Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 24.08.2020 – Vf. 47-VII-20
Titel:

Unzulässigkeit einer Popularklage gegen Vorschriften zum Übertritt an eine weiterführende Schule

Normenketten:
VfGHG Art. 27 Abs. 1 S. 2, Art. 55 Abs. 1
BV Art. 98 S. 4
GrSO § 6 Abs. 5 S. 2, 3
GSO § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 4
Leitsätze:
1. Unzulässigkeit einer Popularklage gegen Vorschriften zum Übertritt an eine weiterführende Schulein der Grundschulordnung und der Gymnasialschulordnung vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Schulschließungen im Schuljahr 2019/2020. (Rn. 17)
2. Eine Popularklage kann nicht auf Abweichungen von der allgemeinen Anwendungspraxis gestützt werden, die das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus in dieser Sondersituation den Grundschulen im Hinblick auf bestimmte schulrechtliche Vorschriften vorgibt, da dies allein den Normvollzug betrifft. (Rn. 24 – 25)
Schlagworte:
Gleichheitssatz, Handlungsfreiheit, Chancengleichheit, Probeunterricht, Corona, Eignungsfeststellung, Popularklage, weiterführende Schule
Fundstellen:
BayVBl 2020, 842
BeckRS 2020, 20840
LSK 2020, 20840

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Dem Antragsteller wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Gegenstand der mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung verbundenen Popularklage sind § 6 Abs. 5 Sätze 2 und 3 der Schulordnung für die Grundschulen in Bayern (Grundschulordnung - GrSO) vom 11. September 2008 (GVBl S. 684, BayRS 2232-2-K), die zuletzt durch § 3 der Verordnung vom 9. Juli 2019 (GVBl S. 420) geändert worden ist, sowie § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 4 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (Gymnasialschulordnung - GSO) vom 23. Januar 2007 (GVBl S. 68, BayRS 2235-1-1-1-K), die zuletzt durch § 6 der Verordnung vom 22. Juni 2020 (GVBl S. 335) geändert worden ist. Die Vorschriften betreffen den Übertritt an ein Gymnasium oder an eine Realschule (Grundschulordnung) bzw. die Aufnahme in die unterste Jahrgangsstufe des Gymnasiums und den dortigen Probeunterricht (Gymnasialschulordnung).
2
Die für die Beurteilung der Popularklage wesentlichen Vorschriften der Grundschulordnung lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 6 Übertritt an ein Gymnasium oder an eine Realschule
(3) 1Alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 4 öffentlicher oder staatlich anerkannter Grundschulen erhalten am ersten Unterrichtstag des Monats Mai ein Übertrittszeugnis. 2Das Übertrittszeugnis stellt fest, für welche Schulart die Schülerin oder der Schüler geeignet ist; es gilt nur für den Übertritt im jeweils folgenden Schuljahr. 3Das Übertrittszeugnis … ersetzt das Zwischenzeugnis. …
(4) Das Übertrittszeugnis enthält die Jahresfortgangsnoten in allen Fächern mit zusätzlichen Erläuterungen, die Gesamtdurchschnittsnote aus  den Fächern Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht, eine  zusammenfassende Beurteilung zu Übertrittseignung, … 
(4) Das Übertrittszeugnis enthält die Jahresfortgangsnoten in allen Fächern mit zusätzlichen Erläuterungen, die Gesamtdurchschnittsnote aus den Fächern Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht, eine zusammenfassende Beurteilung zur Übertrittseignung, …
(5) 1Die Eignung für einen weiterführenden Bildungsweg wird in der zusammenfassenden Beurteilung festgestellt. 2Die Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums liegt vor, wenn die Gesamtdurchschnittsnote mindestens 2,33 beträgt. 3Die Eignung für den Bildungsweg der Realschule liegt vor, wenn die Gesamtdurchschnittsnote mindestens 2,66 beträgt.
§ 10 Leistungsnachweise
(3) …  2In der Jahrgangsstufe 4 soll bis zum Erhalt des Übertrittszeugnis- ses in den Fächern Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht eine angemessene Zahl von Probearbeiten abgehalten werden.  3Als Richtwerte gelten im Fach Deutsch zwölf, im Fach Mathematik und im Fach Heimat- und Sachunterricht je Fach fünf bewertete Probearbeiten.  4 Im Fach Deutsch und im Fach Heimat- und Sachunterricht kann jeweils höchstens eine Probearbeit durch einen anderen gleichwertigen Leistungsnachweis ersetzt werden.
