VG Würzburg, Urteil v. 12.12.2019 – W 3 K 18.311
Titel:

Keine Pflicht des Wohngeld-Antragstellers zur Duldung einer Inaugenscheinnahme seines Anwesens

Normenketten:
SGB I § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 3, § 66 Abs. 1
WoGG § 21 Nr. 3
SGB X § 35 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Bei einer Versagung der Leistung nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung des Klägers, beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Überprüfung allein darauf, ob die in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen erfüllt sind. Auf die Anspruchsvoraussetzungen für die geltend gemachte Leistung kommt es nicht an. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Pflicht zur Duldung von Hausbesuchen bei einem Antrag auf Gewährung von Wohngeld lässt sich § 60 Abs. 1 SGB I nicht entnehmen. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei § 66 Abs. 1 SGB I handelt es sich um eine Ermessensvorschrift und bei einer auf diese Vorschrift gestützten Versagung um eine Ermessensentscheidung, die entsprechend zu begründen ist. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohngeld, Versagung wegen fehlender Mitwirkung, hypothetische Ablehnung aus Gründen der materiellen Beweislast, Ermessensausfall, hypothetische Ablehnung, materielle Beweislast, Anfechtungsklage, Hausbesuch, Hausbesichtigung, fehlende Mitwirkung, Mitwirkungspflicht, Ermessensentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2019, 35287

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 8. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

I.
1
Die Parteien streiten um die Gewährung von Wohngeld für den Zeitraum vom 1. März 2017 bis zum 30. September 2017.
2
Am 28. Februar 2017 stellte der Kläger einen Erstantrag auf Gewährung eines Mietzuschusses für die Zeit ab dem 1. März 2017 für das von ihm und seinen Söhnen V . . (geb. am . . 2004), R . . (geb. am . . 2007) und K . . (geb. am . . 2015) bewohnte Anwesen .str. 11 in ... (48 m²). In dem Antrag gab der Kläger Eslarn als Hauptwohnsitz und Eltmann/Eschenbach als Zweitwohnsitz an. Aus einer dem Antrag beigelegten Meldebescheinigung der Stadt Eltmann ergibt sich, dass der Kläger seit dem 1. November 2012 in ... mit einer Hauptwohnung und seit dem 1. März 2017 in ... mit einer Nebenwohnung gemeldet ist. Dem Wohngeldantrag lagen weitere diverse Anlagen bei.
3
Aus einem Aktenvermerk des Beklagten vom 11. April 2017 ergibt sich, dass der Kläger nach Angaben des Grundsteueramts in Eslarn und des Grundsteueramts in ... ein Haus in Eslarn in ... sowie eine Eigentumswohnung in ... besitze. Laut einer E-Mail von einer Mieterin des Klägers vom 30. November 2016 befänden sich im Haus in ..., das ebenfalls dem Kläger gehöre, insgesamt drei Wohnungen. Darüber hinaus habe der Kläger ein Haus in Frankreich.
4
Aus einem undatierten handschriftlichen Schreiben des Klägers ergibt sich, dass dieser folgende Vermögenswerte besitzt:
1) Wohnung in ...
2) Schrebergarten/Freizeitgarten in ...
3) Haus in ...
4) Bauplatz in ...
5) Haus in ...
6) Haus in ...
5
Die Wohnung in  habe 41,7 m² und sei an die Tochter des Klägers vermietet. Sie habe einen Wert von 41.700,00 EUR. Der Schrebergarten/Freizeitgarten in ... habe eine Fläche von ca. 600 m² in Hanglage und sei als landwirtschaftliche Fläche eingetragen. Er habe einen Wert von ca. 1.800,00 EUR. Das Anwesen in ... umfasse 60 m² im Erdgeschoss und 23 m² im Dachgeschoss. Ein Garten sei nicht vorhanden. Laut Sachverständigengutachten habe die Immobilie einen Wert von 10.000,00 EUR. Nach Angaben des Klägers könne diese eventuell für 19.000,00 EUR verkauft werden. Die 60 m² große Wohnung sei vermietet. Die Wohnung im Dachgeschoss habe der Kläger unentgeltlich seiner Tochter überlassen. Der Bauplatz in ... umfasse 1.536 m² und sei leicht verwildert. Der Kläger versuche seit Jahren erfolglos, diesen Bauplatz für 25.000,00 EUR zu verkaufen. Bei 15,00 EUR pro Quadratmeter hätte das Grundstück einen Wert von 23.040,00 EUR. Das Haus in Frankreich sei stark baufällig, gegebenenfalls sogar abbruchreif. Es sei aufgrund eines starken Schimmelbefalls und Feuchtigkeit nicht bewohnbar. Der Kläger habe es für 10.000,00 EUR im Jahre 2015 gekauft. Er habe es für 15.000,00 EUR ausgeschrieben, würde es jedoch ab 12.500,00 EUR verkaufen. Das Anwesen .gasse 2 in Eslarn habe eine Grundfläche von 111 m², davon 35 m² Nutzfläche sowie 35 m² bewohnbare Fläche im Obergeschoss. Das Erdgeschoss sei von Schimmel befallen. Bei einem Verkauf sei ein Betrag von 10.000,00 EUR erzielbar. Insgesamt schätze der Kläger den Gesamtwert seiner Immobilien auf 100.000,00 EUR.
6
Darüber hinaus ist der Kläger Inhaber zweier .Bausparverträge. Ausweislich zweier Kontoauszüge aus dem Jahre 2016 weist der eine Bausparvertrag ein Guthaben in Höhe von 1.923,14 EUR und der andere ein Guthaben in Höhe von 2.100,80 EUR aus.
