VG Ansbach, Urteil v. 02.07.2020 – AN 17 K 19.01092
Titel:

Baurechtliche Genehmigung einer doppelseitigen unbeleuchteten Werbeanlage zur Fremdwerbung in einem faktischen Mischgebiet

Normenketten:
BayBO Art. 56 S. 1 Nr. 5, Art. 59 Abs. 1 Nr. 3
BauNVO § 6, § 15 Abs. 1 S. 2
BauGB § 34 Abs. 2
FStrG § 9 Abs. 3, Abs. 3a
StVO § 33 Abs. 2 S. 1, S. 2
Leitsätze:
1. Die straßenrechtlichen Belange des § 9 Abs. 3 FStrG sind gem. Art. 59 S. 1 Nr. 3 BayBO iVm § 9 Abs. 3a FStrG auch bei der Erteilung von Baugenehmigungen innerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen zu beachten (Anschluss an VGH München BeckRS 2009, 43791 Rn. 4; BeckRS 2011, 34255 Rn. 3; VGH Kassel BeckRS 2007, 23733). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Regelung des § 9 Abs. 3 FStrG liegt nicht der polizeiliche Gefahrenbegriff zugrunde, der ein Eingreifen rechtfertigt, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Schaden eintritt. Die Vorschrift geht vielmehr über das Ziel hinaus, eine im Einzelfall bestehende gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Es kann nicht allein darauf ankommen, ob Gefahren oder Schäden für die Verkehrsteilnehmer eintreten können; geschützt werden soll auch ein normaler Verkehrsablauf, ohne dass die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen bestehen muss. Der reibungslose und ungehinderte Verkehr soll ebenfalls sichergestellt werden (Anschluss an VGH München BeckRS 2011, 34255 Rn. 3 mwN). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit einer in einem faktischen Mischgebiet geplanten Werbeanlage. (Rn. 19 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
erfolglose Verpflichtungsklage, Baugenehmigung für doppelseitige Fremdwerbeanlage ím faktischen Mischgebiet, Beeinträchtigung des reibungslosen und ungehinderten Verkehrsablaufes (bejaht), massive Störung (bejaht), Baugenehmigung, Außenwerbeanlage, Mischgebiet, unbeplanter Innenbereich, Werbeanlage, Gefahrenbegriff, Verkehrsablauf, Beeinträchtigung, Plakattafel
Fundstelle:
BeckRS 2020, 33444

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3.    Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung  oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden,  wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher  Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die baurechtliche Genehmigung einer doppelseitigen unbeleuchteten Werbeanlage zur Fremdwerbung.
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Die Klägerin ist geschäftsmäßig in der Aufstellung und Vermietung von Außenwerbeanlagen tätig. Die Beklagte ist eine Große Kreisstadt im Landkreis … Mit Bauantrag vom 18. März 2019 beantragte die Klägerin unter Vorlage der Einverständniserklärung des Grundstückseigentümers des betreffenden Flurstücks die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer doppelseitigen beleuchteten Werbeanlage zur Fremdwerbung bestehend aus zwei Werbetafeln auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, …, … … (Vorhabengrundstück). Die Maße der Plakattafeln betragen 2,87 m x 3,89 m, wobei die Werbeanlage freistehend auf U-Eisen mit einer Sockelhöhe von 1,40 m errichtet wird und insgesamt eine Höhe von 4,27 m ab Geländeoberkante erreichen soll.
