VG Augsburg, Urteil v. 02.10.2020 – Au 8 K 19.1340
Titel:
Förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn - Bayerisches 10000-Häuser-Programm
Normenketten:
BayVwVfG Art. 48
BayHO Art. 23, Art. 44 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Es wird gegen Art. 23 BayHO verstoßen, wenn Zuwendungen einem Empfänger gewährt werden, der zeigt, dass er das staatliche Interesse an der Zweckerfüllung auch befriedigen, also sein an sich förderfähiges Vorhaben verwirklichen würde, ohne dass ihm hierfür staatliche Zuwendungen gewährt würden. Diesem förderrechtlichen Grundsatz dient es auch, dass ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn der staatlichen Zustimmung bedarf. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Förderpraxis, die für den Zeitpunkt des Maßnahmenbeginns ausschlaggebend ist, war im Rahmen des Bayerischen 10000-Häuser Programms dergestalt, das nicht erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme als Maßnahmenbeginn anzusehen ist, sondern grundsätzlich bereits das bindende Angebot des Kunden zum Abschluss des Vertrags. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Handelt es sich bei dem Antrag auf Förderung einer Maßnahme um einen von der Behörde vorformulierten Text, der in einer Vielzahl von Fällen verwendet wird, kommt es für die Frage, ob der Antragsteller unrichtige Angaben gemacht hat, in erster Linie darauf an, wie er den Text nach den konkreten Umständen des Falls verstehen durfte und ob er auf der Grundlage dieses Verständnisses richtige oder unrichtige Antworten gegeben hat, nicht jedoch darauf, ob ihm die Förderung tatsächlich zustand. Sind mehrere Auslegungen möglich, die aber nicht alle zur Unrichtigkeit der Angaben des Erklärdenden führen, ist die Erklärung zugunsten des Erklärenden auszulegen. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
10.000 Häuser, Programm, Programmteil „EnergieSystemHaus“, Eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der Förderpraxis;, Rücknahme eines Bewilligungsbescheides;, Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides;, Vertrauensschutz, Rücknahme eines Bewilligungsbescheids, vorzeitiger Maßnahmenbeginn, 10000-Häuser-Programm, Förderrichtlinien, Förderpraxis, Subvention, unrichtige Angaben, grobe Fahrlässigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2020, 32594
Tenor
I. Der Rücknahmebescheid vom 30. Juli 2019 wird insoweit aufgehoben, als darin der Zuwendungsbescheid vom 14. März 2019 hinsichtlich des „TechnikBonus“ in Höhe von 4.500,00 € zurückgenommen worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat jeder Beteiligte zur Hälfte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen einen Rücknahmebescheid hinsichtlich einer bewilligten Zuwendung in Höhe von 9.000,00 € nach dem Bayerischen 10.000-Häuser-Programm.
2
Der Kläger stellte am 21. April 2016 einen Antrag auf Bewilligung einer Zuwendung nach der Förderrichtlinie zur Durchführung des Bayerischen 10.000-Häuser-Programms zum Programmteil „EnergieSystemHaus“. Mit Bestätigungsemail vom 21. April 2016 wurde dem Kläger die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn erteilt.
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Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 14. März 2019 eine Zuwendung in Höhe von 9.000,00 € (4.500,00 € „TechnikBonus“ und 4.500,00 € „EnergieeffizienzBonus“) zweckgebunden zur Finanzierung eines energieeffizienten Neubaus mit netzdienlicher Photovoltaikanlage sowie von Maßnahmen zur Erreichung eines spezifischen Heizwärmebedarfs von max. 30 kWh/m²a. Der Umsetzungszeitraum lief nach Verlängerung bis 21. April 2019. Eine Auszahlung der Bewilligung ist nicht erfolgt.
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Am 24. April 2019 bzw. am 28. Mai 2019 reichte der Kläger Verwendungsnachweisunterlagen ein. Darin ist angegeben, dass der erste Auftrag am 27. April 2016 erteilt wurde.
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Nach Prüfung der Verwendungsnachweise hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 1. Juli 2019 zur geplanten Rücknahme des Förderbescheids an. Der Kläger teilte dazu mit, dass er am 14. März 2016 einen Vertrag mit dem Inhalt, ein Haus zu bauen, geschlossen habe. Nach Berücksichtigung mehrerer Faktoren (Finanzierungszusage der Bank, Einhaltung der KfW-Fördergrundlagen, Erfüllung der Voraussetzungen zur Erlangung der Förderung aus dem 10.000-Häuser-Programm) und Klärung einiger Detailfragen sei am 27. April 2016 der endgültige Vertrag für genau dieses Haus in genau dieser Ausführung unterzeichnet worden. Die Ausfertigung vom 14. März 2016 sei für die Bearbeitung bei der Bank bzgl. einer Finanzierung notwendig gewesen.
6
Mit Rücknahmebescheid vom 30. Juli 2019 nahm der Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 14. März 2019 mit Wirkung für die Vergangenheit in voller Höhe zurück (Ziffer 1). Kosten wurden keine erhoben (Ziffer 2).
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Zur Begründung ist unter Sachverhaltsdarstellung und Verweis auf die Rechtsprechung des VG Würzburg in ähnlich gelagerten Fällen im Wesentlichen angeführt, es liege ein förderschädlicher Maßnahmebeginn vor. Mit E-Mail vom 26. Juni 2016 sowie in der Stellungnahme im Rahmen der Anhörung habe der Kläger ausgeführt, dass er am 14. März 2016 einen „Vertrag nach BGB Nr. 4562“ geschlossen habe. Aufgrund geringfügiger Änderungen (Dämmung in den Dachschrägen, zentrale kontrollierte Be-/Entlüftungsanlage) sei der bestehende Vertrag am 27. April 2016 angepasst worden.
