Inhalt

VGH München, Beschluss v. 08.10.2020 – 1 ZB 17.2319
Titel:

Nichtzulassung der Berufung: Nicht geordnete Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein

Normenketten:
BauGB § 34, § 35 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 7
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4
Leitsätze:
1. Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. (Rn. 7) (red. LS Alexander Tauchert)
2. Die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB steht unter dem Vorbehalt, dass ein Vorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Daran fehlt es, wenn bereits ausreichender Wohnraum unmittelbar an der Hofstelle vorhanden ist. Ein im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vernünftiger Landwirt baut nicht ein Betriebsleiterwohnhaus in den Außenbereich, wenn bereits sein bisheriges - ausreichend dimensioniertes - Betriebsleiterwohnhaus unmittelbar an der Hofstelle gelegen ist. (Rn. 12) (red. LS Alexander Tauchert)
3. Eine Ausweitung der Bebauung außerhalb des jeweiligen im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein soll planungsrechtlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Zersiedelung grundsätzlich nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans bzw. ggf. einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB erfolgen. (Rn. 14) (red. LS Alexander Tauchert)
Schlagworte:
Abgrenzung von Innen- und Außenbereich, Fehlende Privilegierung, Ausweitung des bebauten Ortsteils, Zulassung der Berufung, Zulassungsgrund, Landwirtschaftsbetrieb, Betriebsleiterwohnhaus, Baugenehmigung, Anspruch auf Erteilung, dienliches Vorhaben, funktionales Zusammenhang, Außenbereich, öffentlicher Belang, Ausweitung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 13.07.2017 – M 11 K 15.5811
Fundstelle:
BeckRS 2020, 26747

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Kläger - ein haupterwerblicher Landwirt - begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Betriebsleiterwohnhauses nebst Garage auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung P* …, am südwestlichen Ortsrand von P* … Den hierzu erteilten Vorbescheid hat die Beklagte widerrufen.
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Im Norden des Grundstücks verläuft die Orts straße, südlich befinden sich landwirtschaftliche Flächen. Westlich schließt sich nach einem Feldweg das Grundstück FlNr. … an, das mit zwei großen landwirtschaftlichen Hallen des Klägers bebaut ist. Nordöstlich grenzt das Grundstück FlNr. … an, das mit einem Wohngebäude bebaut ist und vom Kläger mit seiner Frau, seinen drei Kindern, seinen beiden Eltern und seiner Tante bewohnt wird. Östlich schließt sich weitere Wohnbebauung an. Auf dem ca. 6.042 m² großen Vorhabengrundstück befindet sich im mittleren Teil eine große landwirtschaftliche Halle. Im nordwestlichen Bereich sowie im östlichen Bereich ist das Grundstück jeweils mit einem gewerblich genutzten Gebäude bebaut. Im südwestlichen Bereich befindet sich am geplanten Vorhabenstandort eine Feldscheune, die einem der Gewerbebetriebe als Unterstellplatz für Kraftfahrzeuge dient.
3
Die auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das nicht privilegierte Vorhaben liege im Außenbereich und beeinträchtige öffentliche Belange. Im Parallelverfahren hat das Verwaltungsgericht die gegen den Widerruf des Vorbescheids erhobene Klage abgewiesen. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt (1 ZB 17.2320).
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) bestehen nicht bzw. werden nicht dargelegt.
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1. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen‚ sind zu bejahen‚ wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG‚ B.v. 8.5.2019 - 2 BvR 657/19 - juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011‚ 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG‚ B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004‚ 838). Das ist hier nicht der Fall.
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1.1 Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass jedenfalls der Teil des Grundstücks, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, im Außenbereich liegt. Die Zulassungsbegründung zeigt keine Umstände auf, die eine Zurechnung des Vorhabens zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtfertigen könnten.
7
Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 - 4 B 28.15 - ZfBR 2016, 67; U.v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275; B.v. 17.1.2005 - 4 B 3.05 - juris Rn. 7; U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.87 - NVwZ 1991, 879). Bebauung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist nicht jede beliebige Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2018 - 4 B 51.17 - NVwZ 2018, 1651; B.v. 5.4.2017 - 4 B 46.16 - ZfBR 2017, 471; U.v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - BauR 2012, 1626; BayVGH, B.v. 13.5.2020 - 1 ZB 19.1663 - juris Rn. 4; B.v. 31.3.2020 - 1 ZB 19.1961 - juris Rn. 5).
