Inhalt

VG München, Urteil v. 07.12.2020 – M 8 K 19.5422
Titel:

Gemeindliches Vorkaufsrecht und Erhaltungssatzung zur Sicherung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung

Normenkette:
BauGB § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 3, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 4
Leitsätze:
1. Ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt, hat sich im Einzelnen an den Zielen zu orientieren, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 BauGB verfolgt werden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur dann durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt i.S.v. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn damit im Einzelfall dem jeweils angegebenen, sich im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen bewegenden Verwendungszweck entsprochen wird. Es ist daher nach Zweck und Zielrichtung des jeweiligen Vorkaufsrechts zu differenzieren.   (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung ist die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, wenn Belange des § 172 BauGB (hier Zusammensetzung der Wohnbevölkerung und preisgünstiger Mietwohnraum) auf dem Spiel stehen, wenn also erhaltungswidrige Entwicklungen zu befürchten sind. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt daher die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn sie das Erhaltungsziel der Satzung fördert, insbesondere wenn sie dazu beitragen kann, erhaltungswidrigen Entwicklungen vorzubeugen, die der Käufer voraussichtlich beabsichtigt. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage der (Erst-)Käuferin gegen aufgrund von Erhaltungssatzungen ausgeübte gemeindliche Vorkaufsrechte, Erhaltungssatzungen „J* …platz“ und „H* …platz/H* …straße“, Anwendbarkeit und Auslegung des § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB in Erhaltungssatzungsgebieten, Geeignetheit einer Abwendungserklärung (verneint), Belegungs- / Mietpreisbindung, Vorkaufsrechtsausübung zugunsten Dritter, Ermächtigung des Geschäftsführers durch Prokuristen bei unechter Gesamtvertretung, Anscheinsvollmacht, gemeindliches Vorkaufsrecht, Wohl der Allgemeinheit, Erhaltungssatzung, Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, preisgünstiger Mietwohnraum
Fundstelle:
BeckRS 2020, 46263

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin, ein Wohnungsunternehmen in der Rechtsform einer GmbH, wendet sich als Käuferin der Grundstücke H* …straße 5 und H* …platz 3/ M* …straße 11, …, gegen die Ausübung von gemeindlichen Vorkaufsrechten zugunsten der Beigeladenen zu 1. mit streitgegenständlichen Bescheiden der Beklagten jeweils vom 27. September 2019.
2
Das Grundstück H* …straße 5 (Fl.Nr. … Gem. … …*) liegt im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung „J* …platz“ der Beklagten vom 5. Juli 2017, in Kraft getreten am 21. Juli 2017 (vgl. Amtsblatt der … … Nr. …, S. 270 f.), die Grundstücke H* …platz 3 (Fl.Nr. … Gem. …*) und M* …straße 11 (Fl.Nr. … Gem. …*) befinden sich im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung H* …platz/H* …straße der Beklagten vom 23. Januar 2019, in Kraft getreten am 31. Januar 2019 (vgl. Amtsblatt der … … Nr., S. 24 f). Beide Erhaltungssatzungen, deren Gültigkeitsdauer jeweils fünf Jahre beträgt (vgl. § 5 Abs. 2 der jeweiligen Erhaltungssatzung), dienen dem Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung.
3
Am 25. Juli 2019 schlossen die Beigeladene zu 2. und die Klägerin einen notariellen Grundstückskaufvertrag sowie einen Kaufvertrag über Wohnungs- und Teileigentum (UR-Nr. …2019, Behördenakte H* …straße 5, Band I, im Folgenden: BA H.-Str. I Bl. 4 ff. sowie Behördenakte H* …platz 3, Band I, im Folgenden: BA H.-Pl. I Bl. 5 ff.) über insgesamt 20 überwiegend wohnwirtschaftlich genutzte Gebäude, darunter das Grundstück H* …straße 5 (Teilkaufgegenstand 6, § 1 Abs. 1 Buchst. f) des Kaufvertrags) zu einem Teilkaufpreis von … € (§ 3 Abs. 1 des Kaufvertrags) und das Grundstück „H* …platz 3“ (Teilkaufgegenstand 7, § 1 Abs. 1 Buchst. g) des Kaufvertrags) zu einem Teilkaufpreis von … € (§ 3 Abs. 1 des Kaufvertrags). Das Grundstück H* …platz 3 bildet mit dem Grundstück M* …straße 11 ein Buchgrundstück (vgl. BA H.-Pl. I, Blatt 232; vgl. zum Antrag auf Grundstücksvereinigung BA H.-Pl. II Bl. 300).
4
Das ca. 1.063 m2 große Grundstück H* …straße 5 ist mit einem Vorder- und einem Rückgebäude mit insgesamt 35 Wohneinheiten und einer Gewerbefläche bebaut. Auf den insgesamt 2.221 m2 großen Grundstücken H* …platz 3/M* …straße 11 sind zwei Wohngebäude (insgesamt 58 Wohneinheiten) vorhanden.
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Der notarielle Kaufvertrag enthält in § 11 verschiedene Vereinbarungen zum Mieterschutz, in § 12 ein zeitlich befristetes und zahlenmäßig begrenztes Belegungsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 2. Auf die entsprechenden Bestimmungen des Kaufvertrags, insbesondere zum Mieterschutz wird verwiesen.
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Mit einem bei der Beklagten am 31. Juli 2019 eingegangenen Schreiben (BA H.-Str. I Bl. 4; BA H.-Pl. I Bl. 5; GA Bl. 113) vom 26. Juli 2019 übersandte der beurkundende Notar (entsprechend § 15 des Kaufvertrags) eine Abschrift des Kaufvertrags vom 25. Juli 2019.
7
Mit Schreiben vom 5. August 2019 (betreffend H* …straße 5) und 6. August 2019 (betreffend H* …platz 3/M* …straße 11) wies die Beklagte die Beigeladene zu 2. sowie die Klägerin auf das grundsätzliche Bestehen eines Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Baugesetzbuch (BauGB), die Frist zu dessen Ausübung (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) und die Möglichkeit zur Abgabe einer geeigneten Abwendungserklärung durch die Erwerberin (§ 27 Abs. 1 BauGB) hin. Den Schreiben an die Klägerin waren ein Infoblatt über die „Praxis der Vorkaufsrechte“ sowie jeweils ein Exemplar einer solchen Abwendungserklärung/-vereinbarung „zur Information“ beigefügt (BA H.-Str. I Bl. 264 ff.; BA H.-Pl. I Bl. 262 ff. + II Bl. 268 ff.).
8
Unter dem 23. und dem 29. August 2019 gab das Sozialreferat der Beklagten - Amt für Wohnen und Migration, Wohnraumerhalt, Fachbereich Technik - nach einer Ortseinsicht jeweils (positive) städtebauliche Beurteilungen zu den Anwesen ab (BA H.-Str. II Bl. 312 ff.; BA H.-Pl. II Bl. 360 ff.). Die Grundstücke befänden sich in zentral guter Lage. Die Gebäude auf dem Grundstück H* …straße 5 seien 1956 (Vordergebäude) bzw. 1958 (Rückgebäude) genehmigt worden, besäßen zumindest augenscheinlich eine solide Bausubstanz und hinterließen einen insgesamt gepflegten Gesamteindruck. Größerer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsbedarf stehe nicht an. Entsprechend der Bauzeit der Gebäude und den seinerzeit gängigen Standards seien Modernisierungsmaßnahmen angezeigt, es bestehe Aufwertungspotential. Einzelne Wohneinheiten seien sukzessive modernisiert worden, insbesondere im Rückgebäude. Dem stehe allgemein der Ausstattungsstandard der Wohnungen im Vordergebäude nach. Die Aufstellung zu den Mieteinnahmen der insgesamt 35 vermieteten Wohnungen ergebe eine durchschnittliche Nettomiete von 13,36 € je Quadratmeter Wohnfläche.; im Zuge der freiwilligen Haushaltsbefragung zu den aktuellen Mieten seien 22 der 35 Haushalte erfasst worden. Die durchschnittliche Nettomiete von 22 Haushalten betrage 13,61 € je Quadratmeter Wohnfläche. Die ortsübliche Vergleichsnettomiete nach dem Mietspiegel für … 2019 für vergleichbaren Wohnraum liege innerhalb einer Spanne von rund 13,50 € bis rund 16,00 € (Altbauten sowie neuerer Wohnraum mit Wohnungsgrößen von rund 30 m2 und 70 m2; nicht: Neubauten/Erstbezug). Der aktuelle VDI Marktbericht Wohnimmobilien - Mietobjekte (Stand Juli 2019) weise für Wohnraum (3 Zimmer, 70 m2 Wohnfläche) bezogen auf den mittleren Wohnwert in … eine durchschnittliche Nettomiete (= Marktmiete) von rund 14,70 € bis rund 17,70 € sowie, bezogen auf guten Wohnwert, von rund 17,00 € bis rund 19,00 € je Quadratmeter Wohnfläche aus. Für den Stadtbezirk „…“ liege laut letztem IVD-Bericht die Nettomiete bezogen auf guten Wohnwert bei rund 18,60 € je Quadratmeter Wohnfläche.
9
Das um 1956 in Massivbauweise errichtete Anwesen H* …platz 3/M* …straße 11 befinde sich in einem relativ guten Erhaltungszustand. Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen seien in den letzten Jahren regelmäßig durchgeführt worden. Nach Aussage seien die Wohnungen nach Mieterwechseln vollständig modernisiert worden. In einem Fünftel der Wohnungen bestehe noch Modernisierungsbedarf bei der Elektroinstallation, Ausstattung der Bäder und den Bodenoberflächen. Die Aufstellung zu den Mieteinnahmen der insgesamt 58 vermieteten Wohnungen ergebe eine durchschnittliche Nettomiete von 14,29 € je Quadratmeter Wohnfläche; im Zuge der freiwilligen Haushaltsbefragung zu den aktuellen Mieten seien 26 der 58 Haushalte erfasst worden. Die durchschnittliche Nettomiete von 26 Haushalten betrage 14,17 € je Quadratmeter Wohnfläche. Die ortsübliche Vergleichsnettomiete nach dem Mietspiegel für … 2019 für vergleichbaren Wohnraum liege innerhalb einer Spanne von rund 13,50 € bis rund 15,80 € (Altbauten sowie neuerer Wohnraum mit Wohnungsgrößen von rund 35 m2, 55 m2, 75 m2 und 90 m2; nicht: Neubauten/Erstbezug). Der aktuelle VDI Marktbericht Wohnimmobilien - Mietobjekte (Stand Juli 2019) weise für Wohnraum (3 Zimmer, 70 m2 Wohnfläche) bezogen auf den mittleren Wohnwert in … eine durchschnittliche Nettomiete (= Marktmiete) von rund 14,70 € bis rund 17,70 € sowie, bezogen auf guten Wohnwert, von rund 17,00 € bis rund 19,00 € je Quadratmeter Wohnfläche aus. Für den Stadtbezirk „…-West“ liege laut letztem IVD-Bericht die Nettomiete bezogen auf guten Wohnwert bei rund 17,40 € je Quadratmeter Wohnfläche.
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Insgesamt seien die Anwesen H* …straße 5 und H* …platz 3/M* …straße 11 aufgrund der Lage, städtebaulichen Struktur, Bauart, Wohnungsgrößen sowie dem Gesamtzustand für die Bevölkerung des Satzungsgebietes als Wohnmöglichkeiten geeignet. Die Ziele der Erhaltungssatzungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen seien gewahrt.