3
Die in Teilen angegriffenen Vorschriften der Gymnasialschulordnung haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 2
Aufnahme in die unterste Jahrgangsstufe
(2) Die Aufnahme setzt voraus, dass die Schülerin oder der Schüler
1. für den Bildungsweg des Gymnasiums geeignet ist,
(3) 1Für den Bildungsweg des Gymnasiums sind geeignet
1. Schülerinnen und Schüler einer öffentlichen oder staatlich anerkannten Grundschule, wenn sie im Übertrittszeugnis dieser Schule als geeignet für den Bildungsweg eines Gymnasiums bezeichnet sind,
2. Schülerinnen und Schüler, die mit Erfolg am Probeunterricht teilgenommen haben,
§ 3 Probeunterricht
(1) Für Schülerinnen und Schüler, bei denen die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 3 nicht gegeben sind …, führen Gymnasien nach den Vorgaben der Ministerialbeauftragten einen dreitägigen Probeunterricht in den Fächern Deutsch und Mathematik durch. …
(4) 1Die schriftlichen Aufgaben werden landeseinheitlich gestellt und von je zwei Fachlehrkräften benotet; die Arbeiten sind zwei Jahre aufzubewahren. 2Auch die mündlichen Leistungen werden benotet.
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Die Regelung in § 6 Abs. 5 GrSO, dessen Sätze 2 und 3 der Antragsteller als verfassungswidrig rügt, entspricht inhaltlich de Vorläuferregelung des § 25 Abs. 4 GrSO a. F., dessen Verfassungsmäßigkeit der Verfassungsgerichtshof in einem früheren Popularklageverfahren (Vf. 7-VII-13) mit Entscheidung vom 21. Mai 2014 (VerfGHE 67, 133) festgestellt hat.
II.
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Der Antragsteller wendet sich mit der Popularklage vom 4. Mai 2020 vor dem Hintergrund der Schulschließungen infolge der Corona-Pandemie im Jahr 2020 gegen das in den angegriffenen Vorschriften geregelte Verfahren zur Feststellung der Eignung für eine weiterführende Schule in der 4. Jahrgangsstufe der Grundschulen. Er rügt Verstöße gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV), die Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), Art. 126 Abs. 1, Art. 128 Abs. 1, Art. 130 Abs. 1, Art. 131 Abs. 1 sowie Art. 132 BV und möchte im Wege der einstweiligen Anordnung die Außervollzugsetzung des § 6 Abs. 5 Sätze 2 und 3 GrSO sowie des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GSO erreichen. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Eignung für den Übertritt von der Grundschule auf ein Gymnasium oder eine Realschule im Schuljahr 2019/2020 für alle Schülerinnen und Schüler in Bayern nicht anhand einer Übertrittsnote, sondern ausschließlich auf der Grundlage eines Probeunterrichts festzustellen sei; zudem müssten die im Probeunterricht landeseinheitlich gestellten Aufgaben bei allen Teilnehmenden vollständig in die Bewertung einfließen.
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1. Das in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 (im ursprünglichen Antrag versehentlich mit „Nr. 2“ bezeichnet) GSO i. V. m. § 6 Abs. 5 Satz 2 GrSO geregelte Verfahren zur Ermittlung der Übertrittsnote im Übertrittszeugnis sei im Schuljahr 2019/2020 nicht geeignet, verlässlich die Befähigung der Schülerinnen und Schüler für die weiterführende Schule zu ermitteln, da durch die pandemiebedingten Schulschließungen seit dem 13. März 2020 keine Probearbeiten mehr hätten geschrieben werden können. Unter normalen Lebens- und Schulverhältnissen würden dem Übertrittszeugnis in den Fächern Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht alle Leistungen bis zum ersten Unterrichtstag im Mai zugrunde gelegt. In diesem Schuljahr sei hingegen nach Mitteilungen auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus davon auszugehen, dass nur die Leistungen bis zum 13. März 2020 berücksichtigt und damit in der Regel die Richtwerte an abzulegenden Probearbeiten gemäß § 10 Abs. 3 Sätze 3 und 4 GrSO nicht erreicht würden. Es sei keine genügende Anzahl an Prüfungsnachweisen abgelegt worden, um zu einem zuverlässigen Prognoseurteil über die Eignung für das Gymnasium zu gelangen. Richtigerweise hätte das Staatsministerium bzw. der Verordnungsgeber in diesem Schuljahr festlegen müssen, dass alle Schülerinnen und Schüler der 4. Jahrgangsstufe den Probeunterricht ablegen müssten, soweit sie auf die Realschule oder das Gymnasium als weiterführende Schule möchten. Das zwingende Erfordernis eines bestimmten Notendurchschnitts für den Übertritt sei zwar grundsätzlich verfassungsgemäß. Die heutige Prüfungssituation sei aber eine andere als diejenige, die bei Erlass der angegriffenen Normen bestanden und auch der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 21. Mai 2014 zugrunde gelegen habe. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass die geänderten Verhältnisse von Dauer seien. Die Regelungen zum Übertrittsverfahren seien infolge der mehrwöchigen Schulschließung im Schuljahr 2019/2020 in die Verfassungswidrigkeit „hineingewachsen“.
