VG München, Urteil v. 21.04.2021 – M 3 K 19.1748
Titel:
Unzulässigkeit von Maluspunkten im Antwort-Wahl-Verfahren in einer Prüfung
Normenketten:
APO/BM § 8 Abs. 3, § 16 Abs. 1
RaPo § 7 Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Für die Anwendung des Antwort-Wahl-Verfahrens in einer Prüfung bedarf es keiner Rechtsgrundlage (OVG Münster BeckRS 2011, 55950). (Rn. 25 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Zweiprüferprinzip, nach dem Prüfungsleistungen, die als nicht bestanden bewertet werden sollen, von zwei Prüfern zu bewerten sind, ist nicht verletzt, insbesondere da mit der Vorverlagerung der Prüfertätigkeit auf die Erstellung der Fragen (BVerfG BeckRS 1991, 116286), der Fragenbestand als auch neu aufzunehmende Fragen mit einem Zweitprüfer abgestimmt wurden. (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Prüfungsverfahren im Antwort-Wahl-Verfahren, durch dessen Ergebnis die Freiheit der Berufswahl eingeschränkt wird, muss so gestaltet sein, dass es geeignet ist, den Wissenstand des Prüflings und seine berufsbezogenen Kenntnisse zu beurteilen. Dabei dürfen fehlerfrei erbrachte Prüfungsleistungen nicht als nicht oder schlecht erbracht gewertet werden, weil andere Prüfungsfragen nicht richtig beantwortet wurden, was aber bei der Vergabe von Maluspunkten für falsche Lösungen der Fall ist (OVG Münster BeckRS 2009, 30521). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antwort-Wahl-Verfahren, Maluspunkte, Unzulässige Gestaltung des Antwort-Wahl-Verfahrens mit Maluspunkten, Fehlende Kausalität von fehlerbehafteter Malusbewertung, Rechnerische Behebung von Prüfungsmangel, Kein Verstoß gegen Zweiprüferprinzip, Auswahl von Fragen aus Datenbank, Open-book-Klausur, Punktvergabe für Lösungsansätze, Zweiprüferprinzip
Fundstelle:
BeckRS 2021, 19854
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheides über sein endgültiges Nichtbestehen und die Fortsetzung seines Studiums an der beklagten Universität.
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Der Kläger studierte seit dem 1. Oktober 2015 im Bachelorstudiengang „Management und Medien“ an der Beklagten. Am 21. Juni 2018 legte der Kläger seine 2. Wiederholungsprüfung im Fach „Operations Management und Logistik“ (Drittversuch) ab.
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Die Prüfung bestand aus 6 Textaufgaben und 4 Rechenaufgaben. Die erzielbare Gesamtpunktzahl der Prüfung betrug 120 Punkte. Die Bestehensgrenze war auf 60 Punkte festgesetzt, wobei irrelevant war, in welchem Aufgabenbereich diese Punkte erzielt wurden. Die erreichte Gesamtpunktzahl wurde durch Addition der erzielten Punkte ermittelt. Aus den Textaufgaben und Rechenaufgaben konnten jeweils 60 Punkte erzielt werden. Pro Textaufgabe waren maximal jeweils 10 Punkte zu erzielen, pro Rechenaufgabe jeweils maximal 15 Punkte.
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Der Prüfungsteil Textaufgaben wurde nach dem Antwort-Wahl-Verfahren durchgeführt. Pro Textaufgabe wurden 10 Einzelfragen (n = 10) gestellt, wobei jeweils zu beurteilen war, ob die formulierte Aussage im Sachzusammenhang der Aufgabenstellung (Themengebiet) richtig oder falsch war. Bei richtiger Beantwortung aller 10 Einzelfragen einer Textaufgabe wurden 10 Punkte vergeben. Nicht beantwortete Einzelfragen wurden mit 0 Punkten bewertet. Falsch beantwortete Einzelfragen wurden mit - 0,5 Punkten bewertet. Pro Textaufgabe wurden schlechtestenfalls 0 Punkte vergeben. Es konnte bei keiner Aufgabe eine negative Punktzahl erzielt werden.
