Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 21.07.2020 – Vf. 59-VI-17
Titel:

Begründungsanforderungen an eine Verfassungsbeschwerde

Normenketten:
ZPO § 42, § 47 Abs. 1
VfGHG Art. 51 Abs. 1 S. 1
BV Art. 86 Abs. 1, Art. 91 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1, Art. 120
Leitsätze:
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs gegen einen Richter in einem Nachlassverfahren.
1. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Stützt sich eine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen, muss sich der Beschwerdeführer mit jeder dieser Begründungen befassen. (Rn. 25) (red. LS Axel Burghart)
2. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar derart dargelegt werden, dass der BayVerfGH in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint. (Rn. 25) (red. LS Axel Burghart)
3. Wegen des beschränkten Prüfungsumfangs des BayVerfGH  bei der Anwendung von Bundesrecht kann die Verletzung weiterer materieller Grundrechte der Bayerischen Verfassung ohne erfolgreiche Rüge einer Verletzung des Willkürverbots nicht geltend gemacht werden. (Rn. 40) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Begründung, Ablehnungsgesuch, Rechtspfleger, Willkürverbot, Befangenheit, Verfassungsbeschwerde
Vorinstanzen:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.07.2017 – 8 W 938/17
AG Hersbruck, Beschluss vom 03.04.2017 – VI 0092/09
Fundstelle:
BeckRS 2020, 16978

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
1 Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck vom 3. April 2017 Az. VI 0092/09, mit dem ihr Befangenheitsantrag gegen den Richter am Amtsgericht S. abgelehnt wurde, und gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juni und 19. Juli 2017 Az. 8 W 938/17, mit denen ihre sofortige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung und ihre Gehörsrüge zurückgewiesen wurden.
2
1. Die Beschwerdeführerin ist Beteiligte in einem seit dem Jahr 2009 anhängigen Nachlassverfahren vor dem Amtsgericht Hersbruck Az. VI 0092/09. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8. Februar 2017 lehnte sie den Richter am Amtsgericht S. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Ihr Gesuch begründete sie im Wesentlichen damit, dass der erkennende Richter „grundlegende Missstände in dem Nachlassverfahren nicht abgestellt“, insbesondere dazu beigetragen habe, dass Rechtsanwalt M. trotz schwerer Pflichtverletzungen seine Tätigkeit als Nachlasspfleger habe fortsetzen können und Rechtspflegerin L. weiterhin für die Bearbeitung der Sache zuständig geblieben sei. Der Richter habe wesentlichen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen, insbesondere aber am 13. Dezember 2016 folgende, an ihre Verfahrensbevollmächtigte gerichtete Verfügung getroffen:
Es wird mitgeteilt, dass aufgrund des inzwischen insoweit rechtskräftigen Urteils im Zivilverfahren und nach erklärter Auffassung der Rechtspflegerin beim Amtsgericht Hersbruck und des Nachlasspflegers die Übertragung des Grundstückes an Ihre Mandantin, die Vermächtnisnehmerin nunmehr von dieser selbst veranlasst werden kann. Deswegen und auf Grund der vom Oberlandesgericht Nürnberg im Urteil vom 18.10.2016 [richtig: 29.11.2016] geäußerten Ansicht, dass der Nachlasspfleger, soweit er bislang eine gerichtliche Genehmigung für erforderlich hielt und diese abwartete, nicht pflichtwidrig handelte, wird hiermit angefragt, ob der Antrag auf Abberufung des Nachlasspflegers noch aufrechterhalten wird.
Um Antwort bis 10. Januar 2017 wird gebeten.
3
Hintergrund dieser Mitteilung und Anfrage des Richters war das in dem Zivilrechtsstreit Az. 7 O 10415/13 ergangene Teil- und Grundurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17. September 2015, mit dem die unbekannten Erben des Erblassers, vertreten durch den Nachlasspfleger M., in Nr. I des Tenors verurteilt worden waren, das dort näher bezeichnete Grundstück in Hersbruck an die Beschwerdeführerin aufzulassen sowie die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen. Weiter war festgestellt worden, dass die Beklagten die Notarkosten sowie die Kosten der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch zu tragen hätten. Insoweit war die Entscheidung des Erstgerichts vor dem Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 6 U 2145/15) nicht angegriffen und wurde daher in diesem Umfang rechtskräftig. Hinsichtlich weiterer Klageanträge der Beschwerdeführerin hob das Berufungsgericht mit Endurteil vom 29. November 2016 das stattgebende Ersturteil auf und wies die Klage ab, insbesondere hinsichtlich des geltend gemachten Mietausfallschadens, weil der Nachlasspfleger nicht pflichtwidrig gehandelt habe.
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Mit weiterer Verfügung vom 16. Februar 2017 bat Richter am Amtsgericht S. die Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin um Mitteilung, „welche Hindernisse noch der Veranlassung der Übertragung des vermachten Grundstücks an Ihre Mandantin entgegenstehen, nachdem durch das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth die Willenserklärungen der Erben ersetzt sein dürften“.
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Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 7. März 2017 ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Ablehnungsgesuch gegen den erkennenden Richter, indem sie ihm u. a. vorwarf, die vorgenannte Anfrage in Kenntnis des Umstands getroffen zu haben, dass Rechtsanwalt M. als Nachlasspfleger die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth nicht beachten würde. Dies sei nicht nur eine „Verhöhnung“ der Beschwerdeführerin; vielmehr habe der Richter mit dieser Anfrage auch das Verfahren trotz des gegen ihn eingereichten Befangenheitsgesuchs weiterbearbeitet. Damit habe er sich in Widerspruch zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2015 Vf. 103-VI-14 gesetzt.
