Inhalt

VGH München, Beschluss v. 27.09.2019 – 10 ZB 19.1781
Titel:

Klage auf Aufhebung der Ausweisungsverfügung

Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 5
AufenthG § 11 Abs. 3 S. 1, § 53 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3
StGB § 57
Leitsatz:
Vorsätzliche Straftaten, mit denen der Täter gegen die durch die Grundrechte errichtete objektive Wertordnung und die damit verbundenen staatlichen Schutzpflichten verstößt stellen einen hinreichend schweren Ausweisungsanlass dar, der über die mit jedem Rechtsverstoß verbundene Störung der öffentlichen Ordnung deutlich hinausgeht und ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.  (Rn. 4 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen, schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Wiederholungsgefahr, fehlendes Sachverständigengutachten, schwerwiegende Gefahr, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Grundinteresse, Berufung, Zulassung, Wiedereinreisesperre
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 25.10.2018 – M 12 K 18.36
Fundstelle:
BeckRS 2019, 27461

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung der Ausweisungsverfügung des Beklagten vom 7. Dezember 2017, hilfsweise auf Verkürzung der Dauer der ausgesprochenen Wiedereinreisesperre, weiter.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht hinreichend dargelegt sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. nicht vorliegen. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann, zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 - 2 BvR 657/19 - juris Rn. 33).
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Der Kläger bringt vor, das Verwaltungsgericht sei bei bereits beim Begriff der gegenwärtigen und schwerwiegenden Gefahr im Rahmen des § 53 Abs. 3 AufenthG von einem unzutreffenden Prognosemaßstab ausgegangen, weil es den nationalen Gefahrenbegriff zugrunde gelegt habe, während die neuere Rechtsprechung (VGH BW, U.v. 7.3.2012 - 11 S 3269/11 - juris) in Richtung einer völkerrechtlich-autonomen Anwendung gehe. Auch sei der Rechtsbegriff der Wahrung eines Grundinteresses der Gesellschaft noch nicht abschließend definiert. Fälle mittlerer und schwerer Kriminalität fielen nicht ohne weiteres darunter. Auf die besondere Strenge des Gefahrenmaßstabs aus Art. 14 ARB 1/80 gehe das Verwaltungsgericht jedenfalls nicht ein. Auch sei die Gefahrenprognose fehlerhaft. Der Kläger habe in der Haft alles ihm Mögliche unternommen, um seine Drogenfreiheit auch in Zukunft zu gewährleisten. Eine Bewährung auch in Freiheit sei bei ihm unrealistisch, weil er bereits aus der Haft abgeschoben werden könne und somit keine Chance habe, sich in Freiheit zu bewähren. Gewichtige Tatsachen, die gegen eine Wiederholungsgefahr sprächen, seien dagegen nicht berücksichtigt worden. Der Kläger habe in der Haft sein bisheriges Verhalten reflektiert und insbesondere nach einer Gewalterfahrung eine Verhaltensänderung vollzogen. Er habe sich durch den hervorragenden Abschluss eine berufliche Perspektive erarbeitet und habe bereits eine Anstellung bei einem Unternehmen in leitender Position für die Zeit nach der Haftentlassung gefunden. Zudem werde auf den Beschluss der Strafvollstreckungskammer beim Amtsgericht N. vom 20. Juli 2019 verwiesen. Diesen habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt. Bei der Gegenwärtigkeit der Gefahr komme es aber auf den heutigen Zeitpunkt an. Zudem hätte es sich aufgrund des Gutachtens von Frau Dipl.-Psych. L. dem Verwaltungsgericht aufdrängen müssen, zur Frage, ob vom Kläger gegenwärtig die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgehe, ein fachmedizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen, weil es sich beim Kläger um einen Sonderfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handle. Er leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung und ADHS. Dies wäre insbesondere auch aufgrund des deutlich gewordenen Einstellungswandels des Klägers in der Haft angezeigt gewesen. Bei der Abwägung zwischen Ausweisungsinteresse und Bleibeinteresse habe das Verwaltungsgericht die familiären Bindungen des Klägers, auch im Hinblick auf die Wichtigkeit für seine psychische Gesundheit, nicht ausreichend gewichtet. Auch insoweit biete sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Bezüglich seiner beruflichen Integration werde nochmals auf die Arbeitsplatzzusage seines künftigen Arbeitgebers verwiesen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Sperrfrist mit sieben Jahren zu lang bemessen sei. Diese sei nicht aus spezialpräventiven Gesichtspunkten geboten. Die familiären Bindungen seien zu gering gewichtet worden.
