Inhalt

LArbG München, Beschluss v. 16.12.2019 – 3 TaBV 90/19
Titel:

Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats bei Personalplanung

Normenketten:
ZPO § 256 Abs. 1
BetrVG § 92 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass die Arbeitgeberin durch eine bestimmte Unterrichtung ihrer Unterrichtungspflicht in Bezug auf Werkvertragsarbeitnehmer nicht nachgekommen ist, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO vor. Ebenso ist ein Feststellungsinteresse zu bejahen, wenn die Arbeitgeberin einen solchen Anspruch bestreitet bzw. seine Erfüllung behauptet. (Rn. 24 und 27)
2. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat jedenfalls nach dessen Aufforderung über Bedarfsplanungen in Bezug auf Werkvertragsarbeitnehmer zu unterrichten, wenn sie mit dem Werkvertragsunternehmen in Verhandlungen über die Änderung des bisherigen Werkvertrages verhandelt. (Rn. 29 – 34)
Schlagworte:
Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats bei Personalplanung, Rechtsverhältnis, Feststellungsanspruch, Personalplanung, Werkvertragsarbeitnehmer, Leiharbeitnehmer, Feststellungsinteresse
Vorinstanz:
ArbG Rosenheim, Beschluss vom 28.02.2019 – 4 BV 32/17
Fundstelle:
BeckRS 2019, 37540

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rosenheim vom 28.02.2019 - 4 BV 32/17 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) mit dem E-Mail vom 15.02.2017 (Anlage AST 2) ihrer Informationspflicht über die Personalplanung bezogen auf die Werkvertragsbeschäftigten der Fa. E. nicht nachgekommen ist.
2. Das Verfahren wird hinsichtlich der Anträge zu 1. und 2. eingestellt.
3. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
1
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Feststellung, dass die Arbeitgeberin in der Vergangenheit ihre Informationspflicht bei der Personalplanung verletzt habe.
2
Antragsteller ist der zu 1) beteiligte und im Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin, die ca. 440 Arbeitnehmer, 30 bis 45 Leiharbeitnehmer und ca. 35 Werkvertragsarbeitnehmer beschäftigt, stellt Käseprodukte her.
3
Der beim Betriebsrat gebildete Wirtschaftsausschuss erhält eine jährliche sog. Grobplanung des Personals, die aus den Kennzahlen des Vertriebs und des sich daraus errechneten Arbeitsstundenbedarfs für das jeweils folgende Kalenderjahr gebildet wird. Aus einem Abgleich mit dem Ist-Personal ergeben sich Über- bzw. Unterdeckungen des Personals. Die zur Ausführung von Werkverträgen eingesetzten Arbeitnehmer - sog. Werkvertragsarbeitnehmer - sind in dieser Grobplanung nicht enthalten. Die jeweils kurzfristige Personalplanung erhält der Betriebsrat regelmäßig per E-Mail. Am 25.09.2015 übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat auf dessen Aufforderung vom 05.08.2015 den mit der Firma E. bestehenden Werkvertrag vom 01./02.03.2015.
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Mit Schreiben vom 21.10.2016 machte der Betriebsrat einen Anspruch gemäß § 92 Abs. 1 BetrVG auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung über die anstehende Personalplanung, insbesondere die Fremdleistungsplanung (Leiharbeitnehmereinsatz und Werkvertragsbeschäftigte) geltend (Anlage AST 3 = Bl. 14 d. A.). Eine Antwort seitens der Arbeitgeberin erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 02.02.2017 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin erneut auf, ihn gemäß §§ 80, 92 BetrVG bezüglich der Werkverträge zu unterrichten (vgl. Anlage AST 1 = Bl. 12 d. A.). Hierauf teilte die Arbeitgeberin mit E-Mail vom 15.02.2017 (AST 2 = Bl. 13 d. A.) mit, dass „…wir gerade dabei sind, den aktuellen Werkvertrag mit der Firma E. zu überarbeiten, und gerne werden wir Ihnen den neuen Vertrag anschließend zur Einsicht zur Verfügung stellen.“
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Am 05.04.2017 stellte der damalige Betriebsratsvorsitzende Herr V. fest, dass die Endverpackung des Grillkäses nicht mehr von Arbeitnehmern der Arbeitgeberin, sondern von Werkvertragsbeschäftigten der Firma E. verrichtet wurde, ohne dass der Betriebsrat hierüber zuvor von der Arbeitgeberin informiert worden wäre.