7
Mit Schreiben vom 19. Mai 2017 und vom 12. Juni 2017 forderte der Beklagte jeweils unter Fristsetzung weitere Nachweise beim Kläger an. Die Aufforderung erfolgte unter dem ausdrücklichen Hinweis, dass die Wohngeldleistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt bzw. entzogen werden könne.
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Mit E-Mail vom 18. Juni 2017 nahm der Kläger zu den angeforderten Unterlagen Stellung. Den Mietvertrag von ... werde er am nächsten Tag abgeben. Den Kaufvertrag für die Wohnung in ... müsse er erst raussuchen. Das Haus in Eslarn sei ein kleines Einfamilienhaus. Das Erdgeschoss könne wegen starken Schimmelbefalls und hoher Luftfeuchtigkeit nicht genutzt werden. Das Haus in Frankreich sei auch kein Mehrfamilienhaus. Dieses sei zwar groß, aber nicht zum Wohnen geeignet. Er habe es einem dort ansässigen Makler zum Verkauf angeboten. Ab 12.000,00 EUR netto werde er es verkaufen.
9
Mit einer undatierten E-Mail beauftragte der Beklagte den Außendienst zur Klärung diverser Fragen bezüglich des Anwesens in der .str. 5 in ... Es solle geklärt werden, wie viele Wohnungen sich im Haus befänden, wie viele Quadratmeter diese Wohnungen jeweils hätten, ob die Wohnungen bewohnbar seien, wie viele Wohnungen bewohnt seien, von wem diese Wohnungen bewohnt seien und was das Anwesen wert sei.
10
Mit E-Mail vom 27. Juni 2017 erklärte der Beklagte, dass das Kreisbauamt beauftragt worden sei, das Haus in der .str. 5 in ... zu besichtigen. Es sei mehrfach erfolglos versucht worden eine Terminabsprache mit dem Kläger diesbezüglich zu erreichen. Da die Besichtigung für die Bearbeitung des Wohngeldantrags notwendig sei, werde um umgehende Kontaktaufnahme mit dem Kreisbauamt gebeten. Auf die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Sinne der §§ 60 ff. SGB I werde ausdrücklich verwiesen.
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Mit E-Mail vom 5. Juli 2017 teilte der Kläger mit, dass das Haus vermietet bzw. anderweitig bewohnt sei. Im Erdgeschoss wohne Frau P* . mit ihrem Sohn auf 60 m². Im ersten Obergeschoss wohne seine Tochter auf 23 m². Es gebe dort auf Dauer keinen Platz für seine Söhne und ihn selbst. Selbst wenn die Einliegerwohnung freigegeben werde, sei diese mit 23 m² viel zu klein. Die Besitzerinnen der Wohnungen lehnten einen Besichtigungstermin ab.
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Mit E-Mail vom 9. Juli 2017 wies der Kläger darauf hin, dass er den Kaufvertrag für die Wohnung in ... aus dem Jahre 2002 nicht auffinden könne. Aus einem der E-Mail als Anlage angehängten Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 5. Dezember 2002 ergibt sich ein Kaufpreis hierfür in Höhe von 45.000,00 EUR.
13
Mit Schreiben vom 20. Juli 2017 beauftragte der Beklagte im Rahmen der Amtshilfe das Landratsamt Neustadt an der Waldnaab damit, für das Haus des Klägers in Eslarn in der .gasse 2 eine Wertermittlung durchzuführen. Eine Innenbesichtigung sei nicht möglich. Auch vorhandene Grundrisse des gesamten Hauses würden benötigt. Es werde um eine Aussage gebeten, wie die Chancen der Verwertbarkeit des Hauses in Eslarn seien.
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Mit Schreiben vom 27. Juli 2017 forderte der Beklagte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 10. August 2017 erneut auf, die genaue Adresse des Hauses in Frankreich mitzuteilen und darüber hinaus das Verkaufsexposé des Maklers sowie Bilder des Hauses von innen und von außen vorzulegen. Darüber hinaus komme die Gewährung von Wohngeld nicht in Betracht, wenn der Kläger in dem Anwesen in ... über ausreichend Wohnraum für die Eigennutzung verfügen könne. Der Kläger habe an seine Tochter bereits eine Wohnung in ... vermietet, sodass die Bereitstellung einer Zweitwohnung für diese in ... nicht zwingend notwendig sei. In der Regel erfolge die Prüfung vor Ort durch eine Fachkraft des Bauamtes. Da für dieses Objekt ein Sachverständigengutachten erstellt worden sei, könne von einer Ortseinsicht abgesehen werden, wenn dem Beklagten das vollständige Gutachten zur Einsichtnahme vorgelegt werde. Die Pflicht zur Mitwirkung beruhe auf § 60 SGB I. Die Aufforderung erfolgte unter dem ausdrücklichen Hinweis, dass die Wohngeldleistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt bzw. entzogen werden könne.
15
Laut einem Aktenvermerk des Beklagten vom 27. Juli 2017 sei nach einer Auskunft des Bürgermeisters von Eslarn das Anwesen .gasse 2 in Eslarn bewohnbar. Er glaube, dass das Haus für 50.000,00 EUR verkauft werden könne. Eine vom Kläger vorgelegte Ablichtung eines undatierten Kaufvertrags für das Anwesen weist einen Kaufpreis in Höhe von 10.000,00 EUR aus.
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Mit E-Mail vom 29. Juli 2017 teilte der Kläger mit, dass er in seinem Mietshaus in ... nur eingeschränkt über Wohnraum zur Eigennutzung verfüge. Es sei der Raum seiner Tochter. Das Apartment mit einem Zimmer sei für vier Personen auf Dauer nicht zumutbar. Das gewünschte Gutachten bezüglich des Anwesens ... müsse er erst raussuchen.