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Damit hat der Kläger aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils dargelegt. Zutreffend ist, dass für die Feststellung der Gegenwärtigkeit der konkreten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Gerichte bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Tatsachen zu berücksichtigen haben. Die Berücksichtigung einer neuen Sachlage bzw. neuer Tatsachen ist im Zulassungsverfahren aber auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 VwGO begrenzt (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Februar 2019, § 124a Rn. 136 m.w.N.). Es kann offen bleiben, ob im Fall einer Wiedereinsetzung nach § 60 Abs. 1 VwGO in die Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 VwGO auf die Sachlage im Zeitpunkt des Ablaufs der ursprünglichen Begründungsfrist (hier: 15. Mai 2019) oder auf den Ablauf der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO abzustellen ist. Denn auch unter Berücksichtigung der nach dem 15. Mai 2019 eingetreten Umstände hat der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargelegt.
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Dies gilt zunächst für den vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Bei bedrohten Rechtsgütern mit einer hervorgehobenen Bedeutung sind für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher geringere Anforderungen stellen. An diesem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung teilweise Kritik geäußert worden, da er dem Interesse einer möglichst umfassenden Effektivierung der Grundfreiheiten und der daher gebotenen engen Auslegung der unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Aufenthaltsbeendigung als „ultima ratio“ nicht gerecht werde (VGH BW, U.v. 7.3.2012 - 11 S 3269/11 - juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch klargestellt, dass auch die den Gerichten der Mitgliedstaaten obliegende und auf der Grundlage aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt, im Hinblick auf die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts den Rang des bedrohten Rechtsguts nicht außer Acht lassen kann, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe (BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 16).
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Soweit die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verlangt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, schließt diese Tatbestandsvoraussetzung in erster Linie eine Ausweisung wegen Fällen von Klein- oder Bagatellkriminalität aus. Wann umgekehrt eine schwerwiegende, ein Grundinteresse der Gesellschaft tangierende Gefahr vorliegt, lässt sich nicht losgelöst vom Einzelfall abstrakt bestimmen. Jedenfalls sind erhöhte Anforderungen an die Qualität der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stellen. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit brauchen bei der Ausweisung türkischer Staatsangehöriger mit ARB-Berechtigung gemäß § 53 Abs. 3 AufenthG jedoch nicht vorliegen. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vermittelt lediglich einen Art. 12 RL 2003/109/EG entsprechenden Ausweisungsschutz (EuGH, U.v. 8.12.2011 - C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 229), der vom nationalen Gesetzgeber in § 53 Abs. 3 AufenthG umgesetzt wurde (vgl. BayVGH, U.v. 28.3.2017 - 10 BV 16.1601 - juris). Damit geht der Verweis des Klägers auf den Katalog des Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV an der Sache vorbei. Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 und Abs. 2 AEUV angeführten können als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses angesehen werden, die geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen und eine Ausweisung rechtfertigen, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (EuGH, U.v. 22.5.2012 - C-348/09 - juris Leitsatz. 1; vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2014 - 19 ZB 13.2013 - juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 17.12.2015 - 10 ZB 15.1394 - juris Rn. 7). Diese Rechtsprechung knüpft aber an § 6 Abs. 5 FreizügG/EU bzw. Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG an, deren Maßstab für türkische Staatsangehörige mit ARB-Berechtigung gerade keine Anwendung findet. Vorsätzliche Straftaten, mit denen der Täter gegen die durch die Grundrechte errichtete objektive Wertordnung und die damit verbundenen staatlichen Schutzpflichten verstößt (Art. 2 GG, Art. 14 GG), stellen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, U.v. 28.3.2017 - 10 BV 16.1601 - juris Rn. 34) jedenfalls einen hinreichend schweren Ausweisungsanlass dar, der über die mit jedem Rechtsverstoß verbundene Störung der öffentlichen Ordnung deutlich hinausgeht und ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Das Verwaltungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger mit den von ihm mehrfach begangenen vorsätzlichen Körperverletzungsdelikten den Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 3 AufenthG erfüllt hat. Unerlässlichkeit ist dabei nicht im Sinne einer „ultima ratio“ zu verstehen, sondern bringt den in der Rechtsprechung des EuGH für die Ausweisung von Unionsbürgern entwickelten Grundsatz zum Ausdruck, dass das nationale Gericht eine sorgfältige und umfassende Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen hat (BayVGH, B.v 10.4.2019 -19 ZB 17.1535 - juris Rn. 20 m.w.N.).
