Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 21.03.2019 – RO 5 K 17.1402
Titel:

Zuverlässigkeitsüberprüfung eines Wachpersonalbewerbers

Normenketten:
GewO § 34a Abs. 1a Nr. 1
BVerfSchG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 2
BewachV § 9 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Bis zur behördlichen Feststellung der Zuverlässigkeit eines Wachpersonal-Bewerbers besteht gem. § 34a Abs. 1a S. 1 Nr. 1 GewO iVm § 9 Abs. 1 Nr. 1 BewachV für diesen ein präventives Beschäftigungsverbot (Anschluss an VG Regensburg BeckRS 2019, 404 u.a.). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Unzuverlässigkeitsgrund des § 34a Abs. 1a S. 7, Abs. 1 S. 4 Nr. 3 GewO iVm § 3 Abs. 1 BVerfSchG greift bereits bei "tatsächlichen Anhaltspunkten" ein; dies gilt als Maßstab sowohl für die Frage, ob eine Organisation Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verfolgt oder unterstützt, als auch für die Frage nach dem Umfang der Tätigkeit des Wachpersonalbewerbers in der Organisation (Anschluss an BayVGH BeckRS 2008, 27647). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der salafistischen Bewegung handelt es sich um eine unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG fallende Bestrebung, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet ist. (Rn. 28 – 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuverlässigkeitsüberprüfung eines Wachpersonalbewerbers, Allgemeine Leistungsklage, präventives Beschäftigungsverbot, Regelvermutung des § 34a Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 GewO, Unterstützungshandlung, Teilen von Videos auf Facebook, Bestrebung i.S.d § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG, Landesamt für Verfassungsschutz, Salafismus, salafistische Bewegung, Muslimbruderschaft, tatsächliche Anhaltspunkte, freiheitlich demokratische Grundordnung, islamistischer Gottesstaat, Propaganda, Dawa, Zuverlässigkeitsüberprüfung, Zuverlässigkeit, Wachpersonalbewerber, Regelvermutung, Facebook, Bestrebung, Verfassungsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2019, 5728

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Mitteilung des Landratsamtes Regensburg an ein Bewachungsunternehmen, wonach der Kläger nach erfolgter Prüfung seiner Zuverlässigkeit abgelehnt werden muss.
2
Im März 2017 bewarb sich der Kläger bei der Firma X... GmbH, ..., in ..., für eine Bewachungstätigkeit. Mit Schreiben vom 10.03.2017 meldete die Firma X... GmbH den Kläger nach § 9 Abs. 2 BewachV als Wachpersonal zur Durchführung von Bewachungsaufgaben beim Landratsamt Regensburg.
3
Mit Schreiben vom 22.03.2017 bat das Landratsamt Regensburg das Landesamt für Verfassungsschutz um Mitteilung, ob bezüglich des Klägers für die Zuverlässigkeitsüberprüfung relevante Erkenntnisse vorlägen. Mit Schreiben vom 24.06.2017 teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz dem Landratsamt Regensburg mit, dass der Kläger fortgesetzt die als salafistisch eingestuften Moscheen ... und ... in Regensburg besucht habe und nach der Bewertung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz der islamistischen/salafistischen Ideologie nahe stehe (mittelbar beweisbar). Zudem teilte das Landesamt für Verfassungsschutz Hintergrunderkenntnisse über die ... Moschee und die ... Moschee in Regensburg sowie über die Ideologie des Salafismus mit.
4
Mit Schreiben vom 10.08.2017 teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz dem Landratsamt Regensburg mit, dass seit dem letzten Schreiben vom 26.04.2017 weitere Erkenntnisse zur Person des Klägers vorliegen würden. Der Kläger habe seit Februar des Jahres 2017 wiederholt in der ... Moschee als Spendensammler festgestellt werden können. Somit übernehme der Kläger eine aktive Tätigkeit innerhalb einer salafistisch eingestuften Moschee, welche über eine reine Besuchereigenschaft, wie sie bis dato festgestellt worden sei, eindeutig hinausgehe. Diese Tätigkeit zeuge von einer näher gehenden Kenntnis über die Ausrichtung der Vereinsleitung der ... Moschee, da die Spenden für die Belange der Moschee selbst verwendet worden seien. Diese Erkenntnisse seien bestätigt. Der Kläger sei zudem bereits im Jahr 2014 als Aktivist im Dawa-Team Regensburg („Missionierungs-Team“) der ... Moschee festgestellt worden. Im Zuge dieser Tätigkeit habe er an einem Islam-Infostand am 25.01.2014 in Regensburg zusammen mit der amtsbekannten Person Y... festgestellt werden können. Bei Herrn Y..., welcher zu diesem Zeitpunkt als Anmelder der Infostelle fungiert habe, sei im Zuge des Verbotsverfahrens „Die wahre Religion (DWR)“ dessen Wohnung am 15.11.2016 ebenfalls durchsucht und es sei ihm die Nutzungserlaubnis durch die Stadt Regensburg entzogen worden. Beide oben aufgezählten Aktivitäten zeigen die anhaltende Unterstützung des Klägers für die ... Moschee, welche durch das BayLfV als salafistisch eingestuft werde und somit als eine Bestrebung nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BVerfSchG zu sehen sei. Es habe zudem im April 2017 festgestellt werden können, dass laut des offiziellen Internetauftritts der ... Moschee die Ehefrau des Klägers als stellvertretende Direktorin der arabischen Schule in der Moschee tätig gewesen sei. Diese sei als weiterer Anhaltspunkt zu sehen, dass der Kläger in die Vereinsstrukturen der als salafistisch eingestuften Moschee tiefergehend verflochten sei.
5
Mit Schreiben vom 02.05.2017 teilte das Landratsamt Regensburg der Firma X... GmbH mit, dass der Kläger nach erfolgter Prüfung der Zuverlässigkeit abgelehnt werden müsse. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung:.
6
Mit Schriftsatz vom 11.08.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.