17
Mit weiterem Schreiben des Beklagten vom 4. August 2017 wurde unter anderem erneut auf die fehlenden Nachweise hingewiesen. Es erfolgte ein erneuter Hinweis auf die Möglichkeit der Versagung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I.
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Mit E-Mail vom 9. September 2017 teilte der Kläger mit, dass er das Gutachten für das Anwesen in ... bisher nicht gefunden habe. Die dritte Wohnung in dem Anwesen sei bis heute im Rohbau.
19
Mit Schreiben vom 14. September 2017 teilte der Beklagte mit, dass weitere Nachweise umgehend einzureichen seien. Falls das Sachverständigengutachten für das Anwesen in ... nicht vorgelegt werden könne, müsse zur Klärung des Sachverhalts eine Innenbesichtigung der Dachgeschosswohnung durch einen Mitarbeiter des Bauamtes erfolgen. Es sei zu prüfen, ob im Haus in Eslarn maßgebende Wertsteigerungen stattgefunden hätten. Es werde um Vorlage eines Verkehrswertgutachtens gebeten. Falls ein solches nicht vorgelegt werden könne, sei der Wert des Hauses durch eine Innenbesichtigung im Rahmen der Amtshilfe durch das Bauamt des Landratsamtes Neustadt an der Waldnaab festzustellen. Falls die angeforderten Unterlagen nicht spätestens bis zum 15. September 2017 eingereicht würden oder bis zu diesem Termin einer Besichtigung nicht zugestimmt werde, müsse angenommen werden, dass an der Berechnung des Wohngelds kein Interesse mehr bestehe. Die Wohngeldleistung könne dann nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt bzw. entzogen werden.
20
Mit E-Mail vom 17. September 2017 fragte der Kläger, ob eine kostenlose Bewertung der Immobilien von verschiedenen Maklern bzw. Sparkassen akzeptiert werde.
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Mit E-Mail vom 18. September 2017 übersandte der Kläger einzelne abgelichtete Seiten eines Gutachtens vom 13. Februar 2007 zur Verkehrswertermittlung für das Anwesen in der .str. 5 in ... Danach handele es sich hierbei um ein Drei-Familien-Wohnhaus mit Garage. Der Wert betrage 10.000,00 EUR. Darüber hinaus wurden diverse Bilder des Anwesens übermittelt. Das Gutachten sei jedoch schon über zehn Jahre alt. Es habe fälschlicherweise das kleine Haus mit Einlieger-Dachwohnung als Drei-Familien-Haus ausgewiesen. Die dritte Wohnung sei bis heute ein Rohbau und habe weder eine Küche noch Sanitäreinrichtungen. Der Kläger legte weiterhin eine Vermieterbescheinigung vor, aus der sich ergibt, dass die 60 m² große Wohnung in der .str. 5 in ... an Frau P. vermietet sei.
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Mit Schreiben vom 29. September 2017 wies der Beklagte darauf hin, dass eine kostenlose Bewertung durch einen Makler oder die Sparkasse nicht notwendig sei. Die Innenbesichtigung des Hauses in Hofheim/Reckerts-hausen durch das Bauamt sei im Rahmen der Amtshilfe kostenlos. Weder der Einheitswertbescheid aus dem Jahr 2010 noch das Gutachten aus dem Jahr 2007 noch die vorgelegten Bilder seien für die jetzige Wertermittlung ausreichend. Durch eine Innenbesichtigung solle geprüft werden, ob die Dachgeschosswohnung ausgebaut sei. Ebenfalls solle durch eine Innenbesichtigung der Wert des Hauses in Eslarn, .gasse 2, ermittelt werden. Die genaue Vermögensprüfung sei erforderlich, weil eine Überschreitung der Vermögensgrenze von 150.000,00 EUR in Betracht komme. Falls ein Ortstermin nicht bis zum 10. Oktober 2017 mit den Bauämtern ausgemacht werde, müsse angenommen werden, dass an der Berechnung des Wohngeldes kein Interesse mehr bestehe. Die Wohngeldleistung könne dann nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung versagt bzw. entzogen werden.
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Mit E-Mail vom 30. September 2017 teilte der Kläger mit, dass er seinen Hauptwohnsitz in Eltmann zum 30. September 2017 abgemeldet habe. Er kehre mit seinen Kindern nach Ebrach und Eslarn zurück. Er habe im Oktober 2017 ein Anwesen in der .str. 6 in Eslarn für 9.000,00 EUR zuzüglich etwa 1.000,00 EUR Nebenkosten erworben. Eine Auflassungsvormerkung ist im Grundbuch eingetragen.
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Mit E-Mail vom 4. Oktober 2017 erläuterte der Kläger erneut, dass das Dachgeschoss im Anwesen in ... nicht ausgebaut sei. Er könne aktuelle Fotos des Dachgeschosses machen sowie eine eidesstattliche Versicherung unterschreiben. Ein Besichtigungstermin für das Anwesen in Eslarn (* .gasse 2) sei für den 2. Oktober 2017 ausgemacht gewesen. Der entsprechende Sachbearbeiter sei jedoch krank geworden. Die Vertretung habe jedoch den Besichtigungstermin abgelehnt, da der Kläger es untersagt habe, Fotos zu machen.
