruntersuchungen durchführen oder anfordern, müssen für diese Tätigkeiten besonders sachkundig sein. Die Anwendung von Eigenblut richtet sich auch nach den Besonderheiten dieser Blutprodukte. Die zu behandelnden Personen sind, soweit es nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft vorgesehen ist, über die Möglichkeit der Anwendung von Eigenblut aufzuklären. Gemäß § 13 Absatz 2 TFG müssen die ärztlichen Personen, die eigenverantwortlich Blutprodukte anwenden, ausreichende Erfahrung in dieser Tätigkeit besitzen. Konkretisierungen dieser auch gesetzlich verankerten medizinischen Minimalstandards sind in den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) gemäß §§ 12 und 18 des Transfusionsgesetzes (Novelle 2005) enthalten. Ziffer 1 dieser Richtlinien bestimmt, dass alle Ärzte verpflichtet sind, den aktuellen Stand des Wissens und der Technik zu beachten, ihren Beruf nach ihrem Gewissen und den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit auszuüben und sich über die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften unterrichtet zu halten. Gemäß Ziffer 1.1. gelten diese Richtlinien für alle Ärzte, die mit dem Gewinnen, Herstellen, Lagern, Abgeben oder Inverkehrbringen von Blut, Blutbestandteilen oder Blutprodukten, der Durchführung von blutgruppen-serologischen und weiteren immunhämatologischen Untersuchungen sowie der Anwendung von Blutprodukten und der entsprechenden Nachsorge befasst sind. Soweit für die Durchführung bestimmter Leistungen andere Personen verantwortlich sind, gelten die Richtlinien auch für diese Personen. Gemäß Ziffer 2.3.1 wird die Blutentnahme durch einen Arzt oder unter der Verantwortung eines Arztes vorgenommen und ist entsprechend zu dokumentieren. (…) Für eine ausreichende Händedesinfektion des Personals ist Sorge zu tragen. Jede Blutentnahme und die damit verbundenen Maßnahmen sind gemäß Ziffer 2.3.4 für die im Transfusionsgesetz geregelten Zwecke, für Zwecke der ärztlichen Behandlung der spendenden Person und für Zwecke der Risikoerfassung nach dem Arzneimittelgesetz zu protokollieren. Die Aufzeichnungen sind mindestens 30 Jahre aufzubewahren (§ 11 TFG). Nach Ziffer 4 ist ein Hygieneplan für alle mit der Lagerung, dem Transport und der Übertragung von Blutprodukten verbundenen Abläufe zu erstellen. Die Einhaltung des Hygieneplans ist zu dokumentieren. Ziffer 4.1. der Richtlinien bestimmt unter anderem, dass Blutprodukte nicht zusammen mit Lebensmitteln gelagert werden dürfen. Gemäß Ziffer 4.2.3 Identitätssicherung der Richtlinien ist es unerlässlich, Verwechslungen auszuschließen. Jedes Probengefäß ist danach vor Entnahme eindeutig zu kennzeichnen (Name, Vorname, Geburtsdatum bzw. auch in codierter Form). Ziffer 4.5 behandelt unerwünschte Ereignisse und Nebenwirkungen nach Anwendung von Blutprodukten. Die Zeichen unerwünschter Ereignisse/Nebenwirkungen nach Anwendung von Blutprodukten sind danach vielgestaltig und oft uncharakteristisch. Sie erfordern eine differenzierte Diagnostik, Ursachenermittlung und ggf. Therapie. Die Voraussetzungen zur sofortigen Einleitung von notfalltherapeutischen Maßnahmen sind sicherzustellen. Gemäß Ziffer 4.6 bedarf auch die Transfusion von Eigenblutprodukten, wie jede andere Bluttransfusion, der ärztlichen Indikation. Unmittelbar vor der Eigenbluttransfusion ist vom transfundierenden Arzt die Identität durch Vergleich der Personalien des Empfängers mit der Kennzeichnung des Eigenblutproduktes zu sichern. Der AB0-Identitätstest ist in jedem Fall mit dem Blut des Empfängers, im Falle von erythrozytenhaltigen Präparaten auch mit dem des autologen Blutprodukts vorzunehmen (4.6.1).
