Inhalt

LArbG Nürnberg, Urteil v. 09.10.2019 – 2 Sa 190/19
Titel:

Eingruppierung TVöD: keine wesentliche Heraushebung der Tätigkeit eines Werkstattleiters

Normenketten:
TVöD § 12
TV EntgO § 10, § 12, Teil III Nr. 32
ArbSchG § 13, § 22, § 25
HandwO § 22b, § 45
Leitsatz:
Die Wahrnehmung der Aufgabe als Verantwortliche Elektrofachkraft im Sinne von § 13 ArbSchG führt bei einem Handwerksmeister der Elektrotechnik, der die im Tarifsinne große Werkstatt Elektrotechnik eines Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes leitet (EG 9a Fg 1 EntgO Bund Teil III Nr. 32), nicht zwangsläufig zu einer wesentlichen Heraushebung der Tätigkeit durch Umfang und Bedeutung des Aufgabengebietes und große Selbstständigkeit im Sinne der EG 9b. (Rn. 44 – 59)
Schlagworte:
Arbeitsvorgang, Eingruppierung, Entgeltgruppe, Tätigkeitsmerkmale, wesentliche Heraushebung, verantwortliche Elektrofachkraft, Werkstattleiter, große Werkstatt, Umfang und Bedeutung des Aufgabengebietes, Handwerksmeister
Vorinstanz:
ArbG Würzburg, Endurteil vom 14.02.2019 – 11 Ca 1398/17
Fundstelle:
BeckRS 2019, 37889

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 14.02.2019, Az. 11 Ca 1398/17, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen. 

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers in Entgeltgruppe 9b TV EntGO Bund Anlage 1 Teil III Ziffer 32 geprüfte Meisterinnen und Meister (künftig EG 9, 9a bzw. 9b).
2
Nach seiner Ausbildung zum Energieelektroniker Fachrichtung Betriebstechnik arbeitete der Kläger seit 17.07.1995 als Energieelektroniker im Bauhof des Wasser- und Schifffahrtsamtes A… im Gewerke ... - Elektrotechnik. Am 20.07.2000 legte der Kläger seine Meisterprüfung im Elektroniker-Handwerk erfolgreich ab. Seit 20.03.2001 wurde ihm vertretungsweise die Leitung der Werkstatt xx - Elektrotechnik übertragen.
3
Zum 01.04.2005 wurde er als „verantwortliche Elektrofachkraft“ (VEFK) bestellt (Blatt 65 der Akten). Seit 01.08.2005 ist der Kläger Werkstattleiter der Werkstatt ... - Elektrotechnik. Dem Kläger unterstehen 14 Facharbeiter aus dem Bereich Elektrotechnik.
4
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst des Bundes Anwendung u.a. der TVöD und der TV EntgO Bund. Der Kläger wird nach der EG 9a Stufe 6 TVöD bezahlt.
5
TV EntgO Bund Anlage 1 Teil III Ziffer 32 (geprüfte Meisterinnen und Meister) lautet auszugsweise wie folgt:
32. Geprüfte Meisterinnen und Meister
Vorbemerkung
Entgeltgruppe 9 b Beschäftigte der Entgeltgruppe 9a Fallgruppe 1 oder 2, deren Tätigkeit sich durch den Umfang und die Bedeutung des Aufgabengebietes und große Selbständigkeit wesentlich aus der Entgeltgruppe 9a Fallgruppe 1 oder 2 heraushebt.
Entgeltgruppe 9 a
1. Beschäftigte der Entgeltgruppe 8,
die große Arbeitsstätten (Bereiche, Werkstätten, Abteilungen oder Betriebe) zu beaufsichtigen haben, in denen Handwerkerinnen und Handwerker oder Facharbeiterinnen und Facharbeiter beschäftigt sind.
2. Beschäftigte der Entgeltgruppe 8,
die an einer besonders wichtigen Arbeitsstätte mit einem höheren Maß von Verantwortlichkeit beschäftigt sind Entgeltgruppe 8
Geprüfte Meisterinnen und Meister mit entsprechender Tätigkeit sowie …
6
Für den Dienstposten des Klägers existiert eine Dienstpostenbeschreibung mit Tätigkeitsbeschreibung. Die auf 19.09.2012 datierte Tätigkeitsbeschreibung (Bl. 193 ff. der Akten) war Basis für die Dienstpostenbeschreibung vom 08.10.2012, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Kläger am 08.10.2012 und am 26.05.2015 bestätigte (Bl. 192 und 196 der Akten).
7
Der Kläger ist eingruppiert in EG 9a Fg. 1. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Eingruppierung in die EG 9b Stufe 6 TVöD. Mit Schreiben vom 11.02.2015 hatte der Kläger die Höhergruppierung rückwirkend ab 01.01.2014 von seinem Arbeitgeber gefordert.
8
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie die Antragstellung wird auf den Tatbestand im Urteil des Arbeitsgerichts verwiesen.
9
Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Endurteil vom 14.02.2019, dem Klägervertreter zugestellt am 11.05.2019, ab. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, die in EG 9b geforderte dreifache wesentliche Heraushebung (Umfang und Bedeutung des Aufgabengebietes, große Selbstständigkeit) gegenüber der EG 9a in dem gebotenen zeitlichen Umfang von mindestens der Hälfte der Arbeitsvorgänge zu erfüllen.