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Mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 wies der Beklagte erneut auf das Schreiben vom 14. September 2017 hin. Sobald das Bauamt das Anwesen in Eslarn (* .gasse 2) geschätzt habe und der Außendienst in ... stattgefunden habe, werde über den Antrag auf Mietzuschuss entschieden. Für das Anwesen .str. 6 in Eslarn sei eine Auflassungsvormerkung vorhanden. Der Kläger sei in dieses Anwesen eingezogen. Deshalb werde davon ausgegangen, dass der Eigentumsübergang in Kürze stattfinden werde. Bisher habe der Kläger angegeben, dass er kein nennenswertes Geldvermögen habe. Aufgrund des Hauskaufs werde davon ausgegangen, dass entsprechendes Geldvermögen vorhanden sei, außer der Kauf sei über Kredit finanziert worden oder als Schenkung erfolgt. Der Kläger solle Nachweise bis zum 30. Oktober 2017 vorlegen. Es werde letztmalig für die Vereinbarung eines Termins bis zum 30. Oktober 2017 Fristverlängerung gewährt. Falls der Termin nicht eingehalten werde, werde beabsichtigt den Antrag wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I abzulehnen.
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Mit Bescheid vom 8. November 2017 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Mietzuschusses für die Zeit ab dem 1. März 2017 für die Wohnung in ... ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Wohngeldleistung nach § 66 SGB I in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I versagt werde, da die erforderlichen Nachweise nicht innerhalb der gesetzten Frist ohne Angabe von Gründen vorgelegt worden seien. Die beantragten Leistungen seien daher bei Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens zu versagen.
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Mit Schreiben vom 13. November 2017 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 8. November 2017 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Vermögen des Klägers durch den Kauf des Anwesens in der .str. 6 in Eslarn nicht erhöht habe. Auch sei dies für den Wohngeldberechnungszeitraum vom 1. März 2017 bis zum 30. September 2017 nicht von rechtlicher Relevanz, da der Kauf danach erfolgt sei. Darüber hinaus könne das Landratsamt Neustadt an der Waldnaab nach eigenen Angaben die Häuser sehr wohl von außen im Wert schätzen. Das Obergeschoss im Anwesen ... sei für einen Erwachsenen mit drei Kindern nicht zumutbar. Darüber hinaus übersteige das Vermögen des Klägers und seiner Kinder den Vermögensfreibetrag von 150.000,00 EUR nach wie vor nicht.
28
Die Regierung von Unterfranken wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2018 zurück. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger die notwendigen Nachweise trotz mehrmaliger Aufforderung der Wohngeldbehörde nicht vorgelegt habe. Ohne Vorlage der notwendigen Unterlagen habe die Wohngeldbehörde nicht ermitteln können, ob eine Wohngeldberechtigung tatsächlich vorliege. Die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung seien im vorliegenden Verfahren nicht überschritten worden. Die Versagung wegen fehlender Mitwirkung sei zulässig gewesen, da der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei (§ 66 Abs. 3 SGB I) und auf die Mitwirkungspflichten und die Folgen fehlender Mitwirkung mit mehreren Schreiben hingewiesen worden sei. Da im Entscheidungszeitpunkt die Wohnverhältnisse und die Vermögensverhältnisse unklar gewesen seien sowie auch eine Bewohnung der eigenen Häuser des Klägers und der im Eigentum des Klägers stehenden Wohnung nicht habe ausgeschlossen werden können und hiermit relevante Informationen zur Entscheidung über den Wohngeldantrag gefehlt hätten, habe die Wohngeldbehörde den Wohngeldantrag vom 28. Februar 2017 wegen fehlender Mitwirkung im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens ablehnen können. Darüber hinaus habe der Kläger nach bisherigem Stand der Ermittlungen ein verwertbares Vermögen in Höhe von 163.299,92 EUR. Dieser Betrag setze sich wie folgt zusammen: Haus in Frankreich (19.000,00 EUR), Haus in E., .gasse 2 (50.000,00 EUR), Haus in ... (19.000,00 EUR), Eigentumswohnung in ... (45.000,00 EUR), zwei Bauplätze in ... (24.475,98 EUR), Garten in B. (1.800,00 EUR), Bausparvertrag (Nr. 1) (1.923,14 EUR), Bausparvertrag (Nr. 2) (2.100,80 EUR). Eine Ablehnung des Wohngelds hätte zudem nach § 21 Nr. 3 WoGG erfolgen können. Hiernach bestehe ein Anspruch auf Wohngeld insoweit nicht, als die Inanspruchnahme des konkreten Wohngelds missbräuchlich wäre, insbesondere wegen erheblichen Vermögens. Erhebliches Vermögen im Sinne des § 21 Nr. 3 WoGG (21.36 Abs. 1 WoGVwV) sei bei einer Überschreitung von 150.000,00 EUR gegeben, was vorliegend eindeutig der Fall sei. Der Wohngeldantrag hätte daher hilfsweise auch nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast abgelehnt werden können. Im Übrigen werde vollumfänglich auf den Bescheid vom 8. November 2017 verwiesen.
II.
29
Hiergegen erhob der Kläger am 13. März 2018 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg und beantragte zuletzt,
Der Versagungsbescheid vom 8. November 2017 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 werden aufgehoben.
30
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vermögen des Klägers weit unter der 150.000,00 EUR-Grenze liege. Die Vermögenstabellenaufstellung im Widerspruchsbescheid stimme bezüglich des Wertes des Hauses in Eslarn (50.000,00 EUR) nicht. Der geschätzte Wert des Hauses betrage 14.000,00 EUR, wobei ein möglicher erzielbarer Verkaufspreis allerhöchstens bei 12.000,00 EUR liege. Alle anderen dort aufgeführten Punkte seien zutreffend. Die Objekte in ... und in ... seien vermietet und dienten der Sicherung seines Existenzminimums. Die aufgelisteten Bausparverträge seien zum damaligen Zeitpunkt geschützte Wohnriesterverträge der Altersversorge gewesen. Auf der Wohnung in ... habe er noch Schulden, die abgezogen werden müssten. Als berücksichtigungsfähiges Vermögen habe er nur 44.010,00 EUR.