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Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG könne ein rechtswidriger Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit oder die Zukunft zurückgenommen werden, soweit dem nicht ein Vertrauensschutz nach Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG entgegenstehe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Rechtsgrundlage für die Bewilligung seien die Förderrichtlinien zur Durchführung des Bayerischen 10.000-Häuser-Programms vom 29. Juli 2015 (AllMBl. S. 1514) in der Fassung vom 4. April 2016 einschließlich des Merkblatts A (Stand 4. April 2016) und die darin enthaltenen Förderbestimmungen. Nach Ziffer 6.1 Satz 1 der Förderrichtlinie dürfe mit der zu fördernden Maßnahme nicht vor dem Eingang des elektronischen Förderantrags bei der Bewilligungsstelle begonnen werden. Der Maßnahmebeginn sei dabei definiert mit der Unterzeichnung des ersten Auftrags für Bauleistungen. Da grundsätzlich eine enge Beziehung zwischen Gebäude und Anlagentechnik bestehe, dürfe mit der Gesamtmaßnahme nicht vor elektronischer Antragstellung begonnen werden. Laut dem „Vertrag nach BGB 4562“ sei bereits am 14. März 2016 und damit vor elektronischer Antragstellung am 21. April 2016 ein Auftrag für die Lieferung und Erstellung eines Hauses erteilt worden, womit eine einseitige vertragliche Bindung eingetreten sei. Der Bewilligungsbescheid sei damit rechtswidrig. Ein Vertrauensschutz stehe einer Rücknahme nicht entgegen, was sich aus Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG ergebe. Der Kläger sei ausdrücklich schriftlich darauf hingewiesen worden, dass zum Zeitpunkt der elektronischen Antragstellung noch kein Auftrag für eine Bauleistung bzw. Anlagentechnik erteilt sein dürfe und habe dies auch aktiv elektronisch und schriftlich bestätigt, so dass ein mögliches Vertrauen auf den Bestand des Bewilligungsbescheides nicht schutzwürdig sei. Dass einzelne Details erst später festgelegt worden seien, ändere nichts am förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginn, da bereits am 14. März 2016 ein Auftrag über die Lieferung und Erstellung eines Hauses zu einem ganz konkreten Preis erteilt worden sei. Entscheidend sei, dass mit der Erteilung des ersten Auftrags für Bauleistungen eine einseitige vertragliche Bindung eintrete. Bei der Entscheidung über die Rücknahme seien die auf Durchsetzung des Haushaltsrechts gerichteten öffentlichen Interessen gegen die wirtschaftlichen Interessen des Zuwendungsempfängers gegeneinander abzuwägen gewesen. Der Beklagte hebe Zuwendungsbescheide in gleichgelagerten Fällen regelmäßig auf bzw. lehne Förderanträge ab, wenn ein vorzeitiger Maßnahmebeginn vorliege.
9
Hiergegen hat der Kläger am 2. September 2019 Klage erheben lassen und beantragt,
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Der Rücknahmebescheid der Regierung von ... vom 30. Juli 2019 wird aufgehoben.
11
Am 14. März 2016 habe der Kläger ein Angebot bei der Baufirma zur Errichtung eines Einfamilienhauses abgegeben, welches mit Gegenzeichnung am 29. März 2016 angenommen worden sei. Hintergrund sei die Klärung der Finanzierung gewesen. Ein Antrag zum streitgegenständlichen Förderprogramm sei nicht gestellt worden, da der Vertrag in dieser Form auch nicht durchgeführt habe werden sollen. Zwischen den Parteien sei klar gewesen, dass der abgeschlossene Vertrag lediglich zur Vorlage bei der Bank dienen sollte. Sodann seien Anpassungen und Veränderungen, insbesondere auch energetische Anpassungen erfolgt, die ein erhöhtes Kostenvolumen verursacht hätten. Der Vertrag vom 14./29. März 2019 sei zwischen den Parteien deshalb einvernehmlich aufgehoben worden. Als sodann der für den Baubeginn notwendige neue Vertrag mit finalem Vertragsinhalt festgestanden habe, habe der Kläger am 21. April 2016 ordnungsgemäß die Förderung nach dem 10.000-Häuser-Programm beantragt und auch eine entsprechende elektronische Eingangsmitteilung erhalten. Am 27. April 2016, also nach Antragstellung, habe der Kläger dann den endgültigen Vertrag zur Errichtung des Objektes geschlossen. Der Kläger habe den Sachverhalt wahrheitsgemäß im Rahmen des Schriftverkehrs dargestellt.
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Art. 48 BayVwVfG sei nicht erfüllt, der Bewilligungsbescheid rechtmäßig. Ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn liege nach dem geschilderten Sachverhalt nicht vor. Nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 23 BayHO dürften staatliche Zuwendungen nur dann gewährt werden, wenn ein erhebliches staatliches Interesse an der Zweckerfüllung bestehe, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden könne. U.a. Nr. 1.3.1 der Verwaltungsvorschriften statuiere, dass grundsätzlich für den Beginn der Abschluss eines der Bauausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrages ausreiche. Hintergrund dieser Regelung sei auch, dass der Staat die Möglichkeit behalte, auf das Vorhaben zur Sicherung des Zwecks Einfluss zu nehmen. Dieser Zweck sei nicht gefährdet.
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Ohne die beantragte Förderungsmaßnahme habe das Bauvorhaben nie verwirklicht werden sollen. Erst der zweite Vertrag stelle den Maßnahmebeginn dar. Es ergebe auch aus zivilrechtlicher Sicht keinen Sinn, zwei Verträge über das gleiche Objekt am gleichen Ort zu schließen. Das erkennende Gericht habe in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein rechtlich verbindliches Angebot nicht zum Ausschluss des Förderungsanspruches führe, obwohl zum Vertragsschluss die Annahme gefehlt habe. Der Fall hier könne nicht anders liegen, wenn der ursprüngliche Auftrag aufgehoben werde und sodann ein komplett neuer Vertrag geschlossen werde, um energetische Voraussetzungen zu erfüllen. Durch die Aufhebung des nicht zur Förderung beantragten Vertrages gebe der Kläger unmissverständlich zu erkennen, dass er eben gerade nicht beabsichtige, das Bauvorhaben ohne die staatliche Förderung umzusetzen. Selbst wenn man aber unterstelle, der Bauvertrag sei am 29. März 2016 in förderschädlicher Hinsicht geschlossen, so könne es keinen Unterschied machen, wenn der Kläger dieses Vorhaben aufgebe, von vorne beginne und sodann ein neues Vorhaben umsetze, welches wiederum der Förderung zugänglich sei.
