VG Ansbach, Urteil v. 24.06.2020 – AN 16 K 18.02122
Titel:

Keine Anerkennung von Dienstunfallfolgen bei fehlender Kausalität

Normenkette:
BeamtVG § 31, § 45 Abs. 3
Leitsätze:
1. Sind die genannten Körperschäden des Klägers degenerativer Natur und besteht nur eine rein zufällige Beziehung zum Dienst des Klägers, liegt lediglich um eine Gelegenheitsursache vor, welche einen Anspruch auf Dienstunfallfürsorge nicht zu begründen vermag (Rn. 29). (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die Kausalität zwischen Unfallereignis und entstandenem Körperschaden auf Grundlage der im Verwaltungsverfahren eingeholten schlüssigen und nicht ergänzungsbedürftigen ärztlichen Stellungnahmen zweifelsfrei zu verneinen, besteht auch kein Bedürfnis zu weiterer Sachaufklärung von Amts wegen (Rn. 31). (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Bundesbeamten, Dienstunfallfürsorge, Anerkennung (weiterer) Dienstunfallfolgen, haftungsausfüllende Kausalität zw. Dienstunfall und Körperschäden, Abgrenzung zur Gelegenheitsursache, anlagebedingte Leiden (hier: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule), Dienstunfall
Fundstelle:
BeckRS 2020, 15417

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2018, mit dem die Beklagte abgelehnt hat, Bandscheibenprotrusionen, Bandscheibenvorfälle im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, Osteochondrose mit Spondylosen und Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke des Klägers als Folgen des Dienstunfalls vom 7. Dezember 2017 anzuerkennen.
2
Der … 1965 geborene Kläger hat am 7. Dezember 2017 auf der Heimfahrt vom Dienst um 15.10 Uhr im Bereich … Straße … mit seinem Pkw einen Unfall erlitten, der mit Bescheid der BG Verkehr vom 16. Januar 2018 als Dienstunfall anerkannt worden ist. Als Unfallfolgen erkannte die Beklagte eine Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule an.
3
Bezüglich der Unfallschäden finden sich folgende Diagnosen in den Akten:
4
In der Unfallanzeige vom 4. Januar 2018 gab der Kläger an, Brustkorb, Schulter, Rücken, Bauch, Bauchorgane, Hüfte und Gesäß verletzt zu haben, es handele sich um eine geschlossene Verletzung, (Ver-)Drehung, (Ver-)Zerrung, (Über-)Dehnung, Zugschädigung, (Ver-) Stauchung, Ausrenkung und weitere Verletzungen.
5
Der Kläger ließ sich am 8. Dezember 2017 erstmalig durch den Facharzt für Chirurgie Dr. med. … untersuchen, der eine Halswirbelsäulen-Distorsion diagnostiziert hat. Dies gab Dr. … sowohl in einer Krankheitsauskunft vom 9. Januar 2018 gegenüber der Beklagten an. Ebenso führt seine für die Behandlungen am 8. Dezember 2017 sowie 11. Dezember 2017 erstellte Rechnung vom 23. Februar 2018 folgende Diagnosen: Ausschluss Commotio cerebri, Unfall vom 7. Dezember 2017 / HWS-Distorsion, Unfall vom 7. Dezember 2017 / LWS-Distorsion, Unfall vom 7. Dezember 2017 / Spondylose der HWK 5/6.
6
Dr. … fertigte Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in zwei Ebenen am 8. Dezember 2017 an, die degenerative Veränderungen der unteren Anteile, eine Steilstellung, jedoch keinen Hinweis auf knöcherne Verletzungen brachten. Weiter wurden Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule in zwei Ebenen angefertigt, die ebenfalls degenerative Veränderungen und eine Steilstellung zeigten, jedoch keinen Hinweis auf knöcherne Verletzungen.