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Der Prüfungsteil Rechenaufgaben wurde als sog. „open-book-Klausur“ gestellt, das heißt die Prüflinge durften Hilfsmittel wie u.a. das Lehrbuch zur Veranstaltung zur Lösung der Aufgaben hinzuziehen. In der Korrektur der Aufgaben wurde die volle Punktzahl für richtige Lösungen vergeben, lediglich Lösungsansätze oder ähnliches wurde nicht bepunktet.
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Der Kläger erzielte in der Prüfung insgesamt eine Gesamtpunktzahl von 47,0 von 120 möglichen und von 60 zum Bestehen notwendigen Punkten. 32 Punkte erzielte er im Prüfungsteil Textaufgaben, dabei beantwortete der Kläger 47 von 60 Einzelfragen, von denen er wiederum 37 richtig und 10 falsch beantwortete. In diesem Prüfungsteil wurde folgerichtig - da sich bei allen 6 Textaufgaben eine positive Punktzahl ergab - eine Punktzahl von 32 ermittelt (37 - 10 x 0,5 = 32). Im Prüfungsteil Rechenaufgaben erzielte der Kläger 15 Punkte.
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Am 10. Juli 2018 wurde dem Kläger eröffnet, dass die Prüfungskommission Betriebswirtschaft die Bewertung mit der Note „nicht ausreichend“ (5,0) festgestellt hat. Gleichzeitig stellte die Prüfungskommission Betriebswirtschaft das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiums fest, da es sich bei der Modulprüfung um eine zweite und damit letzte Wiederholungsprüfung handelte.
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Mit Schreiben vom 12. Juli 2018, eingegangen am 13. Juli 2018, legte der Kläger durch seine Bevollmächtigte Widerspruch hiergegen ein.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Rechtsgrundlage zur Verwendung eines sogenannten Single Choice Verfahrens im 2. Prüfungsteil (Textaufgaben) fehle. Insbesondere liege ein Verstoß gegen das sogenannte Zwei-Prüfer-System vor, da hier nur ein einzelner Prüfer darüber entscheide, ob der berufliche Werdegang des Prüflings vorzeitig beendet sei. Es seien sämtliche Fragen durch einen einzelnen Prüfer erstellt worden und auch die Bewertung habe durch einen einzelnen Prüfer stattgefunden, sodass nur eine Person für das endgültige Nichtbestehen eines Studiengangs verantwortlich gewesen sei.
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Mit Bescheid vom 4. Februar 2019, zugegangen am 13. März 2019, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Kläger auch ohne den 2. Prüfungsteil (Textaufgaben) die Prüfung nicht bestanden hätte. Es läge kein Verstoß gegen das Zwei-Prüfer-Prinzip vor, da beim Antwort-Wahl-Verfahren die Prüfertätigkeit zeitlich vorgelagert in der Auswahl der Fragen, der Auswertung der richtigen Antworten und der Festlegung der Bewertungsmaßstäbe bestehe. Die Fragen seien hier vom Erstprüfer aus einem vorhandenen Fragenkatalog (Datenbank) für die streitgegenständliche Prüfung ausgewählt worden. Der Fragenbestand der Datenbank sei bereits in der Vergangenheit mit dem Zweitprüfer abgestimmt worden. Neu in den Datenbestand aufzunehmende Fragen mit Musterantwort würden jeweils vorab dem Zweitprüfer zur Begutachtung vorgelegt. Selbst die Auswahl der Fragen für die streitgegenständliche Prüfung sei vom Zweitprüfer nochmals überprüft und durch Gegenzeichnung verifiziert worden. Bei der Auswertung dieses Prüfungsteils sei systembedingt kein Ermessensspielraum gegeben, so dass sich die Prüfungsanforderungen an den Zweitprüfer hierfür lediglich auf die Beurteilung der rechentechnischen sachgerechten Auswertung erstrecke. Dies sei vorliegend geschehen.
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Mit Schreiben vom 12. April 2019, eingegangen am selben Tag, erhob der Kläger durch seine Bevollmächtigte Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte,
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der Bescheid vom 2. Juli 2018 über das endgültige Nichtbestehen im Studiengang Management und Medien in Form des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2019 wird aufgehoben und der Kläger wieder zum Studium zugelassen.
