Inhalt

VGH München, Beschluss v. 22.05.2020 – 22 ZB 18.856
Titel:

Erfolgreiche Klage eines Naturschutzverbands gegen Windkraftanlage

Normenketten:
UmwRG § 1, § 2, § 4a Abs. 1, § 6, § 7, § 8
VwGO § 86 Abs. 1, § 87b Abs. 3
BauGB § 35
BayBO Art. 82, Art. 83 Abs. 1
Leitsätze:
1. Aus der Spruchpraxis des Compliance Committee der Aarhus-Konvention ergibt sich eine weite Auslegung des Begriffs der umweltbezogenen Rechtsvorschriften (§ 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UmwRG). Diese beschränken sich nicht auf Rechtsvorschriften, in denen der Begriff „Umwelt“ im Titel oder der Überschrift vorkommt; auch muss der Umweltschutz nicht Zweck der Bestimmung sein. Entscheidend ist allein, ob sich die betreffende Rechtsvorschrift in irgendeiner Weise auf die Umwelt bezieht. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vollständigkeit eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrags setzt „zur Prüfung“ erforderliche Unterlagen, aber nicht notwendig solche Unterlagen voraus, die bereits die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens belegen. Mit Blick auf die Beurteilung der Beachtung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände erfordert die Vollständigkeit der Antragsunterlagen in der Regel die Vorlage einer saP, die eine Prüfung anhand der Vorgaben des Windenergie-Erlasses ermöglicht. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auf rein rechtliche Bewertungen aktenkundiger Tatsachen findet § 87b VwGO i.V.m. § 4a UmwRG a.F. bzw. § 6 UmwRG keine Anwendung. Die Verwaltungsgerichtsordnung schützt die Verfahrensbeteiligten nicht davor, dass entscheidungserhebliche Umstände, die von den Parteien nicht thematisiert wurden, ggf. auch erst zu einem späten Verfahrensstadium durch das Gericht ins Verfahren eingebracht und der Entscheidung zugrunde gelegt werden. (Rn. 64) (redaktioneller Leitsatz)
4. Von geringem Aufwand i.S.d. § 87b Abs. 3 S. 3 VwGO ist auszugehen, wenn für die Ermittlung des Sachverhalts keine oder nur geringe finanzielle Mittel erforderlich sind. Auf den zeitlichen Aufwand kommt es dagegen bei der Beurteilung des geringen Aufwands nicht an. Diesen Aspekt prüft das Gericht bereits bei der Frage der Verzögerung nach § 87b Abs. 3 S. 1 Nr. 1 VwGO. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage, Klagebefugnis eines Umweltverbands bei Klageerhebung vor dem 2. Juni 2017, Verstoß gegen eine umweltbezogene Rechtsvorschrift i.S.v. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes, Bayerischer Windkraft-Erlass 2011, Vollständigkeit und Prüffähigkeit von Antragsunterlagen nach Art. 83 Abs. 1 BayBO, Rechtswirkung eines behördlichen Schreibens zur „Vollständigkeit“ von Antragsunterlagen vor Inkrafttreten des Art. 83 Abs. 1 BayBO, Anwendung von § 7 Abs. 5 UmwRG, Amtsermittlungsgrundsatz, innerprozessuale Präklusion bei Versäumung der Klagebegründungsfrist nach § 4a Abs. 1 UmwRG a.F, § 6 UmwRG jeweils i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO, Klagebfugnis, Genehmigungsantrag, Sachverhaltsaufklärung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 02.04.2018 – RO 7 K 17.163
Fundstellen:
UPR 2021, 360
BeckRS 2020, 10948
LSK 2020, 10948
NVwZ-RR 2020, 1009
ZUR 2021, 171

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Beigeladene hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Beigeladene erstrebt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. Januar 2018, mit dem auf Antrag des Klägers, eines anerkannten Naturschutzverbands, die zugunsten des Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts T… vom 30. Dezember 2016, geändert durch Bescheid vom 4. April 2017, erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Windkraftanlage aufgehoben wurde.
2
1. Der Beigeladene beantragte erstmals mit einem am 7. August 2009 beim Landratsamt T… eingegangenen Schreiben die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage. Am 18. Mai 2011 ging dem Landratsamt ein förmlicher Genehmigungsantrag für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage des Typs Enercon E-82 E2 (Nabenhöhe 108,98 m, Rotordurchmesser 41,0 m, Leistung 2,3 MW) auf dem Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung W… im Gemeindebereich der Stadt E… zu. Dem Antrag war unter anderem ein vom 6. April 2011 datierendes Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) beigefügt, in dem die Auffassung vertreten wurde, bei Beachtung der in dieser Ausarbeitung vorgeschlagenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ließen sich keine vorhabensbedingten, von § 44 BNatSchG erfassten Beeinträchtigungen feststellen.
3
Die Einwände, die eine Fachkraft für Naturschutz des Landratsamts am 13. September 2011 gegen dieses Gutachten erhob, zogen eine am 5. Dezember 2011 erstellte Ergänzung dieser Ausarbeitung nach sich. In einer amtsinternen Stellungnahme vom 26. September 2013 merkte eine Fachkraft für Naturschutz an, die Qualität der dem Gutachten vom 6. April 2011 zugrundeliegenden Untersuchungen orientiere sich „in keinster Weise“ an den „Hinweisen zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA)“ vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012, S. 34; nachfolgend „Windkraft-Erlass 2011“); die Ergänzung vom 5. Dezember 2011 beruhe nicht auf zusätzlichen Untersuchungen vor Ort, sondern erörtere nur theoretische Gesichtspunkte. Da ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bezüglich der relevanten Großvogelarten nicht ausgeschlossen werden könne, bedürfe es zusätzlicher, in enger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde durchzuführender Untersuchungen nach den Vorgaben des Windkraft-Erlasses 2011.
4
In der Folge übersandte der Beigeladene dem Landratsamt eine Unterlage zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung des Instituts ... vom 25. April 2016, die dem Landratsamt am 27. April 2016 zuging. Die Unterlage verneinte für neun von zehn in der Anlage 2 zum Windkrafterlass 2011 als kollisionsgefährdet bezeichnete Vogelarten, darunter den Fischadler, den Rotmilan und den Schwarzstorch, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Hinsichtlich des Wespenbussards erscheine ein Betrieb der geplanten Anlage ohne Vermeidungsmaßnahmen voraussichtlich als sehr problematisch, doch lasse sich ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Vögel dieser Art ausschließen, wenn die Anlage vom 10. Juli bis 15. August während der Thermikzeiten (zwei Stunden nach Sonnenaufgang bis zwei Stunden vor Sonnenuntergang) abgeschaltet werde; bei starkem Regen könne sie auch tagsüber ungehindert betrieben werden.
5
In einer Stellungnahme vom 28. Juli 2016 erhob eine Fachkraft für Naturschutz des Landratsamts Einwendungen gegen das dem Gutachten vom 25. April 2016 zugrundeliegende methodische Vorgehen sowie gegen die darin enthaltenen den Rotmilan, den Schwarzstorch und den Wespenbussard betreffenden Aussagen.
6
In einer Stellungnahme vom 26. Oktober 2016 hielt eine Fachkraft für Naturschutz des Landratsamts zusammenfassend fest, dem Vorhaben könne aus naturschutzfachlicher Sicht nicht zugestimmt werden, da für den Wespenbussard und den Schwarzstorch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bestehe. Von Ausführungen zum Rotmilan werde abgesehen, da die den Wespenbussard und den Schwarzstorch betreffenden Argumente als für eine Ablehnung des Vorhabens ausreichend angesehen würden.
7
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 hörte das Landratsamt den Beigeladenen zur geplanten Ablehnung des Vorhabens an. Mit Schreiben vom 30. November 2016 nahm der Bevollmächtigte des Beigeladenen hierzu Stellung und legte eine weitere Unterlage des Büros … vom 28. November 2016 und eine „Plausibilitätsprüfung der artenschutzrechtlichen Belange“ durch das Büro ... vom 29. November 2016 zu den benannten Ablehnungsgründen vor. Es wurde vorgetragen, da das Gutachten vom 25. April 2016 in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde erstellt worden sei, gelte es gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV als ein behördliches Gutachten, hinsichtlich dessen das Landratsamt auf eine reine Plausibilitätskontrolle beschränkt sei.
8
Eine weitere Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde zu den mit Schreiben vom 30. November 2016 vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen wurde nach Aktenlage nicht abgegeben.
9
2. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2016 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Windkraftanlage. Die Nebenbestimmung C.5.3 zu diesem Bescheid bestimmt, dass die Windkraftanlage zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für den Wespenbussard in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31. August von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang abzuschalten ist. Um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Fledermäuse auszuschließen, ordnete das Landratsamt außerdem unter Ziffer C.5.2.3 an, dass ein Abschaltalgorithmus in Kraft zu setzen sei, der bei einer Erfassung von Aktivitäten kollisionsgefährdeter Fledermausarten die Windkraftanlage bei Windgeschwindigkeiten von unter 6 m/s in der Zeit vom 1. April bis zum 31. August eine Stunde vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang und in der Zeit vom 1. September bis zum 31. Oktober drei Stunden vor Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang (mit Ausnahme von unter 8°C liegenden Temperaturen und von über 4 mm/h liegendem Starkregen) außer Betrieb nehme. In den Bescheidsgründen wurde ausgeführt, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko hinsichtlich des Schwarzstorchs und des Rotmilans werde nicht gesehen. Tiere dieser Arten würden im Untersuchungsraum zwar gesichtet; dies sei jedoch nicht in einem Umfang der Fall, der für einen Verbotstatbestand im Sinn von § 44 BNatSchG spreche. Die behördenintern geäußerten Plausibilitätszweifel hinsichtlich der den Schwarzstorch betreffenden Angaben im Gutachten vom 25. April 2016 könnten nicht nachvollzogen werden.