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Der Kläger hat mit seinem Zulassungsvorbringen auch nicht die vom Verwaltungsgericht angestellte Prognose zur gegenwärtig von ihm ausgehenden Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ernsthaft in Zweifel gezogen. Das Verwaltungsgericht hat dabei die ständige Rechtsprechung des Senats zugrunde gelegt, wonach bei Straftaten, die - wie hier - auf einer (Sucht-)Erkrankung oder -problematik des Ausländers beruhen, von einem Wegfall der für die Ausweisung erforderlichen Wiederholungsgefahr regelmäßig nicht ausgegangen werden kann, solange der Ausländer eine erforderliche Therapie nicht erfolgreich abgeschlossen hat und die damit verbundene Erwartung eines künftig straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2019 - 10 ZB 18.2036 - juris - Rn. 7; B.v. 7.11.2016 - 10 ZB 16.1437 - juris Rn. 7; U.v. 3.2.2015 - 10 B 14.1613 - juris Rn. 32 m.w.N.). Denn solange sich der Ausländer nicht außerhalb des Straf- bzw. Maßregelvollzugs bewährt hat, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit auf einen dauerhaften Einstellungswandel und eine innerlich gefestigte Verhaltensänderung geschlossen werden, die ein Entfallen der Wiederholungsgefahr rechtfertigen würde (BavVGH, B.v. 13.10.2017 - 10 ZB 17.1469 - juris Rn. 12; B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 11). Deshalb reicht es grundsätzlich auch noch nicht aus, dass der Betreffende alles ihm in der Justizvollzugsanstalt Mögliche unternommen hat, um seinen Alkohol- und Drogenkonsum in den Griff zu bekommen, weil es zum einen an einer abgeschlossenen, aber erforderlichen, Therapie fehlt und zum anderen die Suchtmittelabstinenz auch ohne den Legalbewährungsdruck und die Protektivfaktoren im Strafvollzug unter Beweis gestellt werden muss. Darin liegt - wie der Kläger meint - auch kein „Zirkelschluss“, weil sich die Ausländerbehörde die Voraussetzungen für die Ausweisungsverfügung selbst schafft, indem sie durch die Ausweisung während des Straf- oder Maßregelvollzugs eine Bewährung in Freiheit faktisch ausschließt. Denn mit der Ausweisung und Abschiebung eines suchtmittelabhängigen Straftäters muss nicht so lange gewartet werden, bis seine Therapie beendet ist und ihm womöglich nach einer ausreichenden Bewährung in Freiheit eine günstige Sozialprognose gestellt werden kann (OVG Saarland, B.v. 5.12.2018 - 2 B 287/18 - juris Rn. 10; OVG Bln-Bbg, B.v. 3.5.2019 - 11 N 123.16 - juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 1.2.2019 - 10 ZB 18.2455 - juris Rn. 7; B.v. 26.7.2019 - 10 ZB 19.1207 - juris Rn. 17; B.v. 17.9.2019 - 10 ZB 18.1990 - juris Rn. 7 m.w.N.). Maßgeblich ist ausschließlich, ob im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die hinreichende Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht.