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Die Begründung entspricht im Wesentlichen der des Widerspruches. Darüber hinaus wird vorgebracht, dass auch wenn der Kläger ohne den streitgegenständlichen 2. Prüfungsteil (Textaufgaben) nicht bestanden hätte, die Prüfung bei einer nicht ordnungsgemäßen Prüfung zu wiederholen sei. Es sei weiter zu vermuten, dass bei der Auswahl der Prüfungsfragen aus einer Datenbank das Zwei-Prüfer-System fehle. Entgegen der Behauptung der Beklagten seien die streitgegenständlichen Fragen nicht von einem Zweitprüfer überprüft und durch Gegenzeichnung verifiziert worden. Außerdem liege ein Verstoß gegen die Prüfungsordnung vor, da bei einer falschen Antwort Maluspunkte vergeben worden seien. Gerade in dem Vergeben von Maluspunkten liege ein Verstoß gegen das Zwei-Prüfer-System.
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Mit weiteren Schreiben vom 26. Januar 2021 trägt der Kläger zusätzlich erstmals vor, dass in den Aufgaben 1-4 nur Punkte auf korrekte Lösungen, nicht aber auf richtige Ansätze vergeben worden seien. Dies widerspreche der Rechtsprechung zum Folgefehler. Zudem seien aus der Korrektur Stärken und Schwächen der Arbeit nicht ersichtlich, da diese lediglich auf einem Bewertungsbogen erfolgt sei.
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Die Beklagte beantragte,
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die Klage abzuweisen.
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Zusätzlich zu den Argumenten des Widerspruchsbescheides trägt die Beklagte vor, dass es keine Rechtsgrundlage für die Durchführung eines Prüfungsteils im Antwort-Wahl-Verfahren bedürfe, weil eine solche nur erforderlich sei, wenn die Prüfertätigkeit auf einen Aufgabensteller verlagert worden wäre, der nicht zugleich Prüfer sei. Wenn aber wie hier der Prüfer zugleich der Aufgabensteller sei, dann habe dieser zu jeder Zeit die Hoheit über das Prüfungsverfahren und seinen Beurteilungsspielraum. Darüber hinaus sei die Vergabe von Maluspunkten jedenfalls nicht kausal für das Nichtbestehen des Klägers gewesen, da auch ohne solche Maluspunkte die Prüfung nicht bestanden sei. Weiterhin müssten bei den Rechenaufgaben keine Punkte für Lösungsansätze vergeben werden. In der Klausur hätte ein Lehrbuch mit allen relevanten Formeln und Lösungshinweisen verwendet werden können. Bei den gestellten Aufgaben handele es sich um Übungsaufgaben aus diesem Lehrbuch mit nur leicht veränderten Zahlen und Rahmengeschichten, für die die Musterlösung ausgeteilt und besprochen worden sei. Es handele sich somit um keine Transferleistung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Mit Einverständnis beider Parteien konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid über das endgültige Nichtbestehen im Studiengang Management und Medien der Beklagten vom 2. Juli 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs Management und Medien ist § 16 Abs. 1 der Allgemeinen Prüfungsordnung für die Bachelor- und Master-Studiengänge im Fachhochschulbereich der Universität der Bundeswehr München (APO/BM) vom 16. Dezember 2010, gültig für den Kläger aufgrund seines Studienbeginns am 25. September 2014. Demnach kann ein Leistungsnachweis maximal zweimal wiederholt werden.
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Der Kläger hat hier das Modul Operations Management und Logistik auch im zweiten Wiederholungsversuch nicht bestanden. Eine weitere Wiederholung sieht die APO/BM nicht vor. Somit ist die Bachelorprüfung insgesamt endgültig nicht bestanden.
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist der zweite Teil der streitgegenständlichen Prüfung, in dem die Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt wurden, auch nicht aufgrund fehlender Rechtsgrundlage rechtswidrig.
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Dem Kläger zuzugeben ist, dass beim Antwort-Wahl-Verfahren ein wesentlicher Teil der prüfungsrechtlich relevanten Entscheidungen oder sogar, wenn die Bewertung der einzelnen richtigen oder falschen Antworten vorgegeben ist, die gesamte Prüfertätigkeit auf die Fragestellung vorverlagert wird (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84 -, BVerfGE 84, 59 (73); OVG NRW, B.v. 4.10.2006 - 14 B 1035/06 - und B.v. 11.11.2011 - 14 B 1109/11 - juris Rn. 14). Daraus folgt aber lediglich, dass eine Verschiebung der Prüfertätigkeit - also der Fragestellung - vom nach der Prüfungsordnung berufenen Prüfer auf Andere einer normativen Ermächtigung bedarf; darüber hinaus ist für die Anwendung des Antwort-Wahl-Verfahrens keine normative Ermächtigung nötig (OVG NRW, B.v. 11.11.2011 - 14 B 1109/11 - juris Rn. 18 ff. mit weiteren Nachweisen).
