Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 25.06.2020 – 1 VA 43/20
Titel:

Zum Nachweis der Erbenstellung im Hinterlegungsverfahren

Normenketten:
BGB § 1922, § 2353
BayHintG Art. 16, Art. 21, Art. 18 Abs. 2 Nr. 1, Art. 20 Abs. 1 Nr. 2
EGGVG § 23 Abs. 1, Abs. 2
FamFG § 352e Abs. 1 S. 1, § 357 Abs. 2 S.1
VwVfG § 33, § 34
Leitsätze:
Zum Nachweis der Erbenstellung im Hinterlegungsverfahren.
Im Hinterlegungsverfahren kann der Nachweis zur Berechtigung der Freigabe des hinterlegten Betrages durch den Erben des Hinterlegers, auch durch Vorlage der beglaubigten Abschrift des Erbvertrages nebst Eröffnungsprotokoll, geführt werden, sofern sich die Erbfolge daraus ohne weitere Prüfung des materiellen Rechtes ergibt. (Rn. 28 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abtretung, Freigabe, Bewilligungserklärung, Erbvertrag, Hinterlegungsverfahren, Erbenstellung, Erbschein, Testamentsvollstreckerzeugnis, Erbscheinsverfahren
Fundstellen:
FamRZ 2020, 1962
ErbR 2020, 727
LSK 2020, 13624
BeckRS 2020, 13624

Tenor

I. Der Bescheid des Amtsgerichts München - Hinterlegungsstelle - vom 5. März 2020 und der Beschwerdebescheid vom 27. März 2020, Az. 38 HL 678/91, werden aufgehoben. Der Antragsgegner wird angewiesen, den Antrag des Antragstellers vom 7. Oktober 2019 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller, der als einer der möglichen Empfänger der Hinterlegungssumme benannt worden ist, begehrt die Auszahlung der hinterlegten Geldsumme nebst Zinsen an sich.
2
Die Hinterlegerin hatte zur Begründung ihres Hinterlegungsantrags vom 30. Juli 1991 ausgeführt, Dr. L. habe gegen sie bestehende Honoraransprüche am 9. März 1985 - im Zusammenhang mit einem Vertrag über die Benutzung medizinischer Apparate - an den Antragsteller abgetreten und am 24. November 1989 an Rechtsanwalt H. Mit Schreiben vom 2. Mai 1991 habe Rechtsanwalt H. die Wirksamkeit der Abtretung vom 9. März 1985 bestritten. Die Hinterlegung erfolge gemäß § 372 Satz 2 Alt. 2 BGB wegen Ungewissheit über die Person des Gläubigers; als mögliche Empfänger für den hinterlegten Betrag kämen der Antragsteller und Rechtsanwalt H. in Betracht. Die Hinterlegerin hatte in ihrem Antrag weitere Zahlungen angekündigt und auf das Recht der Rücknahme verzichtet. Mit Schreiben vom 26. November 1991 hatte die Hinterlegerin als weitere mögliche Empfangsberechtigte eine Bank angegeben, die mit Schreiben vom 12. September 1991 eine Abtretungserklärung vom 3. Mai 1982 vorgelegt habe. Die Annahme der von der Hinterlegerin eingezahlten Beträge in Höhe von 399,60 DM, 54.389,94 DM, 819,60 DM, 843,60 DM und 723,60 DM (insgesamt 57.176,34 DM) ist am 11. Juli 1991, 19. September 1991, 22. Mai 1992, 10. September 1992 und 1. Dezember 1992 angeordnet worden.
3
Die Hinterlegungsstelle hat dem Antragsteller auf dessen Nachfrage am 25. Februar 2013 mitgeteilt, dass ein Betrag von (umgerechnet) 29.233,80 € hinterlegt sei. Gemäß § 8 HintO seien bis einschließlich November 2010 Zinsen in Höhe von 6.643,93 € angefallen, ab dem 1. Dezember 2010 werde der hinterlegte Betrag gemäß Art. 16 BayHintG nicht mehr verzinst.