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Auch mit dem vom Kläger vorgelegten Abschlusszeugnis über den erfolgreich absolvierten Fernlehrgang „Sales Manager“ sowie die Arbeitgeberbestätigung bzw. dem Schreiben des Arbeitgebers vom 29. Juni 2019 wird die Prognose des Verwaltungsgerichts zur Wiederholungsgefahr nicht ernsthaft erschüttert. Diese negative Prognose beruht auf den Straftaten des Klägers in der Vergangenheit, dem Rückfall in alte Verhaltensmuster trotz Strafverbüßung, dem Verhalten in der Strafhaft, der noch bestehenden Suchtmittelproblematik sowie der gutachterlichen Äußerung des psychologischen Dienstes der Justizvollzugsanstalt vom 19. Oktober 2018, die dem Kläger zwar eine authentische Veränderungsabsicht im Hinblick auf die Anwendung von Substanzkonsum, Gewalt und Straftaten bescheinigt, zugleich aber feststellt, dass eine weitere therapeutische Anbindung erforderlich sei, um den Kläger in den eingeschlagenen Veränderungen zu stärken. Durch sein Fernstudium hat sich der Kläger, wie auch in der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt schon erwähnt, eine berufliche Perspektive nach der Haftentlassung geschaffen, es fehlt aber an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass er in der Lage sein wird, diese Chance in Freiheit auch zu nutzen, weil, worauf auch der Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 20. Juli 2019 hinweist, weiterhin therapeutischer Behandlungsbedarf (Sucht- und Sozialtherapie) besteht. Die Arbeitsplatzzusage wird voraussichtlich zur Stabilisierung des Klägers nach der Haftentlassung beitragen, führt aber nicht dazu, dass angesichts des in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens schon deshalb von einer günstigen Legalprognose für den Kläger auszugehen ist. Zudem ist festzustellen, dass der Inhaber des künftigen Arbeitgebers (P.T.H.), der auch den Fernlehrgang finanziert hat, derzeit offensichtlich zusammen mit dem Kläger in der Justizvollzugsanstalt K. eine Haftstrafe verbüßt und das Unternehmen seine Tätigkeit nach dessen Haftentlassung erst wieder aktivieren muss. An der Tragfähigkeit dieser Arbeitsplatzzusage bestehen daher Zweifel des Senats.
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Das Vorbringen des Klägers zu seiner ADHS-Erkrankung und einer angeblichen posttraumatischen Belastungsstörung lässt ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit der Legalprognose des Verwaltungsgerichts aufkommen. Weder steht fest, dass die Straffälligkeit des Klägers auf diese Faktoren zurückzuführen ist. Die psychologische Stellungnahme vom 19. Oktober 2018 spricht insoweit nur von bestimmten Verhaltensweisen, die sich im Allgemeinen auf die genannten Störungen zurückführen lassen. Nichts anderes ergibt sich aus dem mit der Begründung des Zulassungsantrags als Anlage Bf06 vorgelegten Artikel. Noch ist ersichtlich, dass es tatsächlich zu einer Verbesserung der ADHS-Symptomatik gekommen ist (vgl. Stellungnahme vom 30.4.2019: „es scheint zu einer Verbesserung der ADHS-Symptomatik gekommen zu sein“).