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Auch sei das Vertrauen des Klägers in den Zuwendungsbescheid schutzwürdig. Die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis müsse sich auf die Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes beziehen. Die bloße Kenntnis der Tatsachen oder Vorgänge, die die Rechtswidrigkeit begründeten, genüge dabei nicht. Dem Kläger sei bei diesem komplexen Sachverhalt zu keinem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass er mit Aufhebung eines Vertrages, den er zur Klärung von Finanzierungsfragen geschlossen habe, und den Abschluss eines neuen Vertrages bereits seine Förderung verwirkt habe, ohne dass er versucht habe, eine solche zu beantragen. Die zitierte Rechtsprechung des VG Würzburg sei nicht einschlägig.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung ist wiederholend und vertiefend im Wesentlichen vorgetragen, dass der Zuwendungsbescheid bereits im Erlasszeitpunkt rechtswidrig gewesen sei, da ein förderschädlicher vorzeitiger Auftrag für Bauleistungen erteilt worden sei. Maßgeblich sei die ständige Verwaltungspraxis für den Vollzug des Förderprogramms. In der bayernweit einheitlichen ständigen Verwaltungspraxis würden die einschlägigen Verwaltungsvorschriften dahingehend ausgelegt, dass für die Frage des förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginns stets auf die bindende Auftragserteilung durch den Antragsteller, nicht auf die Annahme dieses Angebots und damit auf den Vertragsschluss als solchen, abgestellt werde. Es sei nicht Sinn und Zweck einer Zuwendung, solche Vorhaben zu fördern, zu deren Ausführung und Finanzierung sich der Antragsteller ohnehin entschlossen habe oder auch ohne staatliche Hilfe in der Lage sei. Bereits mit Abgabe eines bindenden Angebots, von der sich der Erklärende wegen § 145 BGB nicht mehr einseitig lösen könne, gebe der Antragsteller zu erkennen, dass er die Maßnahme in jedem Fall durchführen wolle - unabhängig von einer möglichen staatlichen Förderung. Nach diesen Grundsätzen sei mit bindender Auftragserteilung am 14. März 2016 ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn anzunehmen. Selbst wenn man auf den Vertragsschluss abstellen würde, sei mit Auftragsbestätigung vom 29. März 2016 ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn gegeben. Eine reine Schutzbehauptung sei die Aussage, dieses Dokument sei nur zur Klärung der Finanzierung nötig gewesen. Dass die Parteien einen verbindlichen Vertrag geschlossen hätten, ergebe sich auch daraus, dass die Vertragsparteien später eine ausdrückliche „Aufhebungsvereinbarung“ getroffen hätten. Weiter sei den vorgelegten Dokumenten zu entnehmen, dass bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt ein Vertrag geschlossen worden sei, nämlich am 9. Oktober 2015. Dies zeige, dass der Kläger offenbar bereits lange vor Stellung des Förderantrags entschlossen gewesen sei, ein entsprechendes Haus der Baufirma bauen zu lassen.
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Auch ändere die Aufhebungsvereinbarung vom 27. April 2016 nichts am förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginn. Diese sei erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden und habe schon allein deshalb bei der Rücknahmeentscheidung nicht berücksichtigt werden können. Zudem fehle die Unterschrift des Klägers, so dass schon keine Vereinbarung vorliege. Werde zunächst ein verbindlicher Auftrag erteilt oder ein Vertrag geschlossen und dieser erst nach elektronischer Antragstellung einvernehmlich aufgehoben oder geändert, so führe dies nicht dazu, dass nach dem Sinn und Zweck des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns nicht mehr von einem solchen auszugehen sei. Anders sei dies unter Umständen zu bewerten, wenn ein Antragsteller von einem geschlossenen Vertrag vor Antragstellung und Erhalt der Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn durch Aufhebung desselben Abstand nehme und dadurch dokumentiere, dass er das Vorhaben nicht durchführen wolle, weil es ihm entscheidend auf die Förderung ankomme (VG München, U.v. 14.4.2011 - M 12 K 11.549). Grundsätzlich zuzustimmen sei dem Kläger, dass ein nicht umgesetztes Bauvorhaben, für das keine Förderung beantragt werde, aufgrund der einmal erfolgten Auftragserteilung nicht für alle Zeit ein neues Bauvorhaben für entsprechende Fördermaßnahmen präkludieren könne. Der Antragsteller müsse nachweislich und endgültig von dem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen haben und das neue Vorhaben auf einem neuen Willensentschluss beruhen. Es müsse tatsächlich als ein anderes Vorhaben als das ursprünglich in Auftrag gegebene zu qualifizieren sein. Dies sei etwa dann der Fall, wenn längere Zeit vergangen sei oder sich das neue Vorhaben inhaltlich erheblich von dem ursprünglichen Vorhaben unterscheide (etwa Durchführung durch andere Baufirma oder so erhebliche Umplanungen, dass man nicht mehr von ein und demselben Vorhaben sprechen könne). Indiz dafür könne auch sein, dass das ursprüngliche Vorhaben nicht nach dem bayerischen 10.000-Häuser-Programm förderfähig gewesen wäre, das neue Vorhaben aber die Fördervoraussetzungen erfülle. Hier liege der Fall anders. Am Tag der Vertragsaufhebung sei ein Vertrag mit im Wesentlichen gleichem Inhalt geschlossen worden. Beiden Verträgen lägen dieselben Pläne vom 2. März 2016 sowie eine Leistungsbeschreibung vom 8. März 2016 und Skizzen vom 2. März 2016 zugrunde. Es sei daher das im Wesentlichen gleiche Fertighaus erneut in Auftrag gegeben worden. Der einzige geringfügige Unterschied bestehe darin, dass nunmehr zusätzlich eine zentrale kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Mehrkosten in Höhe von 9.321,00 € aufgenommen worden sei. Nach dem Vortrag des Klägers sei außerdem die Dämmung geringfügig verbessert worden.
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Es bestehe auch kein Vertrauensschutz. Der Kläger könne sich insbesondere auch nicht darauf berufen, er sei von einem falschen Verständnis des Maßnahmebeginns ausgegangen. Bereits seit Herbst 2015 gebe es auf der Antragsplattform des Beklagten eine Rubrik mit häufigen Fragen, denen entnommen werden könne, das unter Maßnahmebeginn bereits die Beauftragung von Bauleistungen falle. Zudem sei der Kläger im Rahmen der Förderantragstellung mehrfach an verschiedenen Stellen auf die Förderschädlichkeit sowie die Definition hingewiesen worden. Die Informationen ließen sich auch dem Merkblatt A entnehmen. Zudem habe der Kläger auf der Antragsplattform aktiv bestätigen müssen, dass er zum Zeitpunkt der elektronischen Antragstellung noch keinen Auftrag für eine Bauleistung bzw. Anlagentechnik erteilt habe. Diesen Haken habe der Kläger entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten gesetzt und dadurch den Erlass des Zuwendungsbescheides erst erwirkt. Der vorzeitige Maßnahmebeginn falle in den Verantwortungsbereich des Klägers, ein schutzwürdiges Vertrauen werde daher nicht begründet. Die Verzögerung im Rahmen des Bewilligungsverfahrens beruhe darauf, dass der Kläger es immer wieder versäumt habe, benötigte Unterlagen einzureichen und gesetzte Fristen einzuhalten. Erst am 16. Januar 2019 hätten der Bewilligungsbehörde alle benötigten Unterlagen vorgelegen. Am 14. März 2019 sei dann der Zuwendungsbescheid ergangen. Auch bis zur Rücknahme sei keine übermäßig lange Zeit vergangen. Die Einreichung des Verwendungsnachweises habe sich aufgrund von der Sphäre des Klägers zuzurechnenden Umständen verzögert, die Bewilligungsbehörde erstmals am 26. Juni 2019 Kenntnis von der Auftragserteilung am 14. März 2016 erhalten. Bereits am 1. Juli 2019 sei der Kläger zur geplanten Rücknahme angehört worden und unmittelbar nach Ablauf der Frist der Rücknahmebescheid ergangen. Von einem überlangen Entscheidungsprozess könne daher auch vor dem Hintergrund des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG, der der Behörde eine Entscheidungsfrist von einem Jahr zugestehe, nicht die Rede sein.