10
Mit Schriftsatz vom 27.05.2019, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 29.05.2019, legte der Klägervertreter gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung ein und begründete sie mit Schriftsatz vom 01.07.2019, eingegangen beim Landesarbeitsgericht am 03.07.2019.
11
Der Kläger hält unter weitgehender Wiederholung an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest. Die Tätigkeits- und Dienstpostenbeschreibung sei unzutreffend. Insbesondere sei die Bestellung zur VEFK geeignet, die zur Eingruppierung erforderlichen Merkmale zu erfüllen. Eine Störung in seinem Bereich könne den kompletten Betrieb der Arbeitgeberin zum Erliegen bringen. Er habe als VEFK Fach-, Führungs- und Aufsichtsverantwortung für seinen gesamten Bereich. Er sei für die elektronische Sicherheit allein verantwortlich und unterliege keinen Weisungen der Beklagten in diesem Bereich. Dies betreffe sämtliche Anlagen des Wasser- und Schifffahrtsamtes A… Der Kläger habe in diesem Bereich eine Garantenstellung. Der Kläger übernehme selbst Einsätze an Schleusen und in den Außenbezirken. Er nehme Arbeiten ab und organisiere Geräteprüfungen. Eine Differenzierung zwischen seiner Tätigkeit als Werkstattleiter und der verantwortlichen Elektrofachkraft sei nicht möglich, da sich die Tätigkeiten überschneiden würden. Auch die ihm unterstellten Mitarbeiter würden in Ausübung seiner Tätigkeit als VEFK tätig. Er übernehme zudem elektrotechnische Unterweisungen der Mitarbeiter in den Außenbezirken. Konkret übernehme der Kläger an 152 von 230 Tagen Tätigkeiten als VEFK (s. Übersicht S. 14 des Schriftsatzes vom 01.07.2019, Blatt 309 der Akten). Ihm unterliege das Betreiben, die Inbetriebsetzung, das Betätigen, Bedienen und Instandhalten (Warten, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung) der Anlagen der Beklagten und er sei deshalb Leiter der Instandhaltung Elektrotechnik. Die Bedeutung der Tätigkeit als VEFK ergebe sich insbesondere auch aus den Erlassen vom 24.06.2013 und 24.05.2018 (Blatt 315 der Akten), in denen die Beklagte zwingend festlege, dass jedes Amt für seine Anlagen eine VEFK benötige. Der Leiter des Bauhofs und dessen Stellvertreter seien nicht befähigt, die Fachlichkeit des Klägers zu beurteilen und deshalb nur dessen disziplinarische Vorgesetzte. Im Übrigen ergebe sich die Eingruppierung auch daraus, dass der Kläger nach den Durchführungshinweisen zu § 12 TV EntgO Bund als „sonstiger Beschäftigter“ eine Gruppe tiefer als ein Ingenieur einzugruppieren sei.
12
Der Kläger hat im Berufungsverfahren beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts Würzburg (11 Ca 1398/17) festzustellen, dass der Kläger ab 01.01.2014 nach der EG 9 b Stufe 6 TVöD zu vergüten ist.
13
Die Beklagte hat im Berufungsverfahren folgende Anträge gestellt:
14
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
15
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
16
Die Beklagte bestreitet unter weitgehender Wiederholung und Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, dass die Heraushebungsmerkmale der EG 9b beim Kläger vorliegen würden. Sie ist der Ansicht, der Kläger sei richtigerweise in die EG 9a Fg 1 des Teil III Abschnitt 32 EntgO/Bund eingruppiert. Dies ergebe sich zu allererst aus der Dienstpostenbewertung nebst Tätigkeitsbeschreibung. Daraus sei erkennbar, dass sich im Hinblick auf den Umfang der Tätigkeit des Klägers keine wesentliche Heraushebung zur EG 9a ergebe. Der Kläger habe zwar eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen, sei aber nur für eine von mehreren Werkstätten verantwortlich. Auch beschäftige er keine Facharbeiter unterschiedlicher Fachrichtungen. Seine Aufgaben beträfen im Wesentlichen nur den ihm unterstellten Bereich der Elektrotechnik. Auch eine wesentliche Bedeutung seines Aufgabengebietes sei nicht zu erkennen. Zwar lägen bei der Tätigkeit des Klägers Auswirkungen auf Dritte und innerdienstliche Bereiche durchaus vor. Diese Bedeutung sei aber durch das dem Kläger zuerkannte Merkmal der großen Arbeitsstätte bereits verbraucht. Durch die Eingruppierung in die EG 9a Fg 1 sei die Heraushebung seiner Arbeitsstätte von der Normalbedeutung eines Meisters im Eingangsamt bereits erfasst. Schließlich läge auch keine große Selbständigkeit des Klägers bei seiner Tätigkeit vor, da die Bauhofleitung für die Entscheidungen letztverantwortlich sei. Die Eingruppierung in die Lohngruppe 9a basiere auf der Werkstattleitertätigkeit und nicht auf der Tätigkeit als VEFK. Die VEFK müsse nicht zwingend eine Leitungsfunktion ausüben. Daher käme der Aufstieg in die EG 9b nur über die Tätigkeit des Werkstattleiters in Frage. Die VEFK habe in dieser Position weder eine große Arbeitsstätte noch Aufsicht über andere Facharbeiter. Die Position des Werkstattleiters und der VEFK könne auch von zwei unterschiedlichen Personen ausgeübt werden. Der Kläger habe Aufgaben durch die Werkstatt geplant und ausgeführt und diese dann in seiner Eigenschaft als VEFK abgenommen. Der Zeitbedarf für die Tätigkeit als Werkstattleiter im Verhältnis zur VEFK sei mit 70/30 oder 80/20 zu veranschlagen. Die Unterweisung der Mitarbeiter erfolge ganz überwiegend in der Funktion als Werkstattleiter, ebenso der Umbau der Wehranlagensteuerung und Umrüstung auf Fernsteuerung, etc. Hinzu komme, dass dem Werkstattleiter schriftlich diverse Unternehmerpflichten übertragen wurden, aus denen sich ebenfalls Unterrichtungspflichten gegenüber den Mitarbeitern ergäben. Da sowohl der Bauhofleiter als auch dessen Stellvertreter Ingenieure seien (Maschinenbauingenieur bzw. Elektroingenieur), seien sie befähigt, die Fachlichkeit des Klägers zu beurteilen. Nicht nachvollziehbar sei, warum der Kläger auf Grund der Durchführungshinweise eine Gruppe tiefer als ein Ingenieur eingruppiert sein soll.