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In seiner dienstlichen Stellungnahme vom 15. März 2017 stellte der Richter fest, dass „die Angelegenheit weiterhin von [ihm] behandelt“ werde. Zu einer weitergehenden Äußerung sah er sich nicht veranlasst. In diesem Verhalten erblickte die Beschwerdeführerin einen weiteren Grund für ihre Ablehnung des Richters (Schriftsatz vom 27. März 2017).
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Mit dem angegriffenen Beschluss vom 3. April 2017 Az. VI 0092/09 wies das Amtsgericht Hersbruck das Befangenheitsgesuch gegen Richter am Amtsgericht S. mit der Begründung zurück, die von der Beschwerdeführerin „vorgebrachten Umstände [seien] unter keinem Gesichtspunkt geeignet, einen Befangenheitsantrag auch nur ansatzweise zu begründen“. Denn unterschiedliche Rechtsansichten könnten ein Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters nicht rechtfertigen.
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2. Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin, die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 18. April 2017 gegen die ablehnende Entscheidung des Erstgerichts einlegen ließ. Der Beschluss verstoße gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, weil er sich mit den vorgetragenen Argumenten nicht auseinandersetze, insbesondere nicht mit der dienstlichen Stellungnahme des Richters und den eingetretenen Verzögerungen, vor allem hinsichtlich einer Entscheidung über ihren Antrag auf Entlassung des Nachlasspflegers M. und auf Aufhebung der Nachlasspflegschaft sowie hinsichtlich der Vorlage ihrer Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen die Rechtspflegerin L.
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Das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht Nürnberg mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 27. Juni 2017 Az. 8 W 938/17 zurück und begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein sachlicher Grund für die Ablehnung des Richters am Amtsgericht S. - soweit noch berücksichtigungsfähig - nicht ersichtlich sei. Denn die Entscheidung, den Nachlasspfleger nicht zu entlassen, sei unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 6. Zivilsenats vom 29. November 2016 Az. 6 U 2145/15 jedenfalls vertretbar. Dies gelte auch für die Verfügung vom 13. Dezember 2016, die lediglich eine Anfrage des erkennenden Richters darstelle und mit keinen Rechtsnachteilen für die Beschwerdeführerin verbunden gewesen sei. Ein Befangenheitsgrund sei auch nicht damit zu rechtfertigen, dass Richter am Amtsgericht S. die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 2. Juni 2016 gegen eine die Ablehnung der Rechtspflegerin L. zurückweisende Entscheidung zunächst nicht an das Beschwerdegericht weitergeleitet habe. Denn der Richter sei wegen des gegen ihn gerichteten Befangenheitsantrags an einer Entscheidung über die Abhilfe gehindert gewesen. Ungeachtet dessen könne sich die Beschwerdeführerin auf diesen Gesichtspunkt nicht mehr berufen, da sie gemäß § 43 ZPO in der Sache weiterverhandelt habe. Schließlich sei auch in der dienstlichen Äußerung des Richters, der nur erklärt habe, die Angelegenheit weiterzubehandeln, aber keine Veranlassung für eine weitere Stellungnahme gesehen habe, kein Ablehnungsgrund zu sehen. Denn die für das Ablehnungsverfahren maßgeblichen Tatsachen seien der Nachlassakte zu entnehmen.
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3. Mit ihrer Gehörsrüge vom 17. Juli 2017 beantragte die Beschwerdeführerin, den vorgenannten Beschluss aufzuheben, das Verfahren fortzusetzen und auf ihre sofortige Beschwerde das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Amtsgericht S. für begründet zu erklären. Zur Begründung führte sie u. a. aus, die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör. Denn das Gericht habe den „Kern des Vorbringens“ der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis genommen. Die absichtliche Nichtvorlage ihrer Beschwerde gegen den ihr Ablehnungsgesuch zurückweisenden Beschluss stelle „einen schweren Eingriff in das Recht auf den gesetzlichen Richter“ dar und rechtfertige an sich schon die Ablehnung des Richters. Das Beschwerdegericht habe zudem den Inhalt ihres Schriftsatzes vom 9. November 2016 verkannt. Von einem „Einlassen auf eine Verhandlung“ im Sinn des § 43 ZPO könne nicht die Rede sein, eine dahingehende Interpretation ihres Vortrags sei willkürlich. Denn sie habe dort die „vorsätzliche Nichtbearbeitung“ von Anträgen, insbesondere ihrer Beschwerde, gerügt und damit eine weitere Begründung ihres Ablehnungsgesuchs vorgebracht.
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Ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei auch deshalb verletzt, weil das Oberlandesgericht Nürnberg die Weiterbearbeitung der Nachlasssache durch Richter am Amtsgericht S. trotz laufenden Ablehnungsverfahrens nicht als ausreichenden Grund für eine Befangenheit anerkannt habe. Der erkennende Richter habe mit diesem Verhalten nicht nur eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs missachtet, sondern sich zudem jeder weiteren Stellungnahme verweigert, obwohl er hierzu gemäß § 44 Abs. 3 ZPO verpflichtet gewesen sei.