4
Ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen ist Rechtsanwalt H. am 4. Juni 2016 verstorben. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 18. September 2019 beantragt, bezogen auf die Bank das Verfahren nach Art. 21 BayHintG durchzuführen. Mit gleichem Schreiben hat er - so seine Behauptung - beglaubigte Abschriften des notariellen Ehe- und Erbvertrags vom 1. August 1983 zwischen Rechtsanwalt H. und dessen künftiger Ehefrau (im Folgenden: Frau H.), des Protokolls des als Nachlassgericht tätigen badenwürttembergischen Notars vom 22. September 2016 über die Eröffnung dieser Verfügung von Todes wegen und über die Erklärung von Frau H. vorgelegt, dass sie das Amt der Testamentsvollstreckerin annehme, sowie im Original die Bewilligungserklärung von Frau H. über die Auszahlung eines Teilbetrags von 35.167,73 €. Nach § 1 des vorgelegten Erbvertrags setzt der zuerst versterbende Ehegatte den überlebenden Ehegatten zu einer Hälfte des Nachlasses und die gemeinschaftlichen Abkömmlinge (Im Erbvertrag heißt es dazu „derzeit ist dies unser gemeinsamer Sohn … geboren … 1982“.) nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolgeordnung zu Erben ein. Gemäß § 2 Buchstabe b) des Erbvertrags wird der überlebende Ehegatte zum Testamentsvollstrecker mit allen Rechten berufen, die ihm nach dem Gesetz übertragen werden können.
5
Unter Bezugnahme auf eine weitere Auszahlungsbewilligung von Frau H. über den Gesamtbetrag der Hinterlegungssumme, die im Original mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2019 vorgelegt worden ist, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2019 die Auszahlung des Gesamtbetrags (29.233,80 € zzgl. 6.643,93 € = 35.867,73 € [gemeint 35.877,73 €]) beantragt.
6
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2019 ist die beteiligte Bank unter Hinweis auf die Bewilligungsfiktion des Art. 21 Abs. 2 BayHintG aufgefordert worden, sich binnen eines Monats zu erklären, ob sie die von dem Antragsteller beantragte Herausgabe des hinterlegten Betrags bewillige oder dies ablehne.
7
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2019 hat der Antragsteller den Ausdruck einer E-Mail von Frau H. vorgelegt, aus der sich ergibt, dass sie nicht im Besitz eines Erbscheins sei; sie habe den gesamten Nachlass ohne einen Erbschein abgewickelt.
8
Am 10. Dezember 2019 hat das Amtsgericht München darauf hingewiesen, dass die Bewilligung der Bank zur Herausgabe des Hinterlegungsbetrags an den Antragsteller kraft Gesetzes als unwiderruflich erteilt gelte, zum Nachweis der Erbenstellung nach Rechtsanwalt H. jedoch ein Erbschein vorzulegen sei. Frau H. sei nicht Alleinerbin, es seien ferner die gemeinsamen Abkömmlinge zu Erben berufen. Aus den eingereichten Unterlagen ergebe sich, dass es neben dem im Erbvertrag namentlich genannten Sohn wohl noch einen weiteren Sohn gebe. Eine analoge Anwendung der im Grundbuchverfahren zulässigen eidesstattlichen Versicherung sei im Hinterlegungsverfahren nicht möglich. Bei Nachweis der Beteiligtenstellung der Erben durch Vorlage eines Erbscheins, wäre weiterhin nachzuweisen, wer befugt sei, diese zu vertreten. Ein Testamentsvollstrecker könne dies durch Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses.
9
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2020 hat der Antragsteller u. a. im Original Erklärungen vom 28. Januar 2020 vorgelegt, mit denen Frau H. und die beiden Söhne unwiderruflich auf die Auszahlung des „hinterlegten Geldbetrags (29.233,80 €)“ verzichten und die Auszahlung an den Antragsteller bewilligen, sowie eine - nach der Behauptung des Antragstellers beglaubigte - Abschrift der notariell beurkundeten eidesstattlichen Versicherung von Frau H. vom 24. Mai 2017 des Inhalts, dass sie - neben den beiden namentlich genannten Söhnen - weitere Abkömmlinge nicht habe und die eidesstattliche Versicherung gegenüber dem Grundbuchamt R. abgegeben werde.
10
Auf den nochmaligen Hinweis vom 12. Februar 2020, die eingereichten Unterlagen erfüllten die Erfordernisse an den Erbnachweis nicht und nur der Erbschein stelle gemäß § 2353 BGB ein Zeugnis des Erben über sein Erbrecht dar, hat der Antragsteller entgegnet, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 8. Oktober 2013, XI ZR 401/12) sei zum Nachweis des Erbrechts ein Erbschein nicht erforderlich, wenn ein notarieller Erbvertrag zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll vorgelegt werde. Das bisherige Beharren auf der erstmaligen Ausstellung eines Erbscheins bedeute, dass Frau H. Gebühren für die Erteilung eines Erbscheins aufwenden müsste, (nur) um die Auszahlung des hinterlegten Betrags an den Antragsteller bewilligen zu können. Dass dies nicht rechtens sein könne, liege auch ohne Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf der Hand.