17
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 01.07.2019 (Blatt 296 - 318 der Akten) und vom 21.09.2019 (Blatt 334 - 335 der Akten) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 01.08.2019 (Blatt 328 - 333 der Akten) und vom 01.10.2019 (Blatt 336 - 337 der Akten) verwiesen.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf nach der EG 9b TVöD vergütet zu werden.
A.
19
Die Berufung ist zulässig.
20
Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
B.
21
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat nicht dargetan, dass er alle tariflichen Voraussetzungen für eine Vergütung nach EG 9b TVöD erfüllt.
I.
22
Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig. Dies ist die in Eingruppierungsstreitigkeiten im Öffentlichen Dienst übliche Klageart. Es steht nicht zu erwarten, dass die Beklagte nach einem stattgebenden Feststellungsbegehren die Vergütungsdifferenz nicht zur Auszahlung bringen würde.
II.
23
Die Klage ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis richtig herausgearbeitet, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass seine gesamte auszuübende Tätigkeit iSd. § 12 Abs. 2 Satz 2 TVöD/Bund den dort von der EG 9b Teil III Abschnitt 32 EntGO/Bund geforderten Anforderungen entspricht. Ebenso wenig folgt eine entsprechende Eingruppierung aus § 12 TV EntgO Bund.
24
1. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich unstreitig - sei es kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit oder kraft vertraglicher Vereinbarung - gemäß § 24 Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund) nach dem TVöD/Bund und der hierzu mit Wirkung ab 1. Januar 2014 vereinbarten Entgeltordnung Bund.
25
§ 12 Abs. 2 TVöD Bund regelt zur Eingruppierung unter anderem Folgendes:
26
Die/Der Beschäftigte ist in der EG eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer EG, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser EG erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in Satz 2 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.
27
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Satz 2 oder 4 abweichendes zeitliches Maß bestimmt, gilt dieses. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person der/des Beschäftigten bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.
Protokollerklärungen zu Abs. 2:
28
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der/des Beschäftigten, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, eines Widerspruchs oder eines Antrags, Betreuung bzw. Pflege einer Person oder Personengruppe, Fertigung einer Bauzeichnung, Erstellung eines EKG, Durchführung einer Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeit). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
29
Eine Anforderung im Sinne der Sätze 2 und 3 ist auch das in einem Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren Entgeltgruppe
30
2. Bei der Prüfung ist von dem von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Dabei handelt es sich um eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten. Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis maßgebend. Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Einzeltätigkeiten können jedoch dann nicht zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vorneherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Dafür reicht die theoretische Möglichkeit nicht aus, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte übertragen zu können, solange sie nach der tatsächlichen Arbeitsorganisation des Arbeitgebers als einheitliche Arbeitsaufgabe einer Person real übertragen sind. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist. Zur Tätigkeit rechnen dabei auch die Zusammenhangstätigkeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben einer/s Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger „Atomisierung“ der Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind (st. Rspr., zB BAG 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - Rn 24 mwN). Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist (BAG a.a.O. Rn 25 mwN).
31
Ausnahmsweise findet für bestimmte Tätigkeitsmerkmale eine zusammenfassende Betrachtung der Arbeitsvorgänge statt, wenn sich erst aus der Zusammenschau das Merkmal ergibt (etwa beim Merkmal „gründliche und vielseitige Fachkenntnisse“ oder „Maß der Verantwortung“, vgl. Steuernagel in BeckOK TVöD, 49. Edition, Stand 01.06.2019, § 12 TVöD-AT Rn 70 ff mwN).