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Auch der vorgelegte Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 20. Juli 2019, mit dem die Reststrafen des Klägers zur Bewährung ausgesetzt worden sind, führt zu keiner anderen Beurteilung der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr. Zum einen ist dieser Beschluss durch den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 27. August 2019 aufgehoben und der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des Rests der Gesamtfreiheitsstrafe aus den Urteilen vom 18. April 2018 und 11. März 2015 zur Bewährung abgelehnt worden. Zum anderen käme einer Reststrafenaussetzung zur Bewährung nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur Indizwirkung zu (BayVGH, B.v. 22.3.2019 - 10 ZB 18.2598 - juris Rn. 11 m.w.N.). Die Verwaltungsgerichte sind für die Frage der Beurteilung der Wiederholungsgefahr an Entscheidungen nach § 57 StGB nicht gebunden; es bedarf jedoch einer substantiierten Begründung, wenn von der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer abgewichen wird. Vorliegend ergibt sich aus den Gründen des Beschlusses vom 20. Juli 2019 nicht, weshalb die Strafvollstreckungskammer trotz der ablehnenden Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt unter Berücksichtigung der in § 57 StGB genannten Kriterien eine Reststrafenaussetzung befürwortet hat. Die Persönlichkeit des Klägers, sein Vorleben, die Umstände der Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts und das Verhalten im Vollzug sprachen gegen den Kläger. Zu seinen Gunsten konnten lediglich der absolvierte Fernlehrgang und die Teilnahme am Straßenverkehrstätertraining und am Anti-Gewalttraining berücksichtigt werden. Die Strafvollstreckungskammer hat zudem nicht berücksichtigt, dass auch nach der an sich positiven Stellungnahme des psychologischen Dienstes eine weitere therapeutische Anbindung erforderlich ist. Auch wird nicht deutlich, wieso die Strafvollstreckungskammer von einer geklärten Entlassungssituation ausgegangen ist, obwohl der Kläger nur eine Arbeitsplatzzusage vorweisen konnte. Ebenso wurde die ausländerrechtliche Situation falsch beurteilt, weil der Kläger nach Ergehen der Ausweisungsentscheidung gerade über keinen Aufenthaltstitel mehr verfügt. Auch wenn die Ausweisungsentscheidung noch nicht bestandskräftig ist, erlischt die Niederlassungserlaubnis bereits mit Wirksamwerden des streitgegenständlichen Bescheids. Die ausländerrechtliche Situation ist vielmehr ungeklärt. Daher hat die Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angeführten, für ihn sprechenden Gesichtspunkte noch Gültigkeit. Denn die der Ausweisung zugrunde liegende Prognoseentscheidung darf sich nicht nur auf die Dauer der Bewährungszeit für die Reststrafenaussetzung beziehen, sondern hat einen längeren Zeithorizont in den Blick zu nehmen. Es geht hier um die Beurteilung, ob es dem Ausländer gelingen wird, über die Bewährungszeit hinaus ein straffreies Leben zu führen. Bei dieser längerfristigen Prognose kommt dem Verhalten des Ausländers während der Haft und nach einer vorzeitigen Haftentlassung zwar erhebliches tatsächliches Gewicht zu. Dies hat aber nicht zur Folge, dass mit einer strafrechtlichen Aussetzungsentscheidung ausländerrechtlich eine Wiederholungsgefahr zwangsläufig oder zumindest regelmäßig entfällt. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Betroffene im entscheidungserheblichen Zeitpunkt auf tatsächlich vorhandene Integrationsfaktoren verweisen kann; das Potenzial, sich während der Bewährungszeit straffrei zu führen, ist nur ein solcher Faktor, genügt aber für sich genommen nicht (BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 6.6.2017 - 10 ZB 17.488 - juris Rn. 5; B.v. 14.1.2019 - 10 ZB 18.1413 - juris Rn. 10 m.w.N.). Solche Integrationsfaktoren sind beim Kläger aber gerade nicht ersichtlich, weil er sich vor seiner Inhaftierung kein stabiles Lebensumfeld geschaffen hat, in das er jetzt zurückkehren könnte. Die ihm durch die Arbeitsplatzzusage eröffnete Perspektive unterliegt - wie dargelegt - jedenfalls begründeten Zweifeln.