10
Mit Bescheid vom 4. April 2017 nahm das Landratsamt redaktionelle Änderungen an dem Bescheid vom 30. Dezember 2016 vor, gestützt auf Art. 42 Satz 1 BayVwVfG.
11
3. Am 27. Januar 2017 erhob der Kläger als anerkannter Naturschutzverband gegen den Genehmigungsbescheid vom 30. Dezember 2016 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg und bezog mit Schriftsatz vom 26. April 2017 den Änderungsbescheid vom 4. April 2017 in das Klageverfahren ein. Nachdem das Verwaltungsgericht zunächst auf Antrag des Klägers die vom Gericht gesetzte Klagebegründungsfrist bis zum 30. April 2017 verlängert und anschließend gemäß § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO eine Frist zur Angabe von Tatsachen, durch die der Kläger sich beschwert fühle, bis zum 24. Mai 2017 gesetzt hatte, ging die Klagebegründung am 1. Juni 2017 beim Gericht ein. Darin wurde u.a. ausgeführt, die Klage sei nach § 2 Abs. 1 UmwRG zulässig, u.a. da eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG angegriffen werde. Auch sei die Klage unter Berücksichtigung von Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention zulässig. Die Klage sei nach § 4 Abs. 1 UmwRG begründet, da eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalles zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit und eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 9 UVPG nicht durchgeführt worden seien. Zudem verletze die Genehmigung § 44 Abs. 1 BNatSchG, da nach dem Gutachten der maßgebliche Bereich um die Windenergieanlage als Lebensraum des Schwarzstorches, des Wespenbussards und des Rotmilans ausgemacht worden sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 26. Oktober 2017 wurde vorgetragen, eine Klagebefugnis bestehe auch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG in der Fassung des Gesetzes vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298); die Vorschrift sei nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG anwendbar.
12
4. Ebenfalls am 27. Januar 2017 erhob der Beigeladene Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg, mit der er im Hauptantrag zunächst die teilweise Aufhebung der in den Ziffern C.5.2 und C.5.3 des Bescheids vom 30. Dezember 2016 in der Fassung vom 4. April 2017 enthaltenen Inhalts- und Nebenbestimmungen zum Schutz der Fledermäuse sowie zum Schutz des Wespenbussards erstrebte (Az. RO 7 K 17.166).
13
5. Am 28. April 2017 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgericht, die sofortige Vollziehung der Genehmigung vom 30. Dezember 2016 anzuordnen (Az. RO 7 S 17.727). Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 17. Juli 2017 ab, da die Erfolgsaussichten der Klage bei summarischer Prüfung als offen anzusehen seien und die Interessenabwägung im Übrigen gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung spreche.
14
Gegen diesen Beschluss legte der Beigeladene Beschwerde ein, die der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. November 2017 zurückwies (Az. 22 CS 17.1574). Das Beschwerdevorbringen rechtfertige keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Über die im bisherigen Verfahren erörterte Problematik eines möglichen aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG resultierenden Genehmigungshindernisses hinaus komme in Betracht, dass das Vorhaben des Beigeladenen von Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO erfasst werde und möglicherweise nicht genehmigungsfähig sei, weil es andere öffentliche Belange als solche des Artenschutzes beeinträchtige. Denn nach Aktenlage befinde sich knapp 1,5 km von dem Anlagenstandort entfernt ein Teil der Ortschaft K…, bei dem es sich allen derzeit erkennbaren Umständen nach nicht um eine Splittersiedlung im Außenbereich handele. Es könnten gewichtige Gesichtspunkte dafür sprechen, dass die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht zugunsten des Beigeladenen eingreife, weil die Antragsunterlagen am 4. Februar 2014 nicht vollständig gewesen seien dürften, weil das damals vorliegende Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 6. April 2011 wohl keine im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs prüffähige Unterlage dargestellt habe. Prüffähig sei ein avifaunistisches Gutachten nicht, wenn es hinter wesentlichen Anforderungen zurückbleibe, die sich aus der jeweils einschlägigen Erlasslage ergäben. Zwar stünde die Unvollständigkeit der Antragsunterlagen am 4. Februar 2014 dem Eingreifen des Art. 83 Abs. 1 BayBO dann nicht entgegen, wenn das Landratsamt die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung dieser Bestimmung durch Verwaltungsakt festgestellt hätte. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Schreiben des Landratsamtes an den Beigeladenen vom 5. März 2014 eine bindende Feststellung zur Vollständigkeit der Unterlagen im Sinne von Art. 83 Abs. 1 BayBO enthalte, sei zu bedenken, dass die Erklärung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt gestanden habe, aus der Sicht der verfahrensleitenden Stelle innerhalb des Landratsamts lägen nunmehr alle notwendigen Unterlagen vor; es lasse sich nicht ausschließen, dass Fachstellen Unterlagen nachfordern könnten. Sollte sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB beurteilen, so erscheine es nicht ausgeschlossen, dass es unzulässig sein könnte, weil es Belange der Landschaftspflege bzw. die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Bei § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB dürfte es sich auch insoweit um eine umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sinn von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG n.F. (Verweis auf die Legaldefinition in § 1 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG n.F. i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG) handeln, als diese Vorschrift den Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft zum Gegenstand habe; insoweit werde auf die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 5. September 2016, BT-Drs. 18/9526, S. 32 verwiesen. Die Prüfung der Frage, wie es sich auswirke, dass die Klage nicht innerhalb der vom Verwaltungsgericht bis zum 30. April 2017 verlängerten Frist begründet worden und die Klagebegründung sich mit der Frage der Einschlägigkeit der „10-H-Regelung“ nicht befasst habe, müsse dem Verwaltungsgericht vorbehalten bleiben.
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6. Mit Urteil vom 25. Januar 2018, berichtigt mit Beschluss vom 26. März 2018, hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Beklagten vom 30. Dezember 2016 in der Gestalt des Bescheids vom 4. April 2017 auf. Der klagende Naturschutzverband sei klagebefugt. Die angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide stellten Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG n.F., nicht dagegen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG n.F., dar. Die Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes sei anwendbar, da nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG n.F. das Gesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 UmwRG n.F. gelte, die am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt hätten. Wegen der erhobenen Klage sei die Entscheidung am 2. Juni 2017 noch nicht bestandskräftig gewesen. Die Entscheidung des BayVGH vom 14. März 2017 (22 B 17.12 - juris) stehe dem nicht entgegen. Bis zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit Wirkung vom 2. Juni 2017 sei die vorliegende Klage nicht wegen fehlender Klagebefugnis offensichtlich unzulässig gewesen, denn die Frage eines Klagerechts anerkannter Umweltverbände nach damaliger Rechtslage sei in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet worden; eine höchstrichterliche abschließende Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht und den Europäischen Gerichtshof stehe aus. Auch die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 sprächen für dieses Ergebnis. Ziel sei gewesen, die Möglichkeit der umweltrechtlichen Verbandsklage auszuweiten. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Regelung in § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG nicht durchgreifend entgegen.
16
Die Klage sei auch begründet. Die streitgegenständliche Genehmigung verstoße gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB (Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft) als umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG n.F. Die Landschaft sei ein in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG, auf den § 1 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG n.F. verweise, ausdrücklich genannter Umweltbestandteil (Verweis auf BayVGH, B.v. 27.11.2017 - 22 CS 17.1574 - juris Rn. 72). Der Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft gehöre auch zu den Zielen, die der Kläger als Umweltverband nach seiner Satzung fördere.
17
Der Umstand, dass der Kläger sich auf diese Umstände erstmals nach dem Beschluss des BayVGH im Eilverfahren vom 27. November 2017 und damit weder innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. bzw. § 6 UmwRG noch innerhalb der nochmals vom Gericht nach § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO gesetzten Frist berufen habe, führe nicht dazu, dass die Verletzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB dem Vorhaben im Rahmen der Umweltverbandsklage nicht mehr entgegengehalten werden könne. Denn im Sinne von § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO sei es mit geringem Aufwand möglich, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, hier nämlich anhand der vorgelegten Behördenakten, der vom Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen und sonstiger Erkenntnismittel.
18
Die streitgegenständliche Windkraftanlage sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB baurechtlich privilegiert, weil der nach Art. 82 Abs. 1 BayBO dafür erforderliche Mindestabstand des 10fachen der Anlagenhöhe zu nach Art. 82 BayBO geschützter Wohnbebauung nicht eingehalten sei. Die Übergangsvorschrift des § 83 Abs. 1 BayBO greife nicht zugunsten des Beigeladenen ein, da zum maßgeblichen Stichtag 4. Februar 2014 dem Landratsamt kein vollständiger Genehmigungsantrag vorgelegen habe. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs müsse ein vollständiger Antrag eine zur Beurteilung betreffend das Vorliegen artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände geeignete artenschutzrechtliche Prüfung auf einer aktuellen und ausführlichen Ermittlung aller Vogelarten enthalten. Die Vollständigkeit der Antragsunterlagen erfordere in der Regel die Vorlage einer saP, die eine Prüfung anhand der Vorgaben des Windenergieerlasses ermögliche. Wenn die saP wesentlichen Anforderungen des Windenergieerlasses nicht genüge, könne anhand dieser Unterlagen grundsätzlich nicht festgestellt werden, ob ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt sei.
