VG Bayreuth, Urteil v. 17.12.2020 – B 7 K 19.31784
Titel:

Kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder subsidiären Schutzes – Äthiopien

Normenketten:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Die Schilderung der Verfolgungsgründe enthält Inkonsistenzen und Widersprüche und ist daher nicht glaubhaft.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Äthiopien besteht kein flächendeckender innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die allgemein unsichere oder wirtschaftlich schlechte Lage im Zielstaat infolge von Hungersnöten, Naturkatastrophen oder Epidemien begründet nur Gefahren allgemeiner Art nach § 60 Abs. 7 S. 6 AufenthG, weil ihr die gesamte Bevölkerung oder eine ganze Bevölkerungsgruppe des betroffenen Landes ausgesetzt ist. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asyl Äthiopien, Posttraumatische Belastungsstörung, Schwere depressive Episode, Folgeverfahren nach Zweitverfahren, Schweden, Glaubwürdigkeitszweifel, Asylverfahren, Äthiopien, kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, PTBS, Coronapandemie, unglaubhafter Vortrag
Fundstelle:
BeckRS 2020, 46102

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger amharischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste im Jahr 2014 nach Schweden ein und stellte dort einen Asylantrag, der durch die Behörde abgelehnt wurde. Als Fluchtgründe nannte der Kläger in Schweden im Wesentlichen, dass er als praktizierender Muslim aus religiösen Gründen verfolgt worden sei. Die gegen die ablehnende Entscheidung der schwedischen Behörde gerichtete Klage blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht G. als auch vor dem Berufungsgericht S. erfolglos. Deshalb reiste der Kläger nach seinen Angaben am 30.09.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 13.10.2016 einen Asylantrag, den er schriftlich gegenüber dem Bundesamt begründete. Hier führte er im Wesentlichen aus, dass er oppositionspolitisch aktiv gewesen und deshalb seine Mutter getötet und er selbst in Folterhaft genommen worden sei.
2
Im Jahr 2017 befand sich der Kläger vom 02.05. bis 26.05. sowie vom 01.06. bis zum 17.08. in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus (BKH) …, die entsprechenden Arztbriefe wiesen als Diagnose eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome aus und einen Verdacht auf Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
3
Mit Bescheid vom 15.09.2017 lehnte das Bundesamt den Asylzweitantrag des Klägers als unzulässig ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth (Az. B 7 K 17.33133).
4
Während des gerichtlichen Verfahrens stellten zunächst das Amtsgericht K., später das Amtsgericht B. für den Kläger einen Betreuungsbedarf fest und stellten ihm wechselnde Betreuer zur Seite; zuletzt Herr … Der Kläger befand sich vom 27.12.2017 bis zum 28.02.2018 wiederum in stationärer Behandlung im BKH …, die Diagnose lautete wie bereits zuvor auf eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptomatik. Nach der Entlassung konsultierte er verschiedene psychotherapeutische Praxen. Die Diagnosen der Arztbriefe lauteten wiederum im Wesentlichen übereinstimmend auf eine depressive Episode und PTBS-Symptome.
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Mit Urteil vom 08.08.2018 wies das VG Bayreuth die Klage des Klägers gegen die ablehnende Entscheidung im Asylzweitverfahren ab. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Kläger die beim Bundesamt vorgetragenen Fluchtgründe nicht schon in Schweden vorgetragen habe. Außerdem würden auch keine Abschiebungsverbote vorliegen, weil eine PTBS nicht im erforderlichen Maß nachgewiesen sei, und hinsichtlich der depressiven Episode nicht davon auszugehen sei, dass darin eine nahezu lebensbedrohliche Erkrankung liegen würde, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Hierzu wurde auch darauf hingewiesen, dass psychische Erkrankungen auch in Äthiopien grundsätzlich behandelbar seien.
6
Gegen dieses Urteil richtete der Kläger einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum BayVGH, der mit Beschluss vom 02.10.2018 abgelehnt wurde. Der BayVGH sah insbesondere keinen gesteigerten Klärungsbedarf dahingehend, ob die psychische Erkrankung des Klägers in Äthiopien behandelbar sein und der Kläger dort über eine gesicherte Existenz verfügen würde.
7
Am 09.04.2019 stellte der Kläger beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag. Begründet wurde dieser damit, dass der Kläger schwerst traumatisiert sei und unter einer PTBS leide. Diese könne auch in Äthiopien wegen des hohen Betreuungsbedarfs des Klägers nicht geheilt werden. Traumabedingte Ängste könnten auch zu einer Suizidgefahr führen. Vorgelegt wurden dazu die Stellungnahme der zwischenzeitlichen Therapeutin des Klägers, Frau …L., sowie zwei Schreiben des …, bzw. einer dort tätigen Gestalttherapeutin, sowie ein psychologisches Gutachten von Frau Dr. D. In dem Gutachten vom 25.06.2019 wurde eine PTBS und eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert. Die Symptome der PTBS seien akut und chronisch fixiert und insgesamt als schwer einzustufen. Eine psychologische und psychiatrische Behandlung sei notwendig, ansonsten sei mit einer weiteren Verfestigung der Symptomatik zu rechnen. Es herrsche auch eine Suizidgefahr.
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Mit Bescheid vom 05.12.2019 lehnte das Bundesamt den Asylfolgeantrag als unzulässig ab (Nr. 1). Der Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 05.09.2017 bezüglich der Feststellungen zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG wurde ebenfalls abgelehnt (Nr. 2). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gem. § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 3). Hinsichtlich des vorgelegten Gutachtens wurde insbesondere moniert, dass dieses nicht von einem Facharzt erstellt worden sei. Im Übrigen wird auf die Bescheidsgründe verwiesen.
9
Hiergegen wandte sich der Kläger mit am 20.12.2020 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangener Klage.
10
Er ließ beantragen,
1. Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2019, zugestellt am 11.12.2019, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
11
Zur Begründung wurde ein Gutachten von der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau E., datierend vom 12.03.2020, vorgelegt. Dieses weist eine PTBS und eine reaktive depressive schwere Episode als Diagnose aus. Zur PTBS führt die Gutachterin unter anderem aus, dass dafür als Eingangskriterium eine traumatische Situation sowie im Folgenden eine bestimmte Anzahl von Symptomen erfüllt sein müssten. Als traumatische Situation nannte die Gutachterin die Inhaftierung des Klägers im Heimatland mit körperlicher Folter und sexuellem Missbrauch, dass er Zeuge beim Tod seiner Mutter geworden sei sowie den Tod von Geflüchteten während der Fahrt über das Mittelmeer. Zu diesen auslösenden Ereignissen führt die Gutachterin weiter aus, dass der Kläger zwar nur bruchstückhaft, zögerlich und in der Vergangenheit teilweise mit Widersprüchen davon berichtet habe, dass aber gerade dieses Verhalten traumatypisch sei. Mit der PTBS sei eine immer wieder auftretende ernsthafte Suizidalität verbunden. Der Kläger benötige neben fortgesetzter Medikation auch eine zusätzliche psychotherapeutische Behandlung.
12
Mit Schriftsatz vom 08.01.2020 beantragt das Bundesamt für die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
13
Hinsichtlich des Gutachtens von Frau E. führt das Bundesamt aus, dass auch dieses keinen Raum für die Feststellung von Abschiebungsverboten lasse. Unabhängig von den jetzt eventuell gegebenen Formalanforderungen an den Nachweis einer PTBS verbleibe es bei den auch bereits gerichtlich festgestellten Fakten: die psychische Erkrankung des Klägers sei in Addis Abeba behandelbar und die benötigte medizinische Versorgung und Behandlung sei ihm unter Berücksichtigung seiner persönlichen Situation auch finanziell zugänglich. Er könne auf den Familienclan zurückgreifen.