902
Von der Durchführung des zwingend vorgeschriebenen sogenannten “bedside“-Tests wurde in den hier verfahrensgegenständlichen Fällen stets abgesehen. Auch kam es immer wieder zu Hygieneverstößen, da Cent-Artikel wie Handschuhe, Tupfer oder Pflaster - ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt - nicht vorhanden waren. In der Missachtung solcher einfachster Hygieneregeln zeigt sich schon die mögliche Gefährdung von Patienten (so auch OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 07.12.1999 - 2 Ss 259/9917). Der Angeklagte Dr. M. Sch. lernte nichtmedizinisches Personal zur Durchführung dieser grundsätzlich hoch riskanten medizinischen Eingriffe an, welche sonst nur in ärztlichen Praxen und Krankenhäusern nach den vorgegebenen Standards des TFG durchgeführt werden dürfen. Zu diesen Standards zählt weiter, dass Transfusionen grundsätzlich nur in Anwesenheit des Arztes oder durch diesen selbst angeschlossen werden dürfen. Auch dies war vorliegend nicht immer der Fall. Auch erfolgte keine Dokumentation und nur eine rudimentäre Beschriftung der Blutbeutel, die lediglich aus dem jeweiligen Tarnnamen bestand. Auch ein Entnahmedatum wurde nicht vermerkt. Blutbeutel wurden nicht nur in Tiefkühlschränken gelagert, sondern auch in Kühlboxen und Küchenkühlschränken - beispielhaft hierfür steht der Fund der drei Blutbeutel von D. B. im Kühlschrank der Küche der Wohnung des Angeklagten A. Sch., welche in einem mittleren Fach inmitten von üblichen Lebensmitteln lagerten und am 09.04.2019 sichergestellt wurden (Ziffer I.208 der Anklage).
903
Von einer groben Verletzung der Pflichten als Arzt ist diesbezüglich somit auszugehen.
904
b) Bei der Behandlung der Geschädigten Ch. K.-F. am 13.09.2017 (Ziffer II der Anklage) handelt es sich unter diesem Gesichtspunkt um ein Menschenexperiment mit einem dem Angeklagten unbekannten Mittel, ohne dass medizinisch-ethische Standards dabei auch nur in Ansätzen eingehalten worden wären. Der Geschädigten wurde vorgegaukelt, es gäbe dazu bereits Tests. Ihre Einwilligung wurde mit unwahren Tatsachenbehauptungen erschlichen. Mit dem „Pulver“ hat sich der Angeklagte überhaupt nicht auseinandergesetzt. Er hat die Packungsaufschrift zwar gelesen, aber als solche keine Schlüsse über den Inhalt gezogen. Bei dem gefriergetrockneten menschlichen Hämoglobin handelte es sich um eine Laborchemikalie, die nur zu Forschungszwecken Verwendung finden darf. Eine einfache Internetrecherche bei einer Suchmaschine hätte ihm validere Ergebnisse geliefert als sein vermeintliches Wissen vom Hörensagen aus Doping-Kreisen. Als es zu Komplikationen kam, ist er nur eine beschränkte Zeit bei der Geschädigten geblieben. Danach hat er einen Anschlusstermin als „Doping-Doc“ bei einem anderen Sportler wahrgenommen, der ihm wichtiger war. Auch durch diese Behandlung der Ch. K.-F. ist eine grobe Verletzung der Pflichten als Arzt erfolgt.
II. Verurteilung
905
Der Angeklagte Dr. M. Sch. wurde wegen dieser rechtswidrigen Taten, bei welchen es zum Missbrauch des Berufs und groben Verletzungen der Pflichten als Arzt kam, durch gegenständliches Urteil verurteilt.