7
Gemäß der Krankheitsauskunft des Oberarztes Dr. … (Kliniken …*) vom 10. Januar 2018 erlitt der Kläger beim Dienstunfall eine HWS-/LWS-Distorsion durch einen Pkw-Heckaufprall. Dr. … (Kliniken …*) diagnostizierte beim Kläger am 14. Dezember 2017 eine HWS-Distorsion sowie eine LWS-Distorsion. Er verwies auf die Röntgenaufnahmen des Dr. … vom 8. Dezember 2017 und beschrieb den klinischen Befund nach durchgeführter Untersuchung des Klägers wie folgt: Neurologisch orientierend unauffälliger wacher vierfach orientierter Patient, gibt Schmerzen im Bereich der unteren HWS an, nachts teilweise einschlafende rechte Hand, WS mit leichtem KS der unteren HWS, hier paravertebraler Hartspann bds auch der ventralen Anteile, kein Hinweis auf sensomotorisches Defizit bei Eureflexie von Trizeps und Bizepssehnenreflex, Radiosuperiostereflex ebenfalls seitengleich, grobe Kraft aller Kennmuskeln seitengleich kräftig, pDMS intakt, untere Extremitäten ohne Angabe von Schmerzen oder Empfindungsstörung frei beweglich. Die hierzu ausgestellte Rechnung der Kliniken … vom 18. Dezember 2017 führt als Diagnosen: Verstauchung und Zerrung der Lendenwirbelsäule, nicht näher bezeichnet, gesicherte Diagnose sowie Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule, gesicherte Diagnose.
8
Nach dem Durchgangsarztbericht des C.A. Dr. med. … (Kliniken …*) vom 8. Januar 2018 begab sich der Kläger am 14. Dezember 2017 in dessen Weiterbehandlung. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde bis 17. Dezember 2017 verlängert, zudem wurde Krankengymnastik und manuelle Therapie verordnet.
9
Mit Schreiben vom 15. Februar 2018 berichtete Dr. med. … (Kliniken …*) über den Kläger, der sich am 13. Februar 2018 dort ambulant vorstellte, wie folgt: Es sei eine fortdauernde Zervikobrachialgie rechts bei Zustand nach HWS-Distorsion am 7. Dezember 2017 diagnostiziert worden. Der Patient klage über anhaltende intermittierend eintretende Schmerzen im Bereich des rechten Oberarmes sowie Nackenschmerzen. Er sei inzwischen wieder voll berufstätig. Außerdem träten immer wieder auch rechtsseitige Ischialgien ein. Zum Ausschluss einer diskoligamentären Verletzung im Bereich der Halswirbelsäule sei ein MRT in der Praxis Dr. … vereinbart worden.
10
Mit Arztbrief vom 14. Februar 2018 berichtete der Radiologe Dr. med. … (Praxis …*) über eine Untersuchung des Klägers vom selben Tag. Es sei eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule erfolgt. Diese habe als Beurteilung Bandscheibenprotrusionen und -vorfälle zervikothorakal mit deutlichsten zervikalen Befund C4/C5 ergeben, weiter sei eine Osteochondrose mit Spondylosen, Degeneration der kleinen Wirbelkörpergelenke sowie eine Fehlhaltung der Wirbelsäule in Rückenlage festgestellt worden. Es bestehe kein ausgedehnter pathologischer Markraumbefund im Sinne eines posttraumatischen ossären Geschehens.
11
Mit Schreiben vom 26. April 2018 berichteten die behandelnden Ärzte der Kliniken … gegenüber der Beklagten über eine Vorstellung des Klägers am 24. April 2018. Der Kläger klage nach zwischenzeitlich eingetretener leichter Besserung seiner Beschwerden nunmehr wieder über eine Verstärkung derselben, seit etwa einem Monat. Zudem werde nun eine anhaltende rechtsseitige Brachialgie im Bereich des Oberarms geschildert. Außerdem träten intermittierende auch rechtsseitige Ischialgien mit begleitender Hypästhesie ein. Die Bildgebung durch MRT der WS vom 14. Februar 2018 lag vor. Aus Sicht der behandelnden Ärzte seien die dort festgestellten HWS-Veränderungen nicht Folge des Unfalls, sondern eher degenerativer Natur.
