Inhalt

OLG München, Hinweisbeschluss v. 28.05.2020 – 31 Wx 164/20
Titel:

Amtliche Erbenermittlung in Bayern

Normenketten:
BayAGGVG Art. 37
FamFG § 352e
Leitsätze:
1. Zweck der amtlichen Erbenermittlung in Bayern ist in erster Linie die Vorbereitung einer Entscheidung über das Erbrecht und die Sicherung der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen und Beweismittel (Anschluss an OLG München FGPrax 2010, 138; und BayObLGZ 1985, 244, 250). (Rn. 4)
2. Hat kein Verfahrensbeteiligter einen Erbscheinsantrag gestellt, kommt der Erlass eines Feststellungsbeschlusses im Hinblick auf das Erbrecht nicht in Betracht. (Rn. 1 – 2 und 6 – 11)
Schlagworte:
Bestellung, Erbausschlagung, Erben, Entscheidungsgrundlage, Beweismittel, Erbscheinsantrag, Verfahrensbevollmächtigter
Fundstellen:
ErbR 2020, 811
RPfleger 2020, 665
FamRZ 2021, 63
BeckRS 2020, 19338
ZEV 2020, 585
LSK 2020, 19338

Tenor

Der Senat weist die Beteiligten auf folgendes hin:
Der Senat beabsichtigt, die angefochtene Entscheidung ohne Sachprüfung aufzuheben.
Dem liegt folgendes zu Grunde:
Keiner der Verfahrensbeteiligten hat nach Lage der Akten bislang einen Erbscheinsantrag gestellt.
Das Nachlassgericht - Nachlassrichter - hat nach durchgeführten Ermittlungen dennoch am 24.1.2020 einen Beschluss erlassen, in dem es festgestellt hat, wer den Erblasser beerbt hat.
Ein derartiger Beschluss ist jedoch außerhalb eines Erbscheinserteilungsverfahrens vom Gesetz nicht vorgesehen.

Entscheidungsgründe

1
1. Gemäß § 352e FamFG erlässt das Nachlassgericht einen Feststellungsbeschluss, wenn im Erbscheinserteilungsverfahren die Erteilung eines Erbscheins beantragt wurde und die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen.
2
Diese Voraussetzungen nach § 352e FamFG liegen hier - da keiner der Beteiligten einen Erbscheinsantrag gestellt hat - jedoch nicht vor.
3
2. Insbesondere ergibt sich die Möglichkeit, einen Beschluss über das Erbrecht zu erlassen, nicht aus Art. 37 bayAGGVG.
4
a) Der Senat hat bereits entschieden, dass Zweck der amtlichen Erbenermittlung nach den jetzt gültigen Vorschriften (Artikel 37 AGGVG) in erster Linie die Vorbereitung einer Entscheidung über das Erbrecht und die Sicherung der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen und Beweismittel ist (OLG München FGPrax 2010, 138; ebenso BayObLGZ 1985, 244, 250), während die Entscheidung selbst in einem nachfolgenden Erbscheinsverfahren zu treffen ist. Auch nach amtlicher Erbenermittlung entfaltet ein lediglich feststellender Beschluss weder Bindungs- noch Rechtsscheinwirkung. Das spricht dafür, auch in Fällen amtlicher Erbenermittlung einen feststellenden Beschluss des Nachlassgerichts als unzulässig anzusehen.
5
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
6
b) Soweit das BayObLG in BayObLGZ 1968, 68, 71 davon ausgegangen war, dass das Nachlassgericht im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Erbenermittlung berechtigt sei, die Unwirksamkeit einer Erbausschlagung im Beschlusswege auszusprechen, steht dies der vorgenannten Auffassung nicht entgegen: Eine Ausschlagung der Erbschaft steht vorliegend schon nicht inmitten. Es kann dahinstehen, ob es praktische Gründe gibt, die für einen solchen Ausspruch im Falle einer Ausschlagung sprechen (bejahend: Kroiß in MittBayNot 2010, 486).
7
Für einen Ausspruch im Rahmen einer allgemeinen Erbenermittlung sind derartige Gründe indes nicht ersichtlich: Das Nachlassgericht ermittelt zwar gemäß Art. 37 bayAGGVG den Erben von Amts wegen.
8
Das ist vorliegend auch geschehen und das Nachlassgericht hat seine Erbenermittlung am 9.6.2015 den Beteiligten mitgeteilt.
9
Den nachträglich aufgetauchten Zweifeln an der Richtigkeit der ermittelten Erben hat das Nachlassgericht durch die Bestellung eines Nachlasspflegers Rechnung getragen. Damit hat es den Anforderungen, die von Art. 37 bayAGGVG gestellt werden, entsprochen: Der Nachlass wurde ebenso gesichert wie die Entscheidungsgrundlagen für ein Erbenfeststellungsverfahren. Nachdem aber keiner der Beteiligten einen Erbscheinsantrag gestellt hat, hatte es damit sein Bewenden.
10
Außerhalb eines Erbscheinserteilungsverfahren ist im Verfahren der allgemeinen Erbenermittlung nach Art. 37 bayAGGVG mithin für den vom Nachlassgericht erlassenen Beschluss kein Raum.
11
c) Es steht den Beteiligten frei, durch Stellung eines Erbscheinsantrages vor dem Nachlassgericht ein förmliches Verfahren einzuleiten, in dem dann die Erbenstellung geklärt wird.
12
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen.
13
Anschließend muss jederzeit mit einer Entscheidung gerechnet werden.