Inhalt

VGH München, Beschluss v. 02.03.2020 – 22 ZB 18.893
Titel:

Verschulden bei rechtzeitiger online-Sendungsverfolgung durch den Absender

Normenketten:
VwGO § 60 Abs. 1, Abs. 2
BImSchG § 10, § 13
BImSchV § 1 Abs. 14.
BauNVO § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
BauGB § 14
Leitsätze:
1. Das aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG folgende Vorsorgegebot ist nicht nachbarschützend.  (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Gebietserhaltungsanspruch kann vom Eigentümer/Nutzer eines Grundstücks nur gegen ein Vorhaben ins Feld geführt werden, das auf einem Grundstück innerhalb desselben nach der BauNVO festgesetzten Baugebiets verwirklicht werden soll; nur ausnahmsweise ist ein baugebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch denkbar, wenn Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung bestehen, die nach dem Willen des Plangebers auch Grundeigentümern außerhalb des Plangebiets Drittschutz vermitteln sollen. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 14 BauGB erlangt durch ihre Prüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren keine drittschützende Wirkung, die ihr materiellrechtlich nicht zukommt.  (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wiedereinsetzung in die versäumte Frist für den Berufungszulassungsantrag, fehlendes Verschulden bei rechtzeitiger online-Sendungsverfolgung durch den Absender, die tatsachenwidrig einen fristgerechten Zugang ausweist, Art des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei Anlagen zur Lagerung von Abfällen, Unterschied zwischen Immissionsrichtwert und immissionswirksamem flächenbezogenen Schallleistungspegel, Bioaerosole als regelmäßig (nur) dem Vorsorgegebot unterfallende Immissionen, Bebauungsplan, Berufung, Gemarkung, Genehmigung, Gewerbegebiet, Immissionen, immissionsschutzrechtliche Genehmigung, Plangebiet, Sondergebiet, Vorhaben, wasserrechtliche Erlaubnis, Verschulden
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 07.03.2018 – Au 4 K 17.904
Fundstellen:
DVBl 2020, 1034
BayVBl 2021, 740
BeckRS 2020, 3220
LSK 2020, 3220
NVwZ-RR 2020, 951

Tenor

I. Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist gewährt. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

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1. Die Klägerin wehrt sich gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 15. Mai 2017 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Lagerung und Verladung nicht gefährlicher Abfälle, die das Landratsamt G… der Beigeladenen, einem Entsorgungsfachbetrieb, erteilt hat. Das der Klägerin gehörende Grundstück FlNr. 365/5 der Gemarkung S… grenzt nordwestlich an das Grundstück FlNr. 365/6 (Gemarkung S…) an, auf dem das Vorhaben der Beigeladenen geplant ist. Beide Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Gewerbegebiet S… … … …“, jedoch in verschiedenen festgesetzten Baugebieten. Das Grundstück der Beigeladenen liegt in einem Gewerbegebiet mit beschränkten Immissionen gemäß § 8 BauNVO i.V.m. § 1 Abs. 4 und 5 BauNVO (GEb2); dort sind nur Betriebe und Anlagen zulässig, die einen abgestrahlten emissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 50 dB(A) nachts nicht überschreiten. Für das Grundstück der Klägerin ist ein Sondergebiet „SO Entertainmentcenter“ festgesetzt; die Klägerin betreibt dort eine Spielhalle.
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2. Dem angefochtenen Bescheid ging folgende Entwicklung voraus:
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2.1. Am 18. Dezember 2015 beantragte die Beigeladene für das streitige Vorhaben eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 4 BlmSchG i.V.m. § 1 und Nr. 8.12.2 (der Anlage gemäß § 3) im Anhang 1 der 4. BlmSchV und eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis. Auf Anfrage des Landratsamts wegen des gemeindlichen Einvernehmens und eventuell erforderlicher Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans beschloss die Standortgemeinde am 15. Februar 2016, ihr gemeindliches Einvernehmen zum Vorhaben zu erteilen; die Einvernehmenserteilung ging beim Landratsamt am 17. Februar 2016 ein. Am 22. April 2016 wandten sich Anwohner beim Landratsamt gegen das Vorhaben, weil dieses Geruchsbelästigungen verursachen werde. Am 26. April 2016 beschloss die Gemeinde, den Bebauungsplan „Gewerbegebiet S… … … … - 1. Ergänzung“ aufzustellen, dessen Geltungsbereich auch das Grundstück der Beigeladenen umfasst. Der Bebauungsplan solle durch Gliederung der Nutzungsarten das Nebeneinander gewerblicher Nutzungen steuern und Konflikte zwischen Nutzungen mit verschiedener Schutzwürdigkeit und verschiedenem Störpotential vermeiden. Ziel sei vor allem, das Plangebiet von solchen gewerblichen Nutzungen freizuhalten, die mit der Lagerung von Müll verbunden seien, um die vorhandenen lebensmittelbezogenen gewerblichen Nutzungen zu sichern. Der Bebauungsplan diene damit auch dem Erhalt und der Stärkung der Nahversorgungsfunktion des bestehenden Gewerbegebiets. Gleichfalls mit Beschluss vom 26. April 2016 erließ die Gemeinde eine Veränderungssperre zur Sicherung der genannten Bebauungsplanänderung. Mit Beschluss vom 14. Juni 2016 lehnte die Gemeinde einen Antrag der Beigeladenen auf eine Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB von der Veränderungssperre ab. Mit Bescheid vom 16. Juni 2016 versagte das Landratsamt die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung und die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis unter Hinweis auf die am 27. April 2016 in Kraft getretene Veränderungssperre, von der mangels gemeindlichen Einvernehmens keine Ausnahme gewährt werden könne. Auf die von der Beigeladenen hierauf erhobene Versagungsgegenklage verpflichtete das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. April 2017 unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Juni 2016 den Beklagten, der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen.
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2.2. Gegen dieses Urteil hatte die Gemeinde die Zulassung der Berufung beantragt. Das Berufungszulassungsverfahren wurde später eingestellt; es wurde festgestellt, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. April 2017 - Au 4 K 16.1015 - wirkungslos geworden ist, nachdem die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten (BayVGH, B.v. 8.12.2017 - 22 ZB 17.1141).
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3. Die jetzt streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 15. Mai 2017 berechtigt zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und Verladung nicht gefährlicher Abfälle (maximal 180 t Haus- und Sperrmüll aus der kommunalen Sammlung im Landkreis G…, maximal 30 t DSD-Abfälle aus der „gelben Tonne“ desselben Landkreises) in einer geschlossenen Lagerhalle; der Bescheid vom 15. Mai 2017 umfasst auch eine beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis für das Einleiten gesammelten Niederschlagswassers auf dem Betriebsgrundstück.
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Die gegen diese Genehmigung (mit Ausnahme der wasserrechtlichen Erlaubnis) gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. März 2018 ab. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt:
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Die Veränderungssperre sei nicht Gegenstand des ihm vorliegenden Verfahrens, sondern nur die immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Urteilsabdruck - UA - Rn. 41). Diese sei rechtmäßig. Das Vorhaben sei zu Recht im vereinfachten Verfahren nach § 19 BlmSchG genehmigt worden, weil es nach seiner Betriebsbeschreibung (insbesondere der Systematik ihrer beiden Nrn. 6.1 und 5.1) nicht unter die Nr. 8.14 des Anhangs 1 zur 4. BlmSchV falle. Abzustellen sei dabei auf die Dauer der Lagerung der einzelnen Abfälle, nicht aber darauf, welche Abfallmenge durchlaufend vorhanden sei. Nach der Beschreibung sei eine Lagerung von Abfällen über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr nicht beantragt und damit auch nicht genehmigt worden. Eine Verletzung von Beteiligungsrechten der Klägerin durch die Wahl eines falschen Genehmigungsverfahrens liege damit nicht vor.