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Das Vorhabengrundstück befindet sich nördlich der … (B **) und ist mit einem zweigeschössigen Wohnhaus mit Wintergarten bebaut, der nach Westen hin ausgerichtet ist. Die geplante Werbeanlage soll im Garten im Bereich der südwestlichen Grundstücksgrenze orthogonal zur Fahrbahn errichtet werden. Nordwestlich des Vorhabengrundstücks ist ein neues größeres Mehrfamilienhaus (FlNr. …, Gemarkung …*), westlich ein weiteres Haus mit freiberuflicher, gewerblicher und Wohnnutzung (FlNr. …, Gemarkung …*) und nordöstlich ein älteres Mehrfamilienwohnhaus vorhanden. Im direkten Anschluss an das Vorhabengrundstück kommen in südöstlicher Richtung die Außenstelle des Landratsamtes … mit u.a. Gesundheitsamt und Kfz-Zulassungsstelle (dort auch Wohnnutzung im Gebäude), die Landwirtschaftsschule, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie eine schulvorbereitende Einrichtung, das Staatliche Forstamt, ein gewerblich/freiberuflich genutztes Gebäude und im Anschluss die örtliche Polizeiinspektion zum Liegen. Auf der dem Vorhabengrundstück gegenüberliegenden Straßenseite ist ein größeres Gebäude angesiedelt, in dem sich Wohnungen, aber auch die Agentur für Arbeit sowie eine Arztpraxis, eine Ergotherapiepraxis, eine Rechtsanwaltskanzlei und weitere gewerbliche/freiberufliche Nutzungen befinden. Direkt östlich hiervon ist ein Wohnhaus mit Zahnarzt und Personaldienstleister vorhanden, daneben in südöstlicher Richtung finden sich weitere nahezu ausschließlich gemischt gewerblich/freiberuf-lich und zu Wohnzwecken genutzte Gebäude, anschließend eine Grünfläche mit Parkplatz (* …*). In zweiter Reihe, erschlossen durch die …, befindet sich auf beiden Seiten der … weitere Wohnbebauung mit vor allem Mehrfamilienhäusern. Folgt man der B … in nordwestlicher Richtung (Richtung …*) findet sich ein durch eine Lichtzeichenanlage geregelter Kreuzungsbereich. Dort zweigt nach Nordosten von der … die Straße Am Stauferwall ab, die sich nach Südwesten jenseits der Kreuzung in der …, der Zufahrt zur Altstadt von …, fortsetzt. Die B … beginnt im Kreuzungsbereich einen Schwenk nach Norden und ist nun die … Straße. Die Kreuzung ist ampelgesteuert mit ebenfalls ampelgesteuerten Fußgängerüberwegen.
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Die Beklagte informierte die Klägerin nach Antragseingang darüber, dass das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 26. Mai 2017 (AN 9 K 16.00184) eine Verpflichtungsklage eines anderen Klägers auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbeanlage an genau diesem Standort abgewiesen habe. Daraufhin reduzierte die Klägerin den Bauantrag mit Email vom 17. April 2019 dahingehend, dass die ursprünglich geplante Beleuchtung nunmehr nicht mehr beantragt sei. Außerdem wies die Klägerin darauf hin, dass die von ihr geplante Anlage über 1 m kleiner als die damals beantragte Werbeanlage und zudem unbeleuchtet sei. Die Beklagte verwies mit Blick auf das zitierte Urteil auf das mangelnde Einfügen und die durch die Werbeanlage hervorgerufene erhebliche Störung und teilte mit, dass die Baugenehmigung nicht erteilt werden könne. Die Klägerin bat daraufhin um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.
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Mit Bescheid vom 15. Mai 2019 versagte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Die geplante Anlage sei bauplanungsrechtlich unzulässig. Wie mit Urteil des Verwaltungsgerichtes Ansbach vom 26. Mai 2017 festgestellt, solle das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich in einem Mischgebiet zum Liegen kommen, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Die unmittelbare Umgebung des Standortes sei geprägt von Wohnnutzung und Dienstleistung, so dass bereits aus diesem Grunde die überdimensionierte Werbetafel, die nicht für ein Gewerbe vor Ort werbe, dieser Umgebung wesensfremd sei. Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht erkannt, dass eine derartige Werbeanlage allein für das auf dem Baugrundstück vorhandene Wohnhaus mit dem in Richtung Westen angebauten Wintergarten eine unzumutbare Störung darstelle. Dabei sei es unerheblich, ob die nun beantragte Werbeanlage mit einer Höhe von 4,27 m etwas mehr als einen Meter kleiner sei als die der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugrundeliegende Werbeanlage. Auch die nun beantragte Werbeanlage sei wesentlich höher als das Erdgeschoss des Wohnhauses. Ebenso habe das Verwaltungsgericht festgestellt, dass auch für die angrenzenden Wohnhäuser eine unzumutbare Störung verursacht werde. Die mangelnde Beleuchtung ändere nichts, denn die Störung finde nicht nur zu Nachtzeiten statt. Die Werbeanlage sei überdies aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht zu genehmigen, Art. 14 Abs. 2 BayBO, denn durch die großflächige über 4 m hohe Werbeanlage werde die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs an der B … nicht unerheblich gefährdet. Nach der letzten Verkehrszählung aus 2015 würden täglich 11.355 Fahrzeuge die B … befahren. Der durchschnittliche DTV-Wert im Landkreis … auf Bundesstraßen betrage lediglich 8.038 Fahrzeuge. Weiter gäbe es einen nicht unerheblichen Anteil Radfahrer. Der in unmittelbarer Nähe gelegene lichtzeichengeregelte Knoten, … Straße/ …Am … sei mit Verkehrsunfällen hoch belastet. Allein im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2017 sei es zu 27 Unfällen gekommen (ohne sogenannte Kleinunfälle) mit sieben Leichtverletzten und einem Schwerverletzten. Zwischen dem 1. Januar 2018 und 31. März 2019 seien sieben Unfälle zu verzeichnen gewesen. Die Werbeanlage liege für Rechtsabbieger aus der … kommend unmittelbar im Blickfeld (Entfernung ca. 55 m). Dort befinde sich auch eine Fußgängerfurt mit Lichtzeichen, so dass die Gefahr bestehe, dass das Lichtzeichen für die Fußgänger übersehen werde. Auf der B …, …, in Richtung … fahrend, werde die Werbeanlage zunächst vom Anwesen Haus Nr. * verdeckt, erscheine jedoch dann unmittelbar im Blickfeld des Verkehrsteilnehmers. In 42 m Entfernung sei die Lichtzeichenanlage aufgestellt. Es bestehe die Gefahr, dass auf haltende Fahrzeuge aufgefahren bzw. das Lichtzeichen nicht rechtzeitig erkannt werde. Auch durch die Einfahrt des Parkplatzes der Agentur für Arbeit komme es immer wieder zu Situationen, in denen Abbiegevorgänge durch die Verkehrsteilnehmer auf der B … zu spät realisiert werden und zwar in beiden Richtungen. Die vermehrte Ein- und Ausfahrt zum Grundstück des Zehnfamilienwohnhauses lasse befürchten, dass auch hier ähnliche Situationen eintreten. Erschwerend komme hinzu, dass durch die isoliert situierte Werbeanlage ohne Bezug zu Gewerbebetrieben, die in ihrer Großflächigkeit in der Umgebung einmalig sei, die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer besonders abgelenkt werde. Anders als in belebten Geschäftsstraßen, wo der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer wegen der Fülle der Werbung diese nur unbewusst wahrnehme, werde hier gerade auf Grund der vorhandenen Gesamtsituation (Wohnbaucharakter) die Aufmerksamkeit bewusst auf die große und erhöhte Plakatwand gelenkt. Diese Ansicht vertrete auch der Sachbearbeiter für Verkehr im Landkreis … bei der Polizeiinspektion … in der entsprechenden Stellungnahme vom 27. November 2015 und vom 17. Mai 2019. Im Sommerhalbjahr werde die verkehrsgefährdende Wirkung noch verstärkt aufgrund der dann durchgeführten Sonntagssperrungen der Altstadt mit zusätzlich aufgestellten Verkehrszeichen und Pylonen. Die oft ortsunkundigen Verkehrsteilnehmer (* … werde jährlich von 700.000 Touristen besucht) würden oft spontan und nicht immer verkehrsgerecht reagieren.
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Gegen den Bescheid vom 15. Mai 2019 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Juni 2019, beim Verwaltungsgericht Ansbach per Fax eingegangen am selben Tage, Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass das beantragte Vorhaben nicht gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verstoße. Insbesondere sei das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. Mai 2017 nicht maßgeblich, denn es läge keine Vergleichbarkeit vor. Das erkennende Gericht habe den Eintritt einer unzumutbaren Störung vornehmlich mit der Beleuchtung der Werbeanlage und der Montagehöhe von 2,50 m begründet. Die geplante Werbeanlage weise jedoch nur eine Sockelhöhe von 1,40 m auf und sei unbeleuchtet. § 15 BauNVO sei restriktiv auszulegen, andernfalls käme es zu einem generellen Ausschluss von Fremdwerbeanlagen mit einer im Mischgebiet regelzulässigen Nutzung. Damit würde aber faktisch die Zweckbestimmung des § 6 BauNVO über § 15 BauNVO ausgehebelt, was nicht Normzweck sei. Aufgrund der vorzunehmenden Einzelfallbetrachtung füge sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 6 BauNVO in die nähere Umgebung ein und es sei kaum Raum für einen Ausschluss nach § 15 BauNVO. Weiter genüge ein niemals auszuschließendes „Restrisiko“ einer - sei es auch nur abstrakten - Verkehrsgefährdung nicht, um die Verkehrsgefährdung zu bejahen. Vielmehr brauche es eine konkrete Gefahr für die allgemeine Sicherheit oder die Verkehrssicherheit. Zwar sei es denkbar, dass eine auffällig angebrachte Werbetafel einen Teil der Durchschnittskraftfahrer - für einige wenige Sekunden - vom Verkehr ablenke und es deshalb in einer besonders komplexen Verkehrssituation zu einer konkreten Gefahr kommen könne. Eine solche Gefährdung sei allerdings bei einer normalen, d. h. unveränderlichen Werbung, wie sie geplant sei, in der Regel zu verneinen, da die Verkehrsteilnehmer schon aus weiter Entfernung den Informationsgehalt der Werbung erkennen, dann aber im Zweifel sich nicht weiter damit beschäftigen, sondern ihre Aufmerksamkeit wieder dem Verkehr zuwenden würden. Die geplante Anlage trete deutlich hinter