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Ferner habe sich der oberlandesgerichtliche Beschluss nicht mit der unterbliebenen Entscheidung über ihren Eilantrag auf Entlassung des Nachlasspflegers M. befasst und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör auch dadurch verletzt, dass das Gericht zur Bewertung des Verhaltens des Nachlasspflegers M. pauschal auf Ausführungen des Oberlandesgerichts Nürnberg in dem Endurteil vom 29. November 2016 Az. 6 U 2145/15 Bezug genommen habe.
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Mit dem gleichfalls angegriffenen Beschluss vom 19. Juli 2017 wies das Oberlandesgericht Nürnberg die Gehörsrüge der Beschwerdeführerin zurück und begründete diese Entscheidung zusammenfassend damit, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Gang des Nachlassverfahrens und zur Fehlerhaftigkeit der Sachbehandlung die Besorgnis der Befangenheit des Richters am Amtsgericht S. nicht begründen könnten.
II.
14
Mit Teilaspekten des Nachlassverfahrens war der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt befasst.
15
1. Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde waren der Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck vom 14. Januar 2014 Az. VI 92/09, mit dem ein Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin gegen den für die Sache zunächst zuständigen Rechtspfleger T. abgelehnt worden war, und die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 10. Juli und 15. August 2014 Az. 15 W 1350/14, mit denen die Beschwerde gegen den Beschluss des Erstgerichts und die anschließende Gehörsrüge der Beschwerdeführerin zurückgewiesen worden waren. Erfolgreich war diese Verfassungsbeschwerde insoweit, als das Beschwerdegericht in den angegriffenen Entscheidungen die Rechtsauffassung vertreten hatte, es könnten nur solche Ablehnungsgründe berücksichtigt werden, die im Ablehnungsgesuch selbst dargelegt und glaubhaft gemacht seien, mit der Folge, dass erst später vorgetragene Ablehnungsgründe nicht zu berücksichtigen seien. In seiner Entscheidung vom 20. Oktober 2015 Vf. 103-VI-14 (BayVBl 2016, 279) hat der Verfassungsgerichtshof hierzu ausgeführt, dass diese Rechtsansicht des Beschwerdegerichts nicht vertretbar sei und daher den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletze. Denn es entspreche allgemeiner Meinung, dass bis zur Entscheidung über den Befangenheitsantrag weitere Gründe für eine Ablehnung nachgeschoben oder ergänzt werden könnten. Dies gelte insbesondere für einen Ablehnungsgrund, der aus Sicht eines Verfahrensbeteiligten erst nach Einreichung des Befangenheitsgesuchs eingetreten oder bekannt geworden sei, so etwa, wenn ein abgelehnter Richter oder Rechtspfleger bei nicht unaufschiebbaren Amtshandlungen gegen die Wartepflicht des § 47 Abs. 1 ZPO (i. V. m. § 10 RpflG, § 6 FamFG) verstoßen habe. Ein solcher Verstoß könne die Besorgnis der Befangenheit begründen.
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2. Mit einer weiteren Verfassungsbeschwerde wandte sich die Beschwerdeführerin gegen den ebenfalls in diesem Nachlassverfahren ergangenen Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck vom 12. Mai 2016 Az. VI 0092/09, mit dem ihr Ablehnungsgesuch gegen die Rechtspflegerin L. zurückgewiesen worden war. Gegenstand dieser Verfassungsbeschwerde waren außerdem die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. September 2017 und 1. Februar 2018 Az. 15 W 1343/17, mit denen die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Erstgerichts zurückgewiesen und die anschließende Gehörsrüge als unzulässig verworfen worden waren. Mit seiner Entscheidung vom 13. Februar 2020 Vf. 23- VI-18 hat der Verfassungsgerichtshof die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin abgewiesen, weil sie weitgehend unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet sei.
III.
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1. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde vom 25. September 2017 und weiteren Schriftsätzen rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV), des rechtlichen Gehörs (Art. 91 Abs. 1 BV), des Erbrechts (Art. 103 Abs. 1 BV), des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV), des Art. 70 Abs. 1 BV und des Rechts auf Anrufung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (Art. 120 BV).
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Das Amtsgericht Hersbruck habe sich in seiner Ablehnungsentscheidung vom 3. April 2017 weder mit ihrem tatsächlichen Vorbringen noch mit ihren Rechtsausführungen auseinandergesetzt. Insbesondere fehlten Ausführungen zu ihrem Vortrag, dass Richter am Amtsgericht S. über ihren Antrag vom 17. September 2015 auf Entlassung des Nachlasspflegers wegen schwerer Pflichtverletzungen nicht entschieden, ihre Beschwerde gegen den die Ablehnung der Rechtspflegerin L. zurückweisenden Beschluss nicht weitergegeben und in Kenntnis der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2015 Vf. 103-VI-14 die Sache weiterbearbeitet habe. Die Bezugnahme auf die - aus ihrer Sicht ebenfalls willkürliche - Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 29. November 2016 Az. 6 U 2145/15 ersetze keine Begründung, zumal die Nachlasspflegschaft nach Bekanntwerden der Erben hätte aufgehoben werden müssen. Der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck sei daher willkürlich und verstoße gegen das Gebot des gesetzlichen Richters sowie gegen das Recht auf rechtliches Gehör.