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Auf einen Gebietserhaltungsanspruch könne sich die Klägerin nicht berufen, weil ihr Betrieb in einem anderen Baugebiet liege als der genehmigte Betrieb. Nach der Rechtsprechung genüge die räumliche Nähe zweier Grundstücke zueinander für sich genommen nicht, um das für einen Gebietserhaltungsanspruch erforderliche bodenrechtliche Austauschverhältnis annehmen zu können. Vielmehr bestimme sich der Nachbarschutz eines Grundstückseigentümers, der sich gegen ein Vorhaben außerhalb seines „eigenen“ Baugebiets wehre, grundsätzlich nur nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme.
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Dieses Gebot werde in Bezug auf Immissionen durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG konkretisiert; es werde hier nicht verletzt. Denn nach den Stellungnahmen der Umweltingenieurin seien keine erheblichen Immissionen durch das streitige Vorhaben zu erwarten; in den der Genehmigung zugrunde gelegten Gutachten seien eine „worst case“-Berechnung angestellt und (durch ein ergänzendes Gutachten vom 5.4.2016) auch dem Einwand der Klägerin nachgegangen worden, wonach die im Gewerbegebiet unmittelbar angrenzenden Betriebe nicht untersucht worden seien. Alle maßgeblichen Grenzwerte würden eingehalten, auch bezüglich der Betriebsleiterwohnungen. Eine Berechnung der Gesamtbelastung sei wegen des Abstands der prognostizierten Zusatzbelastung (von mindestens 6 dB(A)) zu den maßgeblichen Tag-Grenzwerten gemäß Nr. 3.2.1 der TA Lärm entbehrlich gewesen. Wegen Nr. 5.4 der TA Luft gehe die Umweltingenieurin auch davon aus, dass bei der Lagerung nicht gefährlicher Abfälle keine Prüfung auf Bioaerosole nötig sei; dass diese Bewertung durch die Umweltingenieurin fehlerhaft sei, sei weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das streitige Vorhaben sei daher kein „erheblich belästigender Gewerbebetrieb“. Ein Gewerbegebiet sei grundsätzlich offen für Gewerbebetriebe jeder Art. Dass sich das Gewerbegebiet sehr vielfältig entwickle, sei rechtlich zulässig.
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Das Erfordernis der gesicherten Erschließung eines Bauvorhabens sei regelmäßig - und auch hier - nicht drittschützend.
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4. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Genehmigung vom 15. Mai 2017 (ausgenommen die darin enthaltene wasserrechtliche Erlaubnis) weiter.
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Der Beklagte und die Beigeladene (Schriftsätze vom 13.6.2018 bzw. vom 18.6.2018 und 11.10.201822) haben jeweils beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Zwar spricht viel dafür, dass er nicht fristgerecht eingegangen ist. Allerdings ist der Klägerin die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist zu gewähren.
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1.1. Das Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten am 13. März 2018 zugestellt; der Tag des Ablaufs der Rechtsmittelfrist (13.4.2018) war ein Freitag. Der Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts weist als Tag des Eingangs des Antrag auf Zulassung der Berufung den 16. April 2018 (Montag) aus. Nach Weiterleitung der Unterlagen vom Verwaltungsgericht an den Verwaltungsgerichtshof unterrichtete dieser den Bevollmächtigten zusammen mit der Eingangsbestätigung vom 23. April 2018 davon, dass sein Antrag verfristet sei. Der Bevollmächtigte beantragte daraufhin am 8. Mai 2018 vorsorglich beim Verwaltungsgericht nochmals die Zulassung der Berufung und zugleich Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsmittelfrist; hierzu trug er gemäß § 60 Abs. 2 VwGO vor. Das Verwaltungsgericht übersandte diesen Schriftsatz nebst Anlagen dem Verwaltungsgerichtshof. Gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof bezog sich der Bevollmächtigte auf die beim Verwaltungsgericht gestellten Anträge und den dortigen Vortrag, machte aber zugleich geltend, dass einer von ihm beim Unternehmen DHL am 13. April 2018 abends online abgerufenen „Sendungsverfolgung“ zufolge seine Sendung mit dem Zulassungsantrag am 13. April 2018 um 11:05 Uhr beim Verwaltungsgericht Augsburg eingegangen und dort von einer „Frau K…“ entgegen genommen worden sei; der Zulassungsantrag sei also nicht verfristet. Der Bevollmächtigte hat dem Verwaltungsgerichtshof diese „Sendungsverfolgung“ vorgelegt. Zudem hat er vorgetragen, zu welcher Uhrzeit am 12. April 2018 er die Post abgesandt und auf welche Weise er dafür Sorge getragen habe, dass sie am nächsten Tag noch innerhalb der Geschäftszeit des Verwaltungsgerichts dort ankomme; auch hierfür hat er Belege vorgelegt und zudem den Ablauf der ihm bekannten maßgeblichen Ereignisse seit der Aufgabe der Postsendung eidesstattlich versichert.
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Nachforschungen des Verwaltungsgerichtshofs beim Verwaltungsgericht, bei der DHL und bei der Regierung von Schwaben (deren Dienstgebäude sehr nahe dem Verwaltungsgericht Augsburg liegt und bei der zwei Frauen namens „K…“ arbeiten) haben keine Gewissheit darüber erbracht, ob die Postsendung mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung (entgegen dem Eingangsstempel „16. April 2018“) schon am 13. April 2018 beim Verwaltungsgericht Augsburg eingegangen ist oder ob sie zunächst fälschlicherweise zur Regierung von Schwaben und dann von dort - auf irgendeine Weise - weiter ans Verwaltungsgericht gelangte und dort den Eingangsstempel „16. April 2018“ erhielt. Nach den vom Verwaltungsgerichtshof telefonisch und schriftlich eingeholten Antworten der befragten Stellen und der vorliegenden Belege kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschäftigte des von der DHL beauftragten „Servicepartners“ (von dessen Befragung der Verwaltungsgerichtshof abgesehen hat) das Formular für den Nachweis der Ablieferung der Sendung beim Verwaltungsgericht Augsburg unzutreffend ausgefüllt und hierbei auch die Unterschrift „K…“ möglicherweise selbst vorgenommen hat (vgl. den von DHL am 4.9.2018 dem Verwaltungsgerichtshof übersandten „Abliefernachweis“, Bl. 79 der VGH-Akte, und die Antwort der Regierung von Schwaben vom 19.9.2018 nebst Anlagen, Bl. 84 bis 86 der VGH-Akte; bei dem „Abliefernachweis“ handelt es sich gewissermaßen um die „hardcopy“ der ausgefüllten Eingabemaske des vom „Servicepartner“ verwendeten Geräts einschließlich der vom Empfänger der Sendung auf dem „Pen Pad“ geleisteten Unterschrift). Denn beim Verwaltungsgericht Augsburg gab es (den seitens des Berichterstatters zunächst telefonisch eingeholten und am 13.9.2018 schriftlich bestätigten Auskünften zufolge) im April 2018 keine Beschäftigte namens „K…“ (ein solcher Name war auch - Stand 15.6.2018 - nicht im Telefonverzeichnis des Verwaltungsgerichts enthalten). Bei der Regierung von Schwaben waren im April 2018 zwar zwei Frauen namens „K…“ beschäftigt. Von diesen war aber die eine nach telefonischer Auskunft ihres Kollegen (sie selbst war nicht erreichbar) für die Entgegennahme von Post nicht zuständig (sie arbeite in der Abteilung „Haushalt“) und außerdem wegen Teilzeitarbeit freitags überhaupt nicht im Dienst; die andere erklärte telefonisch persönlich, sie habe eine solche Sendung mit Sicherheit nicht angenommen; sie arbeite im Materiallager und nehme schon deshalb keine Postsendungen an. Unter dem 19. September 2018 beantwortete die Regierung von Schwaben eine entsprechende schriftliche Anfrage des Verwaltungsgerichtshofs und bestätigte hierbei, dass keine der Beschäftigten „K…“ die betreffende Postsendung entgegen genommen habe; beide Beschäftigte selbst erklärten dasselbe unterschriftlich (Bl. 85 und 86 der VGH-Akte). Die Schriftzüge beider Unterschriften „K…“ unterscheiden sich deutlich von derjenigen auf dem „Pen Pad“, die im o.g. „Abliefernachweis“ ausgedruckt ist.