die vorhandenen Verkehrszeichen. Auch inhaltlich sei die Werbeanlage nicht geeignet, die Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers länger zu fesseln. Anders als in den Fällen einer sog. Entscheidungswerbung, wie sie häufig im Falle von Hinweiswerbung auf Betriebe oder besondere Warenangebote an der Stätte der Leistung anzutreffen sei und die vom Verkehrsteilnehmer eine Vielzahl von Entscheidungen verlange (etwa hinsichtlich der Frage, ob die Betriebsstätte angefahren werden solle, wo die Einfahrt sei etc.), stelle die geplante Anlage über die unbewusste Wahrnehmung der Werbebotschaft hinaus in der Regel kein Ablenkungspotential dar. Fremdwerbung solle lediglich bei Gelegenheit der Vorbeifahrt wahrgenommen werden und verlange, anders als die Werbung an der Stätte der Leistung, keine weiteren Entscheidungsprozesse des Verkehrsteilnehmers. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer rechne heute an vielbefahrenen innerstädtischen Kreuzungen mit großformatigen Werbeanlagen. Im Übrigen müsse die verkehrsgefährdende Wirkung mit der vorhandenen Verkehrssituation aus der Gestaltung der Werbeanlage an sich folgen, was hier zu verneinen sei. Die Werbeanlage befinde sich deutlich neben der Sichtachse der Verkehrsteilnehmer, soweit diese ihren Blick auf die Straßenführung und die Verkehrswegweisung richten. Es würden durch die Ausgestaltung weder Verkehrszeichen oder -einrichtungen verdeckt noch in ihrer Wahrnehmbarkeit beeinträchtigt.
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Die Klägerin beantragt zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung des Versagungsbescheides vom 15. Mai 2019 zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung zweier unbeleuchteter Werbetafeln auf dem Grundstück …, Gemarkung …, Flst. …, in … nach Maßgabe der eingereichten Pläne und der E-Mail vom 17. April 2019 zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, und führte zur Begründung ergänzend zu den im Bescheid genannten Gründen aus, dass die Werbeanlage gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO normierte Rücksichtnahmegebot verstoße, da von ihr Belästigungen und Störungen ausgingen, welche nach der Eigenart des Baugebietes unzumutbar seien. Allein die massive, mehr als 10 m2 große Werbefläche direkt vor den Fenstern des Wintergartens stelle bereits tagsüber eine unzumutbare Störung dar. Zudem befänden sich die Fenster der Wohnbebauung auf den umliegenden Grundstücken zum Teil in unmittelbarer Nähe und in direkter Ausrichtung auf die Werbeanlage. Auch läge ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 BayBO vor. Es sei nicht zwangsläufig die Art und Gestaltung der dargestellten Werbebotschaft entscheidend, bereits das unerwartete Erscheinen der über 10 m2 großen Tafel als solches biete gefährliches Ablenkungspotential.
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Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Verwaltungsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung mit Augenscheinseinnahme vom 2. Juli 2020 samt Lichtbildern Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Verpflichtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg.
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1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Rechtschutzbedürfnis gegeben, da eine Baugenehmigung erforderlich ist. Es liegt kein Fall von Art. 56 Satz 1 Nr. 5 BayBO i.V.m. § 33 Abs. 2 Satz 1, 2 StVO vor, wonach bei Werbeanlagen keine Baugenehmigung zu erteilen ist, wenn sie einer Ausnahmegenehmigung nach Straßenverkehrsrecht bedürfen. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 StVO ist es verboten, „Einrichtungen“, die u.a. die Wirkung von Zeichen oder Verkehrseinrichtungen (§§ 36 - 43 StVO) beeinträchtigen können, dort anzubringen oder zu verwenden, wo sie sich auf den Verkehr auswirken können. § 33 Abs. 2 Satz 2 StVO verbietet Werbung und Propaganda in Verbindung mit Verkehrszeichen und -einrichtungen. Ausnahmen können gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO von der zuständigen obersten Landesbehörde oder der nach Landesrecht bestimmten Stelle - hier der Regierung … gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 b, c der Verordnung über die Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustVVerk) - für bestimmte Einzelfälle genehmigt werden. § 33 Abs. 2 Satz 1 StVO ist vorliegend nicht einschlägig, denn die beantragte Werbetafel beeinträchtigt die Lichtzeichenanlage an der Kreuzung … Straße/ … nicht, da insbesondere der Abstand des geplanten Standortes der Tafel zur Ampel mit ca. 42 m (* … Richtung …*) bzw. mit mindestens 55 m (Ausfahrt … auf die …*) zu groß ist (vgl. auch: VG München, U.v. 26.4.2017 - M 9 K 16.1946 - juris Rn. 26). Dies gilt erst recht für die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 2 VwGO (vgl. Koehl in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, StVO, 2. Aufl. 2017, § 33 Rn. 21).
