VGH München, Urteil v. 23.06.2020 – 1 N 17.972
Titel:
Unwirksamkeit des Bebauungsplans
Normenketten:
VwGO § 47
BauGB § 1 Abs. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 1
BauNVO § 18 Abs. 1
BayBO Art. 6 Abs. 4 S. 2
Leitsätze:
1. Städtebauliches Ziel kann auch sein, eine privilegierte Nutzung im Außenbereich zu beschränken. Es ist daher im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner für die privilegierte Nutzung als Gartenbaubetrieb von Bebauung freizuhaltende Flächen sowie Bauräume festgesetzt hat. (Rn. 13)
2. Die Festsetzung der Wandhöhe setzt die Bestimmung der erforderlichen Bezugspunkte voraus. Nimmt die Gemeinde auf den Erdgeschossfertigfußboden Bezug, muss erkennbar sein, auf welcher Höhe sich dieser befinden soll. (Rn. 17 – 19)
Schlagworte:
Bebauungsplan, Sondergebietsfläche „Gartenbau“, Städtebauliche Erforderlichkeit, Unwirksame Festsetzung der Wandhöhe, Gebot der Normenklarheit, Fehlender unterer Bezugspunkt, Normenkontrolle, Sondergebiet, städtebauliche Erforderlichkeit, Festsetzung, Wandhöhe, Bestimmtheitsgebot, Gartenbaubetrieb
Fundstellen:
NVwZ-RR 2020, 920
BeckRS 2020, 16890
LSK 2020, 16890
Tenor
I. Der Bebauungsplan „Sondergebiet S* …“ vom 24. April 2017, bekannt gemacht am 8. Mai 2017, ist unwirksam.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000‚00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und Abs. 8 GKG).
Tatbestand
1
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan „Sondergebiet S* …“, den der Antragsgegner am 24. April 2017 als Satzung beschlossen und am 8. Mai 2017 bekannt gemacht hat.
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Der Bebauungsplan überplant ein Außenbereichsgebiet und sieht für das Plangebiet eine Sondergebietsfläche „Gartenbau“ vor. Er hat zum Ziel, die Natur und Landschaft in dem im Plangebiet topographisch exponierten und landschaftlich sensiblen (Hang) Bereich zu schützen, insbesondere keine weitere Bebauung über die vorhandenen und genehmigten Nutzungen hinaus zuzulassen und dadurch eine weitere Zersiedelung und Verfestigung der bestehenden Bebauung im Außenbereich zu verhindern. Im Regionalplan München ist für diesen Bereich das landschaftliche Vorbehaltsgebiet „Moränenlandschaft am westlichen A* …seeufer“ dargestellt. Der Bebauungsplan setzt im Wesentlichen eine Fläche für die Landwirtschaft und Anbaufläche für den Gartenbau fest (textliche Festsetzung A.2.2), in deren nordwestlichem Bereich zur Straße hin das Sondergebiet Gartenbau als weiße Fläche festgesetzt ist (textliche Festsetzung A.2.1). In dem Sondergebiet befinden sich - entsprechend dem vorhandenen Bestand - drei Bauräume, nämlich für ein Gewächshaus mit Aufzucht und Labor (Bauraum 1), ein Wohnhaus (Bauraum 2) sowie weitere, dem Gartenbau dienende Nutzungen, mit Ausnahme einer Wohnnutzung (Bauraum 3). Die genehmigten Gebäude sind mit Baugrenzen umgeben (textliche Festsetzung A.4.1). Die bestehende „Scheune“ wurde nicht mit einem Bauraum umgeben.
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Der Antragsteller ist Eigentümer von im Plangebiet liegenden Grundstücken, auf denen er einen Gartenbaubetrieb betreibt.
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Am 18. Mai 2017 stellte der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag und beantragte,
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den Bebauungsplan „Sondergebiet S* …“ vom 24. April 2017, bekannt gemacht am 8. Mai 2017, für unwirksam zu erklären.
