VG Bayreuth, Urteil v. 19.02.2020 – B 4 K 17.1048
Titel:
sachdienliche Klageänderung, berechtigtes Interesse an der Feststellung, Umfang der öffentlichen Wasserversorgungsanlage, Schriftform der Sondervereinbarung, Bestimmung der Übernahmestelle eines Grundstücksanschlusses
Normenketten:
VwGO § 43
VwGO § 91 Abs. 1
GO Art. 21
GO Art. 24 Abs. 1
Schlagworte:
sachdienliche Klageänderung, berechtigtes Interesse an der Feststellung, Umfang der öffentlichen Wasserversorgungsanlage, Schriftform der Sondervereinbarung, Bestimmung der Übernahmestelle eines Grundstücksanschlusses
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 12.01.2021 – 4 ZB 20.950
Fundstelle:
BeckRS 2020, 40216
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass die streitgegenständliche Wasserleitung im Bereich zwischen dem Zählerschacht in der … Straße, …, und der Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks mit der Fl.-Nr. aaaa (Übergabestelle mit Hauptabsperrvorrichtung) einen Grundstücksanschluss darstellt.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten um die rechtliche Einordnung eines Trinkwasseranschlusses.
2
Die Klägerin ist seit dem Jahr 2010 Eigentümerin der Grundstücke Fl.-Nrn. bbbb, aaaa, cccc/4, dddd, eeee, ffff, gggg und hhhh/2 der Gemarkung …, die den Gewerbekomplex „…“ bilden. Die Grundstücke sind überwiegend gewerblich genutzt und bebaut. Östlich der Grundstücke verläuft das Gewässer der …, südlich davon die Bundesstraße B aaa. An den westlichen Grundstücksgrenzen schließt sich eine Eisenbahntrasse der Deutsche B. N. AG (im Weiteren: DB N. AG) an. Westlich hiervon befindet sich die Bundesstraße B bb, die innerörtlich in diesem Bereich die Straßenbezeichnung „… Straße“ trägt. Das Grundstück Fl.-Nr. aaaa ist das am nördlichsten gelegene Grundstück der Klägerin. Daran schließt weiter nördlich das Grundstück Fl.-Nr. iiii/3 an, das ebenso wie die westlich anliegende Bahntrasse (Fl.-Nr. jjjj/14) im Eigentum der DB N. AG steht.
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Die Stadt … betreibt eine öffentlich-rechtliche Trinkwasserversorgungsanlage auf der Grundlage der Wasserabgabesatzung vom 26. November 1999. Gemäß dem Wasserleitungskataster der Beklagten liegt in der … Straße eine Hauptleitung, über die die anliegenden Grundstücke durch davon abzweigende Leitungen versorgt werden. Die die klägerischen Grundstücke erschließende Trinkwasserleitung wurde im Jahr 1962 auf Kosten der Beklagten als Gegenleistung für die Zur-Verfügung-Stellung des Grundstücks Fl.-Nr. kkkk durch den vormaligen Eigentümer erstellt. Diese zweigt von der Hauptleitung in der … Straße ab und verläuft in östlicher Richtung unter der Bahntrasse. Anschließend biegt die Leitung in südlicher Richtung ab und führt geradlinig zur Nordgrenze des klägerischen Grundstücks Fl.-Nr. aaaa, an der sich ein Absperrschieber befindet. Bevor die Leitung die Bahntrasse kreuzt, befindet sich auf dem Grundstück Fl.-Nr. lll, einem Straßengrundstück der Bundesstraße B bb (Eigentum der Bundesrepublik Deutschland), außerhalb der Fahrbahn ein Schacht mit einem Wasserzähler und einem Absperrschieber. Der Wasserzähler ist derzeit aufgrund eines Lecks, das von den Beteiligten auf dem Grundstück Fl.-Nr. iiii/3 der DB N. AG vermutet wird, abgeschiebert, sodass gegenwärtig keine Wasserversorgung der klägerischen Grundstücke erfolgt. Im Bereich der Grundstücke der DB N. AG existiert keine dingliche Sicherung oder schuldrechtliche Gestattung der Trinkwasserleitung.
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Mit Schriftsatz des vormaligen Klägerbevollmächtigten an die Beklagte vom 20. Oktober 2010 wurde dieser mitgeteilt, dass ein kürzlich durchgeführter Versuch, das Leck an der Leitung mittels eines Dichtmittels zu schließen, gescheitert sei. Aus diesem Grund entstünden der Klägerin erhebliche Schäden, weil die vermieteten Büroräumlichkeiten nicht genutzt werden könnten. Die Leitung sei als öffentliche Leitung gewidmet worden, da sie vom Zählerschacht bis zum Absperrschieber auf dem klägerischen Grundstück durch die Beklagte verlegt und der Gewerbekomplex jahrzehntelang über diese Leitung versorgt worden sei. Die Widmung könne auch konkludent außerhalb der WAS erfolgen. Eine solche Leitung vermittele einem Grundstück auch dann eine ordnungsgemäße Erschließung, wenn sie nicht dinglich oder schuldrechtlich gesichert sei. Auch sei das Eigentum nach der Verlegung der Leitung bei der Beklagten bis zum Absperrschieber der Klägerin verblieben, da diese lediglich einen Scheinbestandteil des Grundstücks nach § 95 Abs. 1 BGB darstelle. Daran ändere auch § 1 Abs. 3 der WAS nichts. Die Beklagte sei infolge des Anschluss- und Benutzungsrechts der Klägerin verpflichtet, den Grundstücksanschluss zu unterhalten und Schäden daran zu beseitigen. Unter Fristsetzung wurde die Beklagte zur Schadensbeseitigung aufgefordert.