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Dies gelte in gleicher Weise für die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juni 2017. Die dort vertretene Auffassung, die Untätigkeit des Richters am Amtsgericht S. rechtfertige nicht seine Ablehnung, stehe in Widerspruch zur herrschenden Meinung. Das Beschwerdegericht habe dabei in willkürlicher Weise außer Acht gelassen, dass die Beschwerdeführerin die absichtliche Nichtbehandlung ihres Antrags auf Entlassung des Nachlasspflegers M., die Nichtvorlage ihres Rechtsmittels gegen den ihre Ablehnung von Rechtspflegerin L. zurückweisenden Beschluss sowie zahlreiche schwere Verfahrensverstöße bereits beanstandet habe. In keiner Weise nachvollziehbar sei in diesem Zusammenhang vor allem die Begründung des obergerichtlichen Beschlusses, der Erstrichter sei wegen des gegen ihn eingereichten Ablehnungsgesuchs an einer Entscheidung gehindert gewesen. Schließlich sei auch die Auffassung des Beschwerdegerichts willkürlich, die Beschwerdeführerin habe sich mit ihrem Schriftsatz vom 9. November 2016 in eine Verhandlung eingelassen, weshalb sie mit der Geltendmachung weiterer Ablehnungsgründe gemäß § 43 ZPO ausgeschlossen sei.
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Diese Aspekte habe sie in ihrer Gehörsrüge nochmals zur Sprache gebracht. Die ihre Rüge zurückweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. Juli 2017 sei daher ebenfalls willkürlich, missachte das Recht auf den gesetzlichen Richter, das Erbrecht der Beschwerdeführerin und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs.
21
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme ab gesehen.
IV.
22
Die Verfassungsbeschwerde ist weitgehend unzulässig.
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1. Dies gilt zunächst insoweit, als sie gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. Juli 2017 Az. 8 W 938/17 gerichtet ist, mit dem die Gehörsrüge der Beschwerdeführerin vom 17. Juli 2017 zurückgewiesen wurde. Denn diese Entscheidung begründet keine eigenständige Beschwer, weil die eine Nachholung rechtlichen Gehörs ablehnende Entscheidung nach § 44 FamFG allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung des rechtlichen Gehörs fortbestehen lässt, indem die „Selbstkorrektur“ durch die Fachgerichte unterbleibt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.10.2013 VerfGHE 66, 179/186; vom 7.2.2019 - Vf. 60-VI-17 - juris Rn. 22; vom 13.2.2020 - Vf. 23- VI-18 - juris Rn. 17).
24
2. Die Verfassungsbeschwerde ist aber auch bezüglich der Rügen von Verstößen gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV), die Gewährleistungen des Erbrechts (Art. 103 Abs. 1 BV), des gesetzlichen Richters (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) und des Art. 120 BV unzulässig, weil diese Beanstandungen nicht in einer den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG genügenden Weise vorgebracht wurden.
25
Nach dieser Vorschrift sind in der Verfassungsbeschwerde die Handlung und Unterlassung der Behörde, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, und das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, zu bezeichnen. Dazu gehört auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 10.2.2014 - Vf. 53-VI-12 - juris Rn. 17; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 19). Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar derart dargelegt werden, dass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfahrensverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint (VerfGH vom 10.2.2014 - Vf. 53-VI-12 - juris Rn. 17; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 19). Der eigene Sachvortrag darf durch Bezugnahmen zwar ergänzt werden, er muss aber aus sich heraus verständlich bleiben. Anlagen können den eigenen Sachvortrag nicht ersetzen. Es kann nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs sein, aufgrund eines undifferenzierten Verweises auf die Anlagen den verfassungsrechtlich relevanten Sachverhalt und die daraus hergeleitete Verletzungsrüge selbst zu ermitteln (VerfGH vom 7.2.2017 - Vf. 84-VI-15 - juris Rn. 19; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 19). Insbesondere setzt eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (VerfGH vom 24.10.2017 - Vf. 9-VI-17 - juris Rn. 40; vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 19). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (VerfGH vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 19). Stützt sich eine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen, muss sich der Beschwerdeführer mit jeder dieser Begründungen befassen (VerfGH vom 7.11.2019 - Vf. 46-VI-18 - juris Rn. 19; vom 8.11.2019 - Vf. 48-VI-18 - juris Rn. 20; vom 10.12.2019 - Vf. 47-VI-18 - juris Rn. 21).
26
a) Nach dieser Maßgabe hat die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV nicht ausreichend substanziiert dargelegt.
27
Sie erläutert nicht hinreichend, weshalb die von ihr angegriffenen Beschlüsse des Amtsgerichts Hersbruck vom 3. April 2017 und des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juni 2017 willkürlich sein sollen. Soweit ersichtlich, rügt sie im Kern lediglich, dass sich die Entscheidungen nicht oder zumindest nicht ausreichend mit der Weiterbearbeitung der Nachlasssache durch den von ihr abgelehnten Richter am Amtsgericht S., mit dessen Untätigkeit und seinen Versäumnissen in dem Nachlassverfahren, insbesondere auch in Bezug auf die Aufrechterhaltung der Nachlasspflegschaft, befasst hätten.