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Nach diesen Maßstäben ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der im Rahmen einer Ortseinsicht getroffenen Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass der Bebauungszusammenhang jedenfalls südlich des im nordwestlichen Bereich des Grundstücks gelegenen, gewerblich genutzten Gebäudes und westlich des im östlichen Bereich gelegenen, ebenfalls gewerblich genutzten Gebäudes endet. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass das landwirtschaftlich genutzte Gebäude auf dem Vorhabengrundstück keinen Bebauungszusammenhang vermitteln kann, da es nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dient und es somit kein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellt. Anhaltspunkte dafür, dass hier im Einzelfall abweichend vom Regelfall dem landwirtschaftlich genutzten Gebäude eine prägende und maßstabbildende Kraft zukommt, bestehen nicht. Insbesondere genügt hierfür nicht, dass sich die Siedlungsstruktur als dörfliche Mischnutzung darstellt. Die Bedeutung der inzwischen gewerblich genutzten Gebäude auf dem Vorhabengrundstück hat das Verwaltungsgericht bereits ausreichend dadurch gewürdigt, dass es sie als maßstabsbildend angesehen hat. Eine andere bauplanungsrechtliche Beurteilung für den Vorhabenstandort ist auch nicht angesichts der Böschungskante im Süden des Vorhabengrundstücks gerechtfertigt. Anhand der Lichtbilder (Bl. 30 ff. der Baugenehmigungsakte) ergibt sich, dass die Böschungskante jedenfalls im westlichen Bereich des Vorhabengrundstücks und damit im Umfeld des Vorhabenstandorts wenig prägnant in Erscheinung tritt und daher keine topographische Besonderheit darstellt, die es ausnahmsweise rechtfertigen würde, den Bebauungszusammenhang nicht südlich des westlichen Gewerbegebäudes enden zu lassen.
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1.2 Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass das geplante Vorhaben jedenfalls nicht dienlich im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist.
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Bei der Auslegung des Merkmals „Dienen“ ist der Grundgedanke des § 35 BauGB, dass der Außenbereich grundsätzlich nicht bebaut werden soll, zu beachten; durch ihn wird die Privilegierung eingeschränkt. Ein Vorhaben „dient“ einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht schon dann, wenn es nach den Vorstellungen des Betriebsinhabers für seinen Betrieb förderlich ist. Da aber auch nicht verlangt werden kann, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist, bilden die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens. Maßgeblich ist innerhalb dieses Rahmens, ob ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ in § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tat-sächlich in einer funktionalen Beziehung steht (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 - 4 C 11.89 - NVwZ-RR 1992, 401; U.v. 16.5.1991 - 4 C 2.89 - NVwZ-RR 1992, 400; U.v. 22.11.1985 - 4 C 71.82 - NVwZ 1986, 644; U.v. 3.11.1972 - IV C 9.70 - BVerwGE 41, 138; BayVGH, U.v. 29.1.2019 - 1 BV 16.232 - BayVBl 2019, 562; U.v. 11.4.2017 - 1 B 16.2509 - BayVBl 2018, 168). Der eigentliche Zweck des Erfordernisses des „Dienens“ liegt darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können. Nicht der behauptete Zweck des Vorhabens, sondern seine wirkliche Funktion nach den objektiven Gegebenheiten ist entscheidend. Es sollen Vorhaben verhindert werden, die zwar an sich objektiv geeignet wären, einem privilegierten Betrieb zu dienen, mit denen aber in Wirklichkeit andere Zwecke verfolgt werden (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.1993 - 4 B 254.92 - juris Rn. 5; U.v. 16.5.1991 a.a.O.). Dabei führt der Maßstab des vernünftigen Landwirts zur Unzulässigkeit solcher Wohnhäuser, für deren Errichtung kein konkreter Bedarf besteht. So liegt es, wenn auf der Hofstelle Wohnraum vorhanden ist, der ausreicht, um die Wohnbedürfnisse der Familie unter Einschluss der Altenteilergeneration zu befriedigen (BVerwG, B.v. 20.6.1994 - 4 B 120.94 - NVwZ-RR 1994, 637). Auf die persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Antragstellers kommt es nicht ausschlaggebend an (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1978 - 4 C 85.75 - BauR 1978, 383).