III. Gefahrenprognose
906
Voraussetzung für die Verhängung eines Berufsverbotes ist, dass eine - auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung abgestellte - Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten den Richter zu der Überzeugung führt, dass die Gefahr - das heißt die Wahrscheinlichkeit zukünftiger ähnlicher erheblicher Rechtsverletzungen - durch den Täter besteht (BGH, Urteil vom 25.04.2013 - 4 Str 296/12). Gefahr bezeichnet einen geringeren Grad an Wahrscheinlichkeit als Erwartung i.S.v. § 63 StGB (vgl. MüKoStGB/Bockemühl, 4. Auflage 2020, StGB § 70, Rn. 14). Es müssen erhebliche Rechtsverletzungen zu erwarten sein und die bloße Wiederholungsmöglichkeit genügt nicht. Tat und Täter müssen zusammen darauf schließen lassen, dass mit erheblichen Rechtsverletzungen zu rechnen ist.
907
In der Regel begründet eine erhebliche Tat die erforderliche Prognose. Die vorliegenden Fälle des Missbrauchs des Berufs und unter grober Verletzung der mit diesem verbundenen Pflichten ordnet die Kammer in ihrer Gesamtschau insgesamt als außerordentlich schwerwiegende Verletzung der ärztlichen Berufspflichten ein. Andererseits ist bei einem Täter ohne Vorstrafen an die Annahme seiner weiteren Gefährlichkeit eine besonders strenge Anforderung zu stellen (BGH, Beschluss vom 12.09.1994 - 5 StR 487/94 und Urteil vom 25.04.2013 - 4 StR 296/12). Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob nicht bereits die Verurteilung zur Strafe die Gefahr der Begehung weiterer Taten durch einen Ersttäter ausschließt. Im Rahmen der Prognoseentscheidung sind unter anderem auch das Alter des Täters, bereits erfolgte Schadenswiedergutmachungen und Dauer und Anzahl der Taten zu berücksichtigen. Die Kammer trifft ihre Entscheidung unabhängig vom Ausgang des anhängigen Verfahrens zur Überprüfung der Approbation bei der Landesärztekammer Thüringen, dessen gegenwärtige Aussetzung aufgrund des hiesigen Verfahrens diese der Kammer unaufgefordert mitgeteilt hat.
908
Bei den gegenständlichen Taten handelt es sich im Zusammenhang mit den Blutdopinghandlungen um eine Vielzahl gleich oder ähnlich gelagerter Fälle und Handlungen, die über einen relativ langen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg mehr oder weniger kontinuierlich fortdauernd begangen wurden. Es sind keine bewussten Pausen bei den Blutdopingtätigkeiten seit dem Jahr 2014 bis zur Festnahme des Angeklagten am 27.02.2019 erkennbar. Vielmehr wurden die einzelnen Dopinghandlungen allein von den Trainings- und Wettkampfplänen der angeworbenen und dafür zahlenden Athleten bestimmt. Nichts desto trotz sind aufgrund der Konzentration auf einzelne Sportarten im Sommerwie im Wintersport naturgemäß aufgrund identischer Wettkampftermine zeitliche Schwerpunkte erkennbar. Diese hinreichend zu bewältigen erforderte eine gut organisierte Logistik und überdurchschnittliches Organisationsvermögen, welche eine entsprechende kriminelle Energie voraussetzen.
