Inhalt

LArbG München, Beschluss v. 17.12.2019 – 6 TaBV 33/19
Titel:

Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau

Normenketten:
BetrVG § 28, § 80 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 2 S. 2
EntgTranspG § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 2
ArbGG § 66 Abs. 1 S. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 87 Abs. 2, § 89 Abs. 1, 2, § 92 Abs. 1 S. 2
GRC Art. 27
RL 2002/14/EG Art. 4 Abs. 3
ZPO § 233
Leitsätze:
1. Es besteht kein Anspruch des Betriebsrats bzw. des Betriebsausschusses auf (dauerhafte) Vorlage der Bruttolohnlisten der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, ausgenommen leitende Angestellte. (Rn. 29 und 34)
2. Ein solcher Anspruch besteht auch nicht deswegen da der Betriebsrat nach § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG die Aufgabe hat, die Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern zu födern oder nach § 13 Abs. 2 EntgTranspG die Entgeltlisten im Hinblick auf die Lohngerechtigkeit auszuwerten hat. Insbesondere besteht kein Recht, die Listen in einer bestimmten Form (elektronisch) vorzulegen. Aus der Aufgabenzuweisung aus § 13 Abs. 2 EntgTranspG folgt allein ein Anspruch des Betriebsrats auf Aufbereitung der zur Einsicht vorgelegten Listen nach Geschlecht, Tätigkeit etc. Die dem Betriebsrat mit dieser Vorschrift übertragene Auswertung der Bruttolohnlisten kann auch bei bloßer Einsichtnahme der - nach Wahl des Arbeitgebers - elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellten Listen erfolgen, da die Einsichtnahme zeitlich nicht beschränkt ist. (Rn. 38 – 39)
Schlagworte:
Übergabe der Bruttolohnlisten zur Aufgabenerfüllung nach § 13 Abs. 2 EntgTranspG, Bruttolohn, Gleichstellung, Eingruppierung, Arbeitnehmer, Zahlung, Lohngerechtigkeit, Papierform, Einsichtnahme, elektronische Form
Vorinstanz:
ArbG München, Beschluss vom 06.03.2019 – 10 BV 22/18
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Beschluss vom 23.03.2021 – 1 ABR 7/20
Fundstelle:
BeckRS 2019, 41277

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 6. März 2019 - 10 BV 22/18 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren um die Aushändigung der Bruttolohnlisten an den Betriebsrat, hilfsweise an den Betriebsausschuss in zu bearbeitender elektronsicher Form, hilfsweise in Papierform, letzterenfalls unter Zur-Verfügung-Stellung von Büropersonal zum Abschreiben der Listen.
2
Der Antragsteller (nachfolgend: Betriebsrat) ist der für den gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 2 und 3 (nachfolgend: Arbeitgeberinnen) in C-Stadt gebildete Betriebsrat. Dort werden ca. 4.500 Mitarbeiter beschäftigt. 7 Betriebsratsmitglieder sind von ihrer Arbeitspflicht freigestellt.
3
Mit Schreiben vom 13. Juni 2018 (Anlagen ASt1 und 2, Bl. 10 f. d. A.) forderte der Betriebsrat die beiden Arbeitgeberinnen auf, ihm die Entgeltlisten der Beschäftigten primär in zu bearbeitender elektronischer Form, beinhaltend sämtliche Entgeltbestandteile aller Arbeitnehmer, inklusive übertariflicher und frei ausgehandelter Zulagen, aufgeschlüsselt nach dem Geschlecht zur Verfügung zu stellen, um die Aufgaben nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) erfüllen zu können. Die Arbeitgeberinnen wiesen das Begehren mit Schreiben vom 19. Juni 2018 (Anlage ASt3, Bl. 12 d. A.) zurück, boten aber Einsichtnahme in die Unterlagen zur Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen an.
4
Der Betriebsrat hatte bereits am 23. Mai 2018 den Beschluss gefasst, falls die Arbeitgeberinnen dem Vorlageverlangen nicht nachkämen, ein entsprechendes Beschlussverfahren einzuleiten und die nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten mit der Vertretung zu beauftragen.
5
Mit seinem am 13. Aug. 2018 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und den Arbeitgeberinnen am 20. Aug. 2018 zugestellten Antrag verfolgt der Betriebsrat die Herausgabe der Entgeltlisten an ihn weiter.
6
Er hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, ein dahingehender Anspruch folge aus § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BetrVG. Seine gesetzliche Verpflichtung erschöpfe sich nicht nur in einer Auskunftserteilung nach § 14 Abs. 1 EntgTranspG, sondern er nehme insbesondere die Aufgaben nach § 14 Abs. 1, § 15 Abs. 2 EntgTranspG wahr. Daneben bestehe die Pflicht zur Förderung der Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb. Schließlich müsse er die Entgeltlisten auch auswerten. Dieser Begriff werde in der Rechtsprechung immer wieder synonym als „Nutzung“ verstanden. Dieses Recht setze die Überlassung der auszuwertenden Daten voraus.
7
Er hat erstinstanzlich beantragt:
Den Beteiligten zu 2 und 3 wird aufgegeben, dem Betriebsausschuss des Antragstellers für die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG vorzunehmende Auswertung Listen über die Bruttoentgelte aller betriebsangehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten elektronisch mit dem Dateiformat *.xls, *.txt oder einem gleichwertigen auswertbaren Tabellenformat zu übergeben, die nach dem Geschlecht aufgeschlüsselt alle Entgeltbestandteile aller nicht leitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs enthalten, einschließlich übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt werden.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag:
Den Beteiligten zu 2 und 3 wird aufgegeben, dem Betriebsausschuss des Antragstellers die im Hauptantrag genannte Liste zu diesem Zweck in gedruckter Papierform zu übergeben, die geeignet ist, den Inhalt der Liste mittels elektronischer Zeichenerklärung (OCR) in elektronisches Format umzuwandeln.