14
Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens sowie der mündlichen Verhandlung am 16.12.2020 wurden von der Klägerseite weitere Dokumente vorgelegt, darunter ein ärztliches Attest über eine urologische Operation vom 04.06.2020, eine fachärztliche Stellungnahme des BKH … zum Behandlungsverlauf des Klägers vom 04.12.2020 sowie ein im Auftrag des Sozialgerichts … erstelltes nervenärztliches Gutachten der …Dr. N., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, zur Feststellung des beim Kläger vorliegenden Grades der Behinderung. Dieses Gutachten wertet die Aktenlage der Sozialgerichts- und Behindertenakte des Klägers sowie die Krankheitsvorgeschichte aus. Zudem wird im Gutachten eine Reihe von mit dem Kläger durchgeführten Tests im Hinblick auf psychische Störungen hinsichtlich der Funktionsweise der Tests, der vom Kläger erzielten Ergebnisse und der wissenschaftlich daraus abzuleitenden Erkenntnisse dargestellt. Auch das Gutachten von Dr. D. wird im Gutachten von Dr. N. aufgearbeitet. Im Ergebnis stellt der Gutachter fest, dass die Kriterien der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einer schweren Störung beim Kläger unter Verweis auf die doch ganz erheblichen Inkonsistenzen gerade noch erfüllt seien, weswegen ein Grad der Behinderung von 50 als leidensgerecht angesehen werde. Beim Kläger liege eine rezidivierende depressive Störung, zum Zeitpunkt der Begutachtung schwergradig mit somatischem Syndrom, vor.
15
Mit Beschluss der Kammer vom 15.10.2020 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.
16
Zum Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift und zu den weiteren Einzelheiten auf die Gerichtsakte (auch des Verfahrens B 7 K 17.33133) sowie die elektronisch übersandten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

17
1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg. Die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (dazu unter lit. a). Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (dazu unter lit. b). Maßgeblicher Zeitpunkt ist gem. § 77 Abs. 1 AsylG die mündliche Verhandlung. Das Gericht nimmt zunächst Bezug auf die Bescheidsgründe und macht diese zum Bestandteil der Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist das Folgende auszuführen:
18
a) Die Ablehnung des Folgeantrags des Klägers durch das Bundesamt ist rechtmäßig. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylverfahrens ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen, wenn also sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO vorliegen (Nr. 3). § 51 Abs. 1 VwVfG fordert dabei einen schlüssigen Sachvortrag, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung (Art. 16a GG) oder zur Zuerkennung des internationalen Schutzes (§§ 3, 4 AsylG) zu verhelfen (dazu BVerfG, B. v. 3.3.2000 - 2 BvR 39/98 - juris Rn. 32). Der Antrag ist jedoch nur zulässig, wenn der Betroffenen ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 3 VwVfG). Das „frühere Verfahren“ im Sinne der Normen ist hierbei das Zweitverfahren, das mit Antragstellung durch den Kläger in Deutschland am 09.04.2019 begonnen und mit unanfechtbarer Ablehnung seines Antrags auf Zulassung der Berufung durch den BayVGH am 02.10.2018 geendet hat. Gem. § 71a Abs. 5 AsylG ist auch ein nach unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags gestellter weiterer Asylantrag als Folgeantrag nach § 71 AsylG zu behandeln.
19
Daran gemessen hat das Bundesamt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu Recht verneint. Denn der Kläger hat keinen schlüssigen und glaubhaften Sachvortrag geschildert, der eine günstigere Entscheidung möglich erscheinen ließe (dazu unter aa)). Auch hierfür geeignete, neue Beweismittel hat der Kläger nicht vorgelegt (dazu unter bb)). Eine Änderung der Sach- und Rechtslage im o.g. Sinne ist auch durch die Militäroffensive in Tigray nicht eingetreten (dazu unter cc)).
20
aa) Nach wie vor hat der Kläger keinen schlüssigen und glaubhaften Sachvortrag geschildert, der geeignet wäre, eine für ihn günstigere Entscheidung herbei zu führen. Innerhalb der Schilderungen, die der Kläger im Laufe der gerichtlichen und Verwaltungsverfahren bislang geboten hat, bestehen eklatante Inkonsistenzen und Widersprüche, die nicht nur den vor Gericht geschilderten Vortrag unglaubhaft, sondern den Kläger in seiner Aussage insgesamt unglaubwürdig erscheinen lassen (dazu unter (1)). Diese Inkonsistenzen sind weder durch Missverständnisse oder Übersetzungsfehler zu erklären (dazu unter (2)), noch zur Überzeugung des Gerichts als krankheitsbedingt anzusehen (dazu unter (3)).
21
(1) Der Kläger hat in Schweden, vor dem Bundesamt, vor verschiedenen Behandlern und Gutachtern sowie vor Gericht im Verfahren B 7 K 17.33133 und im hiesigen teilweise vollständig andere Versionen seiner Fluchtgeschichte erzählt. Auch einander ähnliche Versionen weichen immer wieder in Einzelheiten oder auch größeren Punkten voneinander ab, sodass sich nach wie vor kein einheitliches Bild der Geschehensabläufe ergibt. Von den zahlreichen Widersprüchen innerhalb des Sachvortrags des Klägers seien nachfolgend nur einige beispielhaft genannt:
22
Die Vorkommnisse, die der Kläger in Schweden als fluchtauslösend bezeichnete, sind vollkommen andere, als die später in Deutschland genannten: In Schweden schilderte der Kläger ausführlich und detailliert, dass er nicht nur gläubiger Muslim, sondern auch Student an einer muslimischen Hochschule gewesen sei. Wegen seiner Religion sei er verfolgt worden und deshalb schließlich ausgereist. Im Zuge der Anhörung betonte der Kläger wiederholt, welchen Stellenwert die Religion für ihn habe, dass er z.B. Kinder den muslimischen Glauben gelehrt habe, und nannte auch Details wie die Namen der Schule (.*) und der Moschee, in der er aktiv gewesen sein will (.*). Er sei selbst am 14.07.2014 auf einer Demonstration für Religionsfreiheit und eine unabhängige Verwaltung der religiösen Schule mitgelaufen und habe deshalb das Land verlassen müssen. Auf der Demonstration habe ein Transparent mit dem Text „Wir wollen gehört werden“ hochgehalten. Seine Mutter sei früh krankheitsbedingt verstorben.
23
Gänzlich anders dagegen die Fluchtgeschichte, die der Kläger schriftlich dem Bundesamt gegenüber geschildert hat: Demnach sei er oppositionspolitisch für die KINJIT-Partei aktiv gewesen und habe an Demonstrationen gegen das politische System teilgenommen. Eines Tages seien Soldaten zu ihm nach Hause gekommen, als er zufällig nicht da gewesen sei. Seine Mutter sei allein zu Hause gewesen. Die Soldaten hätten sie geschubst und seine Mutter sei aufgrund einer Hirneinblutung gestorben. Hiervon habe er von den Nachbarn erfahren. Bei der Beerdigung seiner Mutter sei er festgenommen worden. Zwei Jahre habe er im Zentralgefängnis verbracht und sei dort gefoltert und vergewaltigt worden. Weil ihn die Wächter für tot gehalten hätten, habe er eines Tages fliehen können und sei dann ausgereist.