12
Mit Bescheid vom 8. Juni 2018 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Bandscheibenprotrusionen, der Bandscheibenvorfälle im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, der Osteochondrose mit Spondylosen, die Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke sowie eine daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit ab dem 14. Februar 2018 als Folgen des Dienstunfalls vom 7. Dezember 2017 ab.
13
Zur Begründung führt sie aus, dass Voraussetzung für die Anerkennung eines Körperschadens als Dienstunfallfolge nach § 31 BeamtVG sei, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Dienstunfall und dem Körperschaden bestehe. Für das Vorliegen des Dienstunfalls und der Kausalität für die Unfallfolgen sei grundsätzlich der volle Beweis - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - zu erbringen. Es müsse sowohl die Tätigkeit den Unfall rechtlich wesentlich mitverursacht haben und der Unfall müsse sodann rechtliche (Teil-)Ursache für den festgestellten Körperschaden sein. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Denn ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen den geltend gemachten gesundheitlichen Schäden und dem Dienstunfall lasse sich nicht mit erforderlicher Wahrscheinlichkeit herstellen. Die Prüfung habe vielmehr ergeben, dass es sich bei den genannten Veränderungen um degenerative Vorschäden handle. Dies werde auch durch den Bericht der Kliniken … vom 26. April 2018 bestätigt. Eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit wegen der zugezogenen Distorsionen der Hals- und Lendenwirbelsäule habe bis zum 13. Februar 2018 bestanden, für die nach diesem Tag bestehenden Beschwerden könne ein Unfallzusammenhang nicht mehr hergestellt werden.
14
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. Juli 2018 ließ der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2018 Widerspruch erheben.
15
Zur Begründung führte er aus, dass er am 7. Dezember 2017 einen Dienstunfall erlitten habe. Es seien diesem bereits mehrere weitere Dienstunfälle vorangegangen, die sich ebenfalls auf seinen Rücken ausgewirkt hätten. Er sei nach keinem dieser Unfälle dahingehend untersucht worden, inwieweit die jeweils vorherigen Unfälle zu den nun beschriebenen Folgen geführt haben. Eine Wirbelsäule, die zum vierten Mal einer starken Erschütterung ausgesetzt sei, heile schlechter als eine erstmalig einer solchen ausgesetzte Wirbelsäule. Am 10. Juni 1990 habe er einen Wegeunfall erlitten, am 12. Juli 2001 einen Arbeitsunfall im Dienst sowie am 4. Mai 2005 nochmals einen Wegeunfall. Es werde daher um neuerliche umfangreiche Untersuchung gebeten, insbesondere hinsichtlich der Folgen, die diese vier Unfälle kumulativ verursacht haben.
16
In der Beklagtenakte befindet sich auf Blatt 23 eine Übersicht zu den Unfällen des Klägers, die ausweist, dass der Kläger am 10. Juni 1990 einen Dienstunfall erlitten hat, bei dem er sich eine Gehirnerschütterung, eine Riss-/Platzwunde am rechten Kopf sowie eine Augenverletzung zugezogen hat; diese Verletzungen seien folgenlos ausgeheilt. Am 4. Mai 2005 hat der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten, bei dem es zu einer HWS-Prellung gekommen ist. Behandlungen seien ab 4. Juli 2005 nicht mehr unfallbedingt gewesen. Der am 12. Juli 2001 eingetretene Arbeitsunfall hat zu Verbrennungen/einer Verbrühung des linken Unterarms des Klägers geführt.
17
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 8. Juni 2018 zurück.