909
Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat sich vorliegend dahingehend eingelassen, dass er die verfahrensgegenständlichen Taten und das Blutdoping insgesamt aus „Liebe zum Sport“ begangen habe. Gerade dies macht ihn jedoch weiterhin gefährlich. Der Angeklagte Dr. M. Sch. vermittelte in der Hauptverhandlung durchwegs den Eindruck, auf seine Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf das Blutdoping stolz zu sein, und bezeichnete diese Tätigkeit auch als „Hobby“ und „Leidenschaft“. Auch eine gewisse Faszination und Begeisterung für seinen „Maschinenpark“ war nicht zu verkennen. Der Angeklagte Dr. M. Sch. hat eine große Affinität zur Leistungssportszene und mannigfaltige freundschaftliche Verhältnisse zu Sportlern und Trainern. Jahrelange Tätigkeit als Sport- und Teamarzt im Leistungssport, als Vertragsarzt für Sportverbände und jahrelanges praktiziertes und fortentwickeltes Doping begründet sein Verhaftetsein in einer Szene, in der die Akzeptanz einer weiteren einschlägigen Delinquenz durchaus vorhanden ist. Die Verharmlosung der Transfusionen im Rahmen der Blutdopingmaßnahmen und auch des Hämoglobinpulvers, welches Ch. K.-F. am 13.09.2017 intravenös verabreicht wurde, als „natürliches Doping ohne Chemie“ spricht ebenfalls für eine andauernde Gefährlichkeit. Das festgestellte Verhalten des Angeklagten Dr. M. Sch. macht deutlich, dass er zur Ausübung des Berufes eines Arztes charakterlich nicht in jeglicher Beziehung geeignet ist.
910
Letztendlich hat der Angeklagte Dr. M. Sch. auch mehrmals seine Dopingaktivitäten in der Vergangenheit fortgesetzt, obwohl deren - wenigstens vorübergehende - Einstellung aufgrund der erhöhten Gefahr der Entdeckung objektiv angezeigt gewesen wäre, so beispielsweise nach dem positiven Testergebnis von J. D. auf EPO bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, nach der Beschuldigtenvernehmung des Angeklagten Dr. M. Sch. im Auftrag österreichischer Ermittler im Zusammenhang mit der Dopingüberführung des J. D. im Jahr 2015, nach der Durchsuchung bei dem Athleten H. W. in V. in Österreich im August 2015, bei der dort der Spezialkühlschrank, in welchem später bei der Durchsuchung in E. am 27.02.2019 die tiefgefrorenen Blutbeutel gefunden wurden, übersehen wurde, oder nach der Ausstrahlung des ARD-Interviews von J.. D. im Januar 2019. All diese Ereignisse haben nicht dazu geführt, dass der Angeklagte von seinen Dopingaktivitäten Abstand genommen hätte. Es ist daher davon auszugehen, dass auch allein das Bekanntwerden der verfahrensgegenständlichen Dopingaktivitäten und eine Verurteilung in diesem Verfahren zur Gefahrenabwehr nicht ausreichend sein werden. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass sich der Angeklagte im Rahmen der Hauptverhandlung von seinen Dopingaktivitäten zuletzt verbal distanziert hat. Dabei ist der Angeklagte Dr. M. Sch. jedoch weiterhin bei seiner Einschätzung geblieben, dass Doping aus seiner Sicht für einen Leistungssportler unverzichtbar sei, wenn er Erfolg haben wolle. Die Distanzierung erfolgte zudem erst spät in der Hauptverhandlung und auf Nachfrage durch die Kammer. An der intrinsischen Motivation und Aufrichtigkeit dieser Angaben bestehen daher durchaus begründete Zweifel.
911
Unter Abwägung all dieser Umstände kommt die Kammer unter Gesamtwürdigung des Täters und der Taten zu dem Ergebnis, dass die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten bei weiterer Ausübung des Berufs vorliegend gegeben ist.
IV. Verhältnismäßigkeit
912
Die Verhängung eines Berufsverbots darf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht widersprechen. Die Maßregel muss nach dem Maßstab des § 62 StGB gegen die Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr abgewogen werden.
913
Die Anordnung der Maßregel eines zeitlichen Berufsverbotes ist erforderlich. Die fest-gestellten Taten (B) unter Missbrauch des Berufs und unter grober Verletzung der mit ihm verbundenen Pflichten (F.I) erlauben eine ausreichende Gefahrenprognose zukünftiger ähnlicher erheblicher Rechtsverletzungen durch den Angeklagten (F.III).
914
Die Anordnung der Maßregel ist auch geeignet, entsprechende Gefahren abzuwehren. Ohne den Nimbus des Arztes ist der Missbrauch eines darauf und auf dem Arzt-Patienten-Verhältnis fußenden Vertrauens nicht mehr oder allenfalls noch unter erheblich erschwerten Bedingungen möglich.