24
Nochmals in wesentlichen Punkten abweichend schilderte der Kläger seine Fluchtgeschichte in der mündlichen Verhandlung: Demnach sei er von den Sicherheitskräften gesucht worden, weil er der Anführer einiger junger Leute gewesen sei und diese zu Demonstrationen aufgerufen habe. Beim Tod seiner Mutter sei er anwesend gewesen; sie sei vor seinen Augen mit einer Pistole erschossen worden. Deshalb sei der Kläger in Ohnmacht gefallen und im Zentralgefängnis aufgewacht. Von dort aus sei er immer wieder in andere Gefängnisse verlegt worden. Über ein belauschtes Gespräch von Wächtern auf dem Flur habe er erfahren, dass er nach drei Jahren Haft getötet werden sollte. Er habe deshalb vor den Wärtern vorgegeben, Bauchschmerzen zu haben und zur Toilette zu müssen. Bei dieser Gelegenheit habe er fliehen können. Von Folter und Vergewaltigung im Gefängnis berichtete der Kläger nur auf eindringliche, gezielte und wiederholte Befragung durch seine Prozessbevollmächtigte, und auch dann nur oberflächlich, stattdessen berichtete er z.B. auf die Frage, wie sich die Wärter ihm gegenüber verhalten hätten, diese hätten ihm Essen gebracht und ihn auch ab und zu für sich singen lassen.
25
Nochmals in Einzelheiten abweichend schilderte der Kläger sein Schicksal vor verschiedenen Behandlern und Gutachtern. So gab er bei Dr. D. an, dass seine Mutter bei ihrem Tod zwischen 55 und 57 Jahre alt gewesen sei, bei Frau E., dass sie zwischen 45 und 50 gewesen sei. Während der Kläger vor Gericht angab, nach seiner Flucht aus dem Gefängnis auf Anraten seines Vaters Äthiopien schnell verlassen zu haben, gab er bei Dr. N. an, sich zunächst noch einen Monat versteckt gehalten zu haben.
26
Aber nicht nur hinsichtlich des Kerns seiner Fluchtgeschichte bestehen eklatante Widersprüche, sondern auch zu nebensächlichen Punkten hat der Kläger in Schweden völlig andere Angaben gemacht, als in Deutschland. Nach den dortigen Angaben habe sein Vater beruflich mit Autos zu tun gehabt, er habe LKWs besessen. Dagegen hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sein Vater einen Getreidehandel mit Ladengeschäft in Addis Abeba betrieben habe. Im Gutachten von Frau E. findet sich dagegen die Angabe, dass sein Vater ein Lebensmittelgeschäft geführt habe.
27
Auch hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung sowie vor Frau E. ausdrücklich angegeben, in Schweden nie bei einem Arzt gewesen zu sein und sich das erste Mal in Zirndorf in Behandlung begeben zu haben. Man habe ihm keinen Arztbesuch gestattet. Dagegen geht aber schon aus dem Protokoll zur schwedischen Anhörung klar hervor, dass der Kläger ein Attest vorgelegt hat und mithin zuvor bei einem Arzt gewesen sein muss. Er gab im Rahmen dieser Anhörung sogar selbst an, im Krankenhaus wegen seiner Depressionen einen Psychiater besucht zu haben und derzeit Medikamente zu nehmen. Auch enthalten die Entscheidungen der schwedischen Behörde und der dortigen Gerichte Ausführungen dazu, dass sich aus der Patientenakte des Klägers eine abschiebungsrelevante Erkrankung nicht ergebe, auch wenn bei ihm eine Depression vorliege - mithin gab es also mutmaßlich nicht nur mindestens einen Arztbesuch, sondern es wurde ein ganzer Aktenvorgang angelegt und gesichtet.
28
(2) Diese ganz gravierenden Widersprüchlichkeiten und Inkonsistenzen sind keinesfalls mit bloßen Missverständnissen oder Übersetzungsfehlern zu erklären. So erklärte der Kläger nach seiner Anhörung in Schweden ganz ausdrücklich, keinerlei Verständigungsschwierigkeiten gehabt zu haben. Auch beinhaltetet seine Schilderung in Schweden eine Vielzahl an Details (Namen der Schule und der Moschee, Datum der Demonstration, Inhalt des dort hochgehaltenen Transparents), weshalb selbst vereinzelte Übersetzungsfehler die dortige Fluchtgeschichte jedenfalls nicht gänzlich anders erscheinen lassen könnten. Überdies folgten noch zwei gerichtliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht S. und dem Berufungsgericht G., im Rahmen derer der - dort anwaltlich vertretene - Kläger sein Vorbringen nicht geändert hat. Die Schilderung beim Bundesamt dürfte schon deshalb nicht wesentlich an Übersetzungsfehlern bzw. Missverständnissen kranken, weil sie nicht mündlich, sondern schriftlich (!) vom Kläger vorgetragen wurde und deshalb von vornherein weniger Raum für (z.B. akustische) Missverständnisse ist. Überdies hat die Klagepartei, die über die Prozessvertreter Akteneinsicht hatte, auch keinen Fehler in der zu den Akten des Bundesamts genommenen Übersetzung moniert. Hinsichtlich der wesentlichen Abweichungen (war der Kläger beim Tod der Mutter anwesend oder nicht? Wurde er im Haus oder bei der Beerdigung festgenommen?) finden sich in der Übersetzung des Bundesamts überdies jeweils mehrere Sätze (z.B.: „Zufällig war ich nicht im Haus zu diesem Zeitpunkt. Meine Mutter war allein zu hause.“), sodass ein Übersetzungsfehler, der die Schilderung im gänzlich falschen Zusammenhang erscheinen ließe, nahezu ausgeschlossen scheint. Soweit vor den verschiedenen Gutachtern und Behandlern Übersetzungsschwierigkeiten bestanden haben sollten, wirft dies bereits die Frage auf, inwieweit die von diesen getroffenen medizinischen Aussagen nach einer von Verständigungsschwierigkeiten begleiteten Exploration belastbar sein können. Geht man zugunsten der ausgeworfenen Diagnosen davon aus, dass sich der Kläger mit den Gutachtern und Behandlern gut verständigen konnte, stellt sich hingegen die Frage, wie es zu den o.g. Widersprüchen kommen konnte.
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Ein weiterer Punkt, der ganz erheblich gegen bloße Missverständnisse spricht, ist, dass jedenfalls die Schilderung in Schweden (erhebliche religiöse Prägung des Klägers, Studium der Religion, Verfolgung wegen seiner Eigenschaft als Muslim, Engagement in der Moschee) mit keinem Wort eine politische Verfolgung erwähnt und umgekehrt vor dem Bundesamt und dem Gericht mit keinem Wort der Glaube und die religiöse Prägung des Klägers auch nur zur Sprache kam, geschweige denn, dass dies fluchtauslösend gewesen sein sollte. Dabei war auch die Schilderung in Schweden bereits reich an Details - nur eben eine vollkommen andere als in Deutschland. Die Geschichten sind nicht miteinander in Einklang zu bringen: z.B. schließt die Schilderung des Klägers, dass er seit 2011 bis unmittelbar vor seiner Einreise in Folterhaft gewesen sei (so vor dem Bundesamt und in der hiesigen mündlichen Verhandlung behauptet), die Teilnahme an der in Schweden genau bezeichneten Demonstration am 14.07.2014 schlechthin aus.
