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VG Ansbach, Urteil v. 18.12.2019 – AN 16 K 18.02024
Titel:

Rückzahlung von nach dem Tod des Berechtigten überwiesenen Versorgungsbezügen

Normenketten:
BeamtVG § 52 Abs. 2, Abs. 4
SGB VI § 118 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1
VwVG § 3 Abs. 2, § 88
BGB § 812, § 818 Abs. 3
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2
Leitsätze:
1. Der Rentenversicherungsträger muss zu Unrecht über den Tod des Berechtigten hinaus überwiesene Rentenleistungen nach § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI vorrangig gegenüber dem die Überweisung empfangenden Geldinstitut geltend machen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im übrigen steht es dem Rentenversicherungsträger frei, gegenüber welchen Empfängern bzw. Verfügenden er beim Zusammentreffen mehrerer Empfänger bzw. Verfügender eine Rückerstattung iSd § 118 Abs. 4 SGB VI geltend macht. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Erstattungsanspruch besteht unabhängig davon, ob der Empfänger oder Verfügende bereichert ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Rückforderung zu Unrecht gezahlter Geldleistungen, Einwand der Entreicherung ausgeschlossen, Geldleistung, Rentenversicherungsträger, Vertrauensschutz, Rückzahlungsverpflichtung, Versorgungsbezug, vorrangige Inanspruchnahme, Geldinstitut
Fundstelle:
BeckRS 2019, 34332

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen ein Rückforderungsbegehren der Beklagten i. H. v. 309,67 EUR aufgrund überzahlter Versorgungsbezüge.
2
Die Klägerin ist die Tochter der … 2017 verstorbenen …, die von der Beklagten Versorgungsbezüge nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) erhalten hat.
3
Die Beklagte überwies in Unkenntnis des Todes für den Zeitraum Januar 2018 Geldleistungen i. H. v. 1237,34 EUR auf das Konto der Verstorbenen bei der … … (BIC: …; IBAN: …*). Nach Kenntnisnahme der von der Stadt … übersandten Sterbeurkunde, rief die Beklagte den diesbezüglich erteilten Einzelauftrag zurück. Die … teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. Januar 2018 mit, dass sie das Rückforderungsersuchen am 23. Januar 2018 erhalten habe und der Kontostand am Tag der Rentenrückforderung 22,25 EUR im Soll betragen habe. Die Rente für den Monat Januar 2018 sei am 29. Dezember 2017 dem oben genannten Konto gutgeschrieben worden. Vor Eingang der Rente habe der Kontostand 1.108,59 EUR im Haben betragen. Der Rückforderung könne nicht entsprochen werden, weil seit der Gutschrift der Rente bis zum Eingang der Rückforderung über den kompletten Rentenbetrag verfügt worden sei. In einer Anlage übersandte die … der Beklagten eine Übersicht aller relevanten Umsätze. Aus dieser geht hervor, dass am 2. Januar 2018 ein Betrag i. H. v. 200,00 EUR, am 3. Januar 2018 ein Betrag i. H. v. 1.000,00 EUR und am 4. Januar 2018 ein Betrag i. H. v. 525,00 EUR am Geldautomaten ausgezahlt wurden. Als Verfügender war bezüglich vorgenannter Umsätze eingetragen: „Karte mit PIN, …, …, …“. Daneben wurden am 2. und 3. Januar 2018 mittels SEPA-Lastschrift Beträge i. H. v. 216,37 EUR von der …krankenkasse, i. H. v. 18,00 EUR von der … Aktiengesellschaft und i. H. v. 693,30 EUR von der … … eingezogen. Ein weiterer Einzug i. H. v. 16,43 EUR mittels SEPA-Lastschrift erfolgte am 8. Januar 2018 durch die … … AG.
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Mit Bescheid vom 29. März 2018 forderte die Beklagte von der …krankenkasse einen Betrag von 216,37 EUR zurück. Diese kam der Forderung mit Überweisung vom 18. April 2018 nach. Mit Schreiben vom 18. April 2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, von ihr einen Betrag i. H. v. 1020,97 EUR nach § 52 Abs. 4 BeamtVG i.V.m. § 118 Abs. 4 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zurückzufordern. Der Klägerin wurde Gelegenheit gegeben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen bis zum 7. Mai 2018 zu äußern.