7
Der Kläger trägt vor, dass die Ausführungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sehr allgemein gehalten seien. Zum einen sei nicht hinreichend deutlich, wie oft der Kläger die beiden oben genannten Moscheen besucht und was er dort konkret getan haben soll. Es werde auch nicht angegeben, wie oft der Kläger als Spendensammler aufgetreten sein soll. Es werde der Schluss gezogen, dass aufgrund dieser Tätigkeit näher gehende Kenntnisse über die Ausrichtung der Vereinsleitung bestehen. Dieser Schluss sei jedoch keineswegs zwingend. Wenn ausgeführt werde, dass der Kläger an einem (!) bestimmten Tag an einem Islam-Infostand tätig geworden sei, so dürfe es sich demnach überhaupt um eine einmalige Tätigkeit gehandelt haben. Es sei nicht ersichtlich, was der Kläger genau gemacht haben soll bzw. welche Aufgaben er am Infostand wahrgenommen haben soll. Es sei nicht nachvollziehbar, wie allein aufgrund der genannten Tatsachen von einer „anhaltende Unterstützung für die ... Moschee“ gesprochen werden könne. Hinsichtlich der ... Moschee werde zudem ausgeführt, dass dort eine salafistisch orientierte Person ihren Einfluss kontinuierlich ausbaue. Es fänden seit 2015 mehrmals jährlich Veranstaltungen mit salafistischen Gastpredigern statt. Ob der Kläger bei diesen Veranstaltungen anwesend gewesen sei bzw. regelmäßig vor Ort sei, werde nicht ausgeführt. Wenn das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz davon ausgehe, dass in Zukunft weitere ähnlich gelagerte Veranstaltungen organisiert und durchgeführt werden, sei dies eine reine Mutmaßung. Insoweit scheine die Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz insgesamt sehr spekulativ. Auch die Tatsache, dass Erkenntnisse über die Ehefrau des Klägers vorliegen, bedeute nicht zwingend, dass der Kläger „in die Vereinsstrukturen der als salafistisch eingestuften Moschee tiefergehend verflochten“ sei. Dies sei reine Spekulation. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass das Landesamt für Verfassungsschutz aus bloßen Einzelbeobachtungen Schlüsse ziehe, die nicht zwingend seien. Zudem erscheinen zumindest die Vorgänge der ... Moschee weitgehend harmlos, da zu dieser Einrichtung selbst dem Landesamt für Verfassungsschutz bislang keine Erkenntnisse für die Verbreitung der salafistischen Ideologie vorliegen. In der Folge werde noch allgemein zur Ideologie des Salafismus ausgeführt, ohne dass dies eine konkrete Relevanz für den vorliegenden Sachverhalt habe. Ganz offensichtlich werde die Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz blind übernommen ohne eine eigene Prüfung der Zuverlässigkeit des Klägers vorzunehmen. Es sei nicht ersichtlich, dass sich das Landratsamt Regensburg mit den Ausführungen des Landesamtes für Verfassungsschutz auseinandergesetzt habe. Die Ausführungen des Landesamtes für Verfassungsschutz lassen nicht zwingend auf eine Unzuverlässigkeit des Klägers schließen. Dem Landratsamt Regensburg hätte sich eine weitergehende Aufklärung aufdrängen müssen. Aufgrund des Schreibens des Landratsamtes vom 02.05.2017 habe die Firma X... GmbH von einer Einstellung des Klägers abgesehen. Der Kläger möchte in Zukunft aber im Sicherheitsgewerbe arbeiten. Es würde jedoch jede neue Bewerbung an der Einschätzung des Landratsamtes scheitern. Bei jedem neuen Arbeitsverhältnis müsse der potentielle Arbeitgeber aufgrund bestehender gesetzlicher Verpflichtung hierzu die Anfrage nach § 9 Abs. 2 BewachV stellen. Daraufhin erfolge die Mitteilung der Einschätzung des Landratsamtes an den potentiellen Arbeitgeber. Der Kläger könne diese Mitteilung naturgemäß nicht verhindern. Sie werde ihm gegenüber auch nicht bekannt gegeben. Eine Einstellung des Klägers als Mitarbeiter im Sicherheitsgewerbe sei damit für alle Zeit ausgeschlossen. Der Kläger sei nicht als unzuverlässig im Sinne des § 34a Abs. 1a GewO anzusehen. Es treffe nicht zu, dass der Kläger der islamistisch/salafistischen Ideologie nahe stehe. Die Einschätzung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sei höchst spekulativ. Alleine aus dem Besuch einer Moschee lassen sich ein Nahestehen des Klägers zur islamistisch/salafistischen Ideologie nicht begründen. Der Kläger berichtet, dass er die Moschee nicht regelmäßig aufsuche. Wenn es die Zeit zulasse, suche er verschiedene Moscheen auf, um dort zu beten. Weitere Tätigkeiten, insbesondere in der Moscheegemeinde übernehme der Kläger nicht. Es haben in der Vergangenheit tatsächlich Spendensammlungen stattgefunden. Dies jedoch nur zur Unterstützung von bedürftigen Menschen in Syrien, Palästina und Afrika. Es seien beispielsweise Rollstühle und Kleidung gesammelt worden. Diese Gegenstände können schon mangels Geeignetheit nicht zur Unterstützung/Aufbau der Moschee erfolgt sein. Der Kläger habe keine Spenden zum Aufbau der Moschee gesammelt. Richtig sei, dass der Kläger in der Vergangenheit im Rahmen der genannten Spendensammlungen auch kleinere Geldbeträge für den oben genannten Zweck gespendet habe. Dies sei jedoch nicht verwerflich. Es sei nicht zutreffend, dass der Kläger sich in Missionierungsteams engagiert habe. Der Kläger habe jedoch davon berichtet, dass er einmalig als Besucher dort am Infostand fotografiert worden sei. Er habe jedoch keine Funktion im Missionierungsteam übernommen. Unzutreffend sei auch, dass die Frau des Klägers eine ranghohe Funktionärin in der Moschee sei. Die Frau des Klägers sei von Beruf Lehrerin und habe in der Vergangenheit Kinder in Arabisch unterrichtet. Diese Tätigkeit habe sie inzwischen aufgegeben. Für die angeblichen Tätigkeiten des Klägers und seiner Ehefrau gebe es mit Ausnahme der bloßen vagen Behauptungen des Landesamtes für Verfassungsschutz keine greifbaren Anhaltspunkte. Die Feststellungen des Landesamtes für Verfassungsschutz seien nach alledem nicht nachvollziehbar und ohne Substanz. Die Ausführungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz im Schreiben vom 26. April 2017 seien darüber hinaus schon in sich widersprüchlich. Einerseits sollen zur ... Moschee keine Erkenntnisse für die Verbreitung der salafistischen Ideologie vorliegen. Andererseits werde dem Kläger entgegengehalten, diese Moschee zu besuchen. Es sei mit dem Rechtsstaatsgebot nicht vereinbar, dass der Kläger aufgrund einer derart schwammigen Einschätzung, die auch keine konkreten Belege für die Aussagen erkennen lasse, seinen Beruf nicht mehr ausüben können soll.
8
Der Kläger beantragt zuletzt,
der Beklagte wird verurteilt, der Firma X... GmbH oder einem anderen Bewachungsunternehmen mitzuteilen, dass der Kläger aufgrund der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 21.03.2019 vorliegenden Erkenntnisse als zuverlässig im Hinblick auf die Durchführung von Bewachungsaufgaben eingestuft wird.