31
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
32
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Wohngeldantrag sei wegen der unzureichenden Mitwirkung des Klägers abgelehnt worden. Die geforderten Mitwirkungshandlungen seien für die Entscheidung über den Wohngeldantrag von erheblicher Bedeutung. Ohne die sachverständige Begutachtung des Wohnhauses in Eslarn, .gasse 2 - auch von innen - sei der für die Vermögensermittlung benötigte Verkehrswert nicht zuverlässig zu bestimmen gewesen. Ohne die Besichtigung des Wohnhauses in ... sei nicht festzustellen gewesen, ob dem Kläger dort bezugsfertiger Wohnraum zur Verfügung gestanden habe. Auf die ausführliche Würdigung der Rechtslage im Widerspruchbescheid der Regierung von Unterfranken werde Bezug genommen.
33
Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2019, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten und der Regierung von Unterfranken, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

34
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren des Klägers, den Bescheid des Beklagten vom 8. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 aufzuheben. Dies hat der Kläger auf entsprechenden Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung klargestellt.
35
Die so verstandene Klage ist zulässig und begründet.
36
Die Klage ist zulässig.
37
Statthafte Klageart im vorliegenden Verfahren ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Im Wege der Klage gegen einen auf § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I, S. 3015), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz vom 17. August 2017 (BGBl. I, S. 3214) - SGB I - gestützten Versagungsbescheid kann im Grundsatz nicht die Verpflichtung der Behörde zur Gewährung der beantragten Sozialleistung erstritten werden, denn in § 66 SGB I ist ein eigenständiger Versagungsgrund normiert. Die Rechtmäßigkeit eines auf § 66 SGB I gestützten Versagungsbescheides ist allein danach zu beurteilen, ob die in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen bei seinem Erlass erfüllt waren. Bei einer Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheides genügt dessen Aufhebung. Die Behörde hat dann über den geltend gemachten Sozialleistungsanspruch in der Sache selbst zu entscheiden. Bei einer Versagung der Leistung nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung des Klägers, beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Überprüfung demgemäß allein darauf, ob die in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen erfüllt sind. Mithin kommt es insoweit auf die Anspruchsvoraussetzungen für die geltend gemachte Leistung nicht an. (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2009 - 12 C 08.2101 - juris Rn. 8 m.w.N.).
38
Vorliegend wurde die Versagung des Antrags vom 15. März 2017 auf Gewährung eines Mietzuschusses sowohl im Ausgangsbescheid vom 8. November 2017 als auch im Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 maßgeblich auf eine fehlende Mitwirkung gemäß § 66 i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I gestützt, sodass den aufgezeigten Grundsätzen entsprechend eine Anfechtungsklage statthaft ist.
39
Daran vermögen auch die hilfsweisen Ausführungen zu einer möglichen Versagung nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast im Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 nichts zu ändern. Zunächst kann die Frage, ob die Ablehnung eines Wohngeldantrags kumulativ wegen fehlender Mitwirkung und zugleich nach den Regeln der materiellen Beweislast erfolgen kann oder ob die Ablehnung nur alternativ auf einen der beiden Gründe gestützt werden kann (so wohl: BayVGH, B.v.23.3.2009 - 12 ZB 07.1945 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 18.8.2006 - 9 C 06.1845 - juris Rn. 24 m.w.N.; BayVGH, U.v. 5.3.2002 - 12 B 99.2079 - juris Rn. 60 f.; BayVGH, B.v. 16.8.1999, Az.: 12 C 99.583, Rn. 2 juris; VG München, U.v. 9.7.2004 - M 22 K 02.4368 - juris Rn. 41), hier offen gelassen werden. Denn folgt man der zweiten Ansicht, so erfolgte die Ablehnung - jedenfalls im vorliegenden Fall - allein aus Gründen der fehlenden Mitwirkung. Aus den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2018 geht deutlich hervor, dass die Ablehnung des Wohngeldantrags ausschließlich auf die fehlende Mitwirkung des Klägers gestützt werden soll. Darüber hinausgehend wird lediglich klargestellt, dass der Wohngeldantrag auch hilfsweise nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast abgelehnt werden k ö n n t e. Dass die Ablehnung des Wohngeldantrages über diese aufgezeigte hypothetische Möglichkeit hinaus auch tatsächlich hilfsweise darauf gestützt werden soll, lässt sich dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Ausführungen im Widerspruchsbescheid gerade nicht entnehmen. Dies zugrunde gelegt ist die Anfechtungsklage die statthafte Klageart (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).
40
Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 8. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ergibt sich aus Folgendem:
41
Der Beklagte durfte den Wohngeldantrag vom 15. März 2017 nicht auf der Grundlage von § 66 Abs. 1 SGB I ablehnen. Voraussetzung wäre, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachgekommen wäre und er hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert hätte. Nach Satz 2 der Norm gilt dies entsprechend, wenn der Kläger oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I), Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I).
42
Die Ablehnung des streitgegenständlichen Wohngeldantrages auf Grundlage von § 66 SGB I scheitert - unabhängig von den weiteren Voraussetzungen - vorliegend bereits daran, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt sind. Dies ergibt sich aus Folgendem:
43
Der streitgegenständliche Bescheid vom 8. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 19. Februar 2018 stützt die Ablehnung des beantragten Mietzuschusses maßgeblich darauf, dass der Kläger letztlich keinen Termin mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Bauamtes des Landratsamtes Haßberge zur Innenbesichtigung seines Anwesens in Reckertshausen/Hofheim ausgemacht hat sowie weiterhin einer Innenbesichtigung seines Anwesens in Eslarn (* .gasse 2) im Wege der Amtshilfe durch das Bauamt des Landratsamtes Neustadt an der Waldnaab nicht zugestimmt hat.