11
Mit Bescheid vom 5. März 2020 hat das Amtsgericht München den Antrag vom 18. September (gemeint: 7. Oktober) 2019 auf Herausgabe abgelehnt. Zur Auszahlung eines hinterlegten Betrags sei die Empfangsberechtigung eines Beteiligten festzustellen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG sei die Herausgabebewilligung aller weiteren Beteiligten erforderlich. Rechtsanwalt H. sei verstorben, so dass dessen Rechtsnachfolger in dessen Beteiligtenstellung eingetreten seien. Mangels Vorlage eines Erbscheins sei die Rechtsnachfolge nicht nachgewiesen und Verfahrenserklärungen (für den verstorbenen Verfahrensbeteiligten) hätten nicht abgegeben werden können.
12
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers vom 7. März 2020 ist mit Bescheid der Präsidentin des Amtsgerichts München vom 27. März 2020, der dem Antragsteller am 2. April 2020 zugestellt worden ist, kostenpflichtig zurückgewiesen worden. Die zulässige Beschwerde sei unbegründet, da die Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 2 (gemeint: Abs. 1 Nr. 2) BayHintG nicht erfüllt seien. Die Herausgabebewilligung der Hinterlegerin gelte zwar nach Art. 20 Abs. 2 BayHintG und die der Bank nach Art. 21 Abs. 2 BayHintG als erteilt, hinsichtlich des verstorbenen Rechtsanwalts H. sei jedoch ein Nachweis der Rechtsnachfolge nicht erbracht. Der einzig geeignete Nachweis für die Rechtsnachfolge eines Beteiligten und der damit verbundenen Erlangung der Beteiligtenstellung der Erben sei hier ein Erbschein. Der notarielle Erbvertrag berufe neben der damaligen Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn auch alle weiteren gemeinsamen Abkömmlinge zu Erben. Die eidesstattliche Versicherung über die Zahl weiterer Abkömmlinge mache eine entsprechende Annahme zwar glaubhaft, biete aber keinen hinreichenden Beweis, der einer künftigen Regressforderung weiterer Abkömmlinge entgegengehalten werden könnte.
13
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller mit an das Amtsgericht München adressiertem Schriftsatz vom 6. April 2020, der am 8. April 2020 bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen ist, „Beschwerde“ eingelegt. Er hat seine bisherige Argumentation vertieft und insbesondere ausgeführt, ihm stehe der hinterlegte Betrag zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen zu. Entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsauffassung sei hier - wie im gesamten Recht - der Erbschein nicht der einzig geeignete Nachweis für die Rechtsnachfolge eines Beteiligten. § 2353 BGB besage lediglich, dass dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen sei, über die Größe des Erbteils zu erteilen sei (Erbschein). Einen solchen Antrag habe Frau H. nie gestellt. Sie habe dieses Zeugnis nicht benötigt, weil sie den Nachweis ihrer Erbenstellung anderweitig lückenlos erbracht habe. Frau H. habe als Erbin und Testamentsvollstreckerin, also als über das gesamte Erbe Verfügungsberechtigte, rechtsverbindlich und unwiderruflich auf den hinterlegten Geldbetrag verzichtet und die Auszahlung an den Antragsteller bewilligt. Auch die einzigen gemeinschaftlichen Abkömmlinge hätten rechtsverbindlich und unwiderruflich auf den hinterlegten Geldbetrag verzichtet und die Auszahlung an den Antragsteller bewilligt.
14
Der Antragsteller beantragt,
gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG den Bescheid vom 5. März 2020 sowie den Bescheid 27. März 2020 aufzuheben und zu entscheiden, dass der hinterlegte Betrag in Höhe von 29.233,80 € zuzüglich 6.643,93 € Zinsen, insgesamt 35.867,73 € an ihn ausgezahlt werde, sowie vorsorglich - für den Fall des Unterliegens - die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
15
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 6. April 2020 als unbegründet zu verwerfen und die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
16
Der Antragsgegner nimmt zur Begründung auf die Ausführungen der Präsidentin des Amtsgerichts München vom 27. März 2020 sowie deren Stellungnahme zu dem Antrag vom 6. April 2020 Bezug, nach der die Ablehnung der Herausgabe zu Recht erfolgt sei. Der weitere Verfahrensbeteiligte Rechtsanwalt H. sei verstorben. Die Rechtsnachfolge (§ 1922 BGB) und damit die Beteiligtenstellung des oder der Erben sei durch Erbschein nachzuweisen. Die Hinterlegungsstelle überprüfe weder die formellen noch die materiellen Voraussetzungen für eine Erbenstellung.
II.
17
Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids und zur Zurückverweisung an den Antragsgegner.
18
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit der der Antragsteller sein ursprüngliches Begehren auf Erlass einer Herausgabeanordnung zu seinen Gunsten nach Art. 18 Abs. 2 Nr. 1 BayHintG weiterverfolgt, ist zulässig.