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Hierauf hat der Kläger am 7. Mai 2020 wiederholend und vertiefend replizieren lassen, dass der Kläger das Grundstück bereits vor der Bauabsicht erworben habe und erst später von seiner Bank mit einem zinsgünstigen Angebot umworben worden sei, dort zu bauen. Die Bank habe den Kläger hinsichtlich verschiedener Finanzierungsmöglichkeiten wie KfW und das streitgegenständliche 10.000-Häuser-Programm beraten. Da der Kläger fest mit dem Zuschuss durch das 10.000-Häuser-Programms gerechnet habe, habe er sich letztlich für ein kfw40-Haus entschieden, was der Grund für die Unterzeichnung des als Vertrag betitelten Schreibens vom 29. März 2016 gewesen sei, insbesondere vor dem Hintergrund des Stichtages für die KfW-Finanzierung zum 31. März 2016. Zwischen der Baufirma und dem Kläger habe jedoch absolute Klarheit bestanden, dass dieser „Vertrag“ lediglich als Finanzierungsbestätigung diene und jederzeit aufgehoben werden könne. In diesem Rahmen habe der Kläger auch Kontakt mit dem Beklagten aufgenommen für eine Förderung im Rahmen des 10.000-Häuser-Programms. Eine Mitarbeiterin habe den Kläger beraten, ob er nicht ein kfw40-Plus Haus bauen wolle, da hierfür die Förderung ggf. höher ausfalle. Der Kläger habe deshalb Kontakt zur Baufirma aufgenommen und dort die Umstellung der Planung auf ein kfw40-Plus Haus erläutert. Dies sei auch der Grund, weshalb die Be- und Entlüftung hinzugenommen sowie die Sparren des Daches von 20 auf 24 cm und die Isolierdämmung auf 24cm erhöht worden seien. Es sei also nicht nur die Belüftung verändert worden, sondern der Zweck eines äußerst energiesparsamen Hauses verfolgt worden. Der Beklagte habe ausreichend Möglichkeit gehabt, auf das Objekt einzuwirken und dies de facto auch getan. Der erste realisierte Auftrag sei derjenige vom 27. April 2016.
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Den Vollzugshinweisen sei zu entnehmen, dass als Maßnahmebeginn der Abschluss eines der Ausführung der Maßnahme zuzurechnenden Leistungs- oder Liefervertrages gelte. Erst der am 27. April 2020 unterschriebene Vertrag habe sich im Bauvorhaben niedergeschlagen. Der Vertrag vom 29. März 2016 sei dem Bauvorhaben nicht zuzurechnen, da es sich in wesentlichen Punkten verändert habe.
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Förderunschädlich sei nach dem BayVGH weiter ein abgegebenes Vertragsangebot, das - auf welche rechtstechnische Weise auch immer - jedenfalls derart gestaltet sei, dass der Antragsteller für den Fall der Versagung der beantragten Zuwendung an sein Angebot oder den bereits geschlossenen Vertrag nicht gebunden und insoweit nicht allein vom „guten Willen“ des Vertragspartners abhängig sei. Dies sei hier jedenfalls mündlich vereinbart. Der BayVGH habe auch zur Förderpraxis in Bezug auf Art. 3 GG verschriftlicht, dass im Januar 2019 ein Hinweisschreiben an die Regierungen verfasst worden sei, weil im „Fördervollzug alles akzeptiert worden war, was eine Bindung bei der Auftragserteilung einschränkte“ und damit eine großzügige Förderpraxis bestätigt gesehen. Auch bei der Baufirma werde die vorgetragene Vorgehensweise in allen Verträgen praktiziert. Die als „Verträge“ betitelten Schreiben seien im Kundeninteresse solange unverbindlich, bis die Bemusterung stattfinde und damit der Grundstein für das Objekt gesetzt sei. Hintergrund sei, dass es bei Bauvorhaben regelmäßig zu Finanzierungsprobleme komme, der Baufirma aber an einem kundenorientierten Verhalten gelegen sei. Dies ergebe sich auch aus dem Merkblatt zu den Liefervoraussetzungen als Vertragsbestandteil unter Buchstabe B, Ziffer 2. Dass die Fördermittel Bestandteil des Vertrages gewesen seien, werde auch aus Pos. 07.220 des Vertrages deutlich. Der Vertrag habe ohnehin unter der aufschiebenden Bedingung der gesicherten Finanzierung gestanden. Dazu zähle auch die streitgegenständliche Förderung.
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Bei dem „Vertrag“ aus 2015 handele es sich um eine Anfrage bei der Baufirma, was der Bau des Objektes kosten würde, die ebenfalls nicht bindend gewesen und nie näher verfolgt worden sei. Der Kläger sei deshalb nicht entschlossen gewesen, ein Haus ohne Förderung zu bauen. Er habe in 2019 sogar einen Kredit mit einer hohen Verzinsung für die streitgegenständliche Photovoltaikanlage aufnehmen müssen, um diese überhaupt realisieren zu können.
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Dass auf der Aufhebungsvereinbarung die Unterschrift des Klägers fehle, bestätige, dass der Kläger dieser und dem Vertrag vom 29. März 2020 keine weitere Bedeutung zugemessen habe, weil letzterer ohnehin unverbindlich gewesen sei.
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Hinsichtlich des Vertrauensschutzes sei anzumerken, dass der Kläger als juristischer Laie sich die Förderung weder durch falsche Angaben erschlichen, noch hiervon grob fahrlässige Kenntnis gehabt habe. Die Gegenseite sei von Anfang an involviert gewesen. De facto sei noch kein Auftrag verbindlich vergeben gewesen, so dass im Antrag keine falschen Angaben gemacht worden seien.
