FG München, Urteil v. 27.06.2019 – 11 K 3048/18
Titel:

Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Normenketten:
EStG § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 7, § 7g Abs. 1 S. 1, § 18 Abs. 1, § 52 Abs. 16 S. 1
UmwStG § 24 Abs. 2 S. 2
AO § 179, § 180
Leitsätze:
1. Die alsbaldige Einbringung des Betriebsvermögens eines Einzelunternehmens in eine GbR zu Buchwerten steht der Bildung eines Investitionsabzugsbetrags durch den Einzelunternehmer nicht entgegen.
2. Soweit die übrigen Voraussetzungen des § 7g EStG vorliegen, kann ein (künftiger) Gesellschafter den Investitionsabzugsbetrag im Rahmen seines Einzelunternehmens außerbilanziell oder als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigen. Dies geschieht nicht im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung für die erst noch zu gründende Personengesellschaft, sondern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters.
Schlagwort:
Investitionsabzug
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – VIII R 22/19
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
EFG 2020, 989
GmbH-Stpr 2021, 27
BeckRS 2019, 28418
LSK 2019, 28418

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten im Streitjahr 2016 darüber, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) zum Erlass eines Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen verpflichtet ist und ob die Voraussetzungen für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages vorgelegen haben.
2
Die Klägerin ist eine aus den Fachärzten für Innere Medizin und Kardiologie Dr. X und Dr. Y bestehende Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (GbR), die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. Die beiden Gesellschafter vereinbarten durch Gesellschaftsvertrag zum 2. Januar 2017 eine Berufsausübungsgemeinschaft in Form einer GbR, an der beide hälftig beteiligt waren. Zu diesem Zeitpunkt nahm die GbR ihre Tätigkeit auf. Mit Einbringungsvertrag vom 12. November 2016 brachte Dr. X die wesentlichen Betriebsgrundlagen seiner Einzelpraxis zu Buchwerten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die GbR ein, während Dr. Y eine Geldeinlage von X € leistete und dafür 50% am Gesellschaftsvermögen der GbR erhielt. Der Gewinn der Einzelpraxis des Dr. X lag im Streitjahr über X €.
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In der Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für die GbR für das Streitjahr wurden Sonderbetriebsausgaben des Dr. Y (Steuerberatungskosten: X €; Papier- und Druckkosten: X € und X € sowie ein Investitionsabzugsbetrag) angesetzt. Die Steuerberatungskosten für die Wertermittlung der Praxisanteile und Druckkosten für die Habilitationsschrift wurden ebenso wie der Investitionsabzugsbetrag in der Einkommensteuererklärung des Dr. Y geltend gemacht, dort aber nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben zum Abzug zugelassen. Weitere Einnahmen oder Ausgaben der GbR oder des Mitgesellschafters wurden nicht erklärt. Der Investitionsabzugsbetrag wurde in der Feststellungserklärung mit X € angesetzt, von der Klägerin in der Klageschrift aber wie folgt ermittelt:
Anschaffungskosten des übernommenen beweglichen AV : X € Anschaffungskosten des in 2017 angeschafften beweglichen AV X € Summe X € Davon 40% X €
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Mit Bescheid vom 6. Juli 2017 lehnte das FA die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab. Dagegen legte die Klägerin mit Fax vom 6. August 2017 Einspruch ein, der ohne Erfolg blieb.
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In ihrer gegen die Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2018 durch Schriftsatz vom 15. November 2018 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass sich durch Abschluss des Gesellschaftsvertrages der GbR am 12. November 2016 die Absicht der gemeinsamen Einkunftserzielung der GbR bereits derart konkretisiert habe, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr durchzuführen sei. Das Finanzgericht München habe im rechtskräftigen Urteil vom 9. November 2015 (Aktenzeichen: 8 K 1372/14) in einem vergleichbaren Fall die Bildung eines Investitionsabzugsbetrages im Rahmen eines Feststellungsbescheides für das Jahr 2010 bejaht. Es liege bei der Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft keine Gesamtrechtsnachfolge vor. Eine Zusammenrechnung der Betriebsergebnisse des Einzelunternehmens und der GbR zur Bestimmung des Betriebsgrößenmerkmals sei unzulässig. Es seien Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit von ./. X €, von denen ./. X € auf Dr. X und ./. X € auf Dr. Y entfallen, anzusetzen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 6. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2018 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, sowie hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich bei den als Sonderbetriebsausgaben angesetzten Aufwendungen um unselbständige Besteuerungsgrundlagen handele, die in der Einkommensteuererklärung des künftigen Gesellschafters als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend zu machen seien. Die GbR sei erst zum 2. Januar 2017 gegründet worden und habe auch erst zu diesem Zeitpunkt ihre Tätigkeit aufgenommen.