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Mit Schreiben vom 2. Mai 2018 trug die Klägerin gegenüber der Beklagten vor: „Da meine Mutter keine Rücklagen hatte und drei Monate im Altenheim gelebt hat und Miete für Heim sowohl auch noch in der …strasse gezahlt werden musste da meine Mutter Beamtenbezüge bekam müssten sie ja wissen das kein Sozialgeld gezahlt wird. Ich habe sämtliche Unterlagen dem Amt für Finanzen in … als Beweis zugesandt. Ich musste deswegen das Erbe ablehnen da auch Schulden meiner Mutter (Mietnebenkosten 1449 EUR) die ich nicht zahlen kann, da ich mittelos bin.“
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Mit Schreiben jeweils vom 15. Mai 2018 hörte die Beklagte die … … AG zu einer beabsichtigten Rückforderung i. H. v. 16,43 EUR, die … AG zu einer beabsichtigten Rückforderung i. H. v. 18,00 EUR und die … … zu einer beabsichtigten Rückforderung i. H. v. 693,30 EUR an. Mit Bescheiden jeweils vom 12. Juni 2018 forderte die Beklagte sodann die zuvor aufgeführten Beträge von der … … … AG, der … AG und der … … zurück. Die … … … AG teilte mit Schreiben vom 14. Juni 2018 mit, dass der Vertrag bereits zum 25. Dezember 2017 aufgehoben worden sei. Die … AG und die … … überwiesen in der Folge die geforderten Beträge an die Beklagte. Mit Schreiben vom 19. Juli 2018 teilte die Beklagte der … … … AG mit, dass die Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung nach § 3 Abs. 2 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) vorliegen würden und mahnte nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 VwVG mit einer Zahlungsfrist bis 3. August 2018 besonders.
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Mit Bescheid vom 1. August 2018 forderte die Beklagte sodann von der Klägerin einen Betrag i. H. v. 309,67 EUR nach § 52 Abs. 4 BeamtVG i.V. m. § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Frau …Versorgungsbezüge nach dem BeamtVG erhalten habe. Versorgungsbezüge würden im Voraus gezahlt und stünden gemäß § 17 BeamtVG letztmalig für den Sterbemonat zu. Die Versorgungsberechtigte sei … 2017 verstorben. In Unkenntnis des Todes seien Geldleistungen i. H. v. 1237,34 EUR zu Unrecht auf das Konto bei der … … erbracht worden. Wurden Geldleistungen über den Sterbemonat hinaus zu Unrecht erbracht, bestünde ein vorrangiger Rücküberweisungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut, auf dessen Konto die Geldleistungen überwiesen wurden (§ 52 Abs. 4 BeamtVG i.V.m. § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Dementsprechend sei zunächst die Rücküberweisung der überzahlten Versorgungsbezüge von dem kontoführenden Geldinstitut begehrt worden, welches die Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt habe, dass über den entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt worden sei. Reicht das Guthaben auf dem Konto zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rückforderung des Versorgungsträgers beim Geldinstitut eingeht, nicht aus, um die Geldleistungen zurücküberweisen zu können, weil über das Konto bereits anderweitig verfügt wurde, bestünde ein entsprechender Erstattungsanspruch nach § 52 Abs. 4 BeamtVG i.V.m. § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI gegenüber Empfängern bzw. Verfügenden. Empfänger seien alle Personen, an die in dem Zeitraum nach Eingang der (ersten) zu Unrecht überwiesenen Geldleistung auf dem Konto und vor Eingang der Rückforderung aufgrund einer anderweitigen Verfügung ein Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde. Verfügende seien Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben. Nach Auskunft des Geldinstituts habe sie, die Klägerin, einen Betrag i. H. v. 1.725,00 EUR erhalten bzw. über diesen verfügt. Die Äußerungen der Klägerin bzw. die bekannten Umstände seien nicht dazu geeignet, die Zahlungspflicht ganz oder teilweise entfallen zu lassen. Durch die Rückerstattung weiterer Verfügender habe sich die bestehende Forderung auf den oben genannten Betrag reduziert. Vertrauensschutz- oder Entreicherungseinwände seien bei einer Rückforderung nach § 52 Abs. 4 BeamtVG i.V. m. § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht zu berücksichtigen.