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Demzufolge ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass die Verwendung des Antwort-Wahl-Verfahrens ohne spezifische Rechtsgrundlage erfolgte. Eine solche findet sich weder in der Allgemeinen Prüfungsordnung für die Bachelor- und Master-Studiengänge im Fachhochschulbereich der Universität der Bundeswehr München noch in der Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelor-Studiengang Management und Medien an der Fakultät für Betriebswirtschaft der Universität der Bundeswehr München. Die Prüfung ist von dem Erstprüfer erstellt worden, im streitgegenständlichen Teil durch die Auswahl von Fragen aus einem Fragenbestand. Dabei sind sowohl der Fragenbestand als auch neu aufzunehmende Fragen mit einem Zweitprüfer abgestimmt worden. Damit sind die gegenständlichen Prüfungsaufgaben von einem Prüfer gestellt worden und somit hat durch den zweiten Teil der Klausur im Antwort-Wahl-Verfahren keine Verschiebung der Prüfertätigkeit auf einen Dritten stattgefunden. Deshalb bedurfte es keiner speziellen Ermächtigung des Prüfers, die Prüfungsaufgaben teilweise im Antwort-Wahl-Verfahren zu stellen.
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Darüber hinaus liegt entgegen der Ansicht des Klägers hierin auch kein Verstoß gegen das Zweiprüferprinzip des § 7 Abs. 3 Satz 1 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen in Bayern vom 17. Oktober 2001 (GVBl. S. 686, BayRS 2210-4-1-4-1-WK), die zuletzt durch Verordnung vom 6. August 2010 (GVBl. S. 688) geändert worden ist. Nach dieser Vorschrift sind Prüfungsleistungen, die als nicht bestanden bewertet werden sollen, von zwei Prüfenden zu bewerten. Auch § 8 Abs. 3 APO/BM verweist auf diese Regelung. Daraus ergibt sich aber schon nicht, dass ein Zweitprüfer an der Erstellung der Aufgaben zu beteiligen wäre. Einen solchen allgemeinen Grundsatz kennt entgegen dem Vortrag des Klägers das Prüfungsrecht nicht. Darüber hinaus wurde hier sogar ein Zweitprüfer an der Erstellung der Aufgaben in der Form beteiligt, dass der Fragenbestand und die Auswahl der Fragen hieraus mit ihm abgestimmt wurden.
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Auch die Vergabe von Maluspunkten bei falschen Antworten im streitgegenständlichen zweiten Prüfungsteil, der im Antwort-Wahl-Verfahren gestaltet ist, führt zu keinem die Wiederholung der Prüfung erzwingenden Mangel.
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Grundsätzlich spricht nach Auffassung des Gerichts einiges dafür, dass bei der hier vorliegenden Prüfungsgestaltung die vorgenommene Bewertung der Antworten, nämlich bei richtigen Antworten einen Punkt, bei fehlenden Antworten keinen Punkt zu vergeben und bei falschen Antworten einen halben Punkt in Abzug zu bringen, fehlerhaft ist.
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Das in der vorliegenden Klausur verwendete Antwort-Wahl-Verfahren, bei dem lediglich eine Aussage als richtig oder falsch zu klassifizieren ist, birgt inhärent ein hohes Raterisiko. Deshalb scheint es verständlich, dass der Prüfer versucht hat dem durch die von ihm gewählte Methode der Bewertung der Antworten mit der Vergabe von Maluspunkten für falsche Lösungen zu begegnen. Ein Prüfungsverfahren, dessen Ergebnisse zu einem endgültigen Nichtbestehen des Studiengangs führen können und somit Auswirkungen auf die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) hat, muss jedoch so gestaltet sein, dass es geeignet ist, Aussagen darüber zu gewinnen, welche berufsbezogenen Kenntnisse der Prüfling hat. Einem Bewertungsverfahren, bei dem fehlerfrei erbrachte Prüfungsleistungen als nicht oder schlecht erbracht gewertet werden, weil andere Prüfungsfragen nicht richtig beantwortet worden sind, genügt dem nicht. Denn damit wird nicht der Wissenstand des Prüflings, sondern allenfalls seine Risikobereitschaft zum Raten beurteilt (vgl. zum Ganzen OVG NRW, U.v. 16.12.2006 - 14 A 2154/08 - juris Rn. 45 und B.v. 11.11.2011 - 14 B 1109/11 - juris Rn. 11; Fischer in Niehues/Fischer/Jeremias (Hrsg.), Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 588; wohl auch VG Ansbach, U.v. 31.1.2020 - AN 2 K 18.01544 - juris Rn. 34).