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Mit seiner am 14.08.2017 beim Arbeitsgericht Rosenheim eingegangenen Antragsschrift hat der Betriebsrat u.a. zu VII. die Feststellung begehrt, dass die Beteiligte zu 2) ihrer Informationspflicht über die Personalplanung - bezogen auf die Fremdleistungsplanung (insbesondere Leiharbeitnehmereinsatz und Werkvertragsbeschäftigte) - nicht nachgekommen sei, als sie keine Reaktion auf das Anforderungsschreiben des Betriebsrats gezeigt habe. Am 30.08.2017 wurde der Arbeitgeberin die Antragsschrift zugestellt. Mit der internen Mitteilung vom 18.10.2017 (Anlage AGG 1 = Bl. 53 d. A.) übersandte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat den aus ihrer Sicht finalen Entwurf des geänderten Werkvertrags mit der Firma E.. Auszugsweise heißt es dort:
„Sehr geehrter Herr Betriebsrats-Vorsitzender, sehr geehrte Betriebsräte, im Zeitraum zwischen Mitte Oktober 2016 und Mitte Februar 2017 hat der Betriebsrat in mehreren einzelnen Ansätzen von der Geschäftsleitung Informationen zu Werkvertragsleistungen gefordert. Diesen Forderungen wurde wegen vielfältiger Gründe nicht noch in den ersten drei Quartalen 2017 entsprochen. Jetzt aber wollen wir Ihnen umfassend Rede und Antwort stehen. In unseren nachfolgenden Darstellungen orientieren wir uns im Wesentlichen an der Liste der Anträge, die unserem Gerichtstermin am 25.10.2017 zugrunde liegen wird.
1) Aktueller Werkvertrag 2017 mit Firma E.
… Auch jetzt existiert noch keine unterschriebene Version. Wir möchten Ihnen aber gerne anbei den aktuellen, aus unserer Sicht finalen Entwurfsstand zur Kenntnis geben. …
2) Abschluss des geänderten Werkvertrages 2017 mit Firma E.
… Wir gehen davon aus, dass wir den Betriebsrat … zu nachfolgenden Änderungen aktuell informiert halten werden. Bis dahin arbeiten die beiden Unternehmen nach dem bisherigen Vertragsstand weiter.
3) Informationen zur Personalplanung / Fremdleistungsplanung Im Rahmen der aktuell laufenden Budgetplanungsrunde 2018 haben wir gerade eben die Überlegungen zur weiteren Entwicklung zusammengetragen. Diese ist gekennzeichnet durch … Konkret heißt das für die Entwicklung von Ist 2016 über Hochrechnung 2017 auf Plan 2018:
- bzgl. der gesamten Herstelltonnage: …
- bzgl. des Konfektionsvolumens: …
- bzgl. zugehörigen Arbeitszeitvolumens: von 29.960 über 39.560 nach 32.450 Stunden Eigene Abschätzung, denn wie viele Mitarbeiter und über wie viele Stunden unser Werkvertragspartner in unserem Haus einsetzen wird, ist uns im Detail nicht bekannt, denn darauf haben wir keinen Anspruch.