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Dies ergibt sich ungeachtet der insoweit nicht eindeutigen Formulierung im streitgegenständlichen Bescheid daraus, dass in den Gründen des Bescheids vom 8. November 2017 auf das Schreiben des Beklagten vom 19. Oktober 2017 Bezug genommen wird. In diesem Schreiben wurde der Kläger letztmalig aufgefordert, Termine zu Innenbesichtigung des Anwesens in Reckertshausen sowie des Hauses in Eslarn auszumachen, andernfalls werde beabsichtigt, den Antrag wegen fehlender Mitwirkung abzulehnen. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Beklagte zulässigerweise ursprünglich die Vorlage von Wertgutachten bezüglich beider Anwesen verlangt hat. An diesem Verlangen hat der Beklagte nämlich im weiteren Verlauf nicht mehr festgehalten. Wie sich aus dem Schreiben vom 14. September 2019, auf das das im streitgegenständlichen Bescheid genannte Schreiben vom 19. Oktober 2017 Bezug nimmt, ergibt, stellt der Beklagte für den Fall, dass die angeforderten Wertgutachten nicht vorgelegt werden können, ausschließlich auf die Pflicht des Klägers ab, eine Innenbesichtigung der beiden Anwesen zu dulden. Der Kläger hat indes mit E-Mail vom 17. September 2019 gerade eine solche Begutachtung seiner beiden Anwesen durch einen Makler oder die Sparkasse angeboten. Da ein solches Vorgehen von Seiten des Beklagten mit Schreiben vom 29. September 2017 als nicht notwendig bezeichnet wurde und somit die Vorlage von angebotenen (noch zu erstellenden) Wertgutachten gerade nicht verlangt wurde, blieb letztlich einzig die Forderung zur Duldung der Innenbesichtigung der Anwesen bestehen.
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Eine solche Pflicht zur Duldung von Hausbesuchen der beiden Anwesen des Klägers lässt sich jedoch dem § 60 Abs. 1 SGB I gerade nicht entnehmen (Mrozynski in Mrozynski, SGB I, 6. Aufl. 2019, § 60 Rn. 12). Der Beklagte hat eine Rechtsgrundlage für eine derartige Verpflichtung nicht dargelegt, auch sonst ist eine solche für die erkennende Kammer nicht ersichtlich.
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Dies zugrunde gelegt hat der der Kläger zunächst im Zuge der Antragstellung die maßgeblichen Tatsachen für die streitgegenständlichen Anwesen mitgeteilt. So hat dieser mit E-Mail vom 18. Juni 2017 dem Beklagten mitgeteilt, dass das Haus in Eslarn in der .gasse 2 ein kleines Einfamilienhaus sei. Das Erdgeschoss könne wegen starker Verschimmelung und hoher Luftfeuchtigkeit nicht bewohnt werden. Darüber hinaus hat der Kläger mit E-Mail vom 5. Juli 2017 dargelegt, dass das Haus in Reckertshausen vermietet sei. Die 60 m² große Wohnung sei an Frau P* . und die 23 m² große Wohnung sei an seine Tochter vermietet. Die sich in diesem Anwesen befindliche dritte Wohnung befinde sich lediglich im Zustand eines Rohbaus und sei somit nicht zum Wohnen geeignet. Der Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 27. Juli 2017 ein nach Angaben des Klägers bereits vorhandenes Verkehrswertgutachten bezüglich des Anwesens in Reckertshausen zur Einsichtnahme angefordert. Ein solches Vorgehen ist zunächst von § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I gedeckt, da der Kläger auf Verlangen des Beklagten Beweis u r k u n d e n vorzulegen hat. Der Kläger hat daraufhin mit E-Mail vom 29. Juli 2017 mitgeteilt, dass er das vorzulegende Sachverständigengutachten raussuchen und dem Beklagten übermitteln werde. Durch dieses Vorgehen ist der Kläger zunächst den sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 Alt. 1 SGB I ergebenden Mitwirkungspflichten nachgekommen. Er hat die Tatsachen, die für die Leistung erheblich sind, mitgeteilt und bezüglich des Anwesens in Reckertshausen ein Beweismittel bezeichnet. Der Kläger hat jedoch im Anschluss daran das angeforderte Gutachten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist vorlegen können, vielmehr hat er mit E-Mail vom 9. September 2017 mitgeteilt, dass das ursprüngliche Wertgutachten aus dem Jahre 2007 nicht mehr aufgefunden werden könne. Mit Schreiben vom 14. September 2017 machte der Beklagte daraufhin deutlich, dass für den Fall, dass ein Sachverständigengutachten für das Anwesen in Reckertshausen nicht vorgelegt werden könne, auf eine Innenbesichtigung der Dachgeschosswohnung des Anwesens durch einen Mitarbeiter des Bauamtes bestanden werden müsse. Darüber hinaus hat der Beklagte mit diesem Schreiben eine Vorlage eines Verkehrswertgutachtens bezüglich des Hauses in Eslarn (* .gasse 2) verlangt. Falls ein solches nicht vorgelegt werden könne, sei der Wert des Hauses durch eine Innenbesichtigung im Rahmen der Amtshilfe durch das Bauamt des Landratsamtes Neustadt an der Waldnaab festzustellen. Auch ein Verkehrswertgutachten bezüglich des Anwesens in Eslarn (* .gasse 2) wurde nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 25. September 2017 vorgelegt.