32
Ist die Eingruppierung an die Übertragung einer Funktion gekoppelt, ist die gesamte Tätigkeit in dieser Funktion als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten (st. Rspr. z.B. BAG 16.05.2019 - 6 AZR 93/18 - Rn 15 mwN).
33
3. Die EG 9b baut auf der EG 8 und 9a Teil III Abschnitt 32 EntGO/Bund auf. Deren Voraussetzungen liegen vor, nicht jedoch die der EG 9b.
34
a. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der EG 8. Er hat am 20.07.2000 die Meisterprüfung im Elektroniker-Handwerk abgelegt. Er ist daher nach § 10 Abs. 1 TV EntgO Bund geprüfter Meister im Sinne der EG 8. Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 HandwO ist durch die Meisterprüfung festzustellen, ob der Prüfling befähigt ist, einen Handwerksbetrieb selbständig zu führen und Lehrlinge ordnungsgemäß auszubilden. Ferner kann die Ablegung der Meisterprüfung gegebenenfalls nach gesetzlichen Vorschriften, Verwaltungsvorschriften, Behördenorganisation oder betrieblicher Übung Voraussetzung für die Übertragung bestimmter Aufgaben sein. Danach ist für eine Meistertätigkeit erforderlich, dass es sich um eine leitende, beaufsichtigende, überwachende Tätigkeit handelt oder die Tätigkeit besondere fachliche Qualifikationen erfordert, die durch die Meisterprüfung nachgewiesen werden. Als Werkstattleiter übt er eine entsprechende Tätigkeit aus. Auf die insoweit unstreitige Dienstpostenbewertung vom 16.07.2015 (Blatt 198, 201 der Akten) wird Bezug genommen.
35
b. Darüber hinaus hat der Kläger eine große Arbeitsstätte im Sinne der EG 9a Fg 1 zu beaufsichtigen.
36
Die Werkstatt xx - Elektrotechnik - ist eine Arbeitsstätte im Tarifsinn, wie sich bereits aus dem Klammerzusatz ergibt. In ihr sind unstreitig 14 Facharbeiterinnen und Facharbeiter beschäftigt.
37
Die Arbeitsstätte ist groß im tariflichen Sinne. Eine „große Arbeitsstätte“ im Sinne der Vergütungsgruppen des TVöD liegt nicht nur bei entsprechender räumlicher Größe vor. Sie kann sich auch aus der Zahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer, der Größe der technisch-maschinellen Ausstattung oder auch aus besonderen betriebsorganisatorischen Gründen ergeben (BAG 28.05.1997 - 10 AZR 515/95 Rn 32 mwN). Dabei hat das BAG in einem Fall bereits acht unterstellte Angestellte genügen lassen (BAG 18.06.1986 - 4 AZR 199/85). Hinzukommt, dass der Bauhof A… und damit die Werkstatt xx im Bereich der Elektrotechnik ca. 185 km Bundeswasserstraßen in 4 Außenbezirken mit insgesamt 15 Schleusenbetriebsstellen zu betreuen hat. Auf die insoweit unstreitige Dienstpostenbewertung vom 16.07.2015 (Blatt 198, 202 der Akten) wird Bezug genommen. Neben der Anzahl der unterstellten Mitarbeiter und der zu betreuenden Streckenkilometer liegen daher mit der Aufteilung in mehrere Arbeitsbereiche an verschiedenen Orten auch betriebsorganisatorische Gründe im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung des BAG vor.
38
Bei dem Merkmal des „zu beaufsichtigen Habens“ handelt es sich um ein Funktionsmerkmal. Der Tarifvertrag macht die Eingruppierung in die EG 9a Fg 1 nach seinem klaren Wortlaut nicht von einer bestimmten Tätigkeit, etwa dem tatsächlichen Beaufsichtigen, sondern von der Übertragung der Aufsichtsfunktion als solche abhängig. Bei solchen Merkmalen ist die gesamte Tätigkeit in dieser Funktion als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten (vgl. zuletzt BAG 16.05.2019 - 6 AZR 93/18 Rn 15 mwN). Der Arbeitnehmer muss nicht mindestens zur Hälfte seiner Arbeitszeit tatsächlich Einzeltätigkeiten der dort genannten Funktion ausüben. Er übt die Aufsichtsfunktion selbst dann ununterbrochen während seiner gesamten Arbeitszeit aus, wenn er sich gerade mit anderen Aufgaben als Leitungsaufgaben beschäftigt. Denn auch dann muss der Aufsichtsführende jederzeit und sofort in der Lage sein, aktiv durch die Erteilung der erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen Leitungsaufgaben zu übernehmen (BAG 15.02.2006 - 4 AZR 66/05).
39
Dem Kläger ist die Aufsichtsfunktion während seiner gesamten Tätigkeit übertragen, also auch für Zeiten, während deren er Aufgaben als VEFK tatsächlich ausübt. Denn auch zu diesen Zeiten ist er Leiter der Werkstatt xx Elektrotechnik. Die Tätigkeit des Klägers ist daher nicht in einzelne Arbeitsvorgänge aufzuspalten (etwa Leitung der Werkstatt und Tätigkeit als VEFK), sondern stellt einen Arbeitsvorgang dar.