…“
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Der Betriebsrat hat zur Begründung seines Antrags zu VII. erstinstanzlich geltend gemacht, dass ihm gemäß § 92 BetrVG unter Vorlage von Unterlagen ein Anspruch auf Information hinsichtlich der Personalplanung zustehe. Hierzu gehöre auch die Frage, ob die Arbeitgeberin zukünftig mit Fremdpersonal plane. Die Fremdvergabe wirke sich unmittelbar auf die Personalbedarfsplanung aus. Die Arbeitgeberin müsse den Betriebsrat „von sich aus“ unterrichten und zwar so rechtzeitig, dass es ihm möglich sei, auf das noch vorläufige Ergebnis der Überlegungen der Arbeitgeberin vor dem Erstellen des Plans Einfluss nehmen zu können. Dabei habe die Unterrichtung umfassend anhand derjenigen Unterlagen zu erfolgen, die die Arbeitgeberin selbst für ihre Planung verwendet habe. Dieser Verpflichtung sei die Arbeitgeberin nicht nachgekommen, obwohl der Betriebsrat sie explizit zur Auskunft aufgefordert habe. Der Betriebsrat habe in der Vergangenheit mehrfach erleben müssen, dass Arbeiten, die vom Stammpersonal erledigt worden seien, auf Leih- oder Werkvertragsarbeitnehmer übertragen worden seien, ohne dass er hierüber vorher unterrichtet worden sei. Es sei nicht glaubhaft, dass bei der Arbeitgeberin keine Personalplanung im Sinne des § 92 BetrVG existiere. Gleiches gelte hinsichtlich der Übernahme von Arbeiten durch Werkvertragsarbeitnehmer. Der Betriebsrat habe ein Feststellungsinteresse, um der Arbeitgeberin künftig den Einwand abzuschneiden, es handele sich bei den geschilderten Fällen um „schwierige und ungeklärte Rechtsfragen“.
8
Die Arbeitgeberin hat zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass der Feststellungsantrag zu VII. zu unbestimmt und mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet, da die Feststellung einer einfachen Pflichtverletzung der Arbeitgeberin gesetzlich nicht vorgesehen sei. Darüber hinaus habe die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 18.10.2017 sämtliche notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt. Die Arbeitgeberin könne nur dann Informationen erteilen, wenn ihr diese auch vorlägen. Mit der der E-Mail vom 15.02.2017 sei korrekt geantwortet worden, dass ein Abschluss des Werkvertrags mit der Firma E. noch nicht vorgelegen hätte. Es existiere bei der Arbeitgeberin keine Personalplanung im Sinne des § 92 BetrVG.
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Das Arbeitsgericht Rosenheim hat durch Beschluss vom 28.02.2019 - 4 BV 32/17 - das Verfahren hinsichtlich der Anträge Ziff. I und II gem. § 83a Abs. 2 S. 1 ArbGG eingestellt und im Übrigen die Anträge zurückgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung hat es den Feststellungsantrag zu VII. als unzulässig erachtet. Der Betriebsrat verfolge damit die vergangenheitsbezogene Feststellung, dass die Arbeitgeberin durch ihr Verhalten Rechte des Betriebsrats verletzt habe. Insoweit fehle es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Die (ggf. grobe) Pflichtverletzung stelle kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO dar, das der Feststellung zugänglich wäre. Auch die dargelegte Ansicht des Betriebsrats, mit dem Antrag ggf. ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG vorzubereiten, genüge hierfür nicht. Die Anträge seien nach dem klaren Wortlaut auch nicht dahingehend auszulegen, dass eine etwaige rechtliche Fragestellung im Hinblick auf das zukünftige Verhalten der Arbeitgeberin „geklärt“ werden solle und insoweit die Feststellung berechtigt wäre.
10
Gegen diesen, seinen Verfahrensbevollmächtigten am 25.06.2019 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 24.07.2019 Beschwerde beim Landesarbeitsgericht München eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 25.09.2019 am 25.09.2019 begründet.