19
Gegenstand des Rechtsbehelfs ist die Ausgangsentscheidung der Hinterlegungsstelle in der Gestalt, die sie durch die Beschwerdeentscheidung gefunden hat (Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, 2012, Art. 8 Rn. 40; Mayer in Kissel/Mayer, EGGVG, 9. Aufl. 2018, § 23 Rn. 49).
20
a) Der Antrag ist nach Art. 8 Abs. 3 BayHintG i. V. m. § 23 Abs. 1 und 2 EGGVG statthaft. Ist mit der Entscheidung über die Beschwerde, Art. 8 Abs. 1 und 2 BayHintG, die Herausgabe des hinterlegten Gegenstandes abgelehnt worden, kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ein Verpflichtungsantrag nach § 23 Abs. 2 EGGVG gestellt werden. Eine der früheren Sonderzuweisung von Herausgabeklagen an die ordentliche Gerichtsbarkeit (§ 3 Abs. 3 HintO) entsprechende Regelung enthält das Bayerische Hinterlegungsgesetz nicht; sie wurde im Hinblick auf die §§ 23 ff. EGGVG nicht als erforderlich angesehen (Gesetzesbegründung zu Art. 8 BayHintG, LT-Drs. 16/5480 S. 11). Dass der Antragsteller seinen Rechtsbehelf als „Beschwerde“ bezeichnet hat, ist unschädlich; auch wenn der Antragsteller nur § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG zitiert, lässt sich seinem Antrag und dessen Begründung entnehmen, dass er neben der Anfechtung auch die Verpflichtung zur Herausgabe verfolgt.
21
b) Der eine Begründung enthaltende Antragsschriftsatz ist form- und fristgemäß (§ 26 Abs. 1 EGGVG, § 14 Abs. 2 FamFG, § 130a ZPO) bei dem nach § 25 Abs. 2 EGGVG i. V. m. Art. 12 Nr. 3 AGGVG zuständigen Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangen.
22
c) Der Antragsteller, der geltend macht, durch die verweigerte Anerkennung des eingereichten notariellen Erbvertrags nebst Eröffnungsprotokoll und der Bewilligungserklärungen in seinen Rechten verletzt zu sein, ist antragsbefugt (§ 24 Abs. 1 EGGVG).
23
2. Der Antrag hat vorläufig Erfolg. Die Ablehnung des Herausgabeantrags vom 7. Oktober 2019 verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Der angefochtene Bescheid ist gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 EGGVG aufzuheben. Der Senat kann über den Herausgabeantrag jedoch nicht abschließend entscheiden.
24
a) Gegen die Zulässigkeit des Herausgabeantrags nach Art. 19 BayHintG (vgl. Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, Art. 19 Rn. 27) bestehen keine Bedenken.
25
b) Soweit in dem angegriffenen Bescheid zum Nachweis der Rechtsnachfolge nach Rechtsanwalt H. und somit der Berechtigung, eine verfahrensrechtliche Herausgabebewilligung nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG zu erteilen, die Vorlage eines Erbscheins verlangt wird, ist der Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Die Hinterlegungsstelle hat an die Beweisführung hier zu strenge Maßstäbe angelegt.
26
aa) Die Voraussetzungen der hinterlegungsrechtlichen Empfangsberechtigung muss der Antragsteller gemäß Art. 19 Abs. 2 Nr. 3 BayHintG der Hinterlegungsstelle darlegen und ggf. beweisen (Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, Art. 19 Rn. 22). Um die Richtigkeit der Herausgabeentscheidung zu gewährleisten und mögliche Haftungsrisiken zu minimieren, eröffnet Art. 20 Abs. 3 BayHintG der Hinterlegungsstelle die Möglichkeit, im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen für den Nachweis der Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 1 BayHintG die Vorlage besonders beweiskräftiger Urkunden zu verlangen (Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, Art. 19 Rn. 25 und Art. 20 Rn. 33). Nach der Gesetzesbegründung zu Art. 20 BayHintG wird der Nachweis der Empfangsberechtigung gegenüber der Hinterlegungsstelle im Allgemeinen durch die Vorlage von öffentlichen Urkunden, z. B. die Ausfertigung von Urteilen oder Erbscheinen geführt. Zum Nachweis der Empfangsberechtigung können ferner wirksame Bewilligungserklärungen aller übrigen am Hinterlegungsverfahren Beteiligten dienen. Durch sie wird die Herausgabe verfahrensrechtlich gestattet (LT-Drs. 16/5480 S. 13). Nach Nr. 20.1 Satz 1 BayHiVV sind Erklärungen gemäß Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG im Original vorzulegen.