9
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10
Der Beklagte ist der Ansicht, dass sich die enge Verflechtung des Klägers mit den Vereinsstrukturen der ... Moschee auch dadurch zeige, dass seine Ehefrau als stellvertretende Direktorin der arabischen Schule in der Moschee tätig sei. Insgesamt ergebe sich aus den Erkenntnissen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, dass der Kläger die ... Moschee nicht lediglich zum Gebet oder anderen reinen religiösen Zwecken aufsuche. Vielmehr unterstütze er die Moschee selbst, deren Trägerverein und auch die dort vertretenen Ideologien, insbesondere auch deren Verbreitung. Hierzu unternehme er erhebliche Anstrengungen (z.B. Mitarbeit an Infoständen, Mitglied beim Missionierungsteam). Wie das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mitteile, stelle er sich anhaltend in den Dienst der Moschee sowie der dort vertretenen und verbreiteten Ideologien. So sei der Kläger wiederholt in der ... Moschee als Spendensammler festgestellt worden. Er habe mehrfach aktiv die salafistische Moschee unterstützt. Wie oft er im Einzelnen Spenden gesammelt habe, sei letztlich irrelevant. Fakt sei, der Kläger habe sich mehrmals aktiv für die Belange der salafistischen Moschee, für die die gesammelten Spenden genutzt worden seien, eingesetzt. So handele aber nur, wer die Ideologie, die von der Moschee verbreitet werde, nicht nur kenne, sondern überzeugter Anhänger sei. Die Moschee bzw. die dort vertretenen verbreiteten Ideologien seien nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz eindeutig dem Salafismus zuzuordnen. Dass der Kläger von der Ideologie überzeugt sei, zeige sich überdies darin, dass der Kläger im Dawa-Team Regensburg gesichtet worden sei. Die Tätigkeit in diesem Missionierungsteam zeige grundsätzlich, dass der Kläger die von der Moschee vertretene Ideologie kenne, sich aktiv dafür einsetze, sich sogar für die Verbreitung engagiere, mithin davon überzeugt sei. Dass der Kläger nicht ohne Wissen über die in der Moschee vertretene Ideologie Spenden gesammelt und missioniert habe, sondern genau gewusst habe, welche Ideologie er hier unterstütze, zeige sich sehr wohl auch dadurch, dass seine Ehefrau stellvertretende Direktorin der arabischen Schule und damit als ranghohe Funktionärin in der Moschee tätig gewesen sei. Im Ergebnis sei festzustellen, dass der Kläger mehrfach eine salafistische Vereinigung unterstützt habe. Dabei habe er sich wissentlich für die salafistische Ideologie eingesetzt. Die Förderung des Salafismus bzw. salafistischer Organisationen stelle eine Bestrebung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG dar. Wer aber einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 BVerfSchG verfolge oder unterstütze oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt habe, sei unzuverlässig im Hinblick auf die Beschäftigung mit Bewachungsaufgaben (§ 34a Abs. 1a Satz 1, Satz 6 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 GewO). Eben diese Unzuverlässigkeit habe das Landratsamt Regensburg dem Bewachungsunternehmen, welches den Kläger als potentielles Wachpersonal gemeldet habe, mitgeteilt. Der Inhalt der Mitteilung des Landratsamtes Regensburg vom 02.05.2017 an die X... GmbH sei demnach zutreffend. Die Mitteilung sei rechtmäßig. Der Kläger sei daher nicht in seinen Rechten verletzt.
11
Mit Schreiben vom 12.04.2018 präzisierte das Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz ihre Erkenntnisse weiter. Der Kläger habe ab Ende 2016 fortgesetzt die beiden Moscheen in Regensburg ..., welche als salafistisch bewertet wird, und ..., welche bis 2013 als salafistisch bewertet wurde, besucht. Aus Sicht des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sei der Umstand maßgeblich, dass der Kläger im ersten Halbjahr 2017 in der ... Moschee im Anschluss an das Freitagsgebet sechsmal Geldspenden der Moschee-Besucher eingesammelt habe. In den meisten Moscheen und auch in der ... Moschee würden Spenden grundsätzlich für die Belange der Moschee eingesetzt werden. Die bisher mitgeteilte Erkenntnis, dass der Kläger seit Februar des Jahres 2017 wiederholt in der ... Moschee als Spendensammler festgestellt worden sei, sei bestätigt. Eine Erkenntnis sei nach den Maßstäben des Landesamtes für Verfassungsschutz bestätigt, wenn der Sachverhalt entweder von zwei voneinander unabhängig menschlichen Quellen mitgeteilt oder der Bericht einer menschlichen Quelle beispielsweise durch eine technische Maßnahme bestätigt werde. Dass der Kläger wiederholt als Spendensammler aufgetreten sei, belege, dass er das besondere Vertrauen sowohl der Moscheeführung als auch der Besucher genieße. Zudem wurde vom Facebook-Account des Klägers am 02.08.2017 ein Video gesichert, dass Facebook-Aktivitäten wie Beiträge, Fotos oder Videos des Klägers zusammenfasse. Darin sei auch ein Bild enthalten, das den Kläger am „Islam-Infostand Regensburg“ zeige. Das genaue Datum sei nicht bekannt, die Chronologie in Facebook liege aber nahe, dass es Anfang 2014 aufgenommen worden sei. Festzuhalten sei, dass der Kläger zusammen mit Herrn Y..., einem bekannten salafistischen Aktivisten, im Zentrum der aufgestellten Tische stehe. Da es bei derartigen Infoständen nicht üblich sei, dass beliebige Besucher sich hinter der Theke postieren und dabei ablichten lassen, sei das Landesamt für Verfassungsschutz zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger diesen Infostand nicht lediglich besucht habe und dabei eher zufällig fotografiert worden sei, sondern dass er als Aktivist an diesen Infostand teilgenommen habe. Herr Y... sei einer der maßgeblichen salafistischen Aktivisten in Regensburg. Er habe wiederholt Infostände in Regensburg angemeldet, bei denen Korane der Vereinigung „...“ (...*) verteilt worden seien. Nach einer Wohnungsdurchsuchung des Herrn Y... am 15.11.2016 seien Infostände, die er angemeldet habe, nicht mehr genehmigt worden. Er sei deshalb nicht mehr als Anmelder, sondern nur noch als Teilnehmerin an Infoständen in Regensburg in Erscheinung getreten. Sowohl die Standbetreiber als auch die ausgelegten Beitrittserklärungen zum Trägerverein der ... Moschee haben 2017 konkrete Bezüge zu der ... Moschee erkennen lassen. Die enge Verbindung zu dieser Moschee komme auch darin zum Ausdruck, dass seine Ehefrau an der dieser Moschee angeschlossenen Schule Arabisch-Unterricht erteilt habe, sowie als stellvertretende Direktorin bezeichnet worden sei. Eine derartige Tätigkeit der Ehefrau ohne die ausdrückliche Zustimmung des Klägers erscheine unwahrscheinlich. Die Ehefrau des Klägerin sei im Impressum der Webseite der ... Moschee Regensburg als „Stellvertretender Direkt“ der arabischen Schule bezeichnet worden, womit nach der Bewertung des Landesamtes für Verfassungsschutz nur die Position der stellvertretenden Direktorin gemeint sein könne. Die Daten seien am 10.04.2017 erhoben worden. Derzeit sei die Ehefrau des Klägers dort nicht mehr verzeichnet.