Hilfshilfsweise für den Fall des Unterliegens auch im Hilfsantrag zu 1:
Den Beteiligten zu 2 und 3 wird aufgegeben, dem Betriebsausschuss des Antragstellers einen Personal Computer (PC) einschließlich Tastatur und Monitor zu überlassen, auf dem neben dem Betriebssystem die im Hauptantrag näher bezeichneten Daten elektronisch in dem Dateiformat *.xls, *.txt oder einem gleichwertig auswertbaren Tabellenformat gespeichert sind und auf dem ein zur Auswertung dieser Daten geeignetes Auswertungsprogramm wie MS-Excel gespeichert ist und der keine Schnittstellen oder Netzverbindungen aufweist.
Hilfshilfshilfsweise für den Fall des Unterliegens auch im Hilfsantrag zu 2:
Den Beteiligten zu 2 und 3 wird aufgegeben, dem Betriebsausschuss des Antragstellers einen Personal Computer (PC) einschließlich Tastatur und Monitor in einem Raum der Personalverwaltung zur Nutzung nach vorheriger Anmeldung zugänglich zu machen, auf dem neben dem Betriebssystem die im Hauptantrag näher bezeichneten Daten elektronisch in dem Dateiformat *.xls, *.txt oder einem gleichwertig auswertbaren Tabellenformat gespeichert sind und auf dem ein zur Auswertung dieser Daten geeignetes Auswertungsprogramm wie MS-Excel gespeichert ist und der keine Schnittstellen oder Netzverbindungen aufweist.
Hilfshilfshilfshilfsweise für den Fall des Unterliegens auch im Hilfsantrag zu 3:
Den Beteiligten zu 2 und 3 wird aufgegeben, dem Betriebsausschuss des Antragstellers Einsicht in die im Hauptantrag genannten Listen zu gewähren und für diese Einsicht zusätzliches geeignetes Büropersonal zum Abschreiben der Listen zur Verfügung zu stellen.
8
Die Arbeitgeberinnen beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
9
Sie haben die Ansicht vertreten, es bestehe kein Anspruch des Betriebsausschusses, die Entgeltlisten in auswertbarer elektronischer Form oder auch nur in Papierform zu erhalten. Insbesondere ergebe sich aus dem EntgTranspG kein dahingehender Anspruch, wo auch nur ein Einsichtsrecht zur Auswertung vorgesehen sei. Aus der Gesetzesbegründung zum EntgTranspG ergebe sich nicht anderes.
10
Das Arbeitsgericht München hat die Anträge mit Beschluss vom 6. März 2019 (Bl. 85 ff. d. A.) vollumfänglich abgewiesen. Wegen der maßgeblichen rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.
11
Im Wesentlichen führt das Arbeitsgericht aus, die zulässigen Anträge seien in allen Teilanträgen unbegründet. Der Betriebsrat habe keinen Anspruch auf Überlassung der Entgeltlisten in elektronischer oder gedruckter Form zum Zwecke der Durchsetzung der Entgeltgleichheit gemäß EntgTranspG. Solches ergebe sich nicht aus §§ 12 Abs. 1 13, Abs. 1 Satz 2 EntgTranspG, § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Es bleibe auch danach beim Grundsatz, der Betriebsrat bzw. der Betriebsausschuss könne lediglich Einblick verlangen. Aus der Formulierung „… und auszuwerten“ in § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG könne nicht auf ein über den Begriff „… einzusehen“ erweitertes Herausgaberecht des Betriebsrats/Betriebsausschusses geschlossen werden. Zwar könne man ggf. daraus schließen, es sei ein umfassendes Kontrollrecht eingeräumt, das der Betriebsrat nur effektiv wahrnehmen könne, wenn ihm die Listen vollständig übergeben oder in sonstiger Weise überlassen wurden. Andererseits spreche der Gesetzeswortlaut mit „einzusehen“ für ein bloßes Einblicksrecht in die Listen, unabhängig von der Bedeutung des Begriffes „auszuwerten“. Nach dem systematischen Aufbau, „einzusehen“ erscheine vor „auszuwerten“, spreche dies weiter dafür, dass eine Auswertung nach erfolgter Einsichtnahme als möglich angesehen worden sei und so vom Gesetzgeber eingeräumt habe werden sollen. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Dort sei ausdrücklich ausgeführt, eine *Überlassung sei nicht verlangt. Aus dem Zweck des § 13 Abs.- 2 Satz 1 EntgTranspG folge ebenso nur ein Einblicksrecht. Die Kenntnisverschaffung über die Vergütung der einzelnen Arbeitnehmer berühre regelmäßig deren Rechtssphäre, wobei der Betriebsrat aber ohne Kenntnis dieser Daten seine gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nicht erfüllen könne. Dieses Spannungsfeld habe der Gesetzgeber mit einem bloßen Informationsrecht des Betriebsrats/Betriebsausschusses gelöst. Auch § 12 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG zeige, dass der Gesetzgeber kein umfassendes Kontrollrecht des Betriebsrats/Betriebsausschusses habe einräumen wollen. Auch könnten die vom Betriebsrat geltend gemachten Ansprüche nicht aus § 13 Abs. 3 EntgTranspG, § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, angesichts des eindeutigen und unmissverständlichen Wortlauts letzterer Norm, abgeleitet werden.