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Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind die vorhandenen Wohneinheiten in dem Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. …, das vom Kläger mit seiner Frau, seinen drei Kindern, seinen Eltern und seiner Tante bewohnt wird, für den landwirtschaftlichen Betrieb ausreichend. Dieses Gebäude verfügt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Rahmen der Ortseinsicht über eine Kubatur E+1+D, wobei das Dachgeschoss, das nach den Luftbildern in Bayernatlas mehrere Gauben aufweist, dominant in Erscheinung tritt. Das bisherige Wohngebäude weist eine Grundfläche von ca. 160 qm (gemessen im Bayernatlas) sowie großflächige Nebengebäude auf. Einen über diesen Bestand hinausgehenden konkreten Bedarf hat der Kläger nicht - auch nicht im ergänzenden Schriftsatz vom 29. September 2020 - dargelegt. Dem Zulassungsvorbringen lässt sich zur Raumsituation im Bestandsgebäude allenfalls entnehmen, dass ein weiteres Kinderzimmer fehlt. Da eine der Töchter des Klägers aber bereits 23 Jahre alt ist, besteht hier nur ein vorübergehender Wohnbedarf. Der inzwischen volljährige Sohn des Klägers absolviert zwar eine fortwirtschaftliche Ausbildung und soll den landwirtschaftlichen Betrieb in Zukunft übernehmen. Daraus ergibt sich aber kein gesteigerter Wohnraumbedarf. Nach den Maßstäben des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfasst die Privilegierung grundsätzlich nur ein Altenteilerhaus bzw. eine Altenteilerwohneinheit für eine Generation (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2019, § 35 Rn. 41) Weiter sind wegen des Grundsatzes der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs zunächst Ausbau- bzw. Erweiterungsmöglichkeiten im vorhandenen Bestand zu prüfen, die hier nach der technischen Stellungnahme der Beklagten vom 6. November 2011 (Bl. 7 Vorbescheidsakte) auch möglich erscheinen.
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Das Zulassungsvorbringen, wonach einem Landwirt unabhängig vom bereits vorhandenen, dem Betrieb unmittelbar räumlich zugeordneten Wohnraum im Innenbereich ein Anspruch auf Errichtung weiteren Wohnraums im Außenbereich zusteht, lässt das der Regelung des § 35 BauGB zugrundeliegende Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs unberücksichtigt. Die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB steht unter dem Vorbehalt, dass ein Vorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Daran fehlt es, wenn bereits ausreichender Wohnraum unmittelbar an der Hofstelle vorhanden ist. Ein im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vernünftiger Landwirt baut nicht ein Betriebsleiterwohnhaus in den Außenbereich, wenn bereits sein bisheriges - ausreichend dimensioniertes - Betriebsleiterwohnhaus unmittelbar an der Hofstelle gelegen ist.
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1.3 Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das nach § 35 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB zu beurteilende Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, ist nicht ernstlich zweifelhaft. Die geplante Bebauung stellt sich als eine siedlungsstrukturell zu missbilligende, nicht geordnete Ausweitung eines in Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich dar (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Das geplante Vorhaben lässt befürchten, dass weitere Bauwünsche im näheren Umfeld des Baugrundstücks oder auf dem Baugrundstück selbst (nach Abbruch des derzeit landwirtschaftlich genutzten Gebäudes) aufkommen.