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Der Antragsteller hält insbesondere die durch den Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV und durch Art. 128 Abs. 1 BV garantierte Chancengleichheit der Schülerinnen und Schüler und die Rechte der Eltern aus Art. 126 Abs. 1 und Art. 118 Abs. 1 BV für verletzt, da sich anstatt aller, die auf das Gymnasium oder die Realschule wechseln wollten, nur die in diesem Schuljahr auf einer nicht verlässlichen Grundlage ermittelte Gruppe derer, die die erforderliche Übertrittsnote nicht erreichten, dem Probeunterricht stellen müsse. Zudem greife die strikt notenbasierte verbindliche Übertrittsentscheidung im Sinn einer Negativkorrektur des Elternwillens unter diesen Umständen unzulässig in das Recht der Eltern ein, den Bildungsweg ihres Kindes zu bestimmen.
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2. Im Hinblick auf die Durchführung des Probeunterrichts beanstandet der Antragsteller, dass die vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus zur Abmilderung der Folgen der pandemiebedingten Unterrichtseinstellung bekannt gegebenen Änderungen zum Bewertungsverfahren gegen die Vorgaben des § 3 Abs. 4 Satz 1 GSO verstießen. Die Regelung sehe eine landeseinheitliche schriftliche Aufgabenstellung vor. Nach dem vom Staatsministerium vorgeschlagenen Verfahren könnten jedoch bei einzelnen Schülerinnen und Schülern einzelne Bestandteile der Aufgaben nachträglich aus der Bewertung herausgenommen werden, wenn ein im Probeunterricht geprüfter Inhalt im Unterricht der Grundschule noch nicht behandelt worden sei. Durch eine solche Möglichkeit der nachträglichen „Abkürzung“ könne die Aufgabenstellung im Probeunterricht kein objektiver Maßstab für die Feststellung der Eignung mehr sein; dadurch sei wiederum die Chancengleichheit aus Art. 118 Abs. 1 BV verletzt.
III.
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1. Der Bayerische Landtag hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
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2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.
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a) Die Popularklage richte sich zwar formal gegen Vorschriften der Grundschul- bzw. Gymnasialschulordnung, welche den Übertritt an ein Gymnasium oder an eine Realschule bzw. die Aufnahme in die unterste Jahrgangsstufe des Gymnasiums und den Probeunterricht beträfen. Tatsächlich wende sie sich aber nicht gegen diese Vorschriften als solche, deren Verfassungsmäßigkeit an sich werde nicht in Abrede gestellt. Der Antragsteller beanstande vielmehr, dass die Regelungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nicht verfassungsgemäß angewendet würden, und bemängele damit allein den Vollzug dieser Vorschriften im Jahr 2020. Der Verwaltungsvollzug könne aber nicht Gegenstand des Popularklageverfahrens sein.
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b) Die Popularklage sei darüber hinaus unbegründet. Die Feststellung der Eignung für den Bildungsweg des Gymnasiums oder der Realschule anhand des Übertrittszeugnisses bzw. des Probeunterrichts verstoße im Schuljahr 2019/2020 nicht gegen die als verletzt gerügten Normen der Bayerischen Verfassung, insbesondere nicht gegen Art. 118 Abs. 1, Art. 128 Abs. 1 und Art. 126 Abs. 1 BV.
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aa) Auch im Jahr 2020 gelte unverändert der Grundsatz, dass Schülerinnen und Schüler nur bei entsprechender Eignung auf ein Gymnasium oder eine Realschule übertreten dürften. Diese Bildungswege stünden unter anderem den Übertrittswilligen offen, die im Übertrittszeugnis der Grundschule als geeignet für den betroffenen Bildungsweg bezeichnet seien, sowie denen, die mit Erfolg am Probeunterricht teilgenommen hätten. Die in §§ 2 und 3 GSO bzw. §§ 2 und 3 der Realschulordnung (RSO) geregelten Übertrittsvoraussetzungen seien nicht angepasst worden; auch die Bestimmungen der Grundschulordnung zur Feststellung der Eignung von Schülerinnen und Schülern für den Übertritt an ein Gymnasium oder eine Realschule seien im Wesentlichen unverändert zur Anwendung gekommen. Die Vorschriften fänden in Art. 44 Abs. 2 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage; die Recht- und Verfassungsmäßigkeit des Übertrittsverfahrens habe der Verfassungsgerichtshof bereits mit Entscheidung vom 21. Mai 2014 bestätigt.