40
c. Der Kläger erfüllt jedoch nicht die Heraushebungsmerkmale, die zu einer Eingruppierung in die EG 9b führen könnten.
41
aa. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Tätigkeit des Klägers in mehrere Arbeitsvorgänge (etwa Werkstattleitung und VEFK) gliedert. Denn bei der Heraushebung „durch den Umfang und die Bedeutung des Aufgabengebietes und große Selbstständigkeit“ nimmt das BAG die Zulässigkeit einer zusammenfassenden Betrachtung von Arbeitsvorgängen an (BAG 22.02.2017 - 4 AZR 514/16 Rn 38). Ohnehin ist die erkennende Kammer der Ansicht, dass sich die gesamte Tätigkeit des Klägers im Hinblick auf das Funktionsmerkmal des „zu beaufsichtigen Habens“ in der EG 9a Fg 1 als ein Arbeitsvorgang darstellt.
42
bb. Der Kläger übt keine Tätigkeit aus, die sich aus der EG 9a Fg 1 heraushebt.
43
Die Merkmale der EG 9b fordern eine weitere dreifache Heraushebung, nämlich durch Umfang und Bedeutung der Tätigkeit sowie große Selbständigkeit. Die Heraushebung muss in allen drei Punkten zudem wesentlich sein. Die Tarifvertragsparteien fordern hier zunächst beim Umfang des Arbeitsgebietes ein solches, das, gemessen an den Erfordernissen der EG 9a, quantitativ besonders breit, d.h. außergewöhnlich umfangreich und vielfältig sein muss. Dies umfasst notwendigerweise zugleich eine außergewöhnliche Vielfalt von Aufgaben. Weiter muss sich die Bedeutung der Tätigkeit wesentlich aus den Merkmalen der EG 9a herausheben, was sich im Einzelnen etwa aus einer konkreten außergewöhnlichen Aufgabenstellung, den Auswirkungen der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich und für die Lebensverhältnisse Dritter ergeben kann. Hingegen kann hier die Bedeutung der Tätigkeit nicht mit der Größe des Aufgabenkreises begründet werden, da der Umfang des Aufgabengebietes seitens der Tarifvertragsparteien in den Merkmalen der EG 9a zum eigenständigen Tätigkeitsmerkmal erhoben worden ist. Schließlich muss als drittes Merkmal noch eine wesentliche Heraushebung durch „große Selbständigkeit“ vorliegen. Dabei ist davon auszugehen, dass dem Begriff der Selbständigkeit in der Entgeltordnung zum TVöD ganz allgemein die rechtliche Bedeutung zukommt, dass je nach den Umständen der betreffenden Berufsgruppe eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung der geschuldeten Leistungen einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenkreises gefordert werden muss (vgl. zu VergGr. Vb Fallgruppe 29 BAT z.B. BAG 10.06.1981 - 4 AZR 1164/78 Rn 70, juris). Wenn die Tarifvertragsparteien in der EG 9b auch noch ausdrücklich im Sinne einer wesentlichen Heraushebung „große“ Selbständigkeit fordern, so verlangen sie damit bei den von der Tarifnorm erfassten Meistern nach Tarifwortlaut, Sinn und Zweck der Norm sowie dem tariflichen Gesamtzusammenhang eine besonders breite, weitreichende Selbständigkeit, die sich insbesondere in außergewöhnlicher Weisungsfreiheit und Dispositionsfreiheit äußern kann, wobei freilich jeweils den Umständen des Einzelfalles Rechnung zu tragen ist (vgl. zu VergGr. Vb Fallgruppe 29 BAT BAG 16.05.1979 - 4 AZR 607/77 - Rn 33, juris).
44
(1) Die Tätigkeit des Klägers hebt sich durch große Selbstständigkeit wesentlich aus der EG 9a Fg 1 heraus.
45
Als Werkstattleiter eines großen Arbeitsbereichs übt der Kläger zwar bereits in erheblichem Umfang Führungsaufgaben mit erheblicher Entscheidungsbefugnis aus. Diese insoweit bestehende Selbstständigkeit ist bereits in den Tätigkeitsmerkmalen der EG 9a Fg 1 berücksichtigt. Dennoch ist der Kläger insoweit auch selbst noch weisungsabhängig von der Amtsleitung bzw. seinen unmittelbaren Vorgesetzten, dem Leiter des Bauhofs bzw. dessen Stellvertreter. Der Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 01.10.2019, der Leiter des Bauhofs sei Maschinenbauingenieur und dessen Stellvertreter sei Elektroingenieur, ist der Kläger nicht mehr entgegengetreten. Sie gilt daher als zugestanden. Es ist daher nicht ersichtlich, warum weder der Bauhofleiter noch dessen Stellvertreter nicht befähigt sein sollten, die Fachlichkeit des Klägers zu beurteilen.