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Mit Vermerken vom 27. August 2019 (betr. H* …straße 5, vgl. BA H-Str. II Bl. 333 ff.) sowie 29. August 2019 (betr. H* …platz 3/M* …straße 11, vgl. BA H.-Pl. II Bl. 376 ff.) nahm das Bewertungsamt der Beklagten zu den Objekten Stellung. Danach werde der vorläufige Verkehrswert für das Grundstück H* …straße 5 mit … € (rd. 17,5% über dem festgestellten Ertragswert), derjenige der Grundstücke H* …platz 3/M* …straße 11 mit … € (rd. 13% unter dem festgestellten Ertragswert) ermittelt. Die Objekte wiesen alle einen durchschnittlichen Reparatur- und Instandhaltungsstau an den Gebäuden und einen leicht unterdurchschnittlichen Mietertrag als der durchschnittlichen Mietspiegelmiete auf. Auf den Inhalt beider Stellungnahmen wird Bezug genommen.
12
Mit Schreiben vom … September 2019, per Telefax und per E-Mail bei der Beklagten eingegangen am selben Tag (BA H.-Str. II Bl. 396 ff.; BA H.-Pl. III Bl. 534 ff.), im Original am 23. September 2019, übermittelte die Klägerin je eine Erklärung über die Abwendung des gemeindlichen Vorkaufsrechts für die Grundstücke H* …straße 5 und H* …platz 3/M* …straße 11 (BA H.-Str. II Bl. 405 ff.; BA H.-Pl. III Bl. 545 ff). Die Erklärungen sehen u.a. Verpflichtungen der Klägerin vor, eine Modernisierung der Wohnungen zu unterlassen, die über den in der … … allgemein üblichen Wohnstandard hinausgeht (Ziffer 2.2.1. unter Verweis auf die den Erklärungen beigefügte Richtlinien „Infoblatt zum allgemein üblichen Standard“), auf den vollständigen oder teilweisen Rückbau (Abbruch) der Wohnungen sowie auf die Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen den Grundbesitz betreffend ohne die Genehmigung der … … zu verzichten (Ziffer 2.2.2.) und eine Aufteilung der Wohnungen in Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) oder eine ähnliche Aufteilung in Verbindung mit Sondernutzungsrechten zu unterlassen (Ziffer 2.3.1.). Ferner enthalten die Abwendungserklärungen eine Verpflichtung (Ziffer 2.4.1.), die Wohnungen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Abwendungserklärung bereits mit Bescheinigung des Sozialamtes vermietet seien, nur an solche Mieterinnen und Mieter neu zu vermieten, die die Einkommensobergrenzen des jeweils aktuellen Stadtratsbeschlusses zu „Wohnen in …“ (…) für das … Modell Miete nicht überschritten (= Förderberechtigung). Unter Ziffer 2.5. finden sich Regelungen zur Miethöhe/Mieterhöhungen mit der Verpflichtung der Klägerin „für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Zugang dieser Abwendungserklärung (längstens bis zum 15.9.2021), nachfolgend „Ausschlussfrist“ genannt) auf Mieterhöhungen in zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Abwendungserklärung bestehenden Mietverträgen für Wohnungen (nachfolgend: „Bestandsmietverträge“ genannt) gleich aus welchem Rechtsgrund gänzlich zu verzichten“.
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Als pdf-Anhänge einer (einfachen) E-Mail übersandte die Beigeladene zu 1. der Beklagten am 27. September 2019, 11:38 Uhr (BA H.-Str. II Bl. 458 ff.; BA H.-Pl. III Bl. 608 ff.) jeweils eine „Verpflichtungserklärung zwischen der … … (…) und der … … GmbH“ für das Objekt H* …straße 5 und H* …platz 3/M* …straße 11. Die in den Behördenakten enthaltenen Ausdrucke der als pdf-Dokumente übersandten Erklärungen enthalten - ohne Datumsangabe - für die Beigeladene zu 1. über der Unterschriftenzeile „Geschäftsführung … … GmbH“ die Unterschrift einer Person, soweit erkennbar K* … D* … Auf den Inhalt der Erklärungen wird Bezug genommen. Ebenfalls am 27. September 2019 erging eine „Dringliche Anordnung des Oberbürgermeisters“ gem. Art. 37 Abs. 3 Satz 1 der Gemeindeordnung (- GO -, vgl. BA H-Str. II Bl. 467 ff. sowie BA H.Pl. III Bl. 622 ff.) u.a. mit dem Inhalt, die Vorkaufsrechte bezüglich der genannten Grundstücke jeweils zugunsten der Beigeladenen zu 1. auszuüben (vgl. Ziffer 1.). Sofern die Käuferseite die Abwendungserklärung zur Sicherung der Satzungsziele abgebe (auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist), werde auf die Ausübung des Vorkaufsrechts verzichtet bzw. ein zwischenzeitlich erlassender Ausübungsbescheid (vor dessen Bestandskraft) widerrufen (Ziffer 2.). Die … werde angewiesen, die Verpflichtungserklärung unverzüglich abzugeben (Ziffer 3). Zur Begründung wurde angeführt, eine Entscheidung müsse im Wege der Dringlichen Anordnung getroffen werden, weil die gesetzliche Frist für die Ausübung der Vorkaufsrechte am 30. September 2019 ablaufe, die Vollversammlung des Stadtrats jedoch erst am 2. Oktober 2019 stattfinde. Der Kommunalausschuss habe der Ausübung des Vorkaufsrechts in seiner Sitzung am 19. September 2019 entsprechend vorberatend zugestimmt.
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Mit streitgegenständlichen Bescheiden vom 27. September 2019 übte die Beklagte daraufhin die Vorkaufsrechte nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB für das Grundstück H* …straße 5 (Az. …2019, BA H.-Str. III Bl. 576 ff.) sowie für die Grundstücke H* …platz 3/M* …straße 11 (Az. … …2019, BA H.-Pl. III Bl. 669 ff.) gegenüber der Beigeladenen zu 2. jeweils zugunsten der Beigeladenen zu 1. aus (vgl. jeweils Ziffer 1 der Bescheide), legte fest, dass die Beigeladene zu 1. den Verpflichtungen aus der von ihr jeweils abgegebenen Verpflichtungserklärung ab dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbs an dem/n verkauften Grundstück/en nachkomme (jeweils Ziffer 2 der Bescheide), behielt sich jeweils den Widerruf der Vorkaufsrechtsausübung für den Fall der Abgabe einer geeigneten Abwendungserklärung durch die Käuferin innerhalb der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB, spätestens bis zur Bestandskraft des jeweiligen Bescheids vor (jeweils Ziffer 3 der Bescheide) und verfügte, dass sich der von der Beigeladenen zu 1. jeweils zu zahlende Kaufpreis nach den Bedingungen der zu Grunde liegenden Urkunde des Notars vom 25. Juli 2019, UR-Nr. …2019, bestimme (jeweils Ziffer 4 der Bescheide). Die Bescheide wurden der Beigeladenen zu 2. am 30. September 2019 per Boten (vgl. BA H.-Str. III Bl. 610 ff.; BA H.-Pl. III Bl. 706 f.; 714), der Klägerin (jeweils zwei Ausfertigungen) am 7. Oktober 2019 per Postzustellungsurkunde zugestellt (BA H.-Str. III Bl. 625 f., BA H.-Pl. III Bl. 741 f.).
15
Zur Begründung wurde größtenteils gleichlautend ausgeführt, die Ausübung der Vorkaufsrechte erfolge zum Wohl der Allgemeinheit. Es solle damit gewährleistet werden, dass geeigneter preisgünstiger Mietwohnraum für die gebietstypische Bevölkerung im Geltungsbereich der Erhaltungssatzungen bestehen bleibe. Die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung werde durch den Verkauf der Anwesen und die damit verfolgten Zwecke gefährdet. Das Ausübungsinteresse überwiege das Interesse der Käuferin am Erwerb der gegenständlichen Anwesen. Die Wohnungen in den Anwesen seien aufgrund der Lage, städtebaulichen Struktur, Bauart, Wohnungsgrößen, Grundrissaufteilung als für die - in ihrer Zusammensetzung - schützenswerte Bevölkerung in besonderer Art geeignet und damit als erhaltenswert im Sinne der Satzungen einzustufen. Bei der guten zentralen Lage der Anwesen sei zu erwarten, dass die Erwerberin das - im Einzelnen näher dargelegte - Aufwertungspotential der Häuser im Sinne einer nahliegenden ökonomischen Verwertung auch nutze. Bei einer umfangreichen Modernisierung und der Umlage der Modernisierungskosten - allein oder in Verbindung mit einer Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) - gingen die Wohnungen dort für die gebietstypische, angestammte Bewohnerschaft in den Satzungsgebieten verloren. Wirtschaftliche und sonstige Nutzungsvorstellungen der Erwerberseite trügen - schon im Vorfeld baulicher Aufwertungsmaßnahmen - zur Vertreibung des „Milieus“ bei. Es bestünde eine konkrete Verdrängungsgefahr aufgrund des möglichen Mietsteigerungspotentials im Vergleich zur ortsüblichen Vergleichsmiete für den jeweiligen Stadtbezirk. Im Falle der notwenigen Suche nach neuem Wohnraum sei innerhalb des jeweiligen Satzungsgebiets von einem höheren Mietzins auszugehen. Die Gründe seien auch in die vorzunehmende Ermessensentscheidung einbezogen worden. Dem öffentlichen Interesse an der Ausübung der Vorkaufsrechte stehe das gegenläufige Interesse der Käuferin am Erwerb der gegenständlichen Anwesen gegenüber, das Ausübungsinteresse überwiege die Interessen der Käuferin, von der keine entgegenstehenden Umstände oder Interessen vorgebracht worden seien, die eine anderweitige Entscheidung rechtfertigten. Nach Abwägung aller in die Ermessensentscheidung einzustellenden Umstände und Interessen erfolge die Ausübung der Vorkaufsrechte zugunsten der Beigeladenen zu 1., die in der Lage sei, die Grundstücke entsprechend den Zielen der jeweiligen Erhaltungssatzung zu verwenden und sich hierzu durch Verpflichtungserklärungen verpflichtet habe. Die Beigeladene zu 1. verfüge über knapp 100-jährige Erfahrung im Bereich „Vermieten in …“ und genieße hervorragenden Ruf. Sie gewährleiste damit die pflichtgemäße Wahrung der städtebaulichen Ziele der Erhaltungssatzung. Die Käuferin habe zwar Abwendungserklärungen abgegeben, diese stimmten jedoch nicht mit den Zielen der Erhaltungssatzungen überein, so dass diese vom Kommunalreferat nicht hätten angenommen werden können. Wegen der Einzelheiten wird auf die streitgegenständlichen Bescheide verwiesen.
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Am 2. Oktober 2019 wurden die dringlichen Anordnungen des Oberbürgermeisters vom 27. September 2019 der Vollversammlung des Stadtrates bekannt gegeben und dort weitere Beschlüsse zu Finanzierungsfragen gefasst (BA H.-Str. II Bl. 522; BA H.-Pl. III Bl. 722 ff.).
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Mit Schreiben vom 8. Oktober 2019, eingegangen bei der Beklagten am 10. Oktober 2019, übersandte die Beigeladene zu 1. die bereits am 27. September 2019 vorab per E-Mail übermittelten Verpflichtungserklärungen im Original (BA H.-Str. III Bl. 631 ff.; BA H.-Pl. III Bl. 615 ff.).
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Mit Schriftsatz vom … Oktober 2019, vorab per Telefax bei Gericht eingegangen am selben Tag, im Original am 31. Oktober 2019, ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben. Sie beantragt,
1.
den gegenüber der … …-AG erlassenen Bescheid der … … vom 27.09.2019 (Az. …2019) zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts nach dem BauGB zugunsten der … … GmbH betreffend das Grundstück H* …platz 3/M* …straße 11, Flurstücke … und … der Gemarkung … aufzuheben,
2.
den gegenüber der … …-AG erlassenen Bescheid der … … vom 27.09.2019 (Az. …2019) zur Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts nach dem BauGB zugunsten der … … GmbH betreffend das Grundstück H* …straße 5, Flurstück … der Gemarkung … …, … aufzuheben.