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Eine durch verbindliche Bauleitplanung nicht geordnete Ausweitung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein ist ein Vorgang der städtebaulich unerwünschten, unorganischen Siedlungsweise, die zu vermeiden ein öffentlicher Belang im Sinn des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB ist (vgl. BVerwG, B.v. 11.10.1999 - 4 B 77.99 - BauR 2000, 1175). Eine Ausweitung der Bebauung außerhalb des jeweiligen im Zusammenhang bebauten Ortsteils in den Außenbereich hinein soll planungsrechtlich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung einer Zersiedelung grundsätzlich nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans bzw. ggf. einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB erfolgen. Das Zulassungsvorbringen, wonach die Gefahr der (unerwünschten) Besiedlung des Außenbereichs aufgrund des bereits baulich genutzten Vorhabenstandortes nicht besteht und sich das Vorhaben gegenüber dem Gebäudebestand deutlich unterordnet, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn die Errichtung eines Wohngebäudes hat unter siedlungsstrukturellen Gesichtspunkten, die für die Anwendung des § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB maßgebend sind (vgl. BVerwG, B.v. 2.9.1999 - 4 B 27/99 - juris Rn. 5), eine andere Bedeutung und ein anderes Gewicht als die ehemals landwirtschaftlich genutzte Scheune auf dem Vorhabenstandort. Von Wohngebäuden geht regelmäßig - und so auch hier - eine unerwünschte Zersiedelung aus (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2000 - 4 C 5.99 - NVwZ 2000, 1048). Der Tatbestand des § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB setzt auch nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2019 - 1 B 17.2077 - juris Rn. 22). Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 - 4 C 10.11 - BauR 2012, 1626). Hier wäre aufgrund berechtigter Bezugnahmen insbesondere eine weitere Bebauung von FlNr. … oder des Vorhabengrundstücks nach Beseitigung des bislang landwirtschaftlich genutzten Gebäudes zu befürchten.
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Da bei der Frage, ob ein Vorhaben nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB planungsrechtlich unzulässig ist, schon der Verstoß gegen einen der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange ausreicht (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.1999 - 4 B 85.99 - BauR 2000, 1171), kommt es nicht darauf an, ob das Vorhaben auch im Widerspruch zu den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) steht bzw. die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB).
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1.4 Hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Bindungswirkung sei aufgrund des rechtmäßigen Widerrufsbescheids vom 11. April 2016 entfallen, sind ernstliche Zweifel bereits nicht hinreichend dargelegt, § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
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Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2017 - 1 ZB 14.1681 - juris Rn. 4; B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 - juris Rn. 22).
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Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen im Hinblick auf die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Vorbescheid aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs keine Bindungswirkung zukommt, nicht. Das Zulassungsvorbringen lässt eine Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts, die sich am Wortlaut des Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG orientiert, vermissen und hält dieser nur entgegen, dass der Widerrufsbescheid angefochten und nicht bestandskräftig geworden sei. Eine Darlegung der Ergebnisunrichtigkeit unter Auseinandersetzung mit den unterschiedlich vertretenen Auffassungen zu der Frage der Auswirkungen einer Aufhebung bzw. Widerrufs auf den ursprünglichen Verwaltungsakt (vgl. u.a. einerseits BVerwG, U.v. 21.6.2007 - 3 C 11.06 - BVerwGE 129, 66; andererseits OVG SH, U.v. 21.11.2007 - 2 LB 29/07 - juris Rn 47) ist nicht erfolgt.
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2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.
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Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem abstrakten Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 4 B 21.16 - juris Rn. 5).
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Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen im Zulassungsantrag nicht. Das Verwaltungsgericht hat zum Begriff des „Dienens“ bereits keinen Obersatz aufgestellt, der im Widerspruch zu den im Zulassungsvorbringen zitierten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts steht. Der Sache nach zielt die Argumentation des Klägers auf eine Würdigung des Sachverhalts und der getroffenen Feststellungen durch das Verwaltungsgericht ab und ist deshalb als Frage einzelfallbezogener Rechtsanwendung für eine Divergenz unerheblich (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2018 - 9 ZB 16.1068 - juris Rn. 23). Im Übrigen liegt die im Zulassungsvorbringen behauptete Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Auslegung des Begriffs des „Dienens“ ausweislich der vorstehenden Ausführungen unter Nr. 1.3 auch nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat für die Frage des „Dienens“ nicht auf die ehemals verfolgte betriebliche Ausrichtung abgestellt, sondern auf den aktuellen Betrieb (UA S. 16). Weiter hat das Verwaltungsgericht dem Kläger auch nicht
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entgegengehalten, dass er seinen Betrieb im Innenbereich ausführen kann. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass der betriebliche Bedarf durch das unmittelbar an der Hofstelle befindliche Bestandsgebäude gedeckt ist. Im Übrigen lag der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 1991 (4 C 2.89) die mit der hiesigen Konstellation nicht vergleichbare Fallgestaltung zu Grunde, dass der Kläger abseits der Hofstelle auf eine Innenbereichslage verwiesen werden sollte.
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Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).