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Die schrittweise vorgenommenen Anpassungen bei der Anwendung der §§ 6 und 10 GrSO beinhalteten insbesondere Folgendes: Der Termin für das Übertrittszeugnis sei um eine Woche auf den 11. Mai 2020 verschoben worden. Ferner sei festgelegt worden, dass Grundlage dafür die bis zum 13. März 2020 erzielten Noten seien, weitere Probearbeiten nicht mehr durchgeführt werden könnten und die Richtwerte für die Probearbeiten im Hinblick auf die Klassen, die sie noch nicht erreicht hätten, hinfällig seien. Die den Grundschulen und den Erziehungsberechtigten über Informationsschreiben mitgeteilten Abweichungen vom regulären Verfahren beträfen ausschließlich das Jahr 2020 und seien der besonderen Ausnahmesituation wegen des Coronavirus geschuldet. Sie bezweckten die Gewährung fairer Übertrittsbedingungen für jedes Kind in dieser Sondersituation und die Vermeidung von Nachteilen aufgrund der vorübergehenden Einstellung des Unterrichtsbetriebs bzw. Präsenzunterrichts.
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Die vom Antragsteller gerügte Unterschreitung von Richtwerten für Probearbeiten, bei denen es sich nicht um Mindestwerte handle, lasse nicht darauf schließen, dass eine Festsetzung von verlässlichen Jahresfortgangsnoten nicht möglich sei. Es bestehe keine Notwendigkeit, für alle Schülerinnen und Schüler einen Probeunterricht durchzuführen, da die Übertrittszeugnisse der Grundschulen auch in diesem Schuljahr valide und aussagekräftig seien.
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bb) Der Probeunterricht an Realschulen und Gymnasien, der inzwischen vom 26. bis 28. Mai 2020 stattgefunden habe (Nachholtermin am Ende der Sommerferien), ermögliche durch seine Ausgestaltung eine valide Einschätzung dahingehend, ob basierend auf den in der Grundschule erworbenen Kenntnissen und Kompetenzen ein erfolgreicher Übertritt auf eine Realschule bzw. ein Gymnasium möglich erscheine. Der Termin sei weitestmöglich nach hinten gelegt worden, um die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler nach Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts am 11. Mai 2020 noch auf den Probeunterricht vorzubereiten und den Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Wahrnehmung einer Beratung durch die Lehrkraft zu geben. Auch seien die Aufgabenstellungen an die infolge des Unterrichtsausfalls veränderten Rahmenbedingungen angepasst worden. Sei ein im Probeunterricht geprüfter Inhalt im Unterricht der jeweiligen Grundschule noch nicht behandelt worden, sei - bei entsprechender Bestätigung durch die Schulleitung der Grundschule - die betroffene Aufgabe nicht in die Bewertung einzubeziehen. Ein solcher individueller Ausgleich sei aus Gründen der Chancengleichheit geboten (gewesen), um jedem Einzelnen faire Übertrittsbedingungen zu bieten.
IV.
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Die Popularklage ist unzulässig.
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1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Vorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Zu diesen gehören die angegriffenen Bestimmungen der Grundschulordnung und der Gymnasialschulordnung.
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2. Der Antragsteller hat jedoch keine zulässige Grundrechtsrüge erhoben.
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Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller mit einem Mindestmaß an Substanziierung nachvollziehbar darlegen muss, inwiefern die angegriffene Rechtsvorschrift seiner Meinung nach zu einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung in Widerspruch steht. Unzulässig ist die Popularklage, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht gewährt. Sie ist weiter unzulässig, wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung der entsprechenden Norm nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil beispielsweise der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird. Dabei reicht es nicht aus, wenn ein Antragsteller lediglich behauptet, die angegriffene Rechtsvorschrift verstoße nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung. Er muss seinen Vortrag vielmehr so präzisieren, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist und eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.2.1986 VerfGHE 39, 17/21; vom 12.4.1988 VerfGHE 41, 33/36 f.; vom 26.6.2012 VerfGHE 65, 118/ 122 f.; vom 28.9.2012 VerfGHE 65, 182/185; vom 14.3.2019 BayVBl 2019, 442 Rn. 12; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 98 Satz 4 Rn. 18 f.; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 98 Rn. 47). 
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Die Ausführungen des Antragstellers in der Antragsschrift und den ergänzenden Schriftsätzen werden den Darlegungsanforderungen nicht gerecht.
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a) § 6 Abs. 5 Sätze 2 und 3 GrSO und § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GSO:
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Im Hinblick auf diese Vorschriften ist die Popularklage schon deshalb unzulässig, weil der Antragsteller zwar formal eine Grundrechtswidrigkeit der angegriffenen Regelungen behauptet, in der Sache aber den Normvollzug durch die Exekutive in der Praxis beanstandet, der nicht Gegenstand eines Popularklageverfahrens sein kann (aa)). Soweit er sein Vorbringen anders verstanden haben möchte, ist es nicht geeignet, nachvollziehbar darzutun, dass der Schutzbereich einer als verletzt bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist und eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (bb)). Daneben steht der Zulässigkeit der Popularklage bezüglich dieser Bestimmungen der Gesichtspunkt der Wiederholung entgegen (cc)).