11
Die Feststellungsanträge zu V. (erstinstanzlich VII.) und zu VI. (erstinstanzlich VIII.) seien zulässig. Es sei von einem der Feststellung zugänglichen Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO auszugehen, weil sich aus §§ 80, 92 BetrVG konkrete Ansprüche des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber in der Frage der Informations- und Vorlagepflichten ergäben. Auch bestehe das berechtigte Feststellungsinteresse, weil die Feststellung des Fehlverhaltens die Chance in sich trage, dass die vollkommene Ignoranz der Arbeitgeberin in Zukunft nicht mehr vorkomme. Die Anträge seien begründet, weil die Arbeitgeberin ihre gesetzlichen Unterrichtungspflichten pflichtwidrig unterlassen habe.
12
Der Betriebsrat beantragt unter Rücknahme seiner Anträge zu II, III und IV
I.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Rosenheim, Az. 4 BV 32/17, vom 28.02.2019 wird abgeändert.
V. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) mit der E-Mail vom 15.02.2017 (Anlage AST 2) ihrer Informationspflicht über die Personalplanung bezogen auf die Werkvertragsbeschäftigten der Firma E. nicht nachgekommen ist.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu V wird beantragt,
VI. Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) ihrer Verpflichtung nach § 90 BetrVG nicht nachgekommen ist, als sie den Beteiligten zu 1), trotz Nachfrage, nicht unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen über Planungen von Veränderungen des Arbeitsablaufs und Arbeitsumfelds in Bezug auf den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmer unterrichtete.
13
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
14
Die Beschwerde sei als unzulässig zurückzuweisen, weil sie sich mit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht konkret auseinandersetze. Sie gebe in erster Linie das Vorbringen aus der ersten Instanz (Antragsschrift, Sitzungsprotokoll, Schriftsatz) wieder.
15
Die Beschwerde sei auch unbegründet. Für die Feststellungsanträge fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Im Übrigen könne der Betriebsrat nicht gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verlangen, über eine normativ erforderliche, aber unterlassene Personalplanung unterrichtet zu werden. Hierdurch würde die Unterrichtungspflicht zu einer Personalplanungspflicht mutieren.
16
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Betriebsrats vom 25.09.2019 (Bl. 121 - 134 d. A.), den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 15.11.2019 (Bl. 144 - 147 d. A.) und das Protokoll der Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht vom 16.12.2019 (Bl. 148 - 152 d. A.) Bezug genommen.
B.
17
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
I.
18
Gegenstand der Beschwerde ist nach der Rücknahme der Anträge zu II, III und IV der Feststellungsantrag zu V und der als Hilfsantrag gestellte Feststellungsantrag zu VI.
II.
19
Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist zulässig. Der Betriebsrat hat sie rechtzeitig und formgerecht beim Landesarbeitsgericht München eingereicht und - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist - fristgerecht und ordnungsgemäß begründet, §§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO. Es liegt eine ausreichende Begründung im Sinne des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO vor. Der Betriebsrat hat dargestellt, warum nach seiner Auffassung ein Rechtsverhältnis und ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO vorliegt.
III.
20
Die Beschwerde ist auch begründet. Der Antrag des Betriebsrats zu V. festzustellen, dass die Arbeitgeberin mit der E-Mail vom 15.02.2017 (Anlage AST 2) ihrer Informationspflicht über die Personalplanung bezogen auf die Werkvertragsbeschäftigten der Firma E. nicht nachgekommen sei, ist zulässig und begründet. Der Antrag zu VI. fiel als Hilfsantrag für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu V. nicht zur Entscheidung an.
21
1. Der Antrag zu V. ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
22
a) Der Antrag zu V. hat ein nach § 256 Abs. 1 ZPO feststellungsfähiges Rechtsverhält nis zum Gegenstand.
23
aa) Ein Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen nach § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt werden kann, ist jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Ein Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich dabei nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Es kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist (st. Rspr., vgl. BAG, Beschluss vom 18.05.2016 - 7 ABR 41/14 - Rn. 13 m.w.N.).