12
Mit Schreiben vom 27.02.2019 teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz weitere Erkenntnisse über den Kläger mit. So habe der Kläger am 16.06.2018 in der ... Moschee aus Anlass des islamistischen Opferfestes erneut Spenden gesammelt. Diese Erkenntnis sei nicht bestätigt, jedoch zuverlässig. Sie sei mittelbar beweisbar. Zudem nutze der Kläger weiter seinen Facebook-Account. Am 21.04.2018 habe der Kläger ein Video geteilt, in dem Vermummte Brandsätze per Luftdrachen einsetzen. Unter dem Video sei der arabische Hashtag „...“ zu sehen, darunter stehe auf Deutsch: „...“. Daraus ergebe sich, dass die Vermummten bemüht sind, israelisches Territorium in Brand zu setzen. Im Video werde der militante ... („...“) zu hören. Der Text nenne zwar keine Namen, dem Zuhörer werde jedoch schnell klar, dass ... zum Kampf gegen Israel aufrufe. Am 26.11.2018 habe der Kläger ein Video aus einer Moschee im Gazastreifen, in dem ein nicht abgebildeter Prediger an die Adresse Israels gerichtet die „Befreiung“ Jerusalems androhe. Darunter steht: „...“ Am 01.01.2019 habe der Kläger ein Video mit dem Titel „Der ...“ geteilt. Das Video zeige den Kopf des populären ägyptischen Gelehrten Abdalhamid KISHK (1933-1996) als Standbild und gibt dessen Rede als Audio-Datei wider. KISHK habe maßgeblich zur Verbreitung der Ideologie der Muslimbruderschaft beigetragen. Am 09.02.2019 habe der Kläger ein Video geteilt, in dem der salafistische Prediger B... im Rahmen der „...“ zu sehen ist. Am 28.01.2019 habe der Kläger mehrere Videos geteilt, die sich mit dem 2006 hingerichteten irakischen Diktator Saddam HUSSEIN befassten. Darunter befand sich auch ein Video, in dem dieser als guter Muslim glorifiziert worden sei. Es überrasche, dass der Kläger sich trotz der laufenden Klage nicht eine gewisse taktische Zurückhaltung auferlege. Zwar sei das „Teilen“ eines Beitrags auf Facebook formal nur ein Akt der Weiterleitung und nicht ein Akt des Gutheißens (das sei das „Liken“ eines Beitrags). Jedoch erfülle auch das „Teilen“ den Tatbestand einer Unterstützung, da bereits die unkommentierte Weiterleitung von Information für die jeweilige Organisation oder Bestrebung objektiv von Vorteil sei. Das Teilen des Videos mit B... belege somit, dass der Kläger Bestrebungen unterstütze, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gerichtet seien. Das Teilen israelfeindlicher Videos belege, dass er Bestrebungen unterstütze, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung und insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet seien.
13
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vor-gelegte Behördenakte und die Gerichtsakte, insbesondere auch auf die Schreiben des Landesamtes für Verfassungsschutz sowie auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

14
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
15
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte der Firma X... GmbH oder einem anderen Bewachungsunternehmen mitteilt, dass der Kläger aufgrund der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 21.03.2019 vorliegenden Erkenntnisse als zuverlässig im Hinblick auf die Durchführung von Bewachungsaufgaben eingestuft wird.
16
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die allgemeine Leistungsklage statthafte Klageart.
17
a) Bei der Mitteilung des Beklagten an die Firma X... GmbH vom 02.05.2017 handelt es sich vorliegend mangels Regelungswirkung um keinen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 BayVwVfG. Anders als in dem vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall (Beschluss vom 17. Januar 2019 - 4 E 779/18) enthält das Schreiben des Beklagten vom 02.05.2017, nach dem der Kläger nach erfolgter Prüfung der Zuverlässigkeit abgelehnt werden muss, nämlich keine Untersagung der Beschäftigung des Klägers aufgrund seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit.
18
Das begehrte Rechtsschutzziel des Klägers, als Wachperson arbeiten zu dürfen, würde auch nicht durch eine bloße Aufhebung der behördlichen Unzuverlässigkeits-Entscheidung nach § 34a Abs. 3 GewO erreicht werden, weil der Kläger ohne Zuverlässigkeits-Attest des Beklagten nicht als Wachperson tätig werden darf. Denn die Zuverlässigkeit der Wachperson muss von der Behörde mit positivem Ergebnis überprüft werden, bevor ein Bewerber mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben betraut werden darf. Bis zur behördlichen Feststellung der Zuverlässigkeit eines Wachpersonal-Bewerbers besteht gem. § 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 GewO i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BewachV für diesen ein präventives Beschäftigungsverbot (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 10. Januar 2019 - RN 5 S 18.1733, Rn. 20, juris und VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. April 2016 - 7 L 278/16, Rn. 7 - 23).
19
b) Dem Kläger fehlt auch nicht die Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog.
20
Es besteht die Möglichkeit der vom Kläger behaupteten Rechtsverletzung, da der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung seiner Zuverlässigkeit hat. Unerheblich ist, ob auch die Gewerbetreibende selbst im Hinblick darauf klagebefugt ist, dass die Mitteilung des Beklagten vom 02.05.2017, mit dem die fehlende Zuverlässigkeit des Klägers festgestellt wurde, nicht an den Kläger, sondern an die Firma X... GmbH gerichtet war. Die Feststellung seiner Zuverlässigkeit berührt nämlich jedenfalls auch den Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, da ohne die behördliche Mitteilung der Zuverlässigkeit ein in seine Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 GG eingreifendes Zugangshindernis für seine Tätigkeit im Bereich des Bewachungsgewerbes besteht (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 19. April 2016 - 7 L 278/16 -, Rn. 24 - 25, juris).
21
2. Die Klage ist jedoch unbegründet Der Kläger hat im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keinen Anspruch gegen den Beklagten auf die Einstufung als zuverlässig im Hinblick auf die Durchführung von Bewachungsaufgaben (zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum siehe Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2018, Vorb. § 40 Rn. 8a, § 113 Rn. 217 ff.).
22
Ein Anspruch auf Feststellung der Zuverlässigkeit besteht gem. 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BewachV nämlich nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die für das Wachpersonal erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
23
Zur Überprüfung der Zuverlässigkeit holt die zuständige Behörde mindestens eine unbeschränkte Auskunft nach § 41 Abs. 1 Nr. 9 des Bundeszentralregistergesetzes sowie eine Stellungnahme der für den Wohnort zuständigen Behörde der Landespolizei, einer zentralen Polizeidienststelle oder des jeweils zuständigen Landeskriminalamts ein, ob und welche tatsächlichen Anhaltspunkte bekannt sind, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen können, soweit Zwecke der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr einer Übermittlung der tatsächlichen Anhaltspunkte nicht entgegenstehen § 34a Abs. 1a Satz 3 GewO (i.V.m. § 159 Abs. 1 GewO).