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Ganz erschwerend hinzu kommen mutmaßliche Falschangaben des Klägers, wie explizit die Angabe, dass ihm in Schweden ein Arztbesuch nicht gestattet worden und er erstmals in Zirndorf behandelt worden sei. Diese Behauptung, auf die der Kläger auch nach Nachfrage des Gerichts insistierte, muss durch die Inhalte der Anhörung sowie der Entscheidungen in Schweden als nahezu widerlegt betrachtet werden.
31
(3) Dass diese erheblichen Diskrepanzen rein oder zum Großteil gesundheitsbedingte Folge der psychischen Beschwerden des Klägers sein sollten, steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest.
32
In den vorgelegten Gutachten von Frau E. und Dr. D. ebenso wie in der Stellungnahme der behandelnden Frau L. wird zwar im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass eine lückenhafte, bruchstückhafte und teilweise auch widersprüchliche Schilderung der Ereignisse typisch für eine PTBS-Symptomatik und traumabedingte Folge der diagnostizierten Erkrankung sei. Das vermag die oben dargelegten Diskrepanzen aber schon deshalb nicht zu erklären, weil insbesondere hinsichtlich der Schilderung in Schweden eben keine nur oberflächliche oder bruchstückhafte und nur in Einzelheiten widersprüchliche Version der in Deutschland geschilderten Fluchtgeschichte vorliegt, sondern im Gegenteil eine in sich im Wesentlichen stimmige, bis in Einzelheiten geschilderte und reich an Details erzählte, vollkommen andere Fluchtgeschichte. Es erschließt sich - auch unter Berücksichtigung der genannten ärztlichen Einschätzung - nicht, weshalb der Kläger in Schweden nicht einmal ansatzweise die Fluchtgeschichte vorgetragen hat, die er in Deutschland schilderte. Legt man die ärztliche Einschätzung zugrunde, so wäre zu erwarten, dass der Kläger in Schweden bereits zumindest Bruchstücke seiner jetzigen Fluchtgeschichte, namentlich einschneidende Eckpunkte wie sein politisches Engagement oder den gewaltsamen Tod der Mutter, erwähnt hätte. Dagegen erklären die ärztlichen Ausführungen in keiner Weise, wie und weshalb es dem Kläger möglich gewesen sein sollte, eine in sich schlüssige, aber völlig andere Fluchtgeschichte zu erzählen, nämlich über eine rein religiös motivierte Verfolgung. Diese völlige Abkehr wird durch die Ausführungen der Gutachter und Behandler nicht ansatzweise erklärbar. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Gutachten sich in keiner Weise dazu verhalten, dass der Kläger auch in Schweden allem Anschein nach Zugang zu ärztlicher Behandlung hatte, zum Zeitpunkt seiner Anhörung im Jahr 2015 offenbar bereits mit Medikamenten versorgt war und er mithin mit seiner psychischen Erkrankung nicht alleingelassen worden ist. Die dortige Patientenakte wurde in die behördliche sowie die gerichtlichen Entscheidungen in Schweden miteinbezogen. Selbst wenn man der Annahme der o.g. Behandler und Gutachter folgen würde, ließen sich damit höchstens Abweichungen in Einzelheiten oder Lücken in der Fluchtgeschichte erklären, aber keinesfalls die lückenlose Schilderung von völlig anderen Fluchtursachen trotz bereits erfolgter medizinischer Versorgung. Dass die in Schweden geschilderte - und über zwei Jahre aufrechterhaltene - Fluchtgeschichte rein krankheitsbedingt sein sollte, ist deshalb nicht anzunehmen.
33
Daneben ist von ganz erheblichem Gewicht, was Dr. N. in seinem Gutachten für das Sozialgericht … vom 23.09.2020 ausführt (übrigens auch das aktuellste vorliegende Gutachten). Auch wenn dieses Gutachten nicht speziell im Hinblick auf das Asylverfahren, sondern im Hinblick auf die Festlegung eines Grades der Behinderung erstellt wurde, enthalten gerade die neurologischen Tests, die der Gutachter durchgeführt hat, Erkenntnisse zur neurologischen Verfassung des Klägers, die für das Asylverfahren von Relevanz und deshalb zu berücksichtigen sind. Dr. N. führt aus, dass sich psychische Symptome einer sicheren objektiven Beurteilbarkeit entziehen und deshalb entsprechend der Gutachtensleitlinie eine Konsistenzprüfung der beklagten Beeinträchtigungen durch kritische Zusammenschau von Exploration, Untersuchungsbefunden, Verhaltensbeobachtung und Aktenlage gefordert sei. Hinsichtlich der Krankheitsgeschichte des Klägers hätten sich ganz erhebliche Diskrepanzen ergeben, die sich durch Erinnerungslücken und unzureichende Sprachkenntnisse nicht hätten ausräumen lassen. Erinnerungslücken habe der Gutachter nicht erkennen können. Es sei daher zur Validitätsprüfung des Antwortverhaltens eine Batterie von Tests durchgeführt worden. Die Tests stellt der Gutachter im Einzelnen dar, erklärt ihre Funktionsweise und die vom Kläger erzielten Ergebnisse. Sodann erläutert der Gutachter die abzuleitenden Erkenntnisse. Hierzu findet sich zum Beispiel, dass beim Test MMPI-2RF der Kläger eine sehr große Zahl seltener Antworten gegeben habe und gleichzeitig auch weit überdurchschnittlich viele Beschwerden geäußert, die von Personen mit psychischen Störungen selten angegeben würden. Eine solche Konfiguration der Validitätsskalen zeige sehr wahrscheinlich das Übertreiben von Beschwerden an. Die Kombination von Antworten gehe in dieser Form häufig mit unglaubwürdigen Berichten über körperliche und/oder kognitive Symptome, insbesondere auch über Gedächtnisstörungen, einher. Selbst bei Patienten mit schweren psychischen Störungen sei eine solche Kombination von Antworten sehr selten. Man müsse daher von einer Übertreibung körperlicher und/oder kognitiver Probleme, insbesondere auch von Gedächtnisstörungen, ausgehen.
34
Beim TOMM habe der Kläger weniger Fragen richtig beantwortet, als es bei reinem Raten zu erwarten gewesen wäre, was als Hinweis dafür gelte, dass eine negative Antwortverzerrung vorliege. Die Ratewahrscheinlichkeit liege bei 25 richtigen Antworten, der Kläger habe einmal 22 und einmal nur 17 richtige Antworten erzielt.
35
Beim BSV-Kurzzeitgedächtnis A handele es sich um ein Testverfahren, bei dem sogar hirnorganisch schwer gestörte Patienten wenig Fehler machen würden und somit ähnlich gut abschnitten wie gesunde. Simulanten kognitiver Störungen hingegen würden vermuten, dass dieser Test für hirnorganisch Kranke sehr schwer sei und ihre Patientenrolle übertreiben, indem sie absichtlich eine hohe Zahl an Fehlern produzieren würden. Mehr als fünf Fehler würden als auffällig gelten. Der Kläger habe 51 Fehler in diesem Test gemacht.
36
Beim SFSS liege die Wahrscheinlichkeit, dass jemand mit einem Gesamt-SFSS-Wert von 17 oder mehr eine negative Antwortverzerrung darbiete, bei 87 Prozent. Im Falle des Klägers sei ein Wert von 56 erreicht worden, was ein Hinweis für eine negative Antwortverzerrung sei.