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1.2. Der Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts hat die Beweiskraft einer Urkunde; er weist einen verspäteten Eingang aus (Montag, 16.4.2018). Die Klägerin dagegen hat Dokumente der Postaufgabestelle (Einlieferungsbeleg vom 12.4.2018) und der DHL bzw. des „Servicepartners“ („Sendungsverfolgung“ und „Abliefernachweis“) vorgelegt, die eine Aufgabe zur Post am 12. April 2018 und eine Übergabe der Sendung an eine Bedienstete des Verwaltungsgerichts Augsburg am 13. April 2018 ausweisen. Ob dem „Abliefernachweis“ die Beweiskraft einer Urkunde im Rechtssinn zukommt und welches Gewicht bejahendenfalls diese Urkunde gegenüber dem hierzu im Widerspruch stehenden Eingangsstempel „16. April 2018“ des Verwaltungsgerichts hat, kann dahinstehen. Jedenfalls ist die Aussagekraft des „Ablieferbelegs“ wie auch der „Sendungsverfolgung“ erschüttert, da nach den oben beschriebenen Ermittlungen alles dafür spricht, dass es eine Entgegennahme der Postsendung durch eine „Frau K…“ nicht gegeben hat. Damit ist auch fraglich, ob der Zulassungsantrag - auf welche Weise auch immer - überhaupt schon am 13. April 2018 ans Verwaltungsgericht gelangt ist. Die Klägerin hat zwar im Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 (Bl. 97) gemutmaßt, ihr Brief könne schon am 13. April 2018 während der allgemeinen Dienstzeit in der Poststelle des Verwaltungsgerichts eingegangen, aber versehentlich nicht sofort, sondern erst am Montag (16.4.2018) geöffnet und - wiederum versehentlich - mit dem unzutreffenden Eingangsdatum „16. April 2018“ gestempelt worden sein. Mit einem solchen Geschehensablauf lässt sich aber nicht vereinbaren, dass am 13. April 2018 eine „Frau K…“ am Verwaltungsgericht die Sendung gegen Unterschrift angenommen haben soll. Außerdem wird der Eingangsstempel bei den Verwaltungsgerichten i.d.R. nicht nur auf dem - nach dem Öffnen des Umschlags zugänglichen - Schriftstück selbst angebracht, sondern zusätzlich auch auf dem noch ungeöffneten Umschlag. Vielmehr ist anzunehmen, dass der „Abliefernachweis“ tatsachenwidrig ausgefüllt wurde und dass die Sendung tatsächlich erst am 16. April 2018 beim Verwaltungsgericht eintraf. Diese Annahme wird zusätzlich gestützt durch den auf dem Einlieferungsbeleg der Post aufgedruckten Hinweis (vgl. Bl. 42), der lautet „Versandschlusszeit überschritten. Die Regellaufzeit verzögert sich um 1 Tag (Zustelltage sind Mo-Fr)“.
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1.3. Der Klägerin ist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist zu gewähren; dies ergibt sich aus Folgendem:
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Von der Fristversäumnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Klägerin mit Schreiben vom 23. April 2018 unterrichtet (Bl. 14). Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 7. Mai 2018, wonach ihrem Bevollmächtigten dieser Hinweis am 25. April 2018 zugegangen sei (Bl. 20), ist nachvollziehbar und glaubhaft, denn auch die Beigeladene hat die gerichtliche Nachricht vom Berufungszulassungsantrag am 25. April 2018 erhalten (vgl. die Eingangsbestätigung auf Bl. 18 der VGH-Akte). Die zweiwöchige Frist für den Wiedereinsetzungsantrag (§ 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO) lief daher erst am 9. Mai 2018 ab, also einen Tag nach Eingang des Wiedereinsetzungsantrags (8.5.2018). Diesem Antrag waren der Vortrag zum fehlenden Verschulden und eine eidesstattliche Versicherung hierzu (vgl. Bl. 60.2 ff) beigefügt.
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Die Klägerin hat die Frist unverschuldet versäumt. Ihr Bevollmächtigter hat zwar die Post „auf den letzten Drücker“ abgesandt. Er hat außerdem aufgrund des - oben angesprochenen - Vermerks „Versandschlusszeit überschritten…“ (vgl. Bl. 42) damit rechnen müssen, dass sich die Regellaufzeit (die eigentlich aufgrund der - erwiesenermaßen - von ihm eigens ausgewählten besonders schnellen Zustellungsart nur einen Tag, also bis Freitag, 13.4.2018 vor 12:00 Uhr, betragen hätte) um einen Tag verzögert und daher die Sendung erst am nächsten „Zustelltag“, also am Montag, 16. April 2018 (der Samstag ist laut dem genannten Hinweis kein „Zustelltag“), beim Verwaltungsgericht ankommen könnte. Allerdings hat der Bevollmächtigte für einen fristgerechten Eingang seiner Sendung beim Empfänger Vorsorge getroffen: Er hat noch am Freitag, 13. April 2018, also vor Ablauf der Frist, den Sendungsverlauf über die Internetseite der Post (www...de/espress) zur Kontrolle des fristgerechten Eingangs des Zulassungsantrags online nachverfolgt und sich ein Protokoll des Verlaufs ausdrucken lassen (vgl. Bl. 43); dies hat der Bevollmächtigte durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht (Bl. 44). In der „Ergebniszusammenfassung“ dieser online abgerufenen Kontrolle (Bl. 43) sind als erste Station des Transportwegs die Abholung der Sendung (Nr. 1: 12.4.2018, Ulm, 16:20 Uhr) und als letzte Station (Nr. 5) die Zustellung am Freitag, 13. April 2018, in Augsburg um 11:05 Uhr eingetragen; zu letzterer ist vermerkt: „Sendung zugestellt - übernommen von FRAU K…“. Erhält ein Absender online eine derartige Bestätigung, so darf er darauf vertrauen, dass die Sendung durch den Express-Zusteller tatsächlich zur angegebenen Zeit beim Empfänger eingegangen und entgegen genommen worden ist. Diesem schutzwürdigen Vertrauen steht nicht entgegen, dass - worauf der o.g. Vermerk „Versandschlusszeit überschritten…“ hinweist - eben wegen dieser Überschreitung der „Versandschlusszeit“ eigentlich eine Verzögerung des Zugangs um einen Zustelltag zu erwarten, ein Zugang am nächsten Tag dagegen ungewöhnlich gewesen wäre. Denn die so beschriebene Kontrolle durch den Bevollmächtigten war vorliegend (ausgehend von seiner eidesstattlichen Versicherung, wonach er die Sendungsverfolgung online noch am 13.4.2018 vorgenommen hat) ausreichend, insbesondere rechtzeitig. Denn wenn die Kontrolle ergeben hätte, dass die Sendung noch nicht zugestellt gewesen wäre, so wäre es immer noch möglich gewesen, rechtzeitig vor Fristablauf (13.4.2018, 24:00 Uhr) z.B. per Fax den Berufungszulassungsantrag dem Verwaltungsgericht Augsburg zuzuleiten. Dazu bestand indes wegen der Bestätigung in der Ergebniszusammenfassung, wonach „Frau K…“ die Sendung übernommen habe, kein Anlass. Damit, dass vorliegend der Kurierfahrer der - für DHL tätigen - Zustellfirma (vgl. Bl. 79) bei der Fertigung des „Abliefernachweises“ wohl falsche Daten (nebst Unterschrift) eingegeben und womöglich eine inhaltlich unrichtige Urkunde erstellt hat, musste die Klägerin nicht rechnen.