24
Da der Kläger ausweislich der Meldung der Firma X... GmbH mit Bewachungen von Aufnahmeeinrichtungen bzw. Gemeinschaftsunterkünften oder anderen Immobilien und Einrichtungen, die der Unterbringung von Asylsuchenden oder Flüchtlingen dienen und mit Bewachungen von zugangsgeschützten Großveranstaltungen, jeweils auch in nicht leitender Funktion, und mit Schutzaufgaben im befriedeten Besitztum bei Objekten, von denen im Fall eines kriminellen Eingriffs eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen kann, beauftragt werden sollte, war die Beklagtenseite gemäß 34a Abs. 1a Satz 4 GewO (i.V.m. § 159 Abs. 1 GewO) befugt zusätzlich beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz die Abfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems zu veranlassen.
25
Gem. § 34a Abs. 1a Satz 7, Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 GewO liegt die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht vor, wenn der Antragsteller einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1818) geändert worden ist, verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat.
26
Bei den in der Vorschrift zusammengefassten Sicherheitsbedenken handelt es sich um eine Vorverlagerung des Verfassungsschutzes, die auch Handlungen und Tatbestände erfasst, die strafrechtlich noch nicht relevant sind und keine fassbare Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich bringen. Deshalb greift die Vorschrift nicht erst dann, wenn die Sicherheitsbedenken tatsächlich vorliegen. Erforderlich und hinreichend sind vielmehr „tatsächliche Anhaltspunkte“ hierfür. Dies trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass es sich bei den Bewachungstätigkeiten, die im Rahmen von Bewachungen von Flüchtlingsunterkünften und Großveranstaltungen durchgeführt werden, ausweislich der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 18/8558, S. 16) um besonders sensible Bereiche handelt, die ein hohes Gefährdungspotenzial durch den Einsatz von nicht zuverlässigen Wachpersonen aufweisen, sodass in diesen genannten Bereichen auch Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden über rechtsradikale, islamistische oder sonstige extremistische Bestrebungen in die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Bewachungspersonals einbezogen werden müssen; andererseits aber von der Vorschrift erfasste Aktivitäten in der Regel nicht in aller Öffentlichkeit und transparent entfaltet werden und die Übermittlung der Erkenntnisse des Landesverfassungsschutz sich regelmäßig auf gerichtsverwertbare Tatsachen beschränkt, da der Verfassungsschutz die rechtsstaatliche Balance zwischen dem öffentlichen Interesse und dem Individualinteresse, aber auch der so genannten V-Person zu wahren hat und seine Übermittlungsbefugnisse insoweit beschränkt sind. Dies gilt auch dann, wenn dem Verfassungsschutz an sich weiterreichende Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen vorliegen, im Einzelfall jedoch beispielsweise der Quellenschutz höherrangiger ist. Dies darf nicht zum Nachteil der Behörde gewertet werden (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. März 2018 - 16 A 906/11 -, Rn. 84, juris). Dieser herabgestufte Maßstab der „tatsächlichen Anhaltspunkte“ bezieht sich vor diesem Hintergrund nach Sinn und Zweck der Vorschrift dann, wenn die Sicherheitsbedenken aus der Zugehörigkeit zu einer Organisation hergeleitet werden, notwendigerweise auch auf diese. Denn die für den Gesetzgeber maßgeblichen Nachweisschwierigkeiten und Risikoabwägungen betreffen die Frage, ob eine Organisation Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verfolgt oder unterstützt, in gleicher Weise wie die Frage nach dem Umfang der Tätigkeit des Wachpersonalbewerbers in der Organisation (vgl. BayVGH, Urt. v. 5.3.2008 - 5 B 05.1449, BeckRS 2008, 27647, beck-online).
27
Für die erkennende Kammer steht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung fest, dass beim Kläger Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er die für das Bewachungsgewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Nach Auffassung der Kammer bestehen aufgrund objektiver Erkenntnisse hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung, dass der Kläger islamistisch extremistischem bzw. salafistischem Gedankengut nahestehe und jedenfalls die salafistische Bewegung unterstützt.
28
a) Bei der salafistischen Bewegung handelt es sich um eine unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) fallende Bestrebung, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet ist.
29
Unter dem Begriff der „Bestrebung“ ist ein aktives, ziel- und zweckgerichtetes und politisch motiviertes Vorgehen zu verstehen, das sich allerdings nicht notwendig kämpferisch und aggressiv gegenüber den Schutzgütern der Verfassung verhalten muss, § 4 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG. Der Begriff der Bestrebung erforderte damit über das bloße Vorhandensein bestimmter Überzeugungen hinaus ein aktives Vorgehen zu deren Realisierung. Bestrebungen müssen politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, über kurz oder lang politische Wirkungen zu entfalten. Erfasst werden Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. März 2018 - 16 A 906/11 -, Rn. 102 - 104, juris).
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Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist in ihren Ausprägungen durch die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung in § 4 Abs. 2 BVerfSchG kodifiziert (vgl. VGH BW, Urteil vom 25. April 2017 - 12 S 2216/14 -, NVwZ 2017, 1212, Rn. 38; Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 4 BVerfSchG, Rn. 49). Demnach sind insbesondere das Demokratieprinzip (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 -, NJW 2017, 611, Rn. 542 ff.; § 4 Abs. 2 lit. a BVerfSchG) und „die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte“ (vgl. § 4 Abs. 2 lit. g BVerfSchG), wozu auch das Bekenntnis zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität des Staates sowie die Religionsfreiheit zählt (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 533 m.w.N. auch zu anderen Grundrechten), wesentliche Elemente. Gerade diese Elemente werden bei einer Orientierung an salafistischem Gedankengut, in welchem ein „Gottesstaat“ als Idealvorstellung gilt und demzufolge die vorgenannten Aspekte keinen Platz haben können (vgl. dazu SächsOVG, Beschluss vom 21. August 2017 - 4 A 372/16 -, juris, Rn. 2), letztlich negiert.