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aa) Für eine zulässige Grundrechtsrüge genügt es nicht, wenn nur ein unzureichender Gesetzesvollzug gerügt wird. Eine Rechtsvorschrift verstößt nicht schon dann gegen eine Norm der Bayerischen Verfassung, wenn sie die Möglichkeit fehlerhafter oder missbräuchlicher Anwendung bietet oder wenn eine bessere Regelung hätte getroffen werden können. Auch ein fehlerhafter Gesetzesvollzug in der Praxis führt nicht dazu, dass die betreffende Vorschrift als solche verfassungswidrig ist. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, in einem Normenkontrollverfahren Einzelakte zu überprüfen (vgl. VerfGH vom 11.11.1997 VerfGHE 50, 226/245; vom 28.1.2003 VerfGHE 56, 1/3 f; vom 17.5.2006 VerfGHE 59, 63/68; vom 29.2.2012 VerfGHE 65, 54/57; VerfGHE 65, 182/186; Müller, a. a. O., Art. 98 Satz 4 Rn. 22; Wolff, a. a. O., Art. 98 Rn. 40).
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Der Antragsteller stellt die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Vorschriften zum Übertrittsverfahren, nach denen die Eignung für den Bildungsweg an einem Gymnasium oder einer Realschule unter anderem bei Erreichen einer bestimmten Gesamtdurchschnittsnote in den Übertrittsfächern im Übertrittszeugnis der Grundschule vorliegt, ausdrücklich nicht in Abrede. In seiner Antragsschrift moniert er vielmehr die Vorgaben, die das Staatsministerium für Unterricht und Kultus aufgrund der Sondersituation des Schuljahrs 2019/2020, in dem der Unterrichtsbetrieb bzw. Präsenzunterricht pandemiebedingt für mehrere Wochen eingestellt war, den Grundschulen für die Anwendung dieser Bestimmungen in der Praxis gemacht hat. Seiner Meinung nach hätte das Staatsministerium anstelle einer Verkürzung des regulären Zeitraums für die Einbringung der Probearbeiten auf die Zeit vor Einstellung des Unterrichtsbetriebs (13. März 2020) unter Verzicht auf die Einhaltung der Richtwerte für die Klassen, die sie bis dahin noch nicht erreicht hatten, vorgeben müssen, dass - ungeachtet der bisherigen Leistungen in den Probearbeiten - alle an einem Wechsel auf das Gymnasium oder die Realschule interessierten Schülerinnen und Schüler ihre Eignung durch den Probeunterricht nachweisen müssen. Dieser Vortrag erschöpft sich in einer im Popularklageverfahren unzulässigen Beanstandung des Normvollzugs durch die Schulverwaltung.
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bb) Das ergänzende Vorbringen des Antragstellers, mit dem er eine durch die Sondersituation im Jahr 2020 nachträglich entstandene Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Normen selbst belegen will, auf die der Verordnungsgeber, der das Verwaltungshandeln durch die Vorschriften vorgegeben habe, entsprechend hätte reagieren müssen, reicht für eine zulässige Grundrechtsrüge ebenfalls nicht aus.
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(1) Insoweit kann sich der Antragsteller für die Zulässigkeit der Popularklage von vornherein nicht auf eine angebliche Verletzung des Art. 130 Abs. 1 BV (Grundsatz der staatlichen Schulaufsicht), des Art. 131 Abs. 1 BV (Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen) und des Art. 132 BV (Aufbau des Schulwesens und Förderung ungeachtet der Herkunft) berufen. Denn diese Verfassungsbestimmungen gewähren keine Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte. Es handelt sich um objektive Normen, aus denen für den Einzelnen keine subjektiven Rechte erwachsen (vgl. VerfGH vom 21.5.2014 VerfGHE 67, 133 Rn. 31). Im Übrigen behauptet der Antragsteller zwar eine Verletzung dieser Normen, begründet dies aber nicht näher.
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(2) Ob Art. 128 Abs. 1 BV (Ausbildungsanspruch entsprechend der erkennbaren Fähigkeiten und inneren Berufung), der nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl. VerfGH vom 28.5.2009 VerfGHE 62, 79/98 m. w. N.)  eine objektive Pflicht zu Gewährung chancengleiche derivative Teilhabe statuiert, auch Grundrechtsqualität hat, kann dahinstehen. Denn de Vortrag des Antragstellers ist sowohl bezüglich diese Bestimmung als auch im Hinblick auf die –  je Grundrechte verbürgenden – Art. 118 Abs. 1 BV (allgemeine Gleichheitssatz), Art. 101 BV (allgemeine Handlungsfreiheit) und Art. 126 Abs. 1 BV (Erziehungsrecht de Eltern) ungeeignet, nachvollziehba darzutun, dass durch die angegriffenen Regelungen de Schutzbereich eine diese Verfassungsnormen berührt wäre und eine Grundrechtsverletzung möglich erschiene. 