12
Gegen diese ihm am 25. März 2019 zugestellte Entscheidung hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 3. Apr. 2019, der am selben Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangen war, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom Montag, dem 27. Mai 2019, der am selben Tag per Telefax eingegangen war, begründet. Der Begründungsschriftsatz ist mit mehreren Strichen, beginnend mit einem Abstrich und nachfolgenden 7 Auf- und Abstrichen, teils unterschiedlich weit voneinander entfernt, nach den beiden ersten Auf- und Abstrichen etwas kürzer in der Höhe, dann wieder höher werdend, die letzten beiden Abstriche weiter nach unten gezogen, ausweislich des maschinenschriftlichen Eindrucks als Unterschrift von Rechtsanwalt Dr. H. versehen.
13
Er ist der Ansicht, er habe die in allen Tätigkeitsbereichen Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung zu fördern. Dies habe auch der Gesetzgeber auch mit § 13 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG klargestellt, wie es sich auch aus dem AGG ergebe. Das Argument der Arbeitgeberin, der Gesetzgeber habe mit dem EntgTranspG seine Aufgaben nicht ausweiten wollen, trage nicht. § 13 Abs. 1 Satz 1 EntgTranspG nehme auf eine bereits bestehende Betriebsratsaufgabe Bezug.
14
Neben dem anlassunabhängigen Einblicksrecht müsse er danach die Entgeltunterlagen auch auswerten. Aus der Gesetzesbegründung werde deutlich, dass eine elektronische Auswertung ausreichen könne. Wenn der Gesetzgeber eine Überlassung der Listen in physischer Form nicht verlange, andererseits eine Auswertung der Listen in elektronischer Form erfolgen können, setze dies die Bereitstellung einer elektronischen Datei voraus. Angesichts der 4.500 Beschäftigten könne eine andere Auswertung und die Ermittlung des Medianlohnes nicht erfolgen.
15
Der aufgabenbezogene Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. BetrVG werde durch das anlassunabhängige Einblicksrecht nach § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BetrVG nicht verdrängt. Dieser bestehe zur Durchführung seiner Aufgaben, u.a. auch zur Überwachung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und damit erst Recht nach dem EntgTranspG. Die Form der Unterrichtung sei im Gesetz nicht festgeschrieben. Der Gesetzgeber gehe allerdings von einer technischen Auswertung aus. Textform sei insoweit ausreichend. Die hilfsweise geltend gemachte Schriftform sei allerdings weniger geeignet.
16
Schon vor Inkrafttreten des EntgTranspG sei er zur Datenauswertung berechtigt gewesen, nunmehr sei er im Bereich der Entgeltgerechtigkeit dazu verpflichtet. Das Arbeitsgericht setze den Unterrichtungsanspruch aber hinter sein Einblicksrecht zurück, wenn lediglich Einblick in die Entgeltlisten gewährt werde. Im EntgTranspG sei vielmehr die Aufgabe des Betriebsrats, Auskunftsverlangen zu behandeln, neu. Zudem regele das Gesetz eine Aufgabe des Betriebsrats, während in § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nur der Betriebsausschuss ein Einblicksrecht besitze. Dem Arbeitsgericht sei nicht zu folgen, dass es sich beim Einblicksrecht um die speziellere Vorschrift bezüglich des Unterrichtungsanspruches handle. Vielmehr könnten beide Ansprüche nebeneinander bestehen. Der Unterrichtungsanspruch sei auch teleologisch nicht zu reduzieren.
17
Er beantragt zuletzt:
I. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München - Kammer Ingolstadt vom 06.03.2019, Az.: 10 BV 22/18, wird abgeändert.
II. Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 2 aus den Filialen und dem rückwärtigen Dienst, sowie der Beteiligten zu 3 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 3 im Lager Eching - wird aufgegeben, dem Beteiligte zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - eine Datei in einem auswertbaren Tabellenformat mit den Bruttoentgelten aller betriebsangehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten - hilfsweise zum Zweck der Auswertung in Bezug auf die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb, sowie zum Zwecke der Ermittlung des Standes der Entgeltgleichheit und zur Ermittlung, ob sich betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben des Betriebsrats aus dem Prüfergebnis ableiten - zuzuleiten, die das Geschlecht, die Tätigkeit die Eingruppierung und die jeweilige vertraglich geschuldete durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der nicht leitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs benennt und aufgeschlüsselt alle Entgeltbestandteile einschließlich übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt werden, enthält.
Hilfsantrag zu I: Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag (Antrag II):
Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 2 - wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - für alle in den Filialen und dem rückwärtigen Dienst eingesetzten betriebsangehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten, eine Datei in einem auswertbaren Tabellenformat, die
1.
das Geschlecht,
2.
die Tätigkeit,
3.
die Eingruppierung,
4.
die jeweilige vertraglich geschuldete durchschnittliche wö chentliche Arbeitszeit,
5.
im Falle einer Eingruppierung die Eingruppierung, im Falle einer außertariflichen Zuordnung, die Angabe „AT“,
6.
im Falle der Zuordnung zur Gruppe „AT“, die Höhe der monatlichen Grundbezüge,
7.
im Falle einer Zahlung und Zuordnung zur Gruppe „AT“, die Höhe des kalenderjährlichen Urlaubsgeldes,
8.
im Falle einer Zahlung und Zuordnung zu der Gruppe „AT“, die Höhe der kalenderjährlichen Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld),
9.