19
Hier habe die Vertreterin der unteren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung nochmals ihre Einschätzung aus ihrer Stellungnahme vom 26. September 2013 bestätigt, dass das vom Beigeladenen vorgelegte Gutachten vom 6. April 2011 und die Ergänzung vom 5. Dezember 2011 keine prüffähige Unterlage zu den artenschutzrechtlichen Belangen dargestellt habe, weil Aussagen zu den Großvögeln gefehlt hätten, obwohl die untere Naturschutzbehörde bereits auf Brutplätze des Schwarzstorchs hingewiesen habe. Auch auf bekannte Vorkommen des Fischadlers und des Rotmilans sei nicht ausreichend eingegangen worden. Eine weitere saP sei erst im Jahr 2016 eingereicht worden.
20
Anderes ergebe sich nicht aus dem Schreiben des Landratsamts vom 5. März 2014 an den Beigeladenen, in dem mitgeteilt worden sei, dass aus Sicht der verfahrensleitenden Stelle nunmehr alle notwendigen Unterlagen vorlägen. Das Schreiben habe den Vorbehalt enthalten, dass die abschließenden Stellungnahmen der Bauverwaltung und der unteren Naturschutzbehörde ausstünden und die Nachforderung von Unterlagen nicht ausgeschlossen sei. Eine Nachforderung könne sich auch auf erst prüffähige Unterlagen beziehen. Dabei sei auch der Sachstand des Verfahrens zum Zeitpunkt des Schreibens vom 5. März 2014 sowie der Umstand in den Blick zu nehmen, dass die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO am 5. März 2014 weder in Kraft noch verabschiedet gewesen sei. Eine Aussage der zuständigen Abteilungsleiterin in der mündlichen Verhandlung, das Landratsamt sei damals von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen ausgegangen, ändere daran nichts.
21
Das Nichteingreifen der Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO führe zu einer Entprivilegierung der Windkraftanlage, die als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert als öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB beeinträchtige.
22
§ 7 Abs. 5 UmwRG n.F. stehe der Aufhebung der Genehmigung nicht entgegen, da sich nicht ergebe, dass durch eine Entscheidungsergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren der materielle Fehler behoben werden könne.
23
Auf die weiteren Fragen, insbesondere auf einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot, komme es daher nicht mehr an.
24
Das Urteil wurde den Bevollmächtigten des Beigeladenen am 28. März 2018 zugestellt.
25
7. Ebenfalls mit Urteil vom 25. Januar 2018 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des im hiesigen Verfahren beigeladenen Anlagenbetreibers gegen im Genehmigungsbescheid enthaltene Auflagen ab, soweit das Verfahren nicht - hinsichtlich der Auflagen zum Schutz von Fledermäusen - eingestellt wurde (Az. RO 7 K 17.166). Der (dortige) Kläger habe keinen Anspruch auf die mit den Klageanträgen verfolgten Einschränkungen der Abschaltzeiten, weil keine ausreichenden Beurteilungsgrundlagen vorlägen, um die Verletzung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen jedenfalls hinsichtlich des Schwarzstorchs und des Rotmilans auszuschließen. Der (dortige) Kläger beantragte die Zulassung der Berufung gegen das Urteil (Az. 22 ZB 18.858), über die noch nicht entschieden wurde.
26
8. Mit am 10. April 2018 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Telefax vom selben Tag beantragte der Beigeladene die Zulassung der Berufung im Verfahren RO 7 K 17.163. Dies wurde mit am 28. Mai 2018 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet; die Begründung wurde mit Schriftsatz vom 30. Januar 2019 ergänzt.
27
Der Kläger beantragte, den Antrag abzulehnen. Der Beklagte sah von einer Stellungnahme ab.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten, auch im Verfahren 22 ZB 18.858, verwiesen.
II.
29
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Beigeladenen (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung vorliegen.
30
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegen nicht vor.
31
Solche ernstlichen Zweifel bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62f.).
32
1.1 Der Beigeladene macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils mit Blick auf die Klagebefugnis des klagenden Naturschutzverbands geltend. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG seien nicht erfüllt, weil die unter dem 26. Januar 2017 erhobene Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid von Anfang an wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig gewesen sei und den Eintritt der Bestandskraft daher nicht habe verhindern können. Selbst wenn man die Auffassung vertreten wolle, dass auch durch die Erhebung der offensichtlich unzulässigen Anfechtungsklage der Eintritt der Bestandskraft gehemmt werde, müsse die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG jedenfalls einschränkend dahin ausgelegt werden, dass das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG nur anwendbar sei, wenn die Bestandskraft der Entscheidung am 2. Juni 2017 infolge eines zulässigen Rechtsbehelfs noch nicht eingetreten sei. Der Beigeladene habe mit Ablauf der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO angesichts des evident unzulässigen Rechtsbehelfs des Klägers auf die Bestandskraft des Bescheides vertrauen dürfen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil vom 14. März 2017 - 22 B 17.12 - juris eine Klagebefugnis eines Umweltvereins gegen ein Einzelvorhaben verneint und ausgeführt, gegen die Ausweitung der Klagebefugnis im Wege richterlicher Rechtsfortbildung spreche auch, dass diese mit einer Verschlechterung der Rechtsposition der (dortigen) Beigeladenen als Genehmigungsinhaberin verbunden wäre. Eine vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Entscheidung des OVG Magdeburg vom 3. Januar 2017 - 2 M 118/16 - betreffe eine andere Konstellation. Weiter sei die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts auf die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 irrelevant, weil nachfolgende gesetzgeberische Entscheidungen den Eintritt einer formellen Bestandskraft nicht mehr entfallen lassen könnten.
33
Das Verwaltungsgericht ist demgegenüber im Ergebnis zu Recht von der Klagebefugnis des klagenden Naturschutzverbands aufgrund von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG ausgegangen, wenn es auch das Tatbestandsmerkmal der Bestandskraft in diesem Rahmen so ausgelegt hat, dass diese deshalb noch nicht eingetreten gewesen sei, weil die Klage aufgrund unterschiedlicher Rechtsprechung zu der vor dem 2. Juni 2017 für Verbandsklagen geltenden Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Erhebung jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig gewesen sei.
34
1.1.1 Der zuständige Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat demgegenüber in einem Beschluss vom 1. August 2018 - 22 BV 17.1059 - juris unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2002 - 4 A 59.01 - juris zu der Überleitungsvorschrift des § 69 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG in der im dortigen Verfahren anwendbaren Fassung entschieden, dass der Begriff der Bestandskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG n.F. dahin zu verstehen ist, dass eine rechtzeitig erhobene Klage gegen eine in § 1 Abs. 1 UmwRG genannte Zulassungsentscheidung, die vor dem 2. Juni 2017 ergangen ist, auch dann dem neuen Recht zu unterwerfen ist, wenn im Zeitpunkt der Klageerhebung die Klagemöglichkeit gegen das Vorhaben für den jeweiligen Kläger noch nicht gegeben war und erst zum 2. Juni 2017 mit § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG n.F. geschaffen wurde (BayVGH a.a.O., Rn. 35). Der Verwaltungsgerichtshof ging dabei davon aus, dass entsprechend seinem Urteil vom 14. März 2017 (22 B 17.12 - juris) dem Kläger bei Klageerhebung vor dem 2. Juni 2017 die Klagebefugnis gefehlt habe (Rn. 27). Ungeachtet dessen sei die Klage aufgrund der nach Erlass des streitgegenständlichen Urteils, aber vor dessen Rechtskraft eingetretenen Rechtsänderung nunmehr als zulässig anzusehen. Das Abstellen nur auf das formale Kriterium einer fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage im Rahmen von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG n.F. gewährleiste ein Höchstmaß an Praktikabilität für die Verwaltung und an Rechtssicherheit, auch für den Begünstigten (Rn. 35). Auf die weitere Begründung der Entscheidung, insbes. Rn. 26 ff., wird verwiesen. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (U.v. 8.4.2019 - 1 Bf 200.15 - juris Rn. 129).
35
1.1.2 Da im streitgegenständlichen Verfahren die Anfechtungsklage des Klägers innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben worden war, mangelte es ihr im Zeitpunkt ihrer Erhebung am 27. Januar 2017 lediglich an der Klagebefugnis des Umweltverbands, die sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 9) auch nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG ergab (s. ebenso die Eilentscheidung des BayVGH, B.v. 27.11.2017 - 22 CS 17.1574 - juris Rn. 27 ff.). Die Klage ist damit ebenso wie im Verfahren 22 BV 17.1059 durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) als zulässig anzusehen.
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1.1.3 Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. März 2017 (22 B 17.12 - juris), auf das sich der Beigeladene beruft, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dieser Entscheidung allein mit der Zulässigkeit einer Verbandsklage nach der vor dem 2. Juni 2017 geltenden Rechtslage beschäftigt; Gegenstand der Entscheidung war aber nicht die Bedeutung des am 2. Juni 2017 in Kraft getretenen § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
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1.2 Der Beigeladene trägt weiter vor, es bestünden ernstliche Zweifel hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB sei eine umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG, gegen die hier verstoßen werde. § 35 BauGB sei eine rein bodenrechtliche Vorschrift zur Wahrung spezifischer städtebaulicher und bodenrechtlicher Belange. Die Eigenschaft als umweltbezogene Rechtsvorschrift lasse sich auch nicht mit der Gesetzesbegründung zu dem Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben (BT-Drs. 18/9526, S. 32) begründen. Dort werde lediglich die Spruchpraxis des Compliance Committee der Aarhus-Konvention ohne Wertung durch den nationalen Gesetzgeber dargestellt; das Committee sehe im Übrigen eine Popularklage nicht als erforderlich an, worauf es aber hinauslaufe, wenn § 35 BauGB als umweltbezogene Vorschrift betrachtet werde. Im Übrigen sei ein Verstoß gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB als solcher aus sich heraus nicht prüfbar, da zu hinterfragen sei, ob ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB oder ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB gegeben sei. Auch sei hier eine Prüfung von Art. 82 und 83 BayBO erforderlich, die eindeutig keinen Umweltbezug aufwiesen. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG setze voraus, dass die Prüfung eines Verstoßes allein auf Grundlage der Vorschrift möglich sei; § 35 Abs. 3 BauGB komme aber keine Wirkung aus sich selbst heraus zu.