27
bb) Auch wenn für die Herausgabeentscheidung ein höchst mögliches Maß an Sicherheit gewährleistet werden muss, folgt daraus nicht, dass im Hinterlegungsverfahren der Nachweis der Erbenstellung als Voraussetzung der Bewilligungsberechtigung ausschließlich durch Vorlage eines Erbscheins erfolgen kann. Jedenfalls in Fällen, in denen es nicht um die Erbenstellung der Person geht, welche die Herausgabe an sich selbst verlangt und aufgrund ihres behaupteten Erbrechts ohne weiteres berechtigt wäre, gemäß § 352 FamFG beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins zu beantragen (vgl. Zimmermann in Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 352 Rn. 23), sondern - wie hier - um den Nachweis der Erbenstellung derjenigen Personen, welche die Herausgabe des hinterlegten Gutes an den Antragsteller gemäß Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG bewilligen, ist bei der Entscheidung über das Herausgabebegehren einer möglichen Beweisnot des Antragstellers Rechnung zu tragen.
28
(1) Für den Nachweis der Erbenstellung im Hinterlegungsverfahren gibt es keine spezielle Regelung, wie sie etwa § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GBO für Eintragungen im Grundbuch enthält.
29
Das Gesetz stellt dem oder den Erben zwar in erster Linie den Erbschein (§ 2353 BGB, § 352e FamFG) bzw. bei internationalen Fällen das Europäische Nachlasszeugnis (Art. 62 ff. EuErbVO) zur Verfügung, um sich als Rechtsnachfolger zu legitimieren, die Rechtsprechung vertritt aber seit jeher die Auffassung, der Nachweis der Erbenstellung könne grundsätzlich auch in anderer Form erbracht werden (BGH, Urt. v. 5. April 2016, XI ZR 440/15, BGHZ 209, 329 Rn. 23 ff. mit Anm. Keim, FamRZ 2016, 1073 [1075]; Urt. v. 8. Oktober 2013, XI ZR 401/12, BGHZ 198, 250 Rn. 38 ff.).
30
In der Rechtsprechung zum Hinterlegungsrecht ist verschiedentlich die Vorlage eines notariellen Testaments in Verbindung mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts als unzureichend und die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis der Empfangsberechtigung als erforderlich angesehen worden. So hat der Nachweis der Empfangsberechtigung nach der Rechtsprechung in aller Regel durch Vorlage eines Erbscheins zu erfolgen, wenn die Hinterlegung nach § 372 BGB zugunsten der unbekannten Erben angeordnet worden ist und der die Herausgabe des hinterlegten Betrags Beantragende behauptet, Erbe zu sein (zu § 21 Abs. 3 Nr. 1 BbgHintG: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30. Januar 2015, 11 VA 8/14, juris Rn. 35 ff.; zu § 13 HintO: KG, Beschluss vom 22. April 2008, 1 VA 16/06, juris Rn. 9). Dies ist aber eine andere Fallkonstellation als die vorliegende.
31
Allerdings wird auch der Nachweis, dass die eine Herausgabe des hinterlegten Gegenstands bewilligenden Personen Erben einer als mögliche Empfängerin benannten Person im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG sind, in der Regel durch die Vorlage einer Ausfertigung eines - bereits erteilten - Erbscheins zu führen sein (vgl. in einem obiter dictum: KG, Beschluss vom 11. Mai 1998, 25 VA 14/97, NJW-RR 1999, 863, [juris Rn. 9]). Dafür spricht, dass das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren gemäß § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln hat und der Erbschein nur zu erteilen ist, wenn das Nachlassgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet (§ 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG). Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann nach § 357 Abs. 2 Satz 1 FamFG die Erteilung einer Ausfertigung des Erbscheins verlangen (vgl. Weidlich in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 2353 Rn. 11; Grziwotz in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2019, § 357 Rn. 18 f.).
32
Inwieweit Normen, nach denen zum Nachweis der Erbfolge oder der Verfügungsbefugnis eines Testamentsvollstreckers das öffentliche Testament und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung genügen, wie sie insbesondere in § 35 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GBO und § 12 Abs. 1 Satz 4 HGB enthalten sind, auf Herausgabeentscheidungen der Hinterlegungsstellen entsprechend anwendbar sind, ist nicht abschließend geklärt (offengelassen: KG, NJW-RR 1999, 863 [juris Rn. 10]; als naheliegend bezeichnet, aber Nachweis der Erbenstellung durch das vorgelegte notarielle Testament im Ergebnis verneint: KG, Beschluss vom 22. April 2008, 1 VA 16/06, juris Rn. 13; befürwortend: Bülow/Schmidt, Hinterlegungsordnung, 4. Aufl. 2005, § 13 Fn. 11 und Anhang zu § 13 Fn. 13; kritisch in einem obiter dictum: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30. Januar 2015, 11 VA 8/14, juris Rn. 40).