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Diese entgegnete mit Schreiben vom 28. Oktober 2010, dass die damaligen Grundstückseigentümer weder zum Anschluss berechtigt noch verpflichtet gewesen seien. Aus den Vermerken des Stadtbauamtes der Beklagten sowie aus dem Protokoll der Stadtratssitzung vom 6. August 1962 gehe hervor, dass der erstmalige Anschluss auf Wunsch der damaligen Eigentümer erfolgt sei. Aus dem Vermerk des Stadtbauamtes vom 16. Oktober 1962 ergebe sich weiter, dass der vormalige Eigentümer der Beklagten sein Grundstück östlich der … für die Errichtung eines Erdklärbeckens mit Pumpenhaus zur Verfügung gestellt habe. Ersatzweise erhielt er hierfür den kostenlosen Wasseranschluss von der … Straße zu seinem Grundstück, wobei er die Kosten der anfallenden Erdarbeiten tragen musste. Heutzutage wäre in einem solchen Fall eine Sondervereinbarung nach § 8 WAS erforderlich, in der sich die Grundstückseigentümer zur Erstellung, zum Unterhalt und zur Sicherung des Wasserhausanschlusses verpflichten würden. Die Art und Weise der Antragstellung der vormaligen Eigentümer sei als einer Sondervereinbarung in Form eines Tauschvertrages adäquat anzusehen. Hätte es sich bei der Anschlussleitung um eine Hauptwasserleitung gehandelt, hätte die Beklagte eine Dienstbarkeitsbestellung vorgenommen. Zudem sei das Schriftformerfordernis für einen derartigen öffentlich-rechtlichen Vertrag erst durch Inkrafttreten des bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes zum 1. Januar 1977 erforderlich geworden.
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Der vormalige Klägerbevollmächtigte wies mit Schriftsatz vom 18. November 2010 darauf hin, dass das Schriftformerfordernis für öffentlich-rechtliche Verträge sich bereits aus Art. 38 Abs. 2 der Gemeindeordnung ergebe. Die zum Grundstück der Klägerin führende Wasserleitung sei keine Privatleitung, sondern gehöre zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Beklagten, sodass ein Anschluss- und Benutzungsrecht bestehe. Weitere Voraussetzung für dieses Recht sei die dingliche Sicherung der Wasserleitung im Bereich des Grundstücks der Deutschen Bahn. Die Beklagte könne sich aber nicht hierauf berufen, da die Deutsche Bahn nach den Erkundigungen der Klägerin ohne weiteres dazu bereit wäre, auf entsprechenden Antrag der Beklagten hin eine dingliche Sicherung zu bestellen. Im vorliegenden Fall gehe es auch nicht um einen Neuanschluss der Grundstücke, sondern um die Unterhaltungslast für die Leitung, die als solche die Beklagte treffe. Von dieser werde auch nicht behauptet, dass der Rechtsvorgänger die Unterhaltungslast für die Wasserleitung übernommen habe. Unabhängig von den rechtlichen Erwägungen sollte die Beklagte ihre Haltung unter dem Gesichtspunkt überdenken, dass die Wasserversorgung im Gemeindegebiet zu ihren Pflichtaufgaben gehöre.
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Auf Anfrage des vormaligen Klägerbevollmächtigten teilte die Deutsche Bahn Services I. GmbH mit E-Mail vom 16. April 2012 mit, dass eine dingliche Sicherung der Leitung nicht möglich sei. Ersatzweise könne die Trasse aber durch einen Kreuzungsvertrag nach den Gas- und Wasserkreuzungsrichtlinien 2012 (Leitung der öffentlichen Versorgung) oder einen Gestattungsvertrag (privatrechtliche Leitung) gesichert werden.
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Bei einer Besprechung am 25. April 2012 im Rathaus der Beklagten wurde als Kompromiss vom Vertreter der Stadtwerke der Beklagten vorgeschlagen, dass von dieser versucht werde, die Leitung mit geringem technischem Aufwand (Durchziehen eines neuen Wasserleitungsrohres durch die alte Leitung) zu reparieren. Die Klägerin erkenne im Gegenzug an, dass es sich um eine private Leitung handele. Die Differenz zwischen den Kosten eines Gestattungsvertrages im Vergleich zu einem Kreuzungsvertrag übernehme zur Hälfte die Beklagte.
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Telefonisch wurde dem vormaligen Klägerbevollmächtigten im Juli 2012 mitgeteilt, dass sich bei der Überprüfung der bestehenden Wasserleitung in einem Teilbereich des Grundstücks der Deutschen Bahn ergeben habe, dass diese nicht schadhaft sei. Somit sei davon auszugehen, dass der Wasserverlust wegen einer schadhaften Leitung im Bereich des Grundstücks der Klägerin liege und die Reparatur dort ansetzen müsse. Die Klägerseite teilte darauf am 8. August 2012 mit, dass sie dem unterbreiteten Vergleichsvorschlag vom 25. April 2012 nicht nähertreten wolle.
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Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Dezember 2017 erhob die Klägerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Klage und beantragte zuletzt,
Es wird festgestellt, dass die streitgegenständliche Wasserleitung im Bereich zwischen dem Zählerschacht in der … Straße, …, und der Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks mit der Fl.-Nr. aaaa (Übergabestelle mit Hauptabsperrvorrichtung) einen Grundstücksanschluss darstellt.