18
Zur Begründung führte sie aus, dass der Widerspruch zulässig, jedoch unbegründet sei. Eine radiologische Untersuchung des Klägers nach seinem Dienstunfall am 7. Dezember 2017 habe keine Hinweise auf frische knöcherne Verletzungen ergeben. Vielmehr hätten sich ausschließlich degenerative Veränderungen gezeigt. Es seien Distorsionen der Hals- und Lendenwirbelsäule diagnostiziert worden. Eine MRT-Untersuchung der Halswirbelsäule, die auf Grund anhaltender Beschwerden beim Kläger am 14. Februar 2018 erfolgt sei, hätte insbesondere Bandscheibenprotrusionen und -vorfälle in den Bereichen des 4. und 5. Halswirbelkörpers ergeben, weiter sei eine Osteochondrose mit Spondylosen sowie degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke festgestellt worden. Die Überprüfung im Widerspruchsverfahren habe keinen Anlass für eine andere Entscheidung als durch Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2018 ergeben. Denn insgesamt könne aufgrund der erhobenen Befunde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Unfallereignis vom 7. Dezember 2017 lediglich Distorsionen der Hals- und Lendenwirbelsäule verursacht habe. Eine MRT-Untersuchung der Halswirbelsäule am 14. Februar 2018 habe definitiv ausschließlich unfallunabhängig vorbestehende degenerative Veränderungen feststellen lassen. Demnach habe eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit allenfalls bis 13. Februar 2018 bestanden. Spätestens danach würden die direkten Unfallfolgen wieder in den Vorzustand münden bzw. träten die unfallunabhängig vorbestehenden Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule als Ursache für die anhaltende Beschwerdesymptomatik in den Vordergrund. Dem Unfallereignis komme diesbezüglich allenfalls die Bedeutung eines auslösenden Moments zur Manifestation einer bereits bestehenden Krankheitsanlage zu. Es wäre also lediglich eine Gelegenheit, bei der sich ein vorbestehender Gesundheitsschaden klinisch symptomatisch gemacht habe. Ein Ereignis werde als Gelegenheitsursache bezeichnet, wenn es zwar mit der unter Dienstunfallschutz stehenden Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang stehe, deren Einfluss auf den Körperschaden jedoch nicht so erheblich sei, dass es als eine wesentliche Bedingung angesehen werden könne. Diese Auffassung werde durch den ärztlichen Bericht der Kliniken … vom 26. April 2018 gestützt. Danach seien die kernspintomographisch festgestellten Veränderungen der Halswirbelsäule nicht als Folgen des Unfalls vom 7. Dezember 2017 zu werten. Die am 10. Juni 1990 im Rahmen eines Dienstunfalls erlittenen Verletzungen in Form einer Gehirnerschütterung, einer Riss-/Platzwunde am Kopf und einer beidseitigen Augenverletzung seien ohne wesentliche Folgen ausgeheilt, hierzu werde auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 8. September 2004 (Az.: AN 11 K 03.01929) verwiesen. Am 12. Juli 2001 habe der Kläger sich bei einem Arbeitsunfall eine Verbrennung bzw. Verbrühung des linken Unterarms zugezogen. Bei einem weiteren Arbeitsunfall am 4. Mai 2005 habe er eine Prellung der Halswirbelsäule erlitten. Die über den 3. Juli 2005 beklagten Beschwerden seien jedoch nicht als Unfallfolge anerkannt worden. Auch unter Berücksichtigung dieser Unfallereignisse ergäben sich keine neuen, bisher nicht hinreichend berücksichtigten Aspekte. Eine Begutachtung sei hier nicht erforderlich gewesen.
19
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. November 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax eingegangen am selben Tag, ließ der Kläger Klage erheben gegen den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2018.
20
Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2019 beantragten die Klägerbevollmächtigten:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2018 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Bandscheibenprotrusionen und die Bandscheibenvorfälle im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, die Osteochondrose mit Spondylosen, die Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke als Folgen des Dienstunfalls vom 7. Dezember 2017 anzuerkennen und die daraus resultierende Behandlungsbedürftigkeit ab dem 14. Februar 2018 anzuerkennen.