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(a) Der Antragsteller meint, dass im Beibehalten der Vorschriften des § 6 Abs. 5 Sätze 2 und 3 GrSO und des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GSO durch den Verordnungsgeber, nach denen de Eignungsnachweis fü das Gymnasium ode die Realschule auch in de diesjährigen Sondersituation unte anderem durch die entsprechende Gesamtdurchschnittsnote im Übertrittszeugnis de Grundschule erbracht werden kann, eine „Negativkorrektur“ des Elternwillens, ein Eingriff in die  allgemeine Handlungsfreiheit und in das Erziehungsrecht der Eltern liege. Dieser  Eingriff sei nicht gerechtfertigt, da der Notendurchschnitt ohne Einhaltung de Richtwerte für die Probearbeiten keine verlässliche Prognose ermögliche. Erklärtes Ziel seine Popularklage ist, durch Nichtigerklärung de genannten Regelungen  zu erreichen, dass in diesem Schuljah sämtliche Schülerinnen und Schüle –  ohne Berücksichtigung ihre bisherigen Leistungen im letzten Grundschuljah –  ihre Eignung fü den gewünschten weiterführenden Bildungsweg allein durch eine  erfolgreiche Teilnahme am dreitägigen Probeunterricht nachweisen können.  
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Mit dieser Argumentation wird eine mögliche Verletzung der Art. 101 und 126 Abs. 1 BV nicht nachvollziehbar dargelegt. Denn nach der Regelungssystematik der Schulordnungen steht die Eignungsfeststellung durch das Übertrittszeugnis selbstständig (und vorrangig) neben der durch eine erfolgreiche Teilnahme am Probeunterricht gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GSO. Sie eröffnet den Übertrittswilligen eine eigenständige Möglichkeit, ihre Eignung fü die gewünschte weiterführende Schule zu zeigen. Nu die Grundschulkinder, die nicht bereits aufgrund de  Gesamtdurchschnittsnote in den Übertrittsfächern fü das Gymnasium bzw. die  Realschule geeignet sind, werden auf den Probeunterricht verwiesen. Ein „Eingriff“  in die durch Art. 101 und 126 Abs. 1 BV garantierten Grundrechte ist dahe mit  dem Beibehalten diese Möglichkeit de Eignungsfeststellung nicht verbunden. Anders wäre es nur, wenn die Popularklage – was jedoch nicht de Fall ist – darauf  abzielen würde, aufgrund de Sondersituation in diesem Schuljah auf das Erfordernis eine Eignungsfeststellung fü die Anforderungen des Gymnasiums ode  de Realschule insgesamt zu verzichten und allen Grundschulkindern bzw. deren  Eltern die Wahl de weiterführenden Schule freizustellen. 
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(b) Auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz in der Modalität de Chancengleichheit der betroffenen Schülerinnen und Schüler oder auch deren Eltern (Art. 118 Abs. 1 BV, Art. 128 Abs. 1 BV bei unterstellte Grundrechtsqualität)  wird vom Antragstelle eine mögliche Grundrechtsverletzung und etwa daraus resultierende Verpflichtung des Verordnungsgebers zu de von ihm favorisierten  Normänderung in Form eine Streichung de angegriffenen Regelungen nicht hinreichend dargetan.
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Der Antragsteller sieht den Gleichheitssatz in seinem klassischen Gehalt verletzt, dem Verbot, gleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise ungleich und ungleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise gleich zu behandeln (vgl. VerfGH vom 15.11.2006 VerfGHE 59, 219/228; vom 19.2.2015 VerfGHE 68, 55 Rn. 30; vom 19.3.2018 BayVBl 2018, 514 Rn. 42). Seiner Auffassung nach stehen aufgrund der besonderen Umstände in diesem Schuljahr die Grundschulkinder, die im verkürzten Bewertungszeitraum die erforderliche Übertrittsnote für das Gymnasium oder die Realschule erzielt haben, mit denen „gleich“, die den geforderten Schnitt nicht erreicht haben. Dies führt er darauf zurück, dass seines Erachtens wegen der mit der Verkürzung der Unterrichtsdauer verbundenen wahrscheinlichen Un- terschreitung der Richtwerte für die Probearbeiten im Hinblick auf keine der beiden Gruppen eine verlässliche Prognose über die vorhandene oder fehlende Eignung für den weiterführenden Bildungsweg habe getroffen werden können. In dem Verzicht auf einen Probeunterricht für die erste Gruppe liege daher eine gleichheitswidrige Begünstigung dieser Schülerinnen und Schüler, die beseitigt werden müsse.