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Es fehle auch komplett an einer Ermessensentscheidung. Es werde nur lapidar der Vertrauensschutz verneint und sich auch nicht hinreichend mit dem Zweck des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns auseinandergesetzt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakte und auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Der streitgegenständliche Rücknahmebescheid vom 30. Juli 2019 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte durfte unter Vertrauensschutzgesichtspunkten den Bewilligungsbescheid vom 14. März 2019 insoweit nicht zurücknehmen (Art. 48 BayVwVfG), als dort ein „TechnikBonus“ in Höhe von 4.500,00 € gewährt worden ist. Der Rücknahmebescheid vom 30. Juli 2019 war deshalb insoweit aufzuheben, die Klage im Übrigen abzuweisen.
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1. Rechtsgrundlage für den Rücknahmebescheid vom 30. Juli 2019 ist Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, weil der Zuwendungsbescheid vom 14. März 2019 - ausgehend vom Zeitpunkt seines Erlasses - rechtswidrig war. Es liegt ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn vor.
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Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Sofern es sich - wie hier - um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, ist bei der Rücknahme die Vertrauensschutzregelung des Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zu berücksichtigen. Ein Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG). Das Vertrauen ist dabei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht und eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Auf Vertrauen kann sich der Betroffene nicht berufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG vorliegen, insbesondere wenn der begünstigte Verwaltungsakt durch im Wesentlichen unrichtige Angaben erwirkt wurde (Nr. 2) oder der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG). Nur unter der Voraussetzung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ist daher Raum für eine weitergehende Prüfung gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG.
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a) Die bewilligte Zuwendung ist eine freiwillige Leistung, die der Freistaat Bayern auf der Grundlage von und im Einklang mit Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 23 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und den Förderrichtlinien zur Durchführung des bayerischen 10.000-Häuser-Programms (Bekanntmachung des damaligen Bayer. Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 29.7.2015 - Az. 91-9151/3/1 - AllMBl 2015, 399 - nachfolgend: „Förderrichtlinien“) gewährt. Er gewährt sie nach billigem Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. In diesem Rahmen hat der Freistaat Bayern das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) zu beachten, daneben auch den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis gemäß den einschlägigen Richtlinien (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 23). Gefördert wurde der Neubau eines energieeffizienten Fertighauses mit netzdienlicher Photovoltaikanlage. Darüber, dass dies eine nach den einschlägigen Förderrichtlinien im Grunde förderfähige Maßnahme ist, besteht unter den Beteiligten kein Streit.
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b) Sind die Fördervoraussetzungen - wie hier - zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht - wie Gesetze oder Rechtsverordnungen - gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 16.6.2015 - 10 C 15.14 - juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 17.11.2010 - 4 ZB 10.1689 - juris Rn. 19; BayVGH. B.v. 27.7.2009 - 4 ZB 07.1132 - juris Rn. 13). Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden.
33
c) Gegen Art. 23 BayHO wird dann verstoßen, wenn Zuwendungen einem Empfänger gewährt werden, der zeigt, dass er das staatliche Interesse an der Zweckerfüllung auch befriedigen, also sein an sich förderfähiges Vorhaben verwirklichen würde, ohne dass ihm hierfür staatliche Zuwendungen gewährt würden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 6.12.2016 - 22 ZB 16.2037 - juris Rn. 18). Diesem förderrechtlichen Grundsatz dient es auch, dass ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn der staatlichen Zustimmung bedarf, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und so das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann. Bei einem Maßnahmenbeginn vor der Prüfung der Maßnahme wäre ein solcher Einfluss nicht mehr möglich. Dementsprechend bestimmt Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO, dass Zuwendungen nur für solche Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind.
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d) Die rechtliche Prüfung im vorliegenden Fall hat demnach nicht daran anzusetzen, wie die für den Zuwendungsbescheid vom 14. März 2019 maßgeblichen Förderrichtlinien, die hierzu erstellten Merkblätter und andere Unterlagen auszulegen wären, sondern daran, welche Förderpraxis des Beklagten dem Zuwendungsbescheid zugrunde lag. Diese Förderpraxis indes war vorliegend nach der Überzeugung des Gerichts dergestalt, dass als „Maßnahmenbeginn“ (der im Fall vor der Stellung des Förderantrags ohne Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn förderschädlich gewesen ist) nicht erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme (i.d.R. ein Kauf- oder Werkvertrag mit einer Liefer- oder Baufirma) anzusehen war, sondern grundsätzlich bereits das bindende Angebot des Kunden (vorliegend des Klägers) zum Abschluss eines solchen Vertrags. Ausnahmsweise war demnach ein Vertragsangebot dann nicht bindend und daher nicht förderschädlich, wenn die Bestellung (das Angebot zum Abschluss eines Kauf- oder Werkvertrags) von der Gewährung der Zuwendung nach dem 10.000-Häuser-Programm abhängig gemacht wurde. Dazu konnte das Angebot insbesondere eine (aufschiebende oder auflösende) Bedingung (§ 158 BGB) oder ein Rücktritts- bzw. Widerrufsrecht des Bestellers vorsehen, jeweils eindeutig bezogen auf die (Nicht-)Gewährung der betreffenden Zuwendung (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 27).
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e) In Anwendung dieser Grundsätze liegt hier ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn vor. Der Kläger hat mit der Abgabe eines bindenden Angebots (§ 145 BGB) am 14. März 2016 einen förderschädlichen Maßnahmebeginn verwirklicht, da der elektronische Förderantrag erst zeitlich nachgelagert am 21. April 2016 gestellt worden ist. Die „Allgemeinen Vertragsbedingungen“ dieses Vertrages sehen vor, dass mündliche Nebenabreden unwirksam (§ 10 Ziffer 5) und daher für die gerichtliche Entscheidung grundsätzlich nicht beachtlich sind. Schriftliche Vereinbarungen dahingehend, dass dieses Angebot - auf welche rechtstechnische Weise auch immer - einseitig für den Kläger im Hinblick auf das 10.000-Häuser Programm nicht bindend gewesen ist, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch Pos. 07.220 der Leistungsbeschreibung nennt nur Fördermittel der KfW. Buchstabe B, Ziffer 2 des Merkblatts zu den Liefervoraussetzungen enthält ebenso wenig wie Pos. 7220 der Leistungsbeschreibung ein einseitiges, auf die streitgegenständliche Förderung bezogenes Lösungsrecht vom Vertrag. Selbst die Bestätigung der Annahme des Auftrags datiert vom 29. März 2016 und damit vor der Stellung des Förderantrags.