Im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen freiwilligen Zulage,
10.
im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen übertariflichen Zulage,
11.
im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen Mehrarbeitspauschale,
12.
im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen Leistungszulage unter Anhabe des Zwecks der Zahlung,
13.
im Falle einer Zahlung, die Höhe des monatlichen Fahrtkostenzuschusses,
14.
im Falle einer Zahlung die Höhe des Vertretungsgeldes für sog. Schließdienste unter Angabe der Art. Des Vertretungsgeldes „V1“ oder „V2“ sowie,
15.
im Falle einer Zahlung, die Höhe des monatlichen Arbeitgeberbeitrags zur Vermögensbildung,
16.
im Falle einer Zahlung, die Höhe des monatlichen Arbeitgeberbeitrags zur Betriebsrente,
17.
im Falle einer Zahlung weiterer von den Ziffern 5 bis 17 nicht erfassten Beträge unter Angabe des Bezugszeitraums enthält, zum Zweck der Auswertung in Bezug auf die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb, sowie zum Zwecke der Ermittlung des Standes der Entgeltgleichheit und zur Ermittlung, ob sich betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben des Betriebsrats aus den Prüfergebnissen ableiten, zuzuleiten.
Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 3 - wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - für alle in dem Lager eingesetzten betriebsangehörigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten, eine Datei in einem auswertbaren Tabellenformat, die
1.
das Geschlecht,
2.
die Tätigkeit,
3.
die Eingruppierung,
4.
die jeweilige vertraglich geschuldete durchschnittliche wö chentliche Arbeitszeit,
5.
im Falle einer Eingruppierung die Eingruppierung, im Falle einer außertariflichen Zuordnung, die Angabe „AT“,
6.
im Falle der Zuordnung zur Gruppe „AT“, die Höhe der monatlichen Grundbezüge,
7.
im Falle einer Zahlung und Zuordnung zur Gruppe „AT“, die Höhe des kalenderjährlichen Urlaubsgeldes,
8.
im Falle einer Zahlung und Zuordnung zu der Gruppe „AT“, die Höhe der kalenderjährlichen Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld),
9.
Im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen freiwilligen Zulage,
10.
im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen übertariflichen Zulage,
11.
im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen Mehrarbeitspauschale,
12.
im Falle einer Zahlung, die Höhe der monatlichen Leistungszulage unter Anhabe des Zwecks der Zahlung,
13.
im Falle einer Zahlung, die Höhe des monatlichen Fahrtkostenzuschusses,
14.
im Falle einer Zahlung die Höhe des Vertretungsgeldes für sog. Schließdienste unter Angabe der Art. Des Vertretungsgeldes „V1“ oder „V2“ sowie,
15.
im Falle einer Zahlung, die Höhe des monatlichen Arbeitgeberbeitrags zur Vermögensbildung,
16.
im Falle einer Zahlung, die Höhe des monatlichen Arbeitgeberbeitrags zur Betriebsrente,
17.
im Falle einer Zahlung weiterer von den Ziffern 5 bis 17 nicht erfassten Beträge unter Angabe des Bezugszeitraums enthält, zum Zweck der Auswertung in Bezug auf die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb, sowie zum Zwecke der Ermittlung des Standes der Entgeltgleichheit und zur Ermittlung, ob sich betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben des Betriebsrats aus den Prüfergebnissen ableiten, zuzuleiten.
Hilfsantrag zu II: Hilfsweise für den Fall des Unterliegens auch im Hilfsantrag zu I:
Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 2 aus den Filialen und dem rückwärtigen Dienst, sowie der Beteiligten zu 3 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 3 im Lager E. - wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - einen Personal Computer (PC) einschließlich Tastatur und Monitor zu überlassen, auf dem neben dem Betriebssystem die im Hauptantrag bezeichnete Datei - hilfsweise die im Hilfsantrag zu I bezeichneten Dateien - zu diesem Zwecke in gedruckter Papierform zu übergeben, die geeignet ist, den Inhalt der Liste mittels elektronischer Zeichenerkennung (OCR) in elektronisches Format umzuwandeln.
Hilfsantrag zu III: Hilfsweise für den Fall des Unterliegens auch im Hilfsantrag zu II:
Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 2 aus den Filialen und dem rückwärtigen Dienst, sowie der Beteiligten zu 3 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 3 im Lager E. - wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - einen Personal Computer einschließlich Tastatur und Monitor zu überlassen, auf dem neben dem Betriebssystem die im Hauptantrag bezeichnete Datei - hilfsweise die im Hilfsantrag zu I bezeichneten Daten - gespeichert ist - hilfsweise sind - und auf dem ein zur Auswertung der Datei - hilfsweise der Dateien - geeignetes Auswertungsprogramm gespeichert ist und der keine Schnittstellen oder Netzverbindungen aufweist.
Hilfsantrag zu IV: Hilfsweise für den Fall des Unterliegens auch mit Hilfsantrag zu III:
Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 2 aus den Filialen und dem rückwärtigen Dienst, sowie der Beteiligten zu 3 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 3 im Lager E. - wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - einen Personal Computer (PC) einschließlich Tastatur und Monitor in einem Raum der Personalverwaltung im Raum der Beteiligten zu 2 und 3 in der A-Straße in A-Stadt - hilfsweise in den Räumen der Beteiligten zu 2 und 3 in der C-Straße in C-Stadt - zur ungestörten Nutzung nach vorheriger Anmeldung zugänglich zu machen, auf dem neben dem Betriebssystem die im Hauptantrag bezeichnete Datei - hilfsweise die im Hilfsantrag zu I bezeichneten Dateien - gespeichert ist und auf dem ein zur Auswertung dieser Daten geeignetes Auswertungsprogramm gespeichert ist und der keine Schnittstellen oder Netzverbindungen aufweist.