21
Zur Klagebegründung führten sie in rechtlicher Hinsicht aus, dass die Beklagte überhaupt nicht berücksichtigt habe, dass der Kläger vor dem streitigen Dienstunfall bereits Dienstunfälle erlitten habe, die sich ebenfalls auf seinen Rücken ausgewirkt hätten. Es handele sich um einen Wegeunfall am 10. Juni 1990, einen Dienstunfall am 12. Juli 2001 sowie einen weiteren Wegeunfall am 4. Mai 2005. Bei der Berufung auf degenerative Gesundheitsschäden berücksichtige die Beklagte nicht, dass die Wirbelsäule des Klägers wiederholt durch Dienstunfälle geschädigt worden sei. Durch diese sei sie überdurchschnittlich belastet worden. Sie sei aufgrund der vorherigen Dienstunfälle mehrfach starken Erschütterungen ausgesetzt worden und heile deutlich schlechter dadurch. Auch dies habe die Beklagte nicht berücksichtigt. Sie habe es in diesem Zusammenhang versäumt, den Kläger dahingehend zu untersuchen, inwieweit die bereits zuvor erlittenen Dienstunfälle zu den nun beschriebenen Folgen geführt haben könnten. Die Beklagte habe es versäumt zu ermitteln, welche Folgen die genannten Unfälle ggf. kumulativ verursacht haben. Ein ggf. einzuholendes Sachverständigengutachten werde den ursächlichen Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Gesundheitsschäden des Klägers und dem Dienstunfall am 7. Dezember 2017 jedenfalls in der Gesamtschau mit den bereits zuvor erlittenen Dienstunfällen bestätigen.
22
Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019 beantragte die Beklagte,
die Klage abzuweisen, und führte zur Klageerwiderung aus, dass der erhobene Erstbefund, die Distorsion der HWS und LWS, sowie der Ausschluss frischer Verletzungen durch bildgebende Verfahren, der weitere Verlauf der Erkrankung und die Auswertung der MRT-Aufnahmen durch den behandelnden Arzt eindeutig beweisen, dass der Dienstunfall vom 7. Dezember 2017 keine bleibenden Unfallfolgen rechtlich wesentlich verursacht habe. Soweit sich der Kläger darauf berufe, dass Gesundheitsschäden im Bereich der Wirbelsäule auch die Summe anderer Dienstunfälle sein könnten, werde dem entgegengehalten, dass er für diese Behauptung keinerlei Beweise erbracht habe. Gegenstand des Klageverfahrens sei der Dienstunfall vom 7. Dezember 2017 und ob und welche Folgen dieser Unfall verursacht habe. Nach Ausführungen zu den zuvor erlittenen Dienstunfällen sowie Dienstunfallfolgen, die bereits im Widerspruchsbescheid gemacht worden sind, schließt die Beklagte dahingehend, dass eine Begutachtung angesichts des eindeutigen Sachverhalts nicht für erforderlich gehalten werde.
23
Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2019 erwiderten die Klägerbevollmächtigten, dass sich der Kläger ausdrücklich vorbehalte, bei der Beklagten eine Überprüfung der Unfallfolgen auch aller übrigen Dienstunfälle zu beantragen.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen. Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25
1. Die zulässige Klage, über die die Kammer trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Grund eines entsprechenden Hinweises in der ordnungsgemäßen Ladung entscheiden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 5. Oktober 2018 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der bei ihm festgestellten Bandscheibenprotrusionen, Bandscheibenvorfälle im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, Osteochondrose mit Spondylosen und Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke als weitere Folgen des bereits anerkannten Dienstunfalls vom 7. Dezember 2017.
26
a) Gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG entscheidet die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle, ob ein Dienstunfall vorliegt und ob der Verletzte den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Diese Entscheidung ist dem Verletzten oder seinen Hinterbliebenen bekannt zu geben (§ 45 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG). Während die Beklagte das Ereignis vom 7. Dezember 2017 bereits mit Bescheid vom 16. Januar 2018 als Dienstunfall mit Unfallfolgen in Form einer Distorsion der Hals- und Lendenwirbelsäule des Klägers anerkannt hat, bildet Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 8. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 2018, weiterer Körperschäden in Form von Bandscheibenprotrusionen, Bandscheibenvorfällen im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, Osteochondrose mit Spondylosen und Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke als weitere Folgen des Dienstunfalls des Klägers vom 7. Dezember 2017 anzuerkennen.