19
Zur Begründung wurde unter Vertiefung des Vorbringens in den Verwaltungsverfahren im Wesentlichen ausgeführt, die Ausübung der Vorkaufsrechte sei nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Ziele der Erhaltungssatzungen würden durch den Erwerb der Klägerin nicht gefährdet, da diese für die Grundstücke fristgerecht wirksame Abwendungserklärungen abgegeben habe. Diese trügen den Satzungszielen ausreichend Rechnung und gingen sogar über diese hinaus. Eine einseitige Abwendungserklärung genüge den gesetzlichen Vorgaben; einer gesonderten Annahme durch die Gemeinde bedürfe es nicht. Die Verwendung der Grundstücke sei ausreichend bestimmt, die Klägerin subjektiv und objektiv in der Lage, die Grundstücke sofort entsprechend der Vorgaben zu nutzen. Sie blicke auf eine nahezu 100-jährige Geschichte zurück und lege als bestandshaltendes Wohnungsunternehmen großen Wert auf die Pflege ihrer Bestände und ein ausgewogenes, nachhaltiges Unternehmenswachstum. Erwirtschaftete und nicht an die Stiftung ausgeschüttete Gewinne verblieben im Unternehmen und würden für Investitionen in Neubau- und Bestandserwerbe genutzt. Kerngeschäft der Klägerin sei die langfristige und effiziente Bewirtschaftung des gesamten eigenen Immobilienbestands an insgesamt 35 Standorten in ganz Deutschland. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin sei seit 1976 die Stiftung …, eine rechtsfähige öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts, die mit den Überschüssen, die die Klägerin erwirtschafte, dem Stiftungszweck gemäß gemeinnützige und mildtätige soziale Projekte wie die Behindertenarbeit oder die Kinder- und Seniorenhilfe fördere. Die Ausübungsbescheide seien jedenfalls auch ermessensfehlerhaft, da die Beklagte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf Erwägungen stütze, denen aufgrund der Abwendungserklärungen der Klägerin keine Bedeutung mehr zukomme. Die Klägerin habe sich gegenüber der Beklagten verpflichtet, eine Modernisierung der Wohnungen zu unterlassen, die über den in der … … allgemein üblichen Wohnstandard hinausgehe (Ziffer 2.2.1.), sowie auf den vollständigen Rückbau der Wohnungen sowie auf die Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen den Grundbesitz betreffend ohne die Genehmigung der Beklagten zu verzichten (Ziffer 2.2.2.). Es bestehe keine Gefahr einer „Umwandlung in attraktiven oder repräsentativen Wohnraum“ oder einer „Luxusmodernisierung“. Die von der Klägerin vorgesehene Verpflichtung hinsichtlich Modernisierungsmaßnahmen und Rückbau entspreche gerade dem, was die Beklagte ursprünglich von der Klägerin gefordert habe. Die in den streitgegenständlichen Bescheiden dargestellten Risiken für die angestammte Wohnbevölkerung mit Blick auf eine Aufteilung nach dem Wohnungseigentumsgesetz seien vor dem Hintergrund der abgegebenen Abwendungserklärungen (vgl. dort Ziffern 2.3.1. und 2.3.2.) ebenfalls nicht haltbar. Zudem habe sich die Klägerin auch im Kaufvertrag zu einem Aufteilungsverbot nach dem WEG verpflichtet (siehe § 11.1. lit. a des Kaufvertrags). Durch Ziffer 2.4.1. der Abwendungserklärungen sei sichergestellt, dass diejenigen Wohnungen, die aktuell an „einkommensschwache“ Haushalte vermietet seien, auch in Zukunft an solche vermietet würden. Die aktuell vorgefundene Bewohnerstruktur werde dadurch erhalten. Demgegenüber gehe die Beklagte fälschlicherweise davon aus, die Satzungsziele könnten nur erreicht werden, wenn eine Neuvermietung nur noch an Mieter erfolge, die bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten. Damit entferne sie sich sachwidrig von den Erhaltungszielen, da die aktuelle Bewohnerstruktur dann gerade nicht erhalten, sondern verändert würde. Ferner habe sich die Klägerin in Ziffer 2.5. verpflichtet, für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Zugang der jeweiligen Abwendungserklärungen bei der Beklagten, längstens bis zum 15. September 2021, auf Mieterhöhungen bei zum Zeitpunkt des Zugangs der Abwendungserklärungen bestehenden Mietverhältnissen gänzlich zu verzichten. Auch diese Verpflichtung sei von den Satzungszielen selbst nicht gedeckt, die Klägerin habe die Verpflichtung jedoch vor dem Hintergrund ihrer sozialen Verantwortung als Wohnbauunternehmen abgegeben. Die Beklagte habe bei der Abwägung schließlich auch nicht berücksichtigt, dass die Klägerin auch im Kaufvertrag (§ 11) eine umfassende Sozialcharta zum Schutz der Mieter vereinbart habe. Insbesondere die Ansicht der Beklagten, sie habe bei der Neuvermietung zur Erreichung der Ziele der Erhaltungssatzung einen Anspruch auf einen „Mietendeckel“ in Höhe von 11,50 € Nettokaltmiete pro m2 sei sachwidrig. Eine Rechtsgrundlage hierfür sei nicht ersichtlich, insbesondere nicht in § 172 BauGB, der nicht dem Schutz einzelner Mieter und insbesondere auch nicht einem „verkappten“ Mieterschutz diene. Zwar könne sich die zuständige Behörde im Bereich von Erhaltungssatzungen an sog. „Mietobergrenzen“ bei der Prognose einer Verdrängungsgefahr und der Frage der Genehmigungsfähigkeit von Einzelmaßnahmen nach § 172 Abs. 1 Satz Nr. 2 BauGB orientieren. Der von der Beklagten im Rahmen der Abwendungsvereinbarung geforderte „Mietendeckel“ stelle jedoch keine nach diesen Grundsätzen zulässige Mietobergrenze dar und könne dort gerade nicht verlangt werden. Von der abwendungsberechtigten Klägerin könne hinsichtlich der Verpflichtungserklärung nicht mehr gefordert werden, als der gesetzliche Rahmen vorgebe. Im Katalog des § 172 Abs. 1 BauGB seien Mietobergrenzen nicht enthalten. Damit würde mit der von der Beklagten geforderten Abwendungsvereinbarung die Zielsetzung der Erhaltungsatzungen und die des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB überschritten. Ferner habe der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung vom 21. April 2015 (BGBl. I S. 610, sog. „Mietpreisbremse“) von seiner Gesetzgebungskompetenz beim sozialen Mietrecht Gebrauch gemacht (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG). Eine Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers sei damit gesperrt. Hätte die Beklagte zur Einhaltung der Erhaltungssatzungen einen Anspruch, konkrete Mietpreisobergrenzen von der Klägerin im Rahmen von Abwendungsvereinbarungen zu verlangen, könnte sie so die im bürgerlich-rechtlichen Mietpreisrecht vorgesehenen Rechte der Mietvertragsparteien und deren Begrenzungen aushebeln. Neue Vermieter in Erhaltungssatzungsgebieten würden sich zwei gegenläufigen, öffentlich-rechtlichen Regelungen bei der Neuvermietung ausgesetzt sehen („Mietspreisbremse“ nach BGB vs. „Mietendeckel“ gemäß Abwendungsvereinbarung nach dem Muster der Beklagten). Dies bedeute eine unzulässige Verzahnung des Städtebaurechts und des sozialen Mietrechts. Wenn bereits der Landesgesetzgeber keine Kompetenz zur Regelung einer Mietobergrenze habe, könne dies erst Recht nicht durch die Beklagte als Satzungsgeberin einer städtebaulichen Maßnahme geschehen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der von der Beklagten geforderte „Mietendeckel“ in Höhe von 11,50 € Nettokaltmiete pro m2 die von den Bestandsmietern gezahlte Durchschnittsmiete weit unterschreite. Durch den geforderten Mietendeckel würde gerade nicht - wie es Ziel der Erhaltungssatzungen sei - der status quo erhalten, sondern vielmehr eine Herabsenkung der Mieten zu einer Veränderung der Wohnbevölkerungsstruktur führen. Ferner fehle es an einer fundierten wissenschaftlichen Analyse zur Herleitung der Obergrenze von 11,50 € Nettokaltmiete pro m2, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die durchschnittliche Nettokaltmiete in … nach dem Mietspiegel 2019 bereits bei 11,69 € Nettokaltmiete pro m2 betrage. Die Befürchtung der Beklagten vor negativen städtebaulichen Auswirkungen infolge „aufwertungsbedingter Umstrukturierungsprozesse“ sei inhaltlich nicht nachvollziehbar und die Erwägungen hierzu pauschal und nicht plausibel. Die Ausführungen in den Ermessenserwägungen, von Käuferseite seien keine entgegenstehenden Umstände oder Interessen vorgebracht worden, entsprächen nicht den Tatsachen. Die Begründung, die Beigeladene zu 1. könne auf eine knapp 100-jährige Erfahrung im Bereich „Vermieten in …“ zurückgreifen, genieße einen hervorragenden Ruf gehe und gewährleiste „damit“ die pflichtgemäße Wahrung der Ziele der Erhaltungssatzung, gehe fehl. Die Gewährleistung der Satzungsziele habe nichts mit der Unternehmensgeschichte zu tun. Andernfalls hätte die Beklagte an dieser Stelle auch das Unternehmensprofil der Klägerin berücksichtigen müssen. Offen bleibe überdies, wann und ob die Beigeladenen zu 1. ihre Verpflichtungserklärungen überhaupt unterzeichnet habe. Schließlich habe die Beklagte auch nicht die noch bestehende Dauer der Erhaltungssatzungen berücksichtigt. Die wesentlichen Verpflichtungen der Klägerin knüpften an die Geltungsdauer der Satzungen an und gölten sogar für eine etwaige Verlängerung. Auch die Geltungsdauer der überobligatorischen Verpflichtungen der Klägerin (Ziffern 2.4. und 2.5. der Abwendungserklärungen) seien mehr als auskömmlich. Auf die Klagebegründung vom 30. Oktober 2019 einschließlich der dazu vorgelegten Anlagen wird im Übrigen verwiesen. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Ausübung der Vorkaufsrechte sei durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Damit würde laufenden Gentrifizierungsprozessen entgegengewirkt, die bereits zur partiellen Verdrängung der Wohnbevölkerung in den Erhaltungssatzungsgebieten „J* …platz“ und „H* …platz/H* …straße“ geführt hätten. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige den Vorkauf bereits dann, wenn der gemeindliche Grunderwerb die Ziele und Zwecke der Maßnahme fördere, also ihre Durchführung erleichtere oder unterstütze. Werde das Vorkaufsrecht mit dieser Zweckrichtung ausgeübt, müsse der Frage einer etwaigen Beeinträchtigung des Ziels der Maßnahme nicht nachgegangen werden. Dies bedeute, dass die Beklagte das Vorkaufsrecht auch dann hätte ausüben können, wenn sich die Klägerin „erhaltungssatzungskonform“ verhalten hätte, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Die Klägerin übersehe, dass ihre „Abwendungserklärung“ vom … September 2019 nur den Bestandsmietern in den Objekten diene, jedoch für den Milieuschutz in den beiden Erhaltungssatzungsgebieten, der durch eine Mieterhöhung, sei sie nicht so gering, konterkariert werde, keinen Beitrag leiste. Aus der Verweigerung der von der Beklagten geforderten (Eingangs-)Miete habe die Beklagte schließen müssen, dass die Klägerin entschlossen sei, nach Ablauf von zwei Jahren spätestens die mietrechtlichen Möglichkeiten zur Mieterhöhung zu nutzen. Damit hätte die Klägerin jedoch die Verdrängungsgefahr verschärft, da sie die bereits sehr hohe und über den Mietbelastungsquoten liegenden Mieten nochmals gesteigert hätte. Auf diese Weise wären auch die Bestandsmieter in den Objekten verdrängungsgefährdet. Die Zulässigkeit sog. Mietbelastungsobergrenzen sei vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Danach könnten sog. Höchstbelastungswerte als Anhaltspunkte für die Gefahr einer Verdrängung für die Wohnbevölkerung herangezogen werden. Auf die Klageerwiderung vom 16. März 2020 wird im Übrigen Bezug genommen.