24
bb) Danach beinhaltet der vorliegende Antrag zu V. ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Betriebsrat begehrt die Feststellung, dass die Arbeitgeberin ihre Unterrichtungspflicht aus § 92 Abs. 1 BetrVG im Zusammenhang mit den Werkvertragsarbeitnehmern der Firma E. mit E-Mail vom 15.02.2017 verletzt hat. Damit wird die Feststellung durch das Gericht erforderlich, ob § 92 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat ein entsprechendes Unterrichtungsrecht vermittelte und die Arbeitgeberin diesen Anspruch durch Email vom 15.02.2017 erfüllt hat. Mit der Feststellung seiner Rechte nach § 92 BetrVG begehrt der Betriebsrat deshalb die Feststellung eines Rechtsverhältnisses (vgl. Fitting, BetrVG, 29. Aufl. 2018, § 92 Rn. 45; ErfK/Kania, 20. Aufl. 2020, § 92 Rn. 12; Schulze-Doll in Düwell, BetrVG, 5. Aufl. 2018, § 92 Rn. 30; Thüsing in Richardi, BetrVG, 16. Aufl. 2018, § 92 BetrVG, Rn. 5, insoweit ohne Begründung LAG Berlin, Beschluss vom 13.06.1988 - 9 TaBV 1/88;).
25
b) Darüber hinaus ist das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen.
26
aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens ein besonderes rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Diese Prozessvoraussetzung stellt sicher, dass die Gerichte das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses tatsächlich klären können und nicht über bloße Meinungsverschiedenheiten der Betroffenen befinden. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, ob er im Recht war oder nicht, oder eine allen Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären. Erforderlich ist damit grundsätzlich, dass es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt. Wird die Klage auf Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses gerichtet, so ist sie nur dann zulässig, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder die Zukunft ergeben. Für einen Feststellungsantrag der ursprünglich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet war, gilt nichts Anderes. Wird ein zunächst gegenwärtiges Rechtsverhältnis während des Rechtsstreits durch Zeitablauf oder Änderung tatsächlicher Umstände zu einem vergangenen, bleibt die Feststellungsklage nur zulässig, wenn sich aus der erstrebten Feststellung konkrete gegenwärtige oder zukünftige Rechtsfolgen ableiten lassen (vgl. BAG, Beschluss vom 20.01.2015 - 1 ABR 1/14 - Rn. 18 m.w.N.).
27
bb) Danach ist ein besonderes Interesse des Betriebsrats an der begehrten Feststellung zu bejahen. Zwischen den Beteiligten ist das Bestehen und der Umfang des Beteiligungsrechts des Betriebsrats aus § 92 Abs. 1 BetrVG in Bezug auf den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmer der Firma E. weiterhin streitig. Auch ist zu erwarten, dass entsprechende Streitfälle auch künftig auftreten werden, da aufgrund des Werkvertrags weiterhin Werkvertragsarbeitnehmer der Firma E. im Betrieb eingesetzt werden. Deshalb ist es unschädlich, dass der Vorgang - Anfragen des Betriebsrats und Antwortemail der Arbeitgeberin vom 15.02.2017-, der konkret Anlass des Streits war, in der Vergangenheit liegt (vgl. auch Fitting, a.a.O., Anhang 3, Rn. 29 m.w.N.). Darüber hinaus ist das Feststellungsinteresse auch deshalb zu bejahen, weil die Arbeitgeberin noch im Beschwerdeverfahren Rechte des Betriebsrats aus § 92 BetrVG vor Abschluss des Werkvertrags in Abrede stellt. Ausweislich der E-Mail vom 15.02.2017 kündigte sie an, dem Betriebsrat den neuen Vertrag „anschließend“ zur Einsicht zur Verfügung zu stellen. Diese Auffassung hielt sie auch während des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens aufrecht. Die Arbeitgeberin bestreitet damit nach wie vor, dass es sich bei ihren Überlegungen und Feststellungen zum Abschluss eines Werkvertrags um eine personalplanerische Maßnahme handelt, die Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats nach § 92 BetrVG auslöst (in diesem Sinne auch LAG Berlin, Beschluss vom 13.06.1988 - 9 TaBV 1/88 - unter II.B.1. der Gründe).