46
Hinzukommt beim Kläger jedoch, dass ihm die Aufgabe als VEFK nach § 13 ArbSchG und § 13 BGV A1 übertragen ist. Ihm obliegt die Verantwortung für den Betrieb der elektrischen Anlagen mit Bereich des Wasser- und Schifffahrtsamtes A…, mit Ausnahme der Wasserkraftwerke E… und G… Im Zuständigkeitsbereich ist er für die Einhaltung der elektrotechnischen Sicherheitsfestlegung verantwortlich und unterliegt diesbezüglich keiner Weisung (s. Bestellung des Klägers als VEFK, Blatt 65 der Akten). Insoweit sind dem Kläger Arbeitgeberaufgaben übertragen, die ihn auch nach außen als Vertreter des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 2 OwiG und § 14 Abs. 2 Nr. 2 StGB haftbar machen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 17.11.2017 - 2 Sa 867/17 - Rn 25). Ein höheres Maß an Selbstständigkeit als die weisungsfreie Aufgabenerledigung in voller Verantwortung auch nach außen in einem wichtigen Bereich des Arbeitsschutzes ist kaum denkbar. Dabei kommt es nicht auf den zeitlichen Umfang dieser weisungsfreien selbstständigen Tätigkeit an.
47
(2) Die Tätigkeit des Klägers hebt sich auch durch die Bedeutung des Aufgabengebietes aus der EG 9a wesentlich heraus. Dies folgt bereits aus den Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse Dritter. Ist etwa im Schleusenbereich die elektrotechnische Sicherheitsfestlegung nicht eingehalten, so muss der Kläger - insoweit weisungsunabhängig - für deren Einhaltung sorgen. Notfalls wird er dafür sorgen müssen, dass die Schleuse und damit der Schifffahrtsbetrieb nicht freigegeben wird, wenn anders die Sicherheit nicht gewährleistet ist. Dass dies erhebliche Auswirkungen auf die Binnenschifffahrt hätte und damit auf Dritte, liegt auf der Hand.
48
(3) Die Tätigkeit des Klägers hebt sich allerdings nicht wesentlich durch den Umfang des Aufgabengebietes aus der EG 9a heraus. Jedenfalls ist dies nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger bestreitet zwar die Richtigkeit der Tätigkeitsbeschreibung. Dies bezieht sich aber nicht auf die Tätigkeiten als solche, sondern lediglich auf die Zuordnung der Tätigkeit als Werkstattleiter oder als VEFK bzw. den zeitlichen Umfang. Der Kläger selbst ist allerdings der Auffassung, dass eine Differenzierung seiner Aufgaben als Werkstattleiter und VEFK nicht möglich sei. Soweit er daher dieselben Aufgaben sowohl als Werkstattleiter als auch in seiner Funktion als VEFK wahrnimmt, ist nicht der Umfang seines Aufgabengebietes erweitert, sondern die Verantwortung. Dies aber ist allenfalls Teil des Merkmals „große Selbstständigkeit“.
49
(a) Der Kläger ist ausschließlich auf dem Gebiet der Elektrotechnik tätig, dem Gebiet, in dem er seine Meisterprüfung abgelegt hat. Aufgaben außerhalb der Elektrotechnik sind ihm nicht übertragen. Hierfür sind im Bauhof andere Werkstätten vorhanden mit den jeweiligen Leitern. Dem Kläger sind ausschließlich Fachkräfte im Bereich Elektrotechnik untergeordnet, also keine Facharbeiter anderer Fachrichtungen. Schon diese Fokussierung ausschließlich auf den Bereich Elektrotechnik spricht beim Leiter einer großen Werkstatt für Elektrotechnik gegen eine wesentliche Heraushebung bezüglich des Umfangs des Aufgabengebietes.
50
(b) Dem Kläger obliegt die Verantwortung für die elektrotechnischen Anlagen des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes A… im Wesentlichen aber bereits als Leiter der im Tarifsinne großen Werkstatt Elektrotechnik.
51
Als Werkstattleiter Elektrotechnik im Bauhof ist der Kläger bereits für die Einhaltung der Vorschriften über Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz und Unfallverhütung auf dem Gebiet der Elektrotechnik verantwortlich (s. vom Kläger unterzeichnete Dienstpostenbeschreibung vom 26.05.2015, Blatt 189 ff der Akten). So gehören nach der ebenfalls vom Kläger gegengezeichneten Tätigkeitsbeschreibung unter lfd. Nr. 4 (Blatt 199 der Akten) zu den ihm als organisatorische Werkstattleitertätigkeiten übertragenen Unternehmerpflichten der Arbeitsschutz einschließlich Unfallverhütung allgemein, das Sicherstellen des Arbeitsschutzes sowie der Gesundheitsvorsorge, das Erstellen von Checklisten für den Gesundheitsschutz, das Erstellen und Überarbeiten von Gefährdungsanalysen, das Erstellen und Überarbeiten von Betriebsanweisungen für den Bereich Elektrotechnik, das Unterweisen der Mitarbeiter im Arbeits- und Gesundheitsschutz nach BGV und BetrSichV sowie die Durchführung von Sicherheitsaudits nach DuPont. Dies sind übliche arbeitsschutzrechtliche Aufgaben eines geprüften Meisters als Leiter einer großen Arbeitsstätte im tariflichen Sinne. Soweit der Kläger in der von ihm gefertigten Übersicht (S. 14 der Berufungsbegründung, Blatt 309 der Akten) angibt, Unterweisungen „ABZ`s/Bauhof Werkstätten/Amt“ an 12 Tagen im Jahr und „Einweisungen Bedienungen“ an „Wehren+Schleusen“ an 6 Tagen im Jahr durchzuführen, mag das richtig sein. Es ist aber nicht ersichtlich, dass es sich um eine Erweiterung der dem Kläger bereits als Werkstattleiter obliegenden Aufgaben handelt. Insbesondere zählt auch die Tätigkeit des Unterweisens bzw. Einweisens zu den Kernaufgaben jeden Handwerksmeisters. So besitzt ein Handwerksmeister die fachliche Eignung zur Ausbildung, wozu auch die entsprechenden arbeitspädagogischen Fertigkeiten zählen (vgl. §§ 22b, 45 HandwO).