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Begründend wird ausgeführt, dass sich im Jahr 1970 zunächst eine Wasseruhr auf dem Grundstück der Klägerin in einem Gebäude befunden habe. Diese sei einseitig durch die Beklagte verlegt worden und befinde sich nunmehr in einem Wasserzählerschacht auf dem Parkplatz an der … Straße. Das Grundstück sei bisher durch eine Versorgungsleitung der Beklagten erschlossen gewesen und im Rahmen einer Beitragserhebung berücksichtigt worden. Selbst wenn es sich um einen Hausanschluss handeln würde, wäre die Beklagte verpflichtet, die entsprechende Versorgungsleitung bis zum Grundstück der Klägerin ordnungsgemäß zu betreiben. Schließlich würde auch ein Anspruch aufgrund der Verpflichtungen der Beklagten aus dem Jahr 1962 bestehen, da diese zeitlich nicht begrenzt seien. Dementsprechend habe die Beklagte die Versorgung des klägerischen Grundstücks mit Trinkwasser wiederaufzunehmen.
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Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2018 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass dem Vermerk des Stadtbauamtes vom 16. Oktober 1962 zu entnehmen sei, dass 17 lfdm. Wasseranschlussgebühr erhoben worden seien. Dies sei die Strecke vom Abzweig der Hauptleitung bis in den Zählerschacht in der …Straße. Ferner lasse sich seitens der Beklagten nicht feststellen, ob die Wasseruhr zunächst in einem Gebäude des Gewerbekomplexes befindlich war. Nach Mitteilung der Stadtwerke der Beklagten befinde sich der Wasserzähler aber bereits seit Beginn der Wasserlieferung im Zählerschacht in der … Straße. Ob gegebenenfalls Unterzähler auf dem Gelände der Klägerin vorhanden seien, sei nicht bekannt. In dem Wasserzähler- und Übergabeschacht befinde sich ein geeichter Wasserzähler, der zuletzt im Jahr 2016 ausgetauscht worden sei. Die Beklagte habe sich stets nur um die Leitung bis zum Zählerschacht gekümmert. Im Jahr 2012 habe die Beklagte aus Kulanzgründen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Überprüfung der Leitung über die Bahnlinie hinaus vorgenommen. Der Hausanschluss für die … sei östlich der Bahngleise, aber noch nördlich des Grundstücks Fl.-Nr. iiii/3 der DB N. AG freigelegt und eine Dichtigkeitsprüfung durchgeführt worden. Diese habe ergeben, dass die Leitung nicht nur im öffentlichen Grund, sondern sogar bis zu diesem Bereich dicht sei. Aus Sicht der Beklagten ende die Versorgungsanlage im öffentlichen Grund im Zählerschacht mit der Wasseruhr. Alles, was sich daran anschließe, gehöre zum privaten Hausanschluss der Klägerin. Den vorhandenen Grundstücksanschluss weggedacht, wäre die Klägerin nicht erschlossen, da ihre Grundstücke durch mehrere dazwischenliegende Grundstücke abgeschottet seien. Im Jahr 1962 sei daher letztlich eine Sondervereinbarung vorgenommen worden, die einen Anschluss der Grundstücke sichere. Die Beklagte könne jederzeit den Schieber in der …Straße wieder öffnen, jedoch sei die Klägerin für die Dichtigkeit des nach der Wasseruhr folgenden privaten Hausanschlusses und dessen ordnungsgemäßen Unterhalt allein verantwortlich.
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Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2018 entgegnete der Klägerbevollmächtigte, dass eine Leitungsüberprüfung nur auf dem Bahngrundstück und nicht bis zum klägerischen Grundstück
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Fl.-Nr. aaaa stattgefunden habe. Die undichte Stelle werde derzeit auf dem ungeprüften, etwa 20-30 m langen Teilstück vermutet. Im Gegensatz zur Beklagten habe die Klägerin keinerlei Möglichkeiten, entsprechende Bauarbeiten oder Untersuchungen auf dem Bahngelände durchzuführen. Nach Angabe des Voreigentümers sei die Wasseruhr im Wohnhaus auf dem Grundstücksareal im Keller montiert gewesen und über Jahre dort betrieben worden. Erst zu einem nicht mehr näher definierten Zeitpunkt (wohl um das Jahr 1990) sei die Verlegung des Wasserzählers von Seiten der Beklagten in den Schacht in der … Straße vorgenommen worden. Soweit die Beklagte erkläre, dass die Stadt sich stets nur um die Leitung bis zum Zählerschacht selbst gekümmert habe, sei dies unzutreffend. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte die Leitung auf eigene Kosten errichtet habe. Der kostenlose Anschluss schließe auch dessen Aufrechterhaltung mit ein. Würde es sich um einen privaten Anschluss handeln, hätte es damals bereits der Zustimmung der jeweiligen Grundstückseigentümer (Deutsche Bahn) bedurft. Die Beklagte könne auch beanspruchen, dass ab der Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks Fl.-Nr. aaaa ein Übergabeschacht für die Aufnahme der Wasseruhr geschaffen werde. Bis dorthin sei allerdings die Öffentlichkeit der Einrichtung zu gewährleisten.
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Mit Beschluss vom 8. Juli 2019 wurde die D. B. AG DB Immobilien zum Verfahren beigeladen.