915
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist weiter zu überprüfen, ob der von dem Angeklagten ausgehenden Gefahr der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten auch mit einem milderen Mittel, wie beispielsweise dem Verbot einer selbstständigen Tätigkeit oder einem Verbot der Tätigkeit in nur einem bestimmten fachlichen Bereich, hinreichend begegnet werden kann.
916
Allein das Verbot einer selbstständigen Tätigkeit ist aus Sicht der Kammer vorliegend nicht ausreichend, da der Angeklagte Dr. M. Sch. die verfahrensgegenständlichen Taten stets „nebenberuflich“ begangen hat und unabhängig von seiner regulären Tätigkeit in einer Arztpraxis. Die Ausübung der Tätigkeiten eines Arztes als Selbstständiger oder als Angestellter hat daher vorliegend auf die Prognose, ob der Angeklagte auch in Zukunft ähnlich gelagerte Straftaten begehen wird, keinen Einfluss.
917
Da die Begehung der Taten gerade auf dem Renommee des Angeklagten Dr. M. Sch. als Arzt beruhte, da ohne diese Vertrauensstellung die Sportler seine Dienstleistungen nicht auf diese Weise in Anspruch genommen und sich nicht derart ihm anvertraut hätten, kommt eine sachliche Beschränkung des verhängten Berufsverbots, etwa auf die Tätigkeit als Mannschaftsarzt, als Sportmediziner oder auch als Allgemeinmediziner, vorliegend nicht in Betracht. Auch eine Beschränkung der beruflichen Tätigkeit als Arzt auf den Umgang mit Patienten einer bestimmten Personen- oder Altersgruppe ist nicht zielführend zur Gefahrenabwehr. Sport ist Teil der ganzen Gesellschaft. Und die Gesellschaft nimmt einen approbierten Mediziner mehrheitlich als Arzt mit allen diesem zugeschriebenen Attributen wahr, egal, ob und wie er sich tatsächlich spezialisiert hat.
918
Die Anordnung eines zeitigen Berufsverbotes als Arzt ist somit verhältnismäßig.
V. Dauer
919
Gemäß § 70 Absatz 1 Satz 1 StGB kann ein zeitiges Berufsverbot für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren angeordnet werden. Bei nochmaliger Abwägung aller genannter Gesichtspunkte und insbesondere unter nochmaliger Berücksichtigung der Gesamtwürdigung des Täters und der Taten kommt die Kammer weiter zu dem Ergebnis, dass die Verhängung eines Berufsverbots als Arzt (Humanmediziner) für die Dauer von drei Jahren vorliegend erforderlich, aber auch ausreichend ist. Die Kammer kann nicht ausschließen, dass nach einem Zeitablauf von drei Jahren die innere Einstellung des Angeklagten Dr. M. Sch. sich dahingehend geändert hat, dass eine Wiederholungsgefahr als erheblich vermindert bezeichnet werden kann.
G. Einziehung
920
Über eine Einziehung war nicht zu entschieden, soweit sich die Angeklagten mit der formlosen Einziehung der sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenstände einverstanden erklärt haben. Hinsichtlich der Gegenstände, bezüglich derer kein Einverständnis mit einer formlosen Einziehung erklärt wurde, sowie hinsichtlich der Einziehung von Wertersatz, war wie folgt zu entscheiden:
I. Dr. M. Sch.
1. Einziehung von Tatmitteln
921
Das Gericht hat es nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich erachtet, die Einziehung des vom Angeklagten Dr. M. Sch. zur Organisation der Dopingaktivitäten verwendeten PC iMac (Asservat Nr. 28533/19) und des sichergestellten Mobiltelefons iPhone (Asservat Nr. 17382/19, Ziffern 2 bis 4) als Tatmittel anzuordnen. Ausweislich des Gutachtens FA-190326-03 der Sachverständigen C. M. finden sich auf beiden Geräten - wie auch auf anderen Endgeräten - Spuren inkriminierter Kommunikation und Recherchetätigkeiten.