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Auch der Einwand der Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine familiären Beziehungen und die Arbeitsplatzzusage bei der Abwägungsentscheidung nicht richtig gewichtet, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger ein erwachsener junger Mann ist, der keine eigene Kernfamilie gegründet hat, und seine familiären Beziehungen - auch wenn der Kläger noch „unreif sein mag“ - weniger stark gewichtet, weil die Beziehungen zu anderen Familienmitgliedern außerhalb der Kernfamilie geringeren Schutz genießen (BVerfG, B.v. 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - juris Rn. 9). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Betreffende auf familiäre Beistandsleistungen angewiesen ist (VGH BW, B.v. 28.3.2019 - 11 S 623/19 - juris Rn. 14). Dafür ergeben sich vorliegend keine Anhaltspunkte. Selbst wenn sich für den Kläger zu seiner weiteren Stabilisierung eine emotionale Unterstützung seiner Angehörigen positiv auswirkt und er aus psychologischer Sicht auf das stützende familiäre Umfeld angewiesen ist, reicht dies für die Annahme einer Beistandsgemeinschaft jedenfalls nicht aus. Insbesondere stellen gelegentliche Besuche in der Justizvollzugsanstalt keine Beistandsleistungen dar. Zudem hat der Kläger auch im Zulassungsverfahren nicht vorgetragen, dass oder in welcher Form von den Angehörigen tatsächlich erforderliche Beistandsleistungen erbracht würden. Die Arbeitsplatzzusage für die Zeit nach der Haftentlassung und der Abschluss des Fernlehrgangs lassen die getroffene Abwägungsentscheidung nicht als unverhältnismäßig erscheinen. Im Hinblick auf das Fehlen jeglicher Berufserfahrung stellen sie nicht mehr als eine Chance dar, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung beruflich Fuß fassen kann. Gegenüber dem bisher gezeigten Fehlverhalten und der nach wie vor bestehenden Wiederholungsgefahr kommt diesem Umstand kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Arbeitsplatzzusage zumindest zweifelhaft ist.
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Bezüglich der Befristungsentscheidung hat der Kläger ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dargelegt. Der Beklagte hat die Dauer der Wiedereinreisesperre in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2018 von ursprünglich sieben auf sechs Jahre reduziert. Bei der Befristungsentscheidung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die nur im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO vom Verwaltungsgericht überprüft werden kann. Eine eigene, vollumfängliche Abwägungsentscheidung darf das Gericht nach der Neuregelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) nicht mehr treffen (BVerwG, U.v. 22.2.2017 - 1 C 27.16 - juris; BayVGH, U.v. 20.7.2017 - 10 B 17.135 - juris). Der Kläger hat nicht aufgezeigt, dass die getroffene Befristungsentscheidung ermessensfehlerhaft ist. Zum einen geht er fehlerhaft noch von einer Dauer der Sperrfrist von sieben Jahren aus. Zum anderen lässt alleine eine Arbeitsplatzzusage die auf dem bisherigen Lebensweg beruhende Annahme einer noch bestehenden Wiederholungsgefahr auch im Hinblick auf den fehlenden Abschluss der erforderlichen Suchtmittel- und Sozialtherapie und die fehlende Erprobung außerhalb des Strafvollzugs nicht entfallen. Unter spezialpräventiven Gesichtspunkten ist daher ein Aufenthaltsverbot erforderlich. Besonders schützenswerte familiäre Beziehungen im Bundesgebiet hat der Kläger entgegen seiner Darstellung gerade nicht (s.o). Eine emotionale Unterstützung kann auch durch Telefonkontakt und gelegentliche Besuche in der Türkei geleistet werden.
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Bezüglich der vom Kläger gerügten unterlassenen Einholung eines Sachverständigengutachtens kommen zum einen der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, wenn das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und daher auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage entschieden hat, zum anderen der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Betracht. Eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann aber nur erfolgen, wenn auch eine entsprechende Verfahrensrüge zur Zulassung führen würde (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Februar 2019, § 124 Rn. 26g; BayVGH, B.v. 4.1.2019 - 10 ZB 18.2036 - juris Rn. 9). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor. Der Kläger rügt in der Sache eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 VwGO wegen der Nichteinholung eines fachmedizinischen psychologischen Gutachtens zur Legalprognose. Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO erfordert u.a. die Darlegung, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, z.B. BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7; B.v. 25.1.2005 - 9 B 38.04 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 7.3.2017 - 8 ZB 15.1005 - juris Rn. 10).