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Mit weiterem Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juli 2019 wurde das Prüfprotokoll der Dichtigkeitsprüfung aus dem Jahr 2012 vorgelegt. Dabei habe die Prüfstrecke 20 m betragen. Sie begann am Zählerschacht in der … Straße und endete östlich der Bahngleise in Richtung des Grundstücks der Klägerin. Seitens der Beklagten könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die Klägerin keine Möglichkeit habe, auf dem Bahngelände Überprüfungen durchzuführen. Auch sei es keineswegs so, dass nur die Beklagte ein Recht zur Leitungsverlegung durch das Bahngrundstück gehabt hätte. Die Klägerin könne in gleicher Weise wie die Beklagte eine Gestattungsvereinbarung einholen. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die kostenlose Erstellung eines Wasserleitungsanschlusses auch deren Aufrechterhaltung miteinschließe. Davon abgesehen sei dem früheren Wassermeister der Stadtwerke der Beklagten aus seiner vormaligen Tätigkeit bekannt, dass durch den Voreigentümer immer wieder Unterhaltsarbeiten an der Wasserleitung auf eigene Kosten durchgeführt worden seien.
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Die D. B. AG DB Immobilien äußerte sich mit Schriftsatz vom 26. Juli 2019 und wies darauf hin, dass die DB N. AG Eigentümerin der streitigen Grundstücke sei. Von der streitgegenständlichen Wasserleitung sei ihr nichts bekannt. Auch existiere keine dingliche Sicherung in Form einer entsprechenden Dienstbarkeit. Lediglich ein Vertrag über einen Abwasserkanal, der den Bahnkörper unterkreuze, sei dokumentiert. Im Übrigen sei eine Nutzung von Grundstücken der Deutschen Bahn zur Verlegung von Fremdleitungen erst nach vorheriger Überprüfung und anschließender vertraglicher Gestattung zulässig. Die Nutzung der Grundstücke erfolge somit ohne rechtliche Grundlage. Sofern die Klägerin ein Leck der Wasserleitung überprüfen und gegebenenfalls reparieren lassen möchte, sei zuvor eine Genehmigung einzuholen.
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Mit Beschluss vom 29. Juli 2019 wurde der Beiladungsbeschluss vom 8. Juli 2019 aufgehoben und die DB N. AG zum Verfahren beigeladen.
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Die Klägerseite erwiderte mit Schriftsatz vom 5. August 2019 und gab an, dass ihres Wissens nach die Trinkwasserleitung zumindest teilweise im Abwasserkanal der Beklagten verlaufe. Zudem werde bestritten, dass durch den Voreigentümer Unterhaltsarbeiten an der Wasserleitung im Bereich des Bahngrundstücks auf eigene Kosten vorgenommen worden seien.
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Die Beklagte äußerte sich erneut mit Schriftsatz vom 2. September 2019. Durch weitere Überprüfungen sei festgestellt worden, dass es richtig sei, dass früher eine Wasseruhr auf dem klägerischen Grundstück Fl.-Nr. eeee vorhanden gewesen sei. Dabei habe es sich jedoch um einen privaten Unterzähler gehandelt. Der Wasserverbrauch sei von Beginn an nach der im Wasserzählerschacht neben der Bundesstraße befindlichen Wasseruhr abgelesen und berechnet worden. Auch treffe nicht zu, dass die Wasserleitung innerhalb des Regenwasserkanals verlaufe. Dies habe eine Überprüfung ergeben und sei von einem Mitarbeiter, der bei den Arbeiten im Jahr 2012 Aufsicht geführt habe, bestätigt worden. Er habe sich erinnern können, dass die Wasserleitung nach der Aufgrabungsstelle in einer geschätzt ca. 45 Grad-Biegung in Richtung des klägerischen Grundstücks weiter verlaufe.
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Die Klägerseite widersprach diesem Vortrag. Vom Voreigentümer sei erklärt worden, dass der Wasserzähler im Haus durch die Beklagte betrieben, abgelesen und erst später bei Eintritt der Insolvenz ausgebaut worden sei. Hinsichtlich des Lecks habe im Beisein von zwei Mitarbeitern der Beklagten durch Verschließen der Schieber auf dem klägerischen Grundstück festgestellt werden können, dass dieses zwangsläufig nur zwischen dem letzten Schieber an der Grundstücksgrenze und der besagten Aufgrabung liegen könne. Auf Klägerseite sei man sicher, dass sich die Leitung zum Zeitpunkt der Aufgrabung im Abwasserkanal befunden habe.
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Mit Schriftsätzen vom 4. November 2019, vom 20. November 2019, vom 3. Dezember 2019 sowie vom 18. Dezember 2019 äußerten sich die Beteiligten ergänzend zum Verfahren.
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Im Nachgang zur ersten mündlichen Verhandlung vom 7. August 2019 wurde die Beigeladene zur Stellungnahme aufgefordert. Diese äußerte sich mit E-Mail vom 16. Januar 2020 dahingehend, dass die Eigentumsübertragung bei bestehenden Anlagen auf dem Grund der DB N. AG kein Hindernis darstelle. Es sei ein Kreuzungs- oder Gestattungsvertrag abzuschließen. Instandhaltungs- oder Sanierungsmaßnahmen seien ebenso wie Neuverlegungen antragspflichtig und bedürften einer technischen Prüfung. Die Beigeladene könne erst unterstützend tätig werden, wenn die Eigentumsverhältnisse der Anlage klar definiert seien.
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Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlungen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 7. August 2019 sowie vom 19. Februar 2020 Bezug genommen. Ergänzend wird nach § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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I. Die im Wege der Klageänderung erhobene Feststellungsklage ist zulässig und begründet.