37
Zusammenfassend führt der Gutachter zu den durchgeführten Tests aus, dass das Antwortverhalten des Klägers außerordentlich stark auffällig gewesen sei und von einer erheblichen Antwortverzerrung auszugehen sei, bei der auch ein bewusstseinsnahes Verhalten in Betracht gezogen werden müsse. Es würden sich doch ganz erhebliche Inkonsistenzen in der spezifischen Testung und Exploration ergeben. Die Gutachterin Dr. D. habe eine kritische Diskussion mit den ihr offensichtlich vorgelegen habenden Unterlagen diesbezüglich nicht vorgenommen. Eine kritische Zusammenschau finde sich in ihrem Gutachten nicht, es seien auch keine Tests zum Antwortverhalten durchgeführt worden. Deswegen müsse dieses Gutachten zumindest hinsichtlich der Validität der Angaben als wertlos erachtet werden.
38
Diese Ausführungen des ausführlichen, anhand etablierter Testverfahren erstellten Gutachtens von Dr. N. erschüttern die Annahmen von Dr. D. und auch Frau E. schwer. Der Gutachter liefert konkrete, sachlich begründete und wissenschaftlich transparent hergeleitete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich - bewusst oder unbewusst - in erheblicher Weise kränker darstellt, als er ist, namentlich betreffend die Gedächtnisstörungen, auf die Dr. D. und Frau E. maßgeblich rekurrieren. Hingegen beschränken sich Dr. D. und Frau E. in ihren Gutachten auf ihre persönlichen Eindrücke, auf vage Anhaltspunkte wie „Fragmentierung und Sprachstil“ (vgl. GA E., S. 14) oder auf die im bisherigen Verhandlungsverlauf vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen, die ihrerseits aber allesamt auch keine Validitätsprüfung beinhalten. Das Gutachten von Dr. N. ist dagegen nicht nur aktueller, sondern auch präziser und durch Testergebnisse fundiert.
39
Im Einklang mit dem oben Ausgeführten sind die eklatanten Widersprüche zur Überzeugung des Gerichts deshalb jedenfalls nicht (vollständig) krankheitsbedingt zu rechtfertigen.
40
bb) Nach dem bereits Ausgeführten können auch weder das Gutachten von Dr. D., noch dasjenige von Frau E., noch die zwischenzeitlich vorgelegten sonstigen ärztlichen Stellungnahmen und Unterlagen als neues Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG betrachtet werden. Denn diese sind allesamt nicht geeignet, eine günstigere Entscheidung für den Kläger in der Sache herbeizuführen. Dazu, wie sich die Fluchtgeschichte des Klägers tatsächlich zugetragen hat, liefern sie im Vergleich zum Zweitverfahren keine neuen Erkenntnisse und dazu, ob der Kläger krankheitsbedingt nicht im Stande war, seine Fluchtgründe in Schweden bereits vorzutragen, verhalten sie sich - wie dargestellt - ungenügend (insbesondere was die ihm dort zur Verfügung gestellte ärztliche Behandlung betrifft).
41
cc) Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG, aus dem sich für den Kläger im Einzelfall aufgrund einer zwischenzeitlichen Änderung der Sachlage eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ergeben könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Denn die in Äthiopien auftretenden Unruhen sind regional und auf die Aktivitäten einzelner Widerstandsgruppen begrenzt. Vorwiegend sind die Regionen Western Wollega (vgl. AA, Lagebericht v. 24.4.2020) sowie in jüngerer Vergangenheit die Region Tigray betroffen (vgl. FAZ, Artikel v. 03.11.2020 „Ministerpräsident Abiy Ahmed schickt Soldaten in abtrünnige Region“). Es ist aber nicht ersichtlich, dass von diesen Konflikten eine unmittelbare Bedrohung der anderswo im Land lebenden Äthiopier ausgeht, zumal wenn es sich um eine andere Volksgruppe handelt. Insbesondere sind weder eine landesweite akute humanitäre Notsituation, noch exorbitant hohe zivile Opferzahlen aus der Erkenntnislage ersichtlich. Das allgemeine Gefahrenniveau außerhalb der betroffenen Regionen erreicht demnach nicht den für eine individuelle Gefährdung des Klägers notwendigen Grad.
42
b) Der Kläger hat nach den Umständen des konkreten Einzelfalls auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 oder Abs. 5 AufenthG.
43
aa) Dem Kläger droht wegen seines Gesundheitszustandes keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Weder resultiert ein solches aus der beim Kläger vorliegenden psychischen Erkrankung (dazu unter (1)), noch aus der COVID-19-Pandemie (dazu unter (2)).
44
(1) Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach der Rechtsprechung ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris). Dabei erfasst diese Regelung nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solche ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat wesentlich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Darüber hinaus kann sich - trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung - das Abschiebungsverbot aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung mit einzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung führen können. Für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ genügt jedoch nicht die bloße theoretische Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in Leib, Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr entspricht der Begriff der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dem asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für „diesen Ausländer“ das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten oder erheblichen Gefährdungssituation statuiert (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.11.2012 - 13a B 12.30061 - juris).
45
Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene schwerwiegende Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes gesprochen werden, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren physischen oder psychischen Schäden oder Zuständen. Dies stellt auch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG klar, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt. Insbesondere ist es gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung in Äthiopien mit der der Versorgung in Deutschland vergleichbar ist (vgl. zum Ganzen auch VG Bayreuth, U.v. 25.01.2018 - B 7 K 17.31917 - juris).
46
Daran gemessen liegen nach den Umständen des Einzelfalls die Voraussetzungen der Norm nicht vor. Zur Überzeugung des Gerichts ist beim Kläger zwar eine depressive Störung, nicht aber eine PTBS nachgewiesen (dazu unter (a)). Die depressive Störung könnte sich zwar möglicherweise bei einer Rückkehr nach Äthiopien verschlechtern, jedoch kann dem nach Ansicht des Gerichts durch die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten in Äthiopien im konkreten Fall entgegengewirkt werden (dazu unter (b)).
47
(a) Das Vorliegen einer PTBS ist nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Dem dazu vorgelegten Gutachten von Dr. D. steht bereits entgegen, dass die Gutachterin keine Fachärztin im fraglichen Spezialbereich ist. Doch auch das fachärztliche Gutachten von Frau E. legt eine PTBS nicht im erforderlichen Umfang dar.
48
Denn in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht nur eine spezifische Symptomatik erfordert, sondern auch ein traumatisches Lebensereignis als Auslöser für die Symptomatik. Eine posttraumatische Belastungsstörung entsteht als „verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“ (vgl. ICD-10: F.43.1, Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme). Die Störung ist also stets die direkte Folge der akuten schweren Belastung; ihr Beginn folgt dem Trauma (vgl. ICD-10: F.43 Info und F.43.1). Auch geklärt ist insoweit, dass der Nachweis des Ereignisses, „das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“, nicht Gegenstand der gutachtlichen (fachärztlichen) Untersuchung einer posttraumatischen Belastungsstörung ist (BayVGH. B.v. 23.5.2017 - 9 ZB 13.30236 - juris Rn. 8 f. m.w.N.; s. auch B.v. 13.12.2018 - 13a ZB 18.33056 - juris Rn. 7 ff.). Mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher geschlossen werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein Ereignis vorlag und wie dieses geartet war.