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Der Antragsteller macht eine Beeinträchtigung seiner Eigentums- und seiner betrieblichen Rechte geltend. Die Bauleitplanung fördere nicht die Landwirtschaft (§ 201 BauGB), sondern verhindere jede künftige Betriebsanpassung und Weiterentwicklung des privilegierten landwirtschaftlichen Betriebs. Der Bebauungsplan sei nicht erforderlich, weil er einzig und allein Grundstücke des Antragstellers betreffe und dahingehend die Möglichkeit bestanden habe, einen städtebaulichen Vertrag abzuschließen. Es handle sich um eine bloße „Negativplanung“. Eine solche liege auch vor, wenn die mit der Planung erreichte Nebenwirkung - die Verhinderung eines Vorhabens - zum eigentlichen Zweck werde. Die Festsetzung einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung biete keine Handhabe, eine fremden Zwecken dienende Bausperre zu verhängen. Mit dem vom Antragsgegner angeführten Ziel ließe sich jede Einbeziehung von Außenbereichsflächen in einen Negativbebauungsplan rechtfertigen. Auch die Konzeption des § 35 BauGB folge dem Planungsziel des Bebauungsplans. Eine Bauleitplanung, die nichts anderes bezwecke, als einem privilegierten Landwirt Nutzungsfreiheiten über § 35 Abs. 1 BauGB hinaus zu nehmen, sei nicht erforderlich. Das Motiv des Bebauungsplans sei eine Bestrafung für aus Sicht des Antragsgegners unbotmäßiges Verhalten. Eine landwirtschaftliche Fläche könne zwar als nicht bebaubare Fläche festgesetzt werden, es müssten dafür allerdings städtebauliche Gründe vorliegen. Das Ziel, an sensibler Stelle keine weitere Zersiedelung zu ermöglichen, sei vorgeschoben. Es habe Bereitschaft bestanden, auf weitere Bebauung zu verzichten. Der Schutz der Natur und der Landschaft sei im Bundesnaturschutzrecht ausreichend gesichert. Die Planung sei zudem im Hinblick auf den Belang des Eigentums abwägungsfehlerhaft, insbesondere in Bezug auf die für den landwirtschaftlichen Betrieb notwendige Entwicklungsmöglichkeit aufgrund der festgesetzten Baufenster, die um die bestehenden Gebäude gezogen worden seien. Es liege nicht einmal eine bestandserhaltende Planung vor, da die existierende Scheune nicht in ausreichendem Maß berücksichtigt worden sei. Auch werde hinsichtlich der festgesetzten Wand- und Gebäudehöhen in allen Bauräumen massiv in die Eigentumsrechte eingegriffen. Die Höhen des bisherigen Bestands seien nicht berücksichtigt worden. Sofern man die Oberkante Erdgeschoss-Fertigfußboden im Falle eines Neubaus gleich mit dem Niveau des natürlichen Geländes ansehe, dürfte der Antragsteller sein Gebäude nicht mehr mit einem Sockelgeschoss oder in Hochparterre-Bauweise errichten. Dem jetzigen Bestand gleichartige Gebäude könnten nicht mehr errichtet werden. Dass die Oberkante Erdgeschoss-Fertigfußboden an anderer Stelle als dem Niveau des natürlichen Geländes sein solle, sei weder aus dem Bebauungsplan noch seiner Begründung erkennbar. Ein Bezugspunkt sei nicht festgesetzt. Es könne auch nicht gefolgert werden, dass dieser dem Erdgeschoss-Fertigfußboden des jetzigen Bestands entspreche. Die Festsetzung der Wandhöhen genüge nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Bebauungsplans, da sich aus dem Bebauungsplan nicht erkennen lasse, von welchem Punkt aus die Wandhöhen gemessen würden.