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Mit diesem Vortrag kann der Beigeladene ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht begründen.
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1.2.1 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nach dessen § 1 Abs. 4 Bestimmungen sind, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG (Nr. 1) oder Faktoren im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG (Nr. 2) beziehen; es hat den Umweltbezug hier aus § 1 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG abgeleitet, der die Landschaft ausdrücklich als Umweltbestandteil benennt. Mit dieser Argumentation setzt sich der Beigeladene nicht auseinander, soweit er vorträgt, § 35 BauGB sei eine rein bodenrechtliche Vorschrift. Mit Blick auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB (Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege) hat zwischenzeitlich mit vergleichbarer Argumentation das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht eine umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG angenommen (vgl. NdsOVG, B.v. 4.9.2018 - 1 ME 65/18 - juris Rn. 8; B.v. 16.12.2019 - 12 ME 87/19 - juris Rn. 127).
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1.2.2 Der Rüge des Beigeladenen zur Argumentation mit der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG (BT-Drs. 18/9526) hinsichtlich des Umweltbezugs ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) davon ausging, dass die in § 2 Abs. 3 UIG enthaltene Begriffsbestimmung eine 1:1-Umsetzung des Begriffs „law relating to the environment“ in Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention gewährleistet (vgl. die Gesetzesbegründung auf BT-Drs. 18/9526, S. 36). Deshalb verweist die Gesetzesbegründung zur ergänzenden Bestimmung des Begriffs „umweltbezogene Rechtsvorschriften“ auch auf die Spruchpraxis des Compliance Committee der Aarhus-Konvention (vgl. ebenda; s. auch Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 1 UmwRG Rn. 159); die Einbeziehung dieser Spruchpraxis in die Auslegung des nationalen Rechts ist damit vom nationalen Gesetzgeber ausdrücklich gewollt. Aus der Spruchpraxis ergibt sich eine weite Auslegung des Begriffs der umweltbezogenen Rechtsvorschriften. Diese beschränken sich nicht auf Rechtsvorschriften, in denen der Begriff „Umwelt“ im Titel oder der Überschrift vorkommt; auch muss der Umweltschutz nicht Zweck der Bestimmung sein. Entscheidend ist allein, ob sich die betreffende Rechtsvorschrift in irgendeiner Weise auf die Umwelt bezieht (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 32; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 1 UmwRG Rn. 161). Vor diesem Hintergrund dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB auch über die rein begriffliche Argumentation des Verwaltungsgerichts hinaus als umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG zu betrachten ist. Denn soweit die Norm den Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft zum öffentlichen Belang macht, bei dessen Beeinträchtigung die Baugenehmigung nicht erteilt werden kann, wirkt sie sich jedenfalls auf die Umwelt aus. Schutzgut des Belangs der natürlichen Eigenart der Landschaft ist die Erhaltung der naturgegebenen Bodennutzung (BVerwG, U.v. 15.5.1997 - 4 C 23.95 - juris Rn. 21) einschließlich von Eigentümlichkeiten der Bodenformation und ihres Bewuchses (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: September 2019, § 35 Rn. 96); die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben (s. im Zusammenhang mit der Genehmigung einer Windkraftanlage auch BayVGH, U.v. 15.7.2016 - 22 BV 15.2169 - juris Rn. 37). Von einer umweltbezogenen Rechtsvorschrift im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG ist der zuständige Senat insoweit auch bereits in seiner Eilentscheidung zu dem Antrag des hiesigen Beigeladenen auf Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 27. November 2017 (22 CS 17.1574 - juris Rn. 72) ausgegangen (dem folgend Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 1 UmwRG Rn. 163; ebenso BayVGH, B.v. 5.4.2019 - 22 CS 18.2572, 22 CS 19.23 - juris Rn. 54 f.).
41
1.2.3 Soweit der Beigeladene meint, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB könne deshalb nicht von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG erfasst sein, weil gegen die erstgenannte Vorschrift für sich betrachtet nicht „verstoßen“ werden könne, wäre eine derartige Auslegung des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG zu eng. Es kann insoweit keine Rolle spielen, dass § 35 Abs. 3 BauGB in einem normativen Zusammenhang mit Art. 35 Abs. 1 und 2 BauGB steht und bei der Anwendung des § 35 Abs. 3 BauGB nach privilegierten und sonstigen Vorhaben zu differenzieren ist. Soweit der Beigeladene meint, die Vorschrift müsse die Prüfung eines Verstoßes allein aufgrund ihrer selbst ermöglichen, ist für eine derartige Einschränkung kein Grund ersichtlich, zumal viele umweltbezogene Rechtsvorschriften in einem Regelungszusammenhang stehen, der die Prüfung von Verstößen nur in Zusammenschau mit mehreren Normen möglich macht. Entscheidend ist vielmehr, dass im Rahmen der Erteilung der Baugenehmigung für das sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB wie hier die Beeinträchtigung der in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten Belange zu prüfen ist und die Erteilung der Baugenehmigung bei Beeinträchtigung eines solchen Belangs ausscheidet. Handelt es sich wie hier um einen umweltbezogenen Belang, ist weder dargelegt noch ersichtlich, warum eine solche Konstellation nicht vom Schutzzweck des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG erfasst und die Klage eines Umweltverbands, der sich auf die Verletzung des umweltbezogenen Belangs beruft, bei Feststellung einer solchen Beeinträchtigung durch das Gericht nicht begründet sein sollte (so im Ergebnis auch BayVGH, B.v. 27.11.2017 - 22 CS 17.1574 - juris Rn. 72; B.v. 5.4.2019 - 22 CS 18.2572, 22 CS 19.23 - juris Rn. 54 f. sowie für § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB NdsOVG, B.v. 4.9.2018 - 1 ME 65/18 - juris Rn. 8; B.v. 16.12.2019 - 12 ME 87/19 - juris Rn. 127).
42
1.3 Der Beigeladene rügt, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht zu seinen Gunsten eingreife, weil dem Landratsamt am 4. Februar 2014 kein vollständiger Genehmigungsantrag vorgelegen habe. Soweit das Verwaltungsgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs angenommen habe, die Vollständigkeit der Antragsunterlagen setze eine saP voraus, die mit den wesentlichen Vorgaben des Windenergie-Erlasses übereinstimme, habe der Verwaltungsgerichtshof erstmals mit Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - entschieden, dass der Windkrafterlass als antizipiertes Sachverständigen-Gutachten von hoher Qualität anzusehen sei. Vor diesem Zeitpunkt und damit am 4. Februar 2014 habe jedoch rechtlich keine Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben des Windenergie-Erlasses bestanden. Darüber hinaus seien die artenschutzrechtlichen Unterlagen bereits vor Inkrafttreten des Windenergie-Erlasses 2011, nämlich bereits im Mai 2011, prüffähig gewesen, weil die Vorgaben zum Untersuchungsumfang, die auf Anfrage des Gutachters Herrn B. durch die untere Naturschutzbehörde am 16. März 2010 aufgestellt worden seien, durch den Gutachter in dem im Mai 2011 eingereichten artenschutzrechtlichen Gutachten vollumfänglich berücksichtigt worden seien. Die untere Naturschutzbehörde habe die Erhebung von Vogelarten wie Schwarzspecht, Milan, Weihe, Fischadler und anderen Arten mit sehr großen Territorien im Radius von 3-5 km bei Einhaltung bestimmter Begehungszeiten gefordert. Die Prüffähigkeit der Unterlagen ergebe sich auch daraus, dass eine Prüfung der artenschutzrechtlichen Belange durch die untere Naturschutzbehörde auf Grundlage der Unterlagen vom 6. April 2011 und vom 5. Dezember 2011 habe erfolgen können. Eine bereits gegebene Prüffähigkeit der artenschutzrechtlichen Belange könne nicht nachträglich wieder entfallen sein, zumal es sich bei Art. 83 Abs. 1 BayBO um eine Vertrauensschutzregelung handele. Die Aktualisierung der artenschutzrechtlichen Unterlagen sei hier von der Frage der Anwendbarkeit des Art. 83 Abs. 1 BayBO zu trennen. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Relevanz von Rechtsänderungen im laufenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gerade abgesehen von dem in Art. 83 Abs. 1 BayBO geregelten Sonderfall bewertet. Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 9. Mai 2016 - Vf. 14-VII-14 - gebe für die Frage der Anwendung des Art. 83 Abs. 1 BayBO nichts her.
43
Zudem widerspreche das Verständnis des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Schreibens des Landratsamts vom 5. März 2014 und der Aussagen der zuständigen Abteilungsleiterin des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der grundsätzlichen Konzeption des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Allein die verfahrensleitende Stelle sei für die Durchführung und Koordination dieses Verfahrens zuständig; nur ihr sei die Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen möglich, was im Hinblick auf den Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs. 1 BImSchG auch zwingend erforderlich sei. Ein Antragsteller müsse sich auf die Aussagen der verfahrensleitenden Behörde verlassen können.