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Der Begriff „Salafismus“ bezeichnet eine islamistische Ideologie und die aus ihr hervorgegangene heterogene Bewegung, nach der sich die Muslime in Glaube, religiöser Praxis und Lebensführung ausschließlich an den Prinzipien des Koran und der Prophetentradition (arab. sunna), d.h. den vom Propheten Muhammad überlieferten Aussagen und Handlungen, auszurichten haben. Dabei kommt bei der Bestimmung dessen, was „wahrhaft islamisch“ ist, den sogenannten „rechtschaffenen Altvorderen“ (arab. al-salaf al-salih, daher der Begriff Salafismus) eine entscheidende Rolle zu. Diese „rechtschaffenen Altvorderen“, zu denen die ersten drei muslimischen Generationen gezählt werden, sollen den Islam in seiner ursprünglichen „Reinheit“ vom Propheten übernommen und praktiziert haben. Sie werden als die beste Informationsquelle für eine „richtige“ und damit gottgefällige Religionsausübung und Lebensführung betrachtet, da ihnen auf Grund der zeitlichen Nähe zum Religionsstifter Muhammad ein authentisches Islamverständnis zugeschrieben wird. Salafisten gehen davon aus, dass zu Lebzeiten Muhammads und seiner unmittelbaren Gefolgsleute der Islam in seiner einzig wahren Form gelebt wurde. Im Laufe der Zeit sei jedoch die ursprünglich reine islamische Lehre durch unerlaubte Neuerungen (arab. bid’a) verfälscht worden. Dieser Entwicklung, so die salafistische Lehre, müsse nun durch eine erneute Hinwendung zum Vorbild der frühen Muslime um den Religionsstifter Muhammad Einhalt geboten werden. Das Streben der Salafisten nach Wiederherstellung der „ursprünglichen“ und „reinen“ Religion nach dem Modell der islamischen Frühzeit geht mit der Forderung nach vollständiger Umsetzung der Scharia einher. Nach der salafistischen Ideologie ist die Scharia von Gott gesetztes Recht. Es ist die Gesamtheit der Regeln und Bestimmungen, die im Koran und der Prophetenüberlieferung niedergelegt sind und nach salafistischer Ansicht das Leben der Muslime in allen Aspekten leiten und bestimmen sollen. Die Scharia ist nach salafistischer Ansicht unwandelbar und unaufhebbar. Sie kann nicht menschlichen Erwägungen unterworfen oder hinterfragt werden. Aus diesem Verständnis folgt, dass die Scharia allen anderen Gesetzen über- und vorgeordnet ist. Salafisten verfolgen das Ziel, Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach einem salafistischen Regelwerk, das als „gottgewollte“ Ordnung angesehen und propagiert wird, umzugestalten. Die Orientierung an der frühislamischen Zeit muss sich für Salafisten in der bedingungslosen Befolgung und Durchsetzung von islamischen Regelungen ausdrücken, die Salafisten als authentisch und maßgeblich ansehen. „Islam“ im Sinne des Salafismus ist eben nicht nur „Religion“ (arab. din), sondern ein auf der wortgetreuen Befolgung des Koran und der Prophetentradition beruhendes System, welches sämtliche Lebensbereiche, ein schließlich Gesetzgebung und Politik, regeln soll. In letzter Konsequenz soll ein islamischer „Gottesstaat“ errichtet werden, in dem wesentliche im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantierte Grundrechte und Verfassungspositionen keine Geltung haben.
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Propaganda und Handlungsweisen von Salafisten zielen folglich nicht nur auf eine Beeinflussung religiöser Überzeugungen ab, sondern sind politisch motiviert. Salafisten verwenden zwar religiöse Begriffe, sie deuten sie jedoch politisch um und instrumentalisieren sie in ihrem Sinne. Vorstellungen und Ideologien, die nicht im Einklang mit der salafistischen Lehre stehen sowie nicht auf der Scharia basierende Gesetze werden als „Götzen“ (arab. taghut) verurteilt. Folglich lehnen Salafisten die Volkssouveränität und säkulares Recht als „Götzendienst“ (arab. shirk) und somit als „unislamisch“ ab und streben längerfristig eine Umstrukturierung der hiesigen sozio-politischen Ordnung nach von ihnen als islamisch betrachteten Maßstäben und Normen an. Damit stehen Kernelemente der salafistischen Ideologie in einem klaren Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Salafisten erheben durchweg den Anspruch, das einzig wahre und authentische Verständnis des Islam zu repräsentieren. Sie reklamieren für sich die absolute Deutungshoheit über die islamische Religion. Dieser Wahrheits- und Machtanspruch hat zur Folge, dass sie interreligiös alle anderen Religionen und intrareligiös alle anderen muslimischen Glaubensrichtungen zurückweisen und zu ihrem Feindbild erklären (vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz, Salafistische Bestrebungen in Deutschland, April 2012, S. 6 und 7). Das gemeinsame Ziel aller Salafisten ist es demnach, einen schariakonformen „Gottesstaat“ mit einem Kalifen als politischer und religiöser Autorität an der Spitze zu errichten. Hierzu sollen Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach dem Vorbild der Salaf vollständig umgestaltet werden (vgl. http://www.verfassungs schutz.bayern.de/islamismus/definition/erscheinungsformen/salafismus/index.html, zuletzt abgerufen am 27.03.19).
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Die ideologischen Grundsätze des Salafismus und das darauf basierende zielgerichtete aktive Vorgehen zu deren Realisierung sind somit unvereinbar mit den im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerten Prinzipien, insbesondere der Demokratie, des Rechtsstaats und einer auf der Menschenwürde basierenden politischen Ordnung.
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b) Aus dem Zusammenspiel mehrerer Indizien steht für die Kammer fest, dass der Kläger sich mit salafistischen Gedankengut identifiziert. Aus den ausführlichen Darlegungen des Landesamtes für Verfassungsschutz ergeben sich zudem wesentliche Anhaltspunkte für das Unterstützen der salafistischen Bewegung.
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(1) Der Kläger besucht unbestritten auch derzeit noch die durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) als salafistisch bewertete Moschee ... in Regensburg, die seit dem Jahr 2014 im Verfassungsschutzbericht Bayern erwähnt wird. An der salafistisch geprägten Ausrichtung der Moschee hat die Kammer angesichts der umfassenden Erkenntnisse des BayLfV keinen Zweifel (vgl. insbesondere Blatt 43 der Gerichtsakte und Blatt 20 der Behördenakte). Aufgrund der weiteren vorliegenden Erkenntnisse hat das Gericht auch keinen Zweifel daran, dass dem Kläger die ideologische Ausrichtung der Moschee bekannt ist.
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Ebenfalls nicht bestritten wird, dass der Kläger in der Moschee ... in Regensburg wiederholt Spenden einsammelte, nach den Erkenntnissen des BayLfV zuletzt am 16.06.2018 aus Anlass des islamistischen Opferfestes. Damit übernimmt der Kläger eine aktive Tätigkeit innerhalb einer salafistisch eingestuften Moschee, die über eine reine Besuchereigenschaft eindeutig hinausgeht. Wenn der Kläger dementiert, dass die Spenden - so wie der Bericht des BayLfV ausführt - für die Belange der Moschee eingesetzt werden und angibt, dass das Sammeln von Spenden dazu diene, auch armen Menschen etwas zu geben, er beispielsweise auch andere Sachen wie Rollstühle oder Medizin sammle und diese Dinge und das Geld bspw. auch nach Syrien oder Palästina geschickt werden, so bestehen daran Zweifel. Dies zum einen, da der Kläger auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung erklärte, dass er die Spenden, die er sammelt, einem Leiter der Moschee gibt und er auch nicht wisse, wie der Transport der gesammelten Gegenstände nach Syrien und Palästina ablaufe. Zum anderen spricht auch der Internetaufritt der Islamischen Stiftung Regensburg/ ... Moschee gegen eine Verwendung der Spenden für caritative Zwecke. Beim Verwendungszweck kann der Spender zwischen einer Verwendung der Spenden für die Belange der Moschee bzw. für den Bau einer neuen Moschee wählen und demgemäß die Spende auf das Konto der ... Regensburg oder auf das Konto des ... Regensburg (...*) überweisen (vgl. http://www. ...sitew. de/#Spenden.F, zuletzt abgerufen am 28.03.2019). Eine Spendenmöglichkeit für arme oder hilfsbedürftige Menschen findet sich dort hingegen nicht.