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Ohne dass dies der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid getan hätte, kann die fehlende Mitwirkung nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger die von ihm mit E-Mail vom 17. September 2017 angebotene Begutachtung beider Anwesen durch einen Makler oder die Sparkasse nicht vorgenommen hat. Eine solche Pflicht im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I hätte nämlich jedenfalls nur dann bestanden, wenn der Beklagte eine Vorlage solcher Gutachten verlangt hätte. Dieser hat jedoch mit Schreiben vom 29. September 2017 ausdrücklich auf eine solche Bewertung der Anwesen verzichtet, wodurch ein Verlangen des Beklagten zur Vorlage der angebotenen Beweisurkunden gerade nicht vorliegt. Aus diesem Grund könnte der Beklagte auch im konkreten Fall grundsätzlich nicht - wie in § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I gesetzlich vorgesehen - den Antrag wegen fehlender Mitwirkung aufgrund der Nichtvorlage der ursprünglich verlangten Verkehrswertgutachten (Beweisurkunden) bezüglich der beiden Anwesen ablehnen, da sich zumindest für den vorliegenden Fall aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I gerade nicht ableiten lässt, dass eine konkrete Beweisurkunde vorgelegt werden muss, sondern vielmehr, dass die Beweisurkunde zum Beweis der unter Beweis zu stellenden Tatsache geeignet erscheint. Dafür, dass die vom Kläger angebotenen (noch zu erstellenden) Wertgutachten diesen Anforderungen nicht genügen könnten, wurde von Seiten des Beklagten weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren etwas vorgetragen.
48
Eine Ablehnung wegen fehlender Mitwirkung erfolgte letztlich - wie dargelegt - ausweislich der Gründe des streitgegenständlichen Bescheides maßgeblich aufgrund der fehlenden Vereinbarung eines Besichtigungstermins der beiden Anwesen durch den Kläger. Eine solche Verpflichtung lässt sich jedoch wie oben dargestellt nicht aus § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I ableiten.
49
Da sich eine Pflicht zur Duldung der Inaugenscheinnahme nicht aus § 60 Abs. 1 SGB I ableiten lässt, kann die von dem Beklagten alleinig akzeptierte Begutachtung durch die Bauämter, im Gegensatz zu einer Vorlage von entsprechenden Gutachten, nicht verlangt werden. Dementsprechend liegt in der Weigerung des Klägers, einer Inaugenscheinnahme der beiden Anwesen zuzustimmen, keine Verletzung einer Mitwirkungspflicht im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I.
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Unabhängig davon und darüber hinaus hält auch die vorgenommene Ermessensausübung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Dies ergibt sich aus Folgendem:
51
Bei § 66 Abs. 1 SGB I handelt es sich um eine Ermessensvorschrift ("kann") und bei einer auf diese Vorschrift gestützten Versagung um eine Ermessensentscheidung, die in einer den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I, S. 130), zuletzt geändert durch Art. 10 Abs. 11 vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I, S. 3618) - SGB X - entsprechenden Weise zu begründen ist.
52
Zum einen genügt der angegriffene Ausgansbescheid vom 8. November 2017 trotz der Erwähnung "in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens" schon nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X, weil er die Gesichtspunkte nicht erkennen lässt, von denen der Beklagte bei der Ausübung seines Ermessens ausgegangen ist. Zum anderen lässt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen, ob der Beklagte sein Ermessen überhaupt in der Sache ausgeübt hat, so dass diesbezüglich ein Ermessensausfall vorliegt. Eine andere Sicht der Dinge wäre nur dann geboten, wenn bei der Leistungsversagung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I nach den Grundsätzen über das gelenkte oder intendierte Ermessen auf eine Darlegung der Ermessenserwägungen verzichtet werden könnte. Bei § 66 SGB I handelt es sich aber gerade nicht generell um ein solches gelenktes oder intendiertes Ermessen, denn die Behörde wird sich in vielen Fällen Gedanken machen müssen, ob unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und unter den besonderen Umständen des Einzelfalles die Leistung nach § 66 SGB I oder aber wegen Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast versagt werden soll (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 5.4.2001 - 12 CE 01.428 - juris Rn. 11).
53
Dies zugrunde gelegt wurde auch im insoweit maßgeblichen Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2018 das Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
54
Zunächst handelt es sich bei den von der Regierung von Unterfranken angeführten Aspekten des öffentlichen Interesses und dem Gleichbehandlungsgrundsatz um lediglich formelhafte und gerade nicht auf den konkreten Einzelfall bezogene Ermessensausführungen, sodass diese Ausführungen nicht geeignet erscheinen, eine ordnungsgemäße Ermessensausübung zu begründen.
55
Darüber hinaus lässt sich dem Widerspruchsbescheid entnehmen, dass nach Auffassung der Regierung von Unterfranken der Sachverhalt im Rahmen der Amtsermittlungspflicht nicht weiter aufgeklärt hätte werden können. In einem solchen Fall hätte neben einer Entscheidung nach § 66 SGB I die Möglichkeit bestanden, die Leistung aus sachlichen Gründen zu versagen, weil eine Leistungsvoraussetzung nach den Regeln der materiellen Beweislast in tatsächlicher Hinsicht nicht vorgelegen hätte. Der Kläger könnte in diesem Fall durch spätere Vorlage geeigneter Nachweise im Nachhinein die Anspruchsvoraussetzungen klarstellen und so doch noch von Anfang an einen Mietzuschuss erhalten. Demgegenüber verliert ein Hilfesuchender den Leistungsanspruch, wenn die Leistung nach § 66 SGB I versagt worden ist. Auch wenn er die Mitwirkung nachholt, steht es gemäß § 67 SGB I im Ermessen des Leistungsträgers, die begehrte Leistung im Nachhinein zu erbringen oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2009 - 12 C 08.2101 - juris Rn. 4 m.w.N.).