49
Ebenfalls ist geklärt, dass es ausschließlich Sache des Tatrichters ist, sich selbst die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendige Überzeugungsgewissheit von der Wahrheit des Parteivortrags zu verschaffen (BVerwG, B.v. 22.2.2005 - 1 B 10.05 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 13.12.2018 - 13a ZB 18.33056 - juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 17.1.2018 - 10 ZB 17.30723 - juris Rn. 5; B.v. 23.5.2017 - 9 ZB 13.30236 - juris Rn. 7). Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Asylbewerbers gehört - auch in schwierigen Fällen - zum Wesen der richterlichen Rechtsfindung, vor allem der freien Beweiswürdigung (BVerwG, B.v. 18.7.2001 - 1 B 118.01 - juris Rn. 3). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung umfasst dabei sowohl die Würdigung des Vorbringens der Partei im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren einschließlich der Beweisdurchführung als auch die Wertung und Bewertung vorliegender ärztlicher Atteste sowie die Überprüfung der darin getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit. Der Sachverständige begutachtet demgegenüber als „Gehilfe“ des Richters einen grundsätzlich vom Gericht festzustellenden (Mindest-)Sachverhalt aufgrund seiner besonderen Sachkunde auf einem Fachgebiet (vgl. BVerwG, U.v. 6.2.1985 - 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 = juris Rn. 16). Die Feststellung der Wahrheit von Angaben des Asylbewerbers oder der Glaubhaftigkeit einzelner Tatsachenbehauptungen unterliegt als solche nicht dem Sachverständigenbeweis (BayVGH, B.v. 23.5.2017 - 9 ZB 13.30236 - juris Rn. 7 m.w.N.). (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 12.3.2019 - 9 ZB 17.30411 - juris Rn. 6 f.).
50
Somit ist zum Nachweis einer PTBS vom Schutzsuchenden gegenüber dem Tatrichter - und nicht gegenüber einem ärztlichen Gutachter - nachzuweisen bzw. wahrscheinlich zu machen, dass ein behauptetes traumatisierendes Ereignis tatsächlich stattgefunden hat. Es ist Sache des Betroffenen, dem Gericht die behaupteten Geschehnisse, die bei ihm eine posttraumatische Belastungsstörung zum Entstehen gebracht haben sollen, jedenfalls in Grundzügen unter Angabe von Einzelheiten schlüssig und widerspruchsfrei zu schildern. Der Umstand, dass bei Opfern von Traumatisierungen Aussagediskrepanzen aufgrund von Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie komplexe Verdrängungsvorgänge vorliegen können, ändert nichts an der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO maßgeblichen freien Überzeugungsbildung des Gerichts (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2018 - 13a ZB 18.33056 - juris Rn. 7 ff.; B.v. 6.9.2018 - 1 ZB 17.30420 - juris Rn. 3; B.v. 27.3.2018 - 9 ZB 18.30057 - juris Rn. 14; B.v. 17.1.2018 - 10 ZB 17.30723 - juris Rn. 17; B.v. 23.5.2017 - 9 ZB 13.30236 - juris Rn. 10/25; B.v. 15.2.2017 - 9 ZB 14.30433 - juris Rn. 12 f.; B.v. 4.11.2016 - 9 ZB 16.30468 - juris Rn. 23; B.v. 17.10.2012 - 9 ZB 10.30390 - juris Rn. 8; B.v. 15.12.2010 - 9 ZB 10.30376 - juris Rn. 3).
51
Daran gemessen ist schon widersprüchlich bzw. unklar, woran genau die PTBS beim Kläger anknüpfen sollte. Dr. D. bleibt dabei nur sehr unkonkret und beschränkt sich auf die Feststellung, der Kläger sei selbst als Zeuge von „mehreren Ereignissen“ betroffen, bei denen ein tatsächlicher oder drohender Tod, eine schwere Verletzung oder Bedrohung vorgekommen sei. Im Weiteren wird unkritisch sowohl von „gewalttätigen Misshandlungen“ durch die Polizei als auch vom „Tod der geliebten Mutter“ gesprochen, ohne klarzustellen und zu hinterfragen, was davon traumaauslösend gewesen ist. Nur wenig konkreter ist Frau E., die als traumatische Ereignisse die Inhaftierung im Heimatland mit körperlicher Folter und sexuellem Missbrauch, das Zeugesein bei der Ermordung der Mutter und den Tod von Geflüchteten bei der Fahrt über das Mittelmeer benennt. Letzteres aber wurde z.B. von Dr. D. gar nicht als traumatisches Ereignis angeführt. Als traumaauslösend wurde insgesamt von beiden Gutachterinnen ein Konvolut an Vorfällen oder Ereignissen herangezogen, von denen unklar bleibt, welches genau (erstmaliger) Anknüpfungspunkt für die Belastungsstörung ist, welche evtl. nur verstärkend gewirkt haben, ob der (nach Angaben des Klägers) mehr als zweijährige Gefängnisaufenthalt insgesamt oder ob einzelne behauptete Vorfälle innerhalb des Gefängnisaufenthalts traumatisierend gewirkt haben sollen - und all diese offenen Fragen treten noch zu den erheblichen Zweifeln daran hinzu, ob die zugrundeliegenden Schilderungen des Klägers überhaupt wahrheitsgemäß sind.
52
Jedenfalls den Nachweis (bzw. die Wahrscheinlichmachung) der angeführten traumatischen Ereignisse hat der Kläger nämlich nicht erbracht. Wie unter a) ausführlich dargestellt, ist für das Gericht kein einheitlicher, schlüssiger und widerspruchsfreier Geschehensablauf ersichtlich, aus dem sich die von Frau E. aufgeführten traumatischen Erlebnisse sicher ergäben. Ob der Kläger überhaupt inhaftiert war oder nicht, falls ja, wie lange und wo und unter welchen Umständen, wann und woran seine Mutter gestorben ist, ob er dabei anwesend war und ob er tatsächlich während seiner Mittelmeerüberquerung den Tod von Geflüchteten miterlebt hat (was er z.B. in der mündlichen Verhandlung, beim Bundesamt und bei Dr. D. mit keinem Wort erwähnt hat), ist unklar. Der Kläger ist in seiner Aussage insgesamt unglaubwürdig, was namentlich aus den von Dr. N. attestierten Übertreibungen und negativen Antwortverzerrungen herrührt. Damit fehlt es jedenfalls am Nachweis eines traumatischen Ereignisses als Anknüpfungspunkt für die behauptete PTBS.
53
(b) Dementsprechend ist beim Kläger „lediglich“ von einer (schweren) depressiven Störung auszugehen. Hinsichtlich der aktuellen Ausprägung der Erkrankung divergieren wiederum die Schilderungen von Dr. D. und Frau E. und Dr. N. Bei Frau E. gab der Kläger ausweislich ihres Gutachtens (S. 9) an, nur herumzugrübeln, keine Hoffnung für sich zu sehen und keinen Ort zum Leben, keinen Sinn mehr im Leben zu sehen, keine Kraft mehr zu haben und keine Lust mehr auf etwas, sich nicht mehr freuen zu können. Er könne viele Leute nicht ertragen, keine lauten Geräusche, erschrecke dann schnell. Hingegen führt Dr. N. aus, dass der Kläger in der Lage sei, ein weitestgehend selbstständiges Leben zu führen. Er habe zwar viele Unterstützer, arbeite aber selbstständig ehrenamtlich in einem Café mit, habe soziale Kontakte, könne in der Gruppe ins Kino und zum Bowling gehen (S. 18). Das Bezirksklinikum …hat im Arztbericht vom 28.02.2018 ausführlich dargelegt, dass der Kläger durchaus in der Lage sei, sich angemessen zu verhalten und sich um seine Angelegenheiten zu kümmern, wenn dies in seinem Sinne sei und er hierdurch die für ihn notwendigen Vorteile erlange. Auch in diesem Punkt ergeben sich also ganz erheblich unterschiedliche Bilder des Klägers. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass beim Kläger zweifellos eine depressive Störung vorliegen dürfte, die auch behandlungsbedürftig ist und den Kläger im täglichen Leben einschränkt. Der Eindruck in der mündlichen Verhandlung war ein dem entsprechender. Allerdings bestehen zumindest erhebliche Zweifel daran, dass der Schweregrad der Erkrankung den Maßstäben des § 60 Abs. 7 AufenthG genügt.