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2. Der Antrag zu V. ist auch begründet. Die Arbeitgeberin ist mit der Email vom 15.02.2017 (Anlage AST 2) ihrer Informationspflicht über die Personalplanung bezogen auf die Werkvertragsbeschäftigten der Fa. E. nicht nachgekommen, § 92 Abs. 1 BetrVG.
29
a) Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen einschließlich der geplanten Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Zur Personalplanung gehören die Personalbedarfsplanung, die Personaldeckungsplanung, die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung. Der Betriebsrat soll zu einem möglichst frühen Zeitpunkt über die personelle Situation des Betriebs und deren Entwicklung umfassend und anhand von Unterlagen unterrichtet werden (vgl. BAG, Beschluss vom 06.11.2016 - 1 ABR 64/14 - Rn. 13 m.w.N.; bestätigt durch BAG, Beschluss vom 12.03.2019 - 1 ABR 43/17 - Rn. 21 ff.). Durch die Unterrichtungspflicht soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, das in § 92 Abs. 2 BetrVG geregelte Vorschlagsrecht für die Einführung einer Personalplanung und deren Durchführung auszuüben. Hierzu gehören auch Vorschläge zur Änderung einer bestehenden und vom Arbeitgeber praktizierten Personalplanung - vgl. BAG, Beschluss vom 06.11.2016 - 1 ABR 64/14 - Rn. 21 unter Bezugnahme auf BAG, Beschluss vom 31.01.1989 - 1 ABR 72/89 - unter B. II. 2. b) der Gründe). Gegenstand einer Personalplanung, für die der Betriebsrat Vorschläge machen kann, sind auch personelle Maßnahmen, die zur Deckung des gegenwärtigen oder künftigen Personalbedarfs erforderlich werden. Inhalt eines Vorschlags des Betriebsrats nach § 92 Abs. 2 BetrVG kann daher sein, die Erledigung der im Betrieb anfallenden Aufgaben durch Arbeitnehmer von Fremdfirmen verrichten zu lassen, wie auch umgekehrt, gegenwärtig von Arbeitnehmern solcher Fremdfirmen verrichtete Arbeiten durch Arbeitnehmer des Betriebs, ggf. auch durch neu einzustellende Arbeitnehmer, verrichten zu lassen (siehe BAG, Beschluss vom 31.01.1989 - 1 ABR 72/87 - unter B. II. 2. b) der Gründe).
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b) Danach erweist sich der Feststellungsantrag zu V. als begründet. Die Arbeitgeberin hat mit E-Mail vom 15.02.2017 ihrer Informationspflicht über die Personalplanung bezogen auf die Werkvertragsbeschäftigten der Fa. E. nicht genügt. aa) Mit E-Mail vom 15.02.2017 hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht über ihre Personalplanung in Bezug auf die Werkvertragsbeschäftigten der Fa. E. für 2017 informiert, trotzdem sie mit Schreiben des Betriebsrats vom 21.10.2016 und 02.02.2017 aufgefordert worden war, über ihre Fremdleistungsplanung zu informieren. Die Arbeitgeberin hat sich vielmehr beschränkt darauf zu verweisen, dass der Werkvertrag mit der Fa. E. vom 01./02.03.2015 dem Betriebsrat bereits vorläge und dass sie den Betriebsrat „den neuen Vertrag anschließend zur Einsicht zur Verfügung stellen“ werde.