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Ferner lägen die Voraussetzungen des § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der GbR nicht vor. Wegen der mit der Einbringung der Einzelpraxis des Dr. X im Rahmen des § 24 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) gewählten Buchwertfortführung sei die GbR nicht als neu gegründeter Betrieb zu beurteilen, bei dem das Betriebsgrößenkriterien unbeachtlich sei. Es sei vielmehr auf den Gewinn der Einzelpraxis abzustellen, der im Jahr 2016 über 100.000 € gelegen habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des FA sowie die Gerichtsakte nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Investitionsabzugsbetrag ist nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu berücksichtigen. Weitere Betriebsausgaben (Steuerberaterkosten, Papier- und Druckkosten) sind ebenfalls nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung anzusetzen.
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a. Die Klägerin entfaltete im Streitjahr keine freiberufliche, auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit und erzielte keine gewerblichen Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 4 oder freiberuflichen Einkünfte nach § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Sie wurde erst zum 2. Januar 2017 gegründet und nahm danach ihre werbende Tätigkeit auf.
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b. Steuerpflichtige können nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten außerbilanziell gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Gebildet werden kann dieser Investitionsabzugsbetrag von Klein- und Mittelbetrieben bestimmter Größenordnung. Das Wirtschaftsgut muss bis zum Ende des auf die Anschaffung folgenden Jahres zu mindestens 90% in einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen betrieblich genutzt werden. Die Vorschrift gilt in der Neufassung nach § 52 Abs. 16 Satz 1 EStG für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 enden.
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Damit ist das Tatbestandsmerkmal der Investitionsabsicht ab dem Veranlagungszeitraum 2016 entfallen (ebenso Meyer: in: Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 43; Bartone, in: Korn, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 20.2). Die besondere Prüfung der Investitionsabsicht im Falle der Betriebsgründung diente unter der Geltung der a.F. der Vorschrift vor allem der Feststellung, ob überhaupt mit einem Abschluss des Prozesses der Betriebseröffnung zu rechnen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Juni 2012 X R 42/11, BStBl II 2013, 719). Aus der Formulierung „für die künftige Anschaffung oder Herstellung von … Wirtschaftsgütern“ kann auch nicht darauf geschlossen werden, dass weiterhin eine Prüfung der Investitionsabsicht vorzunehmen ist (ebenso Kulosa, in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 38. Aufl., § 7g Rz. 41). Das gilt nach der Gesetzesbegründung, die als Zweck der Normänderung eine Vereinfachung anstrebt, auch für in Gründung befindliche Betriebe (BT-Drs. 18/4902, S. 42). Eine Investitionsabsicht ist auch dann nicht erforderlich, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung des Investitionsabzugs bereits feststeht, dass der Betrieb zum Buchwert in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird (vgl. Kulosa, in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 38. Aufl., § 7g Rz. 41; Pfirrmann, in: Kirchhof, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 18. Aufl. § 7g Rz. 25).
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c. Nach § 24 Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung wurde im Rahmen der Gründung der Klägerin u.a. das Einzelunternehmen des Dr. X zu Buchwerten gegen die Gewährung von Gesellschaftsanteilen an der neu gegründeten GbR eingebracht. Diese Einbringung stellt kein unentgeltliches Geschäft, sondern ein entgeltliches (tauschähnliches) Geschäft dar (BFH-Urteil vom 24. April 2007 I R 35/05, BStBl II 2008, 253). Dr. Y leistete eine Geldeinlage von X €.
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d. In den Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung können grundsätzlich Investitionsabzugsbeträge in Anspruch genommen und als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 2014 X R 19/13, BFH/NV 2015, 328 zu § 7g EStG a.F.).