54
Überdies sind psychische Erkrankungen in Äthiopien - und insbesondere in Addis Abeba - behandelbar. In Äthiopien sind verschiedene Psychopharmaka erhältlich, z.B.: Amitrypilline, Carbamazpine, Clonazpam, Diazepam, Haloperidol, Imipramine, Sodium, Volporate sowie Triflurperazine (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Psychiatrische Versorgung vom 05.09.2013, Blatt 6). Soweit die vom Kläger derzeit eingenommenen Medikamente in Äthiopien nicht verfügbar sein sollten, ist es ihm zumutbar, sich z.B. über das ZIRF-Counselling Projekt über erhältliche Medikamente in Äthiopien zu erkundigen und sich - ggf. mit einem in Deutschland angelegten Medikamentenvorrat - auf eine Medikamentenumstellung in Äthiopien einzulassen. § 60 Abs. 7 AufenthG dient nämlich nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Insbesondere bietet diese Vorschrift keinen allgemeinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland. Der Kläger muss sich auf den Standard der Gesundheitsversorgung in seinem Heimatland verweisen lassen, auch wenn dieses dem Niveau in Deutschland sicherlich nicht entspricht (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Für das Gericht ist auch nach wie vor nicht ersichtlich, dass der Kläger eine in seinem Heimatland übliche Behandlung seiner psychischen Probleme nicht erreichen könnte. Insbesondere scheint der Kläger aus vergleichsweise wohlhabendem Haus zu stammen. Sein Vater hat ihn mit erheblichem Geldaufwand bei der Ausreise unterstützt, so dass davon auszugehen ist, dass er von der Familie bei einer medizinischen Behandlung ebenfalls unterstützt wird. Die (erstmalige) Schilderung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass das Geschäft seines Vaters wegen des Todes der Mutter pleite gegangen und sein Vater selbst psychisch erkrankt sei, begegnet den bereits ausführlich geschilderten Glaubwürdigkeitszweifeln. Überdies leben nach Angaben des Klägers (diesbezüglich sind seine Ausführungen auffällig kongruent) noch zahlreiche seiner 11 Geschwister in Addis Abeba, bzw. lebten jedenfalls dort, als er zuletzt Kontakt hatte. Der Kontakt ließe sich über den Bruder in Saudi-Arabien, zu dem der Kläger anscheinend Kontakt hält, wohl ohne größere Probleme wieder herstellen. Seitens der Geschwister in Addis Abeba wäre mutmaßlich die Aufnahme des Klägers und soziale Hilfe sowie finanzielle Unterstützung zur Finanzierung der Behandlung zu erwarten. Für finanzielle Unterstützung stünde eventuell auch der Bruder in Saudi-Arabien bereit. Andernfalls könnte der Kläger über die Beantragung einer Armutskarte bei seiner Heimatgemeinde die Finanzierung der medizinischen Behandlung über den Staat beantragen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Psychiatrische Versorgung vom 05.09.2013, Blatt 9).
55
Ein zusätzlicher Vorteil im Falle des Klägers ist, dass seine Familienangehörigen nicht auf dem Land, sondern unmittelbar in Addis Abeba selbst leben, wo es in ganz Äthiopien die besten Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen gibt. Dementsprechend wäre der Kläger nicht auf eine weite Reise und Unterstützung aus der Ferne angewiesen, sondern hätte direkt vor Ort ein soziales Gefüge und die landesweit besten Versorgungsstrukturen.
56
Die wechselhaft gegebenen Suizidgedanken, die sowohl der Betreuer des Klägers in der mündlichen Verhandlung eindringlich betonte, als auch in den Gutachten von Dr. D. und Frau E. für relevant und ernst zu nehmend erachtet werden, stellen in erster Linie ein inländisches Vollstreckungshindernis dar, das von der zuständigen Ausländerbehörde im Falle einer Abschiebung zu berücksichtigen wäre. Denn der Kläger selbst setzte in der mündlichen Verhandlung wie auch bei den Gutachterinnen die Suizidgedanken stets in den Kontext einer möglichen Abschiebung, sei es nach Äthiopien oder auch nach Schweden. Die Suizidgefahr stellt sich mithin als mögliche Folge jeder Veränderung der jetzigen Situation des Klägers dar, aber nicht vorrangig als Fortentwicklung seiner psychischen Erkrankung, die ausschließlich in Äthiopien zu erwarten wäre. Zudem ist auch diesbezüglich zu berücksichtigen, dass der Kläger in Äthiopien nicht auf sich gestellt wäre, sondern aller Voraussicht nach Zugriff auf ein soziales Gefüge, Behandlung und Medikation hätte, sodass der von den Gutachterinnen befürchteten massiven Suizidalität mutmaßlich entgegengewirkt werden könnte.
57
(2) Ein Abschiebungsverbot ergibt sich auch aus der COVID-19-Pandemie im vorliegenden Einzelfall nicht.
58
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Fehlt eine politische Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG, kann ein Ausländer im Hinblick auf die (allgemeinen) Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, ausnahmsweise Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Nach diesem hohen Wahrscheinlichkeitsgrad muss eine Abschiebung dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 - 1 C 5.01 - juris). Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - juris; BayVGH, U.v. 12.12.2019 - 8 B 19.31004 - juris; VG Würzburg, GB v. 11.5.2020 - 8 K 20.50114 - juris).
59
Die allgemein unsichere oder wirtschaftlich schlechte Lage im Zielstaat infolge von Hungersnöten, Naturkatastrophen oder Epidemien - und damit auch die Verbreitung des Corona-Virus bzw. die massive Ausbreitung der Heuschrecken in Äthiopien - begründet nur Gefahren allgemeiner Art nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG, weil ihr die gesamte Bevölkerung oder eine ganze Bevölkerungsgruppe des betroffenen Landes (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) ausgesetzt ist (vgl. Kluth/Heusch in: BeckOK AuslR, § 60 AufenthG, Rn. 38 ff., 45).
60
Es ist für das Gericht auch nicht ersichtlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien einer Extremgefahr im vorstehenden Sinne, die die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung einschränken könnte, ausgesetzt wäre. Denn das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, ist in Anbetracht der derzeitigen Infektionszahlen (vgl. Johns-Hopkins-Universität) im Verhältnis zur Gesamtbevölkerungszahl Äthiopiens eher gering - auch wenn man von einer hohen Dunkelziffer ausgeht. Noch erheblich unwahrscheinlicher ist es, dass - im Falle einer Infektion - der Kläger zu dem niedrigen Prozentsatz gehört, bei denen die Krankheit sehr schwer oder gar tödlich verläuft. Zwar gab der Kläger an, Asthma zu haben. Selbst wenn man dies zu seinen Gunsten als wahr unterstellen würde, ist eine Infektion mit schwerem oder gar tödlichem Verlauf aber sehr unwahrscheinlich. Der Kläger gehört angesichts seines Alters immerhin nicht zu dem am meisten gefährdeten Risikogruppen. Lediglich ergänzend sei angefügt, dass das Ansteckungsrisiko angesichts der derzeitigen Infektionszahlen in Deutschland als erheblich höher zu gewichten sein dürfte als in Äthiopien.