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1. Da die Klägerin nunmehr die Feststellung begehrt, dass die streitgegenständliche Wasserleitung im Bereich zwischen dem Zählerschacht in der … Straße und der Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks Fl.-Nr. aaaa (Übergabestelle mit Hauptabsperrvorrichtung) einen Grundstückanschluss darstellt, tritt gegenüber dem ursprünglichen Klageziel, die Beklagte zu verurteilen, die klägerischen Grundstücke mit einem Anschluss bis zur Grundstücksgrenze anzuschließen und gemäß der Satzung mit Trinkwasser zu versorgen, ein anderer Streitgegenstand ein, sodass eine Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO vorliegt. Da die Klageänderung der endgültigen Streitbeilegung dient und das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden kann, hält das Gericht die Klageänderung für sachdienlich nach § 91 Abs. 1 VwGO. Mit der Zulassung der Klageänderung entfällt die Rechtshängigkeit des bisherigen Streitgegenstands und das Verfahren wird mit dem veränderten Streitgegenstand fortgesetzt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 91 Rn. 35 f.).
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2. Auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen der Feststellungsklage nach § 43 VwGO liegen vor. Zunächst ist die Klage statthaft, da sie auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Dafür genügt nach ständiger Rechtsprechung jedes nach der Sachlage anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. BVerwG, U.v. 27.5.2009 - 8 C 10/08 - juris; U.v. 15.7.2016 - 9 A 16/15 - juris Rn. 26). Ein solch schutzwürdiges Interesse liegt sowohl rechtlicher als auch wirtschaftlicher Art nach vor. In rechtlicher Hinsicht möchte die Klägerin durch den Feststellungsantrag zum einen klären lassen, wer für die Reparatur des derzeitigen Lecks an der Leitung zuständig ist. Zum anderen strebt sie mit dem Feststellungsantrag an, für die Zukunft Gewissheit darüber zu erlangen, wem die Unterhaltung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung der Leitung im genannten Bereich obliegt. Aus dem wirtschaftlichen Blickwinkel betrachtet soll die Feststellungsklage klarstellen, wer die vertragliche Sicherung der Leitung auf seine Kosten vorzunehmen hat.
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Die Feststellungsklage ist schließlich auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen, weil die Klägerin ihre Rechte durch eine allgemeine Leistungsklage geltend machen könnte. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist seinem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen. Eine Feststellungsklage kommt trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage insbesondere dann in Betracht, wenn die Feststellungsklage den effektiveren Rechtsschutz bietet (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1997 - 1 C 2/95 - juris Rn. 25; U.v. 15.7.2016 - 9 A 16/15 - juris Rn. 28). Die Feststellung, dass die Leitung im streitigen Bereich einen Hausanschluss darstellt, reicht in ihrem Gegenstand weiter als ein reines Leistungsbegehren auf Verurteilung zur Vornahme der Reparaturhandlung und ist über den Einzelfall hinaus in gleich gelagerten Fällen auch künftig wieder von Bedeutung. Damit wird sowohl gegenwärtig als auch für die Zukunft unter den Beteiligten geklärt, wem der Unterhalt der Wasserleitung obliegt und wer für etwaige, zukünftig notwendige Arbeiten an der Leitung zuständig ist.
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3. Die Klage ist auch begründet. Die Trinkwasserleitung stellt im Bereich zwischen dem Wasserzählerschacht in der … Straße und der Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks Fl.-Nr. aaaa den Bestimmungen der Satzung für die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten vom 26. November 1999 (Wasserabgabesatzung - WAS) zufolge einen Grundstücksanschluss dar.
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a) Die Wasserleitung ist im streitgegenständlichen Bereich nicht Bestandteil der Wasserversorgungsanlage der Beklagten.
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Ob eine Wasserleitung Teil der öffentlichen Wasserversorgungsanlage i.S.v. Art. 21 Abs. 1 GO ist, beurteilt sich danach, ob sie vom Einrichtungsbetreiber durch einen Widmungsakt der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht worden ist und im öffentlichen Interesse unterhalten wird. Mit ihrer WAS hat die Beklagte ihre Wasserversorgungsanlage gewidmet und insbesondere im Einzelnen bestimmt, dass und in welchem Umfang die Einrichtung in Erfüllung einer gemeindlichen Aufgabe der öffentlichen Benutzung durch Gemeindeangehörige zugänglich gemacht wird (BayVGH, B.v. 18.12.2006 - 23 ZB 06.2956 - juris). In § 1 Abs. 2 WAS ist geregelt, dass Art und Umfang der Wasserversorgungsanlage durch die Stadt bestimmt wird. Wenn sich die Beklagte die Bestimmung der Art und des Umfangs der Wasserversorgungsanlage in der Satzung vorbehalten hat und weiterhin vorbehält, so macht sie damit lediglich deutlich, dass sie außerhalb der Satzung bestimmen will, was Bestandteil ihrer Wasserversorgungsanlage sein soll und was nicht (vgl. zur identischen Regelung in einer Entwässerungssatzung: BayVGH, U.v. 21.12.2000 - 23 B 00.2132 - juris Rn. 38). Das Gesetz stellt keine besonderen Anforderungen an die Form des Widmungsaktes. Dass und wieweit eine Widmung vorliegt, muss sich aus den gesamten Umständen ergeben. Indizien für eine - konkludente - Widmung außerhalb des Satzungsrechts der Beklagten sind insbesondere die bisherige Benutzungspraxis, die Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses sowie die Art und Weise der haushaltsrechtlichen Behandlung. Bei der exakten Bestimmung des Umfangs kommt den Bestandsplänen der Stadt eine erhöhte Bedeutung zu. Nach diesen Plänen bestimmt sich, welche Grundstücke durch die öffentliche Wasserversorgungsanlage erschlossen sind, so dass die Eigentümer zu Beiträgen herangezogen und im Falle einer Bebauung zum Anschluss an die öffentliche Anlage verpflichtet werden können. Es kann daher angenommen werden, dass die Bestandspläne öffentlicher Wasserversorgungsanlagen in aller Regel mit besonderer Sorgfalt geführt werden (vgl. für den Umfang der öffentlichen Entwässerungseinrichtung: BayVGH, U.v. 21.3.2012 - 4 B 11.2358 - juris Rn. 22 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 21.12.2000 - 23 B 00.2132 - juris Rn. 39 ff.).