52
In der Übersicht (Blatt 309 der Akten) gibt der Kläger weiter an, an insgesamt 45 Tagen im Jahr elektrotechnische Anlagen im Hinblick auf ihre elektrotechnische Sicherheit zu begehen, um Mängel aufzunehmen (Schleusen), bzw. zu inspizieren (ABZ´s, Leitzentralen, Brückenbeleuchtungen, Liegestellen, Pumpwerk). Auch diese Tätigkeiten ordnet der Kläger seiner Tätigkeit als VEFK zu. Diese Tätigkeiten obliegen ihm jedoch auch als Leiter der Werkstatt Elektrotechnik. So gehört laut lfd. Nr. 7 der Tätigkeitsbeschreibung (Blatt 191 der Akten) zu seinen allgemeinen Aufgaben, den Wartungs- und Instandhaltungsumfang an den Anlagen zu ermitteln und festzulegen mit Schwachstellenanalyse, Koordination der Wartungsabläufe und Koordination und Terminierung der Instandhaltungsmaßnahmen. Auch dies sind Aufgaben, die für einen Handwerksmeister nicht ungewöhnlich sind. Es mag sein, dass der Kläger die Begehungen der elektrischen Anlagen auch in besonderer Verantwortung als VEFK durchführt. Der Umfang des Aufgabengebietes erweitert sich hierdurch jedoch nicht.
53
Weiterhin gibt der Kläger in der Übersicht (Blatt 309 der Akten) unter der Überschrift Prüfungen an, diese intern und extern zu organisieren und auszuwerten und hierfür als VEFK insgesamt 22 Tage aufzuwenden. In der Tätigkeitsbeschreibung ist unter lfd Nr. 6 (Blatt 194 der Akten) festgehalten, dass dem Kläger hinsichtlich überwachungsbedürftiger Anlagen und Teile (Prüfung und Dokumentation) das Festlegen und Überwachen von Prüffristen, das Bewerten von Prüfergebnissen und die Kontrolle der Dokumentation obliegt. Dies sind Aufgaben, die einem Handwerksmeister übertragen werden können. Auch insoweit mag es sein, dass der Kläger die Prüfungen und deren Auswertung auch in der besonderen Verantwortung des VEFK durchführt. Der Umfang des Aufgabengebietes ist gegenüber der Tätigkeit als Leiter einer großen Arbeitsstätte im Sinne der EG 9a Fg. 1 jedoch nicht erweitert.
54
Ebenso gibt der Kläger in der o.g. Übersicht an, an 10 Tagen im Jahr an Baubesprechungen zur Festlegung von elektrotechnischen Maßnahmen teilzunehmen. Dies gehört bereits zu seinen ihm übertragenen fachlichen Aufgaben als Meister im Fach Elektrotechnik (s. lfd. Nr. 11 der Tätigkeitsbeschreibung, Blatt 195 der Akten). Dass der Kläger hier gleichzeitig als VEFK teilnimmt, führt nicht zu einer Erweiterung des Aufgabengebietes, sondern allenfalls zu erhöhter Verantwortung.
55
Dasselbe gilt für die vom Kläger für 10 Tage im Jahr angeführten elektrotechnischen Abnahmen. Diese gehören zum Teil zu den allgemeinen Werkstattleiteraufgaben (lfd. Nr. 5 letzter Spiegelstrich der Tätigkeitsbeschreibung: Kontrolle und Abnahme der ausgeführten Arbeiten), zum Teil zu den fachlichen Tätigkeiten im Bereich Elektrotechnik (lfd. Nr. 14 der Tätigkeitsbeschreibung: Technische Abnahme von Umbaumaßnahmen an den Schleusen).
56
Dass die Überprüfung auf VDE Neuerungen und damit verbunden das Studium der VDE Vorschriften, wofür der Kläger 12 Tage im Jahr veranschlagt, sowohl zu den Aufgaben als Werkstattleiter einer (großen) Elektrowerkstatt gehört, wie auch zu den Aufgaben als VEFK liegt auf der Hand. In beiden Funktionen muss der Kläger über den aktuellen Wissensstand verfügen. Zu einer Erweiterung des Aufgabengebietes führt dies nicht.