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2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Berufungszulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht.
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Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124 Rn. 7 bis 7d m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f. m.w.N.).
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Ernstliche Zweifel daran, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis falsch ist, müssen sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht nur in Bezug auf die objektive Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung vom 15. Mai 2017 ergeben (hiermit befasst sich die Klägerin im Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 4 oben sowie im Detail unter Nr. 1 auf S. 4 bis 18), sondern auch hinsichtlich der geltend gemachten, nach Ansicht der Klägerin aus dem jeweiligen Rechtswidrigkeitsgrund folgenden Verletzung eines subjektiven Rechts der Klägerin (Schriftsatz vom 7.5.2018 Nr. 2 auf S. 19 bis 21).
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2.1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend (Schriftsatz vom 7.5.2018, Buchst. b auf S. 5 und 6, Buchst. a auf S. 19), entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe das streitige Vorhaben ein Genehmigungsverfahren gemäß § 10 BlmSchG i.V.m. § 3c S. 1 UVPG (in der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses maßgeblichen Fassung) i.V.m. Nr. 8.9.2.1 der Anlage 1 zum UVPG erfordert und durch die Wahl des falschen Genehmigungsverfahrens sei die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
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Die Klägerin meint, es komme nicht auf das von der Beigeladenen so bezeichnete Prinzip „first in - first out“ an, nach welchem die jeweiligen Abfälle in ihrer Anlage nie länger als ein Jahr gelagert würden. Entscheidend sei vielmehr, dass außer der jeweils kurzzeitigen, weniger als ein Jahr betragenden Lagerdauer von Abfällen - auch aufgrund einer Vereinbarung mit dem Landkreis - ständig und regelmäßig der im Landkreis anfallende Hausmüll und Sperrmüll sowie die Abfälle aus dem „Dualen System Deutschland“ (DSD) mit der Zwischenlagerung und der Umladestation verarbeitet werden sollten und dass diese Tätigkeit auf unbestimmte Zeit, also für länger als ein Jahr angelegt sei. Ein solcher regelmäßiger und dauerhafter Betrieb unterfalle nicht der Nr. 8.12.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Außerdem bezögen sich die Zeitangaben in Nr. 8.12.2 nicht auf die Lagerung der einzelnen konkreten Abfallmengen, sondern auf die Anlage selbst. Dies folge schon aus Sinn und Zweck der 4. BImSchV, die ausschließlich Regelungen über die Bestimmung genehmigungspflichtiger Anlagen enthalte, und werde bestätigt durch die amtliche Begründung.
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Dies überzeugt nicht. Denn die in diesem Zusammenhang zwischen den Beteiligten streitige Rechtsfrage betrifft nicht die Genehmigungspflicht einer Anlage, sondern die Art des Genehmigungsverfahrens. Aus dem Sinn und Zweck der 4. BImSchV und daraus, dass diese Verordnung alle im Anhang 1 genannten Anlagen einer Genehmigungspflicht unterwirft, lässt sich für die Antwort auf diese Frage nichts herleiten. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der 4. BImSchV gilt die Genehmigungspflicht für die meisten unter Nr. 8 des Anhangs 1 geregelten Anlagen (hierzu gehört die vorliegend streitige Abfallanlage) - anders als für die übrigen Anlagen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 4. BImSchV) - auch dann, wenn die Anlage für eine kürzere Zeit als 12 Monate nach der Inbetriebnahme am selben Ort betrieben werden soll. Für die Anlagen unter Nr. 8 des Anhangs 1 ist demnach das Unter- oder Überschreiten einer zwölfmonatigen Betriebsdauer ab der Inbetriebnahme nicht ausschlaggebend für die Genehmigungspflicht. Schon deshalb lässt sich mit dem Sinn und Zweck der 4. BImSchV nicht die Annahme begründen, die Zeitangaben in Nr. 8.12.2 bezögen sich nur auf die Anlage selbst, nicht aber auf die Dauer der Lagerung einzelner Abfallmengen. Aus der von der Klägerin angeführten Kommentarstelle im Schrifttum (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 1 4. BImSchV Anm. 4) ergibt sich nichts Anderes. Gleiches gilt für die amtliche Begründung der Bundesregierung zur Neufassung des Anhangs 1 zur 4. BImSchV (BR-Drs. 674/00, S. 127 ff., abgedruckt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 4. BImSchV, Anhang 1 Nr. 8 Rn. 4). Dort ist in Bezug auf Nr. 8.12 die Rede von den Genehmigungserfordernissen für Anlagen zur „Kurzzeit-Lagerung“ von Abfällen. Dies spricht zum Einen gerade gegen die von der Klägerin vertretene Ansicht, bei der Bestimmung des Genehmigungsverfahrens sei von der Betriebsdauer der Anlage, nicht aber von der jeweiligen Dauer der Lagerung einzelner Abfallmengen auszugehen. Zudem lässt die Klägerin unerwähnt, dass dieselbe amtliche Begründung zu Nr. 8.14 des Anhangs 1 von „Dauerlagerung“ spricht und damit die Tatsache beschreibt, dass Nr. 8.14 die „Anlagen zum Lagern von Abfällen über einen Zeitraum von jeweils [Hervorhebung durch das Gericht] mehr als einem Jahr“ betrifft. Nicht die von der Klägerin vertretene Rechtsansicht, sondern deren Gegenteil ergibt sich also aus den Formulierungen und der Systematik in Nr. 8 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV sowie auch aus der amtlichen Begründung. Wenn somit in einer Abfallanlage - wie dies nach der Betriebsbeschreibung für das vorliegend streitige Vorhaben der Fall ist - zwar immer wieder, fortlaufend und insgesamt für eine unbestimmte Zeit Abfälle aus dem Hausmüll- und Sperrmüllaufkommen oder aus dem DSD gelagert werden sollen, die Verweildauer der jeweils eingesammelten Abfallmenge aber stets weniger als ein Jahr ist, so unterfällt eine solche Anlage nicht der Nr. 8.14 des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Dies hat das Verwaltungsgericht, mit dessen Begründung (Urteilsabdruck - UA - Rn. 37) sich die Klägerin in der Antragsbegründung nicht substantiiert auseinandersetzt, überzeugend begründet; der Antragsgegner hat dies zutreffend mit der Formulierung auf den Punkt gebracht, Nr. 8.12 des Anhangs 1 regele nicht „zeitweilige Anlagen“ zur Abfalllagerung, sondern Anlagen zur „zeitweiligen Lagerung“ von Abfällen. Falsch ist zudem die Schlussfolgerung der Klägerin, aus der Betriebsdauer der Anlage ergebe sich die Notwendigkeit einer allgemeinen Vorprüfung nach dem UVPG.
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2.2. Die Klägerin macht geltend, das streitige Vorhaben sei wegen der zu erwartenden schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärm nicht genehmigungsfähig (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) und verletze die Klägerin in deren Rechten; die Klägerin hält insbesondere die der Genehmigung zugrunde liegende Schallprognose vom 21. April 2016 für fehlerhaft (Schriftsatz vom 7.5.2018 Buchst. c) und aa) auf S. 7 bis 10; Buchst. b auf S. 19).