44
1.3.1 Nach Art. 83 Abs. 1 BayBO finden Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO keine Anwendung, soweit vor Ablauf des 4. Februar 2014 bei der zuständigen Behörde ein vollständiger Antrag auf Genehmigung von Anlagen zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie eingegangen ist. Gegenstand der Regelung ist die Gewährung von Vertrauensschutz wegen der im Hinblick auf die bisher gültige Rechtslage betreffend die Privilegierung von Windkraftanlagen getätigten Investitionen, die zur Stellung eines vollständigen Genehmigungsantrags erforderlich sind (vgl. BayVGH, U.v. 15.7.2016 - 22 BV 15.2169 - juris Rn. 23; B.v. 31.7.2017 - 22 ZB 17.1033 - juris Rn. 18). Die Frage, wann ein Antrag vollständig ist, wird von Art. 83 Abs. 1 BayBO dagegen nicht beantwortet (BayVGH, B.v. 31.7.2017 - 22 ZB 17.1033 - juris Rn. 18). Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach entschieden, dass zu den Unterlagen, die einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag beizufügen sind (§ 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG, § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV), im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV auch die Unterlagen gehören, die zur Prüfung erforderlich sind, ob dem Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) entgegenstehen (vgl. BayVGH, B.v. 16.9.2016 - 22 ZB 16.304 - juris Rn. 10; B.v. 29.11.2016 - 22 CS 16.2101 - juris Rn. 23; B.v. 31.7.2017 - 22 ZB 17.1033 - juris Rn. 14). Die Vollständigkeit des Genehmigungsantrags setzt dabei „zur Prüfung“ erforderliche Unterlagen, aber nicht notwendig solche Unterlagen voraus, die bereits die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens belegen (BayVGH, B.v. 16.9.2016 - 22 ZB 16.304 - juris Rn. 10). Mit Blick auf die erforderliche Beurteilung der Beachtung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände durch das jeweilige Vorhaben hat der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung dahingehend weiter präzisiert, dass die Vollständigkeit der Antragsunterlagen in der Regel die Vorlage einer saP erfordert, die eine Prüfung anhand der Vorgaben des Windenergie-Erlasses ermöglicht, dessen Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände als ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität anzusehen sind, von dessen Vorgaben nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (vgl. hierzu u.a. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 45). Jedenfalls dann, wenn eine saP wesentlichen Anforderungen des Windenergie-Erlasses nicht genügt, kann anhand dieser Unterlagen grundsätzlich nicht festgestellt werden, ob ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt ist (vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2017 - 22 ZB 17.1033 - juris Rn. 17). Diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt.
45
1.3.2 Der Beigeladene ist der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die beim Landratsamt bis zum 4. Februar 2014 eingereichten Unterlagen im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO nicht vollständig waren, weil die eingereichte saP gemessen an den Anforderungen des Windkraft-Erlasses 2011 nicht prüffähig war, nicht entgegengetreten. Soweit der Beigeladene vorträgt, die von ihm eingereichten Unterlagen seien jedoch gemessen an den vor Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 geltenden Anforderungen prüffähig gewesen und die einmal bestehende Prüffähigkeit könne nicht nachträglich durch Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 wieder entfallen sein, kann er damit nicht durchdringen.
46
1.3.2.1 Dem Vortrag mangelt es an einer substantiierten Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Prüffähigkeit der Unterlagen vor Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 (UA S. 15f.); auch hat der Beigeladene nicht hinreichend dargelegt, dass die Unterlagen tatsächlich bereits im Jahr 2011 prüffähig gewesen seien.
47
Das Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass das Gutachten vom 6. April 2011 und die Ergänzung vom 5. Dezember 2011 nach den Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts (u.a. vom 13. September 2011) keine prüffähige Unterlage zu den artenschutzrechtlichen Belangen dargestellt habe, weil insbesondere Aussagen zu den Großvögeln gefehlt hätten, obwohl die untere Naturschutzbehörde bereits auf Brutplätze des Schwarzstorches bei W… hingewiesen gehabt habe. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts stellten die unter dem 6. April 2011 und 5. Dezember 2011 erstellten und beim Landratsamt eingereichten Unterlagen auch unabhängig vom Windkraft-Erlass 2011 im Hinblick auf Großvögel keine taugliche fachliche Prüfungsgrundlage dar, so dass ihnen die Prüffähigkeit fehlte. Warum - wie der Beigeladene ausführt - die Unterlagen den vor Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 geltenden fachlichen Anforderungen an eine saP entsprochen haben sollen, wird nicht näher erläutert. Insbesondere legt der Beigeladene nicht dar, ob und inwieweit er die nach seinem Vortrag von der unteren Naturschutzbehörde am 16. März 2010 aufgestellten Anforderungen an die durchzuführende Untersuchung bezüglich Schwarzspecht, Milanen, Weihen, Fischadler und anderen Arten mit sehr großen Territorium in einem Radius von 3-5 km um die Windkraftanlage erfüllt hätte. Dies erschließt sich auch nicht aus dem Gutachten vom 6. April 2011, in dem zur Bestimmung der prüfungsrelevanten Vogelarten ein Radius von 1 km um die Windkraftanlage zugrunde gelegt wurde; außer dem Schwarzspecht wird keine der von der unteren Naturschutzbehörde aufgeführten Vogelarten in dem Gutachten als prüfungsrelevant behandelt (saP vom 6.4.2011, S. 15 ff., 20, 43 ff.).
48
Die Prüffähigkeit ergab sich auch nicht daraus, dass die untere Naturschutzbehörde die im Jahr 2011 vorgelegten Unterlagen tatsächlich geprüft hatte. Denn Prüffähigkeit als Voraussetzung für die Vollständigkeit von Unterlagen im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO bedeutete auch vor Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 jedenfalls, dass die zur Prüfung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände erforderlichen Unterlagen vorlagen. Dass dies hier nicht der Fall war, wurde soeben dargelegt. Soweit dennoch eine Prüfung durch die untere Naturschutzbehörde erfolgte, um die Prüffähigkeit der Unterlagen festzustellen, ändert dies nichts an den vorgenannten Anforderungen. Die Durchführung einer Prüfung bedeutet nicht, dass Unterlagen prüffähig und damit vollständig im Sinne von Art. 83 Abs. 1 BayBO sind.
49
1.3.2.2 Die vom Beigeladenen aufgeworfene Frage, ob Antragsunterlagen, die im Sinne von Art. 83 Abs. 1 BayBO vor Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 vollständig gewesen wären, durch Inkrafttreten des Windkraft-Erlasses 2011 ihre Prüffähigkeit und damit Vollständigkeit vor dem 4. Februar 2014 wieder hätten verlieren können, bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung.
50
Ungeachtet dessen ist jedoch der Annahme des Beigeladenen entgegenzutreten, der Berücksichtigung des Windkraft-Erlasses 2011 bei der Prüfung der Vollständigkeit seiner Unterlagen vor Ablauf des 4. Februar 2014 stehe entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof erstmals mit Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - entschieden habe, dass der Windkraft-Erlass als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität anzusehen sei, von welchem nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden dürfe.
51
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem vom Beigeladenen genannten Urteil vom 18. Juni 2014 die Bedeutung des Windkraft-Erlasses für die Prüfung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände herausgearbeitet sowie in weiteren Entscheidungen (s.o. Ziffer 1.3.1) nach Inkrafttreten des Art. 83 Abs. 1 BayBO mit Wirkung vom 21. November 2014 (GVBl. S. 478), also nach dem 4. Februar 2014, den Bedeutungsgehalt der neuen Regelung offengelegt, nicht aber verändert. Es handelt sich vorliegend nicht um eine Änderung bisheriger Rechtsprechung. Anders als der Beigeladene offenbar meint (s. auch seinen Vortrag zu den aus seiner Sicht bestehenden besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache), würden die Grundsätze zur Rückwirkung von Gesetzen nicht einmal auf Änderungen der Rechtsprechung unmittelbar Anwendung finden (vgl. Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, Stand Oktober 2019, Art. 20 Rn. 102). Denn auch wenn Erkenntnisse der Rechtsprechung faktisch Breitenwirkung oder eine Leitbildfunktion entfalten, ändern sie nicht die Rechtslage (vgl. im Zusammenhang mit der Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 33; in Bezug auf die Rechtskraft von Urteilen Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 121 Rn. 49; Kilian/Hissnauer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 121 Rn. 119); es handelt sich lediglich um eine bessere Erkenntnis der unveränderten Rechtslage.
52
1.3.3 Auch mit seinem Vortrag zu dem Schreiben des Landratsamts vom 5. März 2014 hat der Beigeladene keinen Erfolg.
53
Der Beigeladene setzt sich insoweit mit zwei Aspekten nicht hinreichend auseinander, mit denen das Verwaltungsgericht seine Annahme begründet hat, bei dem Schreiben vom 5. März 2014 handele es sich nicht um eine verbindliche Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen.
54
1.3.3.1 Das Verwaltungsgericht hat zum einen ausgeführt, gegen die Annahme einer verbindlichen Feststellung der Vollständigkeit der Unterlagen im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO spreche der Umstand, dass Art. 83 Abs. 1 BayBO am 5. März 2014 weder in Kraft getreten noch verabschiedet, sondern erst mit Gesetz vom 17. November 2014 (GVBl. S. 478) eingeführt worden sei. Es habe deshalb zum Zeitpunkt des Schreibens weder Anlass bestanden, verbindlich über das Vorliegen vollständiger Antragsunterlagen zu entscheiden, noch habe es Klarheit über die diesbezüglichen Anforderungen gegeben. In der Tat erscheint es fernliegend, dass eine Behörde in Unkenntnis einer noch nicht existierenden, zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend in Kraft gesetzten Norm eine für deren Anwendung verbindliche Feststellung hätte treffen können und wollen (vgl. auch BayVGH, B.v. 30.6.2017 - 22 C 16.1554 - juris Rn. 42). Soweit das Landratsamt zu diesem Zeitpunkt die Aussage hätte treffen wollen, die Unterlagen seien vollständig, hätte sich diese daher nicht auf die rechtlichen Wirkungen des Art. 83 Abs. 1 BayBO, sondern allenfalls auf die Frage der Entscheidungsreife des Antrags beziehen können. Nur so kann die Aussage der Abteilungsleiterin des Landratsamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verstanden werden, das Landratsamt sei damals von der Vollständigkeit der Unterlagen ausgegangen. Dies war nach objektivem Empfängerhorizont für den Beigeladenen bei Empfang des Schreibens vom 5. März 2014 auch erkennbar. Auch seine mit Schreiben vom 10. Januar und 24. Januar 2014 geäußerte Bitte, das Landratsamt möge die Vollständigkeit der Unterlagen bestätigen, konnte angesichts der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage nur diesen Hintergrund haben. Diese Umstände kann der Beigeladene mit der Argumentation, ein Antragsteller müsse sich auf die Aussagen der verfahrensleitenden Stelle verlassen können, die allein zur Prüfung der Vollständigkeit von Unterlagen in der Lage sei, nicht entkräften. Der Beigeladene hat auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen dem Schreiben trotz der vorstehend dargelegten Gesichtspunkte ein weitergehender Bedeutungsgehalt im Sinne einer verbindlichen Feststellung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen gemäß Art. 83 Abs. 1 BayBO zukommen sollte.