31
Es fehlen damit Angaben darüber, welche Bedarfsplanungen in Bezug auf die Werkvertragsbeschäftigen der Fa. E. Anfang des Jahres 2017 zu Grunde gelegt worden sind und welche Änderungen des bestehenden Werkvertrags mit der Fa. E. auf Basis dessen angestrebt wurden. Insoweit wurde dem Betriebsrat die Möglichkeit genommen, auf die Planung von Fremdleistungseinsatz zu Gunsten des Erhalts von Arbeitsplätzen und der Aufrechterhaltung von Arbeitsverhältnissen Einfluss zu nehmen.
32
Die Arbeitgeberin kann nicht damit gehört werden, dass bei ihr keine Personalplanung existiere. Es ist nicht vorstellbar, dass ohne Überlegungen und Feststellungen zum Arbeitskräftebedarf Änderungen des bestehenden Werkvertrags Anfang des Jahres 2017 verhandelt worden sind. Derartige Vertragsverhandlungen wären völlig planlos, was kaum vorstellbar erscheint. Der Arbeitgeber ist dem Betriebsrat aber in dem Maße zur Information verpflichtet, wie er selbst plant (vgl. LAG Berlin, Beschluss vom 13.06.1988 - 9 TaBV 1/88 - unter II. B. 2. der Gründe). Tatsächlich hat die Arbeitgeberin mit der internen Mitteilung vom 18.10.2017 eine „Hochrechnung 2017“ bzgl. des Arbeitszeitvolumens des Fremdeinsatzes mit 39.560 Stunden „auf Plan 2018“ angegeben. Dieser auf „eigene Abschätzung“ beruhende Angabe genügt, weil sie die Grundlage der betrieblichen Personalplanung der Arbeitgeberin ist. Für ein Informationsrecht der Arbeitgeberin kommt es nicht auf die Kalkulation der Fa. E. an.
33
Die Arbeitgeberin hat auch nicht behauptet, ihr hätten diese Zahlen nicht bereits zum Zeitpunkt der E-Mail vom 15.02.2017 vorgelegen. Vielmehr beruft sie sich in der internen Mitteilung vom 18.10.2017 pauschal auf „vielfältige Gründe“, warum sie den Forderungen des Betriebsrats zwischen Mitte Oktober 2016 und Mitte Februar 2017 nach Informationen zu Werkvertragsleistungen nicht entsprochen habe. Damit verkennt die Arbeitgeberin, dass sie den Informationsanspruch des Betriebsrats nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG rechtzeitig, d.h. zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, erfüllen muss (vgl. BAG, Beschluss vom 06.11.2016 - 1 ABR 64/14 - Rn. 13). Der künftige Einsatz von Fremdarbeitnehmern löst erst, aber bereits dann Aufgaben des Betriebsrats aus, wenn der Arbeitgeber sich zu einem solchen Einsatz entschließt und dazu konkrete Schritte unternimmt (vgl. BAG, Beschluss vom 09.07.1991 - 1 ABR 45/90 - unter B. II. 3. a) bb) der Gründe).
34
bb) Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat in der E-Mail vom 15.02.2017 nicht über den Einsatz der Werkvertragsbeschäftigten der Fa. E. in der Endverpackung des Grillkäses im April 2017 informiert. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der damalige Betriebsratsvorsitzende deren Einsatz am 05.04.2017 aufgrund eigener Beobachtung festgestellt hat. Eine diesbezügliche Information enthielt die E-Mail der Arbeitgeberin vom 15.02.2017 nicht. Die Arbeitgeberin hat auch nicht vorgetragen, zu einem späteren Zeitpunkt über den Einsatz der Werkvertragsarbeitnehmer der Fa. E. in der Endverpackung des Grillkäses informiert zu haben.
35
3. Der Hilfsantrag fiel nicht zur Entscheidung an, weil er lediglich hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag zu V. gestellt worden ist.
IV.
36
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (vgl. BAG, Beschluss vom 02.10.2017 - 1 ABR 59/06 -).
V.
37
Es bestand kein Grund, die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 91 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.