28
Die bloße Behauptung, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt allerdings nicht zur Begründung einer Verfassungsbeschwerde (VerfGH vom 14.2.2006 VerfGHE 59, 47/51; vom 3.11.2010 BayVBl 2011, 575; vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 24). Willkürlich im Sinn des Art. 118 Abs. 1 BV ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7.2.2019 - Vf. 60-VI-17 - juris Rn. 30; vom 30.10.2019 - Vf. 52-VI-18 - juris Rn. 26; vom 13.2.2020 - Vf. 23- VI-18 - juris Rn. 21).
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Für die Frage, ob der von der Beschwerdeführerin behauptete Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) vorliegt, kommt es zunächst nur auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Juni 2017 an. Wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) ist maßgeblicher Beschwerdegegenstand die letztinstanzliche Entscheidung, auch wenn die Entscheidungen der vorausgegangenen Instanzen in die Verfassungsbeschwerde mit einbezogen werden können (VerfGH vom 7.2.2017 - Vf. 84-VI-15 - juris Rn. 21; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 22; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Auflage 2017, Art. 120 Rn. 22). Eine im Instanzenzug vorhergehende Entscheidung wäre für die verfassungsrechtliche Prüfung nur dann unmittelbar maßgeblich, wenn das letztinstanzliche Gericht keine umfassende materielle Prüfung vorzunehmen hätte (vgl. VerfGH vom 9.2.2015 VerfGHE 68, 10 Rn. 55; vom 19.2.2015 VerfGHE 68, 55 Rn. 15; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI- 18 - juris Rn. 22). Dies war hier jedoch nicht der Fall. Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte vorliegend das inhaltliche Ergebnis der amtsgerichtlichen Entscheidung vom 3. April 2017 im Umfang des Beschwerdevorbringens vollständig zu prüfen (§ 6 Abs. 2 FamFG, §§ 567 ff. ZPO).
30
Ein Willkürverstoß des Oberlandesgerichts bei der Entscheidung über eine mögliche Befangenheit des Richters am Amtsgericht S. ist nicht ausreichend dargelegt. Gemäß § 6 Abs. 1 FamFG i.V. m. § 42 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Es kommt nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich „parteilich“ oder „befangen“ ist oder ob er sich selbst für befangen oder unbefangen hält. Entscheidend ist allein, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerfG vom 11.10.2011 NJW 2011, 3637 Rn. 17 m. w. N.; BGH vom 20.10.2003 NJW 2004, 163 f.; Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 42 Rn. 4; Vollkommer in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 42 Rn. 9 m. w. N.).
31
aa) Eine unrichtige Entscheidung, eine fehlerhafte Rechtsanwendung oder eine falsche Rechtsauffassung ist grundsätzlich nicht geeignet, die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Denn das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (BGH vom 25.9.2013 - AnwZ (Brfg) 51/12 - juris Rn. 9; Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 42 Rn. 45 m. w. N.). Auch die bloße Untätigkeit eines Richters stellt im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund dar. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn das Verhalten des Richters den Schluss auf eine unsachliche Einstellung nahelegt (Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 42 Rn. 56; Vossler in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, § 42 Rn. 21 m. w. N; Vollkommer in Zöller, ZPO, § 42 Rn. 24: für unsachgemäße Verfahrensleitung, grobe Verfahrensverstöße, Untätigkeit), insbesondere, wenn eine richterliche Entscheidung oder Handlung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und so grob fehlerhaft erscheint, dass sie das Gepräge eines willkürlichen Handelns trägt (Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 42 Rn. 10).
32
Vor diesem Hintergrund hat es das Oberlandesgericht Nürnberg in seiner Beschwerdeentscheidung vom 27. Juni 2017 unter Hinweis auf die Begründung des Endurteils des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 29. November 2016 Az. 6 U 2145/15, das ein pflichtwidriges Verhalten des Nachlasspflegers M. verneint hatte, im Ablehnungsverfahren für vertretbar erachtet, dass Richter am Amtsgericht S. von einer Entlassung und einer Aufhebung der Nachlasspflegschaft abgesehen hatte. Die Beschwerdeführerin hat zwar umfangreich zum Verfahrensablauf und den sich aus ihrer Sicht daraus ergebenden Schlussfolgerungen der bereits seit Jahren anhängigen Nachlasssache vorgetragen. Sie hat aber nicht ausreichend begründet, weshalb in der konkreten Amtsführung des Richters bereits zwingend ein Ablehnungsgrund gegeben und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg schlechthin unhaltbar sein soll. In diesem Zusammenhang hat sie insbesondere nicht substanziiert dargelegt, aus welchem Grund die Würdigung des Verhaltens des Richters, der - wie in der angegriffenen Entscheidung des Beschwerdegerichts ausgeführt wird - erst seit dem 15. November 2015 dem Amtsgericht Hersbruck angehört, durch das Oberlandesgericht willkürlich wäre, wonach keine unsachliche Einstellung des Richters und damit auch kein gerechtfertigtes Misstrauen in seine Unvoreingenommenheit gerade ihr gegenüber anzunehmen sei.