33
Für die Möglichkeit, im Hinterlegungsverfahren die Erben- und die Testamentsvollstreckerstellung durch die Vorlage einer öffentlich oder amtlich beglaubigten Abschrift (§ 129 BGB; §§ 33, 34 VwVfG) des öffentlichen Testaments und des nachlassgerichtlichen Eröffnungsprotokolls nachzuweisen, spricht, dass auch im Hinterlegungsverfahren die der Regelung in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO zugrundeliegenden Erwägungen gelten, wonach einem öffentlichen Testament (§ 2232 BGB) oder einem notariell beurkundeten Erbvertrag (§ 2276 BGB) nebst dem Eröffnungsprotokoll (§ 348 Abs. 1 Satz 2 FamFG) eine erhöhte Beweiskraft zukommt, weil vor der Beurkundung vom Notar die Identität und Geschäftsfähigkeit des Erblassers festgestellt (§§ 10, 11, 28 BeurkG), dessen letzter Wille nach § 17 BeurkG erforscht und dieser klar und unzweideutig wiedergegeben werden soll (vgl. BGH, BGHZ 198, 250 Rn. 37). Soweit im Hinterlegungsverfahren § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO entsprechend angewendet werden kann, genügt - wie gegenüber dem Grundbuchamt (vgl. Wilsch in BeckOK GBO, 39. Edition 1. Juni 2020, § 35 Rn. 96) - die Vorlage beglaubigter Abschriften.
34
Andererseits obliegt es dem Grundbuchamt nach herrschender Meinung, die formgerecht vorgelegte letztwillige Verfügung selbständig auszulegen und rechtlich zu würdigen (OLG München, Beschluss vom 29. Januar 2016, 34 Wx 50/15, juris Rn. 24; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Juli 2013, I-15 W 248/13 juris Rn. 15; kritisch Egerland in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl. 2019, § 35 GBO Rn. 12, der die Entscheidung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung der letztwilligen Verfügung vorrangig dem Nachlassgericht und dem Erbscheinsverfahren zuweist). Ob diese Prüfung materiellrechtlicher Fragen - bei einer entsprechenden Anwendung des § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO im Hinterlegungsverfahren - auch den Hinterlegungsstellen abverlangt werden könnte, erscheint fraglich. Der Normzweck der abschließenden Regelung in Art. 20 Abs. 1 BayHintG, Hinterlegungen in einem abstraktformellen Verwaltungsverfahren abzuwickeln und die Hinterlegungsstelle von einer Klärung materieller Rechtsfragen zu entlasten (Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, Art. 20 Rn. 3 f.), spricht vielmehr dafür, dass die Hinterlegungsstelle nicht nur dann auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen darf, wenn Zweifel tatsächlicher Art auftreten. Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es vorliegend nicht, da die Hinterlegungsstelle hier die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis der negativen Tatsache für erforderlich hielt, dass es neben den beiden Söhnen, deren Bewilligungserklärungen vorgelegt wurden, keine weiteren gemeinschaftlichen Abkömmlinge des Erblassers und der überlebenden Ehefrau gibt.
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(2) Zwar ist im Hinterlegungsrecht eine Versicherung an Eides statt nicht vorgesehen und auch im allgemeinen Verwaltungsrecht von geringer praktischer Bedeutung (Herrmann in BeckOK VwVfG, 47. Ed. 1. April 2020, § 27 vor Rn. 1), während im Grundbuchverfahren nach herrschender Ansicht zum Nachweis der negativen Tatsache, dass keine weiteren gemeinschaftlichen Kinder vorhanden sind, die von einem Notar zu beurkundende eidesstattliche Versicherung des (der) Erben in Verbindung mit der notariellen letztwilligen Verfügung als Nachweis ausreicht, es sei denn, es ergäben sich aus konkreten Umständen Zweifel an der Erbfolge (OLG München, Beschluss vom 12. Januar 2012, 34 Wx 501/11, FamRZ 2012, 1248 [juris Rn. 12 und 15]; Wilsch in BeckOK, GBO, § 35 Rn. 127 m. w. N.).