57
Darüber hinaus gibt der Kläger in der o.g. Übersicht (Blatt 309 der Akten) an, für Begehungen von Trockenlegungen und Baustellen insgesamt 18 Tage im Jahr aufzuwenden im Hinblick auf die elektrotechnische Sicherheit der Baustellen. Nach der lfd. Nr. 13 der Tätigkeitsbeschreibung gehört zu den fachlichen Tätigkeiten des Klägers u.a. die Aufrechterhaltung des Betriebes während Umbaumaßnahmen. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass sich das Aufgabengebiet des Klägers als Werkstattleiter und Handwerksmeister durch die gleichzeitige Wahrnehmung der Funktion als VEFK erweitert.
58
Soweit der Kläger angibt, für VEFK-Schulungen AFZ incl. Vorbereitung 10 Tage im Jahr aufzuwenden, ist nicht ersichtlich, dass er diese Tätigkeit als Werkstattleiter Elektrotechnik oder als VEFK des Wasserwirtschafts- und Schifffahrtsamtes A… wahrnimmt und ihm dieses Aufgabengebiet zugewiesen wurde. Sollte es sich um ein freiwilliges zusätzliches Engagement des Klägers handeln, so wäre dies sehr anerkennenswert, wäre im Rahmen der Eingruppierung jedoch nicht zu berücksichtigen.
59
Letztlich verbleiben von den vom Kläger genannten Tätigkeiten als VEFK nur die Organisationsaufgaben, soweit sie über die Aufgaben als Werkstattleiter hinausgehen. Der Kläger nennt hier in der o.g. Übersicht (Blatt 309 der Akten) Ernennungen. Hierzu zählen laut Tätigkeitsbeschreibung die Ernennungen von Anlagenverantwortlichen bei Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten, die Ernennung von Elektrofachkräften für festgelegte Tätigkeiten, die Ernennung elektrisch unterwiesener Personen. Hinzukommt laut Tätigkeitsbeschreibung die Unterweisung von Beschäftigten in die Funktion verschiedener Steuerungen. Insoweit liegt sicherlich eine Erweiterung des Aufgabengebietes des Klägers als Leiter eines großen Arbeitsbereichs vor. Diese Heraushebung des Umfangs des Aufgabengebietes erscheint dem erkennenden Gericht aber nicht als wesentlich. Zum einen handelt es sich auch insoweit um mit den Organisationsaufgaben als Werkstattleiter vergleichbare Aufgaben etwa bezüglich der Beurteilung, ob die betroffenen Personen geeignet sind, die Aufgabe zu erfüllen. Die Durchführung von Mitarbeitergesprächen und Leistungsbewertungen gehört zu den Aufgaben des Klägers als Werkstattleiter (lfd. Nr. 2 und 3 der Tätigkeitsbeschreibung, Blatt 193 der Akten). Zum anderen beziehen sich diese Aufgaben ebenfalls ausschließlich auf den Bereich der Elektrotechnik.
60
4. Die vom Kläger begehrte Eingruppierung folgt auch nicht aus § 12 Abs. 2 TV EntgO Bund. Offenbar spielt der Kläger hier darauf an, dass für Ingenieure in entsprechender Tätigkeit und „sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen“ in entsprechender Tätigkeit nach Teil III Nr. 25 als Eingangsentgeltgruppe die EG 10 vorgesehen ist und ihm daher die nächst niedrigere Entgeltgruppe zustünde.
61
Zunächst behauptet der Kläger selbst nicht, die Voraussetzungen der EG 10 zu erfüllen. § 12 Abs. 2 TV EntgO ermöglicht die Eingruppierung in einer um eine EG niedrigeren EG jedoch nur, wenn neben der geforderten Vorbildung oder Ausbildung und der Miterfassung der sonstigen Beschäftigten, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, noch sonstige Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals erfüllt werden. In der EG 10 des Teil III Nr. 25 sind jedoch keine sonstigen Anforderungen enthalten, die der Kläger erfüllen könnte.
III.
62
Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich, erkennt das Gericht durchaus die hohe Bedeutung und Verantwortung der Aufgabe des Klägers als VEFK an. Dies allein genügt nach den tariflichen Vorgaben allerdings nicht, um die Eingruppierung des Klägers in EG 9b zu rechtfertigen. Angebracht wäre stattdessen eine Funktionszulage, die die deutlich erhöhte Verantwortung einer VEFK unabhängig von der jeweiligen Eingruppierung widerspiegeln würde. Eine solche Zulage ist im TVöD jedoch nicht vorgesehen. Denn die VEFK ist neben dem Arbeitgeber auf Grund der §§ 13, 22 Abs. 3 Nr. 1 ArbSchG unmittelbar Adressat von Anordnungen der Aufsichtsbehörden zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Arbeitsschutzvorschriften. Diese Anordnungen sind Bußgeld bewehrt nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 a ArbSchG und gegebenenfalls nach § 26 Nr. 1 ArbSchG sogar strafbewehrt. Deshalb bedarf die Bestellung zur VEFK auch der Zustimmung des Mitarbeiters (LAG Berlin-Brandenburg 17.11.2017 - 2 Sa 867/17 - juris).
C.
63
Der Kläger hat als unterlegener Rechtsmittelführer die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
64
Gesetzlich vorgesehene Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 72 Abs. 2 ArbGG).