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2. Die Ablehnung der beantragten Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Diese hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung.
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Voraussetzung für einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung ist nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO, dass dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Nachdem es sich bei dem Vorhaben der Klägerin um keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt und auch keine Verfahrensfreiheit (Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 a - g, Abs. 2 Nr. 6 BayBO) oder Genehmigungsfreistellung (Art. 58 BayBO) in Frage kommt, sind vom Prüfungsumfang grundsätzlich nur die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfasst. Allerdings gewährt Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BayBO den Bauaufsichtsbehörden eine erweiterte Ablehnungsmöglichkeit, wenn das Vorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Auf die außerhalb des Prüfprogramms stehende Vorschrift des Art. 8 Satz 2 BayBO hat sich die Beklagte nicht, auch nicht im gerichtlichen Verfahren (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt: BayVGH, U.v. 30.5.2018 - 2 B 18.681 - juris Rn. 17), berufen, so dass Art. 8 Satz 2 BayBO, obwohl dieser voraussichtlich einschlägig gewesen wäre, der Baugenehmigung vorliegend nicht im Wege steht.
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a) Die geplante Werbeanlage der Klägerin widerspricht der Regelung des § 9 Abs. 3a i.V.m. Abs. 3 FStrG. Offenbleiben kann daher, ob die geplante Werbeanlage, wie es die Beklagte ausführt, auch gegen Art. 14 Abs. 2 BayBO verstößt und die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs gefährdet.
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Die in § 9 Abs. 3 FStrG genannten Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sind gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. § 9 Abs. 3a FStrG auch bei der Erteilung von Baugenehmigungen innerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen zu beachten (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2009 - 14 ZB 08.3159 - juris Rn. 4, B.v. 15.10.2011 - 15 ZB 10.2590 - juris; HessVGH, B.v. 26.3.2007 - 3 UZ 3100/06). Bei der … handelt es sich im maßgeblichen Bereich ganz offensichtlich um einen innerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teil der Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße (§ 9 Abs. 3a FStrG), der B … Der Regelung des § 9 Abs. 3 FStrG liegt nicht der polizeiliche Gefahrenbegriff zugrunde, der ein Eingreifen rechtfertigt, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Schaden eintritt. Eine konkrete Verkehrsgefährdung ist nicht erforderlich. Die Vorschrift geht vielmehr über das Ziel hinaus, eine im Einzelfall bestehende gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Es kommt nicht allein darauf an, ob Gefahren oder Schäden für die Verkehrsteilnehmer eintreten können; geschützt werden soll auch ein normaler Verkehrsablauf, ohne dass die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen bestehen muss. Der reibungslose und ungehinderte Verkehr soll sichergestellt werden. Es darf nicht nur eine theoretische Möglichkeit, sondern es muss die erkennbare Möglichkeit der Beeinträchtigung eines reibungslosen und ungehinderten Verkehrsablaufs durch die Werbeanlage bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2011 - 15 ZB 10.2590 - juris).
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Nach Überzeugung des Gerichts besteht durch das Aufstellen der geplanten Werbetafel die erkennbare Möglichkeit der Beeinträchtigung eines reibungslosen und ungehinderten Verkehrsablaufs. Die von der Werbetafel vermittelte Werbebotschaft würde sich in verstärktem Maße auf die auf der B … Richtung … (Richtung Nordwest) fahrenden Verkehrsteilnehmer und auch auf die von der … in Richtung … (Richtung Südost) auf die B … auffahrenden Fahrzeuge auswirken. Doch auch die schon auf der B … in Richtung … fahrenden Verkehrsteilnehmer würden durch die Werbebotschaft beeinträchtigt. Ablenkungen mit Aufmerksamkeitsteilung wären zwangsläufige Folge der beantragten Werbeanlage. Wie aus der Stellungnahme der Polizeiinspektion … vom 17. Mai 2019 ersichtlich, ergibt sich bereits ohne die geplante Werbeanlage an dem durch Lichtzeichen geregelten Kreuzungsbereich der … Straße/ …eine Unfallhäufung bei insgesamt 26 Unfallhäufungen im gesamten Landkreis … Bei dem Kreuzungsbereich handelt es sich um eine Kreuzung mit hohem Verkehrsaufkommen. Im Jahr 2015 ergab sich ein tägliches Pkw-Aufkommen von 10.046 Fahrzeugen und eine tägliche Inanspruchnahme durch Schwerlastverkehr von 1.309 Fahrzeugen (DTV-Wert). Der durchschnittliche DTV-Wert lag im Landkreis … bei 8.038 Fahrzeugen (Pkw und Lkw) im Jahr 2015. Aufgrund des stetig wachsenden Verkehrs ist mittlerweile mit einem jedenfalls vergleichbaren, wahrscheinlich aber sogar höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen.