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Ob die Spenden aus seinen Sammlungen tatsächlich, wie vom Kläger vorgetragen, nur gemeinnützigen Zwecken oder (auch) der Moschee zu Gute kamen, kann letztendlich aber dahingestellt bleiben. Unabhängig davon, welchem Verwendungszweck die Spenden nun zugeführt werden, so lässt das wiederholte Spendensammeln jedenfalls den Rückschluss auf ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und den Verantwortlichen der ...-Moschee zu.
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Zudem reicht es für ein „Unterstützen“ nach § 34a Abs. 1 S. 4 Nr. 3 GewO aus, wenn das unmittelbare Ziel des Unterstützens an sich zwar in Einklang mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht, aber als mittelbare Folge auch Ziele verfolgt werden, die im Widerspruch zu ihr stehen. Selbst wenn die vom Kläger gesammelten Spenden nur gemeinnützigen Zwecken zufließen, so wird durch das Sammeln der Spenden die Akzeptanz und das Ansehen der Organisation sowohl intern bei den Mitgliedern als auch insbesondere nach außen bei den Spendenempfängern verstärkt. Durch ein solches Vorgehen wird die verfassungsfeindliche Bewegung insgesamt gestärkt.
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So haben salafistische Gruppierungen beispielsweise auch auf verschiedenen Wegen versucht, Kontakte zu Flüchtlingen herzustellen. Dabei steht zunächst die humanitäre Hilfe im Vordergrund. Durch soziale Unterstützung wollen Salafisten eine Vertrauensbasis schaffen. Diese können sie dann missbrauchen und ihre extremistische, integrationsfeindliche Ideologie vermitteln. So sollen langfristig die Flüchtlinge als Unterstützerinnen und Unterstützer bzw. Mitglieder gewonnen werden. Der salafistische Prediger B... hat bereits im September 2015 auf Facebook einen entsprechenden Aufruf veröffentlicht (vgl. https://www.antworten-auf-salafismus.de/salafismus/anhaenger-werben/index. php, zuletzt abgerufen am 28.03.2019).
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(2) Eine weitere Verbindung des Klägers zur salafistisch geprägten Moschee ... besteht durch seine Ehefrau, Frau A... Diese arbeitet - wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt - als Lehrerin an einer der Moschee angeschlossenen Schule und unterrichtet dort arabisch. Bis 2017 war sie auf der Homepage der Moschee zudem als „Stellvertretender Direkt“ vermerkt. Unabhängig von der (derzeitigen) genauen Position der Frau des Klägers, lässt ihre Lehrtätigkeit jedenfalls darauf schließen, dass sie ebenfalls das Vertrauen der Moschee-Leitung genießt und zumindest in Grundzügen in die Organisation der Moschee eingebunden ist.
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(3) Weiter setzte sich der Kläger auch außerhalb der Moschee am „Islam Infostand Regensburg“ im Rahmen eines „Dawa-Teams“ für die Belange der salafistischen Bewegung ein. Dies belegt ein Foto auf der Facebook-Seite des Klägers, das den Kläger zusammen mit dem damaligen Veranstalter, Herr Y..., hinter dem Informationstresen zeigt. Herr Y... selbst ist nach Informationen des BayLfV ein maßgeblicher salafistischer Aktivist in Regensburg.
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Die Ausführungen des Klägers, mit denen er versucht, die vorgenannten objektiven Anhaltspunkte zu negieren, überzeugen die Kammer nicht. Wenn der Kläger vorträgt, dass er nur zufällig an dem Infostand vorbeigekommen sei und die Leute dann gegrüßt und ein Foto mit ihnen geschossen habe, so widerspricht dieser Aussage bereits die Position des Klägers auf dem Bild (vgl. Blatt 42 der Gerichtsakte). Der Kläger steht nämlich als dritter der abgebildeten Personen direkt innerhalb des Infostandes und gerade nicht in Nähe zum Ausgang. Wäre der Kläger nur zufällig vorbeigekommen und hätte kurz ein Bild gemacht, so wäre er vielmehr am Rande des Infostandes, nämlich dort wo die Person in der beigen Kleidung positioniert ist, gestanden. Es ist daher vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger Teil des Missionierungsteams war und damit die Verbreitung der salafistischen Ideologie unterstützt hat.
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Salafisten versuchen, ihre Ideologie durch intensive Propagandaaktivitäten zu verbreiten. Dadurch wollen sie Staat und Gesellschaft in einem langfristigen Prozess nach salafistischen Normen umgestalten. Diese sogenannte „Da´wa“-Arbeit (arab. für „Missionierung“) betreiben sie insbesondere im Internet, über Musik sowie im Rahmen von Infoständen, Islamseminaren und Benefizveranstaltungen. Je nachdem, wo Dawa stattfindet, unterscheidet man heute „Home Dawa“ in Privatwohnungen und „Street Dawa“ - die Kontaktaufnahme in Fußgängerzonen, z. B. an Infoständen.
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Im Rahmen von Islam-Infoständen in Fußgängerzonen verteilen Salafisten überwiegend salafistische Publikationen und sprechen gezielt Passanten an, um ein erstes Interesse an der Ideologie des Salafismus zu wecken. Ziel ist es, den Islam als die „bessere“ Religion gegenüber dem Christentum oder anderen Religionen darzustellen (vgl. http://www.verfassungsschutz.bayern.de/islamis mus/definition/strategie/dawaarbeit/index.html, zuletzt abgerufen am 28.03.2019). Im Rahmen des Projekts „LIES!“ verteilten Salafisten sowohl an Infoständen als auch mittels mobiler Teams (sog. Street-Da’wa-Projekt) in bayerischen Innenstädten kostenlose Koranexemplare an Passanten. Am 15. November 2016 hat das Bundesinnenministerium die Vereinigung "Die wahre Religion (DWR)" alias "LIES! Stiftung"/"Stiftung LIES" verboten und aufgelöst. Dies bedeutet ein Verbot der Organisation und der Teilnahme an Informations- und Verteilaktionen unter dem Logo DWR/LIES! und schließt die Verwendung von Kennzeichen und die Verbreitung von Videos und Botschaften auch im Internet ein.