33
bb) Dies gilt auch für die aus Sicht der Beschwerdeführerin verzögerte Nichtabhilfeentscheidung und Vorlage der sofortigen Beschwerde vom 2. Juni 2016 gegen den ihr Ablehnungsgesuch gegen die Rechtspflegerin L. zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck vom 12. Mai 2016 durch Richter am Amtsgericht S. In seiner Beschwerdeentscheidung hat das Oberlandesgericht Nürnberg hierzu ausgeführt, der Richter sei daran zunächst wegen eines gegen ihn gerichteten früheren Ablehnungsgesuchs, über das am 8. Juli 2016 entschieden worden sei, und später durch das erneute Ablehnungsgesuch vom 8. Februar 2017 gehindert gewesen. Insgesamt gesehen sei nicht ersichtlich, dass das behauptete Versäumnis auf einem bewussten oder gar willkürlichen Verhalten des Richters beruhe. Die Beschwerdeführerin hat auch hier nicht ausreichend dargelegt, aus welchem Grund diese Entscheidung des Beschwerdegerichts bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich und schlechthin unhaltbar sein soll. Auf die weitere Erwägung des Oberlandesgerichts Nürnberg kommt es daher nicht mehr an, wonach die Beschwerdeführerin durch Einreichung eines Schriftsatzes vom 9. November 2016 weiter in der Sache verhandelt, insbesondere zum Entlassungsantrag des Nachlasspflegers M. vorgetragen habe, ohne den vorgenannten Umstand geltend zu machen, und daher nach § 43 ZPO daran gehindert sei, sich auf diesen Gesichtspunkt zu berufen. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Alternativbegründung des Oberlandesgerichts („Dessen ungeachtet“).
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cc) Die Beschwerdeführerin wendet ferner ein, Richter am Amtsgericht S. habe das Nachlassverfahren trotz seiner Ablehnung weiterbearbeitet. Insbesondere habe er mit Verfügung vom 16. Februar 2017 angefragt, „welche Hindernisse noch der Veranlassung der Übertragung des vermachten Grundstücks … entgegenstehen, nachdem durch das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth die Willenserklärungen ersetzt sein dürften“.
35
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat auch in diesem Verhalten des Richters keinen Ablehnungsgrund gesehen und hierzu ausgeführt, es habe sich lediglich um eine Anfrage gehandelt, die darauf gerichtet gewesen sei, die von der Beschwerdeführerin angestrebte Übertragung des Grundstücks zu realisieren und ihr damit erhebliche Nachteile zu ersparen. Daher sei es zumindest vertretbar, das Vorgehen des Richters als eine keinen Aufschub duldende Handlung im Sinn des § 47 Abs. 1 ZPO anzusehen. Ausreichende Gründe, dass dies als willkürlich angesehen werden könnte, sind in der Verfassungsbeschwerde nicht dargelegt. Die Nichteinhaltung der Wartepflicht nach § 6 FamFG i.V. m. § 47 Abs. 1 ZPO kann zwar unter Umständen eine Ablehnung begründen (BGH vom 15.9.2016 NJW-RR 2016, 1406 Rn. 17; Vollkommer in Zöller, ZPO, § 42 Rn. 24; vgl. dazu auch bereits VerfGH vom 20.10.2015 BayVBl 2016, 279 Rn. 27). Zum einen wird aber vertreten, dass ein Verstoß gegen die Wartepflicht regelmäßig nicht anzunehmen ist, wenn andernfalls wesentliche Nachteile für einen der Beteiligten entstünden (so OLG Celle vom 17.8.1988 NJW-RR 1989, 569). Zum anderen gilt grundsätzlich - wie bereits ausgeführt -, dass Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen - also Rechtsfehler ganz allgemein - für sich genommen keinen Ablehnungsgrund darstellen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Gesichtspunkte dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruht (BayObLG vom 21.1.1988 - BReg 3 Z 193/87 - juris Rn. 9: wiederholte Verstöße gegen die Wartepflicht). Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg hat die Beschwerdeführerin solche Gründe nicht dargetan. Es wird in der Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend aufgezeigt, weshalb diese Beurteilung schlechthin unhaltbar sein soll. Denn die Anfrage des Richters am Amtsgericht S. vom 16. Februar 2017 mit dem Hinweis auf das teilrechtskräftige Teil- und Grundurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.September 2015 Az. 7 O 10415/13 steht in Zusammenhang mit der richterlichen Verfügung vom 13. Dezember 2016, war mit keinen (nachteiligen) rechtlichen Folgen für die Beschwerdeführerin verbunden und diente bei objektiver Betrachtung nur der Information des Gerichts.