36
Bei der Frage, ob im Hinterlegungsverfahren zum Nachweis, dass es neben den die Herausgabe Bewilligenden keine weiteren Erben des möglichen Empfängers gibt, die Vorlage einer - vor einer anderen Stelle nach der einschlägigen Verfahrensordnung abgegebenen - eidesstattlichen Versicherung genügt, ist die Beweisnot des Antragstellers zu berücksichtigen, die ihre Ursache im Fehlen eines das Erbrecht der Bewilligenden bezeugenden Erbscheins und eines eigenen - aus den maßgeblichen Bestimmungen des BGB, des FamFG oder aus §§ 792, 896 ZPO folgenden - Antragsrechts hat (vgl. Zimmermann in Keidel, FamFG, § 352 Rn. 23 ff., Rn. 34). Im Erbscheinsverfahren antragsberechtigt sind nach § 2353 BGB i. V. m. § 352 FamFG insbesondere die Erben, nicht aber Nachlassgläubiger ohne Titel (Weidlich in Palandt, BGB, § 2353 Rn. 10 f.; Fröhler in Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § 352, Rn. 21 f. jeweils m. w. N.). Weil der Erbschein als ein allein dem Interesse des Erben dienender Ausweis gedacht ist, bestimmt § 2353 BGB, dass er „dem Erben” zu erteilen ist, und zwar nur auf Antrag. Grundsätzlich soll allein der Erbe über die Erteilung des Erbscheins entscheiden können. Mit dem Sinn und Zweck dieser Regelung wäre es nicht vereinbar, wenn allgemein jeder, der nur ein rechtliches Interesse an der Erteilung des Erbscheins hat, berechtigt wäre, den Erbschein zu beantragen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 8. März 1999, 1Z BR 73/98, NJW-RR 1999, 805 [juris Rn. 26 f.]).
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Ob der Antragsteller von Frau H. verlangen könnte, die Erteilung eines Erbscheins zu beantragen, bedarf keiner Entscheidung. Ihn im Hinterlegungsverfahren darauf zu verweisen, überschreitet jedenfalls die der Hinterlegungsstelle in Art. 20 Abs. 3 BayHintG eingeräumte Befugnis, nach pflichtgemäßem Ermessen, die Vorlage öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden zu verlangen. Höchstrichterlich entschieden ist im Übrigen nur, dass der (wahre) Berechtigte die Abgabe der Herausgabebewilligung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB von den übrigen Prätendenten verlangen kann, die ihre Rechtsposition auf seine Kosten erlangt haben (BGH, Urt. v. 30. Januar 2015, V ZR 63/13, NJW 2015, 1678 Rn. 8 m. w. N.). Ohne Bedeutung ist insoweit, ob die Voraussetzungen für die Hinterlegung vorgelegen haben (BGH, Urt. v. 22. Oktober 1980, VIII ZR 334/79, WM 1980, 1383 [juris Rn. 13]). Wer wirklicher Rechtsinhaber ist und von den anderen Prätendenten die Freigabe der Hinterlegungssumme verlangen kann, bestimmt sich nicht nach dem Innenverhältnis der Prätendenten untereinander, sondern nach der Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner (BGH, Urt. v. 16. November 2012, V ZR 179/11, ZIP 2013, 384 Rn. 10; Urt. v. 7. Dezember 2006, IX ZR 161/04, ZIP 2007, 194 Rn. 9). Dies beruht darauf, dass die Hinterlegung zur Erfüllung einer gegen den Hinterlegenden gerichteten Forderung erfolgt (§ 372 Satz 2 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 13. November 1996, VIII ZR 210/95, NJW-RR 1997, 495 [juris Rn. 10]). Dem (wahren) Berechtigten kann gegen die übrigen Prätendenten auch ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zustehen (BGH, Urt. v. 25. Juli 2017, VI ZR 222/16, WM 2017, 2158 Rn. 19 f.). Dagegen ist noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob der Berechtigte von den übrigen Prätendenten auch die Beantragung eines Erbscheins verlangen kann.
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cc) Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Hinterlegungsstelle hier zu hohe Anforderungen an die Beweisführung gestellt. Im Streitfall kommt der Nachweis der Erbenstellung der die Auszahlung an den Antragsteller Bewilligenden in Betracht.
39
Die Übereinstimmung mit den Originalen der in der Akte befindlichen einfachen Kopien des Erbvertrags, der Niederschrift über die Eröffnung dieser letztwilligen Verfügung und der ausgefertigten Bescheinigung des Nachlassgerichts - in Baden-Württemberg war dies bis einschließlich 31. Dezember 2017 das verwahrende Notariat (vgl. Muscheler in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2019, FamFG § 348 Rn. 4) - über die Annahme des Amts als Testamentsvollstreckerin unterstellt, ergibt sich daraus die Befugnis von Frau H. als Testamentsvollstreckerin, über den Nachlass zu verfügen (§ 2205 BGB). Der Testamentsvollstrecker ist allerdings nach § 2205 Satz 3 BGB zu unentgeltlichen Verfügungen nicht berechtigt, zu denen alle einseitigen oder vertraglichen Rechtsgeschäfte gehören, durch die ein zum Nachlass gehörendes Recht aufgehoben oder verändert wird (Weidlich in Palandt, BGB, § 2205 Rn. 27 f.). Im Zweifel ist daher für die mit der Herausgabebewilligung nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG verbundene Aufgabe der Rechtsposition eines möglichen Empfängers (vgl. BGH, NJW 2015, 1678 Rn. 8; ZIP 2013, 384 Rn. 10) die Zustimmung aller Erben erforderlich. Erst damit wird die Bewilligung des Testamentsvollstreckers wirksam (vgl. Weidlich a. a. O. Rn. 30).