56
Vor diesem Hintergrund hätte die Regierung von Unterfranken erwägen müssen, ob unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der besonderen Umstände des Einzelfalls die Leistung nach § 66 Abs. 1 SGB I oder aber wegen Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast versagt werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2009 - 12 C 08.2101 - juris Rn. 5 m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen war die Ermessensausübung - soweit die erkennende Kammer diese überprüfen kann (§ 114 Satz 1 VwGO) - zu beanstanden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
57
Zwar wurde im Widerspruchsbescheid - vor dem Hintergrund der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - nicht verkannt, dass grundsätzlich auch eine Ablehnung aus Gründen der materiellen Beweislast in Betracht käme, weitergehende Ermessenerwägungen diesbezüglich lassen sich dem Widerspruchsbescheid jedoch nicht entnehmen. Mit anderen Worten lässt sich dem Widerspruchsbescheid keine hinreichend konkrete Ermessensabwägung zwischen einer Versagung nach § 66 Abs. 1 SGB I und einer Entscheidung nach materieller Beweislast entnehmen, insbesondere wurde nicht erwogen, welche Entscheidungsform für den Betroffenen im Fall einer Nachreichung bisher fehlender Nachweise günstiger ist (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Bräuer/Wiedmann, WoGG Kommentar, 77. El. Oktober 2019, § 24 Rn. 16). Insoweit liegt diesbezüglich ein Ermessensausfall vor. Im Übrigen ist schon nicht ersichtlich, dass der Beklagte sowie die Regierung von Unterfranken den dargestellten Unterschied in den Handlungsmöglichkeiten überhaupt erkannt haben. Daran können auch die hypothetischen und gleichsam hilfsweisen Ausführungen zu einer möglichen Ablehnung nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast im Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2018 nichts ändern.
58
Darüber hinaus hätte eine Versagung aus Gründen der materiellen Beweislast entgegen der Auffassung der Regierung von Unterfranken nicht erfolgen können. Die Grundsätze über die materielle (objektive) Beweislast gelten auch im Wohngeldrecht (BVerwG, U.v. 16.1.1974 - VIII C 117.72 - juris). Die Ablehnung wegen materieller Beweislast entscheidet im Unterschied zum Vorgehen nach § 66 SGB I sachlich über den gestellten Wohngeldantrag. Mit anderen Worten darf eine solche Ablehnung nach den Regeln der materiellen Beweislast erst nach einer Prüfung der materiellen Voraussetzungen des Wohngeldanspruches erfolgen (VG Würzburg, U.v. 22.3.2012 - W 3 K 11.984 - juris Rn. 39). Nach diesen Grundsätzen ist dann die Frage zu beantworten, zu wessen Ungunsten die sich nach gebotener Ausschöpfung aller geeigneten und zumutbaren Aufklärungsmöglichkeiten ergebende Unaufgeklärtheit einer rechtserheblichen Tatsache, eine sog. non-liquet-Situation, geht (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Bräuer/Wiedmann, WoGG Kommentar, 77. El. Oktober 2019, § 24 Rn. 19). Da vorliegend gerade noch keine Ausschöpfung aller geeigneten und zumutbaren Aufklärungsmöglichkeiten stattgefunden hatte, hätte eine Ablehnung nach diesen Grundsätzen nicht erfolgen können. Vielmehr hätte diesbezüglich dem Angebot des Klägers, die beiden Anwesen durch einen Makler oder die Sparkasse begutachten zu lassen, nachgegangen werden können. Das Verlangen der Vorlage dieser angebotenen Verkehrswertgutachten wäre auch von § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I gedeckt gewesen. Dass eine solche Begutachtung nicht geeignet oder unzumutbar wäre, wurde weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren vorgetragen. Vielmehr wurde mit Schreiben vom 29. September 2017 lediglich mittgeteilt, dass eine Begutachtung durch einen Makler oder die Sparkasse nicht notwendig sei und eine Innenbesichtigung der Anwesen durch den Beklagten kostenlos sei.
59
Eine Ablehnung hätte weiterhin entgegen der Auffassung der Regierung von Unterfranken auch nicht auf § 21 Nr. 3 Wohngeldgesetz vom 24. September 2008 (BGBl. I, S. 1856), zuletzt geändert durch Art. 22 Abs. 4 Gesetz vom 11. November 2016 (BGBl. I, S. 2500) - WoGG - gestützt werden können. Voraussetzung für eine Ablehnung wegen erheblichen Vermögens ist, dass die Vermögensverhältnisse, auf welche die Ablehnung gestützt werden soll, aufgeklärt sind (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Bräuer/Wiedmann, WoGG Kommentar, 77. El. Oktober 2019, § 21 Rn. 61). Vorliegend waren jedoch die konkreten Vermögensverhältnisse noch nicht vollständig aufgeklärt, vielmehr hat die Regierung von Unterfranken insbesondere den Wert des Anwesens in Eslarn (* .gasse 2) - aufgrund einer Aussage des Bürgermeisters von Eslarn - lediglich geschätzt.
60
Der angegriffene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO aufzuheben. Streitigkeiten im Wohngeldrecht sind als Angelegenheiten der Fürsorge im Sinne des § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO anzusehen, so dass Gerichtskosten nicht erhoben werden (BVerwG, U.v. 23.4.2019 - 5 C 2/18 - juris).