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Der Bebauungsplan verstoße nicht gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Er verfolge das städtebauliche Ziel, die Natur und Landschaft in dem im Bebauungsplangebiet topographisch exponierten und landschaftlich sensiblen Bereich zu schützen. Insbesondere sollte keine weitere Bebauung über die vorhandenen und genehmigten Nutzungen hinaus zugelassen werden, um eine weitere Zersiedelung und Verfestigung der bestehenden Bebauungen im Außenbereich zu verhindern. Die Planung sei durch städtebauliche Gründe getragen und gerechtfertigt. Eine Verhinderungsplanung sei nicht schon dann gegeben, wenn der Hauptzweck der Festsetzung in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen bestehe. Die Verfolgung einer bestandsorientierten Planung sei ein legitimes Planungsziel. Auch eine nach § 35 BauGB privilegierte Bebauung solle nicht zugelassen werden. Dabei sei auch die Bewertung der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt aus dem Jahr 2010 zugrunde gelegt worden, wonach die Fläche im Bereich des Bebauungsplans landschaftlich eine besondere Bedeutung habe. Dass Natur und Landschaft über die rechtlichen Instrumente des Bundesnaturschutzgesetzes geschützt würden, stehe nicht entgegen, da der Antragsgegner - anders als beim Vollzug des Bebauungsplans - keinen rechtlichen Einfluss auf den Vollzug habe. Der städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung stehe auch nicht entgegen, dass bauliche Anlagen in dem Bereich bereits vorhanden seien. Es sei dem Antragsgegner nicht verwehrt, auf eine Verbesserung der Situation hinzuwirken oder zumindest einer befürchteten weiteren Verschlechterung entgegen zu steuern. Der Bebauungsplan leide auch nicht an einem Abwägungsfehler. Bei der Abwägung seien die Eigentumsbelange des Antragstellers berücksichtigt worden, insbesondere dass zum Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans noch kein privilegierter Gartenbaubetrieb existiert habe, sondern ein Gartenbaubetrieb in Gründung, dass für ein dem Betrieb des Antragstellers zugehöriges Gewächshaus eine Baugenehmigung erteilt und das Gewächshaus abweichend von den genehmigten Plänen errichtet worden sei, dass eine aus Sicht des Antragsgegners ehemals baufällige Scheune, die ohne Genehmigung in eine Büronutzung umgenutzt worden sei, sowie ein Wohnhaus vorhanden seien. Auch die Festsetzung der Wandhöhe im Bebauungsplan, die den genehmigten Bestand festgeschrieben habe, sei nicht zu beanstanden. Bei Abbruch eines Gebäudes könne dies in der gleichen nutzbaren Höhe wie bisher wieder errichtet werden. Da der bestehende Sockel an jeder Gebäudeecke eine andere Höhe aufgewiesen habe, sei die Wandhöhe ab Oberkante Erdgeschoss-Fertigfußboden (OK neu EG-FFB) festgesetzt worden.
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Der Senat hat einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift einschließlich der beigefügten Fotodokumentation verwiesen. Ergänzend wird auf die Gerichtsakten sowie die Normaufstellungsakten einschließlich der beigezogenen Bauakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der im Hinblick auf die im Satzungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans gelegenen Grundstücke des Antragstellers gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässige Normenkontrollantrag hat Erfolg. Der Bebauungsplan ist zwar städtebaulich erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB (1.). Die textliche Festsetzung A.3.7 zur Wandhöhe ist aber fehlerhaft erfolgt (2.). Letzteres führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.
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1. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Für die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung hingegen ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das gemäß § 1 Abs. 7 BauGB darauf gerichtet ist, die von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen und unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen zu vermeiden (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 - 4 BN 12.17 - juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 -BVerwGE 153, 16; U.v. 27.3.2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137).