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Der Kläger hat ausweislich der Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts zu dem gerügten Aufklärungsdefizit keinen Beweisantrag gestellt. Ein solcher wäre jedoch erforderlich gewesen (BVerwG, B.v. 29.7.2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 - 4 BN 30.06 - juris Rn. 2). Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb sich dem Erstgericht auf Grundlage seiner Rechtsauffassung ohne förmlichen Beweisantrag eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 6.9.2017 - 2 B 2.17 - juris Rn. 14 f.). Der vom Kläger in der Zulassungsbegründung erwähnte schriftsätzlich gestellte Beweisantrag (Bl. 105 der VG-Akte) war darauf gerichtet, die Psychologin der Justizvollzugsanstalt zu vernehmen, nicht jedoch ein fachmedizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Auch aufgrund der psychologischen Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 19. Oktober 2018 musste das Verwaltungsgericht nicht annehmen, dass es sich bei der Beurteilung der vom Kläger ausgehenden Wiederholungsgefahr außerhalb der Lebens- und Erkenntnisbereiche bewegt, die einem Richter allgemein zugänglich sind, weil der Kläger z. B. an einer psychischen Erkrankung leidet. Diese Stellungnahme beschäftigt sich vielmehr damit, ob die Diagnosen einer kombinierten Störung des Sozialverhaltens, einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Störung des Sozialverhaltens sowie einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung (vgl. psychiatrisches Gutachten vom 14. Dezember 2011) (mit-)ursächlich für sein bisheriges delinquentes Verhalten gewesen sein könnten. Es fehlt daher an einer hinreichenden Darlegung dafür, weshalb das Verwaltungsgericht ohne die Einholung eines fachmedizinischen Sachverständigengutachtens keine Legalprognose hätte treffen können.
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Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt ebenfalls nicht vor bzw. ist nicht hinreichend dar-gelegt. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2019 - 10 ZB 19.275 - juris 7; B.v. 14.2.2019 - 10 ZB 18.1967 - juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72). Klärungsbedürftig sind nur solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- und höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 - 1 BvR 3007/07 - juris Rn. 21; Roth in Posser/Wolff BeckOK VwGO, Stand 1.1.2019, § 124 Rn. 55 m.w.N; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, BVerwG, B.v. 9.4.2014 - 2 B 107.13 - juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 - 1 BvR 1634/04 - juris Rn. 64).
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Die vom Kläger angedeuteten Rechtsfragen zum „differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab“ und zur Forderung nach „Erprobung der Drogenfreiheit nach der Entlassung“ sind bereits obergerichtlich geklärt bzw. es werden keine unterschiedlichen Auffassungen dazu vertreten. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. März 2012 wurde durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Januar 2013 (1 C 10.12) aufgehoben. Dass bei Straftaten, die auf einer (Sucht-)Erkrankung des Ausländers beruhen, von einem Wegfall der für die Ausweisung erforderlichen Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden kann, solange der Ausländer eine erforderliche Therapie nicht erfolgreich abgeschlossen hat und die damit verbundene Erwartung eines künftig straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat, entspricht ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (siehe z.B. BayVGH, B.v. 4.1.1.2019 - 10 ZB 18.2036 - juirs Rn. 7; B.v. 13.10.2017 - 10 ZB 17.1469 - juris Rn. 12; B.v. 7.11.2016 - 10 ZB 16.1437 - juris Rn. 7; B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 11; U.v. 3.2.2015 - 10 B 14.1613 - juris Rn. 32 m.w.N.). Es wurde nicht dargelegt, dass in der Rechtsprechung hierzu unterschiedliche Auffassungen hierzu vertreten werden. Die Frage, wie der Begriff „Grundinteresse der Gesellschaft“ auszulegen ist, ist ebenfalls bereits in der Rechtsprechung geklärt (s.o.). Im Übrigen ist die Frage, wann durch die Begehung einer Straftat eine schwerwiegende, ein Grundinteresse der Gesellschaft tangierende Gefahr vorliegt, einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich, weil sich dies nicht losgelöst vom Einzelfall abstrakt bestimmen lässt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.
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Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).