Hilfsantrag zu V: Hilfsweise für den Fall des Unterliegens auch im Hilfsantrag zu IV:
Den Beteiligten zu 2 und 3 - hilfsweise der Beteiligten zu 2 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 2 aus den Filialen und dem rückwärtigen Dienst, sowie der Beteiligten zu 3 in Bezug auf die Beschäftigten der Beteiligten zu 3 im Lager E. - wird aufgegeben, dem Beteiligten zu 1 - hilfsweise dem Betriebsausschuss des Beteiligten zu 1 - Einsicht in die im Hauptantrag genannten Listen zu gewähren und für diese Einsicht zusätzliches geeignetes Büropersonal zum Abschreiben der Listen zur Verfügung zu stellen.
18
Die Arbeitgeberinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
19
Sie ist der Ansicht, weder aus dem BetrVG noch aus dem EntgTranspG ergebe sich eine Verpflichtung, dem Betriebsrat die Bruttoentgeltdaten zur weiteren Verwendung zu überlassen. So spreche aus § 13 Abs. 2 EntgTranspG von „einsehen und auswerten“. In der Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass hiervon gerade keine Überlassung der Listen erfasst sei. Mithin könne die Auswertung allein im Zusammenhang mit dem Einblicksrecht durchgeführt werden.
20
Der Betriebsrat könne sein Verlangen auch nicht auf den allgemeinen Unterrichtungsanspruch stützen. § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG und § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG stellten spezielle Normen dar. Doch selbst bei Annahme eines daneben bestehenden Unterrichtungsrechts seien dessen Voraussetzungen nicht dargetan.
21
Eine Unterrichtung in Textform sei wegen fehlender Komplexität der Aufgabe nicht erforderlich. Vielmehr könne die Aufgabe durch händische Auswertung im Rahmen des Einblicksrechts erfolgen.
22
Im Termin vom 17. Dez. 2019 hat der Vorsitzende auf Bedenken gegen die Unterschrift unter der Beschwerdebegründung (Bl. 159 d. A.) hingewiesen. Diese lasse keinen Buchstaben auch nur näherungsweise erkennen, weswegen nicht zu entnehmen sei, dass diese mit dem Ziel, seinen Namen zu schreiben, angebracht worden sei. Der Vertreter des Betriebsrats hat entgegnet, dies sei die ständige Unterschrift von Rechtsanwalt Dr. H.; vorsorglich hat er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Die Arbeitgeberinnen haben sich zur Unterschrift nicht geäußert.
23
Wegen des Sachvortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 10. Aug. 2018 (Bl. 1 ff. d. A.), vom 6. Feb. 2019 (Bl. 56 ff. d. A.), vom 18. Feb. 2019 (Bl 64 ff. d. A.), vom 4. März 2019 (Bl. 82 f. d. A.), vom 3. Apr. 2019 (Bl. 108 ff. d. A.), vom 27. Mai 2019 (143 ff. d. A.) und vom 11. Dez. 2019 (Bl. 223 ff. d. A.), der Arbeitgeberinnen vom 6. Dez. 2018 (Bl. 39 ff. d. A.), vom 5. Feb. 2018 (Bl. 46 ff. d. A.), vom 27. Feb. 2019 (Bl. 74 ff. d. A.) und vom 27. Juni 2019 (Bl. 164 ff. d. A.) - jeweils mit evtl. Anlagen - sowie auf die Anhörungsprotokolle vom 26. Sept. 2018 (Bl. 28 f. d. A.), vom 6. März 2019 (Bl. 80 f. d. A.) und vom 17. Dez. 2019 (Bl. 217 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
24
Die statthafte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
25
1. Die Beschwerde ist zulässig.
26
a. Sie ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).
27
b. Zwar bestehen gegen die Unterschrift unter der Beschwerdebegründung erhebliche Bedenken. Dieser ist nicht zu entnehmen, dass der Wille, seinen Namen zu schreiben dahintergestanden hatte. Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen. Jedenfalls ist dem Betriebsrat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ff. ZPO) zu gewähren. Von den Arbeitgeberinnen wurde der Vortrag des im Termin vom 17. Dez. 2019 anwesenden Betriebsratsvertreters, es handle sich um die übliche und seit Jahren so verwendete Unterschrift von Rechtsanwalt Dr. H., nicht bestritten. Er hatte daher im Vorfeld nicht davon ausgehen müssen, dass die Art der Unterzeichnung nunmehr bestritten werde, weswegen er bei Aufbieten der erforderlichen Sorgfalt ohne sein Verschulden außer Stande gewesen war, eine ordnungsgemäß unterschriebene Beschwerdebegründung einzureichen.
28
2. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
29
Das Arbeitsgericht hat die Anträge zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Auch die nunmehr modifizierten Anträge haben keinen Erfolg. Denn der Betriebsrat kann weder die (unbeschränkte) Zur-Verfügung-Stellung der Bruttolohnlisten in elektronischer Form - an sich oder den Betriebsausschuss - verlangen, noch kann er deren Aushändigung - an sich oder an den Betriebsausschuss - in Papierform verlangen, ungeachtet des weiteren Zieles, diese abzuschreiben.
30
a. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Bruttolohnlisten - bestünde denn ein Aushändigungsanspruch - an den Betriebsrat oder nur an den Betriebsausschuss (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BetrVG) auszuhändigen wären. Denn es besteht (vgl. nachfolgend b) jedenfalls kein Anspruch auf Aushändigung der Listen.