36
f) Dem steht nicht die „Vertragsänderung/Zusatzauftrag“ vom 29. März 2016 zur „Auflösung des Vertrages vom 14.03.16“ entgegen. Dieses Dokument ist bereits nicht vom Kläger unterschrieben und unterstreicht vielmehr, dass die Parteien selbst auch von einem bindenden Angebot ausgegangen sind, welches nach Annahme (nur) durch neuerliche Vereinbarung - und daher gerade nicht einseitig durch den Kläger in Bezug auf die (Nicht-)Gewährung der streitgegenständlichen Förderung - aufgehoben bzw. angepasst werden konnte bzw. musste. Im Gegensatz zur zitierten Entscheidung des VG München (U.v. 14.4.2011 - M 12 K 11.549 - juris), die in einem anderen Förderbereich ergangen ist, war vorliegend zum Zeitpunkt der Stellung des Förderantrages ein wirksamer Vertrag vorhanden, da diese „Vertragsänderung/Zusatzauftrag“ von der Hausbaufirma erst am 27. April 2016 - dem Datum des „neuen“ Vertragsschlusses - unterzeichnet wurde und vom Kläger überhaupt nicht.
37
g) Auch der „Vertrag nach BGB“ vom 27. April 2016 ändert am vorzeitigen förderschädlichen Maßnahmebeginn nichts. Zwar haben die Parteien unter dem 27. April 2016 und damit nach Stellung des elektronischen Förderantrags am 21. April 2016 formal einen neuen „Vertrag nach BGB“ geschlossen. Dieser basiert aber ausweislich des Dokuments auf dem Hausvorschlag sowie den Zeichnungen/Skizzen vom 2. März 2016 sowie der Leistungsbeschreibung vom 8. März 2016. Damit ist dieser Vertrag insoweit identisch mit dem Angebot des Klägers vom 14. März 2016. Dies zeigt sich auch in dem identischen Hausgrundpreis von 346.922,00 €. Einzig eine zentrale, kontrollierte Be- und Entlüftung ist ausweislich des Vertragsdokuments zusätzlich unter „Mehrpreise“ aufgelistet. Dies ist nach den Schilderungen des Klägers darauf zurückzuführen, dass statt eines kfw40 ein kfw40plus-Haus gebaut werden sollte. Damit ist aber zur Überzeugung des Gerichts jedoch kein völlig neues Bauvorhaben entstanden, welches unabhängig von dem zunächst beauftragen Gebäude eigenständig förderfähig und zu diesem wesensverschieden wäre. Es liegt nach Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nach den Gesamtumständen eine bloße Vertragsänderung vor, was sich auch in der Überschrift des nicht vollständig unterzeichneten Dokuments vom 29. März 2016 bzw. 27. April 2016 „Vertragsänderung/Zusatzauftrag“ zeigt. Auch ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass sowohl das zunächst beauftragte Haus (kfw40) als auch das geänderte Haus (kfw40plus) jedenfalls unter die streitgegenständlichen Förderbedingungen (kfw55 oder besser) fallen. Auch dies unterstreicht, dass förderrechtlich jedenfalls kein komplett eigenständiges, neues Projekt mit dem Vertrag vom 27. April 2016 verwirklicht werden sollte.
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h) Auch auf die Bemusterung im Mai 2016 kommt es nicht an. Die Förderpraxis war dergestalt, dass als „Maßnahmenbeginn“ nicht erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme anzusehen war, sondern grundsätzlich bereits das bindende Angebot des Kunden zum Abschluss eines solchen Vertrags. Eine zeitlich nachgelagerte Bemusterung war bei dieser Förderpraxis nicht relevant.
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i) Hinsichtlich der Photovoltaikanlage hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung den schriftsätzlichen Vortrag dahingehend wiederholt, dass zwar ein Energieeffizienz- und ein Technikbonus im Rahmen des 10.000-Häuser-Förderprogramms ausbezahlt werden, jedoch bei der Prüfung des vorzeitigen Maßnahmebeginns immer von einem Gesamtprojekt auszugehen sei. Demnach ist nach dieser Förderpraxis für einen vorzeitigen förderschädlichen Maßnahmebeginn nicht von Belang, dass wesentliche Teile dieser netzdienlichen Photovoltaikanlage nicht bereits in der Leistungsbeschreibung zum Angebot vom 14. März 2016 aufgelistet sind (dort sind lediglich Leerrohre aufgeführt) oder dass - worüber zwischen den Beteiligten Uneinigkeit besteht - bereits einzelne Elemente dieser netzdienlichen Photovoltaikanlage (Wärmepumpe) womöglich in dieser Leistungsbeschreibung enthalten waren. Nach der Förderpraxis liegt jedenfalls hinsichtlich des Gesamtprojektes ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmebeginn durch Abgabe eines verbindlichen Angebots am 14. März 2016 hinsichtlich eines Fertighauses im Programmteil „EnergieSystemHaus“ vor.
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2. Der Beklagte konnte den rechtswidrigen Zuwendungsbescheid vom 14. März 2019 jedoch nicht ohne Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte vollständig zurücknehmen (Art. 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BayVwVfG). Hinsichtlich des „TechnikBonus“ in Höhe von 4.500,00 € kann sich der Kläger als juristischer Laie auf Vertrauensschutz berufen. Danach darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann, soweit keine der in der Norm genannten Ausnahmen greift.
41
a) Der Kläger kann sich zwar hinsichtlich des „EnergieeffizienzBonus“ nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Zuwendung durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG).
42
Die Angaben des Klägers im elektronischen Antragsformular unterliegen der Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB. Handelt es sich dabei - wie vorliegend - um einen von der Behörde vorformulierten Text, der in einer Vielzahl von Fällen verwendet wird, kommt es bei der Frage, ob der Kläger unrichtige Angaben gemacht hat, in erster Linie darauf an, wie der Antragsteller den Text nach den konkreten Umständen des Falles verstehen durfte und ob er auf der Grundlage dieses Verständnisses richtige oder unrichtige Antworten gegeben hat; nicht jedoch, ob ihm nach Lage der Dinge die Förderung aus dem 10.000-Häuser-Programm tatsächlich zustand. Sind mehrere Auslegungen möglich, die aber nicht alle zur Unrichtigkeit der Angaben des Erklärenden führen, ist die Erklärung zu Gunsten des Erklärenden auszulegen. Dieses Ergebnis benachteiligt die Behörde nicht unbillig, denn es entspricht der Billigkeit, wenn Ungenauigkeiten in einem Vordruck zu Lasten des Verfassers dieses Vordrucks gehen (VG Regensburg, U.v. 13.12.2018 - RO 5 K 17.1873 - juris Rn. 29).
43
In Anwendung dieser Grundsätze erfolgte die Rücknahme durch den Beklagten auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten insoweit zu Recht.