21
In ihrer Replik vom 27. April 2020, auf die verwiesen wird, nahmen die Bevollmächtigten der Klägerin im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags zur Klageerwiderung Stellung. Diese verdeutliche - neben den Ausübungsbescheiden -, dass die Beklagte die umfassenden Verpflichtungen der Klägerin aus deren Abwendungserklärungen nicht berücksichtige und sachfremde Erwägungen anstelle. Der Beklagten gehe es primär nicht um die Verhinderung einer aufwertungsbedingten Verdrängung des Milieus, sondern um Implementierung einer vom Einzelfall losgelösten Mietobergrenze und um eine allgemeine Mieterhöhungsbeschränkung, für die es keine Rechtsgrundlage gebe. Die Klägerin könne die behaupteten, im Satzungserlassverfahren von der Beklagten angestellten Untersuchungen und mitgeteilten Angaben zur Untersuchung des Aufwertungs- und Verdrängungspotentials weder bewerten noch nachprüfen; diese seien für den Rechtsstreit auch unerheblich. Die Klägerin habe mit ihrer Klage weder die Erhaltungssatzungen noch die deren Erlass rechtfertigenden Umstände angegriffen, sondern wende sich gegen die rechtswidrige Ausübung der Vorkaufsrechte. Die allgemeinen Ausführungen der Beklagten zu den Anforderungen des Allgemeinwohls seien unpassend und beschrieben die Situation, in der der abwendungsberechtigte Käufer keine Abwendungserklärung abgegeben habe. Sei eine wirksame Abwendungserklärung abgegeben worden, seien die Ausübungsbescheide rechtswidrig. Die Beklagte habe sich aber offenbar weder mit den von der Klägerin offerierten Abwendungsvereinbarungen noch mit den abgegebenen Abwendungserklärungen inhaltlich auseinandergesetzt. Damit gehe sie von einem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt aus. Die Behauptung, jede Mieterhöhung gefährde das vorhandene Milieu, sei pauschal, unsubstantiiert und werde bestritten. Auch aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1997 - 4 C 2.97 -, in der sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Orientierung an „Mietobergrenzen“ zur Bewertung der Genehmigungsfähigkeit einer konkreten Einzelbaumaßnahme nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB und der Prognose einer hierdurch begründeten Verdrängungsgefahr befasst habe, lasse sich keineswegs ableiten, dass die Beklagte die Einhaltung eines allgemeinen „Mietendeckels“ bei der Neuvermietung im Wege einer Abwendungserklärung verlangen oder voraussetzen könne.
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Hierzu wiederum nahm der Bevollmächtige der Beklagten mit Schriftsatz vom 23. November 2020 erneut Stellung, legte unter Verweis auf die Klageerwiderung nochmals dar, wie die Eingangsmiete von 11,50 € pro m2 von der Beklagten ermittelt worden sei und führte im Wesentlichen unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens Folgendes aus: Die Beklagte habe in ihrer Klageerwiderung die Interdependenz zwischen dem Einkommensanteil, der an Wohnkosten aufgewandt werden müsse, und Mieterhöhungen dargelegt. Diese gelte zwischenzeitlich nicht nur für Haushalte mit niedrigem Einkommen, sondern auch für Haushalte mit mittlerem und ggf. auch höherem Einkommen, die deshalb auch konkret verdrängungsgefährdet seien. Der hierdurch ausgelöste Gentrifizierungsprozess solle in den Erhaltungssatzungsgebieten „J* …platz“ und „H* …platz/H* …straße“ durch das gesetzliche Instrumentarium verhindert, zumindest verzögert werden, um die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in den genannten Gebieten zu erhalten, die noch dem städtebaulichen Ziel der „… Mischung“ entspreche. Es gehe mithin nicht um „Mieterschutz“, sondern um Milieuschutz. Die von der Klägerin angeführten „Leistungen“ seien nicht entscheidend, da diese nur auf den Mieterbestand abstellten, nicht jedoch die von der Gentrifizierung bedrohten Bevölkerungskreise unterstützten. Der von der Klägerin in der Replik erneut verwendete Begriff „Mietendeckel“ sei irreführend. Die von der Beklagten angewendete Mietobergrenze sei weder ein „Mietendeckel“ noch eine „Mietpreisbremse“, weshalb die Ausführungen der Klägerseite insoweit nicht entscheidungserheblich seien. Die Mietobergrenze beschreibe die Mietbelastungsquote, bei deren Überschreitung der Gentrifizierungsprozess in Gang gesetzt bzw. beschleunigt werde. Die Klägerin könne nicht bestreiten, dass nur ein bestimmter Einkommensanteil für die zu zahlende Miete den konkret bewohnten Wohnraum erhalte. Werde dieser Anteil überschritten, ohne dass sich gleichzeitig das Einkommen erhöhe, könne und müsse die Mieterhöhung über „Einsparungen“ kompensiert werden, die nur in einem sehr begrenzten Ausmaß möglich seien. Konsequenz sei, dass die von der Mieterhöhung betroffenen Mieter die angestammte Wohnung verlassen müssten und „billigeren Wohnraum“ suchten, was wiederum die Infrastruktur in den Gebieten „störe“, die für die verdrängte Wohnbevölkerung geschaffen worden sei. Die von der Klägerin angebotenen „Abwendungserklärungen“ vom … September 2019 trügen nichts zum Milieuschutz in den Erhaltungssatzungsgebieten bei, der durch eine Mieterhöhung, sei sie noch so gering, konterkariert werde. Dass die Klägerin in der Replik nunmehr versichere, „ungerechtfertigte Mieterhöhungen niemals vornehmen“ zu wollen, sei nicht glaubwürdig und würde am Problem nichts ändern. Die Beigeladene zu 1. habe die unterzeichneten Verpflichtungserklärungen mit E-Mail vom 27. September 2019, 11:38 Uhr, übermittelt. Die Erklärungen seien noch am 27. September 2019 von der Beklagten unterzeichnet und erst anschließend die Bescheide erlassen worden.
23
Mit Schriftsatz vom *. Dezember 2020 nahm der Bevollmächtigte der Klägerin zur Duplik des Vertreters der Beklagten Stellung. Die Darstellung der Beklagten, dass die Abwendungserklärungen der Klägerin ausschließlich Bestandsmieter schützten, sei falsch. Die entscheidenden Verpflichtungen aus den Abwendungserklärungen differenzierten gerade nicht zwischen Bestandsmietern oder neuen Mietern und böten ausreichend Gewähr dafür, dass die Satzungsziele gewahrt würden. Sie vermieden eine aufwertungsbedingte Verdrängung des Milieus durch Mietsteigerungen infolge von Modernisierungsmaßnahmen und WEG-Teilung. Der Vortrag der Beklagten fördere weitere Ermessensfehler, sogar einen Ermessensnichtgebrauch zu Tage. Die Beklagte habe schließlich bis heute keine beidseitig unterzeichneten und mit Datum versehenen Verpflichtungserklärungen der Beigeladenen zu 1. vorgelegt. Es werde vorsorglich mit Nichtwissen bestritten, dass die unterzeichneten Verpflichtungserklärungen mit der E-Mail vom 27. September 2019 tatsächlich mit versandt worden seien. Selbst wenn man eine rechtzeitige Unterzeichnung der Verpflichtungserklärungen unterstelle, seien diese unwirksam, da diese offensichtlich nur von einer Person unterzeichnet worden seien. Die Beigeladene zu 1.werde jedoch - wie aus dem beigelegten Handelsregisterauszug ersichtlich - durch zwei Geschäftsführer oder einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten, da mehrere Geschäftsführer bestellt seien.
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Die Beigeladenen stellten keinen Antrag.
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Zur Frage der Vertretung der Beigeladenen zu 1. führten die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2020 aus, im Zeitraum Mitte 2018 bis September 2019 sei 9-mal eine Verpflichtungserklärung der Beigeladenen zu 1. im Rahmen der Vorkaufsrechtsausübung an die Beklagte übermittelt worden. Dies sei - je nach zeitlichen Vorgaben - entweder durch schriftliches Original oder eine
E-Mail mit pdf-Anhang erfolgt. Die Verpflichtungserklärungen seien jedenfalls in fünf Fällen jeweils nur von Herrn Dr. D* … von der Beigeladenen zu 1. unterzeichnet gewesen. Der Prokurist der Beigeladenen zu 1., Herr S* …, erklärte, dass er Herrn Dr. D* … in den beiden streitgegenständlichen Fällen bevollmächtigt habe, die Verpflichtungserklärung auch in seinem - Herrn S* …s - Namen abzugeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist zulässig.
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1.1. Insbesondere ist sie als gegen die Bescheide der Beklagten vom 27. September 2019 gerichtete Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) statthaft. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch (privatrechtsgestaltenden) Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB, Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BayVwVfG). Sie stellt sich auch gegenüber dem Grundstückskäufer als belastender Verwaltungsakt dar, gegen den dieser sich mit Anfechtungsklage wehren kann. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt ein Kaufvertrag zwischen der Gemeinde bzw. dem Begünstigten des Vorkaufsrechts und dem Verkäufer unter den Bedingungen zustande, die mit dem Erstkäufer vereinbart worden sind. Für Erstkäufer äußert sich privatrechtsgestaltende Wirkung des Verwaltungsakts darin, dass sein Anspruch auf Übereignung des Grundstücks vom Verkäufer nicht mehr erfüllt werden kann (BVerwG, B.v. 30.09.2009 - 4 B 52.09 - juris Rn. 5; B.v. 14.4.1994 - 4 B 70.94 - juris; B.v. 15.2.2000 - 4 B 10/00 - juris Rn. 5; B.v. 25.5.1982 - 4 B 98.82 - juris Rn. 3). Die Klägerin ist insofern auch klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. dazu BVerwG, B.v. 17.10.2001 - 4 B 68/01 - juris Rn. 6 m.w.N.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 37).
30
1.2. Die beiden Klagebegehren (Ziffer 1 und 2 des Klageantrags) können zusammen im vorliegenden Verfahren verfolgt werden, da die Voraussetzungen einer objektiven Klagehäufung (§ 44 VwGO) vorliegen.
31
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet, weil die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 27. September 2019 formell und materiell rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für die Ausübung der Vorkaufsrechte im Geltungsbereich von sozialen Erhaltungssatzungen gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB, jeweils zugunsten der Beigeladenen zu 1., ist in beiden Vorkaufsrechtsfällen § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2, Abs. 3 Satz 1 BauGB.
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Hiernach steht der Gemeinde beim Kauf von Grundstücken im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung ein Vorkaufsrecht zu. Dieses darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2, Abs. 3 Satz 1 BauGB). Gem. § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann die Gemeinde das ihr zustehende Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausüben, wenn das im Wege der Ausübung des Vorkaufsrechts zu erwerbende Grundstück für Zwecke der sozialen Wohnraumförderung oder die Wohnbebauung für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf genutzt werden soll und der Dritte in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu bebauen, und sich hierzu verpflichtet. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2020 - 15 ZB 19.1987 - juris Rn.17; VG München, U.v. 22.7.2002 - M 8 K 01.3667 - juris Rn. 21; Stock in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 66).
34
2.1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Vorkaufsrechte nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 2, Abs. 3 BauGB liegen vor.
35
2.1.1. Die betroffenen Grundstücke lagen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidungen (und liegen noch) im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen.