31
b. Ein Anspruch auf Aushändigung der Bruttolohnlisten folgt nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG bzw. aus § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG. Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BetrVG sind dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Halbs. 2 dieser Regelung berechtigt den Betriebsausschuss oder einen nach § 28 BetrVG gebildeter Ausschuss, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen.
32
Auch die nunmehr dem Betriebsrat zugewiesenen Aufgaben, insbesondere § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG ändern, entgegen der Annahme des Betriebsrats, nichts an diesem Verständnis. Die Auslegung der genannten Vorschriften führt zu keinem anderen Ergebnis.
33
aa. Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der jeweiligen Gesetzesnorm und dem Sinnzusammenhang ergibt. Der objektive Willen des Gesetzgebers wird nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung, dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, erschlossen, wobei sich die einzelnen Kriterien nicht gegenseitig ausschließen, sondern ergänzen. Der Wortlaut gibt nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine Indizwirkung zu (vgl. BVerfG v. 19. 3. 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11, NJW 2013, 1058; BAG v. 21. 12. 2016 - 5 AZR 374/16, NZA 2017, 378; LAG Düsseldorf v. 23. 10. 2018 - 8 TaBV 42/18, ZTR 2019, 188. Rz. 35 [juris]).
34
bb. Daraus folgt nicht, dass der Betriebsausschuss/Betriebsrat wegen nunmehr veränderter Aufgaben eine Aushändigung der Bruttolohn- und -gehaltslisten verlangen könnte.
35
(1) Der Wortlaut des Gesetzes, auch des EntgTranspG´es, regelt an keiner Stelle einen Anspruch auf Aushändigung der Bruttolohn- oder -gehaltslisten. Aus dem Wortlaut kann eine solche Folge nicht abgleitet werden.
36
(2) Aber auch aus dem Gesamtzusammenhang der Normen, aus den dem Betriebsrat zugewiesenen Aufgaben und den dafür erforderlichen Mitteln zu Aufgabenerfüllung, folgt nichts anderes. Der Umstand, dass dem Betriebsrat gegenüber die Aufgabenzuweisung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG, § 13 Abs. 1 EntgTranspG erfolgt war, während das Einsichtsrecht allein dem Betriebsausschuss zusteht (§ 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs BetrVG; § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG), führt zu keinem Aushändigungsanspruch.
37
(a) Die Einschränkung der Einsichtsberechtigung auf einen kleineren Personenkreis rührt daher, dass eine möglichst geringe Zahl von Personen mit den relativ sensiblen Entgeltdaten in Kontakt kommen soll. Demzufolge erweist das Einblicksrecht nach Halbsatz 2 als die speziellere Regelung, die die Vorschrift des Halbsatzes 1 für den Bereich der Löhne und Gehälter verdrängt (BAG v. 30. 9. 2008 - 1 ABR 54/07, NZA 2009, 502, unter B II 1 a der Gründe; BAG v. 10. 10. 2006 - 1 ABR 68/05, NZA 2007, 99 unter B II 1 c aa der Gründe; LAG Berlin-Brandenburg v. 1. 8. 2019 - 5 TaBV 313/19, NZA-RR 2019, 657 Rz. 20).
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(b) Weder § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG noch eine andere Norm des EntgTranspG´es gewähren dem Betriebsrat/Betriebsausschuss einen weitergehenden Anspruch auf Aushändigung der Listen in elektronischer oder in Papierform. Die Norm bestimmt, der Betriebsausschuss habe das Recht, die Listen über Bruttolöhne und -gehälter „einzusehen und auszuwerten“. Eine Aushändigung ist gerade nicht, an keiner Stelle des EntgTranspG´es, vorgesehen. Die Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 3 EntgTranspG nimmt ausdrücklich darauf Bezug, dass „eine Überlassung der Entgeltlisten in physischer Form an den Betriebsausschuss“ nicht verlangt ist; dessen Mitglieder müssten „jedoch Einblick erhalten und sich Notizen machen können“ (BT-Drs. 18/11133, S. 63).
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(c) Ein Aushändigungsanspruch kann aber auch nicht aus dem Unionsrecht (etwa Art. 4 Abs. 3 RL 2002/14/EG und Art. 27 GRC) abgeleitet werden (LAG Berlin-Brandenburg v. 1. 8. 2019, a.a.O. Rz. 22). So steht das Einblicksrecht des § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BetrVG einer rechtzeitigen Unterrichtung und angemessenen Prüfung im Rahmen der Aufgaben des Betriebsrates nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 a BetrVG und nach den § 14, § 15 EntgTranspG nicht entgegen. Mangels einer zeitlichen Begrenzung kann es sich ggf. auf mehrere Einsichts-)Termine erstrecken. Die notwendigen Feststellungen zur Durchführung der genannten Aufgaben des Betriebsrates müssen zudem nicht (nur) „unter Aufsicht“ des Arbeitgebers getroffen werden. Zwar bestimmt der Arbeitgeber den Ort und das Medium (Papier, elektronische Vorlage) der Einblicknahme. Dies schließt jedoch keine arbeitgeberunabhängige Prüfung der Listen aus. Erforderliche Auswertungen und Berechnungen von Durchschnittwerten oder eines Medians können auch unter diesen Umständen vor Ort angemessen vollzogen werden. Die Verwendung elektronischer Hilfsmittel (Taschenrechner, Laptop mit einem Berechnungsprogramm etc.) ist nicht ausgeschlossen (bereits LAG Berlin-Brandenburg v. 1. 8. 2019, a.a.O. Rz. 22).
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(3) Schließlich bedingt auch die Formulierung „einzusehen und auszuwerten“ in § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG nicht zu physische Überlassung der Lohnlisten.