44
Der Kläger hat bei Antragstellung erklärt (vgl. Nr. 3.b. „Erklärung des Antragstellers“ im Förderantrag vom 21. April 2016), dass zum Zeitpunkt der elektronischen Antragstellung am 21. April 2016 mit dem Vorhaben noch nicht begonnen wurde, d.h. noch kein Auftrag für bauliche Maßnahmen am Gebäude vergeben wurde, obwohl er am 14. März 2016, wie ausgeführt, rechtlich bindend ein Haus bei der Hausbaufirma beauftragt hat und dieses jedenfalls spätestens mit Bestätigung vom 29. März 2016 von der Hausbaufirma vorbehaltlos angenommen worden war. Damit lag bereits vor elektronischer Antragstellung ein wirksamer Vertrag vor, was auch der Kläger als juristischer Laie als „Auftrag für bauliche Maßnahmen am Gebäude“ verstehen konnte und musste. Gleichzeitig hat der Kläger bei Antragstellung auch bestätigt, dass er die einschlägigen Richtlinien und Merkblätter zur Kenntnis genommen hat.
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Vor diesem Hintergrund greift neben Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayVwVfG auch Nr. 3 der Vorschrift ein, wonach sich der Begünstigte auf ein schutzwürdiges Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit kann vorliegen, wenn der Adressat einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt oder bestehenden Zweifeln an der Richtigkeit eines Verwaltungsaktes nicht nachgeht. Gegenstand der Unkenntnis ist die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes als solche; die (Un-) Kenntnis der Umstände, die zu dieser geführt haben, genügen insoweit nicht. Die Rechtswidrigkeit muss sich kraft Parallelwertung in der Laiensphäre aufdrängen (vgl. VG Regensburg, U.v. 13.12.2018 - RO 5 K 17.1873 - juris Rn. 39). Der vorzeitige Maßnahmenbeginn fällt in den Verantwortungsbereich des Klägers (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2016 - 22 ZB 16.2037 - juris; VG München, U.v. 27.1.2020 - M 31 K 19.4697 - juris Rn. 43). Der Kläger hat die Obliegenheit, sich bei Unklarheiten über die konkreten Bedingungen der Auszahlung, der Verwendung und der Abwicklung der Zuwendung bei der Bewilligungsstelle zu informieren, was aus der Eigenart des Zuwendungsverhältnisses folgt. Dieses ist dadurch geprägt, dass der Zuwendungsempfänger Steuergelder, die dem haushaltsrechtlichen Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 Abs. 1 BayHO) unterfallen, letztlich für eigene Zwecke ausgibt.
46
Selbst wenn man dem Kläger zugutehalten möchte, dass der Maßnahmenbeginn zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in den damals einschlägigen Förderrichtlinien unter Nr. 6.1 Satz 3 - abweichend von der Formulierung im Antragsformular (vgl. Nr. 3.b) und im Merkblatt A (vgl. „Maßnahmenbeginn“), die jeweils auf die Vergabe/Unterzeichnung eines (ersten) Auftrags für bauliche Maßnahmen abstellen - noch mit der Formulierung „mit Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags“ gefasst war, so hätte es dem Kläger bei Zweifeln oblegen, sich vor Antragstellung bei der Bewilligungsbehörde Klarheit zu verschaffen, ob durch das Angebot/die Bestellung vom 14. März 2016, angenommen durch die Hausbaufirma spätestens am 29. März 2016, bereits ein förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn vorgelegen hat (vgl. OVG NRW, U.v. 20.4.2012 - 4 A 1055/09 - juris; B.v. 8.1.2013 - 4 A 149/12 - juris; OVG Brandenburg, U.v. 11.2.2004 - 2 A 680/03 - juris; VG München, U.v. 27.1.2020 - M 31 K 19.4697 - juris Rn. 43). Im Fall des Klägers liegt auch nicht nur ein bindendes Angebot vor, sondern, wie dargestellt, bereits ein wirksamer Vertragsschluss. Der Kläger durfte bei diesen Gesamtumständen als juristischer Laie auch gerade nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass er sich noch nicht rechtlich gebunden hatte, obwohl er selbst und die Hausbaufirma bereits eine Urkunde, überschrieben mit „Vertrag nach BGB“, für ein Fertighaus mit detaillierter Leistungsbeschreibung zu einem Gesamtfestpreis unterschrieben haben. Dem Kläger hätte es sich bei der Bestellung des Hauses und im Anschluss auch bei der Stellung des Förderantrags unter Zugrundlegung und Berücksichtigung der verwendeten Unterlagen bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt im Geschäftsverkehr aufdrängen müssen, dass er damit bereits einen wirksamen Vertrag geschlossen hatte und sich nicht mehr einseitig frei von dieser Verpflichtung lösen konnte. Sein Vertrauen ist dahingehend somit nicht schutzwürdig, selbst wenn er die Fördermittel bei seiner Vermögensdisposition miteinbezogen hat (vgl. Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Wenn der Kläger, wie hier, sehenden Auges eine mit „Vertrag nach BGB“ überschriebene Urkunde unterschreibt, bevor er die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn vom Beklagten erlangt hat, kann er gerade nicht darauf vertrauen, gleichwohl eine Förderung zu erhalten und auch behalten zu dürfen (vgl. VG München, U.v. 27.1.2020 - M 31 K 19.4697 - juris Rn. 46).
47
b) Anders liegt der Fall nach den o.g. Maßstäben jedoch hinsichtlich des „TechnikBonus“. Der Kläger kann sich diesbezüglich auf Vertrauensschutz berufen, die Rücknahme der bewilligten Förderung war insoweit rechtswidrig.
48
Dem Beklagten, der den von ihm selbst in den Förderrichtlinien verwendeten Begriff des „Vertragsschlusses“ unjuristisch (und als Teil der Förderbestimmungen nicht auslegbar) verstehen will, muss gewahr sein, dass der Kläger als juristischer Laie den Begriff des „Auftrags“ ebenso unjuristisch als bindenden Auftrag ohne Rücktrittsrecht verstehen könnte (BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 40).