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Es entspricht nach der Rechtsprechung des BFH sowohl dem Förderzweck des § 7g EStG als auch dem Zweck der Buchwertverknüpfung bei unentgeltlicher Betriebsübertragung - die im Streitfall nicht vorliegt -, einen Investitionsabzugsbetrag auch dann zu gewähren, wenn die beabsichtigte Investition erst von dem Betriebsübernehmer einer unentgeltlichen Betriebsübergabe nach § 6 Abs. 3 EStG durchgeführt werden kann. Der Rechtsvorgänger wird die durch die Gewährung des Investitionsabzugsbetrags gewonnene Liquidität weiterhin in Gestalt geringerer Entnahmen zur Finanzierung der Einkommensteuer im Betrieb belassen. Der Liquiditätsvorteil kommt daher regelmäßig dem Betriebsübernehmer, der die Investition tätigen soll, zu Gute (BFH-Urteil vom 10. März 2016 IV R 14/12, BStBl II 2016, 763). Diese Rechtsprechung ist allerdings nicht auf § 7g EstG n.F. unmittelbar übertragbar (Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EstG, § 7g Rz. 5).
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Der Große Senat (GrS) des BFH hat für die Ansparabschreibung nach § 7g EStG 2002 in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) geltenden Fassung entschieden, dass diese nicht gebildet werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird (Beschluss des Großen Senats - GrS - des BFH vom 14. April 2015 GrS 2/12, DStR 2015, 2368). Ist demnach im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rücklage der Betrieb bereits in eine Kapitalgesellschaft eingebracht worden, eine Einbringung bereits in Gang gesetzt oder jedenfalls beabsichtigt, sodass eine Investition im Einzelunternehmen nicht mehr wahrscheinlich erscheint, kann eine Rücklage nach § 7g EStG 2002 a.F. nicht mehr gebildet werden. Der Steuerpflichtige wird das begünstigte Wirtschaftsgut innerhalb des Begünstigungszeitraums voraussichtlich nicht anschaffen, sodass es an einer Tatbestandsvoraussetzung des § 7g EStG 2002 a.F. für die Förderung fehlt. Für die bis 1997/2002 geltende Rechtslage hatte der BFH zuvor indes entschieden, dass eine zulässig gebildete Rücklage nach § 7g Abs. 3 EstG a.F. auf den neuen Rechtsträger übertragen werden kann. Rechtsfolge des Buchwertansatzes sei, dass die Gesellschaft, in die das Einzelunternehmen eingebracht werde, „in die steuerliche Rechtsstellung“ des eingebrachten Einzelunternehmens eintrete. Dies rechtfertige die Annahme, dass der Betrieb vom Rechtsnachfolger einschließlich der Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a.F. unverändert fortgeführt werde (BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072).
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e. Die alsbaldige Einbringung des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens des Dr. X in die GbR zu Buchwerten steht nach Auffassung des Senats auch im Streitfall der Bildung eines Investitionsabzugsbetrages nicht entgegen (vgl. Kulosa, in: Schmidt, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 42; ebenso Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 20. März 2017 IV C 6-S. 2139-b/07/10002-02, 2017/0202664, BStBl I 2017, 423). Es entspricht sowohl dem Förderzweck des § 7g EStG als auch dem Zweck der Buchwertverknüpfung, dem Inhaber eines Einzelunternehmens einen Investitionsabzugsbetrag zu gewähren, wenn die beabsichtigte Investition erst von der Personengesellschaft, in die ein Einzelunternehmen zu Buchwerten gegen die Gewährung von Gesellschaftsanteilen eingebracht wurde, durchgeführt werden kann. Denn soweit der einbringende Einzelunternehmer das Wirtschaftsgut des Anlagevermögens, für das er in seinem Einzelunternehmen einen Investitionsabzugsbetrag gebildet und außerbilanziell in der Bilanz seines Einzelunternehmens gewinnmindernd abgezogen hat, in dem Sonderbetriebsvermögen I der Personengesellschaft anschafft, liegt bereits kein Rechtsträgerwechsel vor; dies bedeutet, dass die Förderung des ursprünglichen Einzelunternehmers unmittelbar einen Finanzierungsbeitrag zur Anschaffung des Wirtschaftsguts im Sonderbetriebsvermögen I leistet. Soweit das Wirtschaftsgut des Anlagevermögens im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft angeschafft wird, kann bei der Personengesellschaft angenommen werden, dass der ursprüngliche Betriebsinhaber den Förderbetrag als Mitgesellschafter der Personengesellschaft der Personengesellschaft zur Verfügung stellt. Dasselbe ist auch anzunehmen, wenn ein Gesellschafter keinen Betrieb in die neu gegründete Personengesellschaft einbringt, sondern eine Geldeinlage leistet (a.A. Meyer, in: Herrman/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 6).