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So erfordert der Wortlaut „einzusehen und auszuwerten“ nicht notwendig eine Verfügungsgewalt über eine zu prüfende Unterlage. Auch aus bloß zu sichtenden Quellen lassen sich Informationen herauslesen (LAG Berlin-Brandenburg v. 1. 8. 2019, a.a.O., Rz. 21; LAG Düsseldorf v. 23. 10. 2018, a.a.O. Rz. 39 [juris]). Bei Betrachtung auch der neu geschaffenen Auskunftsverpflichtung des Betriebsrates nach § 14, § 15 EntgTranspG deutet die Verwendung des Wortes „auswerten“ darauf hin, der Betriebsausschuss müsse entweder selbst zur Erfüllung der Aufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 a BetrVG, § 14, § 15 EntgTranspG in die Lage versetzt werden, den Entgeltlisten in einem Akt selbständiger Erkenntnis Informationen über die entgeltmäßige Gleichstellung von Männern und Frauen sowie die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebotes des EntgTranspG entnehmen zu können oder zumindest in die Lage versetzt werden, dem Betriebsrat eine entsprechenden Aufgabenerfüllung ermöglichen. Entsprechend verlangt § 13 Abs. 3 Satz 3 EntgTranspG, worauf auch die Gesetzesbegründung hinweist (BT-Drs. 18/11133, S. 63), dass der Arbeitgeber die Entgeltlisten nach dieser Vorschrift so aufzubereiten hat, dass der Betriebsausschuss dem Betriebsrat die Erfüllung der Aufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 a BetrVG, § 14, § 15 EntgTranspG ermöglichen kann, ohne dass eine Aushändigung der Entgeltlisten erfolgen müsste.
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Nach allgemeinen Sprachgebrauch ist unter „auswerten“ nach dem Duden (www.Duden.de, Stand 8. Jan. 2020“) u.a. zu verstehen:
„aufbereiten, …, ausnutzen, ausschöpfen, benutzen, durcharbeiten, erschließen, …, Gebrauch machen von, heranziehen, nutzen, Nutzen/Vorteil ziehen, …, profitieren, …, verarbeiten, verwenden, verwerten; (umgangssprachlich) ausschlachten“.
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Eine Auswertung im hier verstandenen Sinne kann nur, wie auch das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 23. 10. 2018, a.a.O., Rz. 39 [juris]) erkennt, als „sich nutzbar machen“ oder „auswerten“ bzw. „verwerten“ zu verstehen. Eine solche Auswertung setzt keine (auch zeitlich) unbeschränkte Verfügungsgewalt über die zu prüfende Unterlage voraus. Der Betriebsrat/Betriebsausschuss soll lediglich aus zu sichtenden Quellen Informationen herauslesen. Andernfalls beschränkte sich das Einsichtsrecht aus § 80 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. BetrVG auf einen reinen Selbstzweck, wenn sich der Betriebsausschuss/Betriebsrat keinen Erkenntnisgewinn verschaffen könnte (so bereits LAG Düsseldorf v. 23. 10. 2018, a.a.O., Rz. 39 [juris]).
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(4) Schließlich spricht auch die Gesetzgebungsgeschichte gegen einen Übergabeanspruch des Betriebsrats/Betriebsausschusses hinsichtlich der Bruttoentgeltlisten. Dem Gesetzgeber war diese seit 1976 bestehende ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BAG v. 15. 6. 1976 - 1 ABR 116/74, AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 9) bekannt. Dennoch hat er mit Inkrafttreten des § 80 Abs. 1 Nr. 2 a BetrVG im Jahr 2001 die bereits vorher geltende Norm des § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BetrVG nicht im Sinne eines Rechts auf Aushändigung der Listen abgeändert.
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cc. Der Betriebsrat/Betriebsauschuss kann bereits seit Inkrafttreten des § 13 Abs. 3 Satz 3 EntgTranspG zur Erfüllung seiner Auskunftsverpflichtung eine dienliche Aufbereitung der Entgeltlisten verlangen. Dies kann ggf. so weit gehen, dass im Einzelfall, etwa bei sehr umfangreichen Zahlenmaterial, die Vorlageverpflichtung auch die Pflicht des Arbeitgebers einschließt, den Median für bestimmte Vergleichstätigkeiten bereits in die Entgeltlisten mit aufzunehmen. Allerdings muss der Betriebsrat dann auch noch in der Lage sein, den arbeitgeberseits errechneten Median zu überprüfen.
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Auch wird Unionsrecht ggf. bei der Erfüllung des Anspruchs aus § 13 Abs. 3 Satz 3 EntgTranspG zu berücksichtigen sein. Dieses zwingt aber nicht zu einer dem Wortlaut der § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BetrVG, § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG widersprechenden Auslegung dahingehend, der Betriebsausschuss/Betriebsrat könne die Aushändigung der Listen über die Bruttolöhne und -gehälter verlangen.
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c. Nach dem Vorstehenden kann weder der Betriebsrat noch - hilfsweise - der Betriebsausschuss, was letztlich offen bleiben kann (vgl. oben II 2 a), die Vorlage der Dateien in einer in den unterschiedlichen (Hilfs-)Anträgen begehrten Form verlangen.
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aa. Die Überlassung einer elektronischen und zur Auswertung geeigneten Datei, beinhaltend die Bruttolohn- und -gehaltslisten der bei den Arbeitgeberinnen beschäftigten Mitarbeiter, kann nicht verlangt werden, allenfalls die Einsicht in eine solche Datei. Allerdings bestimmen die Arbeitgeberinnen auch die Art der einzusehenden Listen (Papierlisten oder elektronische Datei).