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Unter Zugrundlegung dieser Maßstäbe liegt ein Verstoß gegen das Gebot der städtebaulichen Erforderlichkeit der Bauleitplanung nicht vor. Insbesondere handelt es sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht um eine unzulässige Planung, deren einziger Sinn darin bestehe, eine weitere bauliche Tätigkeit zu verhindern. Der Antragsgegner hat im Aufstellungsbeschluss, in der Begründung zum Bebauungsplan und in der Abwägung deutlich gemacht, dass der Außenbereich von einer weiteren baulichen Nutzung möglichst freigehalten und verschont werden solle, insbesondere um einer weiteren Zersiedelung entgegenzuwirken, und die Natur und Landschaft in dem topografisch exponierten und landschaftlich sensiblen Bereich geschützt werden solle. Er hat dazu neben der Festsetzung von Baufenstern auch Bereiche festgesetzt, die als Fläche für die Landwirtschaft und Anbaufläche für den Gartenbau von Bebauung freizuhalten sind. Damit verfolgt der Antragsgegner ein zulässiges und damit auch im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderliches und gerechtfertigtes Planungsziel gemäß § 1 Abs. 5, § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB, das bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, B.v 18.1.2012 - 4 BN 25.11 - juris Rn. 4). Das Ziel der Verhinderung einer weiteren Zersiedelung ist, da Gebäude bereits vorhanden sind, auch nicht nur vorgeschoben. Es ist anerkannt, dass die Gemeinde grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen darf, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - BayVBl 1991, 280). Sie darf daher auch eine Planung betreiben, deren Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter - in der jeweiligen städtebaulichen Situation unerwünschter - baulicher Nutzungen besteht (vgl. BayVGH, U.v. 15.1.2007 - 1 N 04.1226 - juris Rn. 24). Städtebauliches Ziel kann auch sein, eine privilegierte Nutzung im Außenbereich zu beschränken (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2007 a.a.O. - juris Rn. 28). Es ist daher im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner für die privilegierte Nutzung als Gartenbaubetrieb von Bebauung freizuhaltende Flächen sowie Bauräume festgesetzt hat.
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Gegen die Erforderlichkeit des Bebauungsplans spricht auch nicht, dass der Schutz von Natur und Landschaft bereits durch § 35 BauGB gewährleistet wird. Denn die Regelungen in § 34 und § 35 BauGB sind kein vollwertiger Ersatz für einen Bebauungsplan (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2003 - 4 C 14.01 - BVerwGE 119, 25; BayVGH, U.v. 28.4.2017 - 9 N 14.404 - juris Rn. 26). Die Gemeinde darf sich zwar darauf verlassen, dass die planersetzenden Vorschriften zur Steuerung der städtebaulichen Entwicklung in Teilgebieten ihres Gebietes ausreichen. Auf eine solche planerische Selbstbeschränkung ist sie aber nicht festgelegt. Ebenso steht hier nicht entgegen, dass Natur und Landschaft auch durch die naturschutzrechtlichen Regelungen im BNatSchG geschützt sind. Denn darauf hat der Antragsgegner - anders als auf den Vollzug eines Bebauungsplans - keinen Einfluss (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.2004 - 4 BN28.03 - NVwZ 2004, 1242; BayVGH, U.v. 17.1.2020 a.a.O; U.v. 10.7.2018 - 1 N 15.938 - BayVBl 2019, 307 jeweils zu Landschaftsschutzgebieten).
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Schließlich war der Antragsgegner auch weder gehalten, auf das Angebot des Antragstellers hinsichtlich eines dinglich gesicherten Verzichts auf weitere Bebauung einzugehen, noch liegt eine sogenannte Negativplanung vor, weil der Plan einzig Grundstücke des Antragstellers betrifft und die Möglichkeit bestanden hätte, einen städtebaulichen Vertrag mit dem Antragsteller abzuschließen. Denn eine Verpflichtung der Gemeinde, einen solchen Vertrag zu schließen, besteht nicht. Soweit eine derartige Bauleitplanung eine bislang vorhandene Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränkt sowie die Frage aufwirft, ob mit der zugelassenen baulichen Nutzung ein wirtschaftlich tragfähiges Gesamtkonzept verwirklicht werden kann, ist dies keine Frage der Erforderlichkeit der Planung, sondern vielmehr eine Frage der Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 - NVwZ 2015, 1537; B.v. 11.5.1999 - 4 BN 15.99 - NVwZ 1999, 1338).