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dd) Auch der mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 7. März 2017 im Nachlassverfahren vorgetragene Einwand, der Erstrichter habe dadurch gegen Art. 120 BV verstoßen, dass er die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2015 Vf. 103-VI-14 nicht respektiert habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn den Ausführungen der Beschwerdeführerin lässt sich nicht entnehmen, inwiefern die angegriffenen Entscheidungen diesen Aspekt willkürlich nicht berücksichtigt hätten. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 10. Juli 2014 Az. 15 W 1350/14 insoweit beanstandet, als es das Gericht im Rahmen einer Prüfung der Besorgnis der Befangenheit pauschal abgelehnt hatte, nachgeschobene bzw. ergänzte Ablehnungsgründe zu berücksichtigen. Der Verfassungsgerichtshof hielt die Auffassung für unvertretbar, es könnten nur solche Ablehnungsgründe berücksichtigt werden, die im Ablehnungsgesuch selbst dargelegt und glaubhaft gemacht sind, mit der Folge, dass erst später vorgetragene Ablehnungsgründe nicht zu berücksichtigen seien (VerfGH BayVBl 2016, 279 Rn. 26 f.). Eine inhaltliche Auseinandersetzung des Verfassungsgerichtshofs mit den damals vorgetragenen Ablehnungsgründen erfolgte jedoch nicht. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof nur ausgeführt, es sei „nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht Nürnberg bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens der Beschwerdeführerin zu einer für sie günstigeren Entscheidung gekommen wäre“ (VerfGH BayVBl 2016, 279 Rn. 30). Eine Weiterbearbeitung durch den abgelehnten Rechtspfleger könne die Besorgnis der Befangenheit begründen. Es sei somit nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg über die Beschwerde bei Berücksichtigung bestimmter Umstände anders ausgefallen wäre (VerfGH BayVBl 2016, 279 Rn. 30). Aus dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs lassen sich jedoch keine Grundsätze herleiten, gegen die das Oberlandesgericht Nürnberg in seiner nunmehr angegriffenen Entscheidung vom 27. Juni 2017 verstoßen haben könnte. Insbesondere hat das Beschwerdegericht gerade nicht die Auffassung vertreten, es könnten im Ablehnungsverfahren bis zur Entscheidung über das Gesuch keine weiteren Gründe für die Ablehnung nachgeschoben oder ergänzt werden. Vielmehr hat es sich mit dem Beschwerdevorbringen auseinandergesetzt und sich hierzu eine Meinung gebildet. Aus der genannten verfassungsgerichtlichen Entscheidung kann die Beschwerdeführerin daher für ihre jetzige Verfassungsbeschwerde keine durchgreifenden Rügen ableiten. Dies gilt insbesondere auch für den von ihr beanstandeten Verstoß des Richters am Amtsgericht S. gegen die Wartepflicht. Denn der Verfassungsgerichtshof hat in der genannten Entscheidung lediglich ausgeführt, dass ein solcher Verstoß die Besorgnis der Befangenheit begründen „kann“ (VerfGH BayVBl 2016, 279 Rn. 27), nicht aber, dass ein solcher Verstoß stets zur Annahme der Besorgnis der Befangenheit zwingt.
37
Daher geht auch die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 120 BV in der Verfassungsbeschwerde ins Leere, denn eine Missachtung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2015 Vf. 103-VI-14 ist in keiner Weise erkennbar. Unabhängig davon kann ein subjektives Recht auf Beachtung einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs aus Art. 120 BV ohnehin nicht abgeleitet werden.
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ee) Ein Willkürverstoß des Oberlandesgerichts Nürnberg in der Entscheidung vom 27. Juni 2017 ist auch im Hinblick auf die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters nicht ausreichend dargelegt. Das Beschwerdegericht hat in der Äußerung des Richters vom 15. März 2017, keine „weitere Stellungnahme zu[m] Sachvortrag in dem erwähnten Gesuch“ abgeben zu wollen, keinen Ablehnungsgrund gesehen. Zwar hat sich gemäß § 6 Abs. 1 FamFG i.V. m. § 44 Abs. 3 ZPO der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Die dienstliche Stellungnahme dient jedoch nur der Tatsachenfeststellung (BGH vom 21.2.2011 NJW 2011, 1358 Rn. 17), ihr Umfang steht grundsätzlich im Ermessen des Richters. Bei unzulässigen, missbräuchlichen oder nicht schlüssig begründeten Gesuchen ist eine Äußerung entbehrlich (BGH vom 12.10.2011 NJW-RR 2012, 61 Rn. 12; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 44 Rn. 9; Vossler in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, § 44 Rn. 14), ebenso wenn sich die maßgeblichen Tatsachen aus den Akten ergeben (BGH vom 20.9.2016 NJW-RR 2017, 189 Rn. 14; BAG vom 20.8.2019 NJW 2019, 3403 Rn. 20; Stackmann in Münchener Kommentar zur ZPO, § 44 Rn. 10). In Anwendung dieser Rechtsprechung hat das Oberlandesgericht Nürnberg Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Erstrichters verneint, da sich die wesentlichen Umstände des Ablehnungsgesuchs - soweit die Vorwürfe nachvollziehbar dargestellt gewesen seien - aus den Akten ergäben; inwieweit dies unvertretbar sein soll, wird in der Verfassungsbeschwerde nicht nachvollziehbar aufgezeigt.
39
b) Angesichts des beschränkten Prüfungsumfangs des Verfassungsgerichtshofs bei Anwendung von Bundesrecht kann die Beschwerdeführerin wegen der Erfolglosigkeit der Willkürrüge auch mit ihrer Rüge der Verletzung der Gewährleistung des Erbrechts (Art. 103 Abs. 1 BV) nicht durchdringen.
40
Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht. Es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder die Gesetze richtig ausgelegt oder angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen vom Beschwerdeführer bezeichnete Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein in zulässiger Weise als verletzt gerügtes subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Gegenüber der Anwendung von materiellem Bundesrecht, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.1.1990 VerfGHE 43, 12/17 f; vom 5.10.2017 BayVBl 2018, 164 Rn. 18; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 27). Daher kann - wie hier - bei der Anwendung von Bundesrecht wegen des beschränkten Prüfungsumfangs die Verletzung weiterer materieller Grundrechte der Bayerischen Verfassung ohne erfolgreiche Rüge einer Verletzung des Willkürverbots nicht geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.3.2004 VerfGHE 57, 16/20; vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 16; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 27). Für die Prüfung einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 BV ist daher hier kein Raum.