922
Ausweislich der 1. Ergänzung zum Gutachten FA-190326-03 wurde der PC iMac - dort bezeichnet als BW5-PC - aufgrund der auf dem Rechner festgestellten Internetnutzungsspuren zu Recherchen nach praktisch nur für die Dopingaktivitäten relevanten Begriffen wie etwa „Fresenius CompoDock“, „Haemonetics MCS+“, „Alyx“ und „Sigma-Aldrich IGF1“ verwendet. Auf dem Beweismittel BW5-PC konnte außerdem relevante da verfahrensbezogene Chat-Kommunikation zwischen dem lokalen Nutzer m.sch.@v..de und dem Kontakt „S. D.“ im Zeitraum vom 15.06.2018 bis zum 28.12.2018 festgestellt werden. Auf dem Rechner befanden sich weiter für das Doping relevante Unterlagen, wie E-Mail-Nachrichten aus dem Zeitraum vom 16.01.2019 bis zum 18.01.2019 zu Dopingvorwürfen gegen den Skilangläufer A. P. aus dieser Zeit, Dopingkontrollformulare und biologische Ausweise zu Dopingvorwürfen gegen K. K. im Jahr 2012, die Testergebnisse der Dopingkontrolle einer weiblichen Langstreckenläuferin aus dem Jahr 2015 und Publikationen der WADA (Liste verbotener Substanzen, Fachartikel), sowie einschlägige Zeitungsartikel. Außerdem wurden dort Reiseunterlagen bzw. Buchungsbestätigungen für die Angeklagten Dr. M. Sch., S. M., D. Q. und A. Sch. gefunden sowie Internetnutzungsspuren, die aus dem Aufruf von Internetseiten bezüglich der Reisen resultieren. Es konnten auch Internetnutzungsspuren festgestellt werden, wonach der lokale Nutzer des Beweismittels nach verschiedenen Sport-Ereignissen, Sportverbänden und Sportlern recherchierte und sich bezüglich der Anmietung von Gewerbehallen in Erfurt erkundigte. Der lokale Nutzer verwendete ausweislich des Gutachtens außerdem Webmail-Dienste und griff mindestens auf das E-Mail-Postfach d.n.74@googlemail.com zu. Diese E-Mailadresse wurde von dem Angeklagten Dr. M. Sch. zur verdeckten Kommunikation mit den Sportlern und Trainern verwendet. Auch die festgestellten Betreffzeilen von E-Mail-Nachrichten auf dem Rechner sind teilweise sachverhaltsrelevant.
923
Ähnlich verhält es sich mit dem Mobiltelefon iPhone, im Gutachten bezeichnet als BW1-HANDY. Auch bei diesem war das Ergebnis der Auswertung für das Verfahren relevant, wenn auch auf dem Mobiltelefon iPhone BW2-HANDY - demjenigen mit der slowenischen SIM-Karte - bei weitem mehr verfahrensrelevante Daten gefunden werden konnten. Auf beiden Beweismitteln fanden sich jedoch verfahrensrelevante Kontakte. Die Angeklagte D. S. hat angegeben, über beide Mobiltelefone mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. auch in Sachen Blutdoping kommuniziert zu haben. Ausweislich der Gutachten FA-190326-06 zu den Kommunikationsgeräten des Angeklagten S. M. und FA-190326-07 zu den Kommunikationsgeräten des Angeklagten D. Q. haben auch diese beiden Helfer mit dem Angeklagten Dr. M. Sch. über dessen Mobiltelefon mit der deutschen SIM-Karte und Rufnummer regen Kontakt vor, während und nach ihren Dopingeinsätzen gehabt und auch auf diesem Weg Anweisungen erhalten.