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Davon ausgehend ist die streitige Trinkwasserleitung kein Bestandteil der Wasserversorgungsanlage, da sie weder in den Bestandsplänen der Beklagten enthalten ist noch anderweitige Indizien auf eine Widmung der Leitung hindeuten. Wie dem von Beklagtenseite vorgelegten Wasserleitungskataster der Beklagten zu entnehmen ist, verläuft die nächstgelegene Hauptversorgungsleitung der Wasserversorgungsanlage im streitigen Bereich im Straßengrund der … Straße. Die davon abgehende Anschlussleitung ist bis zum Zählerschacht in der … Straße ebenfalls im Plan enthalten. Der daran anschließende, streitgegenständliche weitere Verlauf der Leitung ist aus dem Katasterplan jedoch nicht ersichtlich. Da den Bestandsplänen der Stadt bei der Bestimmung des Umfangs der öffentlichen Einrichtung eine erhöhte Bedeutung zukommt und diese in aller Regel mit besonderer Sorgfalt geführt werden, liegt in der Nichterfassung der Wasserleitung vom Zählerschacht bis zum klägerischen Grundstück ein gewichtiges Indiz gegen dessen Einstufung als Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgungsanlage.
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Im Übrigen sind auch keine entgegenstehenden Anhaltspunkte erkennbar, die zu einem anderen Ergebnis führen. Vielmehr sprechen die Umstände der Errichtung der Leitung als weitere Indizien ebenfalls gegen die Zugehörigkeit der Wasserleitung zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage. Die Wasserleitung wurde laut dem Stadtratsbeschluss vom 6. August 1962 „von der … Straße kostenlos bis zur Wasseruhr“ auf dem klägerischen Grundstück durch die Beklagte errichtet. Die Aufwendungen hierfür übernahm die Stadt, sie erhielt vom vormaligen Eigentümer der klägerischen Grundstücke dafür im Tauschweg ein Grundstück. Der Grundstückseigentümer musste jedoch die Kosten der notwendigen Erdarbeiten für die Errichtung der Wasserleitung tragen. Dies deutet wiederum darauf hin, dass es sich bei der Wasserleitung nicht um einen Bestandteil der öffentlichen Einrichtung handelt. Andernfalls hätte die Beklagte sämtliche Kosten der Herstellung - die Erdarbeiten eingeschlossen - zunächst selbst zu tragen gehabt und vom vormaligen Eigentümer einen Herstellungsbeitrag verlangen müssen.
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Darüber hinaus erhob die Beklagte vom vormaligen Eigentümer - vermutlich ebenfalls im Jahr 1962 - eine „Wasseranschlussgebühr“ für 17 laufende Meter (lfdm). Da die Länge der Wasserleitung vom Zählerschacht bis zur Grundstücksgrenze der klägerischen Grundstücke diese Strecke deutlich übertrifft, geht die entscheidende Kammer davon aus, dass es sich dabei nur um die Entfernung von der Hauptversorgungsleitung bis zum Zählerschacht gehandelt hat. Dies lässt ebenfalls darauf schließen, dass die Beklagte allenfalls diesen Abschnitt als Bestandteil ihrer öffentlichen Einrichtung angesehen und gewidmet hat.
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Davon abgesehen führt auch § 1 Abs. 3 WAS zu keiner anderen Beurteilung. Demnach gehören auch die im öffentlichen Straßengrund liegenden Grundstücksanschlüsse sowie die Wasserzähler zur Wasserversorgungsanlage der Stadt. Da der streitige Abschnitt der Leitung jedoch nur seinen Beginn im öffentlichen Straßengrund hat, wäre allenfalls dieser nur sehr kurze Abschnitt als Bestandteil der öffentlichen Einrichtung anzuerkennen. Dem eigentlichen Anliegen der Klägerin, die Verantwortlichkeit im Bereich der Grundstücke der DB N. AG feststellen zu lassen, wäre damit nicht weitergeholfen.
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b) Im Weiteren fehlt es auch an einer Sondervereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten, die ein von der WAS abweichendes, besonderes Benutzungsverhältnis begründet.