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Mit Schreiben vom 3. August 2018 erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass sie der Forderung von 309 EUR widerspreche. Sie sei nicht bereit für Fehler anderer geradezustehen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2018, der Klägerin am 16. August 2018 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
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Mit Schriftsatz vom 19. August 2018, beim Verwaltungsgericht Köln am 24. August 2018 eingegangen, erhob die Klägerin Klage und wies die Forderung i. H. v. 309,00 EUR zurück.
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Nach Anhörung der Beteiligten erklärte sich das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 15. Oktober 2018 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Ansbach.
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Zur Klagebegründung trug die Klägerin sodann vor, dass die Forderung unberechtigt sei, weil sie die Wohnung ihrer Mutter habe räumen müssen, kein Geld habe und von „Auffüllhartz“ leben müsse. Es seien Kosten i. H. v. 300 EUR angefallen.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 1. März 2019,
die Klage abzuweisen, und verwies zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 15. August 2018. Die von der Klägerin vorgebrachten persönlichen Umstände seien zwar bedauerlich, aber für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Die Klägerin hafte unabhängig von ihrer Lebenssituation gemäß § 52 Abs. 4 BeamtVG, § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI ausschließlich deswegen, weil sie von den nach dem Tod des Versorgungsberechtigten zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezügen durch ein bankübliches Zahlungsgeschäft Beträge erhalten habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO), über die trotz Ausbleibens sowohl der Klägerin als auch der Beklagten aufgrund eines entsprechenden Hinweises in der ordnungsgemäßen Ladung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 1. August 2018 und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 15. August 2018 über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge i. H. v. 309,67 EUR sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin schon deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht legt dabei den Antrag der Klägerin, den sie in ihrer Klageschrift vom 19. August 2018 auf 309,00 EUR beziffert, unter Berücksichtigung ihres weiteren Vorbringens gem. § 88 VwGO dahingehend aus, dass er die gesamte Forderung i. H. v. 309,67 EUR umfasst.
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1. Dem Terminverlegungsgesuch der Klägerin war, wie bereits mit gerichtlicher Verfügung vom 10. Dezember 2019 dargelegt und auf die insoweit Bezug genommen wird, nicht nachzukommen, weil diese schon keine erheblichen Gründe, die eine Verlegung erforderlich gemacht hätten, substantiiert dargelegt hat und ihre Ausführungen vielmehr auf bloße Behauptungen, die zudem noch widersprüchlich sind, beschränkt blieben. Hieran ändert auch die am 16. Dezember 2019 bei Gericht eingegangene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bis einschließlich 18. Dezember 2019 attestiert, und mit der diese offenbar erneut eine Verlegung des Termins herbeizuführen versuchte, nichts, weil sich aus dieser ohne nähere Schilderung der Erkrankung noch keine Verhandlungsunfähigkeit ergibt. Zur Substantiierung dafür, dass Verhandlungsunfähigkeit vorliegt, hätte es der Vorlage eines ärztlichen Attestes bedurft (vgl. BayVGH U.v. 7.12.2017 - 13 A 17.329 - juris).
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2. Rechtsgrundlage für das Rückforderungsverlangen der Beklagten bildet vorliegend § 52 Abs. 4 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) i.V. m. § 118 Abs. 4 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), die als eigenständige Anspruchsgrundlage des öffentlichen Rechts die zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verdrängt. Nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sind, soweit Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Träger der Rentenversicherung hat Erstattungsansprüche durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Allerdings ist vorrangig zu prüfen, ob nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ein Geldinstitut zur Rücküberweisung von zu Unrecht über den Tod hinaus gezahlten Geldleistungen verpflichtet ist. Erst wenn oder soweit wegen einer anderweitigen Verfügung kein ausreichendes Guthaben auf dem Konto mehr vorhanden ist, kommt eine Erstattungspflicht nach § 118 Abs. 4 SGB VI in Betracht (vgl. zum prozessualen und materiellen Vorrangverhältnis des Rücküberweisungsanspruch aus § 118 Abs. 3 SGB VI etwa Körner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 106. EL September 2019, § 118 SGB VI Rn. 25 m. w. N.).
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a) Gemessen an diesen Grundsätzen ist zunächst festzustellen, dass ein vorrangiger Anspruch aus § 118 Abs. 3 SGB VI der Inanspruchnahme der Klägerin im konkreten Fall nicht entgegensteht, weil im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rückzahlungsverpflichtung durch die Beklagte das Konto der Verstorbenen kein entsprechendes Guthaben mehr aufwies, der Kontostand vielmehr 22,25 EUR im Soll betrug. Eine Verpflichtung des Geldinstituts zur Rückerstattung bestand folglich nicht.