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Zudem würde die Werbetafel in den Kreuzungsbereich hineinwirken und unmittelbar im Blickfeld der aus der … in Richtung … fahrenden Verkehrsteilnehmer liegen, welche an dieser Stelle auch die an der Ampel wartenden Fahrzeuge, eine Ausfahrt aus dem Grundstück der Bundesagentur für Arbeit, einen Fußgängerüberweg und den auf der B … passierenden Verkehr im Blick behalten müssen. Die Werbetafel ist außerdem geeignet, die Aufmerksamkeit der Richtung … in nordwestlicher Richtung fahrenden Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße auf sich zu ziehen, welche in diesem Bereich sowohl die Lichtzeichenlage, gegebenenfalls an der Ampel wartende Fahrzeuge, die Verkehrsführung (Abbiegespur Richtung Innenstadt) als auch eine Vielzahl von Grundstücksausfahrten wahrnehmen müssen. Für die auf der B … Richtung … fahrenden Verkehrsteilnehmer kommt die Werbetafel aufgrund des kurvigen Verlaufes der B … relativ spät ins Blickfeld und ist auch hier geeignet, die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße auf sich zu ziehen. Hinzu kommt, dass sich im Umgriff des geplanten Standortes der Werbetafel etliche stetig frequentierte Grundstücksausfahrten auf die B … befinden. So findet sich direkt gegenüber dem geplanten Vorhaben die Ausfahrt des u.a. von der Bundesagentur für Arbeit, von einer Arztpraxis und von einer Ergotherapiepraxis genutzten Gebäudes, direkt daneben ist eine Zahnarztpraxis. Auf dem Grundstück neben dem Vorhabengrundstück Richtung Südosten kommt die stark frequentierte Kfz-Zulassungsstelle zum Liegen. Ebenfalls dort findet sich eine schulvorbereitende Einrichtung mit ebenfalls höherem Publikumsverkehr, außerdem u.a. die Außenstelle des Gesundheitsamtes des Landratsamtes … und die Landwirtschaftsschule. Auch das nördlich des Vorhabengrundstückes stehende Mehrfamilienhaus besitzt eine Ausfahrt in Nähe der geplanten Werbetafel, ein Stück weiter südöstlich. Ein größerer Teil der Zufahrten im Umgriff des Vorhabens dient zudem den weiteren in zweiter Reihe errichtenden Mehrfamilienhäusern beidseitig der … Durch die Werbetafel würden die Verkehrsteilnehmer abgelenkt und es bestünde vermehrt die Gefahr, dass die auf die B … ein- und ausfahrenden Fahrzeuge übersehen bzw. zu spät gesehen werden und zwar in beiden Fahrtrichtungen. Außerdem ist die Kreuzung als Unfallschwerpunkt auffällig. Dort ereigneten sich, wie sich dem von der Polizeiinspektion … vorgelegten Datenmaterial entnehmen lässt, im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2017 zehn Unfälle mit sieben Leichtverletzten und einem Schwerverletzten. Vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2019 sind drei Unfälle mit zwei Leichtverletzten zu verzeichnen. Offenbleiben kann, wie die Beklagte auf die genannten 27 bzw. sieben Unfälle in den genannten Zeiträumen kommt. Die Verkehrsabläufe im Umgriff der Kreuzung erfordern auch bei Zugrundelegung der von der Polizeiinspektion … gelieferten Zahlen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Fahrzeugführer. Eine Ablenkung der Verkehrsteilnehmer durch die beantragte Werbetafel ist auch angesichts der Unfallträchtigkeit der Örtlichkeit nicht hinnehmbar.