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2.2.1. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang meint, auch das aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG folgende Vorsorgegebot sei nachbarschützend (Schriftsatz vom 7.5.2018 Buchst. b auf S. 19), trifft dies nach der ganz einhelligen Rechtsprechung regelmäßig nicht zu (vgl. nur BayVGH, U.v. 26.7.2016 - 2 B 15.2392 - juris Rn. 42; BayVGH, B.v. 30.11.2012 - 22 ZB 11.2794 u.a. - juris Rn. 21; OVG LSA, U.v. 6.7.2016 - 2 L 84/14 - juris Rn. 267 m.w.N.). Die von der Klägerin für ihre Ansicht angeführte Kommentarstelle (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 5 BImSchG Rn. 114) bezieht sich gerade nicht auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, sondern nur auf Nr. 1 dieser Vorschrift (zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG dagegen: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 5 BImSchG Rn. 163).
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2.2.2. Im Übrigen stellt die Klägerin den vom Verwaltungsgericht im Einklang mit der einhelligen Rechtsprechung zugrunde gelegten rechtlichen Ansatz jedenfalls nicht substantiiert in Frage, wonach eine Gesamtlärmbetrachtung grundsätzlich nicht rechnerisch vorgenommen werden kann und dann auch nicht geboten ist, wenn sie Lärmquellen einschließt, für die verschiedene Regelwerke mit untereinander nicht vollständig kompatiblen Berechnungsmethoden anzuwenden sind (UA Rn. 28 auf S. 7, Nr. 39 auf S. 12; BayVGH, B.v. 10.9.2015 - 8 ZB 15.833 - juris Rn. 18 m.w.N.; BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 4 A 1075/04 - juris Rn. 389, 390). Die Klägerin stellt hierzu allgemeine Erwägungen zur Gesetzessystematik und zum Zweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 8 letzter Absatz bis S. 9 dritter Absatz) Buchst. b auf S. 19). Richtig ist an ihrem Vortrag zwar, dass im Einzelfall ein voreiliges Absehen von einer Gesamtlärmbetrachtung den Weg zur Erkenntnis verstellen kann, dass sich bei einer Untersuchung aller - von verschiedenen Verursachern hervorgerufener und verschiedenen Regelwerken unterliegender - Lärmbeiträge an ein und demselben Immissionsort wider Erwarten doch eine gesundheitsgefährdende Gesamtlärmbelastung ergeben könnte, die von Verfassungs wegen nicht hingenommen werden dürfte (BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 4 A 1075/04 - juris Rn. 390). Die Klägerin vermag aber nicht schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, inwiefern sich eine Rechtsverletzung der Klägerin aus den im Zusammenhang mit dem Thema „Gesamtlärmbetrachtung“ geltend gemachten Fehlern ergeben könnte. Sie meint insbesondere, es sei „davon auszugehen, dass die Orientierungswerte des Beiblattes 1 zur DIN 18005 - Teil 1, „Schallschutz im Städtebau, Berechnungsverfahren“, sowie die Grenzwerte der TA Lärm und der 16. BImSchV deutlich überschritten“ würden und dies zur Folge habe, dass bei Verwirklichung des geplanten Vorhabens „die Belange der Menschen, die in dessen Nachbarschaft wohnen und/oder arbeiten, insbesondere deren Interesse an gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen, nicht berücksichtigt“ seien (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 9 dritter Absatz). Dieser Vortrag ist zu wenig substantiiert, um einen für eine Verletzung subjektiver Rechte der Klägerin relevanten Fehler des Verwaltungsgerichts dartun zu können.
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2.2.3. Die Klägerin beanstandet die Begründung des Verwaltungsgerichts (UA S. 12 Mitte), wonach die Ermittlung eines Gesamtbeurteilungspegels nach Nr. 3.2.1 der TA Lärm nicht erforderlich sei, weil die Immissionsgrenzwerte an den maßgeblichen Immissionsorten zur Tagzeit [Hervorhebung durch die Klägerin] um mindestens 6 dB(A) unterschritten würden. Sie macht hierzu geltend, das Verwaltungsgericht übersehe ebenso wie die Schallprognose vom 21. April 2016, dass der Bebauungsplan „Gewerbegebiet S… … … … …“ hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein Gewerbegebiet mit beschränkten Immissionen (GEb 2) festsetze, in dem (nach Nr. 4, letzter Absatz, der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans) nur Betriebe und Anlagen, die einen immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 50 dB(A) nachts [Hervorhebung durch die Klägerin] nicht überschritten, zulässig seien (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 9 vierter Absatz). Daran anschließend macht die Klägerin geltend, aus der Schallprognose vom 21. April 2016 (Nrn. 8.2 und 8.3) ergebe sich aber, dass nachts am Immissionsort FlNr. 365/2 (einem Büro) ein Beurteilungspegel von 46 dB(A) erreicht werde, der somit nur 4 dB(A), nicht aber - wie Nr. 3.2.1 der TA Lärm verlange - um mindestens 6 dB(A) unter dem im Bebauungsplan festgesetzten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 50 dB(A) liege (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 10 erster Absatz). Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Die Darlegungen der Klägerin zeigen im Hinblick auf Lärmimmissionen nicht auf, inwiefern die Schallprognose vom 21. April 2016 fachlich fehlerhaft sein und sich hieraus ein rechtserheblicher Fehler in Bezug auf den Immissionsschutz am Grundstück der Klägerin ergeben sollte. Eine substantiierte Darlegung in dieser Hinsicht hätte nämlich erfordert, vorzutragen, dass die in der Nacht zu erwartenden, vom streitigen Vorhaben verursachten Immissionen entweder für sich genommen die für das Grundstück des Klägerin maßgeblichen Immissionsrichtwerte überschreiten oder - zusammen mit anderen Lärmquellen - voraussichtlich am Grundstück der Klägerin zu einer Lärmbelastung in gesundheitsgefährdendem Ausmaß führen würden. An einem solchen Vortrag fehlt es aber; die Klägerin beschränkt sich darauf, mögliche Defizite der Lärmprognose zu behaupten, ohne deren Kausalität für die - hier allein interessierende - Frage einer Rechtsverletzung zu Lasten der Klägerin substantiiert darzutun. Dass die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung objektiv rechtswidrig wäre, weil bei ihrer Erteilung rechtsfehlerhaft eine gebotene Gesamtlärmbetrachtung unterlassen und deshalb eine an einem anderen Grundstück nicht auszuschließende gesundheitsgefährdende Gesamtlärmbelastung ungeprüft geblieben wäre, würde für sich genommen noch nicht ausreichen, um die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Klägerin darzutun.
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Abgesehen davon weist der Beklagte (Schriftsatz vom 13.6.2018 S. 3 Mitte) zutreffend darauf hin, dass der von der Klägerin genannte immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel (IFSP) - hier mit 50 dB(A) festgesetzt - nicht Dasselbe bedeutet wie ein Immissionsrichtwert im Sinn von Nr. 6 der TA Lärm. Die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm sind maßgeblich für den Beurteilungspegel, also die Lärmfracht, die an einem bestimmten Immissionsort ankommt, somit beim „Akzeptor“ gemessen oder prognostiziert wird (vgl. Nr. 1 Satz 3 Buchst. c, Nrn. 2.3, 6.1 und 6.8 der TA Lärm, Nr. A.1.3 des Anhangs zur TA Lärm). Der sogenannte „immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel“ dagegen ist ein zulässiger Maßstab für das Emissionsverhalten eines Betriebs oder einer Anlage, der als deren „Eigenschaft“ im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO festgesetzt werden kann; mit der Festsetzung von Emissionsgrenzwerten nach dem Modell der immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel können Baugebiete gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, also „nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften“ gegliedert werden (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.2013 - 4 BN 10/13 - juris Rn. 5). Ein festgesetzter immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel kann demnach von vornherein nicht zu einem - völlig anders ermittelten und einem ganz anderen Zweck dienenden - Immissionsrichtwert ins Verhältnis gesetzt werden.