55
1.3.3.2 Zum anderen hat das Verwaltungsgericht bei der Auslegung des behördlichen Schreibens vom 5. März 2014 auf den Sachstand des Verfahrens zu diesem Zeitpunkt hingewiesen. Das Gericht hat im Einzelnen dargelegt, dass hinsichtlich der naturschutzfachlichen Bewertung des Vorhabens Ausgangspunkt die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 26. September 2013 gewesen sei, in der diese ausgeführt habe, dass die saP vom 6. April 2011 in der vorgelegten Form nicht aussagekräftig und zusätzliche Untersuchungen notwendig seien. Der Beigeladene habe daraufhin unter dem 24. Oktober 2013 eine Stellungnahme zu den Aussagen der Naturschutzbehörde eingereicht, der allerdings keine neuen Erhebungen nach dem Windkrafterlass 2011 zugrunde gelegen hätten. Diese Stellungnahme sei der unteren Naturschutzbehörde mit E-Mail vom 9. Dezember 2013 und nochmals mit der Bitte um Stellungnahme mit Schreiben vom 4. Februar 2014 zugeleitet worden. Eine solche Stellungnahme habe der verfahrensleitenden Stelle am 5. März 2014 noch nicht vorgelegen, sondern diese sei erst am 3. April 2014 ergangen, und zwar mit dem Inhalt, dass die Nachforderungen vom 26. September 2013 bestehen blieben, die Antragsunterlagen nicht vollständig und Untersuchungen nach dem Windkrafterlass 2011 erforderlich seien. Indem das Landratsamt in dem Schreiben vom 5. März 2014 zur Frage des Beigeladenen, ob die Unterlagen vollständig seien, ausgeführt hat, dass die abschließende Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde noch ausstehe, hat es auch nach außen erkennbar gemacht, dass naturschutzfachliche Aspekte Anlass für eine Nachforderung von Unterlagen sein könnten. Eine Aussage, dass es sich dabei um die bloße Behebung bestehender Mängel an sich prüffähiger Unterlagen handeln werde, nicht aber auch erst prüffähige Unterlagen nachgefordert werden könnten, lässt sich dem nicht entnehmen, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Soweit der Beigeladene meint, das Landratsamt müsse sich die Aussage in dem Schreiben entgegenhalten lassen, wonach aus Sicht der verfahrensleitenden Stelle nunmehr alle notwendigen Unterlagen vorlägen, wird diese Aussage gerade dadurch relativiert, dass auf das Fehlen der abschließenden Stellungnahmen der Bauverwaltung und der unteren Naturschutzbehörde hingewiesen wird. D.h. die verfahrensleitende Stelle hat mit dem Schreiben gerade deutlich gemacht, dass sie keine aus Sicht aller zu beteiligender Stellen des Landratsamts verbindliche Aussage über die Vollständigkeit der Unterlagen treffen wollte und konnte. Dies muss der Beigeladene gegen sich gelten lassen.
56
1.4 Der Beigeladene rügt weiter, das Verwaltungsgericht habe bei der Aufhebung der Genehmigung zu Unrecht § 7 Abs. 5 UmwRG nicht berücksichtigt; es habe lediglich behauptet, dass der materielle Fehler durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren nicht behoben werden könne. Die hier verletzte materielle Rechtsvorschrift sei nicht § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB, sondern eine materielle Rechtsverletzung sei aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1, 2 BauGB i.V.m. Art. 82, 83 Abs. 1 BayBO zu ermitteln. Der konkrete materielle Fehler sei - dessen Vorliegen unterstellt - in der Unvollständigkeit der Unterlagen und damit in der Nichtanwendbarkeit von Art. 83 Abs. 1 BayBO zu sehen, weil nur auf dieser Grundlage eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB i.V.m. § 35 Abs. 2 BauGB überhaupt anzunehmen sei. Daher sei hypothetisch zu hinterfragen, ob die Unvollständigkeit der Unterlagen in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könne. Dies sei hier unproblematisch möglich, weil eine den Vorgaben entsprechende saP jederzeit eingereicht werden könne. Die zeitlichen Vorgaben des Art. 83 Abs. 1 BayBO stünden dem auch nicht entgegen, weil Art. 83 Abs. 1 BayBO als landesrechtliche Norm wegen des grundsätzlichen Vorrangs von Bundesrecht nicht dazu führen könne, dass § 7 Abs. 5 UmwRG als bundesrechtliche Norm in Bayern abweichend angewendet würde. Für Art. 83 Abs. 1 BayBO bestehe im Hinblick auf den Ausschluss von § 7 Abs. 5 UmwRG auch keine Gesetzgebungskompetenz. Soweit der Berufungsbeklagte darauf hingewiesen habe, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 30.6.2017 - 22 B 15.2365) avifaunistische Gegebenheiten, die bereits Jahre zurücklägen, nicht mehr aufgeklärt werden könnten, sei die zitierte Entscheidung mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weil anders als dort keine Änderung der Sachlage vor Ort eingetreten sei. Auch sei bei einem ergänzenden Verfahren grundsätzlich der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die ergänzende Entscheidung ergehe.
57
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sind insoweit zu verneinen. Die Möglichkeit einer Entscheidungsergänzung oder eines ergänzenden Verfahrens nach § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG bestand hier nicht, was das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat.
58
1.4.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung nicht im Einklang mit § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB steht (UA S. 18). § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB ist mithin auch die verletzte materielle Rechtsvorschrift, auf die es für die Anwendung von § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG ankommt. Ein ergänzendes Verfahren nach § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG ist ähnlich wie im Planfeststellungsrecht nach § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG, an den der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 7 Abs. 5 UmwRG anknüpfen wollte (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 45), nur möglich, wenn der Fehler nicht die Identität des Vorhabens berührt oder das Vorhaben als Ganzes von vornherein in Frage stellt (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 45 sowie Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 7 UmwRG Rn. 113). Die vom Ausgangsgericht festgestellte Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes durch die genehmigte Windkraftanlage, die in der Umwandlung einer landwirtschaftlichen, durch ein Landschaftsschutzgebiet umgebenen Fläche in ein Grundstück mit gewerblicher Nutzung mit einem außergewöhnlich hohen und weithin sichtbaren Baukörper gesehen wurde, liegt hier in der Errichtung der Windkraftanlage als solcher. Diese Beeinträchtigung lässt sich nicht durch ein ergänzendes Verfahren beseitigen.
59
1.4.2 Soweit der Beigeladene meint, es komme darauf an, eine neue saP einzureichen, um nachträglich die Vollständigkeit der Unterlagen im Sinne von Art. 83 Abs. 1 BayBO herzustellen, geht sein Vortrag schon insoweit fehl, als - wie gerade ausgeführt - die von der erteilten Genehmigung verletzte materielle Rechtsvorschrift im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG hier nicht Art. 83 Abs. 1 BayBO, sondern § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB ist. Deshalb kommt es auf die Überlegungen des Beigeladenen zum Verhältnis von Art. 83 Abs. 1 BayBO zu § 7 Abs. 5 UmwRG für die Entscheidung nicht an.
60
Ungeachtet dessen bestehen allerdings erhebliche Zweifel daran, dass die Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO überhaupt eine durch eine Genehmigungsentscheidung verletzte materielle Rechtsvorschrift im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG sein könnte. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich darauf, anhand eines zeitlichen Kriteriums zu bestimmen, ob die Regelung zur Entprivilegierung von Windkraftanlagen nach Art. 82 Abs. 1 BayBO auf ein bestimmtes Vorhaben Anwendung findet; sie enthält keine materiellen Kriterien für die Zulässigkeit derartiger Vorhaben.
61
1.5 Der Beigeladene macht schließlich unter Berufung auf § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 6 Satz 1, 2 UmwRG ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick auf eine unterbliebene Zurückweisung des klägerischen Vortrags zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens geltend. Das Ausgangsgericht sei von der Anwendbarkeit des § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO, mithin von einem geringen Aufwand der Sachverhaltsermittlung, ausgegangen. Vorliegend sei ein geringer Aufwand schon mit Blick auf die Ausführungen in der Urteilsbegründung zum Sachverhalt zu verneinen; dies gelte auch angesichts der Verfahrenslaufzeit von sieben Jahren.
62
Das Verwaltungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass es seine Entscheidung auf den Aspekt der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einschließlich der fehlenden Privilegierung des Vorhabens und der daraus folgenden Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB) stützen durfte.