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Mit dieser Betrachtungsweise nimmt der Antragsteller eine unzulässig verengende Perspektive ein und ignoriert, dass bezogen auf die Eignung für die Anforderungen der weiterführenden Schulen wesentliche Unterschiede zwischen beiden Vergleichsgruppen auch bei der auf die diesjährige Sondersituation angepassten Handhabung auf der Hand liegen: Die Schülerinnen und Schüler mit der jeweils erforderlichen Gesamtdurchschnittsnote im Übertrittszeugnis haben in einer Langzeitbeobachtung innerhalb eines für alle gleichermaßen und unerwartet verkürzten, aber immer noch mehr als ein halbes Schuljahr dauernden Bewertungszeitraums in einer Reihe von Probearbeiten Leistungen gezeigt, die regelmäßig die Annahme rechtfertigen, dass sie den Anforderungen des Gymnasiums oder der Realschule auch gewachsen sein werden. Den übrigen Schülerinnen und Schülern hätte das (zum Teil) lediglich möglicherweise durch die Abnahme weiterer Probearbeiten noch gelingen können. Dass der Verordnungsgeber in dieser Situation an der bestehenden differenzierenden Regelung festgehalten und keinen Anlass gesehen hat, für die Eignungsfeststellung in diesem Jahr alle, auch die leistungsstärkeren Grundschulkinder ausschließlich auf den Probeunterricht zu verweisen, beruht objektiv gesehen offensichtlich auf sachgerechten Gründen. Dies gilt umso mehr, als die Durchführung von Probeunterricht für alle übertrittswilligen Schülerinnen und Schüler pandemiebedingt kaum realisierbar erscheint. Allein die Berufung auf die in diesem Jahr wahrscheinlich in vielen Fällen wegen des verkürzten Bewertungszeitraums schmälere Beurteilungsgrundlage als üblich genügt nicht, um nachvollziehbar eine willkürliche Ungleichbehandlung darzutun. Im Übrigen ist die Grundannahme des Antragstellers, dass die Unterschreitung von Richtwerten für die Probearbeiten eine zuverlässige Prognoseentscheidung generell nicht mehr ermögliche, weder zwingend noch auch nur naheliegend.
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(c) Das nachgeschobene Zusatzargument des Antragstellers, dass sich die durch das Pandemiegeschehen veränderten Lebensverhältnisse an den Schulen möglicherweise in weiteren Schuljahren fortsetzen oder sogar von Dauer sein könnten und damit die abstraktgenerellen Regelungen in der Grundschulordnung und der Gymnasialschulordnung betroffen seien, ändert diese Beurteilung nicht. Die beanstandeten Anpassungen in der Anwendungspraxis der angegriffenen Rechtsvorschriften wurden als Reaktion auf eine unerwartete und aus exante-Sicht temporäre Ausnahmesituation nur für dieses Schuljahr bei dynamischer Entwicklung vorgenommen. Spekulationen darüber, wie sich das Pandemiegeschehen möglicherweise weiterentwickeln und auf das Schul- und Prüfungswesen in den nächsten Schuljahren auswirken könnte, sind für die aktuelle verfassungsrechtliche Überprüfung nicht maßgeblich.
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(d) Soweit man den Vortrag des Antragstellers auf die Normsetzung, nicht den Normvollzug bezogen versteht, steht der Zulässigkeit im Übrigen entgegen, dass er in der Sache ein Unterlassen des Normgebers geltend macht, das wegen des dem Normgeber zustehenden Gestaltungsspielraums nur ausnahmsweise Gegenstand einer Popularklage sein kann. Denn der Antragsteller hält aufgrund der pandemiebedingten Sondersituation ein Tätigwerden des Verordnungsgebers für zwingend geboten, sei es durch vorübergehende Aussetzung der angegriffenen Bestimmungen oder auch deren Aufhebung bis auf Weiteres. In solchen Fällen muss in substanziierter Weise dargelegt werden, dass der Normgeber aufgrund eines bindenden Verfassungsauftrags oder einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung zum Erlass einer bestimmten Regelung verpflichtet ist; bei einem behaupteten Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV umfasst dies auch die Darlegung, dass eine dem Gleichheitssatz genügende Regelung nur in einem bestimmten Sinn ausfallen könnte (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.5.2009 VerfGHE 62, 61/65; vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 115; vom 12.9.2016 VerfGHE 69, 236 Rn. 44; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Satz 4 Rn. 14; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Rn. 25). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Antragstellers nicht, der allein aus dem Umstand der wahrscheinlichen Unter- schreitung von Richtwerten für Probearbeiten eine unzuverlässige Prognoseentscheidung und daraus die Notwendigkeit einer Normanpassung in genau dem von ihm gewünschten Sinn ableitet.