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Im Endeffekt kann die Fehlerhaftigkeit dieses Prüfungsteil im vorliegenden Fall aber dahingestellt bleiben, da die Vergabe von Maluspunkte hier nicht ursächlich geworden ist für das Nichtbestehen der Prüfung. Denn selbst, wenn die vergebenen Maluspunkte für die falschen Antworten aus dem Prüfungsergebnis herausgerechnet werden, hat der Kläger die Klausur nicht bestanden. Es wurden nämlich für 10 falsche Antworten insgesamt 5 Punkte in Abzug gebracht, ohne diesen Abzug hätte der Kläger in der Gesamtprüfung nur insgesamt 52 von 60 zum Bestehen nötigen Punkte erreicht und somit die Prüfung weiterhin nicht bestanden.
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Selbst wenn man zusätzlich zugunsten des Klägers die vom Kläger nicht beantworteten Fragen in jeder Hinsicht ignoriert, also auch die mit den entsprechenden Fragen erzielbaren Punkte von der erreichbaren Gesamtpunktzahl abzieht und die Bestehensgrenze entsprechend neu festsetzt, hätte der Kläger die Prüfung nicht bestanden. Er hat 13 Fragen nicht beantwortet, somit läge die in der Prüfung zu erreichende Gesamtpunktzahl bei 107 Punkten und die zum Bestehen erforderliche Punktzahl bei einer Bestehensgrenze von 50% bei 53,5 Punkten. Diese Punktzahl hat der Kläger aber auch bei herausgerechneten Maluspunkten nicht erreicht.
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Deshalb kann das in der Klausur verwendete Antwort-Wahl-Verfahren im Prüfungsverfahren nicht kausal für das Nichtbestehen des Klägers geworden sein. Somit liegt kein zur Wiederholung der Prüfung führender Mangel vor.
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Soweit der Kläger zusätzlich die Bewertung der Rechenaufgaben rügt, kann sich dieses Vorbringen nur auf die Aufgabe 3a beziehen. Denn in den übrigen Aufgaben hat er entweder die volle Punktzahl erzielt (Aufgabe 2) oder gar keine Lösungsansätze abgegeben.
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Die Bewertung der Bearbeitung der Aufgabe 3a des Klägers mit 0 Punkten ist nicht zu beanstanden. Zwar hat der Kläger zu dieser Aufgabe tatsächlich einen Lösungsansatz dargestellt, dieser Ansatz ist aber so rudimentär, dass selbst wenn richtige Lösungsansätze bepunktet hätten werden müssen - wofür nach Auffassung des Gerichts einiges spricht - hierfür keine Punkte hätten vergeben werden müssen.
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Der richtige Teil des Ansatzes beschränkt sich auf das teilweise Auffinden der passenden Formeln. Das Rechnen mit diesen Formeln gelingt durchweg nicht. Wenn aber wie in der streitgegenständlichen Klausur Hilfsmittel zur Verfügung stehen, die nicht nur die Formeln zu Berechnung der Lösung, sondern auch den Lösungsweg vorgeben, ist es nicht zu beanstanden und vom Bewertungsspielraum des Prüfers umfasst für die (erstmalige) Vergabe von Punkten hohe Hürden zu setzen. Ob diese Hürden so hoch zu gesetzt werden können, dass allein für die richtige Lösung Punkte vergeben werden können, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Der angebotene Lösungsansatz des Klägers genügt hierfür jedenfalls nicht.
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Da somit die Prüfung endgültig nichtbestanden ist, war auch die Klage gegen das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.