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2.3. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der ergebnisbezogenen Richtigkeit des Urteils geltend mit der Behauptung, vom streitgegenständlichen Vorhaben gingen erhebliche Belästigungen durch Geruchs- und Staubimmissionen im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus (Schriftsatz vom 7.5.2018 Buchst. bb auf S. 10 bis 12, Buchst. b auf S. 19). Damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich vollständig der fachlichen Bewertung der Umweltingenieurin vom 26. April 2016 (4 Seiten auf Bl. 205 und 206 der Behördenakte) gefolgt (vgl. UA S. 12 Mitte); dass diese Bewertung fachlich und/oder rechtlich ernstlichen Zweifel begegnen würde, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht; im Einzelnen:
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2.3.1. Was Gerüche und Staub im üblichen Sinn (also ohne luftgetragene Keime, sog. Bioaerosole) angeht, konzediert die Klägerin, dass das der streitigen Genehmigung zugrunde liegende lufthygienische Gutachten (vom 17.12.2015) nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) und der TA Luft vorgeht und dass gegen die Eignung beider Regelwerke für diesen Zweck nichts zu erinnern ist (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 10 unten). Sie hält indes das genannte Gutachten deshalb für defizitär, weil zwar Geruchs- und Staubimmissionen an zwei östlich des geplanten Vorhabens gelegenen Wohnanwesen (in der M…straße und der S…straße) untersucht worden seien, aber nicht an solchen Orten im Gewerbegebiet „S… … … … …“, an denen Menschen leben und arbeiten würden, insbesondere Mitarbeiter der Klägerin, deren Betriebsgebäude unmittelbar an das geplante Vorhaben angrenze. Ferner gehe dieses lufthygienische Gutachten zu Unrecht davon aus, dass im genannten Gewerbegebiet keine Betriebsleiterwohnungen seien. Solche Wohnungen gebe es nämlich in drei Anwesen (eines in der C…-Straße, zwei in der M…straße), sie hätten in die Untersuchung einbezogen werden müssen. Es sei davon auszugehen, dass auch hier die Vorgaben der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) und der TA Luft nicht eingehalten würden und dass das geplante Vorhaben Geruchs- und Staubimmissionen hervorrufen werde, die Belange der in der Nachbarschaft des Vorhabens wohnenden und/oder arbeitenden Menschen beeinträchtige und zu ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen führe (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 11 unten, S. 12 oben).
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Mit diesem Vortrag hat die Klägerin keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegt. Denn entscheidend für einen Klageerfolg der Klägerin ist - wie oben dargelegt - nicht die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung; vielmehr kann die Klägerin deren Aufhebung nur dann beanspruchen, wenn die Genehmigung sie selbst in subjektiven materiellen Rechten verletzt (oder in einem Verfahrensrecht, was nach obigen Ausführungen indes nicht der Fall ist). Die Klägerin genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung einer solchen Rechtsverletzung nicht mit der bloßen Behauptung, es sei „davon auszugehen, dass die Vorgaben der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) und der TA Luft nicht eingehalten“ würden. Unzulänglich ist die Darlegung vorliegend deswegen, weil sich das Verwaltungsgericht die fachliche Bewertung der Umweltingenieurin vom 26. April 2016 zu eigen gemacht hat und weil dieser Bewertung, die auch im Detail in die angefochtene Genehmigung eingeflossen ist, zu entnehmen ist, weshalb das streitige Vorhaben beim Anwesen der Klägerin keine erheblichen Belästigungen im Sinn des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG durch Staub oder Gerüche verursachen wird.
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2.3.1.1. Soweit es um Staub geht, liegt dies der genannten umweltschutzfachlichen Stellungnahme (vom 26.4.2016) und dem angefochtenen Bescheid zufolge daran, dass nach Nr. 4.6.1.1 der TA Luft i.V.m. Tabelle 7 der TA Luft die Bestimmung der Immissions-Kenngrößen für den jeweils emittierten Schadstoff nicht erforderlich ist, wenn die Emissionen die in Tabelle 7 der TA Luft festgelegten Bagatellmassenströme, bei diffusen Emissionen jeweils 10% der in Tabelle 7 der TA Luft festgelegten Bagatellmassenströme, nicht überschreiten, soweit sich nicht wegen der besonderen örtlichen Lage oder besonderer Umstände etwas anderes ergibt. Vorliegend habe der Sachverständige ermittelt, dass der Bagatellmassenstrom für Staub bzw. diffusen Staub deutlich unterschritten werde (vgl. Bescheid vom 15.5.2017 Nr. 1.3.1.1 auf S. 21 unten, S. 22 oben). Inwiefern diese Bewertung fehlerhaft sein sollte, hat die Klägerin nicht dargelegt.
36
2.3.1.2. In Bezug auf Gerüche ist im angefochtenen Bescheid dargelegt, dass nach der GIRL die von einer Anlage verursachten zusätzlichen Geruchsimmissionen dann als erhebliche Belästigung zu werten seien, wenn die Gesamtbelastung am jeweiligen Immissionsort bestimmte Immissionswerte übersteigt, nämlich in Gewerbegebieten einen Anteil der Geruchsstunden von 15% der Jahresstunden. Irrelevant sei allerdings die Zusatzbelastung an einem bestimmten Immissionsort dann, wenn sie dort den Wert 0,02 (2% der Jahresstunden) nicht überschreite; denn dann sei davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung einer vorhandenen Geruchsbelastung (Vorbelastung) nicht relevant erhöhe. Im vorliegenden Fall habe die Ausbreitungsrechnung des Sachverständigen ergeben, dass bei den nächstgelegenen gewerblichen Nutzungen im Gewerbegebiet selbst ohne Berücksichtigung der Abluftreinigung mit einer Wahrnehmungshäufigkeit von höchstens 5% der Jahresstunden zu rechnen sei. Weil es relevante andere Geruchsemittenten dort nicht gebe, werde die zulässige Gesamtbelastung sicher unterschritten; schädliche Umwelteinwirkungen durch Gerüche könnten somit selbst ohne Abluftreinigung ausgeschlossen werden (vgl. Bescheid vom 15.5.2017 Nr. 1.3.1.1 auf S. 22 Mitte). Inwiefern diese Bewertung fehlerhaft sein sollte, hat die Klägerin gleichfalls nicht dargelegt.
37
2.3.2. In Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen in Form von Keimimmissionen hält es die Klägerin für rechtsfehlerhaft, dass das lufthygienische Gutachten (vom 17.12.2015) nicht untersucht hat, ob von dem geplanten Vorhaben solche schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen; sie widerspricht der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, das sich auf die fachliche Beurteilung der Umweltingenieurin gestützt hat, wonach - zusammengefasst - gemäß Nr. 5.4 der TA Luft bei der Lagerung nicht gefährlicher Abfälle keine Prüfung auf Bioaerosole erforderlich sei (UA S. 12 Mitte). Die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht habe sich auf Nr. 5.4 der TA Luft deswegen nicht stützen dürfen, weil inzwischen ein neuer Leitfaden der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zur Ermittlung und Bewertung von Bioaerosol-Immissionen mit dem Stand 31. Januar 2014 vorliege, der gemäß seiner Nr. 1 auch auf „dort namentlich nicht konkret benannte, andere Anlagen mit Bioaerosol-Relevanz“ anwendbar sei; das Vorhaben der Beigeladenen sei eine solche Anlage. Die Risiken von Bioaerosol-Immissionen seien inzwischen abschließend quantifizierbar, kausale Verursachungszusammenhänge hinreichend bekannt und wissenschaftliche Erkenntnisse dazu gewonnen, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgingen. Daraus folge, dass die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefahr den Grad eines generellen Besorgnispotenzials überschreite und den Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auslösen könne mit der Folge, dass in einer Verletzung dieses Schutzanspruchs auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liege (vgl. Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 11).