61
Daneben gibt es keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Versorgungslage in Äthiopien - auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen und Verschärfungen durch die Corona-Pandemie und die Heuschreckenplage - gegenwärtig derart desolat wäre, dass dem Kläger dort der Hungertod oder schwerste Gesundheitsschäden in Folge von Mangelernährung drohten (vgl. hierzu https://www.dw.com/de/heuschrecken-die-panafrikanische-plage/a-55373259/).
62
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Aufeinandertreffen von Heuschreckenschwärmen und der COVID-19-Pandemie zu einer dynamischen Lageentwicklung in Äthiopien beiträgt, die aufmerksam beobachtet werden muss. Die potentiell möglichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen wurden teilweise durchaus kritisch eingeschätzt (vgl. z.B. Manek/Meckelburg, in: „Aus Politik und Zeitgeschichte“ vom 24.04.2020; https://qz.com/africa/ 1857046/locust-swarms-still-coming-to-east-africa-yemen-but-gains-made/). Jedoch haben sich diese Prognosen bislang nicht bewahrheitet. Es ergibt sich aus aktuellen Quellen nicht, dass sich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die wirtschaftliche Lage tatsächlich gravierend verschlechtert hätte. Aus der Quellenlage lässt sich lediglich ersehen, dass eine Verschlechterung in Folge der Heuschrecken und der COVID-19-Pandemie potentiell eintreten könnte - freilich ohne dass sich daraus bereits eine rechtliche Einordnung der befürchteten künftigen Lage vornehmen ließe. Der äthiopische Staat ist zudem weder hinsichtlich der Heuschrecken noch der COVID-19-Pandemie untätig (vgl. https://www.africanews.com (Rubrik: ethiopia-coronavirus-covid19-hub-updates/); https://reliefweb.int/report/ethiopia/ ethiopia-covid-19-humanitarian-impact-situation-update-no-12-2-september-2020) - wie sich beide Faktoren im weiteren Verlauf der Pandemie entwickeln werden, ob und wie die von der äthiopischen Regierung getroffenen Maßnahmen fruchten und was internationale Hilfsprogramme bewirken werden, lässt sich nicht absehen und ist angesichts des allein maßgeblichen Zeitpunkts der gerichtlichen Entscheidung auch letztlich nicht ausschlaggebend. Auch aus den weiteren eingeführten Quellen ergibt sich eine solche Zuspitzung der Situation in Äthiopien im aktuellen Zeitpunkt nicht. Dabei ist nicht zuletzt zu würdigen, dass bereits über 117 Mio. Dollar an Hilfsgeldern allein von deutscher Seite geleistet wurden. Die äthiopische Wirtschaft ist anscheinend nach wie vor widerstandsfähig und intakt (https://allafrica.com/stories/202010271018.html).
63
bb) Dem Kläger steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu.
64
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Insbesondere darf gemäß Art. 3 EMRK niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
65
(1) Hinsichtlich der schwierigen Bedingungen im Herkunftsland gerade infolge der Corona-Pandemie und der Heuschreckenplage ist nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG bezüglich allgemeiner Gefahren aufgrund der unsicheren oder wirtschaftlich schlechten Lage im Zielstaat als lex specialis anzusehen ist und daher insoweit auch im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG Sperrwirkung entfaltet. Bei den nationalen Abschiebungsverboten im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG handelt es sich nämlich um einen einheitlichen, nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - juris; BayVGH, U.v. 21.11.20104 - 13a B 14.30284 - juris). Eine zusätzliche Würdigung allgemeiner Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Zielstaat der Abschiebung im Rahmen und am Maßstab des § 60 Abs. 5 AufenthG würde die gesetzgeberischen Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot bei allgemeinen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit konterkarieren (so auch BayVGH, B.v. 06.05.2020 - 23 ZB 20.30943 - im Hinblick auf das Verhältnis von § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c AufenthG zu § 60 Abs. 5 AufenthG bei der Geltendmachung gesundheitlicher Gründe).
66
(2) Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG auch im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG greift. Selbst wenn man der Auffassung folgt, dass der Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG auch bei einer allgemeinen Gefahrenlage, insbesondere bei einer schlechten allgemeinen Situation mit unzumutbaren Lebensbedingungen eröffnet sein soll, da schon von der Gesetzessystematik her der Maßstab für eine Extremgefahr nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG nicht herangezogen werden könne (so BayVGH, U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - juris), ist bei der Prüfung eines Abschiebungsverbotes aus humanitären Gründen im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG jedenfalls ein „sehr hohes Niveau“ anzulegen und eine „besondere Ausnahmesituation“ erforderlich. Nur in „ganz außergewöhnlichen Fällen“, nämlich wenn die humanitären Gründe gegen die Abschiebung mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung „zwingend“ sind, liegen die Voraussetzungen des Art. 60 Abs. 5 AufenthG vor (BVerwG, U.v. 4.7.2019 - 1 C 45.18 - juris m.w.N.; BayVGH, U.v. 12.12.2019 - 8 B 19.31004 - juris m.w.N.; BayVGH, U.v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - juris).
67
Gemessen an diesem Maßstab ist bei dem Kläger auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK im Hinblick auf die gegenwärtig schwierigen humanitären Bedingungen in Äthiopien zu verneinen. Auf die obigen Ausführungen zu § 60 Abs. 7 AufenthG wird verwiesen. Obwohl im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht der Maßstab der „Extremgefahr“ anzulegen ist, handelt es sich aufgrund der vorstehenden Erwägungen zu § 60 Abs. 7 AufenthG beim hiesigen Kläger für den Fall der Rückkehr jedenfalls (auch) nicht um einen ganz außergewöhnlichen Fall, in dem humanitäre Gründe der Abschiebung zwingend entgegenstehen.
68
Der Kläger ist zwar durch seine depressive Störung beeinträchtigt und im alltäglichen Leben zumindest auf Unterstützung sowie Medikation angewiesen. Jedoch ist nach dem oben Ausgeführten davon auszugehen, dass der Kläger über seine Geschwister und sein übriges familiäres Umfeld die notwendige existenzsichernde Unterstützung erhalten kann. Es ist auch nicht schlechthin ausgeschlossen, dass der junge und körperlich im Wesentlichen belastbare Kläger selbst, der überdies die Highschool abgeschlossen hat und damit für äthiopische Verhältnisse überdurchschnittlich qualifiziert ist, - so wie vor seiner Ausreise - zu seiner Existenzsicherung beiträgt. Auch unter Berücksichtigung von Quarantäne- und ggf. Behandlungskosten droht dem Kläger keine Unterschreitung des Existenzminimums. Denn er ist auf Programme zur Förderung der freiwilligen Ausreise zu verweisen, über die freiwilligen Rückkehrern „Starthilfen“ in Höhe von 1.000 bis (bei Familien) 4.000 Euro zur Verfügung gestellt werden (https:// www.returningfromgermany.de/ de/ programmes/ reag-garp, https:// www.returningfromgermany.de /de/ programmes/ erin). Das entspricht umgerechnet (Stand 17.12.2020) in etwa 40.000 bis 160.000 Birr und ist damit in jedem Fall hinreichend, um dem Kläger einen finanziell gesicherten Start in Äthiopien zu ermöglichen, nebst Deckung ggf. anfallender Quarantänekosten und medizinischer Behandlung. Die hohen Anforderungen an ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher trotz der aktuellen Lage in Äthiopien im Falle des Klägers nicht erfüllt.
69
3. Nach alledem ist die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.