36
Gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann die Gemeinde durch Bebauungsplan oder durch sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Solche sog. Milieuschutzsatzungen liegen hier mit der Erhaltungssatzung „J* …platz“ und der Erhaltungssatzung „H* …platz/H* …straße“ vor. Ihr Ziel ist jeweils die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Gebiet, wobei schutzwürdig grundsätzlich jede Art von Wohnbevölkerung im Gebiet ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 18.6.1997 - 4 C 2.97 - juris Rn. 15). Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit der Satzungen sind weder vorgetragen noch erkennbar.
37
2.1.2. Der Vorkaufsfall ist mit dem Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags vom 25. Juli 2019 zwischen der Beigeladenen zu 2. und der Klägerin eingetreten. Dass hier eine sog. Portfoliotransaktion vorliegt, d.h. ein Kaufvertrag über eine Vielzahl von Grundstücken geschlossen wurde, hindert nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts hinsichtlich (nur) einzelner Grundstücke aus dem Portfolio (vgl. Grziwotz, in: BeckOK, BauGB, Stand 1.11.2020, § 24 Rn. 9; VG Göttingen, U.v. 12.5.2016 - 2 A 141/15 - juris Rn. 31).
38
2.1.3. Die Ausübung der Vorkaufsrechte ist auch durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Der unbestimmte Rechtsbegriff unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Prüfung (BVerwG, B.v. 26.4.1993 - 4 B 31/93 - juris Rn 37; B.v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - juris Rn. 3). Die Bejahung der Allgemeinwohlrechtfertigung verlangt eine Interessenabwägung, bei der das gesetzlich anerkannte Erwerbsmotiv der Gemeinde ein solches Gewicht haben muss, dass dahinter das entgegenstehende Interesse der Vertragsparteien an freier Disposition zurückzutreten hat (BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 16; OVG Koblenz, U.v. 12.4.2011 - 8 A 11405/10 - juris Rn. 34; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 65 b). Das von § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufgestellte Erfordernis, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein muss, bedeutet nicht, dass die Voraussetzungen einer Enteignung erfüllt sein müssten. Gemäß § 87 Abs. 1 BauGB ist die Enteignung im einzelnen Falle nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann. Es liegt schon nach dem unterschiedlichen Wortlaut der Vorschriften auf der Hand, dass an die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts - als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) - nicht die gleichen strengen Anforderungen wie an die Zulässigkeit einer Enteignung gestellt werden können (BVerwG, B.v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 46 ff.; BayVGH, B.v. 3.4.2018 - 15 ZB 17.318 - juris Rn. 13 m.w.N; vgl. zur Einordnung des Vorkaufsrechts als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung: BVerwG, B.v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - juris Rn. 2 (zum naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht); OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 46 ff. m.w.N.). Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, B.v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 49 f.; VGH BW, U.v. 24.9.2019 - 5 S 1733/17 - juris Rn. 72 zu § 25 BauGB; BayVGH, B.v. 3.4.2018 - 15 ZB 17.318 - juris Rn. 13; U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 16; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 64; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 24 Rn. 20).
39
Ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt, hat sich im Einzelnen an den Zielen zu orientieren, die mit den einzelnen Tatbeständen in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 BauGB verfolgt werden (vgl. BVerwG, B.v. 25.1.2010 - 4 B 53.09 - juris Rn. 5 ff.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 51). Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nur dann durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt i.S.v. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn damit im Einzelfall dem jeweils angegebenen, sich im gesetzlichen Zulässigkeitsrahmen bewegenden Verwendungszweck entsprochen wird (vgl. BVerwG, B.v. 15.2.1990 -4 B 245.89 - juris Rn. 3). Es ist daher nach Zweck und Zielrichtung des jeweiligen Vorkaufsrechts zu differenzieren. Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ist die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, wenn Belange des § 172 BauGB auf dem Spiel stehen, wenn also erhaltungswidrige Entwicklungen zu befürchten sind. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt daher die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn sie das Erhaltungsziel der Satzung fördert, insbesondere wenn sie dazu beitragen kann, erhaltungswidrigen Entwicklungen vorzubeugen, die der Käufer/die Käuferin voraussichtlich beabsichtigt (vgl. OVG BerlinBbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 51; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 73 und 73a m.w.N.). Es handelt sich dabei um ein selbständiges Instrument, das die übrigen Steuerungsinstrumente, insbesondere den Genehmigungsvorbehalt nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. den Bestimmungen der Erhaltungssatzung ergänzt (OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 59; Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 65a; Beckmann, BauR 2018, 594/596). Dass die Ausübung des Vorkaufsrechts von einer etwaigen Genehmigungs(un) fähigkeit bestimmter Maßnahmen des Käufers unabhängig ist, wird vom Gesetz vorausgesetzt (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 65a).
40
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Ausübung der Vorkaufsrechte mit streitgegenständlichen Bescheiden vom 27. September 2019 nach Gesamtwürdigung der maßgeblichen Tatsachen gerechtfertigt.
41
Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden angegeben (§ 24 Abs. 3 Satz 2 BauGB), dass die Vorkaufsrechtsausübung gewährleisten solle, dass geeigneter und preisgünstiger Mietwohnraum für die gebietstypische und verdrängungsgefährdete Wohnbevölkerung im Geltungsbereich der beiden Erhaltungssatzungen bestehen bleibe. Mit dem Zweck der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung knüpft sie zu Recht an die Regelung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB an und verfolgt damit das legitime Ziel, die dort ansässige Wohnbevölkerung vor Verdrängung zu schützen. Damit wird für die in intakten Gebieten wohnenden Menschen der Bestand der Umgebung gesichert und so die Bevölkerungsstruktur in einem bestimmten Gebiet vor unerwünschten Veränderungen geschützt. Diese Zielsetzung ist legitim; die dient dem allgemeinen Wohl (vgl. BVerfG; B.v. 26.1.1987 - 1 BvR 969/83 - NVwZ 1987, 879 zur Erhaltungssatzung nach § 39 h BBauG; OVG BerlinBbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 53).
42
Mit der Ausübung der Vorkaufsrechte zugunsten der Beigeladenen zu 1. werden aufgrund deren rechtlicher Bindungen in den abgegebenen Verpflichtungserklärungen im Hinblick auf die legitime Zielsetzung, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in den beiden Erhaltungssatzungsgebieten zu erhalten, überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt und damit die Erhaltungsziele selbst gefördert. Modernisierungsmaßnahmen (mit oder ohne Umwandlung in Wohnungseigentum) und Mietpreissteigerungen können die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung verändern und werden durch die Ausübung der Vorkaufsrechte zugunsten der Beigeladenen zu 1., insbesondere mit Blick auf deren Begrenzungen der Mietzinshöhe, effektiver beschränkt als dies ohne Ausübung der Vorkaufsrechte der Fall wäre. Die Beigeladene zu 1. hat sich in ihren Erklärungen insbesondere jeweils zur Unterlassung von Modernisierungen über den in der … … üblichen Wohnstandard hinaus (vgl. Ziffer 4.2.1.), zur Unterlassung von Aufteilungen der Objekte in Wohnungseigentum nach WEG oder ähnlichen Aufteilungen in Verbindung mit Sondernutzungsrechten (vgl. Ziffer 4.3.2.) sowie zur Neuvermietung von Wohnungen nur an solche Mieterinnen und Mieter, die die Voraussetzungen des jeweils aktuellen Stadtratsbeschlusses zu „Wohnen in …“ für das … Modell Miete erfüllen, insbesondere bestimmte, dort festgelegte Einkommensobergrenze nicht überschreiten (vgl. Ziffer 4.5.1.) verpflichtet. Die Verpflichtungserklärungen enthalten ferner detaillierte Regelungen zur Miethöhe (Ziffer 4.6) bei Neu- und Bestandsmietverträgen, insbesondere einen Verzicht auf Mieterhöhungen für die Dauer von fünf Jahren bei Bestandsmietverträgen sowie ein anschließende Beschränkung der zulässigen Mieterhöhungen auf eine definierte Eingangsmiete (vgl. Ziffer 4.6.3.) oder eine Begrenzung der Höhe der Nettokaltmiete bei Neuvermietungen von im Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärungen leerstehenden Wohnungen auf 1,50 € unterhalb der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete nach dem jeweils geltenden Mietspiegel für …, gedeckelt durch eine im Einzelnen näher festgelegte Eingangsmiete (vgl. Ziffer 4.6.1.). Ziffer 2 der streitgegenständlichen Bescheide nimmt auf diese Verpflichtungen ebenfalls nochmals Bezug.
43
Dass die Ausübung der Vorkaufsrechte durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist, folgt auch aus dem Umstand, dass die betroffenen Grundstücke jeweils in guter zentraler und damit attraktiver Lage belegen sind, in der zu befürchten ist, dass die Zusammensetzung der angestammten Wohnbevölkerung durch Verdrängung einkommensschwächerer Gruppen nicht erhalten wird. Diese, in den Bescheidsgründen näher ausgeführte Prognose begründet die Beklagte jeweils nachvollziehbar und schlüssig mit der jeweils guten zentralen Lage sowie dem in beiden Vorkaufsfällen jeweils vorhandenen Aufwertungs- und Verdrängungspotential. Beide Vorkaufsrechtsobjekte weisen nach den - von Klägerseite unwidersprochen gebliebenen - Feststellungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, jeweils gestützt auf interne Bewertungen des Amtes für Wohnen und Migration, Wohnraumerhalt, Fachbereich Technik sowie des Bewertungsamts der Beklagten (vgl. BA H.-Str. II, Bl. 320 ff.; 333 ff, BA H.-Pl. II, Bl. 360 ff.; 376 ff.), sowohl Instandsetzungs- und Instandhaltungsbedarf als auch Modernisierungspotentiale auf. Ferner wurden anhand einer Auswertung der Aufstellungen zu den Mieteinnahmen sowie freiwilligen Haushaltsbefragungen zu aktuellen Mieten (vgl. dazu BA H.-Str. II, Bl. 326, auch BA H.-Pl. II Bl. 368, 376; vgl. auch die entsprechenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden) im Vergleich zur ortsüblichen Vergleichsmiete mögliche Mietsteigerungspotentiale konstatiert.
44
Die Annahme der Beklagten, dass eine Verdrängung zu befürchten ist, findet ihre Bestätigung auch in dem im Rahmen der Satzungserlassverfahren von der Beklagten erhobenen Datenmaterial sowie in der tatsächlichen Entwicklung in den Satzungsgebieten selbst.
45
Ausweislich der - über das Ratsinformationssystem der Beklagten öffentlich zugänglichen - Erhebungen der Beklagten in den Satzungserlassverfahren zur Erhaltungssatzung „H* …platz/H* …straße“ (Sitzungsvorlage … / V 13***) und zur Erhaltungssatzung „J* …platz“ (Sitzungsvorlage … / V 08* …; vgl. insoweit auch jeweils die entsprechenden Ausführungen in der Klageerwiderung vom 16. März 2020) handelt es sich im Hinblick auf die Einkommensstrukturen in beiden Fällen um sehr gemischte Gebiete bei hohem Aufwertungs- und auch Verdrängungspotential für Teilgruppen der Bevölkerung (vgl. Sitzungsvorlage … / V 13* … und Sitzungsvorlage 14-20 / V 08***). Dabei hat die Beklagte auch festgestellt, dass die Gefahr einer Verdrängung der ansässigen Bevölkerung vor allem in den Wohngebieten innerhalb des … Rings nicht mehr nur für Geringverdienende, sondern auch für Haushalte, die dem … Durchschnitt entsprächen, vorhanden seien (vgl. Sitzungsvorlage … / V 13* …, S. 10, und Sitzungsvorlage … / V 08466, S. 11).