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Der Antrag ist auch nicht anteilig zuzusprechen, dass die Arbeitgeberinnen ihn in Listen Einsicht nehmen lassen, welche „das Geschlecht, die Tätigkeit die Eingruppierung und die jeweilige vertraglich geschuldete durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der nicht leitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs benennen und aufgeschlüsselt alle Entgeltbestandteile einschließlich übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt werden, enthalten. Dieser Zusatz stellt nach dem Verständnis der Kammer kein minus gegenüber dem angebrachten Antrag dar, sondern soll allein die inhaltliche Ausgestaltung der zur Vorlage begehrten Listen umschreiben.
50
bb. Auch Hilfsantrag I, über den nach Erfolglosigkeit des Hauptantrages zu entscheiden ist, ist unbegründet. Die Zur-Verfügung-Stellung der Listen kann ebenso nicht in einem auswertbaren Tabellenformat verlangt werden. Auch darin läge ein nicht zu verlangendes Übergeben der Listen. Es kann dabei offen bleiben, ob sich ein derartiger Anspruch gegen beide Arbeitgeberinnen oder nur gegen eine der beiden richtet, da der Anspruch bereits nicht besteht. Zudem: Die Frage der Art der einzusehenden Listen bestimmt der Arbeitgeber.
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cc. Der damit zu entscheidende Hilfsantrag II hat in gleicher Weise keinen Erfolg.
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(1) Eine Übergabe der Listen an den Betriebsrat/Betriebsausschuss scheidet mangels eines Übergabeanspruches ebenso aus. Betriebsrat oder Betriebsausschuss können weder die Übergabe, geschweige denn die Übergabe der Listen in einer bestimmten Form - hier in einer Papierform, die geeignet ist, ihren Inhalt in ein elektronisches Format umzuwandeln - verlangen. Die Art des lediglich einzusehenden Dokuments bestimmt der Arbeitgeber.
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(2) Einsichtnahme bedeutet gerade nicht die Kopie oder das vollständige Abschreiben zum dauerhaften Verbleib der Kopie/Abschrift beim Betriebsrat (vgl. nur Fitting, BetrVG 29 Aufl., § 80 Rz. 76). Nichts anderes bedeutete aber das Einscannen der vorgelegten Papierdokumente durch den Betriebsrat. Damit verblieben die elektronischen Abschriften der Bruttolohn- und -gehaltslisten, wenn auch vielleicht nicht in der äußeren Form der Papierdokumente, jedenfalls aber vollinhaltlich beim Betriebsausschuss/Betriebsrat. Dies widerspräche der Intention der Beschränkung des Einblicksrechts in § 80 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs BetrVG, aber auch des lediglich eingeräumten Einblicksrecht in § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG. Die erforderliche Auswertung hinsichtlich der Bestimmung des Median erfordert keine weitergehenden Aufzeichnungsmöglichkeiten (Kania, NZA 2017, 819; Heupl/Mayr, NZA 2018, 545, 547; Lelley/Bruck/Yildiz; BB 2018, 2164, 2169; anders ErfK/Schlachter, 20. Aufl., § 13 EntgTranspG Rz. 3). Allenfalls kann der Betriebsrat begehren, die im zur Einsicht vorzulegenden Listen so aufzubereiten, dass er seiner Aufgabe sachgerecht durch bloße Einblicknahme und ohne vollständige Aufzeichnung nachkommen kann (HWK/Thies, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl. § 13 EntgTranspG Rz. 2).
54
dd. Auch der damit zur Entscheidung stehende Hilfsantrag III ist unbegründet.
55
Die damit begehrte Überlassung eines PC mit Tastatur und Monitor und ohne Schnittstellen oder Netzverbindungen, auf dem die Bruttolohnlisten gespeichert sind, kann der Betriebsrat/Betriebsausschuss nicht verlangen, da darin eine nicht zu begehrende Übergabe der Listen läge.
56
ee. Der somit zur Entscheidung stehende Hilfsantrag IV hat in der Sache ebenso keinen Erfolg.
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Dabei kann hier dahinstehen, ob ein dauerhafter Verbleib des PC mit Zubehör beim Betriebsrat begehrt wird, wogegen die vorherige Anmeldung beim Arbeitgeber zur Arbeit am PC spricht. Allerdings spricht gegen den hiermit geltend gemachten Anspruch erneut, dass die Arbeitgeberinnen entscheiden in welcher Weise und Form sie die Listen zur Verfügung stellen. Der Betriebsausschuss/Betriebsrat kann keine elektronische Auswertung der Listen verlangen, sondern allenfalls, dass diese so aufbereitet sind, dass eine sachgerechte Aufgabenerfüllung möglich ist.
58
ff. Schließlich ist der zuletzt angebrachte und zur Entscheidung stehende Hilfsantrag V ebenso unbegründet. Das damit intendierte Abschreiben der zur Einsicht vorzulegenden Papierlisten widerspricht der Intention der nur beschränkten Einblicknahme (vgl. oben II 2 e cc).
59
d. Ein Hinweis auf eine geänderte Antragstellung war nicht veranlasst. Das lediglich bestehende Einblicksrecht - ggf. unter bestimmter Aufbereitung der Listen zur Auswertung - entsprach ersichtlich nicht dem Ziel des Betriebsrats. Eine Antragstellung hinsichtlich einer zeitlich befristeten Beantragung der Listenvorlage ist nicht veranlasst, da das Einsichtsrecht zeitlich nicht beschränkt ist, der Betriebsrat also letztlich selbst bestimmt, wie oft und wie lange er Einblick nehmen möchte.
III.
60
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.