27
b) Ein Dienstunfall ist gemäß § 31 Abs. 1 BeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Das Merkmal „einen Körperschaden verursachendes Ereignis“ setzt einen mehrfachen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Dienst, dem Ereignis und dem Körperschaden voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt bei mehreren Ursachen, die zu einem Unfall adäquat kausal geführt haben, die Theorie der wesentlich mitwirkenden Ursache (BVerwG, U.v. 12.12.2019 - 2 A 6/18 - juris Rn. 17 ff.). Die Dienstunfallfürsorge soll nicht dazu führen, dass dem Beamten jedes irgendwie denkbare, in keiner Weise aus dem Dienst ableitbare Risiko abgenommen und dem Dienstherrn aufgebürdet wird. Vielmehr soll der Dienstherr mit der Unfallfürsorge nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit oder die nach der Lebenserfahrung auf die Beamtentätigkeit rückführbaren, für den Schaden wesentlichen Risiken übernehmen. Der Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Körperschaden besteht dann nicht mehr, wenn für den Erfolg eine weitere Bedingung ausschlaggebende Bedeutung hatte. Mitursächlich sind nur solche für den eingetretenen Schaden kausalen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Liegen mehrere Ursachen vor, ist jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache anzusehen, wenn sie annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hat. Danach ist der Dienstunfall dann als wesentliche Ursache im Rechtssinne anzuerkennen, wenn er bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) beigetragen hat oder zumindest annähernd gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände (BVerwG, U.v. 20.4.1967 - 2 C 118.64 - BVerwGE 26, 332 <333>, U.v. 10.7.1968 - 6 C 65.65; U.v. 30.6.1988 - 2 C 77.86; U.v. 1.3.2007 - 2 A 9.04; B.v. 23.10.2013 - 2 B 34/12 - juris Rn. 6). Nach diesen Vorgaben ist eine sogenannte Gelegenheitsursache keine Ursache im Rechtssinne. Eine solche Gelegenheitsursache ist gegeben, wenn die Beziehung zum Dienst eine rein zufällige ist und das schädigende Ereignis nach menschlichem Ermessen bei jedem anderen nicht zu vermeidenden Anlass in naher Zukunft ebenfalls eingetreten wäre. Der Zusammenhang zum Dienst fehlt, wenn ein anlagebedingtes Leiden durch ein dienstliches Vorkommnis nur rein zufällig ausgelöst worden ist. Dies ist dann anzunehmen, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden des Beamten so leicht aktualisierbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis denselben Erfolg herbeigeführt hätte (BVerwG, U.v. 12.12.2019 - 2 A 6/18 - juris Rn. 19 m.w.N.; BayVGH, B.v. 9.10.2015 - 3 ZB 12.1708 - juris Rn. 13; VG München, U.v. 19.11. 2015 - M 12 K 14.5023 - juris Rn. 23 f.). Löst ein Unfallereignis ein bereits vorhandenes Leiden aus oder beschleunigt oder verschlimmert es dieses, so ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen „der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“ bei einer Krankheit, „die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der krankhaften Veranlagung) derartig zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist.
28
Für das Vorliegen eines Dienstunfalls, eines Körperschadens und der Ursächlichkeit des Dienstunfalls für den Körperschaden ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko bzw. die materielle Beweislast, sowohl für das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch dafür, dass die Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist. Bleibt nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlungspflicht offen, ob die anspruchsbegründenden Voraussetzungen erfüllt sind, geht dies damit zu Lasten des Beamten. Ein Anspruch ist nur dann zuzuerkennen, wenn sowohl das Vorliegen des behaupteten Körperschadens als auch der Kausalzusammenhang mit dem Dienstunfallgeschehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sind (stRspr., vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1997 - 2 B 127/96 - juris Rn. 5; U.v. 25.2.2010 - 2 C 81.08 - NVwZ 2010, 708; B.v. 4.4.2011 - 2 B 7.10; BayVGH, B.v. 9.10.2015 - 3 ZB 12.1708 - juris Rn. 14).