46
Die von der Beklagten im Rahmen der vorliegenden Vorkaufsrechtsverfahren angestellten Untersuchungen der Veränderungsprozesse in beiden Erhaltungssatzungsgebieten (vgl. Klageerwiderung vom 16. März 2020, S. 13 ff.) anhand verschiedener Indikatoren zur Bewertung des allgemeinen Aufwertungs- und Verdrängungspotentials, deren Ergebnisse von der Klägerin nicht angegriffen wurden, zeigen bei jeweils stabilen Aufwertungsindikatoren (Baualter, Geschosszahl) und andauernden Umbauaktivitäten jeweils einen Anstieg der Kaufkraft, eine Abnahme des Anteils an Haushalten mit Nettoeinkommen bis 1.500,00 € im Monat sowie ein Absinkens des Anteils der älteren Einwohner/Innen über 74 Jahre und belegen damit laufende Austauschprozesse in der Zusammensetzung der Bevölkerung dergestalt, dass ältere und einkommensschwächere Personengruppen durch Personengruppen mit höheren Einkünften und damit auch höheren Erwartungen ersetzt werden, die sich auch höhere Mieten leisten können.
47
Schließlich ist ein weiteres Indiz für die Annahme, dass der Verkauf der Grundstücke vernünftigerweise eine erhaltungswidrige Entwicklung in Bezug auf die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in den beiden Erhaltungssatzungsgebieten befürchten lässt, der Umstand, dass die Klägerin die ihr von der Beklagten mit Schreiben vom 5. bzw. 6. August 2019 angebotenen Verpflichtungserklärungen/-vereinbarungen zur Abwendung des Vorkaufsrechts, die verschiedene Regelungen zur Begrenzung der Mietzinshöhe enthielten, nicht angenommen und auch ansonsten keine geeigneten, d.h. die Gefahr der Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung hinreichend ausschließenden Abwendungserklärungen vorgelegt hat. Dieser Umstand kann im Rahmen des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB berücksichtigt werden (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 57; VG München, U.v. 15.2.1993 - M 8 K 92.1600 - juris Rn. 66). Er ist ein Anhaltspunkt dafür, dass es mit der beabsichtigten Verwendung des Grundstücks zu Konflikten mit den Zwecken der Erhaltungssatzung kommen kann. Einem Käufer, der das Grundstück entsprechend den Zielen der Erhaltungssatzung nutzen will, ist es nämlich zuzumuten, diese Absicht durch eine den Erhaltungszielen hinreichend Rechnung tragende Abwendungserklärung/-vereinbarung nach § 27 Abs. 1 BauGB zu bekräftigen (vgl. auch Beckmann, BauR 2018, 594/597 f.).
48
2.1.4. Die Klägerin hat die Ausübung der Vorkaufsrechte durch ihre Erklärungen vom … September 2019 nicht wirksam abgewendet.
49
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen und er sich vor Ablauf der Frist nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB hierzu verpflichtet. Die Vorschrift gibt dem Käufer mithin das Recht, die Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts abzuwenden, indem er den mit dem Vorkaufsrecht verfolgen Zweck selbst verwirklicht (Grziwotz in: BeckOK BauGB, Stand 1.11.2020, § 27 Vorbemerkung). An Stelle des hoheitlichen Eingriffs tritt eine Verpflichtung des Käufers zur Herstellung bzw. Erhaltung eines Grundstückszustandes, der den Anforderungen des Allgemeinwohls gerecht wird (Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 27 Rn. 1).
50
Gesetzlich ist die Abwendung des Vorkaufsrechts als subjektives öffentliches Gestaltungsrecht des Käufers konzipiert. Die Wirksamkeit der Abwendungserklärung ist nicht von der Zustimmung oder einer sonstigen Mitwirkung der Gemeinde abhängig, und auch der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen Käufer und Gemeinde ist - wenngleich oft für beide Seiten nützlich - nach geltendem Recht nicht vorgeschrieben (vgl. dazu OVG NW, U.v. 19.4.2010 - 7 A 1041/08 - juris Rn. 113; VG Freiburg, U.v. 14.8.2020 - 5 K 6205/18 - juris Rn. 33; VG Schleswig, U.v.20.7.2015 - 4 A 226/13 - juris Rn. 89; VG München, U.v. 8.11.2004 - M 8 K 02.5363 - juris Rn. 26; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 27 Rn. 30; derselbe, ZfBR 1987, 10/17; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 27 Rn. 4; a.A.: Grziwotz, in: BeckOK BauGB, Stand 1.11.2020, § 27 Rn. 5).
51
Zwar wurden die Erklärungen innerhalb der Frist des § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB abgegeben (vgl. zur Fristgebundenheit der Abwendungserklärung in Erhaltungssatzungsgebieten vgl. Urteil vom 20.10.2003 - M 8 K 02.4972 - juris Rn. 38); die Klägerin wurde hierbei ordnungsgemäß vertreten (vgl. zur Vertretungsbefugnis den in den Behördenakten befindlichen Auszug aus dem Handelsregister, BA H.-Str. I Bl. 243 f., BA H.-Pl. I Bl. 241 f.). Jedoch genügen die von der Klägerin abgegebenen Erklärungen vom … September 2019 nicht den Anforderungen, die in den vorliegenden Fällen inhaltlich an eine wirksame Abwendungserklärung zu stellen sind.
52
§ 27 Abs. 1 BauGB verlangt die verbindliche Verpflichtung, das Grundstück binnen angemessener Frist entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme zu nutzen. Die Verpflichtungserklärung muss nach Form und Inhalt so geartet sein, dass sie der Gemeinde als rechtliche Grundlage dienen kann, den vermittelten Anspruch, das Grundstück einer den Planungsvorstellungen der Gemeinde entsprechenden Nutzung zuzuführen, zu verfolgen und gegebenenfalls grundbuchlich abzusichern (OVG NW, U.v. 19.4.2010 - 7 A 1041/08 - juris Rn. 113 f.; VG Schleswig, U.v. 20.7.2015 - 4 A 226/13 - juris Rn. 90).
53
Anknüpfungspunkt sind hierbei insbesondere die Ziele und Zwecke der jeweiligen städtebaulichen Maßnahme. Im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung folgen diese aus dem anwendbaren Erhaltungstatbestand (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 27 Rn. 17). Der Käufer muss sich insoweit mit dem jeweils möglichen Konkretisierungsgrad zur Einhaltung der Ziele und Zwecke der Maßnahme verpflichten. Im Geltungsbereich von Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB kann die Verpflichtung des Käufers darin bestehen, bestimmte Handlungen zu unterlassen, welche die Ziele und Zwecke der Satzung beeinträchtigen (Stock, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 27 Rn. 39). Dazu kann in einem Milieuschutzgebiet die Verpflichtung gehören, Mietwohnungen nicht in Eigentumswohnungen umzuwandeln und bestimmte bauliche Maßnahmen zu unterlassen, die geeignet sind, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Gebiet im Sinne der Erhaltungssatzung zu beeinträchtigen (OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - 10 B 9.18 - juris Rn. 89; VG München, U.v. 4.8.2008 - M 8 K 06.3960 - juris Rn. 45; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 27 Rn. 39). Die Abwendungserklärung muss inhaltlich geeignet sein, die Gefahr der Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung hinreichend auszuschließen (vgl. Weigelt, Die wachsende Stadt als Herausforderung für das Recht, Diss.jur. Tübingen 2016, S. 221). Deckt sich die Erklärung nicht mit der beabsichtigten Planung, liegt keine wirksame Abwendungserklärung vor (vgl. VG Aachen, U.v. 3.3.2008 - 5 K 143/07 - juris Rn. 88 ff.; Köster, in: Schrödter, Baugesetzbuch, 9. Auflage 2019, § 27 Rn. 6). Es kommt darauf an, ob die verfolgten städtebaulichen Zielsetzungen ebenso gut erreicht werden können, wenn die Beklagte ihr Vorkaufsrecht nicht ausübt und es bei einem Grundstückskauf durch einen privaten Dritten verbleibt (vgl. zu § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB: VG Aachen, U.v. 3.3.2008 - 5 K 143/07 - juris Rn. 84).
54
Gemessen an diesen Maßstäben genügen die von der Klägerin abgegebenen Erklärungen vom … September 2019 nicht, weil die darin enthaltenen Regelungen zur Mietpreis-, aber auch zur Belegungsbindung nicht ausreichend sind, um die mit den Erhaltungssatzungen „J* …platz“ und „H* …platz/H* …straße“ verfolgten Ziele zu gewährleisten. Der bezweckte Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung ist in den Gebieten maßgeblich dadurch gefährdet, dass die Wohnungen aufgrund ihrer Lage das gesteigerte Interesse finanzkräftiger Mieter finden und dadurch ein Verdrängungsprozess einkommensschwächerer Mieter stattfindet (vgl. oben 2.1.3.). Die damit einhergehende Veränderung der Bevölkerungsstruktur lässt sich maßgeblich dadurch verhindern, dass die Miethöhe begrenzt wird und/oder der Kreis der berechtigten Mieter an die Einkommensverhältnisse gekoppelt wird. Demgegenüber wirken Modernisierungsbeschränkungen, Aufteilungsverbote etc. nur indirekt. Durch die Ausübung der Vorkaufsrechte zugunsten der Beigeladenen zu 1. stellt die Beklagte sicher, dass die wirksamen Instrumente in Form der Miethöhenbegrenzung und der Beschränkung des berechtigten Mieterkreises zur Verfolgung des Erhaltungsziels zum Einsatz kommen. Im Fall des Eigentumserwerbs durch die Klägerin und der Geltung der Verpflichtungen der Abwendungserklärungen vom … September 2019 kann die städtebauliche Zielsetzung nicht annähernd in gleicher Weise erreicht werden. Die erforderliche Gleichwertigkeit der Zielerreichung wird durch die Abwendungserklärungen nicht gewährleistet.
55
Die genannten Erklärungen sehen - über einen Verzicht auf Mieterhöhungen bei Bestandsmietverträgen für die Dauer von zwei Jahren, längstens bis zum 15. September 2021, hinaus - keine weiteren Begrenzungen der Mietzinshöhe vor.
56
Der Vortrag der Klägerin, insbesondere ihr Einwand, von ihr könne nicht mehr verlangt werden als der gesetzliche Rahmen vorgebe, im Katalog des § 172 Abs. 1 BauGB seien Mietobergrenzen nicht enthalten, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Wie bereits dargelegt, stellt das Vorkaufsrecht ein selbstständiges Instrument dar, das die übrigen Steuerungs- bzw. Sicherungsinstrumente (z.B. Genehmigungsvorbehalt, §§ 172 ff. BauGB) ergänzt (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 65a, 73, 76; Beckmann, BauR 2018, 594/596; vgl. auch Weigelt, Die wachsende Stadt als Herausforderung für das Recht, Diss.jur. Tübingen 2016, S. 216 zur Auslegung des § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB). Würde man für die Abwendung des Vorkaufsrechts schon ausreichen lassen, dass sich der Käufer zu einem Verhalten verpflichtet, das schon durch den Genehmigungsvorbehalt erreicht werden kann, liefe das zusätzliche Instrument des Vorkaufsrechts leer. Eine Übertragung der Maßstäbe des § 172 Abs. 1 BauGB auf den erforderlichen Inhalt der Abwendungserklärung ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, da die Rechtsstellung des Käufers mit derjenigen des Eigentümers, der eine Genehmigung gem. § 172 Abs. 1 BauGB beantragt, nicht vergleichbar ist. Während dem Eigentümer aufgrund § 172 BauGB i.V.m. der Erhaltungssatzung die Möglichkeit verloren geht, den vorhandenen Baubestand in einer Art und Weise zu ändern, die den Vorschriften der Erhaltungssatzung widerspricht, und so den aus seinem Grundeigentum zu ziehenden wirtschaftlichen Nutzen noch zu erhöhen (vgl. dazu Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 172 Rn. 208), entzieht die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Käufer lediglich die Chance auf den Eigentumserwerb.