38
Auch damit kann die Klägerin nicht durchdringen. Welche fachliche und rechtliche Bedeutung dem genannten Leitfaden zukommt, kann dahinstehen. Denn die Klägerin legt nicht substantiiert dar, dass der Leitfaden auch auf das genehmigte Vorhaben angewandt werden könnte und aufgrund welcher Gesichtspunkte überhaupt Anlass besteht, gutachtlich (durch Messungen und Berechnungen) näher zu untersuchen, ob das Vorhaben beim Anwesen der Klägerin schädliche Umwelteinwirkungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG in Form von Bioaerosolen hervorruft. Der von der Klägerin als Anlage K6 zu ihrem Schriftsatz vorgelegte Leitfaden misst sich nach seiner Nr. 1 Geltung bei „insbesondere für die in Nr. 5.4.7.1, 5.4.7.15, 5.4.8.5 und 5.4.8.6 der TA Luft genannten Anlagen, aber auch für andere Anlagen mit Bioaerosol-Relevanz“ und verweist weiter auf eine Übersicht über die „weiteren einschlägig betroffenen Anlagenarten“ im Anhang A der Richtlinie VDI 4250 BI.1 E in Tabelle A 1. Inwiefern das streitige Vorhaben eine „Bioaerosol-Relevanz“ im Sinn dieses Leitfadens haben soll, legt die Klägerin auch nicht ansatzweise dar. Eine solche Relevanz indes liegt ohne nähere Angaben keineswegs auf der Hand. Denn die oben genannten im Leitfaden beispielhaft aufgeführten vier Gruppen von Anlagen sind nur ein kleiner Teil der unter Nr. 5.4 der TA Luft genannten Anlagenarten, für die besondere Regelungen gelten. Sie unterscheiden sich von einer Einrichtung zur Lagerung und Verladung nicht gefährlicher Abfälle, wie sie hier in Rede steht, deutlich. Sie betreffen nämlich Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren (vgl. Nr. 5.4.7.1, S. 159 ff. der TA Luft), Kottrocknungsanlagen (Nr. 5.4.7.15, S. 168 ff. der TA Luft), Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen (Nr. 5.4.8.5, S. 181 ff. der TA Luft) und Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen (Nr. 5.4.8.6, S. 183 ff. der TA Luft); eine biologische Behandlung von Abfällen ist vorliegend nicht Gegenstand der streitigen Genehmigung. Die Nummerierung der Anlagen unter Nr. 5.4 der TA Luft folgt, wie Nr. 5.4 (S. 80 der TA Luft) besagt, der Ordnung im Anhang 1 der 4. BImSchV. Dort bilden die Anlagen zur (bloßen) Lagerung von Abfällen innerhalb der Gruppe 8 („Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen“) eigenständige Untergruppen, in denen nach Abfallart, Lagerfläche, Lagerkapazität und/oder Lagerdauer unterschieden wird; sie alle haben gemeinsam, dass es keine Anlagen sind, in denen - anders als in den Anlagen unter Nrn. 8.5 und 8.6 - organische bzw. biologische Abfälle verarbeitet bzw. behandelt werden (vgl. Nrn. 8.1 bis 8.4 und Nrn. 8.7 bis 8.15 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV).
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Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich demnach nicht, dass auch unter Berücksichtigung des von ihr angeführten Leitfadens Anlass bestünde, für das streitige Vorhaben von der Rechtsprechung zur immissionsschutzrechtlichen Bewertung von Bioaerosolen abzuweichen. Diese Rechtsprechung besagt, dass etwaige durch Bioaerosole bedingte Gefährdungen nicht dem Anwendungsbereich von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG unterfallen, sondern zum Besorgnispotential gehören, dem mit dem Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG zu begegnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.7.2015 - 7 C 10/13 - juris Rn. 21 und B.v. 20.11.2014 - 7 B 27/14 - juris Rn. 16). Auf diese Vorschrift kann sich die Klägerin nicht berufen (BayVGH, B.v. 4.2.2019 - 22 ZB 18.1347 - juris Rn. 57; BVerwG, B.v. 16.1.2009 - 7 B 47/08 - juris Rn. 11 m.w.N.).
40
2.4. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend mit der Begründung, das streitige Vorhaben verletze ihren Gebietserhaltungsanspruch (Schriftsatz vom 7.5.2018 Nr. (1) auf S. 12 bis 14, Buchst. c auf S. 19 und 20). Ihre Darlegung hierzu beruht indes bereits im Ansatz auf einem Rechtsirrtum und ist ungeeignet, die behaupteten ernstlichen Zweifel darzutun. Sie meint nämlich, die vom Verwaltungsgericht verneinte Frage, ob sich die Klägerin ausnahmsweise auf einen gebietsübergreifenden Gebietserhaltungsanspruch berufen könne (UA Rn. 38), stelle sich gar nicht, weil es für die Bejahung schon des „normalen“ Gebietserhaltungsanspruchs nicht auf die Belegenheit der „konkurrierenden“ Grundstücke innerhalb desselben Baugebiets ankomme, sondern hierfür die Lage beider Grundstücke innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs desselben Bebauungsplans ausreiche. Diese Ansicht ist falsch. Ein Gebietserhaltungsanspruch kann schon wesensmäßig nur im Verhältnis von Grundstücken untereinander bestehen, die nicht nur innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs desselben Bebauungsplans liegen, sondern innerhalb desselben, in diesem Bebauungsplan festgesetzten Baugebiets. Ein und derselbe Bebauungsplan kann somit mehrere Baugebiete umfassen, die sich nach ihrer Nutzung ganz beträchtlich unterscheiden können (vgl. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, §§ 2 ff. BauNVO). Innerhalb desselben Bebauungsplangebiets können Baugebiete aneinandergrenzen oder nahe beieinander liegen, für deren Grundstücke durch die jeweilige Baugebietsfestsetzung einerseits verschiedene Nutzungsmöglichkeiten eröffnet oder - als Kehrseite der Medaille - verschlossen sind. Erst die für grundsätzlich alle Grundstücke im selben Baugebiet gleichermaßen bestehenden Nutzungsmöglichkeiten sowie auch die Einschränkungen begründen das Wesensmerkmal eines vom Plangeber innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs gewollten wechselseitigen Austauschverhältnisses (das Bestehen gegenseitiger Rechte und Pflichten), das überhaupt erst die Bejahung eines Gebietserhaltungsanspruchs rechtfertigt. Die Festsetzung verschiedener Baugebiete innerhalb desselben Bebauungsplanbereichs ist dagegen gerade ein Mittel der Bauleitplanung, um verschiedene Nutzungen räumlich voneinander zu trennen. Ein Gebietserhaltungsanspruch kann deshalb vom Eigentümer/Nutzer eines Grundstücks grundsätzlich nur gegen ein solches Vorhaben ins Feld geführt werden, das auf einem Grundstück innerhalb desselben nach der BauNVO festgesetzten Baugebiets verwirklicht werden soll; nur ausnahmsweise ist ein baugebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch denkbar, wenn im konkreten Fall Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung bestehen, die nach dem Willen des Plangebers auch Grundeigentümern außerhalb des Plangebiets (womit nicht das „Gebiet“ des gesamten Bebauungsplans gemeint ist) Drittschutz vermitteln sollen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2019 - 9 CS 17.2482 - Rn. 15, U.v. 13.12.2017 - 2 B 17.1741 - juris Rn. 28 und B.v. 31.3.2008 - 1 ZB 07.1062 - juris Rn. 11; BVerwG, B.v. 9.4.2008 - 7 B 2/08 - juris Rn. 23 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass der Plangeber im vorliegenden Fall mit der Festsetzung eines GEb-Gebiets (in dem das streitige Vorhaben liegt) Betroffenen außerhalb dieses Gebiets (namentlich der Klägerin im Sondergebiet „Entertainmentcenter“) Drittschutz verschaffen wollte, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sie sind auch nicht ersichtlich. Ob, wie die Klägerin vorträgt (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 13 oben bis 14), das streitige Vorhaben den normativen Vorgaben desjenigen Baugebiets, in dem es entstehen soll, entspricht, ist für einen Gebietserhaltungsanspruch ohne Belang.