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§ 8 WAS sieht für die Stadt die Möglichkeit vor, dass durch Vereinbarung mit einem Grundstückseigentümer, der nicht zum Anschluss berechtigt oder verpflichtet ist, ein besonderes Benutzungsverhältnis begründet wird. Bei der Sondervereinbarung handelt es sich seiner Rechtsnatur nach aufgrund der darin geregelten Inhalte (Gestattung des Grundstücksanschlusses an die gemeindliche Wasserversorgung; Kosten der Unterhaltung des Anschlusses; von den Eigentümern zu zahlende Herstellungsbeiträge) um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach Art. 54 ff. BayVwVfG, der nach Art. 57 BayVwVfG der Schriftform bedarf. Da eine derartige schriftliche Vereinbarung nicht existiert, fehlt es sowohl im Verhältnis der Beklagten zum vormaligen Eigentümer als auch zur Klägerin an einer formwirksamen Sondervereinbarung.
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Die Beklagtenseite wendet hiergegen zwar zutreffenderweise ein, dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Wasserleitung im Jahr 1962 das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz und damit auch das Schriftformerfordernis aus Art. 57 BayVwVfG noch nicht in Kraft getreten war. Dies führt jedoch zu keinem abweichenden Ergebnis, da die zum Errichtungszeitpunkt gültige Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern vom 25. Januar 1952 in Art. 38 Abs. 2 Satz 1 vorsah, dass Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform bedürfen. Durch die Herstellung des Trinkwasseranschlusses auf eigene Kosten ist die Beklagte eine Verpflichtung eingegangen, die bereits zum damaligen Zeitpunkt der Schriftform bedurft hätte. Eine unterstellte mündliche Sondervereinbarung wäre daher formunwirksam, sodass zur Qualifizierung der Leitung auf die allgemeinen Bestimmungen der WAS der Beklagten zurückzugreifen ist.
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c) Unter Anwendung der Begriffsbestimmungen der WAS der Beklagten - die auf Art. 23 und Art. 24 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) beruht und gegen deren Wirksamkeit keine Bedenken vorgetragen wurden - stellt die im Streit stehende Wasserleitung einen Grundstücksanschluss dar.
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aa) Grundsätzlich obliegt die Bestimmung, welche Teile des Leitungssystems zur Versorgungsleitung, zum Grundstücksanschluss oder zu den Verbrauchsleitungen gehören, der Beklagten. Das folgt aus der gesetzlichen Ermächtigung, eine Wasserversorgungsanlage als öffentliche Einrichtung herzustellen und ihren Betrieb gem. Art. 24 Abs. 1 GO satzungsrechtlich zu regeln. Die dem öffentlichen Einrichtungsträger und Betreiber insoweit zukommende Satzungsautonomie umfasst das Recht, die Art der einzelnen Anlagenteile zu definieren. Von diesem Definitionsrecht machte die Beklagte dadurch Gebrauch, dass sie in § 3 WAS bestimmte Begriffe näher umschrieben hat (vgl. BayVGH, U.v. 22.6.1999 - 23 B 98.3202 - juris).
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§ 3 Abs. 1 Nr. 1 der Norm legt fest, dass Versorgungsleitungen die Wasserleitungen sind, von denen die Grundstücksanschlüsse abgehen. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 WAS sind Grundstücksanschlüsse (Hausanschlüsse) die Wasserleitungen von der Abzweigstelle der Versorgungsleitung bis zur Übernahmestelle. Letztere definiert sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 WAS als das Ende des Grundstücksanschlusses hinter der Hauptabsperrvorrichtung im Grundstück. § 3 Abs. 1 Nr. 5 WAS bestimmt schließlich, dass Verbrauchsleitungen die Wasserleitungen in Grundstücken oder in Gebäuden von der Übernahmestelle ab sind.
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bb) Hieran gemessen kann zunächst unproblematisch festgestellt werden, dass es sich bei der Leitung, die sich im Straßengrund entlang der … Straße befindet, um eine Versorgungsleitung handelt, von der die jeweiligen (im Wasserleitungskataster eingezeichneten) Grundstücksanschlüsse abzweigen. Daran anknüpfend stellt die Wasserleitung, die von der Versorgungsleitung zum Wasserzählerschacht auf dem Parkplatz in der … Straße abgeht und dabei die … Straße kreuzt, unstreitig einen Grundstücksanschluss dar.
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cc) Entscheidend für die Klärung, ob der daran anschließende, im Streit stehende Abschnitt zwischen dem Wasserzählerschacht in der … und der Grenze des Grundstücks Fl.-Nr. aaaa einen Grundstücksanschluss oder eine Verbrauchsleitung darstellt, ist folglich die Feststellung der maßgeblichen Übernahmestelle, an der der Grundstücksanschluss definitionsgemäß endet. Die Satzungsregelung in § 3 Abs. 1 Nr. 4 WAS legt dabei fest, dass sich die Übernahmestelle hinter der Hauptabsperrvorrichtung im Grundstück befindet. Grundstück i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 WAS ist jedes räumlich zusammenhängende und einem gemeinsamen Zweck dienende Grundeigentum desselben Eigentümers, das eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet, auch wenn es sich um mehrere Grundstücke oder Teile von Grundstücken im Sinn des Grundbuchrechts handelt.
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Auf den vorliegenden Fall übertragen begegnet die Definition der Übernahmestelle allerdings dahingehend Problemen, dass sich die Hauptabsperrvorrichtung zusammen mit dem Wasserzähler derzeit im Zählerschacht in der … Straße und damit im öffentlichen Straßengrund (Eigentum der Bundesrepublik Deutschland) befindet. Der Begriff des Grundstücks in § 2 Abs. 1 WAS stellt hingegen auf das eine wirtschaftliche Einheit bildende (Privat-)Grundstück des Anschlussberechtigten ab. Dies wird aus einer Gesamtschau der Regelungen der WAS deutlich und entspricht dem Regelfall, wonach der Grundstücksanschluss unmittelbar von einer Verkehrsfläche und somit einem öffentlichen Grund in das Grundstück des Anschlussberechtigten verläuft, auf dem sich sodann die Übernahmestelle befindet. Der hier gegebene Sonderfall, dass zwischen der städtischen Versorgungsleitung und dem Grundstück des an die Wasserversorgung Angeschlossenen noch weitere Grundstücke im Eigentum Dritter liegen, kann mangels einer Sonderregelung jedoch zu keiner anderen Beurteilung führen und ist somit gleichfalls nach der in der WAS enthaltenen Definition der Übernahmestelle zu bewerten.