57
Nachdem es für die Frage der Wirksamkeit der Abwendungserklärungen auf die Gleichwertigkeit dieser Verpflichtung gegenüber dem Eigentumserwerb durch die Beklagte bzw. die Beigeladene zu 1. ankommt, ist es nicht entscheidungserheblich, ob die Beklagte von der Klägerin eine Begrenzung der Miethöhe im Rahmen eines hoheitlichen Eingriffs verlangen könnte. Ein solcher Eingriff liegt hier nicht vor. Maßgeblich ist, dass die Begrenzung der Miethöhe dem Grunde nach ein legitimes Ziel im Rahmen der Erhaltungssatzung darstellt. Ob sich die Klägerin im Rahmen der Abwendungserklärung auch zu der gleichwertigen Zielerreichung verpflichten will, liegt in deren Entscheidungsgewalt. Auf die von der Klägerin vorgetragenen Einwände gegen die Zulässigkeit der hoheitlichen Vorgabe von Mietobergrenzen kommt es daher nicht an.
58
Da es in den Abwendungserklärungen - mit Ausnahme der o.g., zeitlich befristeten Regelung zu Bestandsmietverträgen - bereits dem Grunde nach an (weitergehenden) Beschränkungen der Miethöhe fehlt, kann im vorliegenden Verfahren deshalb auch offenbleiben, ob die von der Beklagten gewählte Eingangsmiete in Höhe von derzeit 11,50 € sachgerecht ist und methodisch einwandfrei ermittelt wurde.
59
Darüber hinaus gewährleisten die von der Klägerin abgegebenen Erklärungen vom … September 2019 auch deswegen nicht die Einhaltung der Ziele der Erhaltungssatzungen, weil sie nicht für sämtliche betroffenen Wohnungen in den Vorkaufsrechtsobjekten eine Belegungsbindung für Mieter vorsehen, deren Einkommen bestimmte Einkommensobergrenzen nicht überschreiten.
60
Die gleichlautenden Ziffern 2.4.1. Satz 1 enthalten lediglich die Verpflichtung der Klägerin, diejenigen Wohnungen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Abwendungserklärung bereits mit Bescheinigung des Sozialamtes vermietet sind, nur an solche Mieterinnen und Mieter neu zu vermieten, die die Einkommensobergrenzen des jeweils aktuellen Stadtratsbeschlusses zu „Wohnen in …“ für das Modell … Miete nicht überschreiten. Damit erfasst die Verpflichtung z.B. nicht Wohnungen, die im Zeitpunkt der Abwendungserklärungen leer stehen oder an Personen oberhalb der jeweiligen Einkommensgrenze vermietet sind. Die von der Klägerin vorgenommenen Einschränkungen tragen dem Ziel der Erhaltungssatzungen, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Erhaltungssatzungsgebiet zu erhalten, nicht ausreichend Rechnung. Ihr Einwand, eine Neuvermietung ausschließlich an Mieter unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen sei sachwidrig, da damit die aktuelle Bewohnerstruktur nicht erhalten, sondern verändert werde, vermag keine andere Auffassung zu rechtfertigen. Es ist unerheblich, ob im streitgegenständlichen Anwesen selbst verdrängungsgefährdete Personen und Haushalte wohnen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts genügt eine abstrakte Betrachtungsweise dergestalt, dass der fragliche Wohnraum für eine verdrängungsgefährdete, einkommensschwächere soziale Schicht des Erhaltungssatzungsgebiets gesichert werden kann und muss. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ermöglicht der Gemeinde, sich gleichsam auf Vorrat preisgünstigen Wohnraum zu sichern. Wohnen im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht verdrängungsgefährdete Personen im streitgegenständlichen Anwesen, so ist die Sicherung preisgünstigen Wohnraums gleichwohl gerechtfertigt, da die Stadt bei einem Auszug dieses Personenkreises es dann in der Hand hat, den Wohnraum entsprechend Berechtigten zur Verfügung zu stellen (vgl. U.v. 15.2.1993 - M 8 K 92.1600 - juris Rn. 67).
61
Schließlich werden die Ziele der Erhaltungssatzungen auch nicht aufgrund der rechtlichen und vertragsstrafenbewehrten Bindungen der Klägerin in § 11 des Kaufvertrags ausreichend gewährleistet, da die Sozialcharta - mit Ausnahme der Verpflichtung, innerhalb von zehn Jahren nach Übergang des Teilkaufgegenstands kein Wohnungseigentum begründen zu dürfen, allein auf Bestandsmietverträge abstellt („…nach § 13 auf den Käufer übergehenden Mietverhältnisses…“) und gerade nicht Neuvermietungen umfasst. 2.1.5. Es liegt ferner kein Ausschlussgrund nach § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB vor, wonach die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen ist, wenn das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB aufweist.
62
Das Gericht geht davon aus, dass die Regelung des § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB dem Grunde nach auch auf das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung anwendbar ist (vgl. dazu ausführlich OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 64; vgl. ferner VG München, U.v. 20.10.2003 - M 8 K 02.4972 - juris Rn. 35; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 26 Rn. 22).
63
Ferner schließt sich die Kammer - unter Bestätigung ihrer früheren Rechtsprechung (vgl. U.v. 20.10.2003 - M 8 K 02.4972 - juris Rn. 35) - der Rechtsprechung des OVG Berlin-Brandenburg in dessen Urteil vom 22.10.2019 - OVG 10 B 9.19 (juris Rn. 65 ff.) und der in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 26 Rn. 22; derselbe, ZfBR 1987, 10/15; Burrack, jurisPR-ÖffBaur 9/2018 Anm. 5; Wissenschaftlicher Parlamentsdienst, Abgeordnetenhaus von Berlin, Gutachten zu den Voraussetzungen eines Vorkaufsrechts des Bezirks Mitte von Berlin vom 19. Juli 2016, S. 10; Weigelt, Die wachsende Stadt als Herausforderung für das Recht, Diss.jur. Tübingen 2016, S. 213 ff.) an, dass § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB unter Berücksichtigung seines systematischen Gesamtzusammenhangs, seines Sinnes und Zweckes und der Entstehungsgeschichte im Hinblick auf das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB im Geltungsbereich einer sozialen Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB sachgerecht dahingehend auszulegen ist, dass bei der Beurteilung und Bewertung, ob das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken einer sozialen Erhaltungssatzung als städtebauliche Maßnahme genutzt wird, auch die zu erwartenden künftigen Nutzungen durch den Käufer zu berücksichtigten sind (vgl. dazu im Einzelnen OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Leitsatz 3 und Rn. 65 ff, insbes. Rn. 68). Es kommt also darauf an, ob der Käufer die Ziele der Erhaltungssatzung gefährdet, weshalb die Nutzung des Grundstücks im Zeitpunkt des Verkaufs - durch den Verkäufer - für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB in der Regel ohne Bedeutung ist (vgl. OVG Berlin-Bbg., U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 68 m.w.N.). Demgemäß kommt es auch im Rahmen des § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB nicht auf den gegenwärtigen Zustand, sondern auf die zu erwartenden Nutzungen durch den Käufer an. Andernfalls würde § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB gerade in dem für seine Anwendung wichtigsten Fall leerlaufen. Dies hat zur Folge, dass das Vorkaufsrecht im Gebiet einer Erhaltungssatzung nur dann ausgeschlossen ist, wenn nicht aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine Beeinträchtigung der mit der Erhaltungssatzung bezweckten Ziele zu besorgen ist (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 68 m.w.N.; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 26 Rn. 22 m.w.N.; derselbe, ZfBR 1987, 10/15; vgl. auch VG München, Urteil vom 20. Oktober 2003 - M 8 K 02.4972 -, juris Rn. 35).
64
Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des Ausschlussgrunds nach § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB nicht erfüllt. Wie bereits dargelegt, ist anzunehmen, dass die Wohngebäude nach den zu erwartenden künftigen Nutzungen durch die Klägerin nicht entsprechend den Zielen und Zwecken der sozialen Erhaltungssatzungen als städtebauliche Maßnahmen genutzt würden. Auf die Ausführungen zum Wohl der Allgemeinheit und den, die Zielsetzung der Erhaltungssatzungen nicht hinreichend gewährleistenden Abwendungserklärungen wird Bezug genommen.
2.1.6. Die Beklagte hat ihre Vorkaufsrechte auch innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist (vgl. dazu Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 28 Rn. 27) des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB formgerecht ausgeübt.
65
2.1.7. Die Ausübung der Vorkaufsrechte jeweils zugunsten eines Dritten, nämlich der Beigeladenen zu 1., ist gem. § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB rechtmäßig.
66
Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen vor.
67
Dritter im Sinne der genannten Vorschrift kann auch eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft sein (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Auflage 2019, § 27a Rn. 3; Grziwotz in BeckOK BauGB Stand 1.11.2020, § 27a Rn. 2; vgl. zu einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft auch VG Berlin, U.v. 17.5.2018 - 13 K 724.17 - juris Rn. 34; OVG Bl.-Bbg., U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 91 ff.).
68
Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines Dritten ist ferner dessen Einverständnis (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 91 m.w.N.), denn die Ausübung des Vorkaufsrechts kann dem Dritten nicht aufgezwungen werden. Darüber hinaus bedarf es einer Verpflichtungserklärung des Dritten, dass er sich zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung verpflichtet (OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 91; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 27a Rn. 17). Ausreichend ist eine (einseitige) Verpflichtungserklärung des Dritten, wobei es möglich ist, dass die Gemeinde mit dem Begünstigten einen Vertrag abschließt, der die Verpflichtung enthält (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 91; Köster, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 27a Rn. 3).
69
Beides lag im Zeitpunkt der Ausübung der Vorkaufsrechte am 27. September 2019 vor (vgl. zu diesem Zeitpunkt Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 140. EL Oktober 2020, § 27a Rn. 17; vgl. aber auch OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 .- juris Rn. 93: § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB regle nicht, zu welchem Zeitpunkt der Dritte sich verpflichtet haben müsse).
70
Die von der Geschäftsführung der Beigeladenen zu 1. unterzeichneten Erklärungen über die Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. wurden der Beklagten als gescannte pdf-Dateien am 27. September 2019 um 11:38 Uhr per E-Mail übermittelt (BA H.-Str. II Bl. 458 ff.; BA H.-Pl. III Bl. 608 ff.). Mit diesem Vertragsantrag, an den die Beigeladene zu 1. gebunden war (vgl. Art. 54 Satz 1, Art. 62 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. §§ 145, 146, 147 Abs. 2 BGB), lag nicht nur ihr Einverständnis mit der Ausübung der Vorkaufsrechte durch die Beklagte zu ihren Gunsten vor, sondern darüber hinaus die nach § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB erforderliche verbindliche Verpflichtungserklärung (vgl. dazu OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 94). Bei der Ausübung der Vorkaufsrechte mit streitgegenständlichen Bescheiden vom 27. September 2019 konnte die Beklagte damit verlässlich davon ausgehen, dass die Beigeladene zu 1. mit der Ausübung der Vorkaufsrechte zu ihren Gunsten einverstanden und bereits mit dem unterzeichneten Vertragsantrag eine entsprechende Bindung eingegangen ist, die sie als Dritte zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung der Grundstücke i.S.v. § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB verpflichtet hat; auf die Frage, ob die Beklagte die von der Beigeladenen zu 1. unterzeichneten Erklärungen im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide bereits angenommen hatte, kommt es damit nicht entscheidungserheblich an (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 94; vgl. insoweit auch BVerwG, Beschluss vom 6.10.2011 - 4 BN 19.11 -, juris Rn. 3 m.w.N. zu den Anforderungen an das Vorliegen des Durchführungsvertrages im Rahmen von § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB).
71
Die Annahme bindender Vertragsangebote scheitert auch nicht daran, dass die Verpflichtungserklärungen auf Seiten der Beigeladenen zu 1. nur durch eine Person, nämlich den Geschäftsführer Herrn Dr. D* …, unterzeichnet worden waren. Dieser hat die Beigeladene zu 1. wirksam vertreten, § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB, insbesondere hat er mit der erforderlichen Vertretungsmacht gehandelt.