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b) Des Weiteren sind auch die Voraussetzungen des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht erfüllt. Die Beklagte hat den Erstattungsanspruch entsprechend der Vorschrift durch Verwaltungsakt geltend gemacht und die Klägerin vor dessen Erlass gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG angehört. Auch wurde die Geldleistung zu Unrecht erbracht, weil das Ruhegehalt letztmalig im Sterbemonat zu leisten ist (vgl. § 17 BeamtVG), die Beklagte hingegen eine Zahlung i. H. v. 1.237,34 EUR für den Monat Januar 2018 leistete, obwohl die ruhegehaltsberechtigte Beamtin bereits … 2017 verstorben ist. Darüber hinaus ist die Klägerin als Verfügende i. S. d. Vorschrift zu qualifizieren. Den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen ist zu entnehmen, dass nach der Auskunft der … die Klägerin mit einer auf ihren Namen lautenden Karte einen Gesamtgeldbetrag i. H. v. 1.725,00 EUR von dem Konto der Verstorbenen abgehoben hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin insoweit nicht verfügungsberechtigt i. S. d. Vorschrift war, nachdem sie im Besitz einer auf ihren Namen ausgestellten Karte war, erkennt das Gericht nicht. Die Beklagte konnte daher ohne weiteres gegenüber der Klägerin einen Rückerstattungsbetrag i. H. v. 309,67 EUR geltend machen, nachdem sich der gesamte Rückerstattungsanspruch i. H. v. 1.237,34 EUR bereits durch Teilleistungen weiterer Empfänger auf eben jenen Betrag reduziert hatte und der Betrag, über den die Klägerin insgesamt verfügt hat (1.750,00 EUR), weit über diesen Betrag hinausgeht. Es steht der Beklagten frei gegenüber welchen Empfängern bzw. Verfügenden sie die Rückerstattung beim Zusammentreffen mehrerer Empfänger bzw. Verfügender i. S. d. § 118 Abs. 4 SGB VI geltend macht. Ein Rangverhältnis hinsichtlich der eigenständigen und voneinander unabhängigen Erstattungsansprüche ist der Vorschrift des § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI nicht zu entnehmen. Bei der Auswahl handelt es sich um gerichtlich nicht überprüfbare Zweckmäßigkeitserwägungen der Beklagten (so auch HessLSG U.v. 15.9.2015 - L 2 R 104/13 - juris Rn. 27). Unter Berücksichtigung dessen ist es daher auch unerheblich, dass die Beklagte mittels - zwischenzeitlich bestandskräftigem - Verwaltungsakt von der … … … AG einen Betrag i. H. v. 16,43 EUR zurückgefordert hat. Denn dieser Betrag wurde nicht beglichen und hat demnach auch nicht zu einem weiteren Erlöschen des verbleibenden Rückforderungsanspruchs, den die Beklagte hier gegenüber Klägerin geltend macht, geführt.
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c) Die Einwendung der Klägerin, dass sie die Wohnung der Mutter habe räumen müssen und hierfür Kosten i. H. v. 300 EUR angefallen seien, verfängt nicht. Denn dies zielt erkennbar auf den Einwand der Entreicherung ab, den es im vorliegenden Fall jedoch nicht zu berücksichtigen gilt, weil der Erstattungsanspruch nach § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI lex specialis zu dem allgemeinen Rückforderungsanspruch bezüglich überzahlter Versorgungsbezüge, der sich gem. § 52 Abs. 2 BeamtVG nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts (§§ 812 ff. BGB) bestimmt, ist. § 118 Abs. 4 Satz 1 SGB VI sieht jedoch gerade keine Möglichkeit der Berücksichtigung eines Entreicherungseinwandes, wie er demgegenüber in dem - hier nicht anwendbaren - § 818 Abs. 3 BGB geregelt ist, vor. Der Erstattungsanspruch besteht also unabhängig davon, ob der Empfänger oder Verfügende bereichert ist (vgl. Körner in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 106. EL September 2019, § 118 SGB VI Rn. 28a).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit trifft das Gericht nicht, weil es davon ausgeht, dass die Beklagte vor der Rechtskraft der Entscheidung nicht vollstreckt.