Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 30.11.2020 – 8 EK 70/20
Titel:

Ablehnung eines Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren bzgl. der Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer 

Normenketten:
ZPO § 114 Abs. 1
GVG § 198
Leitsätze:
1. Erhebt ein Antragsteller fast 6 Jahre nach der zurückweisenden Entscheidung des Amtsgerichts eine Erinnerung, ist das Ersuchen bei Einlegung der Erinnerung ersichtlich nicht mehr aktuell und keinesfalls dringlich. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Vermutung der Dringlichkeit in Bezug auf einzelne Eingaben/Anträge/Rechtsmittel/Rügen steht entgegen, dass  der Antragsteller allein im Jahr 2018 insgesamt 818 Beratungshilfeverfahren bei dem Amtsgericht gestellt hat und dies überwiegend verbunden mit Befangenheitsanträgen gegen jeweils mehrere Rechtspfleger.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, überlange Verfahrensdauer, Angemessenheit, Erinnerung, Dringlichkeit, Befangenheitsantrag
Vorinstanz:
OLG Bamberg, Beschluss vom 30.11.2020 – 8 EK 76/20
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Beschluss vom 02.12.2020 – 8 EK 40/20
OLG Bamberg, Beschluss vom 04.12.2020 – 8 EK 53/20
OLG Bamberg, Beschluss vom 04.01.2021 – 8 EK 76/20
OLG Bamberg, Beschluss vom 04.01.2021 – 8 EK 70/20
OLG Bamberg, Beschluss vom 11.01.2021 – 8 EK 53/20
OLG Bamberg, Beschluss vom 11.01.2021 – 8 EK 40/20
BVerfG Karlsruhe vom 31.03.2021 – 2 BvR 263/21
Fundstelle:
BeckRS 2020, 45294

Tenor

I. Der Antrag des Antragstellers, ihm für die Durchführung eines Entschädigungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird zurückgewiesen.
II. Das Verfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt mit Schreiben vom 02.11.2020 Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, in dem er gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Beratungshilfeverfahrens des Amtsgerichts … (Az.: 155 UR II 416/14) geltend zu machen beabsichtigt.
2
In jenem Verfahren hatte er am 10.03.2014 bei dem Amtsgericht … die Bewilligung von Beratungshilfe beantragt. Anlass hierfür war die (unanfechtbare) Entscheidung des Landgerichts … vom 05.03.2014, Az.. 3 T 11/14, mit der seine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts … vom 07.01.2014, Az.: 610 M 7/14, zurückgewiesen wurde. Er wollte nun überprüft wissen, ob diese Entscheidung rechtmäßig sei oder eine Grundrechtsverletzung darstelle.
3
Das Amtsgericht … hat sich mit Beschluss vom 25.04.2014 den Antrag auf Beratungshilfe vom 10.03.2014 zurückgewiesen (vgl. Bl. 17 f. der beigezogenen Akten 155 UR II 416/14). Die Beantragung von Prozesskostenhilfe /Beratungshilfe wegen der Ablehnung von Prozesskostenhilfe erscheine im vorliegenden Fall mutwillig.
4
Der Antragsteller legte gegen diese Entscheidung zunächst keine Erinnerung ein. Mit Schreiben vom 02.11.2020 beantragte er Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, in dem er gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Beratungshilfeverfahrens des Amtsgerichts … (Az.: 155 UR II 416/14) geltend zu machen beabsichtigte. Der Senat wies diesen Antrag mit Beschluss vom 02.07.2019, Az. 8 EK 5/19, zurück.
5
Mit Schreiben vom 03.01.2020 legte der Antragsteller Erinnerung gegen den Beschluss vom 25.04.2014 ein, welcher mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 23.10.2020 nicht abgeholfen und mit Beschluss vom 29.10.2020 zurückgewiesen wurde.
II.
6
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe sowie Beiordnung eines Rechtsanwalts war zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und mutwillig erscheint.
7
Gemäß § 114 Abs. 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Ein Rechtsschutzbegehren hat Aussicht auf Erfolg, wenn bei einer 8 EK 70/20 - Seite 3 - summarischen Prüfung ein Erfolg in der Sache hinreichend wahrscheinlich ist (Wache in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 114 ZPO, Rn. 50; Zöller/Geimer, Kommentar zur ZPO, 32. Auflage 2018, § 114 ZPO, Rn. 18 und Rn. 19).
8
Hinsichtlich des Maßstabs kann auf die Entscheidung des Senats vom 02.07.2019 Bezug genommen werden.
9
Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich insbesondere nach den Umständen (und ggf. Besonderheiten) des Einzelfalls, darunter auch nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten; § 198 Ab.s 1 Satz 2 GVG.
10
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist im vorliegenden Fall von keiner unangemessenen langen Verfahrensdauer auszugehen.
11
Bis zu hiesiger Entscheidung vom 02.07.2019 kann auf die Gründe zu diesem Beschluss Bezug genommen werden.
12
Wegen der fast 6 Jahre nach der zurückweisenden Entscheidung des Amtsgerichts erhobenen Erinnerung ergibt sich kein abweichendes Bild. Das Ersuchen des Antragstellers war bei Einlegung der Erinnerung ersichtlich nicht mehr aktuell und keinesfalls dringlich. Dabei ist auch zu berücksichtigt, dass der Antragsteller allein im Jahr 2018 insgesamt 818 Beratungshilfeverfahren bei dem Amtsgericht … gestellt hat und dies überwiegend verbunden mit Befangenheitsanträgen gegen jeweils mehrere Rechtspfleger. Diese Antragspraxis steht der Vermutung der Dringlichkeit in Bezug auf einzelne Eingaben/Anträge/Rechtsmittel/Rügen entgegen.
III.
13
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 574 Abs. 3 ZPO).
14
Der Rechtssache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu noch dient sie der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
IV.
15
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.