72
Gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Sind mehrere Gesellschafter bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt (§ 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Aus dem von der Klägerin vorgelegten, am 14. Oktober 2019 abgerufenen Handelsregisterauszug ergibt sich zwar, dass die Beigeladene zu 1. durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen (sog. unechte Gesamtvertretung) vertreten wird, da mehrere Gesellschafter bestellt sind.
73
Nach dem Vortrag des Prokuristen der Beigeladenen zu 1., Herrn S* …, in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2020, steht - auch in Verbindung mit der in diesem Rahmen vorgelegten schriftlichen Erklärung von Herrn Dr. D* … vom 5. Dezember 2020 - zur Überzeugung des Gerichts fest, dass Herr Dr. D* … bei Abgabe der Verpflichtungserklärungen ermächtigt war, diese allein zu unterzeichnen und gegenüber der Beklagten abzugeben - sei es nach § 183 BGB analog aufgrund vorheriger Zustimmung (Einwilligung) des grds. mitwirkungspflichtigen Prokuristen (vgl. hierzu: Reichel, MDR 1996, 759/761; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 35 GmbHG Rn. 31), sei es, dass er gem. § 78 Abs. 4 Satz 2 Aktiengesetz - AktG - analog, § 125 Abs. 3 Handelsgesetzbuch - HGB - analog ermächtigt war, die Verpflichtungserklärungen allein zu unterzeichnen und gegenüber der Beklagten abzugeben (zur analogen Anwendung der vorgenannten Bestimmungen auf die GmbH: Stephan/Tieves, Münchner Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2019, § 35 Rn. 155; Wisskirchen/Kuhn, in: BeckOK GmbHG, Stand 1.8.2020, § 35 Rn. 61ff, Rn. 66; Altmeppen in Altmeppen, GmbHG, 9. Auflage 2019, § 35 Rn. 61 ff.; Beurskens in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 22. Auflage 2019, § 35 Rn. 39; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 35 GmbHG Rn. 32 ff.). Eine Ermächtigung nach § 78 Abs. 4 Satz 2 AktG analog, § 125 Abs. 3 HBG analog befreit den Ermächtigten von der „Mitwirkungslast“ der ermächtigenden Person, so dass für den Ermächtigten die Gesamtvertretungszur Alleinvertretungsmacht erstarkt (vgl. Stephan/Tieves, Münchner Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2019, § 35 Rn. 155; Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 35 GmbHG Rn. 32; BGH, U.v. 6.3.1975 - II ZR 80/73 - juris Rn. 18; U.v. 8.10.1991 - XI ZR 64/90 - juris Rn. 12). Die Ermächtigung ist gegenüber dem zu Ermächtigenden oder dem Dritten (§ 167 Abs. 1 BGB entsprechend) selbst dann formfrei zu erklären, wenn die vom Ermächtigten für die Gesellschaft abzugebende Erklärung formbedürftig ist (entsprechend § 167 Abs. 2 BGB; vgl. Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 20. Aufl. 2020, § 35 GmbHG, Rn. 32; Beurskens in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 22. Auflage 2019, § 35 Rn. 40; Stephan/Tieves, Münchner Kommentar GmbHG, 3. Auflage 2019, § 35 Rn. 159). Gleiches gilt für die Einwilligung (§ 182 Abs. 2 BGB analog).
74
Herr S* … hat für das Gericht glaubhaft, überzeugend und detailreich dargelegt, dass er im Vorfeld Herrn Dr. D* … bevollmächtigt habe, auch in seinem Namen entsprechende Verpflichtungserklärungen abzugeben. Dabei hat er in für das Gericht überzeugender und plausibler Weise auch ausgeführt, warum er sich an diesen Tag besonders erinnern könne.
75
Unbeschadet dessen ergibt sich eine wirksame Vertretung der Beigeladenen zu 1. vorliegend auch nach den Grundsätzen über die Anscheinsvollmacht.
76
Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln seines angeblichen Vertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines Vertreters. Voraussetzung für das Vorliegen der Anscheinsvollmacht ist der Rechtsschein einer Bevollmächtigung, der durch eine von gewisser Regelmäßigkeit und Häufigkeit bzw. Dauer gekennzeichnetes Verhalten des Vertretenen erzeugt werden muss, und die Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners (§ 173 BGB analog; vgl. dazu Schäfer in BeckOK BGB, Stand 1.11.2020, § 167 Rn. 17; Schubert in Münchner Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, § 168 Rn. 111 ff.). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihr im Zeitraum Mitte März bis September 2019 neun Mal eine Verpflichtungserklärung der Beigeladenen zu 1. im Rahmen einer Vorkaufsrechtsausübung übermittelt worden sei. Dies sei - je nach zeitlichen Vorgaben - entweder durch ein schriftliches Original oder eine E-Mail mit pdf-Anhang erfolgt. Die Verpflichtungserklärungen seien jedenfalls in fünf Fällen jeweils nur von Herrn Dr. D* … unterzeichnet gewesen. Dass der Beklagten bekannt war, dass hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. eine Gesamtvertretungsbefugnis bestand, ist nicht erkennbar.
77
2.1.8. Die in den streitgegenständlichen Bescheiden vom 27. September 2019 erfolgte Prognoseentscheidung der Beklagten (vgl. dazu: OVG Berlin-Bbg., U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 96 m.w.N.), dass die Beigeladene zu 1. aufgrund ihrer Aufgabenstellung rechtlich und finanziell in der Lage sei, die Grundstücke dauerhaft entsprechend dem Erhaltungsziel zu verwenden, ist nicht zu beanstanden.
78
An der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1. - einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Beklagten - bestehen nach Auffassung des Gerichts keine Zweifel. Die Prognose der Beklagten, dass die Beigeladenen zu 1. zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung der Grundstücke in der Lage ist, stützt sich im Übrigen darauf, dass die Beigeladene zu 1. sich durch die im Zeitpunkt der Ausübung der Vorkaufsrechte vorliegenden Verpflichtungserklärungen zur Verwendung der Grundstücke entsprechend der Erhaltungsziele verpflichtet hat.
79
2.2. Die Ermessensausübung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
80
Sowohl die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts als auch die Entscheidung, dieses zugunsten eines Dritten auszuüben, liegen im Ermessen der Beklagten. Diese kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ihr Recht
- für sich oder zugunsten eines Dritten - ausüben, ist aber dazu nicht verpflichtet (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 100; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 28 Rn. 4 und § 27a Rn. 2 Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 140. EL Oktober 2020, § 24 Rn. 66 sowie § 27a Rn. 25; vgl. auch BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 23).
81
Soweit die Behörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO nur zur Ermessenskontrolle, also zur Prüfung, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, berechtigt, nicht jedoch zur eigenen Ermessensausübung befugt. § 114 Satz 1 VwGO konkretisiert den Grundsatz der Gewaltenteilung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Verwaltung (Exekutive) und der Verwaltungsrechtsprechung (Judikative).
82
Die Beklagte hat jeweils erkannt, dass ihr Ermessen zusteht und dieses fehlerfrei ausgeübt. Sie führt insoweit aus, dass das öffentliche Interesse an der Ausübung der Vorkaufsrechte das gegenläufige Interesse der Käuferin am Erwerb der gegenständlichen Anwesen gegenüberstehe (Bescheidsgründe S. 4), das Ausübungsinteresse der Beklagten die Interessen der Käuferin überwiege (S. 4) und die Ausübung des Vorkaufsrechts nach Abwägung aller in die Ermessensentscheidung einzustellender Umstände und Interessen zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erfolge (S. 6), die in der Lage sei, die Grundstücke entsprechend den Zielen der Erhaltungssatzungen zu verwenden und sich hierzu auch entsprechend verpflichtet habe. Von Käuferseite seien keine entgegenstehenden Umstände oder Interessen vorgebracht worden, die gegenüber den in den streitgegenständlichen Bescheiden aufgeführten Gründen, die für eine Ausübung der Vorkaufsrechte stritten, anderweitige Entscheidungen rechtfertigen würden. Dies hält einer gerichtlichen Kontrolle stand. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Ausübung der Vorkaufsrechte für die Klägerin (lediglich) zum Verlust einer bloßen Erwerbschance führt (vgl. dazu OVG Berlin-Bbg, U.v. 22.10.2019 - OVG 10 B 9.18 - juris Rn. 47, 102; BVerwG, B.v. 17.10.2001 - 4 B 68/01 - juris Rn. 6).
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Auch das Vorbringen in den Klagebegründungen zeigt insoweit keine durchgreifenden Ermessensfehler auf.
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Soweit die Klägerin die Ausübungsbescheide für ermessensfehlerhaft hält, weil die Beklagte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf Erwägungen gestützt habe, denen aufgrund der Abwendungserklärungen der Klägerin vom … September 2019 sowie der im Kaufvertrag enthaltenen Mieterschutzvorgaben keine Bedeutung mehr zukomme und die Beklagte daher von einem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, begründet dies keine Ermessensfehler.
85
Die Beklagte ging, wie sie in den Bescheidsgründen auch ausgeführt hat (S. 6 der streitgegenständlichen Bescheide), - nach Auffassung des Gerichts zutreffend - davon aus, dass die von der Klägerin abgegebenen Abwendungserklärungen die Einhaltung der Ziele der Erhaltungssatzungen nicht gewährleisten und daher der Erlass der Ausübungsbescheide geboten gewesen sei (S. 6 der streitgegenständlichen Bescheide). Damit hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie die Erklärungen der Klägerin bei ihren Entscheidungen berücksichtigt hat. Liegt aber bereits tatbestandlich keine wirksame Abwendungserklärung vor, so müssen die darin enthaltenen (in ihrer Gesamtheit nicht ausreichenden) Verpflichtungen auch nicht in die Ermessenserwägungen einbezogen werden. Von einem unvollständig oder unzutreffend ermittelten Sachverhalt kann im Übrigen deswegen keine Rede sein, weil sich die Beklagte mit den von der Klägerin abgegebenen Erklärungen zur Abwendung des Vorkaufsrechts bereits im Verwaltungsverfahren auseinander gesetzt und der Klägerin vor (und deren Bevollmächtigen nach) Bescheidserlass mitgeteilt hat, warum die von ihr unter dem 5. September 2019 vorgelegten Entwürfe von Abwendungsvereinbarungen sowie die Erklärungen vom … September 2019 aus Sicht der Beklagten nicht ausreichend seien (vgl. Schreiben der Beklagten vom 12. September 2019, vom 25. September 2019 sowie vom 17. Oktober 2019). Insoweit war es auch mit Blick auf die formell-rechtlichen Anforderungen gem. Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG nicht erforderlich, hierzu in den Bescheidsgründen nochmals detailliert Stellung zu nehmen.
86
Soweit die Beklagte in den Bescheidsgründen auch auf das Verdrängungspotential durch Aufteilungen nach dem WEG und die Geeignetheit der Wohnungen hierfür abstellt (S. 5 der angefochtenen Bescheide), obwohl sich die Klägerin im Kaufvertrag insoweit zu einem zehnjährigen Verzicht verpflichtet hatte (vgl. § 11 (1) Buchst a) des Kaufvertrags), folgt daraus nicht die Fehlerhaftigkeit der Ermessensentscheidung. Die Beklagte hat - selbstständig tragend - auch auf weitere Verdrängungsfaktoren, insbesondere durch Modernisierungen und Umlage der Modernisierungskosten, abgestellt. Was die im Kaufvertrag im Übrigen enthaltenen Vereinbarungen zum Mieterschutz anbelangt, so sind diese - worauf die Beklagte - zutreffend - hinweist, aufgrund ihrer Beschränkung auf Bestandsmieter zur Gewährleistung der Einhaltung des Milieuschutzes nicht ausreichend.
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3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Es entspricht der Billigkeit, der Klägerin nicht auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Sachantrag gestellt und sich dadurch keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.