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2. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die textliche Festsetzung A.3.7 zur Wandhöhe unwirksam. Sie ist vorliegend zwar in ihrem Regelungsgehalt durch § 9 BauGB gedeckt, da sie als Vorschrift zum Maß der baulichen Nutzung zu qualifizieren ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Die Festsetzung ist aber mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar.
17
Die Festsetzungen eines Bebauungsplans als Rechtsnorm im materiellen Sinn müssen den aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Geboten der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit begründet die Unwirksamkeit der Festsetzung, ohne dass es auf §§ 214, 215 BauGB ankommt. Speziell für Bebauungspläne folgt die Notwendigkeit hinreichender Bestimmtheit sowohl für zeichnerische als auch für textliche Festsetzungen daraus, dass die Festsetzungen gem. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des grundrechtlich geschützten Eigentums unmittelbar berühren und ausgestalten. Die von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Betroffenen müssen deshalb wissen, welche Nutzungen auf den Grundstücken zulässig sind. Das im Einzelfall zu fordernde Maß an Konkretisierung hängt wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, den Planungszielen und den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den örtlichen Verhältnissen, ab. Entscheidend ist, dass hinreichend klar ist, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 26 m.w.N.). Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist ausreichend, wenn der Inhalt des Bebauungsplans durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen Niederschlag gefunden hat.
18
Die Festsetzung der Wandhöhe (vgl. Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO) als besonderer Fall einer Festsetzung der Höhe einer baulichen Anlage (vgl. König/Petz in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 18, Rn. 5) setzt die Bestimmung der erforderlichen Bezugspunkte voraus (§ 18 Abs. 1 BauNVO). Die vorliegende Festsetzung legt (nur) fest, dass die Wandhöhe „von (der) Oberkante Erdgeschossfertigfußboden bis zum Schnittpunkt der Außenwand mit der Dachhaut gemessen wird“. Auf welcher Höhe sich der Erdgeschossfertigfußboden befinden soll, beispielsweise durch Festsetzung einer Höhenkote für den jeweiligen Bauraum, lässt sich dem Bebauungsplan nicht entnehmen. Damit fehlt es an einem unteren Bezugspunkt für die Festsetzung. Die bloße Orientierung am vorhandenen bzw. genehmigten Bestand reicht nicht aus. Soweit der Antragsgegner ergänzend darauf abstellt, dass der bestehende Sockel an jeder Gebäudeecke eine andere Höhe aufgewiesen habe, übersieht er, dass auch in einem hängigen Gelände eine einheitliche Höhe als unterer Bezugspunkt festgelegt sein muss.
19
Die fehlerhafte Festsetzung der Wandhöhe führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans im Ganzen. Die unwirksame Festsetzung stellt eine zentrale Frage der Gesamtplanung dar und steht mit dem Bebauungsplan in einem untrennbaren Zusammenhang (vgl. BVerwG, B.v. 11.9.2014 - 4 CN 3.14 - BayVBl 2015, 203; U.v. 19.9.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58). Es ist nicht anzunehmen, dass der Antragsgegner nach seinem im Aufstellungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen, den Außenbereich von einer baulichen Nutzung möglichst freizuhalten und die Natur und Landschaft in dem topgrafisch exponierten und landschaftlich sensiblen Bereich zu schützen, im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Denn ohne die Festsetzung der Gebäudehöhen hätte er das verfolgte städtebauliche Ziel nicht erreichen können.
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Der Antragsgegner trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
21
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
22
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat der Antragsgegner die Entscheidung in Nummer I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie den angegriffenen Bebauungsplan (§ 10 Abs. 3 BauGB).