49
Danach kann sich der Kläger hier auf Vertrauensschutz berufen. Der Kläger hat nämlich aus seiner laienhaften Sicht im März 2016 jedenfalls noch keine Photovoltaikanlage in Auftrag gegeben. Diese ist nicht Bestandteil des Leistungsverzeichnisses vom 8. März 2016 sondern wurde separat beauftragt - Ende März 2019 und damit deutlich nach Stellung des elektronischen Förderantrags. Der Kläger hat mithin auch im Förderantrag in der Laiensphäre dahingehend keine falschen Angaben gemacht. Der Kläger hat bei Antragstellung erklärt (vgl. Nr. 3.b. „Erklärung des Antragstellers“ im Förderantrag vom 21. April 2016), dass zum Zeitpunkt der elektronischen Antragstellung am 21. April 2016 mit dem Vorhaben noch nicht begonnen wurde, d.h. noch kein Auftrag für bauliche Maßnahmen am Gebäude vergeben wurde. Diese explizit auf das Gebäude bezogene Aussage mag - wie oben zu a) ausgeführt - im Rahmen des Vertrauensschutzes hinsichtlich des „Energieeffizienzbonus“ dem Kläger sein Vertrauen in den Erhalt bzw. das Behaltendürfen der Förderleistung nehmen. Anders ist aber aufgrund der für diesen Fall dargestellten missverständlichen Angaben im Antragsformular eine Auslegung des Klägers, wonach dieser auf die gesonderte Auftragserteilung der Photovoltaikanlage abstellte, keinesfalls abwegig oder lebensfremd. Diese Auslegung des Klägers, die nicht zur Unrichtigkeit seiner Angaben führt, ist vorzuziehen, die Ungenauigkeiten des Vordrucks gehen damit zu Lasten der Bewilligungsbehörde (vgl. VG Regensburg, U.v. 13.12.2018 - RO 5 K 17.1873 - juris Rn. 37 ff.). Laienhaft konnte der Kläger den genannten Hinweis nicht so verstehen, dass dort auch eine noch separat zu beauftragende Photovoltaikanlage mit umfasst sein könnte, zumal er diese nicht über seine Hausbaufirma beauftragt hat. Für diese Photovoltaikanlage waren zum Zeitpunkt der Stellung des Förderantrags auch tatsächlich noch keine Aufträge erteilt. Dass dafür im o.g. Leistungsverzeichnis ggf. bereits Vorbereitungen getroffen worden sind, kann im Rahmen des Vertrauensschutzes keine Rolle spielen. Das Haus als solches war komplett nutzbar - auch ohne die erst im Jahr 2019 separat bei einer Drittfirma beauftragte Photovoltaikanlage. Wenn schon die einschlägigen Förderrichtlinien, Merkblätter und Formulare unterschiedliche Formulierungen verwenden und der Beklagte diese Formulierungen sodann im Rahmen der Förderpraxis zudem unjuristisch verstehen will, so können jedenfalls an den Kläger keine höheren Anforderungen gestellt werden, als sie der Beklagte an sich stellt. Die beiden Boni „EnergieeffizienzBonus“ und „TechnikBonus“ werden nebeneinander eigenständig genannt und auch jeweils gesondert für sich der Höhe nach bestimmt. Der Kläger konnte und durfte daher als juristischer Laie diese Formulierungen so verstehen, dass er - was insofern auch jedenfalls seiner subjektiv empfundenen Wahrheit entsprach - hinsichtlich der Photovoltaikanlage noch (gar) kein Angebot abgegeben hat. Er hat daher jedenfalls hinsichtlich des „TechnikBonus“ auch im elektronischen Förderantrag der Laiensphäre entsprechend keine unrichtigen Angaben gemacht.
50
Auch grobe Fahrlässigkeit (Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG) dahingehend, dass er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht kannte, kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Dieser hat nach den o.g. Maßstäben die erforderliche Sorgfalt insoweit nicht in besonders schwerem Maße verletzt (vgl. VG Regensburg, U.v. 13.12.2018 - RO 5 K 17.1873 - juris Rn. 39). Er musste sich bei dem Beklagten diesbezüglich nicht vergewissern, da es insoweit schon an einem der Laiensphäre zugänglichen Grund, an der Erfüllung der Fördervoraussetzungen zu zweifeln, fehlte.
51
Das Vertrauen des Klägers ist zudem schutzwürdig, da er nach eigenen Angaben, denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist, die gewährten Mittel zweckbestimmt im Vertrauen auf den Bestand des Zuwendungsbescheids verwendet hat, die er - wenn überhaupt - nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (Art. 48 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG). Andere Anhaltspunkte, die gegen die Schutzwürdigkeit sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.
52
3. Der Beklagte hat schließlich auch hinsichtlich des „EnergieeffizienzBonus“ ermessensfehlerfrei von seiner Rücknahmebefugnis Gebrauch gemacht. Das Gericht hat insoweit nur zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). Die im Bescheid angeführten Erwägungen sind sonach nicht zu beanstanden. Nach Art. 48 Abs. 2 Satz 4 BayVwVfG wird in den Fällen des Satzes 3 der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. In einem solchen Fall entfällt sodann nicht nur die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, sondern es greift zudem auch eine entsprechende Ermessenslenkung im Sinne einer regelmäßigen behördlichen Pflicht zur Rücknahme ein. Anders wäre es nur bei einem atypischen Ausnahmefall (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 48 Rn. 127b und 127c), für dessen Vorliegen allerdings nichts ersichtlich ist. Der Beklagte hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit der Haushaltsführung (Art. 7 Abs. 1 BayHO) für die Rücknahme spricht und keine besonderen schutzwürdigen Gründe für den Bestand des Zuwendungsbescheids inmitten stehen. Diese Vorgehensweise entspricht auch der geübten Verwaltungspraxis des Beklagten im Vollzug der Förderrichtlinie und genügt auch insoweit dem Gleichheitssatz.
53
4. Der Beklagte hat den Zuwendungsbescheid vom 14 März 2019 auch gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den Tatsachen, die die Rücknahme des Bescheids rechtfertigen, zurückgenommen. Zur Rechtfertigung der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts gehört - neben weiteren Voraussetzungen - die Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, der zurückgenommen werden soll. Die Frist für die Rücknahme beginnt deshalb erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr dazu die für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. rechtsgrundsätzlich BVerwG, B.v. 19.12.1984 - BVerwG GrS 1.84 und 2.84 - BVerwGE 70, 356; aktuell U.v. 23.1.2019 - 10 C 6/17 - juris Rn. 39). Es handelt sich bei der Frist nach Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG folglich um eine Entscheidungs-, nicht aber um eine Bearbeitungsfrist.
54
Der Beklagte hat erst nach Eingang des Verwendungsnachweises am 24. April 2019 im Rahmen des folgenden Schriftverkehrs die für den Fristanlauf nach Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG notwendige Tatsachenkenntnis erlangt, sodass der Erlass des Rücknahmebescheids am 30. Juli 2019 ohne weiteres innerhalb der Jahresfrist erfolgt ist.
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II. Der Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da beide Beteiligten jeweils zur Hälfte unterlegen sind, waren auch die Kosten hälftig aufzuteilen.
56
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.