29
c) Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte eine Anerkennung der Körperschäden des Klägers in Form von Bandscheibenprotrusionen, Bandscheibenvorfällen im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, Osteochondrose mit Spondylosen und Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke als weitere Folgen seines Dienstunfalls vom 7. Dezember 2017 zu Recht abgelehnt. Denn auf Grundlage der schlüssigen Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass die genannten Körperschäden des Klägers degenerativer Natur sind und nur eine rein zufällige Beziehung zum Dienst des Klägers besteht. Bei dem Dienstunfall des Klägers vom 7. Dezember 2017 handelt es sich insoweit folglich lediglich um eine Gelegenheitsursache, welche einen Anspruch auf Dienstunfallfürsorge nicht zu begründen vermag.
30
Bei den mittels MRT-Untersuchung durch die radiologische Praxis Dr. … am 14. Februar 2018 diagnostizierten Halswirbelsäulenveränderungen in Form von Bandscheibenprotrusionen, Bandscheibenvorfällen im Bereich des 4. und 5. Halswirbelkörpers, Osteochondrose mit Spondylosen und Veränderungen der kleinen Wirbelkörpergelenke handelt es sich aus Sicht des Oberarztes Dr. med. … sowie des Assistenzarztes … (Kliniken …*) nicht um Folgen des Unfalls, sondern um Veränderungen degenerativer Natur. Der kernspintomographischen Untersuchung des Klägers am 14. Februar 2018 lässt sich neben den genannten Veränderungen weiter entnehmen, dass eine Fehlhaltung der Wirbelsäule des Klägers in Rückenlage besteht. Ein ausgedehnter pathologischer Markraumbefund im Sinne eines posttraumatischen ossären Geschehens liegt hingegen nicht vor. Ebenso ergaben bereits die am 8. Dezember 2017 vom Facharzt für Chirurgie Dr. med. … angefertigten Röntgenaufnahmen der Hals- und Lendenwirbelsäule des Klägers keine Hinweise auf knöcherne Verletzungen, jedoch degenerative Veränderungen und eine Steilstellung der Halssowie Lendenwirbelsäule. Vor dem Hintergrund dieser schlüssigen und widerspruchsfreien ärztlichen Befunde begegnet es keinerlei rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Körperschäden von anlagebedingten Leiden ausgeht, die das Unfallereignis vom 7. Dezember 2017 allenfalls ausgelöst oder verschlimmert hat, nicht jedoch rechtlich wesentlich im Sinne der Dienstunfallfürsorge verursacht hat. Der Unfall des Klägers ist in diesem Zusammenhang allenfalls als ein Ereignis von untergeordneter Bedeutung zu qualifizieren, das gewissermaßen „der letzte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“ bei einer Krankheit, „die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“.
31
Da die Kausalität zwischen Unfallereignis und entstandenem Körperschaden auf Grundlage der im Verwaltungsverfahren eingeholten schlüssigen und nicht ergänzungsbedürftigen ärztlichen Stellungnahmen zweifelsfrei zu verneinen ist, bestand auch kein Bedürfnis zu weiterer Sachaufklärung von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), etwa entsprechend der Anregung der Klägerseite durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
32
Eine andere rechtliche Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen den hier streitgegenständlichen Körperschäden und dem Unfallereignis am 7. Dezember 2017 ergibt sich zur Überzeugung der Kammer schließlich auch nicht unter Berücksichtigung früherer Dienstunfälle des Klägers am 10. Juni 1990, 12. Juli 2001 und 4. Mai 2005, die im Übrigen wohl bereits nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung der Beklagten und mithin des vorliegenden Klageverfahrens bilden. Da sämtliche anerkannte Unfallfolgen früherer Dienstunfälle nach den Ausführungen der Beklagten in ihrem Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2018, denen der Kläger zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten ist, folgenlos ausgeheilt sind, kommt eine vom Kläger vermutete kumulative Verursachung der hier streitigen Körperschäden durch wiederholt erlittene Dienstunfälle bereits aus diesem Grund nicht in Betracht.
33
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
34
3. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten des Verfahrens trifft die Kammer nicht, weil sie davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.