40
Hier haben neben Frau H. auch die beiden Söhne mit Erklärungen vom 28. Januar 2020 die Herausgabe des hinterlegten Geldbetrags von 29.233,80 € bewilligt und damit die bereits erteilte Herausgabebewilligung genehmigt. Durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift der notariell beurkundeten eidesstattlichen Versicherung von Frau H. vom 24. Mai 2017, dass sie keine weiteren Abkömmlinge habe, kann der Antragsteller zwar nicht durch öffentliche Urkunden, aber dennoch hinreichend nachweisen, dass es keine weiteren gemeinsamen Abkömmlinge gibt. Konkrete Umstände, aus denen sich Zweifel an der Erbfolge ergeben, sind hier nicht ersichtlich. Zumal mit Blick auf die Pflichtenstellung der Frau H. als Testamentsvollstreckerin und einer möglichen Haftung (§ 2219 BGB) kann die auf die negative Tatsache beschränkte Nachweislücke in der hier gegebenen Sachlage, in der keine Anhaltspunkte für berechtigte Zweifel gegeben sind, mithin durch deren Erklärung in der eidesstattlichen Versicherung geschlossen werden.
41
c) Die Sache ist nicht spruchreif (§ 28 Abs. 2 Satz 2 EGGVG).
42
Von den vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 18. September 2019 vorgelegten Unterlagen wurden vor der Rückgabe entgegen Nr. 20.3 BayHiVV keine beglaubigten Abschriften angefertigt. Die bei den Akten befindlichen einfachen Kopien haben keinen der Vorlage der Originalurkunde bzw. der beglaubigten Abschrift der Urkunde entsprechenden Beweiswert. Im Hinterlegungsverfahren muss gewährleistet sein, dass die in den Akten befindliche Ablichtung mit dem Original, das vom Antragsteller vorzulegen ist (Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, Art. 20 Rn. 17), übereinstimmt. Dazu ist erforderlich, dass eine dazu ermächtigte Stelle (z. B. ein Gericht oder Notar) die Übereinstimmung der Ablichtung mit dem Original beglaubigt hat.
43
Die Auszahlungsbewilligungen vom 28. Januar 2020 beziehen sich explizit nur auf den hinterlegten Geldbetrag, nicht aber auf die Zinsen. Zu der Herausgabe der Zinsen muss ebenfalls die Empfangsberechtigung nach Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG nachgewiesen sein (vgl. zu § 8 HintO: KG, Urt. v. 12. Juni 1996, 24 U 690/96, [juris Rn. 16]). In der Bewilligungserklärung vom 16. September 2019 hat Frau H. von dem Gesamtbetrag einschließlich der Zinsen zunächst einen Teilbetrag in Höhe von 35.167,73 € freigegeben und 700,00 € beansprucht. In der Erklärung vom 1. Oktober 2019 hat sie auf die Auszahlung des Betrags in Höhe von 700,00 € verzichtet. Vor diesem Hintergrund kann ihre Bewilligungserklärung vom 28. Januar 2020 dahingehend ausgelegt (vgl. Wiedemann/Armbruster, Bayerisches Hinterlegungsgesetz, Art. 20 Rn. 19) werden, dass sie sich auf den Gesamtbetrag bezieht. Wie die Erklärungen der Söhne zu verstehen sind, bedarf weiterer Aufklärung. Unklarheiten können durch Rückfrage beim Erklärenden ausgeräumt werden (Wiedemann/Armbruster a. a. O.). Auch der Antragsteller hat im weiteren Verfahren Gelegenheit, eindeutige Herausgabebewilligungen vorzulegen.
44
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 30 EGGVG. Der Senat hat insbesondere keine Gründe für die Anordnung der Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten des Antragstellers gesehen. Der Umstand, dass der Antrag (vorerst) Erfolg hat, reicht für eine Überbürdung der Kosten auf die Staatskasse nicht aus.
45
Für den überwiegend erfolgreichen Antrag nach den §§ 23 ff. EGGVG sind Gerichtskosten nicht angefallen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 3. Dezember 2019, 1 VA 70/19, juris Rn. 20), so dass es keiner Geschäftswertfestsetzung bedarf.
46
4. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 29 Abs. 2 EGGVG die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist, liegen nicht vor.