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cc) Die Popularklage erweist sich hinsichtlich § 6 Abs. 5 Sätze 2 und 3 GrSO und § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GSO darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung als unzulässig.
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Hat der Verfassungsgerichtshof in einem Popularklageverfahren die Verfassungsmäßigkeit einer landesrechtlichen Rechtsvorschrift festgestellt, so ist die Rechtslage geklärt und es soll dabei sein Bewenden haben. Ein erneuter Antrag nach Art. 98 Satz 4 BV, der sich gegen eine vom Verfassungsgerichtshof bereits für verfassungsmäßig befundene Rechtsvorschrift richtet, ist deshalb nur dann zulässig, wenn ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten ist oder wenn neue rechtliche Gesichtspunkte oder neue, in der früheren Entscheidung noch nicht gewürdigte Tatsachen geltend gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn die angefochtene Rechtsvorschrift zwar nicht formell mit der vom Verfassungsgerichtshof bereits überprüften Regelung identisch ist, inhaltlich aber mit ihr übereinstimmt, sowie wenn eine Vorschrift überprüft wurde, die mit der nun angegriffenen Norm in engem, die Identität des Streitgegenstands herstellenden Sachzusammenhang steht (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.12.1980 VerfGHE 33, 168/171; vom 22.7.1993 VerfGHE 46, 201/203; vom 5.8.1999 VerfGHE 52, 91/94; vom 26.10.2009 VerfGHE 62, 198/ 201 f.; Müller, a. a. O., Art. 98 Satz 4 Rn. 26; Wolff, a. a. O., Art. 98 Rn. 52 f.).
38
Der Verfassungsgerichtshof hat in dem vorangegangenen Popularklageverfahren Vf. 7-VII-13 unter anderem die inhaltlich unveränderte Vorläuferregelung zu § 6 Abs. 5 GrSO, den § 25 Abs. 4 GrSO a. F., umfassend überprüft und mit Entschei- dung vom 21. Mai 2014 (VerfGHE 67, 133) dessen Verfassungsmäßigkeit festgestellt. Der für die Zulässigkeit eines erneuten Antrags – in der hier allenfalls in Betracht kommenden Fallvariante – erforderliche grundlegende Wandel der Lebensverhältnisse wird vom Antragsteller behauptet, liegt aber nicht vor. Ein solcher grundlegender Wandel erfordert jedenfalls eine gewisse Dauerhaftigkeit, die weder im Hinblick auf die temporär eng begrenzte Ausnahmesituation angenommen noch mit vagen Spekulationen über eine lediglich mögliche Entwicklung in der Zukunft begründet werden kann.
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Die Unzulässigkeit unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung erfasst auch § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GSO, der als solcher nicht Gegenstand der genannten Popularklage war. Da diese Vorschrift der Gymnasialschulordnung die Anforderungen an den Übertritt auf das Gymnasium spiegelbildlich zur Regelung in der Grundschulordnung festhält, steht er aber mit § 6 Abs. 5 GrSO in einem engen, die Identität des Streitgegenstands herstellenden Sachzusammenhang.
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b) § 3 Abs. 4 GSO:
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Im Hinblick auf diese Bestimmung der Gymnasialschulordnung zur Durchführung des Probeunterrichts liegt keine zulässige Grundrechtsrüge vor, da nicht die Norm, sondern allein eine Verwaltungspraxis in der Sondersituation des Schuljahrs 2019/2020 beanstandet wird, die nicht Gegenstand eines Popularklageverfahrens sein kann. Der Antragsteller rügt, dass das Staatsministerium für Unterricht und Kultus in diesem Jahr für den Probeunterricht im Einzelfall die Möglichkeit einräume bzw. eingeräumt habe, Aufgaben nicht in die Bewertung einzubeziehen, wenn dort geprüfte Inhalte im Unterricht einer Grundschule infolge der Einschränkungen des Unterrichtsbetriebs nicht behandelt wurden. Dies verstoße gegen § 3 Abs. 4 Satz 1 GSO, der eine landeseinheitliche Stellung der schriftlichen Aufgaben vorschreibe, und verletze den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV). Einen Verstoß der Verordnungsbestimmung als solcher gegen den Gleichheitssatz oder eine andere grundrechtsverbürgende Norm der Verfassung macht der Antragsteller hingegen nicht geltend.
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3. Daneben kann dahinstehen, ob durch den inzwischen abgelaufenen Anmelde zeitraum für die Aufnahme in die Jahrgangsstufe 5 einer Realschule oder eines Gymnasiums und den bereits durchgeführten Probeunterricht darüber hinaus das Rechtsschutzbedürfnis für die Popularklage ganz oder teilweise entfallen ist.
V.
43
Durch die Entscheidung über die Popularklage hat sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.
VI.
44
Es ist angemessen, dem Antragsteller eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Abs. 2 VfGHG).