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Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass nach neuerer Rechtsprechung gebildete Investitionsabzugsbeträge vom Gesamthandsgewinn abgezogen, die begünstigten Wirtschaftsgüter aber im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters angeschafft werden können (BFH-Urteile vom 12. Februar 2014 IV R 22/10, BStBl II 2014, 621, und vom 12. Oktober 2016 I R 93/12, BFH/NV 2017, 586).
21
f. Da nach der Auffassung des Senats keine Prüfung der Investitionsabsicht mehr vorzunehmen ist, könnte ein Investitionsabzugsbetrag im Streitjahr unter der Voraussetzung, dass die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 7g EStG vorliegen, angesetzt werden für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens - mithin für im Jahr 2017 geplante Anschaffungen beweglichen Anlagevermögens, - nicht aber für das durch die Einbringung der Einzelpraxis des Dr. X übernommene Anlagevermögen, da es sich insoweit um bereits verwirklichte Anschaffungen handelt. Dr. Y erwirbt auch keine Einzelwirtschaftsgüter, sondern Anteile am Gesamthandsvermögen.
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Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Betriebsgrößenmerkmal des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe c) EStG überschritten wird. Hierbei ist auch auf den Gewinn der Einzelpraxis im Jahr 2016 abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 2010 I R 70/09, BFH/NV 2010, 2072; Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 30. Juli 2015 14 K 111/14, EFG 2015, 1793; a.A. Meyer, in: Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 30).
23
g. Der streitige Investitionsabzugsbetrag wurde außerdem zu Unrecht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Klägerin als vorweggenommene Betriebsausgabe geltend gemacht.
24
Nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) der Abgabenordnung (AO) sind die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte zu ermitteln, und es ist den beteiligten Personen ihr Einkünfteanteil zuzurechnen.
25
Der Investitionsabzugsbetrag ist betriebs- und nicht personenbezogen. Er ist nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG ausdrücklich außerbilanziell gewinnmindernd abzuziehen. Nach § 7g Abs. 7 EStG sind Personengesellschaften als Steuerpflichtiger im Sinne des § 7g EStG anzusehen. Das bedeutet, dass Investitionsabzugsbeträge insgesamt nur einheitlich von der Personengesellschaft geltend gemacht werden können (Pfirrmann, in: Kirchhof, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 51). Eine Personengesellschaft ist im Zusammenhang mit dem Ansatz eines Investitionsabzugsbetrages als anderer „Betrieb“ anzusehen als der „Betrieb“ des Einzelunternehmens (vgl. Kulosa, in: Schmidt, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 82).
26
Im Streitjahr war die Klägerin als Personengesellschaft und damit als Steuerpflichtiger im Sinne des § 7 Abs. 7 EStG noch nicht existent. Soweit die übrigen Voraussetzungen des § 7g EStG vorliegen, kann ein Gesellschafter den streitigen Investitionsabzugsbetrag im Rahmen seines Einzelunternehmens außerbilanziell oder als vorweggenommene Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gewinnerhöhend berücksichtigen. Dies geschieht nicht im Rahmen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung für die Klägerin, sondern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters (vgl. dazu Pfirrmann, in: Kirchhof, Kommentar zum EStG, § 7g Rz. 12; a.A. wohl Brandis, in: Tipke/Kruse/Kommentar zur AO/FGO, § 180 AO Rz. 58). Dass die Nachvollziehbarkeit des weiteren Schicksals des Investitionsabzugsbetrages dadurch in den Folgejahren deutlich erschwert wird, ist der außerbilanziellen Behandlung des Investitionsabzugsbetrages im Einzelunternehmen geschuldet. Die in der Entscheidung des 8. Senats des FG München (8 K 1372/14) vertretene Auffassung wurde für das Streitjahr 2010 getroffen und ist auf den Streitfall unter der Geltung der Neufassung des § 7g EStG nicht anwendbar.
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h. Weitere Aufwendungen (Steuerberatungskosten für die Wertermittlung der Praxisanteile und Druckkosten für die Habilitationsschrift) sind als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn sie durch den Betrieb oder die freiberufliche Praxis veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG).
28
Im Streitfall standen die Steuerberatungskosten in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der künftigen Tätigkeit des Dr. Y in der GbR und stellen vorweggenommene Betriebsausgaben dar. Der betriebliche Zusammenhang der Papier- und Druckkosten für die Habilitationsschrift wurde indes bisher nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Sowohl die Steuerberatungskosten als auch die Papier- und Druckkosten sind zudem im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Gesellschafters als vorweggenommene Betriebsausgaben geltend zu machen.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
30
3. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO vorliegen.