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In Zusammenschau der genannten Faktoren besteht damit nicht nur eine theoretische, sondern die erkennbare Möglichkeit der Beeinträchtigung eines reibungslosen und ungehinderten Verkehrsablaufs durch die Werbeanlage. Zwar mögen Anlagen der Außenwerbung unter anderem an Ein- und Ausfallstraßen seit langem zum Straßenbild gehören und den Verkehrsteilnehmern vertraut sein. Allerdings ist die geplante doppelseitige Werbeanlage vor allem durch ihren geplanten Standort in besonderer Weise geeignet, die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer vom Verkehrsgeschehen abzulenken (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2011 - 15 ZB 10.2590 - juris). Die nähere Umgebung zwischen der Kreuzung … Straße/ …-straße/ … und der örtlichen Polizeiinspektion/ … in südöstlicher Richtung zeichnet sich gerade durch Wohnnutzung und einer Nutzung für nicht störendes Gewerbe/Freiberuflicher sowie als Ämterstandort aus. Eine großflächige erhöhte Fremdwerbeanlage wäre in dieser Umgebung einmalig. Allein dieses Alleinstellungsmerkmal führt nach Überzeugung des Gerichts dazu, dass die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer besonders abgelenkt wird. Anders als in belebten Geschäftsstraßen, wo der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer wegen der Fülle der Werbung diese nur unbewusst wahrnimmt, wird hier gerade auf Grund der vorhandenen Gesamtsituation die Aufmerksamkeit bewusst auf die große, über 4 m hohe Plakatwand gelenkt. Genau dies ist auch der Zweck von (Fremd-)Werbeanlagen und macht den vorliegenden Standort gerade aufgrund der Einmaligkeit einer Fremdwerbetafel in der näheren Umgebung für die Klägerin besonders attraktiv. Unerheblich ist, dass es sich bei der beantragten Werbeanlage nicht, wie die Klägerin ausführt, um eine sog. Entscheidungswerbung handelt, denn jedenfalls gerät die streitgegenständliche Werbetafel gerade aufgrund ihres Standortes und ihrer Gestaltung verstärkt in das Blickfeld der Verkehrsteilnehmer und führt zur Beeinträchtigung eines reibungslosen und ungehinderten Verkehrsflusses.
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b) Die beantragte Werbeanlage ist aber auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht nicht genehmigungsfähig. Ausgangspunkt der bauplanungsrechtlichen Beurteilung ist § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach ist ein - wie hier - im unbeplanten Innenbereich gelegenes Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden (§ 34 Abs. 2 BauGB). Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem Mischgebiet, § 6 BauNVO, entspricht. In der näheren Umgebung findet sich Wohnnutzung, eine Nutzung durch die Verwaltung, durch freie Berufe sowie nicht störende gewerbliche Nutzung, so dass auch das Gericht davon ausgeht, dass es sich hier um ein faktisches Mischgebiet handelt. Im Mischgebiet ist Wohnnutzung und die Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, allgemein zulässig, § 6 Abs. 1 BauNVO. Damit richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig ist, § 34 Abs. 2 BauGB. Es bedarf diesbezüglich gerade keiner Prüfung mehr, ob sich das Vorhaben in seine Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, B.v. 12.2.1990 - 4 B 240/89 - juris). Bei der geplanten Werbetafel handelt es sich zwar nicht um einen Gewerbebetrieb, sondern um eine Anlage für gewerbliche Zwecke, für die eine Regelung in den Nutzungskatalogen der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung fehlt. Diese Regelungslücke wird aber geschlossen, indem eine selbstständige Werbeanlage bauplanungsrechtlich wie ein Gewerbebetrieb behandelt wird (vgl. BayVGH, U. v. 11.12.2007 - 14 B 06.2880 - juris Rn. 14).
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Es kann offenbleiben, ob die strittige Werbeanlage nach § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO besonders aufdringlich wirkt und ihre Umgebung optisch dominiert und daher als das Wohnen im Mischgebiet störende Anlage unzulässig wäre. Selbst wenn man dies verneinen wollte und damit die Werbeanlage im faktischen Mischgebiet für allgemein zulässig hält, ist sie bauplanungsrechtlich unzulässig, denn das Vorhaben scheitert an den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. § 34 Abs. 2 BauGB nimmt auf die BauNVO im Ganzen und damit auch auf dessen § 15 BauNVO Bezug.
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Die geplante Werbeanlage ist im hier vorliegenden Einzelfall unzulässig, da von ihr Belästigungen und Störungen ausgehen, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst unzumutbar sind, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Dabei umfasst der Begriff Störung nicht nur schädliche Umwelteinwirkungen im Sinn des § 3 Abs. 1 BImSchG, sondern jede städtebaulich erhebliche, die Umgebung beeinträchtigende Einwirkung. Auch eine massive optische Einwirkung kann eine Störung sein (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 11). Zu einer solchen würde die geplante Werbeanlage nach Überzeugung des Gerichts führen.