63
1.5.1 Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs spricht allerdings vieles dafür, dass für die Berücksichtigungsfähigkeit der vorgenannten Aspekte bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hier gar nicht § 87b Abs. 3 VwGO (entweder i.V.m. § 4a UmwRG in der bis zum 1. Juni 2017 geltenden Fassung - im Folgenden: UmwRG a.F. - oder i.V.m. § 6 UmwRG) maßgeblich war (s. zur Anwendung dieser Normen auf den vorliegenden Fall im Einzelnen noch unten 1.5.2). Denn anders als in Konstellationen, in denen Kläger im Gerichtsverfahren erst nach Ablauf von Klagebegründungsfristen nach dem UmwRG oder Fristen nach § 87b VwGO tatsächliche Aspekte vorbringen, die für das Gericht vorher nicht ersichtlich waren und daher nicht geprüft werden konnten, wurde die Frage der für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bedeutsamen Privilegierung des Vorhabens, die das Verwaltungsgericht in seinem Eilbeschluss (RO 7 S 17.727, S. 8 des UA) noch angenommen hatte, in der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2017 (22 CS 17.1574) (erstmals) näher beleuchtet und dadurch in das Verfahren eingebracht. Daraufhin wurde die Thematik vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2018 angesprochen. Der Kläger hat sich die Auffassung, dass der Genehmigungsantrag des Beigeladenen vor Ablauf des 4. Februar 2014 nicht vollständig gewesen und das Vorhaben daher nicht privilegiert sei, allenfalls in der mündlichen Verhandlung zu eigen gemacht, ohne dass dies in der Niederschrift deutlich erkennbar wird; schriftsätzlich hat er sich dazu im erstinstanzlichen Verfahren nach Aktenlage nicht geäußert. Insofern handelt es sich hier streng genommen nicht um einen Fall verspäteten Parteivorbringens mit der Folge, dass § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a.F. bzw. § 6 Satz 3 UmwRG jeweils i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht einschlägig wären.
64
Vielmehr ergaben sich die für die vom Verwaltungsgericht getroffenen rechtlichen Wertungen maßgeblichen tatsächlichen Umstände, insbesondere der Abstand der geplanten Windkraftanlage zu Wohngebäuden im Sinne von Art. 82 Abs. 1 BayBO sowie der Inhalt der saP vom 6. April 2011, unmittelbar aus den dem Gericht vorliegenden Behördenakten. Aufgrund des im Verwaltungsprozess geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) war das Gericht unabhängig vom Vortrag der Beteiligten zur Prüfung des Akteninhalts berechtigt und verpflichtet (vgl. etwa Rixen in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 86 Rn. 60, 62). Erst recht war das Gericht ohne jede Einschränkung dazu berechtigt und verpflichtet, rechtliche Schlüsse aus den durch Studium der Akten ermittelten Tatsachen zu ziehen; auf rein rechtliche Bewertungen aktenkundiger Tatsachen findet § 87b VwGO i.V.m. § 4a UmwRG a.F. bzw. § 6 UmwRG ohnehin keine Anwendung. Die Verwaltungsgerichtsordnung schützt die Verfahrensbeteiligten insofern nicht davor, dass entscheidungserhebliche Umstände, die von den Parteien nicht thematisiert wurden, ggf. auch erst zu einem späten Verfahrensstadium durch das Gericht ins Verfahren eingebracht und der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Dem entsprach das Vorgehen des Verwaltungsgerichts.
65
1.5.2 Auch wenn man mit dem Verwaltungsgericht und der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2017 (22 CS 17.1574, juris Rn. 72) annähme, dass sich die Berücksichtigungsfähigkeit der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 87b Abs. 3 VwGO i.V.m. Vorschriften des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes richtete, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, denn bei Anwendung dieser Vorschriften kam eine Zurückweisung des betroffenen Vortrags nicht in Betracht, weil es mit geringem Aufwand möglich war, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO). Dies gilt aus Sicht des Senats unabhängig davon, ob sich die für den Kläger als Umweltverband im vorliegenden Verfahren geltende Klagebegründungsfrist und die prozessualen Rechtsfolgen einer Überschreitung dieser Frist aus § 4a Abs. 1 UmwRG in der bis zum 1. Juni 2017 geltenden Fassung (im Folgenden: UmwRG a.F.) oder aus § 6 UmwRG ergaben (vom Verwaltungsgericht offengelassen).
66
1.5.2.1 Nach dem Wortlaut der Übergangsregelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG findet das Gesetz und damit auch § 6 UmwRG für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 UmwRG Anwendung, die am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt haben. Dass es sich bei der streitgegenständlichen Genehmigung um eine solche Entscheidung handelt, wurde bereits unter Ziffer 1.1 dargelegt; damit wäre § 6 UmwRG auf das vorliegende Gerichtsverfahren anwendbar. Es spricht jedoch viel dafür, dass § 8 Abs. 2 UmwRG, soweit es um die Anwendung von § 6 UmwRG geht, mit Blick auf Rechtsbehelfe, die vor dem 2. Juni 2017 anhängig geworden sind, aus rechtsstaatlichen Gründen einer Einschränkung bedarf.
67
§ 6 Satz 2 UmwRG verschärft im Vergleich zu der Vorgängerregelung in § 4a Abs. 1 UmwRG a.F. die innerprozessuale Präklusion für den Kläger, indem er bestimmt, dass Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der Frist nach § 6 Satz 1 UmwRG vorgebracht werden, nur zuzulassen sind, wenn die Verspätung des Vorbringens genügend entschuldigt ist (s. zu dem missglückten Verweis auf § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 6 Rn. 26). Auf eine Verzögerung (§ 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a.F. i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO) kommt es nach dem Wortlaut der Norm nicht mehr an; zudem besteht anders als im Fall des § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a.F. i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kein Ermessen des Gerichts hinsichtlich der Zurückweisung des Vorbringens; die Präklusion tritt aufgrund der Formulierung „sind nur zuzulassen“ bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen sogar kraft Gesetzes ein (vgl. die Gesetzesbegründung des Umweltausschusses des Bundestages auf BT-Drs. 18/12146, S. 16).
68
Würde man § 6 UmwRG nun bereits auf Rechtsbehelfe anwenden, die vor dem 2. Juni 2017 und damit vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 29. Mai 2017 anhängig gemacht wurden, bestünde die Möglichkeit, dass Vortrag, der nach der früheren Regelung nicht zurückgewiesen werden konnte oder jedenfalls nicht musste, nunmehr zwingend unberücksichtigt bleiben müsste. Hiergegen sind in Bezug auf die ähnlich gelagerte Problematik der wohl versehentlich nicht angepassten Stichtagsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG unter dem Gesichtspunkt einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden (vgl. VG Sigmaringen, U.v. 14.11.2018 - 10 K 118/17 - juris Rn. 55; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 8 UmwRG Rn. 3, § 194 VwGO Rn. 1; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 8 UmwRG Rn. 15). Für § 8 Abs. 2 UmwRG wird eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG vorgeschlagen, der § 6 UmwRG von der Geltung der neuen Fassung des UmwRG in Bezug auf Rechtsbehelfe, die vor einem bestimmten Zeitpunkt erhoben wurden, ausnimmt (vgl. Schieferdecker in Hoppe/Beckmann/Kment, UVPG, UmwRG, 5. Aufl. 2018, § 8 UmwRG Rn. 14, 19). Dabei wäre allerdings der in § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG enthaltene Stichtag (28.1.2013) im Wege einer teleologischen Reduktion auf den 2. Juni 2017 zu verschieben (vgl. in Bezug auf § 8 Abs. 1 UmwRG VG Sigmaringen, U.v. 14.11.2018 - 10 K 118/17 - juris Rn. 56; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 6 UmwRG Rn. 29; im Ergebnis ebenso Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 8 UmwRG Rn. 3). Denn der Stichtag wurde wohl im Rahmen des Änderungsgesetzes vom 29. Mai 2017 infolge eines Redaktionsversehens nicht angepasst; der Gesetzgeber wollte aber die am 29. Januar 2013 in Kraft getretene Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 2 UmwRG a.F. (s. Gesetz vom 21.1.2013, BGBl. I S. 95; ab dem 26.11.2015 § 5 Abs. 1 Satz 2 UmwRG a.F., s. Gesetz vom 20.11.2015, BGBl. I S. 2069) übernehmen und lediglich redaktionell anpassen (vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 46).
69
1.5.2.2 Wendete man § 8 Abs. 1 Satz 2 UmwRG unter Verschiebung des Stichtages auf den 2. Juni 2017 auf den vorliegenden Fall analog an, richtete sich angesichts der Klageerhebung am 27. Januar 2017 die innerprozessuale Präklusion nach § 4a Abs. 1 UmwRG a.F., dessen Satz 2 die entsprechende Geltung von § 87b Abs. 3 VwGO uneingeschränkt anordnet. Nach § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO besteht die nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO gegebene Möglichkeit des Gerichts, Erklärungen und Beweismittel unter bestimmten Voraussetzungen zurückzuweisen, nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln. Das hat das Verwaltungsgericht hier zu Recht angenommen.
70
Von geringem Aufwand im Sinne des § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO ist auszugehen, wenn für die Ermittlung des Sachverhalts keine oder nur geringe finanzielle Mittel erforderlich sind. Auf den zeitlichen Aufwand kommt es dagegen bei der Beurteilung des geringen Aufwands nicht an. Denn diesen Aspekt prüft das Gericht bereits bei der Frage der Verzögerung nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 87b Rn. 12; Peters/Müller in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 87b Rn. 35 f.). Nachdem hier finanzielle Mittel, wie sie etwa für die Einholung eines Sachverständigengutachtens anfallen würden, nicht erforderlich waren, sondern sich der relevante Sachverhalt anhand der vorgelegten Behördenakten, der vom Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen und sonstiger dem Gericht zur Verfügung stehender Erkenntnismittel ermitteln ließ, ging das Verwaltungsgericht zu Recht von einem geringen Ermittlungsaufwand aus, der die Zurückweisung des klägerischen Vorbringens ausschloss. Der Beigeladene ist dem mit seinem Vortrag nicht substantiiert entgegengetreten.