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2.5. Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben sich aus den Darlegungen der Klägerin auch nicht im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot (Schriftsatz vom 7.5.2018 Nr. (1) auf S. 14 bis 15, Buchst. d auf S. 20). Dies liegt daran, dass die Klägerin zwar die im Allgemeinen sich aus dem Gesetz ergebenden und von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen und Auswirkungen des Rücksichtnahmegebots zutreffend darstellt, aber nicht darzulegen vermag, inwiefern das streitige Vorhaben gerade ihr gegenüber sich als rücksichtslos erweist. Soweit sich der Vortrag der Klägerin überhaupt von derartigen generellen Erwägungen löst und auf den vorliegenden konkreten Fall eingeht (dies ist im Schriftsatz vom 7.5.2018 nur auf S. 15 im dritten Abschnitt der Fall), betrifft er zum Einen die Auswirkungen des streitigen Vorhabens auf die östlich des Gewerbegebiets gelegene Wohnbebauung und konzediert zum Anderen, dass im Gewerbegebiet zahlreiche Einzelhandelsbetriebe und andere Gewerbebetriebe bestehen, die die Klägerin als hochwertig bezeichnet. Das Verwaltungsgericht ist indes davon ausgegangen, dass auch das streitige Vorhaben kein „erheblich belästigender“ Gewerbebetrieb ist (UA Rn. 39). Inwiefern erstens diese Bewertung fehlerhaft sein und zweitens das streitige Vorhaben gerade gegenüber der Klägerin sich als rücksichtslos erweisen soll, legt die Klägerin nicht dar. Dass eine Rücksichtslosigkeit im rechtlichen Sinn, soweit es um Lärm, Gerüche und anderer Immissionen geht, den Darlegungen der Klägerin nicht entnommen werden kann, ergibt sich aus den obigen Ausführungen.
42
2.6. Schließlich ergeben sich ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch nicht aus den Darlegungen der Klägerin zur Veränderungssperre.
43
Die Klägerin macht geltend, die von der Gemeinde erlassene Veränderungssperre sei wirksam (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 15 Nr. 3) und auf die „Sperrwirkung“ dieser Veränderungssperre gegenüber der angefochtenen Genehmigung dürfe sich die Klägerin auch berufen (Schriftsatz vom 7.5.2018 S. 20 Buchst. e). Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist § 14 BauGB (nicht - wie die Klägerin formuliert - „die Veränderungssperre“ selbst) mittelbar über § 13 BImSchG (wonach eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung eine ggf. erforderliche Baugenehmigung einschließt) als öffentlich-rechtliche „Vorschrift“ im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu beachten und kann der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entgegenstehen. Nur dies ergibt sich aus dem von der Klägerin für ihre Rechtsansicht angeführten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH BW, U.v. 6.7.1989 - 10 S 2687/88 - juris) und der von ihr genannten Kommentarstelle (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 90. EL Juni 2019, § 6 BImSchG Rn. 37). Dagegen verhält sich weder das genannte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, das die Verpflichtungsklage auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betraf, noch die genannte Kommentarstelle dazu, dass § 14 BauGB dann, wenn sich ein Nachbar gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Wehr setzt, Drittschutz vermittle. Die Klägerin meint diesbezüglich, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 5.12.1988 - 4 B 182/88 - juris), wonach die Veränderungssperre allein dem öffentlichen Interesse, nicht aber zumindest auch dem Nachbarschutz diene, stehe ihrer Rechtsauffassung nicht entgegen, weil sich diese Rechtsprechung nur auf baurechtliche Genehmigungsverfahren beziehe und daher auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungen, bei denen es um die Verschonung von Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen gehe, nicht anwendbar sei. Dem ist nicht zu folgen. Das Bundesverwaltungsgericht weist in dem genannten Urteil darauf hin, dass die Berücksichtigung einer Veränderungssperre zugunsten des klagenden Nachbarn darauf hinaus laufen würde, den Festsetzungen des späteren - durch die Veränderungssperre gesicherten - Bebauungsplans, soweit diese nachbarschützend sind, rückwirkende Kraft beizumessen; ein solcher - zeitlich vorverlagerter - Schutz von Nachbarn vor der Ausnutzung von Nutzungen, die erst in der Zukunft und möglicherweise durch Festsetzungen des beabsichtigten Bebauungsplans ausgeschlossen werden sollen, sei nicht Inhalt und Ziel der Veränderungssperre, zumal der Inhalt des zukünftigen Plans beim Erlass der Veränderungssperre nur in einem Mindestmaß bestimmt und absehbar sein müsse (BVerwG, B.v. 5.12.1988 - 4 B 182/88 - juris Rn. 3). Dieselben Erwägungen gelten auch dann, wenn die Veränderungssperre mittelbar über § 13 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu beachten ist. Dies folgt daraus, dass das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren nur eine Verfahrenskonzentration gemäß § 13 BImSchG bewirkt; ein (fehlender) Drittschutz des materiellen Rechts bleibt unberührt. Bei der Frage, inwieweit den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Drittschutz zukommt, ist der Zweck dieses Gesetzes zu beachten, wie er in § 1 BImSchG definiert ist. Die Sicherung der gemeindlichen Bauleitplanung ist in § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG (mittelbar durch die Formulierung „andere öffentlich-rechtliche Vorschriften“) nur deshalb angesprochen, um die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - u.a. wegen der andere behördliche Entscheidungen einschließenden Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG - um die außerhalb des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestehenden Anforderungen zu ergänzen. Die Vorschrift des § 14 BauGB erlangt durch ihre Prüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren keine drittschützende Wirkung, die ihr materielrechtlich nicht zukommt. In Übereinstimmung mit dieser Auffassung hat das OVG Lüneburg in einem Urteil, das die Klage eines Drittbetroffenen gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung betraf, die Klagebefugnis aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG wegen möglicherweise von der bekämpften Anlage verursachter Luftschadstoffe hergeleitet (NdsOVG, U.v. 24.10.2019 - 12 KS 127/17 - juris Rn. 139); die der Genehmigungsbehörde unterlaufene Missachtung der im dortigen Fall erlassenen Veränderungssperre hat es dagegen als für den Kläger nicht rügefähig bezeichnet (NdsOVG, U.v. 24.10.2019 - 12 KS 127/17 - juris Rn. 229).
44
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, der unterlegenen Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da die Beigeladene selbst einen Antrag gestellt hat und damit ihrerseits ein Kostenrisiko eingegangen ist.
45
Der Streitwert wurde gemäß § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 festgesetzt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO; mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.