924
Der Einziehung steht nicht entgegen, dass sich auf den Geräten auch nichtinkriminierte, für den Angeklagten wichtige Daten befinden. Die Sicherung dieser Daten ist im Einzelfall in Absprache mit der verwahrenden Staatsanwaltschaft ohne weiteres und auch ohne Herausgabe der Geräte möglich. Die Einziehung steht zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, nicht außer Verhältnis, § 74f Absatz 1 Satz 1 StGB.
2. Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen
925
Gegen den Angeklagten Dr. M. Sch. war gemäß §§ 73 Absatz 1, 73c Absatz 1 StGB die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen in Höhe von 148.000 Euro anzuordnen. Der Angeklagte hat durch die unter B.III bis B.XIV abgehandelten Taten Bargeld in dieser Höhe erlangt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Zahlungen, welche jeweils in Teilbeträgen geleistet wurden: von J. D. für die Saison 2013/14 5.000 Euro, von St. D. für die Saison 2015 5.000 Euro, für die Saison 2016 5.000 Euro, für die Saison 2017 12.000 Euro und für die Saison 2018 5.000 Euro, von D. B. für die Saison 2016/17 6.000 Euro, für die Saison 2017/18 10.000 Euro und für die Saison 2018/19 7.500 Euro, von M. H. für Saison 2016/17 5.000 Euro, für die Saison 2017/18 10.000 Euro und für die Saison 2018/19 7.500 Euro, von E. M. für die Saison 2016 und für Saison 2018 jeweils 1.000 Euro, von K. T. für die Saison 2017/18 8.000 Euro und für die Saison 2018/19 5.000 Euro, von A. K. für die Saison 2017/18 8.000 Euro, von Ch. K.-F. insgesamt 12.000 Euro, von A. V. für die Saison 2017/18 8.000 Euro und für die Saison 2018/19 5.000 Euro, von A. P. für die Saison 2017/18 und für die Saison 2018/19 jeweils 5.000 Euro, von K. D. für die Saison 2018 10.000 Euro und von G. P. für die Saison 2018 12.000 Euro.
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Da dieses Geld auf Grund der zwischenzeitlich stattgefundenen Vermengung nicht mehr individualisierbar ist, war die Anordnung der Einziehung des bestimmten Gegenstandes gemäß § 73 Absatz 1 StGB nicht mehr möglich, so dass die Einziehung des Wertersatzes gemäß § 73c Absatz 1 StGB in entsprechender Höhe auszusprechen war.
II. D. Q., D. S., A. Sch. und S. M.
1. Einziehung von Tatmitteln
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Die Angeklagten D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. haben sich jeweils mit der Einziehung aller sichergestellten Gegenstände (inklusive des Pkw VW Passat des Angeklagten A. Sch.) einverstanden erklärt, soweit sie jeweils sie betrafen. Über eine Einziehung war diesbezüglich nicht mehr zu entscheiden.
2. Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen
928
Bei den Angeklagten D. Q., D. S., A. Sch. und S. M. hat das Gericht jeweils mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft von der Möglichkeit nach § 421 Absatz 1 StPO Gebrauch gemacht, von der Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen abzusehen, da die Einziehung neben der zu erwartenden Strafe nicht ins Gewicht fällt, § 421 Absatz 1 Nr. 2 StPO. Bei den vier genannten Angeklagten standen jeweils viel niedrigere Beträge als mögliche Taterträge im Raum, als bei dem Angeklagten Dr. M. Sch..
H. Anrechnung von im Ausland erlittener Freiheitsentziehung
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Eine Anrechnung der hinsichtlich der Angeklagten D. S. und A. Sch. in der Republik Österreich vollzogenen Auslieferungshaft nach § 51 Absatz 3 Satz 2 StGB wird von der Kammer in Anlehnung an die obergerichtliche Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 11.07.1995 - 1 StR 239/95) aufgrund der dortigen mit den inländischen grundsätzlich als vergleichbar anzusehenden Haftbedingungen im Verhältnis 1:1 jeweils als adäquat angesehen.
I. Kosten
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Absatz 1, 465 Absatz 1, 466 StPO.