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Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei dem Gebiet um ein faktisches Mischgebiet. Dieses befindet sich aber in einem erkennbaren Wandel. Zu den an der … vorhandenen Gebäuden sind in zweiter Reihe auf beiden Seiten der Straße in den letzten Jahren einige Mehrfamilienkomplexe entstanden. Die reine Wohnnutzung nimmt zu. Doch auch in der ersten Reihe sind die Gebäude zum überwiegenden Teil auch der Wohnnutzung vorbehalten, hinzu kommen ältere, ausschließlich Wohnzwecken dienende Gebäude in der zweiten Reihe. Insgesamt betrachtet macht das Gebiet, trotz des erheblichen Verkehrs auf der Bundesstraße, einen optisch ansprechenden und ruhigen Eindruck. Es handelt sich um ein Gebiet, dass durch zwar anzutreffende, aber zurückhaltend wirkende gewerbliche Nutzung geprägt ist. Die Errichtung der Werbeanschlagstafel an der geplanten Stelle ist unzumutbar und damit unzulässig. Sie würde zu einer Verdichtung der gewerblichen Nutzung führen, wo sie aus optischen Gründen einer solchen Verdichtung nicht zugänglich ist. Die geplante Werbeanlage würde auch aufgrund ihrer Einzigartigkeit so deutlich in den Blick fallen und aufgrund ihrer Höhe und Lage in den durch Wohnnutzung geprägten Bereich des Mischgebiets massiv hineinwirken. Zudem handelt es sich bei der … im maßgeblichen Bereich nicht um eine typische Einfall straße, wie sie sich in jeder (größeren) Stadt finden lässt und in deren Verlauf typischerweise Werbeanlagen anzutreffen sind. Vielmehr vermittelt sich im maßgeblichen Bereich zwischen der Kreuzung … Straße/ …l und der Polizeiinspektion/ … in südöstlicher Richtung der Eindruck einer innerstädtischen Straße, wo der unbefangene Betrachter eine solche Werbeanlage gerade nicht erwartet (vgl. auch: BayVGH, U.v. 19.2.2004 - 26 B 03.1688 - juris Rn. 13 - 16).
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Des Weiteren stört das geplante Vorhaben insbesondere die auf dem Baugrundstück vorhandene Wohnnutzung in unzumutbarer Art und Weise. Gleiches gilt auch für die nördlich und westlich angrenzenden Grundstücke FlNr. … und FlNr. …, jeweils Gemarkung …, in denen ebenfalls Wohnnutzung stattfindet. Zwar handelt es sich vorliegend, anders bei dem vom Verwaltungsgericht Ansbach in seinem Urteil vom 26. Mai 2017 (AN 9 K 16.00184) entschiedenen Fall, nicht um eine beleuchtete, sondern um eine unbeleuchtete Werbetafel, die zudem nicht 5,42 m, sondern 4,27 m in die Höhe ragt. Dennoch bedeutet die 11,16 m2 große Werbeanlage vor allem für das auf dem Vorhabengrundstück vorhandene Gebäude, das in Richtung der geplanten Werbetafel eine Vielzahl von Fenstern besitzt und zudem einen ebenfalls in diese Richtung ausgerichteten Wintergarten, aufgrund seiner Größe und Nähe sowie seiner immer noch über ein Stockwerk hinausgehenden Höhe von 4,27 m eine in optischer Hinsicht bedrängende Wirkung. Der Blick aus den nach Westen ausgerichteten Fenstern und dem Wintergarten führt zwangsläufig zu den - dem Zweck einer Werbeanlage entsprechend - farbigen, die Werbebotschaft transportierenden Bildern und Texten der Plakattafel. Im Ergebnis ist eine unzumutbare Störung zu bejahen und die geplante Werbetafel auch deshalb unzulässig. Dass keine Beleuchtung geplant ist, ändert an der Unzumutbarkeit nichts, denn diese ist bereits tagsüber gegeben. Wie das Gericht in seinem Urteil vom 26. Mai 2017 zutreffend ausgeführt hat, kommt es auf die zivilrechtliche Zustimmung des Grundstückseigentümers des Vorhabengrundstückes nicht an, da die hervorgerufene Störung der genehmigten Wohnnutzung auf das Baugrundstück hierdurch nicht ausgeglichen werden kann, zumal die Störung den jeweiligen tatsächlichen Bewohner des Grundstückes trifft. Unschädlich ist weiter, dass das Vorhabengrundstück, das offensichtlich als Mietobjekt dient, beim Ortstermin einen ungepflegten und verlassenen Eindruck macht, denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es (dauerhaft) nicht (mehr) zu Wohnzwecken genutzt wird.
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3. Die Klage hat keinen Erfolg und ist mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.