71
1.5.2.3 Orientierte man sich demgegenüber strikt am Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG, käme vorliegend für die Frage der Zurückweisung des klägerischen Vorbringens zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit § 6 UmwRG zur Anwendung. Ab welchem Zeitpunkt die Klagebegründungsfrist dann zu laufen begonnen hätte, nämlich ab Klageerhebung oder erst ab Inkrafttreten des § 6 UmwRG (für letzteres Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 6 UmwRG Rn. 30), kann hier deshalb dahinstehen, weil das fragliche klägerische Vorbringen allenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 25. Januar 2018 geäußert wurde und daher in jedem Fall nach Fristablauf einging. Gemäß § 6 Satz 3 UmwRG käme ebenfalls § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend zur Anwendung. Auch insoweit ist das Verwaltungsgericht zu Recht von einem geringen Ermittlungsaufwand ausgegangen, so dass eine Berücksichtigung des Vorbringens möglich und geboten war.
72
1.5.2.3.1 In der Literatur wird zwar die Auffassung vertreten, es komme im Rahmen von § 6 UmwRG anders als im direkten Anwendungsbereich von § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht darauf an, dass allein das Gericht den Sachverhalt ohne Mitwirkung der übrigen Beteiligten ermitteln könne. In ihrem direkten Anwendungsbereich stelle die Norm einen Konnex zur erforderlichen Verzögerungskausalität her; im Rahmen des § 6 UmwRG, dessen Satz 2 die Berücksichtigung von verspätet vorgebrachten Erklärungen und Beweismitteln gegenüber § 87b Abs. 3 VwGO erheblich einschränke, komme eine Ermittlung des Sachverhalts mit geringem Aufwand aber nur dort in Betracht, wo die Klagebegründungsobliegenheit eine bloße Förmlichkeit wäre. In keinem Fall sei der Tatbestand so zu verstehen, dass eine Präklusion für jeglichen Sachverhalt ausgeschlossen sei, der sich schon aus den Verfahrensakten ergebe (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 6 UmwRG Rn. 84 f.). In Zusammenschau mit der Präklusion nach § 6 Satz 2 UmwRG, die den Amtsermittlungsgrundsatz einschränke und den Verwaltungsprozess durch Elemente des Beibringungsgrundsatzes anreichere, werde durch § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO die Amtsermittlungsbefugnis des Gerichts begrenzt (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2019, § 6 UmwRG Rn. 53).
73
1.5.2.3.2 Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass weder der Wortlaut des § 6 UmwRG noch die Gesetzesbegründung einen Hinweis darauf enthalten, dass die Regelung den Zweck habe, den Amtsermittlungsgrundsatz in der Weise zu ändern, dass nunmehr im Anwendungsbereich des § 6 UmwRG Bestandteile des Beibringungsprinzips gelten sollten (vgl. Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 6 Rn. 13; s. auch Keller, NVwZ 2017, 1080/1082). Darüber hinaus kann die innerprozessuale Präklusion nicht den Sinn haben, die Gerichte zu gängeln; eine Einschränkung des Amtsermittlungsgrundsatzes entspricht auch nicht der Systematik des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, nach dessen § 2 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfe nach Maßgabe der VwGO zu erheben sind (Schlacke, NVwZ 2019, 1392/1396). Mit Blick auf die Auslegung des Tatbestandsmerkmals des geringen Aufwandes nach § 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO ist jedenfalls zu bedenken, dass die Verwaltungsakten generell Grundlage der Urteilsfindung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind; ob die Ermittlung des Sachverhalts durch das Studium der Verwaltungsakten überhaupt als Aufwand verstanden werden kann, erscheint deshalb unabhängig von der Frage einer Verzögerung und damit auch im Anwendungsbereich von § 6 UmwRG fraglich (vgl. Marquard, NVwZ 2019, 1162/1166). Auch in der Rechtsprechung ist diesbezüglich hervorgehoben worden, dass die Bewältigung des Rechtsstoffes allein in die Verantwortung des Gerichts fällt und ein Rechtsmittelführer zudem darlegen müsse, dass die Voraussetzungen des § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO in der ersten Instanz nicht vorgelegen hätten (vgl. NdsOVG, B.v. 28.5.2018 - 12 ME 25/18 - juris Rn. 27).
74
Nach diesen Maßgaben liegt es hier fern, dass es für das Verwaltungsgericht mit mehr als geringem Aufwand verbunden gewesen wäre, den Sachverhalt in Bezug auf die Vollständigkeit des Antrags sowie auf die Folgen des Wegfalls der Privilegierung für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit zu ermitteln; vielmehr gehörte dies für das Verwaltungsgericht jedenfalls nach der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, davon abgesehen, dass sich die Präklusion nach § 6 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO ohnehin nicht auf rechtliche Bewertungen, sondern nur auf die Ermittlung von Tatsachen bezieht. Der Beigeladene hat mit seinem Vortrag im Übrigen auch nicht dargelegt, warum der Ermittlungsaufwand für das Gericht hier mehr als gering gewesen sein sollte.
75
2. Der Beigeladene erstrebt darüber hinaus die Zulassung der Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
76
Eine Berufungszulassung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten setzt vor-aus, dass der Rechtsstreit eine in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. In diesem Sinne klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage nur dann, wenn ihre Beantwortung sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt und sie sich auch nicht auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten lässt (vgl. BVerwG, B.v. 24.8.1999 - 4 B 72.99 - juris Rn. 7; Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 132 Rn. 20 zur parallel gelagerten Frage im Rahmen der grundsätzlichen Bedeutung im Revisionszulassungsverfahren). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage insbesondere dann nicht mehr, wenn sie bereits in einem Berufungsverfahren entschieden wurde (vgl. zur grundsätzlichen Bedeutung im Revisionszulassungsverfahren BVerfG, B.v. 26.1.1993 - 2 BvR 1058/92 u.a. - juris Rn. 15). Auf eine besonders schwierige rechtliche Frage muss es darüber hinaus in einem Berufungsverfahren auch ankommen, die Frage muss also klärungsfähig sein (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 29).
77
2.1 Besondere Schwierigkeiten der Rechtssache sollen sich nach dem Vortrag des Beigeladenen daraus ergeben, dass der Verwaltungsgerichtshof erst mit Urteil vom 18. Juni 2014 entschieden habe, dass die Prüffähigkeit der Antragsunterlagen im Bereich der saP von der Anwendung der Vorgaben des Windenergie-Erlasses abhänge. Deshalb habe zu dem nach Art. 83 Abs. 1 BayBO relevanten Stichtag (4.2.2014) keine Bindungswirkung durch den Windenergie-Erlass bestanden. Die Neubewertung der Bindungswirkung der Vorgaben des Windenergie-Erlasses könne zu einer unzulässigen echten Rückwirkung geführt haben, die vorliege, wenn der Gesetzgeber in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingreife. Vorliegend sei von einem mit dem 4. Februar 2014 abgeschlossenen Sachverhalt auszugehen, weil lediglich bis zu diesem Zeitpunkt Antragsunterlagen hätten vervollständigt werden können. Sofern auf diesen in sich abgeschlossenen Zeitraum durch eine Neudefinition der Bindungswirkung des Windenergie-Erlasses eingewirkt werde, sei hierin eine unzulässige echte Rückwirkung zu sehen.
78
Wie unter Ziffer 1.3.1 ausgeführt, lässt sich die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit der nach dem 4. Februar 2014 ergangenen Rechtsprechung zur Vollständigkeit von Antragsunterlagen im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO jedoch mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation - hier unter Heranziehung der Grundsätze zur Wirkung von Neuentwicklungen der Rechtsprechung - klären; dabei sind entgegen dem Vortrag des Beigeladenen die Grundsätze zur Rückwirkung von Gesetzen nicht einschlägig (s. schon Ziffer 1.3.1). Die Frage ist nicht in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftig.
79
2.2 Weiter lägen erhebliche rechtliche Schwierigkeiten in der Konkurrenz von § 7 Abs. 5 UmwRG und Art. 83 Abs. 1 BayBO, insbesondere aufgrund der kompetenzrechtlichen Problematik. Die weiteren Ausführungen hierzu entsprechen dem Vortrag zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
80
Die vom Beigeladenen aufgeworfene Frage einer Konkurrenz von § 7 Abs. 5 UmwRG und Art. 83 Abs. 1 BayBO kann schon deshalb nicht die Zulassung der Berufung rechtfertigen, weil es auf die Frage für das vorliegende Verfahren weder aus Sicht der Vorinstanz noch aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofs ankommt. Wie oben unter Ziffer 1.4 dargelegt, ist die materielle Rechtsnorm, die im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG durch die Genehmigung verletzt wird, nicht Art. 83 Abs. 1 BayBO, sondern § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB. Die Frage nach dem Verhältnis von Art. 83 Abs. 1 BayBO zu § 7 Abs. 5 UmwRG stellt sich daher nicht.
81
2.3 Schließlich bestünden erhebliche rechtliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG mit Blick auf nach dem alten Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unzulässige Klagen. Es sei zu klären, unter welchen Voraussetzungen von einer formellen Bestandskraft beklagter Entscheidungen auszugehen sei, insbesondere wann eine offensichtliche Unzulässigkeit einer Klage mit der Folge der Nichtanwendbarkeit von § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG vorliege.
82
Die insoweit aufgeworfene Rechtsfrage wurde, wie oben unter Ziffer 1.1 erläutert, durch den nach § 130a VwGO ergangenen und einem Berufungsurteil gleichstehenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 1. August 2018 - 22 BV 17.1059 - juris geklärt. Sie kann daher keine erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten mehr begründen.
83
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
84
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).