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Nach Erkenntnissen des BayLfV konnten in der Regensburger Innenstadt seit März 2017 wiederholt Islam-Infostände festgestellt werden, bei denen vereinzelt auch Koranexemplare aus dem „LIES!“-Bestand auslagen. Allerdings sei bei diesen Exemplaren das Impressum herausgetrennt und somit kein Bezug zum mittlerweile verbotenen „LIES!“-Projekt mehr erkennbar. Nach den Erkenntnissen des BayLfV lassen sowohl die Standbetreiber als auch die ausgelegten Beitrittserklärungen zum IRZ konkrete Bezüge dieser Infostände zur ... Moschee erkennen (vgl. Blatt 43 der Gerichtsakte).
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Aber selbst, wenn der Kläger tatsächlich nur zufällig an dem Islam-Infostand vorbeigekommen wäre, so lässt die bloße Anwesenheit bzw. die Ablichtung mit den weiteren beteiligten Personen zumindest eine moralische Unterstützung erkennen.
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(4) Die Identifikation mit dem salafistischen Gedankengut und das Befürworten der Propagandaaktivitäten geht auch aus einem vom Kläger am 09.02.2019 auf seiner Facebook-Seite geteilten Video hervor. Darin ist der deutschlandweit bekannte Salafist B... im Rahmen der sog. „Street-Dawa“ zu, der (insbesondere junge) Leute auf der Straße anspricht, diese zu einer Veranstaltung einlädt und Korane verteilt. Auf Nachfrage gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung zu, dass er das Video geteilt habe.
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Wenn der Klägervertreter einwendet, dass der Kläger dazu keine Kommentare oder eine Kundgabe der Billigung abgegeben habe, so kann ihm dies nicht zum Vorteil gereichen. Zwar stellt das „Teilen“ eines Beitrags auf Facebook formal einen Akt der Weiterleitung dar. Da man das jeweilige Video durch das sog. „Teilen“ jedoch auch auf seinen Account zieht, das Video nach dem Teilen damit auf der persönlichen Seite erscheint, wird eine Verknüpfung zur Person des Account-Inhabers hergestellt. Aus Sicht eines objektiven Empfängers geht damit eine Billigung des Teilenden einher. Anders wäre dies nur dann zu beurteilen, wenn der Kläger im Rahmen des „Teilens“ eindeutig und unmissverständlich klar gestellt hätte, dass er die im Video zu sehenden Vorgänge missbillige. Das dies jedoch gerade nicht der Fall zu sein scheint, geht zum einen aus der Aussage des Klägers selbst hervor, wonach er nicht gedacht habe, dass es etwas Schlimmes sei; zum anderen erklärte der Kläger auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, dass er die Videos geteilt habe, da sie ihm gefallen haben. Damit stellt das „Teilen“ beim Kläger sowohl einen Akt des Gutheißens als auch einen Akt der Unterstützung dar, da (gerade auch das unkommentierte) Weiterleiten der Beiträge zur Verbreitung des jeweiligen Gedankenguts beiträgt.
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Bereits die soeben unter b) dargestellten objektiven Anhaltspunkte liefern nach Ansicht der Kammer hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht mit der Verfassung im Einklang stehendem Gedankengut nahe steht und die salafistische Bewegung durch verschiedene Handlungen unterstützt.
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c) Nur ergänzend sei noch erwähnt, dass der Kläger wohl auch anderweitigen Ausprägungen von islamistischem Extremismus, wie beispielsweise der Ideologie der sog. „Muslimbruderschaft“ nahesteht. So teilte der Kläger am 01.01.2019 auf seinem Facebook-Account ein Video mit dem Titel „...“. Das Video zeigt den Kopf des populären ägyptischen Gelehrten Abdalhamid Kiskh (1933-1996), der nach den Erkenntnissen des BayLfV maßgeblich zur Verbreitung der Ideologie der Muslimbruderschaft beitrug, als Standbild und gibt dessen Rede als Audio-Datei wider.
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Die 1928 von Hassan al-Banna in Ägypten gegründete Muslimbruderschaft ist die einflussreichste und älteste islamistische Bewegung des modernen politischen Islam. Das von der Muslimbruderschaft angestrebte politische System weist deutliche Züge eines totalitären Herrschaftssystems auf, das die Souveränität des Volkes sowie die Prinzipien der Freiheit und Gleichheit der Menschen nicht garantiert. Die Ideologie der Muslimbruderschaft ist auf die Errichtung islamischer Herrschaftsordnungen auf der Grundlage von Koran und Sunna ausgerichtet. (vgl. http://www.verfassungsschutz.bayern.de/islamismus/situation/legalistischer_islamismus/index.html, zuletzt abgerufen am 28.03.2019). Die mitunter auch als "Mutterorganisation des politischen Islams" bezeichnete Muslimbruderschaft versucht, die Regierungen ihrer jeweiligen Heimatstaaten abzulösen und einen islamischen Gottesstaat auf der Grundlage der Scharia zu errichten (vgl. https://www.verfassungs schutz.niedersachsen.de/extremismus/islamismusundsonstigerextremismus/islamistische_organisationen_und_bestrebungen/muslimbruderschaft_mb/die-muslimbruder schaft-54221.html, zuletzt abgerufen am 28.03.2019).
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Mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar ist jedoch neben der Einführung eines islamistischen oder salafistischen Staats- und Gesellschaftssystems (BVerwGE 122, 182 [189]; VGH München GewArch 2003, 493 [494]; VGH Mannheim NVwZ 2017, 1212 [1215]; VG München Urt. v. 29.8.2002 - M 24 K 02.2483, juris, Rn. 35 ff.) auch die Etablierung eines islamischen Gottesstaates (BVerwGE 135, 302 Rn. 19; 141, 100 Rn. 28; BVerwG NVwZ 2003, 986 [988 f.]; VGH München Urt. v. 5.3.2008 - 5 B 05.1449, juris, Rn. 35 und Schenke/Graulich/Ruthig/Roth, § 4 Rn. 56 m.w.N.).
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Für den Kläger sprechende Gesichtspunkte, die die Regelvermutung des § 34a Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 GewO zu widerlegen vermögen, sind für die erkennende Kammer hingegen nicht ersichtlich. Insbesondere konnte der Kläger den Vorhaltungen und nachvollziehbar begründeten Schlussfolgerungen des BayLfV auch in der mündlichen Verhandlung nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Er betonte zwar immerwährend, kein Salafist zu sein. Seine Aussagen, wonach ihm die Beiträge, die er auf Facebook teilt, gefallen, das Teilen der Videos auf Facebook zu seiner Meinungsfreiheit gehöre und die im Video mit B... dargestellte „Street-Dawa“ nichts Schlimmes darstelle, haben die Einschätzungen des BayLfV jedoch vielmehr bekräftigt. Dem Kläger soll seine Meinungsfreiheit zwar nicht in Abrede gestellt werden. Es verstößt jedoch nicht gegen Art. 5 Abs. 1 GG aus vom Kläger getätigten Äußerungen auf die Identifikation des Klägers mit salafistischem Gedankengut zu schließen und daraus in Zusammenhang mit der Feststellung von Unterstützungshandlungen die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers in Hinblick auf die Durchführung von Bewachungsaufgaben anzunehmen.
54
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
II.
55
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.