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Unter konsequenter Anwendung der Begriffsbestimmungen der WAS lässt sich zur Überzeugung des Gerichts daher feststellen, dass sich die Hauptabsperrvorrichtung auf dem Grundstück des Anschlussberechtigten befinden muss, sodass in der Folge auch die daran anschließende Übernahmestelle erst dort liegen kann. Der Gewerbekomplex der Klägerin, der aus mehreren Buchgrundstücken besteht, stellt eine wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 WAS und somit das der Definition der Übernahmestelle in § 3 Abs. 1 Nr. 4 WAS entsprechende Grundstück dar. Während die Grundstücke im Eigentum der DB N. AG als fremde Grundstücke für die Verortung der Übernahmestelle ausscheiden, gilt dies erst recht für den öffentlichen Straßengrund.
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Daneben steht die Qualifizierung der Wasserleitung im streitgegenständlichen Bereich als Grundstücksanschluss auch unter Berücksichtigung der Umstände ihrer Errichtung im Jahr 1962 mit den Vorschriften der WAS sowie der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung der Beklagten vom 27. November 1978, zuletzt geändert durch Satzung vom 16. Juli 2018 (BGS-WAS), im Einklang. Es entspricht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WAS dem satzungsmäßigen Regelfall, dass der Grundstücksanschluss - wie geschehen - durch die Beklagte hergestellt wird. Zudem sieht § 8 BGS-WAS vor, dass der Aufwand für die Herstellung der Grundstücksanschlüsse i.S.d. § 3 WAS mit Ausnahme des Aufwands, der auf die im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile der Grundstücksanschlüsse entfällt, in der jeweils tatsächlichen Höhe zu erstatten ist. Auch dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Zwar erhielten die früheren Eigentümer den Wasseranschluss (abgesehen von der Wasseranschlussgebühr) infolge des Stadtratsbeschlusses vom 6. August 1962 kostenlos, dies erfolgte jedoch nur als Wertausgleich für das an die Stadt im gleichen Zuge übertragene Grundstück. Daraus lässt sich schließen, dass die Beklagte ohne die Grundstücksübertragung eine Kostenerstattung für die Herstellung der Wasserleitung beansprucht hätte.
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Dass - wie die Beklagte einwendet - die tatsächlichen baulichen Verhältnisse aufgrund der Hauptabsperrvorrichtung in der … Straße im öffentlichen Straßengrund derzeit von § 3 Abs. 1 Nr. 4 WAS abweichen, steht dem nicht entgegen. Vielmehr kann die Beklagte jederzeit eine Verlegung der Hauptabsperrvorrichtung sowie des Wasserzählers an die Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks Fl.-Nr. aaaa vornehmen. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 WAS steht ihr das Recht zu, den Aufstellungsort des Wasserzählers selbst zu bestimmen. Den Angaben der Klägerseite zufolge befindet sich auch bereits ein Schacht an dieser Stelle. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte die Beklagte von der Klägerin gegebenenfalls - vorausgesetzt der Grundstücksanschluss wird als unverhältnismäßig lang erachtet - die Anbringung eines Wasserzählerschachtes an der Grundstücksgrenze nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 WAS verlangen.
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Sofern die Beklagte die Übernahmestelle - abweichend von der definitionsgemäßen Bestimmung durch die WAS - im Zählerschacht der … Straße und somit außerhalb des klägerischen Grundstücks hätte festlegen wollen, wäre ihr dies nur durch den Abschluss einer (schriftlichen) Sondervereinbarung nach § 8 WAS möglich gewesen. Für den Fall, dass der Grundstückseigentümer damit nicht einverstanden gewesen wäre, hätte die Beklagte den Anschluss an die Versorgungsleitung gemäß § 4 Abs. 3 WAS aufgrund der Lage des Grundstücks versagen können, es sei denn, der vormalige Grundstückseigentümer wäre zur Übernahme der mit dem Bau und Betrieb zusammenhängenden Mehrkosten (umfasst u.a. die vertragliche Sicherung als auch den Unterhalt der Leitung) bereit gewesen. Nachdem jedoch nunmehr ein tatsächlicher Anschluss vorhanden ist, kann sich die Beklagte - unabhängig von der Bereitschaft der Klägerseite, etwaige Mehrkosten zu übernehmen - nicht mehr auf § 4 Abs. 3 WAS berufen.
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Als Folge der Qualifizierung der Leitung als Grundstücksanschluss mit der Übernahmestelle an der nördlichen Grundstücksgrenze Fl.-Nr. aaaa obliegt der Beklagten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 WAS u.a. die Unterhaltung und somit die Reparatur der Trinkwasserleitung. Die Kosten hierfür sind jedoch - wie eben dargestellt - vom Grundstückseigentümer nach § 8 BGS/WAS zu erstatten.
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II. Die Beklagte hat als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Vollstreckungsentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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III. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.