41
c) Auch die Rüge eines Verstoßes gegen das Verfahrensgrundrecht aus Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV ist nicht ausreichend substanziiert. Denn die Beschwerdeführerin hat nicht hinreichend dargetan, dass - wie es für einen Verstoß gegen Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV erforderlich wäre - ihr der gesetzliche Richter durch eine willkürliche, offensichtlich unhaltbare Entscheidung entzogen wurde (vgl. VerfGH vom 15.7.2005 VerfGHE 58, 168/177; vom 7.8.2019 - Vf. 93-VI-13 und Vf. 73-VI-17 - juris Rn. 89).
42
d) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Art. 70 Abs. 1 BV behauptet, ist ihre Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig, weil der Hinweis auf Art. 70 Abs. 1 BV kein subjektives verfassungsmäßiges Recht bezeichnet, wie Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG das für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde erfordert (VerfGH vom 3.6.1992 - Vf. 20-VI-90 - juris Rn. 19; vom 13. Februar 2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 30).
V.
43
Jedenfalls unbegründet ist die Verfassungsbeschwerde, soweit die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 91 Abs. 1 BV geltend macht.
44
Der Anspruch auf rechtliches Gehör hat grundsätzlich eine doppelte Ausprägung: Zum einen untersagt er den Gerichten, ihren Entscheidungen Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten nicht äußern konnten. Zum anderen gibt er den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, dass die Gerichte ein rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen, soweit es nach den Verfahrensvorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben kann oder muss (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.7.2005 VerfGHE 58, 178/180; vom 31.3.2008 VerfGHE 61, 66/70; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 33). Das Gericht wird hierdurch aber nicht verpflichtet, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Verfahrensbeteiligten einzugehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht die von ihm entgegengenommenen Äußerungen eines Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung gewürdigt hat. Dies gilt auch dann, wenn es davon abgesehen hat, sie in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu erörtern. Nur dann, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.9.2015 BayVBl 2016, 49 Rn. 45; vom 24.2.2017 - Vf. 59-VI-15 - juris Rn. 50; vom 12.3.2018 - Vf. 40-VI-17 - juris Rn. 37). Hingegen ergibt sich aus Art. 91 Abs. 1 BV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Verfahrensbeteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Die Verletzung rechtlichen Gehörs kann auch nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig (VerfGH BayVBl 2016, 49 Rn. 45; vom 12.3.2018 - Vf. 40-VI- 17 - juris Rn. 37). Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nicht festzustellen.
45
1. Die Beschwerdeführerin behauptet zwar, die von ihr angegriffenen Entscheidungen hätten sich weder mit ihrem tatsächlichen Vorbringen, noch mit ihren rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt. Diese Rügen greifen jedoch nicht durch. Denn das Oberlandesgericht Nürnberg hat - wie bereits ausgeführt - in seinem Beschluss vom 27. Juni 2017, auf den auch insoweit maßgeblich abzustellen ist (VerfGH vom 2.5.2019 - Vf. 92-VI-14 - juris Rn. 22 f.), alle wesentlichen Aspekte im Ablehnungsverfahren zur Kenntnis genommen, unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur rechtlich gewürdigt und in seiner Entscheidungsbegründung hierzu Ausführungen gemacht. Dass es sich dabei nicht der Bewertung des Verfahrensablaufs, den Schlussfolgerungen und der rechtlichen Einordnung des Geschehens durch die Beschwerdeführerin angeschlossen hat, kann einen Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV nicht begründen.
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Ebenso wenig begründet der weitere Vorwurf der Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, wonach die angegriffenen Beschlüsse nicht darauf eingegangen seien, dass Richter am Amtsgericht S. der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 20. Oktober 2015 zuwidergehandelt habe, weil er nach seiner Ablehnung die Nachlasssache mit seiner Anfrage vom 16. Februar 2017 weiterbearbeitet habe. Zutreffend ist zwar, dass auch das Oberlandesgericht Nürnberg in seinem Beschluss vom 27. Juni 2017 zu diesem Einwand keine Ausführungen gemacht hat. Hierzu bestand aber kein Anlass. Denn zu den Voraussetzungen und zum Umfang der Wartepflicht nach § 47 Abs. 1 ZPO hat sich der Verfassungsgerichtshof in der genannten Entscheidung nicht geäußert.
47
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die angegriffenen Entscheidungen nicht ausdrücklich auch auf den Eingangssatz der dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters vom 15. März 2017 eingegangen sind. Auch hierzu bestand keine zwingende Veranlassung. Denn seine Äußerung, „Es trifft zu, dass die Angelegenheit weiterhin von mir behandelt wird.“, lässt sich bei verständiger Würdigung nicht im Sinn einer bewussten Missachtung des Ablehnungsantrags der Beschwerdeführerin, sondern - abgesehen von der Befangenheitsfrage - wohl eher als Hinweis auf die geschäftsplanmäßig bestehende Zuständigkeit des Richters deuten.
48
2. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Gehörsrüge vom 17. Juli 2017 neue Tat sachen vorgetragen hatte, waren diese Ausführungen von vornherein ungeeignet, eine Verletzung rechtlichen Gehörs zu begründen (VerfGH vom 12.3.2018 - Vf. 40-VI-17 - juris Rn. 46; vom 13.2.2020 - Vf. 23-VI-18 - juris Rn. 38).
VI.
49
Es ist angemessen, der Beschwerdeführerin eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).